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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 8. Juni 2022

Lindners Tankrabatt und die Wirklichkeit:  Ganz Holland sagt Danke

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Silke Mertins

In den Niederlanden ist Autofahren sehr teuer, trotzdem gibt es nicht weniger Autos. Lindners Tankrabatt setzt jetzt einen regen Grenzverkehr in Gang.

Die Minderjährige, die zu meiner Hausgemeinschaft gehört, hält mich für zu theoretisch. Wenn ich etwas für logisch und nachweisbar hielte, glaubte ich doch tatsächlich, es entspräche der Wirklichkeit. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt. Immer kommt mir gewissermaßen die Empirie in die Quere. Von der Generation Z weiß man beispielsweise durch Studien sehr genau, dass ihr eine gute Work-Life-Balance mit ausreichend Zeit für Power-Yoga und Töpfern, Familie und Freunde wichtiger ist als eine große Karriere und viel Geld. Empirisch betrachtet sieht es jedoch so aus: Die Minderjährige beschied jüngst einem Berufsberater in der Schule, sie wolle später einmal reich werden. Welcher Beruf passe denn bitte dazu? Allzu anstrengend sollte er allerdings nicht sein. Genau ihrem Lebensgefühl entspräche nämlich ein Song, den sie aus Versehen auf einer „Alte-Leute-Playlist“ von Spotify gehört hätte – „Ich wär so gerne Millionär“ von den Prinzen.

Meinem Lebensgefühl entspricht indes der Prinzen-Song „Fahrrad“, den ich grob auswendig kann: „Jeder AfD-Popel fährt ’nen Opel, jeder Linke fährt ’nen Ford, jeder Lindner fährt ’nen Porsche, jeder Scholz ’nen Audi Sport, jeder Wissing fährt ’nen Manta, jeder Merz ’nen Jaguar, nur die Grünen fahren Fahrrad und sind immer früher da.“

Wäre in Deutschland Autofahren also sehr deutlich teurer, Fahrradfahren attraktiver und der öffentliche Nah- und Fernverkehr ein ständiger und kostenloser Quell der Freude, wäre eine Verkehrswende längst Realität. Schon der Grüne Jürgen Trittin, der ja bekanntlich von Natur aus recht hat, wusste lange, bevor er 2013 die Wahl verlor: Eigentlich müsste Benzin fünf Mark pro Liter kosten. Dann wird alles gut.

2021 Porsche 911 GT3 1.jpg

Hohe Benzinpreise führen zu weniger Verkehrsaufkommen und damit auch zu einer besseren CO2-Bilanz. Kurz gesagt müsste man es so machen wie die Niederlande. Theoretisch jedenfalls. Die holländischen Treibstoffpreise sind im Durchschnitt 30 Cent höher als in Deutschland und ein Neuwagen kostet bis zu 40 Prozent mehr. Nirgendwo sonst in Europa ist Autofahren so teuer. Ein Erfolgsrezept, wie aus dem grünen Wahlprogramm. Doch wieder will die missliche Wirklichkeit nicht der Theorie folgen. Denn: Es gibt kaum weniger Autos in den Niederlanden. Offenbar scheint es in den Niederlanden auch keine Pend­le­r*in­nen zu geben, die aufgrund der hohen Spritpreise verarmen oder ihren Job nicht mehr ausüben können. Die Empirie ist ein Mysterium.

Die Niederländerin, die in unserer Hausgemeinschaft für die Versorgung mit Hummus und Pita zuständig ist, beobachtet entsprechend ratlos die Diskussionen in Deutschland. Wie jetzt, hohe Benzinpreise? Wie meint ihr das? Und schon ist sie auf dem Weg zur deutschen Tankstelle, um mit dem herrlich günstigen E10-Treibstoff den Tank bis zum Rand zu füllen. Angesichts des Lindner’schen Tankrabatts sagt ganz Holland Danke.

Quelle        :          TAZ-online          >>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —             Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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