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Debatte um Moor und Wolf

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 22. Dezember 2022

Abkommen zum Schutz der Artenvielfalt

Tiervielfalt Oktober 2007.jpg

Argumente die Schützenbrüder nicht mehr zum Jagen von Wölfen tragen zu dürfen ?

Ein Debattenbeitrag von Heike Holdinghausen

Der Vertrag von Montreal löst nicht das Problem des Artensterbens. Aber er bildet einen wertvollen Leitfaden, um Biodiversität besser zu schützen.

Hat wirklich irgendwer geglaubt, die Weltgemeinschaft – und auf der Konferenz der Mitgliedsstaaten der Biodiversitätskonvention in Montreal war ja wirklich die ganze Welt, auch die USA, obwohl sie nicht Mitglied sind, und der Vatikan ist egal – würde so eine Art Umweltgesetzbuch verabschieden? Die Länder würden an einem Dezembertag des Jahres 2022 verkünden, sie würden künftig ihre Chemieindustrie gesundschrumpfen, Ackergifte verbieten, Düngemittel reduzieren, die Plastikproduktion einschränken; sie würden die Landrechte neu ordnen, den Straßenbau einstellen, den Papierverbrauch rationieren? Sie würden ihre Banken und Investmentsfonds an die Kette legen und ihnen Investitionen verbieten, die Böden versiegeln, die Klimakrise anheizen und Meere verdrecken? Und so weiter?

Das alles wäre nötig, um wirksam weltweit den Verlust der Biodiversität zu stoppen. Es wäre nötig, um Tieren und Pflanzen Lebensräume zu bieten und Ökosysteme zu erhalten.

Von denjenigen, die sich schon länger mit dem Schutz der Artenvielfalt befassen, hat das wohl niemand ernsthaft geglaubt. Obwohl jetzt einige so klingen: Der Vertrag sei nicht konkret genug. Er wiederhole die Fehler der Aichi-Ziele, die der Vertrag von Montreal ersetzen wird: Hehre Ansprüche, nix dahinter, keine Sanktionen für Frevler, keine Berichtspflichten für Staaten oder Unternehmen, keine Verbote. Das ist alles richtig, wenn man an den Vertrag von Montreal den Maßstab einer Richtlinie oder eines Gesetzes anlegt. Mit solch einem Maßstab aber lässt sich das „Rahmenabkommen“ der CBD, der Konvention über Biologische Vielfalt, nicht fassen. Das Abkommen mit seinen „Goals“, also langfristigen, und „Targets“, also kurzfristigen, konkreten Zielen, ist eine Diskurshilfe. Nicht mehr. Aber das ist nicht wenig.

Gewiss: Es ist weniger als das Klimaabkommen von Paris. Dieses hat zwar bislang nicht dazu geführt, dass die Treibhausgasemissionen – neben der Landwirtschaft übrigens der zweite große Treiber der Biodiversitätsverluste – sinken. Aber „Paris“ ist rechtlich verbindlich und ermöglicht somit Klagen – etwa vor dem Bundesverfassungsgericht. Seine Kraft entfaltet der Vertrag aber vor allem mit seinem „1,5-Grad-Ziel“. Das halten die meisten Wissenschaftler zwar für nicht mehr erreichbar, doch im politischen Diskurs ist es unschätzbar. Das Ziel wird inzwischen auch von jenen als Argument akzeptiert, die den Klimawandel vor 10 Jahren noch für so drängend hielten wie die Reform der Buchpreisbindung.

Wer die Politiker-innen nicht erkennt hat sein Leben verpennt.

Biodiversität ist ein harter Kampf um Interessen: Wer verdient an einem Stück Land? Wer will die Natur erhalten?

Inzwischen ist das Ziel aller ernstzunehmenden Politikangebote in Deutschland die Klimaneutralität innerhalb der nächsten 30 Jahre, auch wenn sich über die jeweiligen Lösungsvorschläge natürlich trefflich streiten lässt. In den meisten Demokratien ist es ähnlich, in Diktaturen, die auf Stabilität bedacht sind – wie China – ebenso. Seine Wucht hat der „Paris-Moment“ nicht durch den Wortlaut der Verträge entfaltet, sondern durch das Bekenntnis, Klimaschutz jetzt ernst zu nehmen.

Solch ein Bekenntnis hat beim Verlust der biologischen Vielfalt bislang gefehlt. Nun ist es da. Wucht und Durchsetzungskraft wird das Abkommen von Montreal künftig nicht dadurch entfalten, dass das interessierte Publikum es zerredet und sich in Textexegese verzettelt. Sondern dadurch, dass Umweltverbände, Bürgerinitativen und Parteien das Bekenntnis nutzen, um lokale, politische Entscheidungen zugunsten der Biodiversität durchzusetzen.

Wenn der Deutsche Bauernverband künftig gegen die Wiedervernässung von Moorgebieten wettert, stellt er sich offen gegen einen Vertrag der Länder der Welt. Denn auch Deutschland muss wertvolle, zerstörte Naturflächen renaturieren, und Moore fallen Natur- und Klimaschützern da als erstes ein. Wenn das EU-Parlament beschließt, den Abschuss von Wölfen in Europa zu erleichtern, handelt es gegen den Geist von Montreal. Denn der sieht vor, dass die Populationen von Wildtierarten groß genug sein müssen, um die genetische Vielfalt innerhalb der Arten und somit ihre Widerstandskraft gegen Umweltveränderungen zu erhalten. Und der Verband der Ölsaaten verarbeitenden Industrie muss bessere Antworten als bisher finden, wenn er gefragt wird, von welchen brasilianischen Äckern die Soja-Importe seiner Mitgliedsunternehmen stammen, und ob dort die Rechte der lokalen Bevölkerung geachtet wurden oder nicht.

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Grafikquellen       :

Oben       —     Eine Collage, die die Tiervielfalt anhand eines vorgestellten Bildes darstellt.

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Unten       —         Fischsterben in der Oder

Ein Kommentar zu “Debatte um Moor und Wolf”

  1. Jimmy Bulanik sagt:

    In der Debatte um die Wölfe soll eine Gesellschaft stringent sein. Keine Klagen nach einem Bekenntnis zu Wölfen in der Natur, sowie der Vielfalt der Arten. Die Öffentlichkeit soll den landwirtschaftlichen Betrieben Geld überweisen geben zur Sicherung des Betrieb. Im Fall von Schaden durch Wölfe wie das Fressen von Tieren eine Kompensation in der Höhe bezahlen welcher entstanden ist.

    Moore sind zum Schutz der Umwelt überall zu betreiben wo es möglich ist. Das ist schlicht, das geht schnell und wirkt unmittelbar. Die Moore zum Schutz der Menschen absperren und als solche Ausweisen. Das ist eine Ergänzung zur Fotosynthese durch Bäume, Pflanzen bis hin zu Blumen in der freien Natur. Dafür ist es lohnenswert, das die Bundesländer mehr Försterinnen und Förster beschäftigen.

    Jimmy Bulanik

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