DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 16. April 2019

Wenn man nicht weiß, was man sieht, sieht man nichts

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Klaus Raab

Wie jeder vernünftige Mensch versuche auch ich mich an der Herleitung von Gründen, warum die „Fridays for Future“-Bewegung genau das Richtige tut. Abgelenkt von meinen Bemühungen wurde ich in der ver­gangenen Woche allerdings durch die Veröffentlichung eines Fotos, das ein schwarzes Loch zeigen soll. Dabei ist das Bild bemerkenswert schlecht. Man sieht einen unscharfen leuchtenden Kreis, der ins Orangefarbene tendiert. Die untere Kreishälfte ist dicker als die obere; rundherum und in der Mitte ist alles schwarz. Wenn man nicht weiß, was man sieht, sieht man eigentlich nichts.

Das halbe Internet hatte wie immer keinen Blassen, erkannte aber, dass etwas Großes vor sich ging, und fühlte sich folglich berufen, über die eigene Ahnungslosigkeit hinwegzusehen und Schwarzes-Loch-Witze mit der Welt zu teilen ­Manche fühlten sich beim Anblick des Fotos an einen Donut erinnert, andere an das Auge von Mordor aus der „Herr der Ringe“-Filmtrilogie. Ich selbst dachte an ein Foto von der Deckenbeleuchtung in der Neuköllner Ringo-Bar, das ich, gewiss aus guten Gründen, um 2010 herum gemacht habe. Die ­andere Hälfte des Internets war wie immer voll mit Expertisen und Erklärungen.

Angesichts der Vielzahl von Witzen und Links zu Begleittexten, die mir in meine vielfältigen Timelines gespült wurden, gelangte ich zu der festen Auffassung, dass es sich bei der Lochgeschichte um eine Angelegenheit von Bedeutung handeln musste. Dummerweise hatte ich allerdings gerade die Auslegeware zu saugen, Nudelwasser aufzusetzen und eine Zugbuchung vorzunehmen, bevor ich ein Teammeeting zur Organisation der Kinderbetreuung in den Osterferien besuchen musste. Aber immerhin, ich hatte locker 30 Überschriften absorbiert; irgendwas war auch mit Einstein. Und als ich abends die Fernsehnachrichten einschaltete, ging es um die Frage, ob so ein schwarzes Loch die Erde verschlucken könnte. Der beliebte Physiklehrer Harald Lesch kicherte und verneinte. Um ein Hollywood-fähiges Szenario ging es nicht. Ich fühlte mich also im Bilde.

Tags darauf las ich im New Yorker jedoch einen Artikel über den Umgang mit Informationen im Social-Media-Zeitalter beinahe zur Gänze quer. Eine These darin lautete, der Überfluss an verfügbaren Informationen und Veröffentli­chungen führe zu einer Wissensillusion. Dadurch, dass man beim Überfliegen von Überschriften ständig irgendwelche Informationsbausteinchen aufsauge, würden viele deutlich überschätzen, was sie wirklich wüssten. Ich fühlte mich ertappt.

Quelle       :           TAZ       >>>>>          weiterlesen

—————————————————————-

Grafikquellen        :

Oben    —    Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>