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RENTENANGST

Der wirkliche Rentenbetrug

Erstellt von Redaktion am Freitag 12. Oktober 2012

Gedanken über den weiteren Ablauf der Rente macht sich Martha Brauch aus Waiblingen

Auch Abzocker der Nation – Nie gearbeitet für die Gesellschaft mit guter Renter.versorgt

Im Jahr 1889 führte der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck unter Kaiser Wilhelm II die gesetzliche Rentenversicherung ein. Er hoffte, mit der Einführung die damals wachsende Unterstützung der Bevölkerung gegenüber den Sozialdemokraten einzudämmen.

Die Renten wurden damals erst ab dem 70. Lebensjahr ausbezahlt. Deutschland wurde der weltweite Vorreiter beim Aufbau staatlicher sozialer Systeme. 1916 wurde das Renteneintrittsalter für alle Arbeitnehmer auf einheitlich 65 Jahre festgelegt. Dadurch verdoppelte sich die Zahl der Rentenempfänger und der erste Weltkrieg verschärfte zusätzlich die finanzielle Lage der Rentenversicherung.

Auch das NS-Regime behielt das Prinzip der Rentenversicherung im Wesentlichen bei. Tiefgreifende Veränderung gab es erst in der Nachkriegszeit. 1957 wurde das heutige Umlageverfahren eingeführt, bei dem die Rente der dynamischen Lohnentwicklung angepasst wurde.

Erst 1992 wurde das Renteneintrittsalter, nachdem es 1972 auf 63 Jahre festgelegt wurde, wieder auf 65 Jahre und die Renten nicht mehr entsprechend den Brutto-, sondern den Nettolöhnen angepasst. Weil sich angeblich die finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung immer weiter verschärfte, wurden 2001 weitere Absenkungen des Rentenniveaus und die private, staatlich geförderte „Riester-Rente“ eingeführt und 2006 das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre beschlossen.

Heute ist bekannt, dass seit 1957 aus den Rentenkassen jedes Jahr Beträge für rentenfremde Leistungen entnommen werden und die Kassen damit um insgesamt 768 Mrd. DM oder rund 393 Mrd. Euro für andere Zwecke erleichtert wurden. Das ist Diebstahl an den für die Rentenzahlungen einbezahlten Geldern.

Die Zahlen wurden erst seit der rot-grünen Koalition unter Schröder ab 2002 nicht mehr veröffentlicht.  Kaum einer weiß also, wie viel Geld aus der Rentenkasse für andere Zwecke mittlerweile wirklich veruntreut wurde.

Jahrelang hörte man die Aussage, die Lohnnebenkosten wären zu hoch. Diese müssten gesenkt werden. Das was unsere Regierenden und die Wirtschaft als diese Kosten bezeichnet, sind Löhne, die vor Bekanntgabe des Bruttolohns schon eingerechnet sind, also keine zusätzlichen Kosten, wie behauptet wird. Faktisch ist die Absenkung dieser so genannten „Lohnnebenkosten“ eine weitere Kürzung der Löhne und nichts anderes.

Angebliche Lohnnebenkostensenkungen und Riesterrente dienen dazu, die „verarmten Ackermänner“, Versicherungen und Unternehmer zu unterstützen, um deren Einkommen und Gewinne zu erhöhen. Oft genug werden diese Gewinne dazu benutzt, um damit weiter zu spekulieren.

In einem Gutachten der Techniker-Krankenkasse Hamburg vom 26.10.2004 wurde festgestellt, dass so genannte Lohnnebenkosten betriebswirtschaftlich und wettbewerbsmäßig keine Rolle spielen. Die Existenz dieses Gutachtens wird aber in den Medien und von Politikern nicht wahrgenommen bzw. verschwiegen.

Die jährlich steigenden Gewinne werden nicht etwa dazu benutzt, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern um diese kontinuierlich abzubauen. Wenn Arbeit zur Mangelware wird, können die Menschen besser in Schach gehalten werden. Investitionen sind ebenfalls nicht mehr „up to date“. Die kosten schließlich Geld und dies nimmt man lieber für spekulative Geschäfte, weil das mehr Gewinn einbringt, als anständige Löhne zu bezahlen und für die Zukunft zu investieren.

Dafür werden die Löhne mit Kürzungen und höheren Abzügen sowie einer privaten Rentenversicherung weiter gedrückt und mehr „Eigenverantwortung“ verlangt.

Die Rentenformel

Seit 1957 gibt es die Formel für eine dynamische Rente, mit der jedes Jahr zum 1. Juli die Renten an die Löhne angepasst werden. 2001 sind dann die Rentenversicherer auf eine Bruttolohnanpassung übergegangen, die durch die Veränderung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung modifiziert wurden. Die Politik hat seither mehrmals in dieses System für rentenfremde Leistungen – wie zum Beispiel die Entscheidung Kohls, die Wiedervereinigung teilweise aus der Rentenkasse zu bezahlen – eingegriffen.

Demographieschwindel

Aber damit noch nicht genug. Von einst 70 Prozent des Netto-Einkommens über derzeit nur noch rund 50 Prozent soll nach dem Willen von CDU/FDP und der SPD die Rente bis auf 43 Prozent sinken.

Nach allem, was uns über die Medien gesagt wird, soll die Zahl der in Deutschland lebenden Personen in den nächsten Jahrzehnten abnehmen. Jedoch werden mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jahr 2050 nach den neueren Berechnungen des Statistischen Bundesamtes immer noch zwischen 69 und 74 Millionen Menschen in Deutschland leben. Im Jahr 2005 waren es 82,4 Millionen. Sind das wirklich dramatische Veränderungen, wie man uns weismachen will?

Die viel besungene „Überalterung“ und „Vergreisung“ wird unbeeindruckt von den Tatsachen weiter propagiert. Auf keinem Fall wird auf die tatsächlichen Ursachen eingegangen und stattdessen die Bevölkerung weiter mit demographischem Unfug und Übertreibungen traktiert.

Wir werden pausenlos durch die Politiker und deren Helfershelfer über die  Medien in die Irre geführt. In einer Veröffentlichung des Berlin-Instituts Mitte März 2006 wurde behauptet, wir hätten die niedrigste Geburtenrate weltweit und dies seit 1945.  Der Direktor des Berlin-Instituts, Reiner Klingholz, behauptete sogar in einem Focus-Interview, dass die „deutsche Bevölkerung schneller schrumpfen würde, als erwartet“. Richtig ist aber, dass wir in 10 weiteren europäischen Ländern und noch mehr weltweit (z. B. in Nordamerika) ähnlich niedrige Geburtenraten haben. Die südlichen afrikanischen Länder hingegen haben sehr hohe Geburtenraten.

Im Durchschnitt liegt derzeit die Zahl der Geburten in Deutschland bei 1,36 Kindern pro Frau. Im Jahr 1985 lag die Geburtenrate bei 1,28 Kindern wesentlich niedriger als heute. Es entsteht somit der Eindruck, dass solche Veröffentlichungen mit dem angeblichen Ergebnis demographischer Probleme nur der Meinungsmache dienen um Kürzungen bei der Rente zu rechtfertigen und die Menschen hin zur privaten Rentenversicherung zu drängen.

Was kann dagegen getan werden?

Das ist im Grunde ganz einfach. Wer als verantwortungsbewusster Mensch möchte gerne Kinder in diesen unsicheren Zeiten in die Welt setzen. Gerade junge Menschen brauchen, um eine Familie zu gründen, Sicherheit. Bei Leiharbeit, Mini-, 400 €-Jobs und bestehender Langzeitarbeitslosigkeit, die durch immer mehr Tricks in den Statistiken beschönigt  wird, kommt eine solche nicht auf.

Wenn es Ursula von der Leyen und der CDU wichtig ist, die Geburtenrate anzuheben, müssten sie durch Investitionsprogramme zur Ankurbelung der Wirtschaft und des Binnenmarkts für gesicherte Arbeitsplätze mit anständigen Löhnen sorgen. Die Kinderbetreuung müsste auch besser werden und es dürfte keinen Streit darüber geben, ob ein Erziehungsgeld für diejenigen, die ihre Kinder zu Hause versorgen, anstatt in Kitas und Tagesstätten, bezahlt werden soll. Ein Erziehungsgeld dient nur dazu, um die Politik vor einer Flut von Klagen zu bewahren, weil diese versäumt hat, rechtzeitig für ausreichende Betreuungsplätze zu sorgen.

Natürlich gibt es auch demographische Probleme und zwar in den Regionen, in denen die Jungen abwandern, weil sie dort keinen Job finden. Diese Tatsache zeigt, dass viel getan werden muss, um in diesen Regionen die Wirtschaft anzukurbeln, anstatt tatenlos zuzusehen, wie junge Menschen abwandern, weil sie keine Berufs- und Einkunftsperspektiven haben.

Dazu kommt noch, dass im 20. Jahrhundert unsere Gesellschaft sehr viel älter wurde, als heute. Das mag unter anderem auch an den vielen Gesundheitsreformen liegen, die eine immer schlechtere Versorgung gebracht haben, zumindest bei denen, die sich keine zusätzlichen Behandlungen, die früher zur Versorgung für alle gehörten, leisten können.

Der Generationenvertrag hat in der Vergangenheit immer getragen. Auch früher gab es schon demographische Unterschiede. Sie wurden nur nicht durch Meinungsmache dramatisiert. Glaubt man den Berechnungen des Statistischen Bundesamts, kamen im Jahr 2001 rund 82 Menschen jenseits der Arbeitsfähigkeit auf 100 Erwerbsfähige, im Jahr 2050 sollen es 112 erwerbsfähige Personen sein. Das ist keineswegs besorgniserregend.

Bei den hitzig geführten Debatten um die angebliche Belastung der jüngeren Generation durch die Rentner wird außer Acht gelassen, dass die Renten an die Entwicklung der Löhne gekoppelt sind. Wenn also Löhne und Gehälter stagnieren, steigen auch keine Renten.

Die Schwierigkeiten der sozialen Sicherungssysteme sind ein Ergebnis der mangelnden Beschäftigungs- und Lohnentwicklung. Hohe Arbeitslosigkeit, ein Verlust von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, Minijobs und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse, seit fast 20 Jahren stagnierende Reallöhne und das Einfrieren von Beitragssätzen sind mit die Ursachen der finanziellen Nöte unserer sozialen Sicherungssysteme. Wenn Wirtschaftswachstum und Beiträge in die Sozialversicherung immer weiter auseinanderdriften, fehlen ebenfalls große Summen in den Versicherungen.

Dass es den zukünftigen Rentnern schlechter gehen muss, ist nicht richtig. Viele ökonomische Faktoren können dafür sorgen, dass es Rentnern in 30 Jahren nicht schlechter gehen muss, als heute bzw. vor einigen Jahren. Deutschland leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Länder wie Österreich, Niederlande, Luxemburg oder Dänemark haben eine um die Hälfte niedrigere Arbeitslosigkeit. Die deutschen Politiker müssten also bei ihrer makroökonomischen Politik nur einmal an die Bevölkerung denken, anstatt sich von der Wirtschaft an der Nase herumführen zu lassen.

Die Zuschussrente

Ursula von der Leyen (CDU) ist mit ihrer Zuschussrente für Geringverdiener vorgeprescht und erntet dafür viel Kritik, auch in den eigenen Reihen. Sie will eine Zuschussrente von bis zu 850 € wenn diejenigen 35 Jahre gearbeitet und eine private Altersvorsorge abgeschlossen haben. Natürlich darf man auch nicht im Laufe seines Arbeitslebens dem Staat auf der Tasche gelegen haben.

Sie verschweigt dabei, dass auch diese Leistung mit einer Bedürftigkeitsprüfung verbunden ist. Eigenes Einkommen oder Vermögen wird dabei genauso angerechnet, wie das aller Mitglieder der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft. Hartz IV als Vorbild?

Wer also 2049 in Rente geht, muss zusätzlich 35 Jahre privat vorgesorgt haben, um in den so genannten „Genuss“ dieser Zuschussrente zu kommen. Bei den heutigen Geringverdienern ja kein Problem. Die haben doch nur damit zu kämpfen, über den Monat kommen. Da ist mit Sicherheit noch eine zusätzliche private Rentenversicherung drin. Oder?

Arbeitslose dürften ebenso wenig in den Genuss kommen. Sie haben kein Geld für private Vorsorge übrig, zumal sie ja dem Staat auf der Tasche liegen und in der heutigen Zeit meist keine 35-jährige Arbeitsbiographie vorweisen können. Und die Aufstocker? Auch sie bekommen vom Staat zusätzlich Leistungen zu ihrem Lohn.

Frau von der Leyen verschweigt, dass es sich hier um eine Brutto-Rente handelt, von der noch Steuer und Krankenversicherung abgehen. Damit kämen die begünstigten Rentner knapp unter die heutige Grundsicherung, einmal abgesehen davon, dass kaum jemand es schaffen kann auch in den Genuss zu kommen.

Dies bedeutet, dass hieraus eine „Sozialhilfe plus“ aus der falschen Kasse, nämlich den Rentenbeiträgen finanziert mit hohen eingebauten Hürden entstehen soll. Also eine neue Mogelpackung unserer Verpackungskünstlerin von der Leyen.

Vor Allem: Warum rückt Frau von der Leyen erst heute damit heraus? Ihre Amtszeit geht schon ein paar Jahre und das Problem dürfte ihr schon länger bekannt sein. Den dauernden Eingriffen in die Rentenkassen und der ständig wachsenden Niedriglohnbeschäftigung politisch entgegen zu wirken war und ist nicht ihre Absicht.

Auch Peer Steinbrück, designierter Bundeskanzlerkandidat der SPD meldet sich zu Wort. Er hält weniger von der privaten Rentenversicherung und setzt eher auf die betriebliche Altersvorsorge. Doch wie soll die von den oftmals kargen Löhnen bezahlt werden?  Und wem nützt diese, wenn Leiharbeiter nicht zu der Firma gehören, in der sie arbeiten und ständig um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Auch Steinbrück will bei der Absenkung der Rente auf 43 Prozent und dem Eintritt ins Rentenalter mit 67 Jahren festhalten.

DIE LINKE dagegen will eine Mindest-Netto-Rente von 1.000 €. Um eine solche finanzieren zu können, fordert die Partei, dass alle solidarisch in die Rentenkasse einbezahlen sollen, also auch Selbständige, Beamte und Abgeordnete. Die Beitragsbemessungsgrenze soll dabei abgeschafft werden.

Fazit

Einige Stimmen werden schon laut, dass zukünftig erst im zarten Alter von 70 Jahren der Renteneintritt vollzogen werden soll. An allem soll die „Überalterung“ unserer Gesellschaft schuld sein.

Einmal abgesehen davon, dass das Wort „Überalterung“ menschenverachtend ist. Wenn es aber in Zukunft weniger Menschen geben soll, bleibt doch ein größerer Teil vom Kuchen übrig, der dann auf Alle verteilt werden kann. Oder? Davon wird natürlich nicht geredet. Das kann nur heißen, dass die gesetzliche Rente Stück für Stück abgeschafft wird und die Zukunft bei der privaten Rente liegen soll. Ein Subventionsprogramm für die Finanzwirtschaft, bei dem unsere Regierung nichts zurücknehmen will!

Doch bei der privaten Rentenversicherung möchten zu viele mitverdienen. Bis zu 25 Prozent der eingezahlten oder bezuschussten Gelder gehen für Kosten und den Verdienst der Versicherungsbüros drauf. Die zukünftigen Rentner dürften erstaunt sein, wie viel Rente ihnen am Ende vom „Riestern“ bleibt. Mal abgesehen davon, dass private Rentenversicherer Pleite gehen können. Bei unserem derzeitigen Umlageverfahren sind solche Kosten und Gefahren nicht vorhanden.

Man denke nur an Chile. Dort hatte das Land fast das gleiche Rentensystem wie in Deutschland. Seit Pinochet die private Rente eingeführt hatte und die Versicherungen keine Rente mehr ausbezahlen konnten, sind die Rentner dort bitterarm und die private Rente ist zum Reformfall geworden. Auch das übergeht unsere Regierung und fördert weiter ein System, dessen Zukunftsfähigkeit in den Sternen steht. Bewährtes hingegen wird einfach abgeschafft.

Die kurz nach der Jahrtausendwende eingebauten Dämpfungsfaktoren werden das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 um ein Viertel gesenkt haben. Natürlich bekommen da immer mehr Menschen eine Minirente, von der sie nicht mehr leben können.

All die beschwörenden Worte von Demographie-Wandel und Zuschussrente sind Augenwischerei. Damit der Wähler sich auf die nächste Bundestagswahl einstimmen kann, wird schnell mal so getan, als ob die Menschen für die Parteien wichtig wären.

Mit Hilfe der Medien hat die Wirtschaft und die Politik die Menschen so lange betört, bis sie diesen geglaubt haben. Sämtliche Reformen der letzten 20 Jahre sind auf Schwindel und Irreführung aufgebaut.

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Grafikquelle   :   Bundeswehr-Fotosoriginally posted to Flickr as Pressestatement BM zu Guttenberg anlässlich der Übergabe des Berichtes der Strukturkommission

  • CC BY 2.0
  • File:Übergabe des Berichtes der Strukturkommission, Oktober 2010.jpg
  • Erstellt: 26. Oktober 2010

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