DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Denn wem gehört die Erde?

Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 12. März 2023

Friedensstiftung durch Landverzicht wie einst bei Altbundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt

Brandt with Richard Nixon, 1971

Von Dr. Nikolaus Götz

„Die Krim gehöre den Ukrainern!“, wird gerade von vielen Diskutanten behauptet, wenn es darum geht, uns Deutschen den aktuellen „Landraub“ der ’Russen’ unter Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin gegenüber dem vom Präsidenten der Ukraine Wolodymyr Selenskyj beanspruchten Staatsterritorium zu erklären.

Dass bei dieser schnell vorgenommenen, imperativen Aussage jedoch nicht die völkerrechtliche Dimension einer Territorialzuschreibung überprüft wurde oder eine genauere Betrachtung der historischen Entwicklung der territorialen Besitzverhältnisse mit der dazu gehörenden machtpolitischen Staatsbildung berücksichtigt ist und auch erst recht nicht die grundsätzliche Frage nach den dem Menschen zugeschrieben Besitzverhältnissen erörtert wurde, wird bei der getätigten Aussage der Schnelle halber einfach komplett ausgeblendet. „Denn es ist doch wie es ist; und wen interessiert am nächsten Tag noch das Geschwätz vom Vortag!“

Berichtende Journalisten verfügen überwiegend nicht über das angefragte Hintergrundwissen, da sie kaum Jura, Politikwissenschaft oder Geschichte studiert haben, sondern eine Ausbildung in vielleicht Medienwissenschaft, Kommunikation, Journalismus oder gar innerhalb der Zeitungsverlage oder Fernsehanstalten mit einer Ausbildung zum Job (?) absolviert haben. Zudem stehen sie bei ihrer Berichterstattung unter extremen Zeitdruck. So beten sie überwiegend die Meinung deren nach, dessen Brot sie gerade essen oder sie unterwerfen sich dem angenommenen Meinungsbild ihrer Rezipienten. Der seit der bösen, weltweit wütenden Corona-Pandemie offen gelieferte ’Erregungsjournalismus’ funktioniert genau so in Wort und Bild (1). Er soll zudem Akzeptanz wie Meinungsübernahme beim „unwissenden Volk“ herbei manipulieren. Obwohl dreiviertel die Deutschen „Krieg als Mittel der Politik“ ablehnen, versucht dieser aktuelle ’Fake-News’-Journalismus die „breite Masse“ bewusst manipulierend „auf Krieg“ einzustimmen. Und erneut ist Ruhe die erste preußische Bürgerpflicht! Doch gehört die Krim den ’Ukrainern’, sei gefragt oder gehört sie nicht eher den Taurern, den Kimmerern oder vielleicht gar den Skyten? (2)

Schon bei dem im ’Wilden Westen’ der Neuen Welt geführten Eroberungskrieg von Land durch die nordamerikanischen Staaten fragten die langjährig als „Indianer“ bezeichneten Ureinwohner die in langen Trecks westwärts ziehenden Siedler aus Europa: „Kann der Mensch überhaupt Land besitzen?“ An solchen eher philosophischen Fragen scherte sich der ’Weiße Mann’ in Washington wenig, denn die Herrschenden dort verteilten einfach Besitz in Form von Landgutscheinen und entsandten bei Problemen ihre Armee. „Ein guter Indianer war nämlich ein toter Indianer!“, wie es der Geist der amerikanischen Pionierzeit verkündete. Dieses Konzept der Konfliktlösung von Landverteilung war ’klassisch’ und entsprach dem typischen Vorgehen und den Verhaltensweisen der diktatorisch Herrschenden durch die gesamte Geschichte der menschlichen Zivilisation hindurch. Mit ’Recht’ kann so rekapituliert werden, dass Florida eben den spanischen Konquistadoren gehört, eigentlich Alaska den Russen, dass das amerikanische New York, eigentlich als Neu-Amsterdam den Niederländern zu eigen ist, während die Krim ’antikes’ griechisch-römisches, dann gotisches, sarmatisches, byzantinisches, hunnisches, chasarisches, kyptschakisches, mongolisch-tatarisches, venezianisches, genuesisches Siedlungs- und Herrschaftsgebiet war (3). Es ’gehörte’ alsbald aber Jahrhunderte lang zum Osmanischen Reich und wurde 1783 durch Katharina die Große ’klassisch’ ins Russische Reich eingegliedert (4). ’Zar’ Putins gerade laufende ’Reconquista’ mit der Wiederherstellung seines ’Heiligen eurasischen Reiches russischer Nation’ ist ebenso ’klassisch’ wie das Anspruchsrecht der römisch-republikanischen Senatoren auf das einst keltische Gallien.

Und welcher Mensch und Herrscher beanspruchte dieses Waldgebiet in der Mitte des eurasischen Kontinentes von Europa, das heute so benannte „Deutschland“? Über dieses Territorium weis die Geschichte wenig, da erst mit den Römern und ihrer ’Pax romania’ das so bezeichnete ’Germanien’ erstmals überhaupt in Erscheinung trat. Die ansässigen keltischen Völker mit ihren Städten im nordalpinen Raum wurden jedoch alsbald von der römischen Kultur und Herrschaft liquidiert, wobei die Römer an den nachrückenden ’Barbaren’ scheiterten. Unter Attila erwarben endlich die Hunnen alles Land ’klassisch’, stiften ’klassisch’ ihren Frieden und wurden ebenso ’klassisch’ entsorgt. So bekamen denn die ’Teutschen’ oder die Alemannen (5) eine Chance auf Territorialbesitz auf diesem Kontinent der Erde. Die verbrannte Erde im beispielsweise rekonstruierten Ort ’Schwarzenacker’ (6) zeugt vom Vorgang des damaligen Grundbesitzerwerbes, der den Vorbesitzern ’klassisch’ hinweg genommen wurde. Dabei verbrannten die ur-ansässigen Bewohner mit ihren ’Grundbucheintragungen des Besitzes’ im Freudenfeuer der neuen ’Friedensstifter’.

In der menschlichen Urzeit, der Antike wie bei Karl dem Großen kam das territoriale Besitzrecht stets mit dem Schwert. Technisch modernisiert kam es alsbald aus den Gewehrläufen der Soldaten und heute kommt es ebenso ’klassisch’ mit Panzern, Kanonen und Drohnen, wie es schon die neuzeitliche Aktion ’Friedensstiftung’ der Garantiemacht USA im Golfkrieg II. bewiesen hat. Das ’Recht oder Unrecht’ des Stärkeren und auch das Leid der Zivilbevölkerung sind so ewig wie die angewendete Methode, die seit dem Ausgang des Homo sapiens aus seiner menschlichen Affenzeit, den Weg zum deklarierten Humanismus immer noch nicht gefunden hat. Da bildet der Landbefrieder Putin ebenso wenig eine Ausnahme wie die gerade festzustellenden kriegslustigen Hetzer und sogenannte Sach-Kommentatoren von ARD, ZDF bis RTL.

Statt dem Geist des tiefen Mittelalters mit dem „Deus volit“/„Gott will es“ während der Kreuzzüge als Rechtfertigung für „Landraub“ nachzueifern, gilt es deshalb erneut das Denken der Aufklärung aus den inzwischen zugestaubten Bücherregalen der deutschen Bourgeoisie auszupacken. Und hier ist es erneut der Textband von Jean Jacques Rousseau, der schon 1755 mit seinem „Diskurs über die Ungleichheit“ die Menschen zum Thema ’Landerwerb’ anschaulich informierte:

Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft.

Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wie viel Not und Elend und wie viele Schrecken hätte derjenige dem Menschengeschlecht erspart, der die Pfähle herausgerissen oder die Graben zugeschüttet und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: „Hütet euch, auf diesen Betrüger zu hören; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde niemandem.“ (7)

Willy Brandt monument in Warsaw 05.JPG

Viele seiner Nachfolger-innen hätten nach einen Kniefall wohl komplett den Boden unter ihren Füßen verloren?

Doch was sind die Konsequenzen der vielen philosophischen Belehrungen bei den aktuell lebenden Menschen? Bildungsfern, im Job verschlissen und verführt von Fake-News-Reportern fristen die deutschen Konsumbürger ihr Leben auf der Suche nach individuellem Glück. Durch den medialen Druck der Kriegstreiber der ARD- und ZDF-Nachrichtenteams zu Waffenlieferungen, zu Munitionslieferungen, zu Panzerlieferungen und jetzt, um den ukrainischen ’Himmel’ zu beschützen, alsbald auch noch zu Lieferungen von Kampfjets, sehen sich auch die Deutschen mehr und mehr einem drohenden Atomkrieg gegenüber. Seit einem Jahr schon bezahlen die BRD-Bürger diesen Krieg mit unverschämten Preiserhöhungen, mit dem Diebstahl ihrer Staatsgelder durch einen Zeit wendenden (?) Bundeskanzler und eine feministische Politik (?) betreibende Außenministerin, während die Großunternehmen Gewinne in Milliardenhöhe schreiben. Korrumpiert im Amt haben solche deutsche Politiker ebenso wie solche multinationalen Großmanager vergessen, dass die Erde niemandem gehört, dass Territorialzuschreibungen überwiegend auf staatsterroristischer Willkür beruhen, dass die Einhaltung des Friedens das wichtigste politische Ziel ist und die gerechte „Verteilung der Früchte“ der Erde unter allen Menschen ihre einzigste Pflicht!

Gewaltverzicht auf ’deutsche’ Territorien war das Politikkonzept des Friedensnobelpreisträgers und Altbundeskanzler Willy Brandt, dessen auf die Zukunft gerichtetes politisches Weiterdenken für ein friedliches Europa erst die Wiedervereinigung Deutschlands und die Rückgewinnung verlorenen Terrains ermöglichte. Dieses vorbildliche Denken der Gewaltlosigkeit von Willy Brandt (SPD), sein „Kniefall von Warschau“ und seine bedingungslose Kapitulation vor der damaligen wie heutigen Atommacht Russland ist jetzt auch den Ukrainern als Lösungsweg aus der kriegerischen Eskalationsspirale anzuraten. Die Fortführung der aktuellen Kriegsstrategie schreibt nur den Tod der Soldaten weiter, ebenso wie die Vertreibung und das Leid der Zivilbevölkerung bis zur völligen Zerstörung ihres doch geliebten Heimatlandes.

Anmerkungen:

1 Vgl.: Rainer Mausfeld: Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören, Frankfurt/M. 2018

2 Siehe die historischen Erklärungen zur Abfolge der Besiedlung der Halbinsel Krim auf: wikipedia.org/wiki/krim

3 ebda: wikipedia.org/wiki/krim

4 Zu Katharina der Großen und dem Krimkrieg siehe beispielsweise: KRAUS, Gina: Katharina die Große, Esslingen 1972, S.336; OLDENBOURG, Zoé: Catherine de Russie, Paris 1966; oder vgl.: wikipedia.org/wiki/Katharina_II.

5 Wer oder was sind ’die Deutschen’? „Das Ethnonym Deutsche wird in vielfältiger Weise verwendet.,“ist der erste Satz bei WIKIPEDIA (sieh: wikipedia.org/wiki/Deutsche), wobei unsere französische Nachbarn die Deutschen als ’Allemands’ bezeichnen, was auf nur einen der vielen germanischen Stämme, die Alemannen zurück geht. Unter der Fülle diesbezüglicher Sekundärliteratur siehe beispielsweise nur: FISCHER-FABIAN, S. Die ersten Deutschen, Freiburg 1975

6 Den ansässigen Bauern fiel bei der Feldarbeit nicht nur die schwarzverbrannte Bodenschicht auf, sondern sie fanden immer wieder auf dem Gelände dieser ’Wüstung’ Tonscherben, bis der ehemalige Friedhof und damit alsbald der Ort „Schwarzenacker“ entdeckt und ausgegraben wurde. Bei der heutigen Stadt Homburg/Saar gelegen ist der rekonstruierte Stadtteil aus der Römerzeit eine Touristenattraktion. Die Besiedlung dieser Gegend reicht bis in die vorrömische Zeit zurück (ca. 1100 vor Christus) und war Siedlungsgebiet der Mediomatriker’. Beim Einfall der barbarischen ’Germanen’ zerstörten die Alemannen etwa um 275/276 n.Chr. die blühende römische Stadt „Schwarzenacker“ komplett und töteten alle Einwohner auf grausame Weise. 1915 wurde zufällig ein Münzdepot mit nahezu 5000 Silbermünzen entdeckt. Siehe auch: KOLLING, Alfons: Führer durch das Freilichtmuseum Römerhaus Schwarzenacker, Homburg 1974.

7 Rousseau, Jean Jacques: Diskurs über die Ungleichheit [Edition UTB 725, Kritische Ausgabe des integralen Textes …ediert, übersetzt und kommentiert von Heinrich Meier, Paderborn 1984], Zweiter Teil, Abschnittsbeginn, S 173.

*********************************************************

Grafikquellen       :

Oben       —       Brandt with Richard Nixon, 1971

Ein Kommentar zu “Denn wem gehört die Erde?”

  1. Jimmy Bulanik sagt:

    Eine Tatsache ist das die Erde oftmals von international operierende Konzerne welche die Politik beeinflussen kontrolliert wird. Es ist eine Deprivation an der Öffentlichkeit. Gleichwohl die Menschen erheben sich weltweit immer mehr.

    Das ist richtig. Deshalb muss die aktiv unterstützt werden. Die Industrie und Politik reagieren darauf.

    Die Zukunft ist das was die Mehrheit der Menschen auf der Welt daraus gestalten. Insbesondere das mobile Internet in Verbindung mit einem Smartphone nutzen. Die Macht dessen muss den bezeichneten Eliten nicht erklärt werden.

    Wer die Kapazitäten dazu hat, soll Geld spenden. Wie an die demokratische Zivilgesellschaft. Das kann die Deutsche Umwelthilfe sein, welche mitunter den Rechtsstaat beschäftigen.

    Zur freudigen Motivation der Leserschaft füge ich meinem Kommentar ein Lied bei.

    https://www.youtube.com/watch?v=mo5ru5PJjXg

    Jimmy Bulanik

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>