Der Atom-Staat
Erstellt von Redaktion am Montag 1. Juni 2015
Zurück in den radioaktiven Mutterleib
Autor: U. Gellermann
Datum: 01. Juni 2015
Da ist es, das böse Wort: Verstaatlichung! Bisher Privates soll über Nacht dem Staat anheimfallen. Jenem Wesen, von dem eine ausgehaltene Öffentlichkeit weiß, dass es nichts kann. Keine Bahnen betreiben, keine Briefe versenden, keine Krankenhäuser leiten. Das alles und noch viel mehr kann nur der Herr Privat. Der Herr der Banken und Konzerne, der Inhaber von Rüstungsfabriken und der Chemie-Anstalten, der Fürst des Technologie-Universums ebenso wie der König der Kommunikations-Veranstaltung. Doch plötzlich, mitten im Frieden einer weltweiten Privatisierung erinnert man sich an den Steuerzahler: Die Atomwirtschaft soll verstaatlicht werden.
Völlig gelassen sprach Werner Müller dieses unanständige Wort aus. Werner Müller, das ist ein Mann aus der Gerhard-Schröder-Mannschaft. Der Wirtschaftsminister aus jener Zeit, in der das geflügelte Wort „Privat-geht-vor-Staat“ erfunden und in der deutsche Wirklichkeit umgesetzt wurde. Müller, der Mann, der aus dem Privaten kam und in den Staat ging und dann wieder zurück wanderte. Der redet jetzt der Verstaatlichung das Wort. Müller trieb sich gern im Energie-Sektor herum. Mal bei der RWE AG, mal bei der VEBA AG, ein Abstecher zur Deutschen Bahn sollte deren Privatisierung fördern. Der beste Job in seiner Karriere war sicher der Vorsitz des Aufsichtsrates bei der „Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (g.e.b.b.)“ Die Gesellschaft gehört komplett dem Verteidigungsministerium. Sie soll die Privatisierung der Bundeswehr vorantreiben und gilt als Geldwaschanlage: Hier wird weißes Steuergeld in schwarzen Besitz umgewandelt.
Wenn die Atomindustrie demnächst dem staatlichen Eigentum verfällt, kehrt sie in Wahrheit nur in den Schoß zurück, aus dem das hässliche Monster Anfang der 60er Jahre gekrochen war: Am 1. Januar 1960 trat das Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie in Kraft. Nach einem Bericht des DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) beliefen sich die Ausgaben des Bundes für Atomenergie im Zeitraum von 1956 bis 2007 auf 40,2 Milliarden Euro. Die gesamten öffentlichen Ausgaben für die Atomenergie betrugen kumuliert 53,8 Milliarden Euro. Wenn dieser Bericht mit der einschränkenden Bemerkung versehen ist „soweit Angaben vorliegen“, dann weist das auf die vielen dunklen Finanzierungskanäle hin. Auch deshalb korrigiert Greenpeace die Zahlen deutlich nach oben. Deren Studie kommt zur Auffassung, dass die Atom-Wirtschaft in Deutschland von 1950 bis 2010 insgesamt mit ca. 204 Milliarden Euro subventioniert worden ist.
Wer die aktuelle Auseinandersetzung über das iranische Atomprogramm beobachtet, dem könnten Parallelen zur Frühzeit westdeutscher Atompolitik auffallen. Kaum zehn Jahre nach dem Kriegsende,1955, gründete die Bundesrepublik ein Ministerium für Atomfragen an dessen Spitze der notorische Franz Josef Strauß stand. Kaum war die zivile Nutzung der Atomkraft angeschoben, folgten 1957 Pläne für eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr. Denn die schlaue West-Republik hatte zwar auf die Produktion von schmutzigem Kriegsmaterial verzichtet, nicht aber auf die atomare Bewaffnung: Am 25. März 1958 wurde die atomare Aufrüstung der Bundeswehr beschlossen. Zwar lagerten die atomaren Sprengköpfe unter der Kontrolle der US-Armee, aber immer schön nahe an den Standorten deutscher Raketen.
Die Atomindustrie soll jetzt, wo es teurer wird als bei ihrem Start, wieder zurück in den staatlichen Mutterleib. Zwar haben die Atom-Konzerne Rückstellungen in Höhe von 34 Milliarden Euro für das Langzeit-Begräbnis der radioaktiven Ruinen vorgesehen. Aber für den gesamten Rückbau schätzt Greenpeace mehr als 44 Milliarden Euro Kosten ein. Damit sind Generationen um Generationen, die der gefährliche atomare Zerfallsprozess noch gesichert werden muss, nicht eingerechnet. Und ein Endlager ist nicht in Sicht. In dieser Situation geht natürlich Staat vor Privat. Denn es geht ja nicht um Profit, es geht um´s Zahlen. In Merkels „marktförmiger Demokratie“ sieht die Staatsgewalt so aus: Sie geht nicht vom Volke aus, sie geht ein.
Fotoquelle: Wikipedia – Author Usien
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Montag 1. Juni 2015 um 13:42
Es ist doch ganz einfach. Mit Steuergeldern wird etwas gebaut. Dann stellt man fest das kein Gewinn gemacht wird. Was als staatliches Gut auch nicht nötig ist. Es reicht ein Ertrag zur Selbstfinanzierung.
Aber eine gewählte Regierung sieht das anders. Also wird verkauft. Ob der Erlös kostendeckend oder nicht ist egal. Das Argument lautet, haupsache die Vollgekosten sind weg. Plötzlich macht der private Besitzer Gewinn. Wie merkwürdig. Nun müssen neue Gesetze her. Weil damit aber Kosten für den privaten Besitzer verbunden sind wird erst einmal Lobbyarbeit betrieben. Die ist oft genug erfolgreich. Wenn sich aber wieder erwarten Gewinne in Verluste verwandeln könnten wir nach dem Staat gerufen. So hat man jahrelang Geld wie Heu gescheffelt und überlässt dem Steuerzahler das leere Feld.
Das ganze ist legaler Raub von Steuergeldern. Oder auch Umverteilung von unten nach oben. Und es geht weiter und weiter und weiter ………