Die Hochschultrojaner
Erstellt von Redaktion am Sonntag 15. Februar 2015
Stiftungsprofessuren in Deutschland
VON RALF PAULI
STIFTUNGSPROFESSUREN An deutschen Hochschulen gibt es rund 1.000 Professuren, die von Wirtschaftsunternehmen oder privaten Stiftungen finanziert werden. Das zeigen neue Recherchen der taz. Was bedeutet das für die Universitäten?
Dieter Stellmacher erinnert sich noch gut daran, wie sein Lehrstuhl geschlossen wurde. Das war im Jahr 2005. Stellmacher hatte das Fach Niederdeutsche Philologie an der Universität Göttingen 29 Jahre lang geleitet und ebenso lange das Niedersächsische Wörterbuch herausgegeben und gepflegt. Doch unter der Landesregierung von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hieß es: Sparen! 2003 hatte das Land das Hochschuloptimierungskonzept, einen gewaltigen Sparplan im Bildungsbereich, verabschiedet. „Das war ein großes Trauerspiel“, sagt Dieter Stellmacher. Seine Universität musste mit 12 Millionen Euro im Jahr weniger auskommen.
Jeder Fachbereich leistete seinen Beitrag zu den ministeriellen Sparvorgaben: Die Philosophische Fakultät schloss zwei Studiengänge. Weitere Professuren sollten nicht neu besetzt werden. Darunter waren Stellmachers Niederdeutsche Philologie, sowie die Professuren in Musikethnologie, Wissenschaftsgeschichte, Japanologie, Turkologie und Sinologie. Für den Fachbereich Sinologie fanden sich aber private Stifter. Drei Unternehmer und zwei Banken aus der Region finanzierten die Professur Ostasienwissenschaft/China für fünf Jahre. Im Gegenzug verpflichtete sich die Universität, die Stelle nach Ablauf der Förderzeit aus eigener Tasche weiterzuführen.
Mit der privaten Anschubfinanzierung war die Göttinger Sinologie dauerhaft gesichert. Und sie wuchs schnell dank weiterer privater Stifter. Die chinesische Regierung und Volkswagen richteten zwischen 2009 und 2014 drei weitere Professuren ein, die unter anderem der Gesellschaft und Wirtschaft des modernen China und der Erforschung Chinas aus globalhistorischer Perspektive gewidmet sind. Wie bei Stiftungsprofessuren üblich, gaben die Geldgeber das Forschungsthema vor. Die Universität Göttingen besetzte die Stellen. So soll geregelt sein, dass die Geldgeber keinen Einfluss auf die Forschung nehmen.
Heute hat Göttingen eines der größten Forschungszentren für das moderne Ostasien. Wer hier studiert, verspricht die Internetseite, werde als Fachkraft für den „Markt der Zukunft“ ausgebildet und erlerne neben fachlichen, sprachlichen und wissenschaftlichen auch „arbeitsmarktbezogene Schlüsselkompetenzen“. Wer später unternehmerisch in China tätig sein will, erhält im Masterstudiengang Chinesisches Recht & Rechtsvergleichung das Rüstzeug für die Karriere in einem internationalen Unternehmen, mit Abschlüssen in Göttingen und an der chinesischen Partneruniversität Nanjing.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Atamari / Ballonfahrt Köln
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