Der Frömmler mit Papst
Erstellt von Redaktion am Samstag 15. Januar 2022
Ethikunterricht stärkt soziale Strukturen
Sage mir mit wem du gehst und ich sage dri wer du bist.
Quelle: Scharf — Links
Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München
Vor allem die Catholica lamentiert, dass der Ethikunterricht Religiosität und Gottesdienstbesuch verringert, obwohl der Religionsunterricht in Deutschland als Unterrichtsfach im Grundgesetz fest, allzu fest zementiert ist. Seit 1972 gibt es aber die Möglichkeit, zwischen Religions- und Ethikunterricht zu wählen, und zwar zunächst in Bayern und dann in unregelmäßigen Abständen in anderen Bundesländern. Seitdem hat insbesondere die Catholica wohl einiges verschlafen und hängt – über all ihr eigenes Versagen hinweg – an ihrer traditionellen Vorstellung von der Aufgabenverteilung der Geschlechter und der Ehe bzw. dem Zölibat. Aus diesen Wunschvorstellungen hat sie nun eine Studie des Münchener ifo– Instituts jä herausgerissen.
Nach dieser Studie ist seit der Einführung des Ethik-Unterrichts nicht nur ein Rückgang an Religiosität im Erwachsenenalter manifest, sondern es ergaben sich auch „weitreichende Folgen für Familien und Arbeitsmarkt“. Das zeigt einerseits, wie groß der Einfluss der Schule auf junge Menschen sein kann, und andererseits, wie offen unsere Gesellschaft für eine säkulare Lebenseinstellung ist. Die Studie macht auch überaus deutlich, wie absurd ein Schulsystem ist, in dem es viermal mehr Religionsunterrischt gibt als Physikunterricht. Die grundgesetzlichen Regelungen zum Religionsunterricht sind offenbar obsolet, zumal der Staat keinen Einfluss auf seinen Inhalt hat. Seinerzeit wurde also etwas verbindlich festgeschrieben, ohne den Lehrstoff festzulegen, wie das bei allen anderen Lehrfächern der Fall ist. Von dieser Absurdität löst sich ganz offenbar die in Ethik unterrichtete Jugend mit ganz praktischen Folgen für unsere sozialen Strukturen. Die Arbeitsmarktbeteiligung stieg um 1,5 %, die Arbeitszeit um 0,6 % und das Lohnniveau um 5,3 %, insbesondere aufgrund des Engagements der weiblichen Bevölkerung. Dabei sei der „Ethikunterricht nicht auf Kosten allgemeiner ethischer Einstellungen“ gegangen, so die Studie. Ganz im Gegenteil, der Ethikunterricht fördert die Zufriedfenheit mit dem Leben und das ethische Verhalten, wie z.B. das ehrenamtliche Engagement.
Insofern muss man die Einführung des Ethikunterrichts als greifbaren Erfolg in unsrer sich stetig wandelnden Gesellschaft sehen, hin zu mehr selbstbestimmtem Leben, Eigenverantwortlichkeit und Harmonie mit der Welt. Sehr erfreulich auch, dass nach 1700 Jahren christlicher Unterordnung der Frau endlich die traditionelle Geschlechterrolle zurückgedrängt wird. Das wirft natürlich die Frage nach dem Sinn des im GG (Art.7) abgesicherten Religionsunterrichts auf, zumal erst kürzlich die Landesschülervertretung in Rheinland-Pfalz forderte, den konfessionellen Religionsunterricht als Lehrfach komplett abzuschaffen, und sich in einer Umfrage 2016 ebenfalls rund zwei Drittel der Deutschen dafür aussprach, das Fach durch einen gemeinsamen Werteunterricht zu ersetzen. Aber nein. Entgegen dem Wunsch einer überwiegenden Mehrheit unserer Bevölkerung stemmt sich insbesondere die Catholica gegen die Säkularisierung der Gesellschaft und will ihr durch Katechese in einem GG-geschützen Unterricht entgegenwirken. Das aber zeigt nur, wie unsozial und privilegienbesessen die Kirchen ihre eigenen Schwächen und Versagen hinter Paragrafen zu schützen suchen. Vor dem Gesetz aber sind alle gleich (Art. 3, GG).
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Grafikquellen :
Oben — Arbeitsbesuch Vatikan. Außenminister Sebastian Kurz trifft Papst Franziskus. Rom, 08.04.2015