DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Die gärige Republik

Erstellt von Redaktion am Freitag 22. Dezember 2017

Überrumpelt: Linkspartei und Grüne

File:2017-04-23 AfD Bundesparteitag in Köln -68.jpg

von Albrecht von Lucke

Drei Monate nach der Bundestagswahl ist das Land von einer neuen Regierung, die keine bloß kommissarische ist, noch immer weit entfernt. Doch auf einer Seite des Parteienspektrums sieht man bereits klarer, nämlich auf der rechten. Dort formiert sich jenes knappe Viertel, das neu im Bundestag vertreten ist – mit 12,6 Prozent für die AfD und 10,7 für die FDP. Von dieser starken rechten Flanke, zuzüglich der 6,2 Prozent für die CSU, wird eine Menge Druck auf das gesamte Parteienspektrum ausgehen. Fest steht damit bereits heute: Die nächsten vier Jahre werden denen von 2013 bis 2017 in kaum etwas gleichen.

Vor allem die AfD hat die Weichen für die kommende Legislaturperiode gestellt, und zwar nach rechts außen. Der AfD-Parteitag hat klargemacht, wo die Seele des „gärigen Haufens“ (Alexander Gauland) liegt – nämlich in rechter Fundamentalopposition. „Das ist nicht unsere Gesellschaft“, so die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein, Kandidatin des rechts-nationalen „Flügels“, bei ihrer umjubelten Bewerbungsrede für den Parteivorsitz. Am Ende fehlte ihr nur eine Stimme; der gemäßigte Berliner Landeschef Georg Pazderski zog schließlich seine Kandidatur zugunsten von Alexander Gauland zurück. Der „Taktiker im Tweed“ ist nun noch mehr als bereits zuvor das strategische Zentrum, in seiner neuen Doppelfunktion als Partei- und Fraktionsvorsitzender.

Auch wenn der Rechtsaußen der Partei, Björn Höcke, also nicht selbst für den Parteivorstand kandidierte, wurde sein völkischer „Flügel“ im Ergebnis deutlich gestärkt. Mit dem neuen, ihm freundschaftlich verbundenen Duo an der Parteispitze, Jörg Meuthen und Gauland, ist sein Parteiausschluss wohl endgültig vom Tisch. Zugleich sind damit alle Vorstellungen, die AfD werde alsbald den Weg der Grünen gehen und als kleinerer Partner für Koalitionen zur Verfügung stehen, bis auf Weiteres obsolet. „Ich wünsche mir, dass die anderen bei uns um Koalitionsgespräche betteln“, lautete unter tosendem Beifall die Forderung von Sayn-Wittgenstein. Sprich: Ohne klare Dominanz wird die AfD nicht regieren. „Unsere Strategie ist es, in ganz Deutschland so stark zu werden, wie wir es in Sachsen schon sind. Wir wollen die Nummer eins werden“, so Beatrix von Storch bei ihrer Wahl zur stellvertretenden Parteivorsitzenden.

Die FDP für den harten Staat

Die nächsten vier Jahre werden Aufschluss über die Frage geben müssen, ob die AfD-Wählerinnen und (mehrheitlich) Wähler genauso radikal denken wie ihre Delegierten und Funktionsträger. Laut Umfragen der Forschungsgruppe Wahlen haben 60 Prozent die AfD aus Protest gewählt, weil sie von allen anderen Parteien enttäuscht waren.[1] Nun wird sich zeigen, ob sie auch rechte Fundamentalopposition akzeptieren. Denn nicht zuletzt um diese knapp 13 Prozent Wählerstimmen werden auch die anderen Parteien massiv konkurrieren. Der Kampf um die rechte Flanke ist eröffnet.

Immer eifrig mit dabei: die FDP. Nicht zuletzt mit ihrem rigorosen Ausstieg aus den Jamaika-Sondierungen hat die Partei klargemacht, dass sie das neue Wählerpotential nicht der AfD überlassen will. Man muss nicht so weit gehen und in Christian Lindner bereits den deutschen Sebastian Kurz erkennen wollen – und in der FDP eine „Bewegung neuen Typs“ („Der Spiegel“) –, aber klar ist doch, dass die „Liberalen“ alter Couleur endgültig der Vergangenheit angehören. Der Wille der FDP, dezidierte Rechtsstaatspartei zu sein, demonstriert zugleich den Abschied von der liberalen Bürgerrechtspartei. Heute liegt die Betonung weniger auf Rechten als vielmehr auf einem starken Staat – allerdings nicht in sozialer, sondern in autoritärer Hinsicht. Denn law and order will die FDP zukünftig nicht der AfD überlassen.

Die neue Lindner-FDP schlägt zudem einen stark national-liberalen Kurs ein, insbesondere in der Flüchtlingsfrage. Bereits im Wahlkampf hatte Lindner einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung angekündigt. Nun darf man gespannt sein, ob es in dieser Sache zu einem ersten Zusammenwirken von FDP und AfD kommt.

Völkisch sozial – Söders CSU

Die Dritte im Bunde beim Kampf um die kulturelle Hegemonie auf der Rechten ist die CSU. Markus Söder, der neue Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst und designierte bayerische Ministerpräsident, dürfte in den nächsten Wochen und Monaten mit einem klaren Rechtskurs aufwarten. „Die rechte Flanke schließen“ – diese von CSU-Chef und Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer ausgerufene Devise wird Söder mit Blick auf die Landtagswahl eher noch populistischer auslegen. Denn wenn es ihm nicht gelingt, die Stimmverluste der CSU wettzumachen, könnte er danach selbst schnell Geschichte sein.

„Franz Josef Strauß würde AfD wählen“: Mit dieser Position hatte ein AfD-naher Verein bei der Bundestagswahl erfolgreich geworben. Mit 12,4 Prozent erzielten die Rechtspopulisten in Bayern das beste Ergebnis in einem westlichen Bundesland. Strauß-Verehrer Markus Söder wird darauf eine deutliche Antwort geben. „AfD-Wähler würden Söder wählen“, wird seine Maxime sein. Auch programmatisch ist die CSU längst dafür gerüstet: „Warum die Union eine bürgerlich-konservative Erneuerung braucht“, ist ihr Zehn-Punkte-Plan überschrieben und das neue CSU-Parteiprogramm schlicht mit „Die Ordnung“ – gerichtet nicht zuletzt gegen das „Merkel-Chaos“ in Berlin und Brüssel. Schon lange bezeichnet Söder denn auch die „Festung Europa“ als anzustrebendes Ziel.[2]

Söders Dilemma: Jene Stimmen, die er durch einen autoritären Rechtsschwenk bei der AfD gewinnen könnte, droht er an SPD und Freie Wähler wieder zu verlieren. Deswegen spricht vieles dafür, dass er die nationalistisch-soziale Karte spielen wird: hart gegen Flüchtlinge, durch eine rigide (Anti-)Flüchtlingspolitik, und gleichzeitig weich zu den Einheimischen, um als klassische Kümmererpartei die Stimmen der „kleinen Leute“ einzufangen. So würde er die AfD von rechts und links attackieren – mit deren ureigenen Mitteln einer tendenziell „völkischen Sozialpolitik“ (Liane Bednarz).

Überrumpelt: Linkspartei und Grüne

Quelle     :      Blätter        >>>>>      weiterlesen

—————————————————————————————————————————

Grafikquelle     :    Bitte benutzen sie nach Möglichkeit als Bildbeschreibung:

Olaf Kosinsky / kosinsky.eu

in unmittelbarer Nähe beim Bild oder an einer Stelle in ihrer Publikation, wo dies üblich ist. Dabei muß der Zusammenhang zwischen Bild und Urhebernennung gewahrt bleiben.

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany license.

 

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>