Die ‘Gelbwesten’,
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 25. November 2018
eine zweite Französische Revolution:
das Wiedersehen am Wochenende in Paris!
Quelle : Scharf – Links
Von Dr. Nikolaus Götz
Die Kommentatoren der politischen Medien in Frankreich kommentieren ununterbrochen einen politischen Vorgang, den sie eigentlich nicht verstanden haben. Woher kommen aus dem politischen NICHTS plötzlich so viele “Gelbwesten” (siehe: scharf-links.de vom 19. 11. 2018) und was will diese Bewegung eigentlich? Deshalb reden die Fernsehbabbler der täglichen Abendprogramme viel und ununterbrochen, ohne eigentlich irgendetwas Konstrutives ihrem Publikum mitzuteilen. Fast nicht besser sind die Printmedien. Nach den ”Beiden Frankreich” (Le Monde vom20. 11. 2018 ) titelt so die katholische konservative Zeitung ‘Das Kreuz’ : “Die Gewinner und die Verlierer” (Les perdants et les gagnants, in : La Croix, 21. 11. 2018) oder die überforderten Redakteure wechseln komplett das Thema, wie beispielsweise die eher linke Zeitung La Marseillaise ( La Marseillaise, 21.11. 2018). Es ist ein Gemeinplatz zu wissen, dass auch Deutschland wie Frankreich zweigeteilt ist in Arme und Reiche, Dicke und Dünne, ein Oben und Unten und selbst in der globalisierten Welt gibt es bekanntermaßen die Nordhalbkugel und der Süden oder die dominierenden Industriestaaten und die abhängigen Entwicklungsländer. Wegen des aktuell festgestellten Unwissens werden deshalb jetzt aus allen Ecken der französischen Republik Professoren der Politikwissenschaft oder Meinungsforschungsinstitute bemüht und in die Sendeanstalten gebeten. Als ‘Fachwissenschaftler’ dürfen diese ihren akademischen Beitrag leisten. So erklärt Jean-Yves Camus, ein Spezialist für “extreme politsche Bewegungen”, dass Frankreich von einem “extrem starken antisystemischen Diskurs “ betroffen sei (Le Monde vom 21. 11. 2018, S. 7 ), wobei das ‘Repräsentative System’ Frankreichs in Frage gestellt werde. Und die seriöse Monde meldet, dass die Bürger mehr und mehr die Legitimität des staatlichen Steuerrechtes in Frage stellen (Le Monde: Les Français et l’impot vom 23; 11; 2018). Man zeige einen Deutschen, der beispielsweise die staatliche Fernsehgebühr freiwillig zahlen würde.
Die etablierten Medien wie auch die politischen Parteien in Frankreich haben anscheinend die Bedeutung von Internet als weltweites direktes Informations- wie wechselseitiges Kommunikationsmedium immer noch nicht richtig verstanden. Dass politisch engagierte Menschen sich keine ‘Katzenbilder’ austauschen oder sich Musikvideoclips in Millionenhöhen anschauen, sondern das Netz zur politischen ‘Basisarbeit’ benutzen, sollte eigentlich auch den Franzosen bekannt sein. Nicht nur der amerikanische Präsident sendet nämlich ununterbrochen seine politischen Botschaften (Fake-News?) ins Netz, sondern auch der moderne Emmanuel Macron hat Internet als Propagandaplattform seiner ‘République en marche’ verwendet. Der Weg zur Entdeckung ‘direkter Demokratie’ und zur Formulierung ‘basisdemokratisch’ abgestimmter politischer Forderungen ist spätestens mit dem Einzug der Partei ‘Die Piraten’ in deutsche Parlamente längst Alltag geworden. “Politische Organisation von Menschenmassen”, genau da haben die etablierten Medien wie die ‘alten’ politischen Parteien in Frankreich einen kostenlosen Nachhilfeunterricht durch die ‘Gelbwesten’ verpasst bekommen. Längst von den klassischen Medien abgekoppelt lassen sich deren Organisatoren weder von deren hinterherrennenden Reportern noch von politischen Parteien vereinnahmen. Auch die französischen Populisten kommen so zu spät!
Jetzt aber sind die ‘Gelbwesten’ auf dem Weg , «Les gilets jaunes sont en marche!», und sie haben die politische Organisationskultur einschneidend verändert. Dabei ist die Reaktion der französischen Regierung Macron auf deren politische Forderung ebenso klassisch wie ‘’stur’’ . Nach den Sommerdemonstationen der Eisenbahner und dem Unmut der ‘Motorradrocker’ gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung vom Herbst, werden sich nun im Winter 2018 am kommenden Wochenende auch noch die ’Gelbwesten’ in Paris versammeln. Es ist offen, ob sie sich im Umfeld des heutigen ‘Place de la Concorde’ Platzes der Eintracht versammeln dürfen, um erneut und massenhaft gegen die Regierung Macron und die ungerecht empfundene Besteuerung zu demonstrieren. Ob der im Netz geplante ‘Flash Mob’ von Paris dabei an Stärke zulegen wird, ob es 30 000 oder 300 000 oder gar 3 Millionen Demonstranten sein werden, ist eigentlich schon Nebensache. Das Volk von Frankreich, die sogenannten ‘Gelbwesten’ hat eine neue Ära des politischen Kampfes eingeleitet. Internet, diese neue Kommunikationsbasis, hat eine zweite Französiche Revolution möglich gemacht. Jetzt am kommenden Wochendende in Paris werden diese ”Gelbwesten” der französischen Republik den Weg weisen. Ob dieser Weg aber zum Platz der ‘’Eintracht’’ führen wird oder ob die Demonstranten durch die Sturheit der Regierung den Gang zum Gott des Krieges auf das Marsfeld wählen werden, ist noch offen. Die aktuelle Bilanz der Gelbwestendemos an Toten, Schwerverletzten, Verletzten, an Verhaftungen wie auch an materiellem Schaden erschreckt nicht nur die Bürger, sondern mahnt alle ‘Parteien’ zur friedlichen Diskussion zur Erreichung des Interessenausgleiches.
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Grafikquellen :
Oben — Manifestants autour d’un rond-point à Vesoul (Haute-Saône).…