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RENTENANGST

Die Bundestags-Aussteiger

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 2. März 2017

Abgeordnete über ihren Abschied
„Freude am Job kriegt niemand mit“
Die Verzweiflung bei den Bürgern auch nicht!

Da paasen aber nicht allzu viele rein
60 Leute vielleicht – und dann noch die Falschen !
Dann brauchten wir also mehr als zehn Busse!
Für einen neuen Volksfeiertag ?

Viele Parlamentarier treten nach der Bundestagswahl nicht mehr an. Mit Wolfgang Bosbach, Jan van Aken und Bärbel Höhn sprachen wir darüber.

taz.am wochenende: Frau Höhn, Herr Bosbach, Herr van Aken, mit welchem Gefühl gehen Sie Ihrem letzten Tag im Bundestag entgegen?

Jan van Aken: Erleichterung ist bei mir schon dabei.

Bärbel Höhn: Ein bisschen Wehmut, aber vor allen Dingen bin ich gespannt auf das Neue.

Wolfgang Bosbach: Der Abschied wird mir schwerfallen, aber ich freue mich auch auf einen neuen Lebensabschnitt. Vor ein paar Wochen habe ich zum ersten Mal in 23 Jahren zwei Wochen Urlaub gemacht. Eine neue, schöne Erfahrung. Ich habe viel von der Welt noch nicht gesehen und möchte mir die Zeit nehmen, das, was ich bis jetzt versäumt habe, nachzuholen.

Tut es Ihnen leid, viel versäumt zu haben?

Bosbach: Ja, total.

Was haben Sie denn versäumt, außer Urlaub?

Bosbach: Ich habe vor allem familiär viel verpasst. Die Erziehungsarbeit für unsere drei Töchtern lag eindeutig bei meiner Frau. Die ersten sechs Jahre konnte ich immer abends nach Hause fahren. Da lagen die Kinder zwar schon im Bett, aber morgens habe ich sie oft in den Kindergarten oder die Schule gebracht. Das war mit dem Umzug von Bonn nach Berlin plötzlich vorbei. Ich habe mich dann dabei erwischt, dass ich, wenn ich freitags abends nach Hause kam, nur meine Ruhe haben wollte. Die Kinder, sie waren ja noch klein, wollten erzählen, was sie erlebt hatten, und Papa wollte Ruhe. Ich habe mir eingeredet, das holst du nach, was natürlich nicht geht. Das bedaure ich heute sehr.

van Aken: Bei mir war das sehr klar. Ich habe drei Kinder, wir haben uns die Kindererziehung und den Haushalt geteilt. Wochenendtermine habe ich nur selten machen können, was bei Politikern eigentlich gar nicht geht . . .

Bosbach: Ich war samstags, sonntags immer unterwegs.

van Aken: . . . nicht mal auf allen Parteitagen konnte ich sein, wenn klar war, dann sieht man die Kinder nicht. Streckenweise bin ich gependelt, auch in der Sitzungswoche. Von Hamburg nach Berlin, ein Jahr lang fast jeden Tag, was echt Mist ist.

Bosbach: Das kostet Kraft, ja.

Warum hören Sie eigentlich auf, Frau Höhn?

Höhn: Ich werde dieses Jahr 65. Wenn wir 2013 als Grüne an die Regierung gekommen wären, dann hätte ich jetzt noch eine Legislaturperiode drangehängt. Aber weil wir wieder in der Opposition sind, habe ich gesagt, das kenne ich schon. Ich will auch mehr Zeit haben für meinen Mann, meine Kinder und Enkelkinder. Mehr Freiheit. Ich mache zum Beispiel ganz viele Fotos, aber die liegen alle auf der Festplatte. Ich will sie endlich mal sortieren.

van Aken: Ich finde, dass sich einiges zum Guten ändern würde, wenn das Abgeordnetendasein generell auf acht Jahre begrenzt wäre. Diese Karriereperspektive Bundestag sollte es so nicht geben. Und weil ich das fordere, gehe ich jetzt auch selbst. Teilweise ist das Diskussionsniveau im Parlament erschreckend, viele sind nur damit beschäftigt, ihre Wiederwahl zu sichern.

Bosbach: Widerspruch. Abgeordneter sein zu wollen, aber wegen einer zeitlichen Begrenzung nicht zu dürfen, das wäre frustrierend. Da ist doch besser: Abgeordneter Bosbach sagt, 23 Jahre, das ist eine lange Zeit, ab jetzt mache ich etwas anderes.

Höhn: Mich hat mal ein junger Grüner gefragt: Ey, du bist doch Ministerin. Ich will Bundestagsabgeordneter werden, wie mache ich das? Da habe ich gesagt: Am besten gar nicht. So einen wie dich können wir nicht gebrauchen.

Bosbach: Der wollte einen Masterplan haben.

Höhn: Ja, Berufswunsch Abgeordneter. Das geht nicht.

Herr Bosbach, warum hören Sie auf?

Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen

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Karikaturquelle  Karikatur von Gerhard Mester Weiter so (2016)

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