DFB-P. in der Özil-Debatte
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 11. Juli 2018
Schon der Politiker Reinhard Grindel war gegen Multikulti
Redakteur : Rainer Woratschka
Bei der Suche nach Schuldigen für das WM-Desaster bringt DFB-Präsident Reinhard Grindel wieder Mesut Özil ins Spiel. Ehemalige Kollegen aus dem Bundestag überrascht das nicht.
Mitte Mai posierten die deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan in London auf Fotos mit dem türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdogan. Damals, kurz vor der Weltmeisterschaft, versuchte DFB-Präsident Reinhard Grindel, Kritik daran unter den Teppich zu kehren. „Wir haben darüber gesprochen, es war ein Fehler, das haben die beiden eingesehen“, beschwichtigte der Funktionär. „Jetzt sollte der Fußball im Mittelpunkt stehen.“
Knapp zwei Monate später, nach dem schmählichen Ausscheiden der deutschen Mannschaft schon in der Vorrunde und mitten in der Debatte um die Schuldigen für dieses Desaster, packt Grindel die Sache plötzlich wieder aus. Er fordert eine Stellungnahme Özils zu der Foto-Affäre, weil „viele deutsche Fans darauf warten“ würden. Damit bediene er, halten ihm Kritiker vor, den rechtspopulistischen Zeitgeist. Und spiele denen in die Hände, die schon immer was gegen Nationalspieler mit Migrationshintergrund hatten.
Abwarten – und dann auf die sichere Seite
Aus der Sicht von politischen Weggefährten, die den DFB-Boss noch aus dem Bundestag kennen, ist Grindels Verhalten aber wenig überraschend. „Mich wundert das überhaupt nicht“, sagt der ehemalige Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu. Schon damals habe sich Grindel im Parlament nicht nur als „Rechtsaußen“, sondern auch als „gewiefter Strippenzieher und absoluter Opportunist“ hervorgetan.
Grindel saß 14 Jahre lang für die CDU im Bundestag – von 2002 bis 2016. Er war dort Mitglied des Innen- und des Sportausschusses. Und andere Kollegen, die namentlich nicht genannt werden wollen, berichten ähnliches über ihn wie Mutlu. Als Politiker habe der gebürtige Hamburger gerne abgewartet und sich dann auf die sichere Seite geschlagen. Gleichzeitig attestieren ihm Beobachter „knallharte Ellbogenmentalität“ Wenn Humor und gute Worte nicht weiterhelfen würden, setze Grindel seinen Willen auch schon mal mit bösen Briefen, ruppigen Telefonate oder Drohungen durch, berichtete der „Spiegel“.
Auf den Posten des DFB-Präsidenten rückte Grindel im April 2016 – nachdem der Skandal um eine schwarze Kasse vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 den damaligen Amtsinhaber Wolfgang Niersbach zum Rücktritt gezwungen hatte. Der Jurist und Vater von zwei Söhnen habe unbedingt an die Spitze des Fußballbundes gewollt, hieß es – und dafür am Ende dann auch bereitwillig sein Bundestagsmandat aufgegeben.
Sportpolitiker und innenpolitischer Hardliner
Allerdings hatten manche Funktionäre bei der Wahl des neuen Präsidenten schon damals Bauchschmerzen. Nicht nur dass Grindel kein Problem darin sah, gleichzeitig im Sportausschuss des Bundestages als Vize-Vorsitzender und als Schatzmeister des DFB-Präsidiums zu amtieren – und in dieser Doppelrolle bei der Aufarbeitung der WM-Affäre höchst eigenartig hin und her zu changieren. Der einstmalige Leiter der ZDF-Studios in Berlin und Brüssel (Spitzname Grinsel) hatte sich im Parlament auch anderweitig einen Namen gemacht: als innenpolitischer Hardliner.
„Multikulti ist in Wahrheit Kuddelmuddel“, verkündete Grindel dort bereits im Dezember 2004. Es handle sich dabei um „eine Lebenslüge, weil Multikulti in vielen Vierteln eben nur Monokultur geschaffen hat, wo Anreize zur Integration fehlen“. Es gebe in den Städten zu viele islamisierte Räume „und Verhaltensweisen von Ausländern, die zu Unfreiheit führen“.
„Reinster AfD-Sprech, bevor es diese Partei überhaupt gab
Quelle : Der Tagesspiegel >>>>> weiterlesen
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Grafikquelle : Nia Künzer, Reinhard Grindel, Marlene Mortler