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Paderborner Abschalter

Erstellt von DL-Redaktion am Samstag 31. März 2018

Der Mann, der Trump abschaltete

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Aus Paderborn Jan Pfaff

Bahtiyar Duysak aus Paderborn hat in San Francisco für Twitter gearbeitet. Und die Welt für elf Minuten von Donald Trumps Tweets befreit. War das Absicht?

Um den Mann zu treffen, der dem Präsidenten der Vereinigten Staaten kurz eines seiner wichtigsten Machtinstrumente wegnahm, muss man nach Ostwestfalen fahren. Der Bahnhof von Paderborn ist überschaubar. Fünf Gleise, S-Bahnen aus Bielefeld oder Hannover halten hier, nur selten ein ICE. Washington und das Weiße Haus sind weit weg, Kalifornien und die Zentralen der großen Internetkonzerne noch weiter. Vor dem Bäcker im Bahnhofsgebäude wartet ein junger Mann in weißer Trainingsjacke und verwaschenen Jeans. „Hallo, ich bin Bahtiyar“, stellt er sich vor.

Anfang November ging die Meldung um die Welt, dass der Twitter-Account von Donald Trump gesperrt worden war. Für elf Minuten konnte niemand mehr die Botschaften sehen, die Trump Tag für Tag in sein Handy tippt und die in ihrem völligen Ungefiltertsein eine bizarre Faszination ausstrahlen.

Knapp 50 Millionen Follower hat der Account, Redaktionen auf der ganzen Welt beobachten ihn, Börsenmärkte reagieren auf einzelne Tweets, Regierungen analysieren die Nachrichten auf Folgen für die internationale Politik.

Trumps Twitter-Sperre dominierte in den folgenden Tagen die US-Medien, die Gesprächsrunden der Politik­kommentatoren und die Witze der Late-Night-Talker. Als seien sie eine magische Formel, wiederholte Whoopi Goldberg bei einem Fernsehauftritt immer wieder die Worte: „Elf Minuten, elf Minuten.“ Auch wenn Twitter schnell erklärte, dass es sich um einen Fehler gehandelt habe, sah es kurz so aus, als habe die Firma der Forderung vieler Trump-Gegner nachgegeben, den Präsidenten wegen seiner oft hetzerischen Kurznachrichten stumm zu schalten.

Es hat lange gedauert, bis sich Bahtiyar Duysak nach der ersten Anfrage im Dezember zu einem Gespräch mit der taz am wochenende bereit erklärte. Ende November hatte er in einem Videointerview mit dem kalifornischen Onlinedienst TechCrunch öffentlich gemacht, dass er, ein 29-jähriger Deutscher türkischer Herkunft, derjenige gewesen war, der als Angestellter in der Twitter-Zentrale in San Francisco die Sperrung ausgelöst hatte. Er sprach von einem Versehen, an seinem letzten Arbeitstag habe er einfach nicht sauber genug gearbeitet. Seine Aussagen klangen sehr vage. Fast alle Medienanfragen danach lehnte er ab.

Vor dem Treffen schreibt er in einer Nachricht, er wolle eigentlich nur „ein ruhiges Leben“ weiterleben. Seine Posts auf Twitter und Facebook erzählen aber auch davon, dass ihm die Aufmerksamkeit schmeichelt, die ihm sein Bekenntnis einbrachte. Auf Facebook stellt er den Screenshot einer Google-Suche nach seinem Namen ein. Mehr als eine Viertelmillion Treffer liefert sie. Viele Politiker hätten nicht so viel Aufmerksamkeit wie er, kommentiert er das, gefolgt von zwei Smileys.

Um seine Geschichte zu erzählen, schlägt er ein chinesisches Restaurant in der Innenstadt von Paderborn vor. Es gibt ein All-you-can-eat-Buffet, die Kellner lassen einen weitgehend in Ruhe. In den folgenden Stunden wird es viel darum gehen, was genau Duysak an die Öffentlichkeit geben will, wie er die Dinge formuliert. Manchmal unterbricht er sich selbst und bemerkt, dass man das gerade Gesagte besser nicht aufschreibe, das könne einen falschen Eindruck machen. „Da kann so viel schiefgehen.“

Er sieht jünger aus, als er ist. Während er spricht, spielt er oft mit dem Reißverschluss seiner Trainingsjacke. Und er streicht sich immer wieder die dunklen Haare aus der Stirn. Weil der Fotograf an einem anderen Tag kommt, hat er das Gel heute weggelassen.

Ich hätte ein kleiner ­Edward ­Snowden werden können. Aber so etwas geht mit einem hohen Preis einher, und den wollte ich nicht zahlen

Quelle   :    TAZ      >>>>>      weiterlesen

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Grafikquelle   :

Description
English: Donald Trump speaking at CPAC 2011 in Washington, D.C.
Türkçe: Donald Trump CPAC 2011’de konuşan, Washington, D.C.
Date
Source Flickr
Author Gage Skidmore from Peoria, AZ, United States of America
Permission
(Reusing this file)
w:en:Creative Commons
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