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RENTENANGST

Der semantische Krieg

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 23. Mai 2018

Provozieren, relativieren –
und immer wieder die gleichen Begriffe platzieren:

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Ein Schagloch von Georg Seeßlen

Der rechtsextreme Sprech ist als Grundrauschen in unseren Alltag eingesickert.

Wir drohen uns beinahe schon daran zu gewöhnen, an diese rechte Rhetorik, die vor allem in der Wiederholung besteht und Wiederholung der Wiederholung und der Wiederholung der Variation und der Maskierung der Wiederholung der Variation der immer gleichen Begriffe und Bilder besteht: Brabbelbrabbel deutsches Volk brabbelbrabbel Flüchtlinge unser Geld unsere Frauen brabbelbrabbel HeimatNation brabbelbrabbel Gutmenschenliberallinksverräter brabbelbrabbel Kopftuchfrauen Messermänner Überflutung Unterwanderung Parasiten brabbelbrabbel unser Land unsere Werte brabbelbrabbel aufräumen GrenzenMauern brabbelbrabbel.

Es geht hier weder um ein Argumentieren noch gar um ein „Denken“. Auch das „Narrativ“, das sich auf „Wir gegen die anderen“ reduzieren lässt, spielt nicht die Hauptrolle. Es geht um die Begriffe, die ein rechtsextremes Grundrauschen in der Öffentlichkeit und mittlerweile sogar im deutschen Parlament erzeugt.

Zum zweifelhaften Vergnügen am Rechts-Sprech gehört es, dass manche „verbotenen“ Worte legitimiert werden („Neger“ darf man sagen, weil es doch nur „schwarz“ bedeutet, ätsch) oder maskiert werden (aus der „Lügenpresse“ wird flugs, haha, die „Pinocchiopresse“). Ansonsten geht es hauptsächlich darum, die spaltenden Worte, die die einen provozieren und den Zuspruch des „Wir“ sichern, so oft als möglich unterzubringen.

2018-03-12 Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 19. Wahlperiode des Bundestages by Sandro Halank–012.jpg

Seht alle her – Unsere Jagdscheine

Wenn es in einer „normalen“ Sprechweise darauf ankommt, aus Worten einen Zusammenhang zu formen, so kommt es im Rechts-Sprech darauf an, aus jedem Zusammenhang die Worte zu gewinnen, auf die es einem wirklich ankommt. Volk, Nation, Rasse, Fremde, Ausländer, Juden, Umvolkung. Die Worte des Rechts-Sprech gewinnen ein Eigenleben. Die meisten von ihnen haben einen Doppelcharakter: Sie reagieren auf aktuelle Ereignisse, und sie greifen zurück in ein vordemokratisches, vormodernes Idyll, eine Parallelwelt, mindestens, zum historischen deutschen Faschismus. Deshalb tauchen immer wieder „zufällige“ Assoziationen an den Nazi-Jargon auf, man spricht halt, nun ja, von „Konzentration“ der „abzuschiebenden“ Flüchtlinge, und man wird doch noch mal sagen dürfen, dass der Begriff „völkisch“ nicht per se schlecht sei.

File:2017-04-23 AfD Bundesparteitag in Köln -68.jpg

Dieses mal ohne ihren Fieseler Storch

Rechts-Sprech bedeutet, Sprache völlig anders einzusetzen: in Form von semantischen Besetzungen, Eroberungen und Vernichtungen. Es geht stets darum, die Grenze zwischen dem Wir und den anderen verbal zu festigen. So ist, wenn Donald Trump von Einwanderern als „Tiere“ spricht, keine „Entgleisung“ am Werk, sondern gezielte Empörung der anderen und Mobilisierung der eigenen Anhänger, die wieder mal den „Mut“ bewundern, mit denen ihr „Führer“ „Klartext redet“.

Klartext im Rechts-Sprech ist die Herabwürdigung und verbale Kränkung der anderen. Das taktische Kommunikationsmuster ist mittlerweile sattsam bekannt: Auf die vollmundige Provokation folgt, so es ernsthaften Widerspruch gibt, eine halbherzige Relativierung, die im Kern schon wieder eine Verhöhnung der widersprechenden Instanz enthält. In der nächsten Phase wird bereits das „Recht“ auf eine solche Sprache eingefordert. Wie es Alice Weidel nach der Rüge des Bundestagspräsidenten für Aussagen in ihrer Rede getan hat. Die Rüge: „Völlig ungerechtfertigt“. Was an ihrer Aussage Provokation sein solle? Versteht sie nicht. Gering qualifizierte Einwanderer seien quasi automatisch Kopftuchfrauen und Messermänner? Wird man doch noch mal sagen dürfen!

Quelle        :   TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben   —     author Georg Seeßlen at „Kölner Kongress 2017“ at 2017-03-11 in Cologne

Source Own work
Author alice_d25

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2.)  von Oben    —    Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 19. Wahlperiode des Bundestages: Lars Klingbeil; Andrea Nahles; Olaf Scholz; Angela Merkel; Horst Seehofer; Alexander Dobrindt; Volker Kauder; Annegret Kramp-Karrenbauer; Andreas Scheuer

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