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Das deutsche Recht liegt am Boden

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 16. Januar 2014

No-Spy-Abkommen im No-Go-Bereich

Autor: U. Gellermann

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Datum: 16. Januar 2014

„Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht“, hatte die Kanzlerin zu Beginn der NSA-Affäre gesagt und dann ist sie in Deckung gegangen. In den Merkel-Bunker des eisernen Schweigens. Der deutsche Boden ist eine arme Sau: Fast 54.000 Hektar sind von US-Militäreinrichtungen besetzt. Neben den Kasernen, Übungsplätzen und Spionage-Zentralen stehen auf diesem Boden in US-Verwaltung 24.000 Wohnungen. In 2013 waren im Bundeshaushalt noch 56 Millionen für die Stationierung ausländischer Streitkräfte ausgewiesen. Auf deutschem Boden werden also auch noch die Gelder erwirtschaftet, mit denen die US-Militäreinrichtungen unterhalten werden. Gut 56.000 amerikanische Soldaten haben ihre Stiefel auf deutschem Boden geparkt. Und das wiederum tun sie nach deutschem Recht.

Denn im Gefolge des heißen und des kalten Krieges hat die Bundesrepublik Deutschland zum einen 1951 das NATO-Truppenstatut abgeschlossen und zum Gesetz erhoben. Zum anderen hat sie 1954 den „Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland“ im Bundes-Gesetzblatt verkündet. Nun ist der heiße Krieg fast siebzig Jahre vorüber und der kalte auch mehr als zwanzig. Die politisch-militärischen Gegebenheiten, aus denen die Verträge resultieren, sind längst vergangen. Und die Verträge sehen Kündigungsmöglichkeiten vor: Der NATO-Vertrag kann mit einer einjährigen Kündigungsfrist beendet werden, der Stationierungsvertrag erst zwei Jahre nach der Kündigung. Würde die Bundesrepublik das tun, dann hätte sie wieder ein ziemlich souveränes, deutsches Recht.

Wenn die deutsche Regierung also Herrin des eigenen Bodens wäre, dann könnte sie mit gutem Recht das US-Spionage-Nest im „Dagger-Komplex“ in der Nähe des hessischen Griesheim schließen. Dort wird seit Jahr und Tag alles abgehört und observiert was möglich ist. Und möglich ist – dank des Spionagezulieferers MacAulav-Brown, der den Komplex regelmäßig mit „Cybersecurity“ ausstattet – so ziemlich alles. Dass der Spionageladen vom ehemaligen CIA-Agenten Sid Fuchs geleitet wird ist sicher ebenso ein Zufall, wie dass mit Dell Daily, einem früheren US-Botschafter und Major General Gerard Brohm der Beirat des Unternehmens prominent besetzt ist. Auch wäre es der deutschen Regierung möglich, das Hauptquartier der US-Gesamtstreitkräfte für den Aufgabenbereich Afrika (US-AFRICOM) in Stuttgart-Möhringen zu schließen. Einer der Standorte, von dem aus die USA ihren dreckigen Drohnenkrieg führen.

Sieben Monate nach dem Beginn der NSA-Affäre ist der alten wie der neuen Regierung nichts anderes eingefallen als das Mantra des Regierungssprechers Seibert: Er könne „auch für die Bundesregierung hier keine Details aus den bisherigen Gesprächen“ bekannt geben. Es handele sich um einen „Arbeitsprozess“. Erst jetzt wurde bekannt, dass ein deutscher Islam-Konvertit vor zwei Jahren von einer Drohne ermordet wurde. Ziemlich sicher von deutschem Boden aus, ganz sicher nicht dem deutschen Recht entsprechend. Der „Arbeitsprozess“ des Herrn Seibert ist offenkundig ein kurzer Prozess. Ohne Anklage, ohne Gericht, aber mit letalem Ausgang.

Mit gespieltem Erstaunen registriert das offizielle Berlin, dass die USA kein „No-Spy-Abkommen“ wünschen. Irgendeiner dieser Regierungssprecher hat sogar behauptet: „Die Bundesregierung ist in Gesprächen mit den US-Partnern, um die Zusammenarbeit unserer Dienste auf eine neue Grundlage zu stellen. Diese vertraulichen Gespräche dauern an.“ Es ist eine Lautsprecherei, die nur das Leisetreten der Bundesregierung verbergen soll: Denn es müssten nur jene Verträge gekündigt werden, mit denen Tag für Tag deutsches Recht gebrochen wird. Dann wäre ein No-Spy-Abkommen nicht mehr nötig. Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in der NATO fände ihr wohlverdientes Ende. Der deutsche Boden könnte aufatmen. Und die deutschen Gespräche wären wieder halbwegs vertraulich.

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Fotoquelle: Wikipedia – Author Joachim S. Müller

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