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Die Basis geht

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 4. Mai 2010

Austrittserklärung aus der Partei DIE.LINKE

Gestern erhielten wir folgende E-Mail unseres Lesers Valeri Götz aus Hoyerswerda mit der Bitte um Veröffentlichung.

DL/ IE

Hoyerswerda, den 09.11.2009

Liebe Genossinnen und Genossen des Landesverbandes Sachsen,
hiermit erkläre ich meinen Austritt aus der Partei DIE.LINKE mit sofortiger Wirkung.
Begründung:

In der über zweijährigen Dauer meiner Mitgliedschaft in der Partei wurde mir klar, dass die Partei DIE.LINKE ihrer Rolle als Kampforganisation für soziale Gerechtigkeit in keiner Weise gerecht wird. Sie ist lediglich eine Selbstzweck Organisation, in der verschiedene Machtcliquen um bezahlte politische Mandate rangeln.
Die führenden Funktionäre sind in keiner Weise in der Lage, die Vergangenheit und Gegenwart objektiv einzuschätzen und somit auch nicht in der Lage, reale Zukunftsvisionen zu entwickeln. Daher beschränkt sich ihre politische Arbeit fast ausschließlich darauf, den politischen Widersacher zu kritisieren, aber selbst über keinerlei machbare Lösungswege zu verfügen.
Die gesamte Parteibasis wird von den Parteiführern zum beitragszahlenden Stimmvieh degradiert, anstatt das riesige Wissens- und Erfahrungspotenzial der Basis zu nutzen. Über die Zustände in meiner BO hatte ich Cornelia Ernst vor fast einem Jahr in einem offenen Schreiben mit folgenden Sätzen informiert: „Gehe ich zur monatlichen BO-Versammlung, kann ich zuvor nicht soviel in mich hineinessen, wie mir anschließend zum Erbrechen zumute ist. Es gab keine Tagesordnungsvorschläge, demzufolge keine Abstimmung darüber und ein Obermimus führte meist fast sechzig Minuten lange Monologe. Anschließend schwärmten die SED-Veteranen von der guten DDR-Zeit. Nach sieben Monaten habe ich mit der Faust auf den Tisch gehauen, seit dem wird sich wenigstens auf ein Thema geeinigt. Gerade die Basisorganisationen spielen eine äußerst wichtige Rolle bei der Gewinnung neuer Mitglieder. Aber die bisherigen Versammlungen meiner BO waren eher eine Einladung zum nach Hause gehen.“
Eine an mich gerichtete Antwort von Cornelia Ernst erfolgte nicht. Kann man da noch von einem Vertrauensverhältnis zwischen Parteiführung und Parteibasis sprechen?
Erschüttert war ich von der Geisteshaltung des Genossen Gerhard Heyme, der keinen Sinn darin sieht, über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN-Generalversammlung vom 10. Dezember 1948 zu diskutieren.
Enttäuschend ist für mich auch die Aussage des Genossen Ralph Büchner, dass es sich nicht lohnt, über Alternativen für die Stadt Hoyerswerda nachzudenken.
Mit folgender Aussage von Caren Lay in Bezug über politische Ziele kann ich mich nicht einverstanden erklären: „Die Abschaffung von Hartz IV und die Überwindung durch eine existenzsichernde und sanktionsfreie Grundsicherung wird sicherlich eines unserer Hauptthemen bleiben.“ Hier geht es um das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen, über das leider auch noch andere Parteimitglieder schwafeln. Man ist anscheinend so borniert, dass man nicht begreift, dass die Idee vom BGE ein neoliberales Anliegen ist. Wenn Caren Lay sich für das BGE einsetzt, so zeugt das von wenig Menschenkenntnis und einer gewissen Lebensfremdheit.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Mandatsträger nicht in der Lage und auch nicht Willens sind, soziale Verbesserungen zu erkämpfen, denn es ist doch für sie viel sicherer, sich gestützt auf ein gewisses Protestwählerpotenzial von Mandat zu Mandat zu hangeln. Für solche Chaoten widerspruchslos den Steigbügel zu halten, bin ich mir zu schade.
Wenn Volker Külow in der taz von selbsternannten Cheftheoretikern in der ehemaligen WASG spricht, da frage ich mich, wessen Geistes Kind ist der Genosse Külow und bin ich noch in der richtigen Partei. Anscheinend trauert dieser Külow der SED-Zeit nach, in der die nickenden Masken die Mehrheit der SED-Mitglieder darstellten.
Als denkender Mensch und Kämpfer für soziale Gerechtigkeit werde ich nie eine nickende Maske sein. Eingangs sprach ich von der Einschätzung der Gegenwart. In der DDR lebten wir in der sogenannten Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus, so wurde es zumindest gelehrt. Wo leben wir heute? Ich kann nur feststellen, dass wir heute in der weltweiten kommerzfaschistischen Diktatur leben, die gekennzeichnet ist vom absoluten Streben nach Maximalprofit und der absoluten sozialen Entsolidarisierung. Mit Pragmatismus ist diesem Trend nicht beizukommen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, ist harter Kampf erforderlich. Mit dem Ersatzteilkasten, den die Partei DIE.LINKE zur Zeit darstellt, ist diesbezüglich nichts zu erreichen. Schade, schade, schade… Schuld daran trägt unter anderem auch die Basisverachtung der Funktionäre.
Zu vielerlei Themen und Sachverhalten habe ich mich im Web-Forum unseres Landesverbandes geäußert. Eine sachliche Diskussion ist nie zustande gekommen, vielleicht durch das  in diesem Forum agierende Phantom „Andreas Fülleisen“. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass dieses Phantom eine Kreation des Landesvorstandes ist, um jedwede basisdemokratische Diskussion abzuwürgen.
Ich möchte gern für soziale Gerechtigkeit kämpfen, aber in der Partei DIE.LINKE fühle ich mich nicht mehr in der Lage dazu.

Valeri Götz
vg-asg@web.de

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Fotoquelle: Wikipedia – Author Usien

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