Der Preis für ein totes Kind
Erstellt von Gast-Autor am Mittwoch 28. Januar 2015
Der Abzugs-Schacher in Afghanistan
Autor: Volker Bräutigam
Datum: 27. Januar 2015
Für mindestens 200 von deutschen Soldaten in Afghanistan ermordete Mitmenschen und weitere mindestens 300 lebenslang Verstümmelte (bei hohen Dunkelziffern), für zerbombte Häuser, zerschossene Fahrzeuge, zerstörte Brücken und abgebrannte Felder hat die Bundeswehr 1,1 Millionen US-Dollar „Entschädigung“ gezahlt. Für alle deutschen Verwüstungen während des nun mehr als 12 Jahre währenden Krieges. Den Sie zwar nicht begonnen, aber gnadenlos weitergeführt haben, Verbrechen hin, Friedensverrat her.
Sie haben sich nicht geschämt, die Zahlungen veröffentlichen zu lassen. Ein missratener PR-Gag? Mit dieser so lächerlich kleinen Summe wollen Sie das von unseren tapferen Söldnern in Afghanistan angerichtete Elend ausgleichen? Die zum damaligen Wechselkurs 1 Euro = 1,35 US-Dollar gerundete Summe von 815.000 Euro, davon 449.000 Euro für Sachschaden“ausgleich“, beweist nur unsere deutsche Schändlichkeit und Schäbigkeit.
An Befreiung von moralischer Schuld ist eh nicht zu denken. 366.000 Euro als „Entschädigung“ für Tote und Verstümmelte in nicht einmal genau bekannter Zahl!
Ich würde gerne aufschlüsseln, was die reiche Bundesrepublik Deutschland für ein erschlagenes Kind bezahlt hat, für eine zerfetzte Frau, für den alten Bauern, der mit einer Salve aus einem Schnellfeuergewehr vom Leben zum Tod befördert wurde. Doch meine statistischen Bemühungen scheitern an den unzuverlässigen (geschönten?) Angaben über die Opfer dieses völkerrechtswidrigen Krieges, an dem sich unser glorreicher SPD-Kanzler Schröder unter Bruch des Grundgesetzes sogleich mordwillig beteiligte – ein „Krieg“, dem die Vereinten Nationen erst Wochen später und unter betrügerischem Druck aus Washington die höheren Weihen einer „Befriedungsmission“ gaben.
Datenarmut. Wie viele Menschen haben unsere effizienten, hochbezahlten Soldaten in Afghanistan umgebracht? Der berüchtigte Massenmörder Oberst Georg Klein, heute ein mit Orden behängter und straffrei gestellter Brigadegeneral, hat mindestens 130 Tote auf seinem christlichen Gewissen. Entgegen jeder militärischen Notwendigkeit und trotz aller Bedenken seiner Ami-Piloten ließ er bei Kundus zwei entführte Tanklastzüge bombardieren. Wie viele Tote? 135? 140? Die Bundeswehr zahlte nur an 90 Familien. 5000 Euro für jeden ihrer verbrannten Lieben. Nochmals: Die reiche Bundesrepublik Deutschland ließ nur 536 000 Euro als Entschädigung für alle Toten und Verwundeten dieses Bombardements zusammen auszahlen.
5000 Euro zahlte Berlin natürlich nicht für jeden toten Afghanen. Sondern nur für solche, die aufgrund der Mordumstände besondere mediale Aufmerksamkeit erfuhren. Für viele Kinder, Frauen und unbewaffneten Männer, die als weniger auffällige zivile Kollateralschäden auf das Abschusskonto der Bundeswehr gehen, wurde weit weniger gezahlt, das ergibt sich zwingend aus der Gesamtsumme. Höchst- und Mindestbeträge verschweigt das „Verteidigungs“-Ministerium. Dass ein totes Kind mit mehr als 1000 Euro zu Buche schlug, brauchen wir Bürger der reichen Bundesrepublik Deutschland nicht zu befürchten.
Eine hinlängliche Statistik der Folgekosten deutscher Kriegsverbrechen in Afghanistan ist nicht machbar: Wir wissen weder in was, wie tief noch wie oft die Bundeswehr verstrickt war. Das KSK beispielsweise, das Kommando Spezialkräfte, hat sich in aller Stille mordend bzw. mitmordend durch Afghanistan bewegt. Über die Taten und Untaten dieser geheimen Killertruppe werden wir niemals nachprüfbare Informationen bekommen.
Seit vier Jahren wird großzügiger entschädigt, zwar nicht für Tote, wohl aber für Verletzte – in sage und schreibe vier Fällen. 1340 bis 6900 Euro dafür, dass die Betroffenen den Rest ihres Daseins als Krüppel verbringen müssen. Und um der Großherzigkeit der reichen Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem armen Afghanistan die Krone aufzusetzen: In zwölf Jahren bezahlte unser Kriegsministerium 135.000 Euro Entschädigung für deutsche Bomben und Grananten und Gewehrkugeln, abgebucht als „Winterhilfe“. Pro Winter etwa 11 000 Euro – für alle frierenden geschädigten Afghanen. Weniger als zehn Euro pro Winter und Familie.
Stört Sie das irgendwo, Frau Dr. Merkel, Frau Dr. v.d. Leyen – oder Sie, Herr Dr. Steinmeier? Gibt es eine Rest-Scham in der Regierung dieser reichen Republik? Nein, wohl nicht. Bei uns leben schließlich auch arme Leute, die im Winter frieren müssen, stimmt´s? Ja, man kann sich halt nicht um alles kümmern, nicht wahr? Und überhaupt, wir brauchen unsere Schwarze Null im Staatshaushalt. Wenn schon die Demokratie des saturierten Deutschland am Hindukusch verteidigt werden muss, dann doch erst recht der deutsche Staatssäckel bei uns zuhause. Schließlich sind es ja bloß islamische Afghanen, und für die ist unser gutes Geld eh fast zu schade.
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Fotoquelle: Wikipedia – Author Swarm
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