Der lange Hebel
Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 8. März 2016
Merkels große Geschäfte mit Menschen
von Lutz Herden
Die Türkei weiß, wie sehr sie von der EU zur Flüchtlingsabwehr gebraucht wird und dreht noch ein bisschen an der Preisschraube
Kurz vor dem Sondergipfel mit der EU tut sich die türkische Führung keinen Zwang an. Sie führt die Gastgeber in Brüssel nach Herzenslust vor, um zu zeigen, wer Herr des Verfahrens ist. Für den politischen Nulltarif will Ankara nicht zu haben sein, wenn es sich von Europa als Bollwerk zur Flüchtlingsabwehr einspannen lässt. Also ist man um den einen oder anderen Affront nicht verlegen und dreht an der Preisschraube. Dass eine große Zeitung wie Zaman in Istanbul nicht nur unter Kuratel gestellt, sondern deren Redaktion von der Polizei auch noch gestürmt wird, verstößt gegen elementare Regeln der Pressefreiheit. Wer so handelt, sollte als EU-Beitrittsaspirant ausgesorgt haben. Muss die türkische Regierung damit rechnen, dass ihr solches widerfährt?
Tatsächlich denkt in Brüssel oder Berlin niemand daran, Willkür als Werteverstoß zu ahnden. Die deutsche Regierung meidet jeden Hauch von Kritik. Nur ist es in der Politik wie im wahren Leben, wer sich einmal erpressen lässt, ist immer wieder erpressbar. Daher kann es sich Tayyip Erdoğan leisten, die Bedingungen zu diktieren, unter denen er Flüchtlinge abfängt und aufhält, weil es sich die EU – derzeit ohnehin schwer zerstritten – nicht leisten kann, ihn wegen seiner autokratischen Gebaren in die Schranken zu weisen. Er will, dass schon bald 80 Millionen türkische Bürger ohne Visum in der EU reisen können und durch erweiterte Beitrittsverhandlungen eine Art Freifahrtschein nach Europa ausgestellt wird. Man erkennt folgendes Muster, je fordernder die AKP-Regierung aufritt, desto devoter reagieren die EU-Spitzen, ob sie nun Tusk, Juncker oder Merkel heißen.
Sie tolerieren, dass Kurden-Gebiete in Nordsyrien von der türkischen Armee angegriffen werden, dass gegen Teile der kurdischen Bevölkerung in der Türkei Krieg geführt wird, dass der IS in der Türkei weiter Erdöl verkaufen, Rüstungsnachschub erhalten und Kombattanten rekrutieren kann. Wer das sämtlich toleriert, konterkariert die erklärte Absicht, Fluchtursachen zu bekämpfen – der schafft neue. 200.000 Kurden sollen bereits aus den Kampfzonen in Südostanatolien geflohen sein. Auch wird die Fluchtbewegung aus Syrien schwerlich abnehmen, wenn die türkischen Armee ihren Krieg gegen die syrischen Kurden fortsetzt.
Die Paradoxie des Vorgangs hat es verdient, ausgeleuchtet zu werden: Ausgerechnet dann, wenn der Bruch mit dem sogenannten europäischen Wertekanon offensichtlicher nicht sein kann, wird der Türkei die Aufnahme in die Wertegemeinschaft EU in Aussicht gestellt.
Quelle : Der Freitag >>>>> weiterlesen
———————————————————————————————————————
Fotoquelle: Wikipedia – CC BY 2.0
Urheber | Vito Manzari from Martina Franca (TA), Italy |
Dienstag 8. März 2016 um 3:52 PM
Ein einfaches kurzes Fazit:
Diese Türkei gehört nicht in die EU. Und ich will sie nicht in der EU.
Donnerstag 10. März 2016 um 1:24 PM
Ein weiterer Kommentar erübrigt sich:
http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_77221266/tuerkei-erdogan-ehefrau-preist-vorzuege-des-harems.html