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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Freitag 17. Juni 2022

Ideologie und Pragmatismus: Nicht wer, sondern was man tut

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Durch die Woche mit Ariane Lemme

Bei politischen Entscheidungen spielen Überzeugungen nicht immer eine Rolle. Wichtig ist, dass am Ende das Ergebnis stimmt.

Neulich in der Eisdiele ist mir mal wieder aufgefallen: Ich hasse Ideologien, wirklich. KommunismusAntisemitismus, Poststrukturalismus und all die anderen zusammengezimmerten Konstrukte von schönen oder hässlichen Ideen, die zwangsläufig irgendwann unter ihrem eigenen Gewicht oder einfach genauerer Betrachtung zusammenkrachen. Dann lieber try, error, repeat.

Wenn’s aber um meine Tochter geht, hab ich inkonsequenterweise eine Menge schöner Ideen. Kein Zucker, kein Fernsehen (sie), kein Schimpfen (ich). Mein Freund hat nur eine Maxime, wenn es um sie geht: Hauptsache, sie ist glücklich.

Meistens treffen wir – er, der Israeli, und ich, die Deutsche – uns mit unseren Ansätzen auf demselben Weg wieder, aber wenn’s mal nicht so ist, wie bei der Frage „Ist Schokoeis vor dem ersten Geburtstag wirklich eine gute Idee?“, dann nagt etwas Unheimliches in mir. Lauern da schimmlige Überreste einer schwarzen, preußischen Erziehungsideologie in mir?

Zum Glück verabschieden sich die Ideologien immerhin aus der Sphäre der Politik so langsam (auch wenn das leider noch nicht durch die Mauern des Kreml gedrungen ist), genauso wie die Macht aus der Sphäre der Erziehung. Wobei natürlich schon das Wort Erziehung heute falsch ist. Niemand, der bei Verstand ist, erzieht seine Kinder heute noch. Die meisten bauen zum Glück inzwischen einfach eine Beziehung zu ihren Kindern auf, wie man das mit geliebten Menschen halt macht.

Ein schönes Beispiel dafür, wie baufällig Ideologien sind, wenn’s um Macht geht, ist gerade in Israel zu beobachten. Da stimmt die politische Rechte gegen die Fortführung eines ihrer über Jahrzehnte gepflegten Projekte: die Siedlerbewegung. Sprich: gegen ihre eigene politische Überzeugung. Warum? Um die aktuelle Regierung zu stürzen und selbst wieder an die Macht zu kommen. Kurz: Die Siedler könnten tatsächlich ihre besonderen Privilegien verlieren und wären, wenn’s denn so weit käme, ihren palästinensischen Nachbarn rechtlich gleichgestellt.

Ampel Sondierungen und FridaysForFuture protestieren 2021-10-15 169.jpg

Damit könnte die Opposition um Bibi, also den konservativen Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu, der sich nach gerade einjähriger Auszeit schon wieder in Stellung bringt, am Ende – Ideologie beiseite – vielleicht mehr für den Frieden tun als viele tatsächlich an einer Zweistaatenlösung Interessierte. Zumindest theoretisch.

Ein paar Entbehrungen

Klar, das Beispiel ist ein bisschen extrem, eine absurde Drehung zu viel, aber das Naserümpfen gerade vieler Linker über falsche oder fehlende Motive hinter eigentlich lobenswerten Taten nervt auch nicht wenig. Hand aufs Herz: Ist Ihnen ein CSUler, der aus wahltaktischen Gründen Windkraft fördert, nicht lieber als einer, der seiner wirtschaftsliberalen Gesinnung treu bleibt? Oder eine Kanzlerin, die gegen ihre Überzeugung einen Atomausstieg beschließt, weil die Mehrheit das will?

Quelle        :      TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —             Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

 

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