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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 24. April 2018

Die Lage ist niemals stabil, wusste schon Marx

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Durch die Woche mit Robert Misik

Rauschebart

Die 50-Jahre-Achtundsechziger-Gedenktage haben ihren ersten Höhepunkt hinter sich, und schon rollen die 200-Jahre-Karl-Marx-Festivitäten auf uns zu.

In seiner Geburtsstadt Trier stellen sie am Geburtstag die Marx-Statue auf, die der Stadt von den Chinesen geschenkt wurde. Dieses Standbild im Stil des pathetischen Pseudorealismus ist geradezu eine Verkörperung der Paradoxien unserer Zeit. Die Trierer Lokalpolitik steckte in dem Dilemma, dass ihr die Annahme des Präsentes ebenso peinlich gewesen ist wie dessen potenzielle Ablehnung, zumal eine Absage an die chinesischen Parteikommunisten ein Affront gewesen wäre und Tourismus und Handelsbeziehungen mit der aufstrebenden wirtschaftlichen Weltmacht China hätte belasten können.

Schöne Pointe: Man muss dem guten alten Karlchen ein Denkmal setzen, um keine kapitalistischen Absatzmärkte zu gefährden. Big Old Rauschebart hätte seine helle Freude an einer solchen Verrücktheit. Der wusste ja schon in seinen legendären „Grundrissen“, dass im entwickelten kapitalistischen Weltmarkt „die Verrücktheit (für) das praktische Leben der Völker bestimmend“ würde.

Während der Rückblick auf die Achtundsechziger bestenfalls von jener nostalgischen Zärtlichkeit ist, mit der man sich an die eigene Pubertät erinnert – mitsamt ihren sympathischen Verirrungen –, und kaum jemand fragt, ob das Exempel von 1968 irgendetwas für unsere Gegenwart zu bedeuten hat, so ist das Marx-Gedenken von einer ganz anderen Art: Stets schwingt die Frage mit, und sei es nur als Verdacht, ob uns der Alte für heute noch gehörig etwas zu sagen hat. Ob einer wie er fehlt. Das ist allein ja schon bemerkenswert bei einem, der mehr als 130 Jahre tot ist.

Robert Misik

Profitmaximierung

Einer der Giganten der Geistesgeschichte ist er sowieso. In Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaften, in Ökonomie, also im gesamten modernen Denken, hat er dem Wissen einen neuen Kontinent eröffnet. Marx lesen ist immer noch der beste Beginn, um denken zu lernen. Seine ungebrochene Größe besteht in seiner Methodik, soziale Prozesse zu verstehen: dass viele Akteure Handlungen setzen, manche bewusst geplante, andere eher instinktive; vom politischen Agieren bis zur Profitmaximierung, von neuesten technologischen Erfindungen bis zum Kampf um höhere Löhne oder bessere Arbeitszeiten.

Diese unzähligen Impulse summieren sich zu einem neuen Arrangement, das aber von niemandem geplant war. Das kapitalistische Verhältnis ist ein „Verhältnis von Verhältnissen“ oder, wie der Marx-Buddy Friedrich Engels einmal schrieb, „eine Wechselwirkung“ und eine „unendliche Menge von Zufälligkeiten“, die zwar alle ein Resultat von Einzelwillen seien, wobei aber etwas herauskomme, „das keiner gewollt hat“.

Kraftfeld

Quelle     :    TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen  :

Oben    —    Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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