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Der Herr Automat

Erstellt von Redaktion am Samstag 10. September 2011

Callcenter und andere Zumutungen

 Wie durch die Zunahme der Automatisierung in den Callcentern oder der Personenkontrolle auf den Flughäfen und den Metrostationen unsere persönlichen Freiheiten eingeschränkt werden macht sich Jean-Noel Lafargue seine Gedanken. Für viele Mitbürger vielleicht unbeachtete Nebensächlichkeiten, welche aber sehr bewußt unsere Lebensgewohnheiten zu steuern versuchen.

Es ist leicht, zwischen die automatischen Türen am Eingang der Pariser Metrostationen zu geraten. Eine kleine Unaufmerksamkeit, eine falsche Bewegung, ein zu großer Rucksack, ein Kind an der Hand, das nicht so schnell mitkommt – und schon quetscht einem die Gummizange der schließenden Tür die Schultern oder schlägt gegen den Kopf. Dann grinsen die erfahrenen Metrobenutzer: Sie haben schon gelernt, sich diesen Maschinen anzupassen. Deren Opfer sind einfach ungeschickt und selber schuld.

Aber stellen wir uns einen Moment lang vor, statt dieser Türen gäbe es Wachleute, die den Kunden, die nicht schnell genug durchgehen, Ohrfeigen oder Schläge versetzen: Das wäre skandalös und unerträglich. Von den Maschinen nehmen wir es hin, weil wir wissen, dass sie nicht denken. Wir sind daher überzeugt, dass sie gar nicht in böser Absicht handeln können.
Doch das stimmt nicht: Wenn die Automaten auch kein Bewusstsein ihres Handeln besitzen, gehorchen sie doch immer einem Programm, das mit voller Absicht so eingestellt wurde. In anderen Städten der Welt gibt es kleine Stempelmaschinen, aber keine automatischen Türen; mancherorts werden die Tickets auch von Menschen geprüft – und in den französischen Gemeinden Aubagne oder Châteauroux ist der öffentliche Nahverkehr ohnehin gratis.

Die Logik der Fahrscheinkontrollen (deren Wirtschaftlichkeit stark zu bezweifeln ist) bringt noch weitere Zwangsmaßnahmen hervor: Die Barrieren weisen den Passagieren ganz bestimmte Aufenthaltsorte zu, man ist entweder drinnen oder draußen. In unserem Vorortbahnhof zum Beispiel verhindern die neuen automatischen Sperren, dass man den Bahnsteig noch einmal verlässt, um eine Zeitung zu kaufen, einen Kaffee zu trinken oder am Schalter eine Auskunft zu erfragen. Der Reisende kann nur noch die (überteuerten) Getränke- oder Süßigkeitenautomaten auf dem Bahnsteig benutzen, und wenn er etwas lesen möchte, muss er mit den Werbetafeln Vorlieb nehmen.

Quelle: Le Monde diplomatique >>>>> weiterlesen

IE

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Grafikquelle    :     Verkaufsautomaten der Deutschen Bahn AG links: Nahverkehr (Hersteller Ascom) mit mechanischen Tasten rechts: Fernverkehr, (Höft & Wessel) über Touchscreen bedienbar

5 Kommentare zu “Der Herr Automat”

  1. ichbins sagt:

    irgendwann gibts einen Aufstand der Maschinen, die dann übernehmen, da der Homo Sapiens sich nicht mehr auflehnt… die Geister die man rief… Utopie und Science Fiction? War so vieles gestern was heute bereits bittere Relität. Die Realität ist oft krasser als jede Fiktion jemals sein könnte. Quo Vadis Humanitas? Alea acte est. Cogito, ergo damnare?

  2. Thomas A. Bolle sagt:

    Das alles ist im Grunde genommen nur die Weiterentwicklung der in Charlie Chaplins Film „Moderne Zeiten“ parodierten Entwicklung. Wir Menschen haben uns selbst zu Maschinen degradieren lassen oder man hat uns dazu gemacht. Überall gilt nur noch: Funktioniere oder du bist raus.
    Orwells 1984 passt dazu mit ins Bild. An dem Tag wo es wirkliche künstliche Intelligenz gibt ist unser Sein hier zu Ende. Deswegen, weiter Forschen.

  3. UP. sagt:

    … als düsterste Vision in diesem Zusammenhang erinnere ich an die MATRIX-Trilogie, einem der besten Werke in dieser Sache.
    Und so möchte ich es stehen lassen – ohne weiteren Kommentar, sondern nur als Hinweis; denn viele wissen nicht damit umzugehen und sehen die Bilder nicht, wie sich Politiker in Maschinen verwandeln.

  4. Pimpf sagt:

    Dies erinnert mich an den alten Stummfilm „Metropolis“. Teile des Films sah ich als Jugendlicher und hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt.
    Viele Bücher las ich über Science Fiction. So manches hat sich heute schon duchgesetzt. Die Wissenschaft ist hervorragend, wenn sie zur Erleichterung des Lebens forscht. Aber dort, wo man es gebrauchen könnte, pasiert nichts. Die Atomkraft könnte schon längst Geschichte sein, nur ein Beispiel. Dies ist Verallgemeinerung.

    Irgendwann ersetzt ein Roboter den Ehemann, den Chef usw. Das sind rosige Aussichten. Sie sollen nur den Knopf zum Ausschalten deutlich kennzeichnen. Ja, man witzelt drüber. Wo bleibt dann der Mensch mit all seinen Gefühlen, die das Leben erst ausmachen. Verarmen wir nicht heute schon gewaltig. Was habe ich von einem Freund per PC? Kommunikation klar, aber war es nicht schön, als wir an Sommerabenden in fröhlicher Runde tagten und über den Sinn des Lebens philosophierten. Technik… und Mensch im verträglichen Maße für alle nutzend, das wäre vernünftig, der Mensch darf nicht vergessen, dass er lebt.

  5. ichbins sagt:

    ich denke auch an das sogenannte Positronengehirn das bei Perry Rhodan in den frühern 60gern als Science Fiction erfunden wurde… man las es und dachte, gottseidank Fiction auch das Perry Rodan auf dem Mond gelandet ist. Ein Zukunftsroman, Utopie, vieles bei Jules Verne und Hans Dominik, die Robotergesetzte ect waren mal fantastische Literatur… Unvorstellbar dies als Realität.. damals… und heute??? Heute im Kino da gehts nur mit Speciel Effects, sehr spektakulären, computerbetrieben, früher reichten rudimentäre Licht und Schattenspiele um Horror zuempfinden… Zeiten ändern sich, vieles was unvorstellbar galt ist heute Normalität.. Die Medizin, Forschung ect… doch inwieweit zum Wohle des Menschen und der Profit wird eines Tages sauer aufstoßen wenn sich die Erfinder von ihrer Kreation/Kreatur überrumpeln lassen.. Das Monster bei Frankenstein war hirnlos, es spiegelt so Vieles wieder, auch den Umgang des ach so intelligenten Menschen mit Minderheiten, Dingen die er nicht versteht, beherrschen und kontrollieren kann… Auch Orwell ist Realität… Früher las man es zum Amusement.. heute hab ich oft einen bitteren galligen Geschmack und ein nicht fröhliches Lachen entweicht mir

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