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Deutschland als Kriegstreiber?

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 18. Dezember 2012

Einsatz an der türkisch – syrischen Grenze

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cc/Lechfeld_Elite_2008_152_%282663716058%29.jpg

Am 14.12.2012 hat der deutsche Bundestag die Zustimmung zur Entsendung von bis zu 400 Soldaten, Patriot-Raketen und AWACS-Aufklärungsflugzeugen in die Türkei verabschiedet.

Obwohl sich der Afghanistankrieg schon als militärischer Fehlschlag erwiesen hat, werden von der Bundesregierung weiter die Kriegstrommeln geschlagen und der nächste Einsatz an der türkisch / syrischen Grenze vorbereitet.

Dieser Einsatz ist durch nichts zu rechtfertigen. Trotzdem leistet ein breites Bündnis aus CDU, FDP, SPD und den Grünen dazu einen brandgefährlichen Beitrag zur kriegerischen Eskalation an der syrischen Grenze. Was berechtigt Deutschland dazu, sich dort einzumischen? Die Türkei selbst schreibt lediglich in ihrem Antrag an die NATO, dass „ein Angriff Syriens auf die Türkei nicht ausgeschlossen werden könne“. Mit einer solchen Begründung könnte die Bundeswehr überall auf der Welt eingesetzt werden.

Abgesehen davon, dass ein solches Mandat den Eskalationskurs der türkischen Regierung stärkt und türkische Eingriffe in den syrischen Bürgerkrieg unterstützt, beginnt – wie schon in Afghanistan – dieser Auslandseinsatz wieder mit einer Lüge. Angela Merkel weiß ganz genau, dass die Türkei von Syrien nicht bedroht wird. Syrien hat die Türkei nicht angegriffen, wie uns erzählt wird, und auch nicht mit einem Angriff gedroht. Die Türkei hat aber ganz eigene Interessen in der Region.

  • Syrien ist ein wichtiger Handelspartner.
  • Auf beiden Seiten der Grenze leben Kurden. Die Unruhen gefährden die Stabilität in der Region, die durch die Auseinandersetzung zwischen dem türkischen Militär und der kurdischen PKK ohnehin latent bedroht ist.

Erdogan setzt sich nicht aus einer selbstlosen Denk- und Handlungsweise für den Sturz des Diktators Assad oder aus „Solidarität mit den muslimischen Brüdern in Syrien“ ein.

Der britische Historiker Timothy Garton Ash prophezeite:

“In naher Zukunft wird die Türkei wichtiger sein als Großbritannien”, prophezeit der britische Historiker Timothy Garton Ash , “Iran wichtiger als Deutschland, Saudi Arabien als Frankreich, Russland als Amerika.”

Am Fall Syrien zeichnen sich Konturen einer neuen Weltordnung ab, die US-Journalistin Fareed Zakaria als “Aufstieg der Anderen” beschreibt.

Erdogan beweist dem Westen, dass die Türkei im Moment im Nahen Osten die Spielregeln diktiert. In Ankara wird nicht erst seit heute die Frage diskutiert, wie sich ein Militärschlag gegen Syrien völkerrechtlich legitimieren lässt. Erst 1998 schloss die Türkei mit Syrien auf dem Höhepunkt des Kurden-Konflikts ein Abkommen von Adana ab, in dem in Artikel 1 aufgeführt ist:

Syrien billigt keine Handlung, die die Sicherheit und Stabilität der Türkei unterwandert.

Dieses Abkommen wurde in den vergangenen Tagen von türkischen Diplomaten erwähnt, wenn von einem Militäreinsatz in Syrien oder einer militärischen Pufferzone an der Grenze die Rede war.

Die Türkei, noch vor 100 Jahren als der “kranke Mann am Bosporus” verspottet, hat sich inzwischen als einflussreiche Macht etabliert. Die Strategie Erdogans beschreiben Beobachter als “Neo-Osmanismus”. Er macht damit seinen Einfluss weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus geltend.

Bereits im Parlament hat sich die türkische Regierung den Einmarsch nach Syrien genehmigen lassen und die zur Schau gestellte Bündnissolidarität muss als Zustimmung dieses Kriegskurses gewertet werden.

Auch die deutsche Regierung hat ein Interesse an der Kontrolle dieser Region und unterstützt deswegen indirekt die syrischen Rebellen. Vor der Küste Syriens kreuzt wiederholt ein deutsches Spionageschiff, das mit modernster Überwachungstechnik ausgerüstet ist. Von den Erkenntnissen profitieren nicht nur die Rebellen, sondern auch die NATO-Verbündeten. Deutschland spielt dabei eine weit größere Rolle, als der eigenen Bevölkerung gesagt wird.

Die Rebellen in Syrien erhalten Waffen und Munition von den NATO- und Golfstaaten. Gleichzeitig werden vom türkischen Geheimdienst in der Türkei Rebellen ausgebildet und bewaffnet, die dann nach Syrien eingeschleust werden. Eine NATO-Präsens an der Grenze zu Syrien kann also durchaus als Eskalationskurs der türkischen Regierung verstanden werden. Sie hat sich mit ihrer Unterstützung der bewaffneten Rebellen von Anfang an in den syrischen Bürgerkrieg eingemischt.

Die ehemalige Außenministerin der USA, Condoleezza Rice  erklärte unlängst in der Washington Post, dass es nicht nur um die Einsetzung eines „Marionettenregimes von Washingtons Gnaden“ in Syrien ginge. Auch die neokoloniale Umorganisierung der ganzen Region sei dabei im Blickpunkt der USA. Sie erklärte, fast alle wichtigen Staaten in der Region (Libanon, Jordanien, Israel, Syrien..) wären „moderne Konstrukte“ und von den Briten und Franzosen nach dem Ende des ersten Weltkrieges  „auf der Rückseite eines Briefumschlages“ ausgehandelt worden. Sie erklärte dabei, dass diese „künstlichen Staaten“ durchaus entbehrlich wären. Grenzen müssten neu bestimmt und die strategisch wichtige Region mit ihren Ölquellen, Pipelines und Ölhäfen ganz nach den Interessen des amerikanischen Imperialismus umgestaltet werden.

Die heutige Bundeswehr selbst hat sich weit von ihrem ursprünglichen Auftrag der Landesverteidigung entfernt. Heute sind Kriegs- und Besatzungseinsätze zu deren Hauptaufgabe geworden. Zudem ist die Bundeswehr weltweit an “Beratungsmissionen” beteiligt. Eine solche Mission wird gerade in Mali vorbereitet. Deutsche Offiziere sollen dort als „Berater”  die malische Armee gegen die aufständischen Tuareg unterstützen, obwohl der im Frühjahr durch einen Putsch an die Macht gekommene Militärführer Amadou Sanogo nach wie vor dort eine wesentliche Kraft darstellt. Deutschland unterstützt somit wohl kaum für den Aufbau einer Demokratie, Diktatoren anderer Länder. Konzentrationen auf militärische Scheinlösungen verhindern aber die Chancen für friedliche Regelungen.

Abzug aus Afghanistan

In Afghanistan sind ebenfalls deutsche „Berater“ eingesetzt, die selbst dann dort verbleiben sollen, wenn die deutschen Soldaten nach 2014 offiziell abgezogen werden.

Ein vollständiger Abzug der NATO-Truppen und ihres Kriegsgeräts sowie der Aufbau tragfähiger ziviler Strukturen sind dort notwendig. Das wird aber sträflich vernachlässigt. Beim Abzug der Truppen dort ist geplant, dass die gewaltige Menge an Waffen und anderem militärisch nutzbarem Material in Afghanistan verbleiben soll. Dadurch wird ein weiterer Bürgerkrieg zu erwarten sein.

Hingegen wird uns verschwiegen, dass die Kampfhandlungen in Afghanistan immer stärker werden. Allein im September gab es dort in einer Woche 620 Angriffe von Aufständischen, sodass die Bundeswehrsoldaten sich schützen mussten und nicht mehr ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen konnten. Davon wird aber der Bevölkerung nichts berichtet.

Ausbildung in Deutschland

Aber auch ein Wiedererstarken des Militarismus im Inland wird durch Deutschland als kriegsführende Macht begünstigt. Das wird auch dadurch deutlich, dass als die grün-rote Landesregierung beschlossen hat, die Bundeswehr in Baden-Württemberg aus den Schulen herauszuhalten, de Maisiere aber auf diesem Unterricht bestand, mit dem Argument, der sei Teil des Lehrplans.

Mit Aussetzung der Wehrpflicht wurden Freiwillige knapp. Über die Hälfte der deutschen Mannschaftsdienstgrade  in Auslandseinsätzen kommt mittlerweile aus dem strukturschwachen Osten. Die Werbung der Bundeswehr an den Schulen mit Unternehmensberatermethodik muss eingestellt werden. Jugendliche in den Schulen sind aber leicht beeinflussbar und deshalb auch leichte Beute.

Für Unmut sorgt neben der Militärpropaganda im Schulunterricht auch die Praxis der Arbeitsagenturen. Auch dort werden jüngere Arbeitslose für den Dienst in der Bundeswehr geködert.

Schon jetzt befindet sich nahe Magdeburg in der Colbitz-Letzlinger Heide ein Truppenübungsplatz mit großer Stadtkulisse und dient für Übungen im Häuserkampf. Dort soll in den Jahren 2012 bis 2017 zusätzlich eine sechs Quadratkilometer große moderne Stadtkulisse „Schnöggenburg“ errichtet werden. Mehr als 500 Gebäude, dazu Industrieanlagen, Straßen und einem kleinen Flugplatz sollen dort gebaut werden. Damit soll das größte europäische „Übungszentrum für Aufruhrbekämpfung“ entstehen.

Mit Sicherheit handelt es sich hier nicht um ein Übungsgelände für den Häuserkampf in Afghanistan, denn dort gibt es keine modernen Städte.

Den Planungen lag die Erkenntnis zugrunde, dass Unruhen und Aufstände in den meisten Fällen von dicht besiedelten Gebieten ausgehen und sich, wenn sie nicht  rechtzeitig niedergeschlagen werden, auf das ganze Land ausdehnen. (Quelle: Wikipedia)

 

Fazit

Man kann nicht gerade sagen, die Kriegsschauplätze sind momentan nebenan. Wie ehrlich es bei den Medien in solchen Fällen zugeht, kann man an einigen Reaktionen von Reportern erkennen, die alle wegen der mangelnden objektiven Berichterstattung im arabischen Frühling ihre Arbeit niedergelegt hatten.

Ali Hashem, ein Reporter, z. B. geriet in Rage, nachdem Al Jazeera im März 2011 es verweigert hatte, einen Bericht über die Niederschlagung eines Aufstandes gegen den Emir von Bahrain und dessen Abschlachtung seiner eigenen Bevölkerung zu veröffentlichen. Weitere Reporter folgten dem Beispiel und legten ihre Tätigkeit bei Al Jazeera nieder.

Viele Journalisten finden es nicht mehr tragbar, wie einseitig Al Jazeera über den Konflikt in Syrien berichtet. Seit April 2011 – schon in der Libyen-Berichterstattung – scheint sich das drastisch verschlimmert zu haben. Auch in der arabischen Welt sind oppositionelle Stimmen nicht willkommen. Weil die Regierungen Angst haben, dass die Wahrheit ans Licht kommt? Wie ehrlich sind dann die Berichterstattungen aus Syrien, der Türkei, Afghanistan und den vielen anderen Brennpunkten in der Welt?

Ob in Syrien, Gaza oder Iran. Ein winziger Funke genügt, um einen Flächenbrand im gesamten Nahen Osten auszulösen. Unsere Soldaten wären dann mittendrin in einem verheerenden Krieg, den keiner der Deutschen möchte. Besser wäre es, sich vermittelnd um eine baldige Lösung der Konflikte zu bemühen und alle Waffenlieferungen in gefährdete Regionen konsequent zu stoppen. Das aber würde bedeuten, dass Deutschlands Waffenindustrie einen Einbruch im Umsatz erlebt, der weder von ihr noch von unseren Regierenden gewünscht wird. Brummt die deutsche Wirtschaft dann nicht mehr?

Im Sozial- und Bildungsbereich wird immer mehr gespart. Auf der anderen Seite werden kontinuierliche Erhöhungen des Militäretats (aktuell um 1.4 Milliarden in 2012), weiter ausgebaut. Aber Waffen, die schon einmal für Auslandseinsätze verwendet wurden, lassen sich bestens verkaufen und die Umsätze in der Waffenindustrie erreichen Rekordhöhen. Dazu kommt noch, dass die deutsche Bundesregierung Arbeitsplätze in der Waffenindustrie hoch subventioniert.

Oskar Lafonteine sagte einmal:

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie eine Wolke den Regen“.

Warum lassen sich Konflikte angeblich nicht friedlich lösen? Hat unsere Gesellschaft nichts aus den beiden Weltkriegen gelernt??

Jedenfalls mit Waffen und PATRIOT-Raketen wird kein Frieden geschaffen.

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Grafikquele    :       Ein Tornado Recce der Luftwaffe mit einem Recce-Container unter dem Rumpf (2008)

 

2 Kommentare zu “Deutschland als Kriegstreiber?”

  1. RosaLux sagt:

    Am 14.12.2012 hat der deutsche Bundestag der Entsendung von bis zu 400 Soldaten, Patriot-Raketen und AWACS-Aufklärungsflugzeugen in die Türkei zugestimmt.

    OK, auch ich halte diesen Einsatz für übertrieben, aber eine deutsche Teilnahme am innersyrischen Krieg sähe anders aus. Zudem ist die BRD an den NATO-Vertrag gebunden, der gegenseitige militärische Hilfe garantiert. Türkisches Territorium wurde bekanntlich bereits beschossen, wenngleich im Ganzen geringfügig.

    Viel schwerer wiegt für mich die MilitärHilfe für Saudiarabien und (m.W.) Bahrain. Was haben wir Deutschen in diesen Diktaturen verloren? Weshalb sollen diese – ihre Bevölkerung unterdrückenden – Regime gestärkt und stbilisiert werden? Ganz eindeutig gegen alle Bestrebungen eines weiteren „arabischen Frühlings“ gerichtet. Arrabien wünscht eine ganze Armee (800 Stck, vermutlich aber 1000 Stck) Kampfpanzer modernster Bauart, Bahrain ebenso (m.W. nur 200 Stck). Die Ausbildung ist längst im Gange, wobei – peinlicherweise – auch der Geheimdienst und die arabische Religionspolizei mit einbezogen sind. Es gibt keine andere Erklärung, als dass diese Armee für den Einsatz gegen die eigene aufrührerische Bevöälkerung eingesetzt werden soll, wie in Syrien.

    Deutschland betreibt also Geschäfte mit Kriegswaffen. Deutschland rüstst so – vermeintliche! – poltische Freunde auf, vergleichbar den USA, die in dieser Region bereits zwei Mal gescheitert sind. Zuerst bei der Aufrüstung der Mudschaheddin gegen die damalige Sowjetunion und danach bei der Aufrüstung des Iraks gegen den „Schurkenstaat“ Iran.

    Deutschland vergeht sich – um eines billigen ökonomischen Vorteil wegen – gegen die frühere Doktrin, keinerlei Waffen in Spannungsgebiete zu liefern und die militärische Spitzentechnologie ausschließlich an NATO-Partner plus Israel plus andere „westlich“ orientierte Staaten. Das alles hat also keine Geltung mehr. Die Begründung der „Geheimhaltung“ mit der Gefährdung der deutschen Sicherheit (sinngemäß) ist deshalb Unfug, weil unsere nationale Sicherheit überhaupt nicht berührt ist, sondern lediglich politische und ökonomische Interessen „Deutschlands“ – also Regierung und Wirtschaft – am Verkauf von Rüstungsgütern zugunsten einer von fremden – uneingeschränkt nichtdemokratischen – Regimen für erforderlich gehaltenen eigenen „Sicherheit“, will sagen, der Stabilisierung der eigenen nicht legitimierten Herrschaft. – Geht es verwerflicher?

  2. Schichtwechsler sagt:

    doch es geht noch verwerflicher…

    Unfrieden in der Friedenspartei

    POTSDAM – „Welch ein grandioser Widerspruch“, entfährt es Wolfgang Neskovic. Der bis vor Kurzem noch für die brandenburgische Linke im Bundestag sitzende, mittlerweile unabhängige Abgeordnete spricht wohl für viele andere in der Partei. Auf Bundesebene kritisiere die Linke deutsche Rüstungsexporte, auf Landesebene unterstütze der linke Wirtschaftsminister Ralf Christoffers die Ansiedlung eines Rüstungsunternehmens.

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