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Archiv für die 'Berlin' Kategorie

‚Bundespressekonferenz‘

Erstellt von DL-Redaktion am 2. August 2023

Pressefreiheit und das Monopol der ‚Bundespressekonferenz‘

Berlin – Bundespressekonferenz (Federal Press Agency)

Quelle       :        Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Wer hätte gedacht, dass die ‚Bundespressekonferenz‘ (BPK) ein Privatverein und eben nicht eine Veranstaltung des Bundes ist? Ein erstaunliches Urteil (Az.: 4 O 29/23) des Berliner Landgerichts brigt durch eine eher lapidare Meldung der Berliner Zeitung an den Tag, dass die BPK verassungswidrig den Zugang von Journalistenmrezensiert und somit eigentlich eine irreführende Bezeichnung ist. Man muss Mitglied des Vereins sein, um an einer Pressekonferenz z.B. des Bundeskanzlers teilnehmen zu können. Die BPK ist also ein Etikettenschwindel, auf den sie auch noch ein Monopol hat.

Jeder normal gebildete Mensch in unserer Republik denkt bei der Bezeichnung BPK an eine öffentliche Veranstalung des Bundes, in der Journalisten zu den vorgetragenen Themen Fragen stellen können. Bis heute weit gefehlt, aber zukünftig hoffentlich vorbei. Erstritten hat sich den Zugang zur BPK ein Journalist eines Internet-Portals, was die zunehmende Bedeutung solcher Portale für die unkontrollierte Meinungsbildung unterstreicht. Ein Privatverein darf selbstverständlich entscheiden, wen er aufnimmt und wen nicht. Nicht aber wenn er öffentliche Aufgaben übernimmt und so die öffentliche Meinungsbildung kontrollieren will. Das verstößt gegen jede demokratische Grundordnung und ist dezidiert verfassungswidrig. In Art.3, (3) GG ist nämlich eindeutig geregelt, dass niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

Erstaunlich auch, dass die Bundesregierung und andere öffentlichen Behörden diesem Treiben bisher tatenlos zugeschaut und somit die Herausbildung von sog. Leitmedien gefördert haben. Man wollte und will offenbar keine kritischen Fragen zu den oftmals höchst fragwürdigen Inhalten der vorgetragenen Meinung. Die BPK stellt sich durch das Urteil als Farce heraus. Sie muss ihren irreführenden Namen aufgeben und zu erkennen geben, dass sie mit ihren interessengesteuerten Sponsoren nichts anderes ist als eine private PR-Agentur.

Aber jeder entscheidet für sich selber wo er hineinpasst! The Show must go on. 

Die Bundesregierung muss ihrerseits klarstellen, dass sie ihre Pressekonferenzen in eigener Regie abhält und dass selbstverständlich jeder Journalist freien Zutritt hat. Der Verein BKP ist auch nicht durch seine zur Gründuungdzeit (1949) wichtige Intention entschuldigt, die Regierung zu öffentlichen Aussagen gerdezu zu zwingen. Schon damals war ihm das neue GG bekannt und er hätte sich von Anfang an daran halten müssen. Dass erst heute ein Gericht die Verfassungswidrigkeit der Aktivitäten der BPK in Sachen zugelassener Journalisten feststellt, ist ein Armutszeugnis für unsere Demokratie und ein Beweis für die Doppelmoral und Intrasparenz unserer Regierungen seit 1949.

Oder will das bis heute wirklich keiner bemrkt haben? Unwissenheit schützt aber vor Strafe nicht. Hier geht es nicht um Vereinsrecht, sondern um die freie Meinungsbildung des ganzen Volkes. Wer die verfassungswidrig zu beeinträchtigen sucht, darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Kein Mensch hätte gedacht, dass die ‚Bundespressekonferenz‘ eine Dienstleistung eines privaten Vereins ist und monopolartig die Pressefreiheit verfassungswidrig beschneidet. So etwas gehört ein für alle Mal abgeschafft, wenn unsere Demokratie auch nur einen Funken Glaubwürdigkeit erhalten will.

Urheberrecht
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Panikredner am Beckenrand

Erstellt von DL-Redaktion am 30. Juli 2023

Nichts Neues unter der Sommersonne

Von Bodo Mrozek

Gewalt in Freibädern. Konflikte im Schwimmbad und ihre Dramatisierung sind ein elementarer Bestandteil der deutschen Krawallgeschichte.

Liegestühle, die durch die Luft fliegen, Gruppen, die im Laufschritt die Badegäste aufschrecken, Drängeleien, eingeschlagene Fensterscheiben, schließlich Messerstiche. Am Tage nach den Schlägereien dann die dazugehörigen Schlagzeilen: „Schlacht am Badestrand“, „Krieg“ zwischen Jugendgruppen. Szenen, wie sie dieser Tage aus einigen Sommerbädern gemeldet werden, rufen Mahner, Warner und Apokalyptiker auf den Plan. Von einer einzigartigen Qualität der Gewalt, von Anarchie und Sittenverfall ist die Rede: Chaostage an deutschen Kachelbecken.

Doch diese Vorfälle und expressiven Schlagzeilen sind fast 60 Jahre alt. Sie stammen aus Seebädern an der südenglischen Küste. Gruppen von Londoner Jugendlichen hatten – wie schon in den Jahren zuvor – Ausfahrten an die Küste unternommen, wobei es zu Rangeleien zwischen unterschiedlichen subkulturellen Stilen kam.

Aufgeregt berichteten die britischen tabloids über Details der angeblich blutgierigen, bis an die Zähne bewaffneten neuen folk devils. Rocker mit schweren Motorrädern und in schwarzer Lederkluft standen den mit elegant geschwungenen italienischen Motorrollern ausgestatteten und in neueste kontinentale Mode gehüllten modernists, kurz: Mods, gegenüber. Glaubte man einer Schlagzeile des Evening Argus aus dem Mai 1964, so wollten beide Gruppen bei ihren kollektiven Ausflügen nach Brighton, Margate und Clacton on See nicht nur posen, sondern: „Blut, wir wollen Blut.“ Wie neu sind also Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen am Badestrand?

Halbstarke und Eckensteher

Die englischen Vorkommnisse könnte man einer bizarren britischen Folklore zurechnen, die der Historiker Clive Bloom in einem Buch mit dem sprechenden Titel „Violent London“ als eine 2.000 Jahre währende Gewaltgeschichte gezeichnet hat. In Deutschland hingegen, so scheint man heute zu glauben, herrschten Ruhe und Ordnung. Doch der Kriminologe Günther Kaiser zählte allein in den späten Fünfzigern um die 100 Großkrawalle mit jeweils mehr als 50 Beteiligten. Schon 1956 fragte eine Emnid-Jugendstudie auf dem Titel „Wie stark sind die Halbstarken?“ – und verhalf so einem Terminus zu neuen Ehren, der sich auf moraltheologische Schriften um 1910 und noch weiter in die „Eckensteher“-Literatur des Vormärz zurückführen lässt. Heute scheint er unvermittelt wieder aktuell.

Auch die Westberliner Bäder boten damals keine reine Idylle. Der bundesdeutsche Problemfilm „Die Halbstarken“ von 1956 beginnt mit Prügeleien im Schwimmbad, bei denen zwei Bademeister zu Boden gehen. Sein ostdeutsches Pendant „Die Glatzkopfbande“ legte 1963 nach. Eine allzu freie deutsche Jugend provoziert darin im Ostseebad Usedom friedliche Badegäste, rast mit Motorrädern über den Strand, bis schließlich nach dramatischer Verfolgungsjagd über Todesalleen der Volkspolizeileutnant die Handschellen zuschnappen lässt.

Beide Fiktionen waren nicht nur erfunden: „Halbstarken“-Drehbuchautor Will Tremper wollte sein Skript einer Reportage im Milieu echter Berliner Jugendlicher entlehnt haben. Die Glatzköpfe vom Ostseestrand schafften es in Stasi-Akten. Protokolliert wurde dort der Sturm auf eine Polizeiwache, wo eine zahlenmäßig der Polizei weit überlegende Meute einen Gefangenen mit den Rufen befreien wollte: „Cheriff (sic!), gib die Kumpel frei!“ Dieser Ruf aus dem Film erklang laut Volkspolizeikreisamt ein Jahr nach der Uraufführung in Leipzig. Wie neu also sind die Schwimmbadkrawalle unserer Tage?

Das Jahr 2023 hat mindestens drei Sommerlöcher. Eines ist 52 Meter lang und knapp 2 Meter tief. Ein anderes ist 3 Meter tief, das dritte schon 72 Jahre alt. Es handelt sich dabei um die drei Becken des Columbiabads: das Sportbecken, das Sprungbecken sowie das sogenannte Volksbecken. Das wurde schon 1951 mit US-Dollars aus dem Marshall-Plan vom Baumeister Bruno Grimmek ausgehoben, vormals tätig für den Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt, Albert Speer. Bürgermeister Ernst Reuter hatte das Columbia-Bad als erstes Westberliner Freibad eröffnet – stolzes Symbol für eine Stadtplanung, die der Jugend zivilere Vergnügungen bieten wollte als nur Zelt- und Aufmarschplätze.

Sieben Dekaden später sind nicht alle diese blau geflieste Sommerlöcher gefüllt. Die 82-Meter-Rutsche ist gesperrt und der Sprungturm ebenso, seitdem der TÜV in diesem Jahr die Freigabe verweigerte. Auch das gehört zum beklagenswerten Zustand hauptstädtischer Freizeitkultur.

Seit einigen Jahren schon wird die historische Bausubstanz jedoch mit anderen, symbolischen Inhalten gefüllt. Aus dem stolzen Columbia-Bad ist Medien zufolge ein „Problembad“ geworden, in dem Angst und Gewalt herrschen. Auf Wikipedia nimmt die jüngste Krawallgeschichte mehr Raum ein als die Baugeschichte. Akribisch sind dort die „Erstürmung des Sprungturms“ von 2019, die Massenschlägerei von 100 Personen nach einer „Spritzerei mit Wasserpistolen“ vom Juni 2022 und die darauffolgende Errichtung einer mobilen Polizeiwache vermerkt. Und auch die jüngste Schließung nach Arbeitsniederlegung des Personals, das „verbale Attacken, das Spucken und Pöbeln“ beklagt, ist schon online-enzyklopädisch für die digitale Ewigkeit verzeichnet. Ist es also mal wieder so weit? Wie bei den Halbstarken von 1956, der Glatzkopfbande von 1963 oder den Mods -&-­Ro­cker-­Kra­wal­len von 1964 und ihren zahlreichen Nachfolgekonflikten an Schwimmbecken, Seen und Meeresstränden in den darauffolgenden Jahrzehnten? Oder noch viel schlimmer?

CDU-Politiker fordern Schnellgerichte, die Verdächtige aburteilen. Und zielen damit auf eine zur AfD tendierende Wechselwählerschaft

Wenn dieser kleine Lümmelmann erst auf einer Wiese liegt, sieht ihn doch niemand mehr !

Das Schwimmbad ist noch immer ein besonderer Ort, der sich als Symbol eignet. Nicht mehr unbedingt als die soziale Innovation, die es einstmals war, aber noch immer als eine Heterotopie im Foucault’schen Sinne, also als Ort der Abweichung und inverser (Kleider-)Ordnungen. Hier treffen die leicht bekleideten Körper vulnerabler Ruhesuchender auf die trainierten Bodys Pubertierender, die gern mal die Muskeln spielen lassen. Sicherheit ist hier daher erstes Gebot, und die erregten Kommentare der vergangenen Tage beruhen nicht nur auf Übertreibungen. Wenn Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität diskriminiert werden, so ist das ebenso wenig zu tolerieren wie physische Angriffe auf Ordnungskräfte oder Bäderpersonal.

Aber die ausschnitthafte Kolportage von Einzelfällen bietet ein höchst selektives Bild, das umso problematischer ist, wenn aus Gründen der Dramatisierung eine Präzedenzlosigkeit behauptet wird, die schon ein oberflächlicher Blick in die Pressearchive widerlegt. Kaum einer der an den zeitgeschichtlichen Krawallen beteiligten Jugendlichen hatte damals einen „Migrationshintergrund“. Zudem darf, wer von Gewalt durch migrantische Jugend redet, von den rassistischen Übergriffen auf nichtdeutsch gelesene Menschen nicht schweigen, wie sie schon zu DDR-Zeiten gegen damals so genannte Vertragsarbeiter vorkamen und verstärkt nach 1989/90 nicht nur an ostdeutschen Badeseen trauriger Alltag sind.

Reporter mit Sorgenfalte

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Oben     —   Luftaufnahme vom Prinzenbad Kreuzberg in Berlin (Deutschland)

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KOLUMNE * Red Flag

Erstellt von DL-Redaktion am 30. Juli 2023

Abschied von der taz: – Pass auf dich auf, altes Haus!

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Kolumne von Fatma Aydemir

Vor elf Jahren fing unsere Kolumnistin bei der taz an. Nun verlässt sie die Zeitung – und merkt, wie sehr sie diese geprägt hat.

Es gibt immer diesen befremdlichen Moment bei meinen Lesungen, wenn eine sehr freundliche, grauhaarige Frau mit buntem Halstuch das Mikrofon ergreift, um mich zu fragen: „Gab es jemanden in Ihrem Leben, der sie besonders gefördert hat?“ An sich eine harmlose Frage, vielleicht etwas zu persönlich, aber sie ließe sich durch eine geschickte Antwort ins Poetologische verschieben: die Bücher von Toni Morrison, die Filme von Pedro Almodóvar, die Lieder von Ahmet Kaya haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Eine Klugscheißer-Antwort, eine Nicht-Antwort eigentlich, die Fragende würde sich aber nicht trauen nachzuhaken und stattdessen lächelnd, insgeheim enttäuscht, nicken.

Was die Fragende vermutlich hören wollte: Meine Klassenlehrerin aus der Siebten ermutigte mich, Geschichten zu schreiben! Unsere Nachbarin Gisela hat mich immer zur Bibliothek gefahren! Die Mutter meiner Freundin Lisa gab mir Hermann Hesse zu lesen! In dieser Vorstellung taucht plötzlich irgendeine Deutsche bei mir auf und rettet mich aus der bildungsfernen Unterschicht in die Welt des Schreibens. Ich weiß, es ist unfair der Fragenden pauschal ein solches Interesse zu unterstellen, aber erfahrungsgemäß erwartet das Publikum dann doch immer, dass man auch mal vom guten Deutschen erzählt.

Trotzdem: Die Frage geht mir auf den Zeiger. Vielleicht weil sie offenlegt, wie unwahrscheinlich es ist, dass ausgerechnet ich nun auf dieser Bühne sitze und ich eigentlich die ganze Zeit über versuche, ebendiese Gedanken wegzuschieben.

Das Schlimmste aber: Ich habe keine Antwort auf diese Frage, denn ich hatte wirklich nie eine Gisela. Natürlich hatte ich Freund_innen, die mir zur Seite standen, ich hatte eine Familie, die sich mir nie querstellte, ich hatte hin und wieder eine Lehrerin, die meine Gedanken nicht grundsätzlich falsch fand. Es gab aber tatsächlich sehr lange keinen Ort, an dem ich das Gefühl hatte, mein Blick auf die Welt habe irgendeine Relevanz für andere. Dann kam ich zur taz. Bewusst wird mir dieser Wendepunkt natürlich erst jetzt, wo ich gehe.

Streiten und schweigen

Ich kam zu dieser Zeitung vor elf Jahren als Praktikantin und verstand sofort, dass ich hier mehr lernen würde als an jeder Journalistenschule. Ich habe nie ein Volontariat absolviert, mir hat nie jemand erklärt, wie man Tickermeldungen schreibt oder was eine gute Reportage ausmacht. Aber ich weiß, wie man streitet. Ich kenne die Argumente, die ewigen Fallstricke, die Dilemmas der deutschen Linken. Ich weiß, was sie triggert. Ich habe gelernt, an welchem Punkt sich Streit nicht mehr lohnt und wann ich unbedingt einen Standpunkt beziehen muss, weil mein Schweigen einem Einverständnis gleichkäme. Denn wenn die taz eines besonders gut kann, dann ist das: die eigenen Leute auf die Palme zu bringen.

Über die Jahre stand viel rassistischer und auch queerfeindlicher Müll in dieser Zeitung. Aber die noch lauteren Gegenstimmen ließen nie lange auf sich warten, und ich bin stolz darauf, wenigstens einen Teil dazu beigetragen zu haben. Auch wenn eine Diskursverschiebung in den letzten Jahren dazu geführt hat, dass emanzipatorische Kämpfe nunmehr als antiintellektuelle „Political Correctness“ abgetan werden, bin ich froh, dass die taz diesem Mainstream-Argument nur in Teilen erlegen ist und nicht als Ganzes. An schlechten Tagen nämlich ist die taz eine Zeit ohne Budget, an den besten Tagen, ein linkes Krawallblatt, das sich selbst nicht zu ernst nimmt.

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Oben     —   Eine wehende rote Fahne

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Unten      — Kreuzberg Friedrichstraße TAZ-Gebäude

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Juli 2023

In Berlin hat das Sommerloch Zähne

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Durch die Woche mit Nina Apin

In der Hauptstadt trägt man immer etwas dicker auf: Aus Freibadschlägereien wird eine nationale Debatte und aus einer Wildsau schnell eine Raubkatze.

Warum wir in Berlin immer so übertreiben müssten, fragte mich eine Freundin aus Süddeutschland per Mail. Sie schickte ein augenrollendes Emoji hinterher, dazu einen Artikel über die Gewalt in Berliner Freibädern mit dem sehr dick aufgetragenen Titel: „Der Sozialstaat wird am Sprungturm verteidigt!“ Sie hat recht.

In Berlin gibt es nicht einfach halbstarke Idioten, die sich an der Rutsche schlagen, andere Badende belästigen und Bademeister angreifen (wobei ich jetzt nicht sagen will, dass diese Gewalt kein Problem darstellt) – nein, es gibt „die Freibaddebatte“. Genau wie es ein paar Monate zuvor „die Silvesterdebatte“ gab. Und weil es schließlich um die Hauptstadt geht, die für den Rest der Republik eine prima Projektionsfläche bietet, diskutiert das ganze Land munter mit. Toxische Männlichkeit! Inte­gra­tions­probleme! Warum gibt es so was nicht in Hamburg beziehungsweise „in meiner Kindheit“?

Flugs bildeten sich dieselben Reiz-Reaktions-Muster wie immer: Erst hauen Politiker schlecht durchdachte Law-and-Order-Vorschläge raus. Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte eine Aburteilung von Tätern noch am selben Tag. Auch am Wochenende! Der Deutsche Richterbund konterte ebenso vorhersehbar: sehr witzig – und mit welchem Personal? SPD und Grüne warfen dem Konservativen überraschenderweise Populismus vor.

Mich macht das alles müde. Das Geraune über Berlins „massive“ Integrationsprobleme. Die erstaunlich autoritären Vorschläge auch aus linken Kreisen, wonach man etwa alle männlichen Wesen ab 13 aus den Freibädern aussperren sollte. Oder die Idee, mit genügend So­zi­al­ar­bei­te­r:in­nen am Beckenrand würden die Probleme verschwinden. Noch müder machen die wenigen Zahlen zur Debatte: Der Berliner Senat antwortete auf eine besorge Parlamentarische Anfrage der AfD, dass es im Vor-Corona-Jahr 2019 in den rund zwei Dutzend Berliner Freibädern 71 registrierte Gewaltdelikte gab, 2022 waren es 57. Ein Rückgang also? Zzz.

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Pardon, ich bin kurz eingenickt. Einer amtsärztlichen Empfehlung folgend, habe ich zur Entspannung ein kleines Hitze-Nickerchen gemacht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund empfiehlt das auch während der Arbeitszeit. Dazu ein kühles Getränk und „gelockerte Kleiderordnung“ – Freibadgefühl während der Arbeit sozusagen. Herrlich! Füße in der Wasserschüssel, Wassermelönchen in Griffweite, die Mittagspause großzügig verlängert …

Wuchernde Siesta-Fantasien

Natürlich ist der Verband der Familienunternehmer gegen so viel Schlendrian. Wir sind ja hier nicht in Mexiko, sondern im Mutterland der eifrigen Produk­tivitäts­impe­rative: Vorsprung durch Technik! Freude am Fahren! Auf diese Steine können Sie bauen! Offenbar hat man in der deutschen Wirtschaft Angst, das Image des effizienten Standorts zu schädigen. Die Vorsitzende des Familienunternehmerverbands, Marie-Christine Ostermann, bremste die in der Sommerhitze wuchernden Siesta-Fantasien jedenfalls ganz humorlos mit dem Appell aus, im Sommer doch einfach früher mit dem Arbeiten zu beginnen: „Früher Vogel fängt den kühlsten Wurm“, riet die im Lebensmittelgroßhandel tätige Westfälin auf Spiegel Online.

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Gewalt im Schwimmbad

Erstellt von DL-Redaktion am 23. Juli 2023

Krasse Welle durch die Republik

Von Sabina Zollner und Plutonia Plarre

In Berliner Freibädern gibt es immer wieder Randale – und sofort diskutiert halb Deutschland über Jugendgewalt. Eine Reportage vom Beckenrand.

Samstag, 8.52 Uhr, 22 Grad: „Ausweis bitte“, fordert ein breitschultriger, korpulenter Security am Eingang des Berliner Prinzenbads, ein schneller Blick, das war’s. Vor dem Eingang des besucherstärksten Schwimmbad Berlins warten Frühschwimmer:innen, Hipster und junge Familien in einer etwa 30 Meter langen Schlange auf eine Abkühlung. Es sollen heute 35 Grad werden, Wartezeit schon jetzt knapp 20 Minuten.

Drinnen herrscht morgendliche Freibadidylle. Am Kiosk sitzt ein Pärchen im Schatten der roten Sonnenschirme, Weißbrot mit Rührei vor ihnen auf dem Teller. Das türkisblaue Wasser des Sportbeckens glitzert in der Sonne, während Menschen ordentlich ihre Bahnen ziehen. Im danebenliegenden Kinder- und Nichtschwimmerbecken ist noch wenig los. Und auch im Terrassenbecken mit abgesperrtem Sprungbereich sind lediglich ein paar Mor­gen­schwim­me­r:in­nen zu sehen.

Hat man die Medienberichte der vergangenen Woche verfolgt, könnte man meinen, in Berliner Schwimmbädern herrschen anarchistische Zustände. Von einer “Welle der Gewalt“ war dort die Rede, weshalb sich viele Familien nicht mehr ins Freibad trauten. Wiederholt hatte es in diesem Sommer in dem nur drei Kilometer vom Kreuzberger Prinzenbad entfernten Columbiabad in Berlin-Neukölln gewaltsame Auseinandersetzungen von Jugendlichen mit dem Badpersonal und Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes gegeben.

In der vergangenen Woche wurde das Bad geräumt und blieb anschließend wegen Krankmeldungen des Personals erst mal geschlossen. Und das genau zu Ferienbeginn im strukturschwachen und multikulturellen Bezirk Neukölln, wo sich viele Familien keine Urlaubsreise leisten können. Als dann noch ein Brandbrief der Belegschaft, bereits Mitte Juni an die kommunalen Berliner Bäderbetriebe (BBB) geschickt, die Öffentlichkeit erreichte, war der Skandal perfekt. Sogar die Bundespolitik stieg in die Diskussion darüber ein, wie man in den Berliner Freibädern durchgreifen soll.

In dem Brandbrief ist von einem „untragbaren Ausmaß der Umstände“ die Rede. Mitarbeitern, Frauen, Minderheiten, besonders trans und queeren Menschen werde immer häufiger Gewalt angedroht. Verbale Attacken, Pöbeleien und Spucken seien üblich. Meist seien es Jugendliche, die sich von Bademeistern nichts sagen ließen, die „als Mob“ aufträten. Seit Samstag gelten deshalb in allen Berliner Freibädern neue Sicherheitsmaßnahmen. Be­su­che­r:in­nen müssen ihren Ausweis am Eingang zeigen, es gibt mehr Securities und einen Einlassstopp, wenn es zu voll wird. An sogenannten Konfliktbädern wie dem Prinzen- und Columbiabad sind mobile Wachen der Polizei stationiert.

Mit etwas Abstand betrachtet nach der überhitzt geführten Debatte: Wie sinnvoll sind diese Maßnahmen?

Schlägerei unter Jungs mit Migrationshintergrund? Steilvorlage für einen sommerlichen Kulturkampf

11.33 Uhr, 27 Grad: Das Planschbecken füllt sich langsam, am Beckenrand stellen einige Frauen mit Kopftuch ihre Gartenstühle auf. Ein paar Meter weiter sitzen zwei Frauen im Schatten. Die beiden Mütter wollen ihren Namen nicht nennen, in der Sorge, dass sie nur „Quatsch“ erzählen. „Schreib einfach: eine türkische und eine arabische Mutter“, sagen sie. Von ihrem Platz blickt man direkt auf das Nichtschwimmerbecken mit sprudelnden Wasserpilzen, in dem die Kinder der beiden planschen. Die beiden Mütter sind heute extra früh gekommen, nachmittags wird es ihnen zu voll im Bad.

Was sagen sie zu der Situation in den Freibädern? „Das wird schon schlimmer dargestellt, als es ist“, sagt eine der Mütter, die im Sommer regelmäßig ins Prinzenbad kommt und in der Nähe wohnt. „Und die Medien schlachten das schon aus, weil es um Jungs mit Migrationshintergrund geht“, ergänzt sie. Ihre Freundin kontert: „Ja, aber ich mache mir manchmal schon auch Sorgen um die Sicherheit meiner Tochter hier.“

Woher die Gewalt kommt? Pubertät, kommt die Antwort schnell. Da beleidige der eine die Mutter oder Schwester des anderen, der fühle sich angegriffen in seinem „männlichen“ Stolz und prompt eskaliere es. „Aber man darf nicht vergessen, das sind Kinder, man weiß nie, was bei denen zu Hause los ist“, sagt die Kreuzberger Mutter.

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Die Nutzergruppen im Kreuzberger Prinzenbad sind ähnlich wie die im Neuköllner Columbia­bad, dem am zweitstärksten frequentierten Freibad in Berlin. Aber das Bad ist anders aufgebaut. Dort gibt es ein Becken mit einem zehn Meter hohen Sprungturm sowie einer 83 Meter langen Rutsche – die längste in Berlins Freibädern. Damit zieht das Columbiabad Jugendliche und junge Männer magisch an.

Auf dem Sprungturm können sie ihre Kräfte messen und auch die Rutsche hat die nötige Länge für Spinnereien. Das ist wohl mit der Hauptgrund, warum das Columbiabad deutlich öfter als das Prinzenbad in die Schlagzeilen gerät. Jugendgangs blockieren die Rutsche, lassen sich nichts sagen, wenn das Personal einschreitet, werden körperlich übergriffig. Es kommt zum Polizeieinsatz – und, wenn alle Stricke reißen, zur Räumung des Bades. Seit dem 22. Juni sind deshalb Rutsche und Sprungturm gesperrt. Die Maßnahme konnte die Randale im Juli jedoch nicht verhindern. Die Sinn-Frage dieser Maßnahme steht also im Raum.

Mit der Schließung des Columbiabads vergangene Woche begann dann eine Mediendebatte. Eine Schlägerei unter Jugendlichen mit Migra­tionshintergrund? Eine Steilvorlage für konservative Medien und Po­li­ti­ke­r:in­nen, um einen sommerlichen Kulturkampf anzuzetteln.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte die konsequente Bestrafung von Gewalttätern noch am Tattag, mittels Schnellverfahren. Und die AfD wusste sofort: „Wer seine Grenze nicht schützen mag, muss später Freibäder schließen.“

Am Freitag packte der frisch gekürte Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Gelegenheit beim Schopfe, um sich als Mann der Tat zu inszenieren, und verkündete vor Ort die neuen Maßnahmen. Der innenpolitische Sprecher der Linken, Niklas Schrader, warf Wegner daraufhin „billigen Aktivismus“ vor. Wenn eine kleine Minderheit in den Bädern aus der Rolle falle, „warum sollen dann alle bestraft werden?“, sagte er.

12.30 Uhr, 30 Grad: „Ausweiskontrolle? So ein Scheiß, der hat nicht mal richtig auf meinen geguckt“, sagt ein junger Mann auf der Liegewiese. Er ist mit seinen Freunden hier, sie kicken gerade mit einem Fußball hin und her, drehen gemütlich einen Joint, während im Hintergrund Stromae mit „Let’s dance“ aus den Boxen dröhnt. In der Entfernung sind mehrere Security-Mitarbeiter:innen zu sehen, die im Doppelpack das Freibad ablaufen. Die Journalistin wird anfangs eher skeptisch empfangen. Einer fragt: „Für welche Zeitung schreibst du?“ Als sie „taz“ hören, wirkt die Gruppe etwas offener. „Ihr schreibt nicht so scheiße über Ausländer,“ sagt einer der Jungs.

Ein Mädchen im Prinzenbad„Mein Cousin hat letzte Woche Hausverbot bekommen und ist jetzt wieder da“

Ob sie über die Situation in den Freibädern reden wollen? Ja, eigentlich schon, aber lass uns erst noch rauchen. Dann kommt ein anderer Freund aus der Entfernung angerannt und redet auf Türkisch auf die Gruppe ein, er will die Gruppe davon abhalten, mit der Journalistin zu reden. Einer ist dann doch bereit zu sprechen, will aber auch anonym bleiben.

Der 22-Jährige ist regelmäßig im Prinzenbad, sagt er. Columbiabad? Eher nicht, da gebe es immer Stress. „Das ist so ein Sehen und Gesehenwerden dort“, sagt er. Und warum es da immer so eskaliert? „Manche Leute lassen sich einfach schneller provozieren als andere, die reagieren dann über.“ Was hält er von der ganzen Mediendebatte rund um die Herkunft der Jugendlichen? „Hat mich nicht überrascht, die Medien sind schon länger in ihrem Klischeefilm, die machen ja auch Geld damit“, sagt er.

Das Freibad ist ein Ort, an dem man sich gegenseitig aushalten muss. Hier kommen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Milieus und sozialen Schichten zusammen. Dass es hier zu Konflikten kommt, ist naheliegend. Menschen werden mit steigenden Temperaturen aggressiver, Hitze ist anstrengend. Deshalb ist das Freibad ein Ort, der nur mit Regeln funktioniert. Werden diese gebrochen, kann ein Hausverbot erteilt werden oder im schlimmsten Fall eine Strafanzeige.

Wirft man einen Blick auf die Zahlen für Berlin, sieht man jedoch, dass die Gewalt in Freibädern abnimmt. Insgesamt gab es 2022 laut Berliner Polizeistatistik 77.859 Gewaltdelikte – davon 57 in Freibädern. 2019, dem Sommer vor der Coronapandemie, waren es noch 71 Freibad-Vorfälle.

Die Ausweiskontrolle soll nun unter anderem ermöglichen, dass die Hausverbote besser durchgesetzt werden können. Laut der Bäderbetriebe werden Hausverbote bisher nur kontrolliert, wenn die Person nochmals auffällig wird. Erst dann wird eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet. Wie es in den Bädern ohne Datenabgleichgerät gelingen soll, mit Hausverbot belegte Gewalttäter schon am Eingang herauszufischen, ist völlig offen.

Die Ausweise händisch mit einer Liste abzugleichen wäre realitätsfremd. „Das könnte man auch nicht allen zumuten, dass die Ausweise am Eingang kontrolliert werden“, sagt Soziologe Albert Scherr, der zu sozialer Arbeit und Jugend forscht. Denn es gehe auch darum, über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nachzudenken. Was macht das mit dem Ort Freibad, wenn jeder am Eingang seinen Ausweis zeigen muss, überall Securities herumlaufen und eine Polizeiwache vor der Tür steht? Wirkt das überhaupt deeskalierend? Und fühlen sich Leute dadurch sicherer?

14 Uhr, 33 Grad, im Sprungbereich des Prinzenbads: „Junge, mach mal Arschbombe“, ruft einer seinem Freund entgegen. Dieser sprintet auf das Becken zu, und platsch, landet er im Wasser. Ein anderer taucht am Beckenrand auf, spuckt ins Gitter. Etwas abseits eine Gruppe von Teenagerinnen, alle ungefähr zwischen 12 und 15 Jahren alt. „Es gibt hier immer Stress. Mein Cousin hat letzte Woche Hausverbot bekommen und ist jetzt wieder da“, sagt eine. Was sie von den vielen Securities halten? „Die helfen eh nicht.“ Warum? „Die Jungs hören nicht auf sie – und können ja eh wieder ins Bad, auch wenn sie sich prügeln.“ Was die Streite auslöst? „Wenn jemand die Schwester oder die Mutter beleidigt, dies, das, dann rasten die aus.“ Die Kreuzberger, sagt ein Mädchen, seien „einfach stressgeil“. Die Gruppe verabschiedet sich. Im Sprungbereich wird es immer voller.

Es ist lange her, aber auch das Prinzenbad galt früher als Krawallbad. Massenschlägereien habe es Ende der 80er-Jahre „ständig“ gegeben, erzählte Bademeister Simon K. der taz einmal 2003 in einem Interview. In seiner ersten Saison habe er gleich ein Messer in den Rücken bekommen. „Zeitweise haben wir mit 25 Zivilpolizisten Dienst gemacht“. Befriedet habe man das Bad durch „massenhafte Anzeigen und Hausverbote“.

Quelle       :        TAZ-online            >>>>>>         weiterlesen

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Oben      —     A large wave towering astern of the NOAA Ship DELAWARE II. Atlantic Ocean, New England Seamount Chain. 2005.

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Nachrichten-Portal Nius

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Juli 2023

Bereits Klage wegen Volksverhetzung:

Quelle      :        INFOsperber CH.

Esther Diener-Morscher / 

Die deutsche Online-Zeitung wettert gegen Ausländer, Klimaschutz und Transmenschen. Und behauptet, die Stimme der Mehrheit zu sein.

Deutschland hat seit ein paar Tagen eine neue angebliche «Stimme der Mehrheit». Die Online-Zeitung heisst Nius – die deutsche Aussprache des englischen Worts News.

«Vielleicht das gefährlichste Zeitgeist-Phänomen»

Das Medium handelt populäre Themen kurz und bündig ab: Oft geht es gegen Ausländer und Klimaschützer. Ausserdem hat das Portal «das vielleicht gefährlichste Zeitgeist-Phänomen» entdeckt, «das aber noch immer komplett beschwichtigt» werde: Transaktivismus.

Auch über einen «Eis-Schock in Deutschland!» berichtet das Portal. «Immer mehr Deutsche können sich kein Eis mehr leisten», heisst es, weil es pro Kugel zwei Euro oder mehr koste.

Genüsslich vermeldet Nius zudem, dass es in Berlin seinetwegen bereits einen Regierungs-Krach  gegeben habe. Ohne das Wissen des Bürgermeisters habe der neue Berliner Queer-Beauftragte Strafanzeige gegen mehrere Nius-Journalisten erhoben.

Der Grund für die Strafanzeige: Das Portal hat ein 90-minütiges Video mit dem Titel «Trans ist Trend: Wie eine Ideologie unser Land verändert» veröffentlicht, und der Queer-Beauftragte versteht dessen Inhalt als Volksverhetzung. Nius hingegen versteht die Strafanzeige als Angriff auf die Pressefreiheit.

Ex-Bild-Chefredaktor schürt Empörung

Nius positioniert sich klar rechts von der deutschen Bild-Zeitung. Die Zielgruppe: besorgte Bürger, denen das Portal nicht nur reichlich Stoff für weitere Besorgnis liefert, sondern auch gehörig Empörung schürt.

Prominentester Mitarbeiter ist der ehemalige Bild-Chefredaktor Julian Reichelt. Nach seiner Entlassung im Herbst 2021 eröffnete er vor einem Jahr seinen eigenen You-Tube-Kanal «Achtung Reichelt!» Diese Beiträge sind nun auf Nius zu sehen.

So erklärt Reichelt in einem Video dem Publikum den Zusammenhang zwischen Freibädern und offenen Grenzen – und zwar mit einer unterkomplexen Berichterstattung über eine angebliche «Gewalt-Explosion» in Freibädern.

Reichelt wendet sich im Video mit ernster Stimme an sein Publikum und warnt: Früher habe man sich gesorgt, dass die Kinder im Freibad ertrinken. Heute müsse man Angst haben, dass die Kinder im Freibad ertränkt würden.

«Das Freibad unserer Kindheit»

Weiter berichtet er: «Das Freibad unserer Kindheit gab es genau so bis vor wenigen Jahren. Aber offene Grenzen haben das für immer verändert. In unseren Freibädern sehen wir nun, dass unkontrollierte Migration sich immer zuerst auf Menschen auswirkt, die keinen eigenen Pool im Garten haben und sich keinen Flug in den Urlaub mit der ganzen Familie leisten können. Hinter schönen Hecken und hohen Mauern weiss man nicht, was in unseren Freibädern los ist.»

Einen der «Beweise», die Reichelt für die «Gewalt-Explosion» liefert, ist ein Video unbekannter Herkunft, das zeigt, wie zwei junge Männer ausgeflippt und auf das Badepersonal losgegangen sind. Eine hässliche Szene, sicher.

Aber die meisten Badegäste liessen sich nicht beim Sonnenbaden stören. Ertrinkungsgefahr für Kinder, wie sie Reichelt angekündet hatte, gab es schon gar nicht.

«Sie sind nicht allein mit Ihrer Meinung»

Trotzdem wettert Reichelt gegen eine Reportage im ZDF-Fernsehen, die «atemberaubend beschönigend» über «Sommerglück im Freibad» berichtet habe, statt die wahren Vorkommnisse zu zeigen: «Jugendliche aus arabischen Familien, die sich vom Personal nichts sagen lassen.»

Und immer wieder weiss Reichelt, wer den Deutschen «den Ort des Glücks, der Leichtigkeit und Unbeschwertheit» wegnimmt, nämlich die unkontrollierte Migration. «Erleben wir immer häufiger Messerstechereien am Beckenrand zwischen Jürgen und Jochen?», fragt Reichelt suggestiv.

Wer am Schluss des Beitrags noch nicht überzeugt davon ist, dass das Sommerglück im Freibad ernsthaft von Ausländern bedroht ist, den ermutigt Reichelt nochmals: «Haben Sie keine Angst, Sie sind nicht allein mit Ihrer Meinung.»

So macht Nius seine Beiträge zur «Stimme der Mehrheit»

«Themen, die Millionen Deutsche bewegen und ihren Alltag betreffen, aber anderswo viel zu selten berichtet werden, werden bei NIUS eine Heimat finden»: Das verspricht Nius auf seiner Website und schiebt gleich ein Umfrage-Ergebnis nach: Etwa die Hälfte der Deutschen stimmt dieser Aussage zu: «Ich befürchte negative Konsequenzen, wenn ich meine Meinung zu bestimmten Themen frei äussere.» Gleiches gilt für: «Ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland keine Meinungsfreiheit (mehr) gibt.»

Die Umfrage durchgeführt hat das eher kleine deutsche Meinungsforschungsinstitut Insa, dessen politische Neutralität schon mehrmals angezweifelt worden ist. Das Unternehmen macht neben Umfragen für Bild und Focus auch politische Umfragen für die rechtskonservative Junge Freiheit. Der Geschäftsführer Hermann Binkert hat offensichtlich Verbindungen zur Partei AfD.

Chefredaktor von Nius ist Jan David Sutthoff. Laut eigenen Angaben ist er professioneller «Redaktions-Manager». Er will «zusammen mit anderen tollen Journalisten die neue politisch-gesellschaftliche Medienmarke Nius aufbauen».

Nius bietet derzeit einen Teil der Inhalte gratis an. Wer das ganze Angebot und keine Werbung möchte, zahlt 79.99 Euro pro Jahr.

Finanziert wird die Plattform vom deutschen Milliardär Frank Gotthardt. Sein Geld verdiente er vor allem mit Software für Ärzte.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Oben      —   Julian Reichelt in der WDR-Sendung „Maischberger“ am 7.11.2018

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Radikal anders, jetzt!

Erstellt von DL-Redaktion am 18. Juli 2023

Die Linke braucht dringend Erneuerung – inhaltlich wie personell.

Ein Debattenbeitrag von  :   ALINA LYAPINA, DAVID DRESEN und LIZA PFLAUM

Lagerkämpfe, Parteiaustritte, Visionslosigkeit – die Linke steckt in einer tiefen Identitätskrise. Seit Jahren streiten sich die führenden Köpfe öffentlich über die Frage, für wen und was genau eine linke Partei in Anbetracht steigender Energie- und Lebensmittelpreise, Klimakrise, Abschottung und Rechtsruck eigentlich im Kern stehen kann. Eine Antwort gibt es bis heute nicht. Doch genau das können wir uns in Anbetracht der aktuellen Lage schlicht nicht leisten.

Denn dies geschieht in einer Zeit, in der die AfD die ersten Landrats- und Bürgermeisterwahlen gewonnen hat und die Brandmauer der CDU zu bröckeln beginnt. In einer Zeit, in der die Inflation unsere Gehälter auffrisst und die SPD den Mindestlohn nur um ein paar lächerliche Cent erhöht. In einer Zeit, in der die Klimakrise durch Dürren und Unwetter in unserem Alltag angekommen ist, während die Grünen der Aufweichung des Klimaschutzgesetzes zustimmen und das Dorf Lützerath für Braunkohle zerstören lassen. In einer Zeit, in der die FDP die Kindergrundsicherung blockiert und gleichzeitig Steuersenkungen für Konzerne durchdrücken will.

Als Menschen, die seit Jahren in verschiedenen Bewegungen für gerechte Löhne, radikalen Klimaschutz und die Einhaltung der Menschenrechte kämpfen, müssen wir leider feststellen: Eine starke linke Partei fehlt derzeit schmerzlich. Wir sind überzeugt, dass die engagierte Zivilgesellschaft einen starken Bündnispartner in den Gemeinderäten, den Landesparlamenten und im Bundestag braucht.

Grüne und SPD sagen „Tschüss“ zu ihren Grundwerten

Genau jetzt kommt es darauf an, linke Themen zu setzen und dort aktiv zu sein, wo die Bundesregierung versagt. Spätestens seit der Entscheidung für eine der weitreichendsten Asylrechtsverschärfungen seit 1993 und dem Gebäudeenergiegesetz ist klar: Sowohl die Grünen als auch die SPD haben sich von ihren Grundwerten verabschiedet. Anstatt berechtigte soziale und ökologische Anliegen miteinander in Einklang zu bringen, streiten sie für die Interessen der gehobenen Mittelschicht und der Großkonzerne.

Die von Liberalen und Konservativen vorangetriebene und von SPD und Grünen mindestens geduldete Umverteilung von unten nach oben wird den Rechtspopulismus in Deutschland weiter nähren. Es braucht eine Partei, die sich dem neoliberalen Rechtsruck entgegenstellt und zeigt, dass soziale und ökologische Interessen nur durch einen solidarischen Klassenkampf verbunden werden können. Denn nach unten treten bringt nichts: Hierdurch gibt es keinen einzigen Cent mehr Lohn und keine einzige warme Mahlzeit mehr.

Es braucht jetzt eine Partei, die unmissverständlich für Gerechtigkeit kämpft und klare Kante zeigt. Die denjenigen eine Stimme gibt, die am stärksten von steigenden Miet-, Energie- und Lebensmittelpreisen, Klimafolgen und harten Außengrenzen betroffen sind – ohne diese Menschen gegeneinander auszuspielen. Die für alle Menschen ein Ort der Organisierung sein kann, weil sie im Lokalen verankert ist und ihre Ressourcen teilt. Die mit starken Kampagnen und Projekten Sichtbarkeit für die Probleme der Menschen schafft.

Eine Partei, die für die Sache steht und deren Abgeordnete nicht an Posten hängen. Eine Partei, die sich gegen männliche Dominanzstrukturen richtet. Die dort aktiv und laut wird, wo soziale Ungerechtigkeit, Klimaschäden oder Entrechtung geschehen. Kurz: eine Partei, die im Leben der Menschen einen realen Unterschied macht. Nicht für einige wenige, sondern für die vielen.

Es ist Zeit, dass die Linke zu dieser Partei wird. Aber wie?

Für wen und mit wem möchte die Linke ihre Politik machen?

Neulich hat der Parteivorstand angekündigt, die Linke bis 2025 wieder auf Erfolgsspur bringen zu wollen. „Die Zukunft der Linke ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht“, hieß es. Diese richtigen Absichten dürfen nicht nur auf dem Papier stehen bleiben. Was es jetzt braucht, ist eine radikale Erneuerung, in der die wichtigsten offenen Fragen beantwortet und die Strukturen der Partei grundlegend erneuert werden.

Gleichzeitig muss die Linke sich nach außen öffnen und frisches Personal auf allen Ebenen reinlassen.

Unter anderem ist eine Klärung in der Außenpolitik nötig. Die Linke muss konkrete Antworten auf aktuelle (geo)politische Herausforderungen finden: Wie könnte man in Europa jenseits von Militärbündnissen gemeinsam und solidarisch für die Sicherheit der Nachbarn sorgen? Was bedeutet für uns Linke denn praktisch das Recht auf Widerstand und Verteidigung, wenn es darauf wirklich ankommt? Es braucht ein klares Bekenntnis gegen alle Autokraten und Diktatoren.

Gleichzeitig muss die Linke sich nach außen öffnen und frisches Personal auf allen Ebenen reinlassen, das den neuen Kurs vertritt und gegen Widerstände verteidigt. Denn die Linke hat einen Personalnotstand – besonders auffällig in der Bundestagsfraktion –, und das macht sie für viele potenzielle Wäh­le­r*in­nen unattraktiv. Umso wichtiger ist es, dass die Partei bereits bei der EU-Wahl neue Gesichter nach vorne stellt, die die notwendige Erneuerung vorantreiben.

Neben neuen Gesichtern benötigt eine demokratische linke Partei auch demokratische Strukturen, die unter anderem die Bereicherung Einzelner verhindern. Nicht zuletzt fehlt die Klarheit in der Frage, für wen und mit wem die Linke ihre Politik machen möchte. Das verstaubte Image der Linken schreckt zahlreiche Menschen ab. In erster Linie braucht es Mut und Veränderungswillen, jetzt diesen Prozess grundlegend zu starten.

Quelle          :            TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Oben     —   Foto: DIE LINKE NRW / Irina Neszeri

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Das Berliner Freibadtheater

Erstellt von DL-Redaktion am 17. Juli 2023

Ausweispflicht im Freibad als Sicherheitstheater

Kaie Wegener und seine blonde Locke in Berlin

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von              :        Markus Reuter

Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner führt im Hauruck-Verfahren eine Ausweispflicht für Freibäder ein. Angeblich soll das Gewalt und Randale eindämmen. Zunächst steckt dahinter aber nur Symbolpolitik – und Berlins Datenschutzbehörde hinterfragt den Sinn.

Am gestrigen Donnerstag hatte Berlins Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), Ausweiskontrollen in Schwimmbädern des Landes angekündigt. Jetzt verkündigen die Bäder-Betriebe nur einen Tag später per Pressemitteilung, dass die Ausweiskontrollen sofort losgehen:

Zugang zu den Freibädern ist ab Sonnabend, den 15. Juli, nur noch gegen Vorlage eines Lichtbildausweises möglich. Das kann ein Personalausweis ebenso sein wie ein Führerschein oder ein Schülerausweis. Das Dokument muss am Eingang vorgezeigt werden.

Hintergrund der Maßnahmen sind unter anderem Schlägereien und Straftaten in Berliner Bädern, die für eine bundesweite Debatte gesorgt hatten. Die neue Ausweiskontrolle kommt so schnell, dass offenbar noch niemand überprüft hat, wie das mit dem Datenschutz vereinbar ist. Wir haben hierzu bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit nachgefragt. Der Aufsichtsbehörde sei bislang nichts zur Ausgestaltung der Ausweispflicht bekannt, kündigt jedoch eine Prüfung an.

Unter anderem werde zu prüfen sein, was die Ausweispflicht bezwecken soll: „Soll diese der Erleichterung der Verfolgung von Straftaten dienen oder auch eine präventive Wirkung haben?“, schreibt eine Sprecherin auf Anfrage von netzpolitik.org. Überprüfen will die Datenschutzbehörde auch, ob die Maßnahme überhaupt geeignet ist, die gewünschten Ziele zu erfüllen und Freibäder sicherer zu machen.

Symbolisch auf den Ausweis schauen

Wie die Ausweispflicht eigentlich umgesetzt wird, weiß man bei den Berliner Bäder-Betrieben offenbar selbst nicht genau. Noch am Freitagmorgen schrieben die Bäder-Betriebe auf unsere Fragen zur Datenverarbeitung und Kontrollabläufen:

Wir stecken mit allen diesen Entscheidungen noch sehr am Anfang. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Ihre Fragen antworten können.

Das ist ein Hinweis darauf, dass die ab sofort geltende Ausweispflicht im Freibad zunächst symbolisch ist, eine Art Sicherheitstheater. Anscheinend werden einfach Ausweise betrachtet – ohne genau zu wissen, was man damit tun soll.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte will das genauer wissen, wie aus der Antwort der Behörde hervorgeht. Es stelle sich die Frage, ob die erhobenen Daten an Dritte übermittelt werden, insbesondere an Strafverfolgungsbehörden. Die Datenschützerin verweist hier auf das Personalausweisgesetz. Dort stehen „enge gesetzliche Vorgaben zur Verarbeitung von Ausweisdaten“ durch öffentliche und nicht-öffentliche Stellen.

Zuerst mildere Mittel einsetzen

Maßnahmen für mehr Sicherheit in Freibädern müssten laut Datenschutzbehörde „gesetzlich zulässig und verhältnismäßig“ sein. Zugleich müssten sie geeignet sein, die angestrebte Sicherheit in den Bädern wirklich zu erreichen. Die Ausweiskontrolle greife in der das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Man müsse mildere Mittel prüfen, etwa die „Verstärkung des Sicherheitspersonals, der Einsatz von Deeskalationsteams, die Begrenzung der Anzahl von Badegästen, die sicherheitsfördernde Ausgestaltung des Freibad-Areals“.

Zumindest einen Teil dieser Maßnahmen haben die Bäder-Betriebe schon in ihrer Pressemitteilung angekündigt: mehr Sicherheitspersonal und Einlass-Stopps, wenn das Bad zu voll wird. Zusätzlich soll es noch mobile Wachen der Polizei vor dem Freibad geben und eine Videoüberwachung am Eingang – auch das dürfte die Datenschutzbehörde interessieren. Am Problem von vor allem durch Männer ausgeübte Gewalt rütteln Kameras und Ausweiskontrolle derweil wenig.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben           —       29th plenary session of the 19th legislative period of the Abgeordnetenhauses of Berlin: Election of the Governing Mayor

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Lebensform ist Privatsache

Erstellt von DL-Redaktion am 16. Juli 2023

Ehegattensplitting und Elterngeld

Der Leitartikel von Barbara Dribbusch

Geht es in der Politik um Geld, werden die Klischees ausgepackt. Die Annahme, das Steuersplitting halte Frauen vom Arbeitsmarkt fern, ist übergriffig.

Immer dann, wenn Po­li­ti­ke­r:in­nen Lebensformen auf- oder abwerten, um Kürzungen oder Nichtkürzungen zu rechtfertigen, sollten rote Warnlampen angehen. Denn Klischees werden ausgepackt, wenn es in die Interessenlage passt. Das war schon zu Zeiten der strukturellen Massenarbeitslosigkeit um die Jahrtausendwende so, als man Arbeitslosen Faulheit unterstellte, obwohl Jobs knapp waren.

Auch jetzt verlangt der Bundesfinanzminister Einsparungen. Und schon werden die Ressentiments ausgegraben. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil will dem „antiquierten Steuermodell“ des Ehegattensplittings, das nur „die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau“ begünstige, „ein Ende setzen“.

Zur Klarstellung: Das Splitting trägt dazu bei, dass in Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen ei­ne*r mehr verdient als der andere, nicht mehr Steuern bezahlt werden müssen als in Partnerschaften, in denen beide gleich viel verdienen.

Hat beispielsweise in einer Ehe ei­ne*r der Part­ne­r:in­nen 50.000 und der oder die andere nur 10.000 Euro im Jahr zu versteuerndes Einkommen, so wären bei einer Individualbesteuerung ohne das Splitting 11.816 Euro Steuern fällig. Ein Paar, bei dem beide 30.000 Euro im Jahr verdienen, muss nur 9.902 Euro Steuern entrichten. Den gleichen Steuerbetrag zahlt ein ungleich verdienendes Paar dank des Splittingtarifs, den man freiwillig wählt.

Splitting ist nicht unlogisch

Das Splitting erweitere den „Spielraum“ einer Partnerschaft in der Aufgabenteilung, urteilte das Bundesverfassungsgericht 2013. Es gab schwulen Paaren recht, die den Splittingvorteil für ihre eingetragene Lebenspartnerschaft haben wollten. Wer heiratet oder sich verpartnert, verpflichtet sich zum Unterhalt für den oder die Part­ner:in. Also ist es nicht unlogisch, den zu versteuernden größeren Anteil am Einkommen rechnerisch zu reduzieren und einen Betrag dem oder der Part­ner*in zuzuordnen – nichts anderes geschieht beim Splitting.

Es gibt Reformmodelle von SPD und Grünen, die das Splitting durch eine individuellere Besteuerung ersetzen, bei der die Unterhaltsverpflichtung aber in Form von Freibeträgen berücksichtigt wird. Das würde für manche Ehepaare ­etwas höhere Steuern als bisher bedeuten und etwas mehr Geld für den Staat. Kann man machen für neue Ehen, sollte man aber auch so ansagen und sich das Gerede über irgendwelche „Anreize“ ­spare

Das Anreizgerede ist übergriffig

Am Bundesgerichtshof erging 2009 das Urteil, übrigens unter einer Frau als oberster Familienrichterin, die Unterhaltsrechte der ersten Ehefrau nach einer Langzeitehe dramatisch zu mindern, wenn der Mann danach eine zweite Familie gründet. Auch hier war von Anreizen für die ersten Ehefrauen die Rede, sich frühzeitig um einen Job zu bemühen, um selbstständig zu werden. Und die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, will die Witwenrente in der bisherigen Form abschaffen, weil die jetzige Regelung die „Anreize“ reduziere für Ehefrauen, eine eigene Beschäftigung aufzubauen.

Dieses Anreizgerede, die Sorge, das selbst gewählte Splitting halte die Frauen vom Arbeitsmarkt fern, wie Wis­sen­schaft­ler*in­nen behaupten, ist übergriffig. 75 Prozent der Mütter arbeiten, zwei Drittel davon in Teilzeit. Sie brauchen bessere Kinder- und Altenbetreuung, keine finanziellen Verschlechterungen.

Elterngeldkürzung wirkt wie ein Vertrauensbruch

Quelle         :            TAZ-online            >>>>>         weiterlesen

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Oben     —   Print. Small surimono-style erotic prints from a series of actors as famous pairs of lovers. ?Fukonoya Daisuke and the courtesan Nanaura.

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Noch schlimmer geht immer

Erstellt von DL-Redaktion am 14. Juli 2023

Der NDR-Rundfunkrat macht’s vor: Caren Miosga wird die neue Anne Will

Quelle      :      Ständige Publikumskonferenz der öffentlichen Medien e.V.

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Es ist passiert. Caren Miosga, bisher Tagesthemen-Moderatorin, wird Anne Wills Nachfolgerin und übernimmt vom nächsten Jahr an deren Sendeplatz sonntags um 21.45 Uhr. So beschlossen und verkündet von der NDR-Rundfunkratsvorsitzenden Sandra Goldschmidt.1

Der Vertrag über 60 Folgen der Sendung in den kommenden beiden Jahren – Arbeitstitel: „Miosga“ – ist unter Dach und Fach. Zugleich mit dieser Personalie teilte der NDR-Rundfunkrat mit, dass er zwei weitere Programmbeschwerden gegen Sendungen der Tagesschau abgelehnt habe, von deren Inhalt das Publikum natürlich nichts erfährt. Wie eh und je. Transparenz ist nicht. Wo kämen wir sonst hin mit dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Welchen Millionenbetrag der NDR-Rundfunkrat für das sonntagabendliche Gelaber samt transatlantischer Einstimmung auf den erwünschten Krieg diesmal zum Fenster hinaus und der Moderatorin Miosga hinterherwirft, wird natürlich ebenfalls nicht mitgeteilt. Für
Anne Will waren es mindestens 2 600 Euro brutto pro Sendeminute.

2.) Günter Jauchs unverschämte 4 500 Euro Bruttohonorar pro Sendeminute#

3.)  erzielte sie damit nicht, aber ist noch dicke genug. Miosga wird mit Anne Will Vergleichbares abgreifen. Mehr dazu am Schluss dieses Artikels.

Was Miosga den Rundfunkbeitragszahler sonst noch kostet, weiß man hingegen genau: Wertvolle Lebenszeit, die er wesentlich sinnvoller verbringen könnte, ohne den Zaungast beim albernen Polittalk zu spielen.

Der NDR-Rundfunkrat sieht das natürlich vollkommen anders. Seine Vorsitzende Sandra Goldschmidt umkränzte die Entscheidung für Miosga mit Lob und Selbstlob:

„Nach 16 erfolgreichen Jahren der Sendung ‚Anne Will‘ soll der Sonntagsplatz mit einer neuen Moderatorin und einem überarbeiteten Konzept in die Zukunft gehen. Der NDR hat mit Caren Miosga eine erfahrene und versierte Journalistin für diese Aufgabe gewonnen. Frau Miosga verfügt über eine große Popularität, hohe Sympathiewerte und ist bekannt für ihre ebenso charmant wie hartnäckig geführten Interviews in den ‚tagesthemen‘.“

4.) Von „hartnäckig geführten Interviews“ scheint der Rundfunkrat eine recht eigenwillige Vorstellung zu haben, wenn ihm dabei ausgerechnet Miosga einfällt. Näheres wollen wir nicht wissen. Wie das „überarbeitete Konzept“ konkret aussieht, mit dem die Sendung „in
die Zukunft gehen“ soll, hätte uns hingegen schon aus professioneller Wissbegierde interessiert. Das aber verschweigt die NDR-Aufseherin Goldschmidt. Von wegen Transparenz. Wie eh und je.

Miosga soll es wuppen. Im Land der Dichter und Denker brauchen wir halt wie Schiller selig unsere faulen Äppel in der Schublade, sonst kriegen wir den genialen Durchblick nicht. Heißt heutzutage: mit Caren Miosga „mehr Qualitätsjournalismus wagen“.
Flachbildschirmgerecht, versteht sich. Wie eh und je. Vom Moderieren und vom Quasseln Moderierte Nachrichtensendungen – und als deren Verlängerung auch die politischen Talkshows – sind ein nach Deutschland geschwappter US-typischer Mix aus seriösem TV-Journalismus und Show-Business, von den Akteuren oft mit eigenen Politambitionen verbunden. Nach unserer (zugegeben: sehr beschränkten) Kenntnis dürfen Sarah Palin5 und Tucker Carlson6 als prägende Beispiele 7 genannt werden. Genre-Vertreter wie sie haben nicht die geringsten Hemmungen, in jeder denkbaren Weise abzusahnen.

Dieser kulturelle Segen aus USA hatte seinen entsprechenden Einfluss auf unsere deutschen Mattscheiben-Größen: „Talk“, selbstdarstellerisches Geschwafel, statt informativer Gedankenaustausch. Wie ihre US-Kollegen sind auch viele deutsche TV-Moderatoren Millionäre, mehr Unternehmer als Journalisten. Jahrmarktgrößen mit Kultstatus. Manche pflegen enge Beziehungen zum US-Lobby-Verein Atlantikbrücke.

8.) Was Caren Miosga aus ihrer Rolle als Talkmasterin macht, wird sich nächstes Jahr zeigen. Wie sie ihre Aufgabe als Tagesthemen-Moderatorin erfüllt, durchleiden wir schon seit 16 Jahren, insbesondere ihre methodische Vorwegnahme und Interpretation dessen, was in
der anschließenden Filmreportage berichtet wird – Bauchlandung nicht ausgeschlossen. Zwei Beispiele sollen der Nachwelt erhalten bleiben: Am 17. November 2017 wechselte Miosga vom Thema „Berliner Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition“ (Schwarz-Grün-Gelb) in steiler Gedankenkurve zum Thema „Bonner UN-Klimakonferenz“:

„Dass Jamaika überlebt, und zwar im buchstäblichen Sinne, darum wird gerade in Bonn auf der Weltklima-Konferenz gerungen.“ Und – platsch – die Offenbarung des eigenen Bildungsnotstands: „Denn auch die Karibikinsel wird vom steigenden Meeresspiegel bedroht.“

9.)  Tja. Da war das Tagesthemen-Servierfräulein wohl nicht ganz „auf der Höhe“. Die Insel Jamaika hat Steilküsten mit bis zu 500 Metern. Sie ist ein großenteils gebirgiges Fleckchen Erde. Mit einem Blick in den Atlas hätte die ARD-aktuell-Spitzenmoderatorin erkennen können, dass der Commonwealth-Splitter Jamaika vom steigenden Meeresspiegel sicher weniger bedroht ist als vom anglo-amerikanischen Neokolonialismus.

Aber da ist der tiefernste Blick unserer Pippi Miosga! Mit dem sie die meeresspiegelbedrohte „Welt“ vorstellt! Und ist die nicht willig, dekretiert Miosga dieLösung:

„Die Welt will und muss etwas tun, um die Erderwärmung zu begrenzen.“ (ebd.)

Jawoll, jetzt muss sie mal ran, die Welt. Bloß so im All rumeiern bringt‘s nicht mehr. Wegen „Erderwärmung“. Das Wort verwenden sprachlich notleidende Journalisten als bedeutungsgleichen Ersatz für „Klimaveränderung“. Die Erde erwärmt sich schließlich nicht, sondern kühlt in ihrer Gesamtheit ab10. Ihr flüssiger Kern glüht ja immer noch bei circa 5000 Grad Celsius. Nur die Lufthülle der Erde heizt sich auf.

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Klein Erna weiß das natürlich, in der Grundschule wurde das durchgenommen. Müsste eine erwachsene Wunderlampen-Moderatorin solch Basiswissen nicht ebenfalls draufhaben und sich entsprechend korrekt ausdrücken können? Müsste sie – nicht aber die ARD-aktuell-Blume Miosga. Mit Zitronen gehandelt

Oft und oft haben wir‘s schon vorgebracht: Sprache ist ein Spiegel des Denkens. Freilich, nonverbales (wortloses) Denken gibt´s auch. Das lassen wir hier mal beiseite. Wir begutachten das unter Moderatoren verbreitete Gegenteil, das Sprechen ohne Denken. Im vorliegenden Fall ohne Unterscheidung von Erde und Atmosphäre. Macht ja nichts, ist eh alles wurscht, und Putin muss sowieso weg.

Bedauerlich, dass wir auch für den Moderatorenunfug Rundfunkbeitrag zu zahlen haben, obwohl das Geld laut Gesetz (Medienstaatsvertrag) nur für Sendungen zur Information, Bildung und Unterhaltung (in dieser Reihenfolge!) verwendet werden soll.

Doch Caren Miosga moderiert nun schon seit Mitte 2007. Wäre ein Hartwig von Mouillard11, wären der Tagesthemen-Gründer Dieter Gütt  oder sein Stellvertreter Günter Müggenburg zu jener Zeit noch Chefredakteur der ARD-aktuell gewesen, dann hätte die Frau den Job nicht lange behalten. Im Februar 2009 hatte sie eine Reportage über das „Zitronenfest“ in Menton anzutexten (wo die biblische Eva die ersten Zitronen gepflanzt haben soll), das jährlich eine Viertelmillion Touristen anzieht.  Mit Fasching hat das farbige Ereignis allenfalls indirekt etwas zu tun, weil zeitgleich im 30 Kilometer entfernten Nizza der „Carnaval de Nice“ stattfindet. Ansonsten wird in Frankreich eher
selten Fasching gefeiert.15 Miosga deutete das Zitronenfest einfach um und schöpfte dazutieferen Sinn:

„Was hat Karneval mit Zitronen zu tun? Ich sach (sic!) es Ihnen. Dass man als Beginn des Karnevals den Elften Elften gewählt hat, geht auf die Theorie zurück, nach der dafür die Anfangsbuchstaben des Mottos der Französischen Revolution herhalten mussten: Égalité, Legalité (sic!), Fraternité, zusammen: ELF. Indem sich die Städte Köln und Mainz über diese Worte lustig machten, rächten sie sich an ihren französischen Besatzern.“ Kann man unterstellen, Miosga habe diesen – unmotivierten – Schmarren über das „Motto“ der Französischen Revolution spaßig gemeint? Es spricht nichts dafür. Ist anzunehmen, dass jeder der zwei Millionen Tagesthemen-Gucker sofort erkennen konnte, dass sie puren, logikfreien Blödsinn verzapfte? Eher nicht.

Wenn sich eine Moderatorin wie Miosga den Stoff für ihren Aufsager schon von der Internetseite eines Karnevalsvereins holt, sollte sie wenigstens sauber abschreiben können. „ELF“ lässt sich aus den Anfangsbuchstaben der Französischen Revolution bilden: „Egalité, Liberté, Fraternité“ – „Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit“.

Die weltbekannte „Losung“ beginnt mit dem Wort „Liberté“, in dieser Reihung ergäben die Anfangsbuchstaben jedoch nur ein sinnloses „LEF“, nicht das erwünschte „ELF“. Karnevalisten allerdings dürfen sich jedes Zitat für ihre harmlosen Zwecke zurechtbiegen. Aber der Französischen Revolution in den Tagesthemen allen Ernstes ein – obendrein verfälschtes! – „Motto“ anzudichten, wie in der Miosga-Moderation geschehen, lässt arge Rückschlüsse auf die Autorin und das Niveau der Tagesthemen zu. Ihre Behauptung, das Wort „Legalité“ (= Rechtsstaatlichkeit!) sei Teil des revolutionären Schlachtrufs gewesen, ist ein Armutszeugnis.

Die Französische Revolution (1789) begann bekanntlich als Hungerrevolte gegen den reichen Adel. Ein „Motto“ hatte sie nicht. Erst 50 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille wurde das anfeuernde „Liberté, Egalité, Fraternité!“ zur Leitidee der revolutionären abendländischen Zeitenwende erklärt. Mit „Liberté“ am Anfang, Miosga! Ohne „Legalité“ in der Mitte!

Auch unter aller Würde

Wenden wir uns, auf dass man uns keinen Antifeminismus unterstelle, dem Moderator Ingo Zamperoni zu, dem Strahlemann von der „Atlantik-Brücke“, solide transatlantisch abgerichtet im Verlauf seiner beruflichen Aktivitäten in den USA. Am 3. Januar 2019, am Tag, an dem die Volksrepublik China eine Sonde auf der „dunklen Seite“ des Mondes gelandet hatte, brachte er diese Spitzenleistung der Weltraumtechnologie mit folgenden Worten aufs Tagesthemen-Tapet:

„Dass chinesische Machthaber keine Scheu vor Großprojekten haben, bewiesen sie schon mit dem Bau der Chinesischen Mauer. Nun kreisen ihre ‚All’-Machtphantasien um den Mond. Als Erste haben die Chinesen nun eine Sonde auf der Mondrückseite gelandet, auf der Seite also, die wir Menschen von der Erde ausnie sehen …“

Mag sein, dass Zamperoni mit diesen albernen Sprüchen und Wortspielereien ein USamerikanisches Durchschnittspublikum beeindruckt hätte. Aber ein deutsches? Seine Sätze offenbaren Nonchalance, Arroganz und einen frappierenden Mangel an Nachdenklichkeit – und Allgemeinbildung. Die „Große Mauer“, mehr als 21 000 Kilometer lang, war nämlich gerade nicht Resultat von „Allmachtphantasien“ ihrer
Auftraggeber. Im Gegenteil, sie war Ausdruck des Schutzbedürfnisses des chinesischen Kaiserreichs, speziell des Kaisers Qin Shihuan; sie spiegelt die Furcht, das Reich könnte (u.a. von den Mongolen) überrannt und sein Herrscher umgebracht werden.19 Qui Shihuan hatte bekanntlich auch angeordnet, sein Leben nach dem Tod in einer Grabstätte von Tausenden lebensgroßer Terrakotta-Soldaten beschützen zu lassen…

Zamperoni: „Chinesen haben eine Sonde auf der Mondseite gelandet, die wir Menschen nie sehen…“ Der Chinese im Unterschied zum Menschen? Die fragwürdige Formulierung war ihm wohl einfach nur so herausgerutscht. Aber das ist der Punkt: Er belegt einen
erschütternden Mangel an Gespür und transportiert eine dickfellige Gedankenlosigkeit, für die es keine Entschuldigung gibt. Moderatoren haben ausreichend Zeit, den vom Teleprompter abzulesenden Inhalt sorgfältig zu formulieren und auszufeilen, und sie werden dafür auch erstklassig bezahlt. Mindestens 11 000 Euro monatlich für maximal 12 Auftritte vor der Kamera und 120 Schreibmaschinenzeilen pro Tag.
Freilich, solche Zamperoni-Schlenker sind nur kleine aber bezeichnende Offenbarungen im TV-Nachrichten-Unwesen der Westlichen Werte-Gemeinschaft. Die kann sich einfach nicht damit abfinden, dass die Volksrepublik China – unter Führung der Kommunistischen Partei – mittlerweile Spitzenpositionen einnimmt: in der Erforschung des Weltraums, in der Grundlagenforschung, in den Schlüsseltechnologien, bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Das wären Stichworte für angemessene Anmoderation zum Thema „Chinesische Mondsonde“. Dünkelhafte Wortspiele rund um den Schmähbegriff „Machthaber“ sind es nicht.

Wie es anfing und wo es endet

Wozu braucht eine Nachrichtensendung überhaupt Moderatoren? Warum genügt für die Präsentation der „Tagesthemen“ kein herkömmlicher Sprecher? Ursprünglich sollten die Moderatoren – anders als beim reinen Nachrichtenangebot der Tagesschau-Hauptausgabe 20 Uhr – „den Zuschauern ergänzende Informationen, übergeordnete Zusammenhänge und Hintergrundinformationen“ bieten.

So war ihre Aufgabe einst gedacht. Den Tagesthemen von heute ist das nicht mehr anzumerken. Nachrichten-Moderatoren gibt es im Ersten Deutschen Fernsehen seit 1978. Die bis dahin übliche „Tagesschau-Spätausgabe“ kurz nach 22 Uhr entfiel, statt ihrer wurden die
„Tagesthemen“ eingeführt, im wöchentlichen Wechsel präsentiert von Barbara Dickmann22 und Hanns-Joachim Friedrichs: sachlich, knapp, atmosphärisch dicht, journalistisch sauber und sprachlich präzise; ein seriöser, anschaulicher Faktenrahmen, hilfreich zur Einordnung des Weltgeschehens. Die Naheinstellung von beiden Moderatoren beherrschte den Bildschirm, Dickmann und Friederichs hampelten nicht in einer virtuellen Studiowelt herum, sie hatten nämlich dem Zuschauer tatsächlich „etwas zu sagen“.

Auch noch nach elf Jahren, im deutschen Schicksalsnovember 1989, machten Dickmann und Friedrichs die Tagesthemen zu einem informativen Ereignis, wie das Beispiel vom 9. November belegt. Vor der Kamera damals Hanns-Joachim Friedrichs: „Bundeskanzler Helmut Kohl ist heute Nachmittag um 15 Uhr in Warschau eingetroffen, zu einem sechstägigen offiziellen Besuch in Polen. Eine Reise, die
eine stürmische, für viele auch ärgerliche Vorbereitungszeit hatte, belastet durch Ungeschicklichkeiten bei der Zusammenstellung des Reiseprogramms, aber auch durch eine scharfe Kontroverse über den Beitrag des Kanzlers zur gemeinsamen deutsch-polnischen Erklärung zum Thema der polnischen Westgrenzen. Es ist zwar durch die Entschließung des Bundestages Klarheit geschaffen worden, gleichwohl hat man die Verkündung der ‚Gemeinsamen Erklärung’ erst einmal verschoben – auf den kommenden Dienstag. Aus Warschau berichtet Dierk Ludwig Schaaf…“

Das Zitat zeigt, wie knapp, distanziert aber adäquat ein qualifizierter Moderator selbst komplizierte Tagesthemen vermitteln konnte. Wenn eine Nachricht so dürftig und schlecht formuliert ist, dass sich ihre Relevanz nicht von selbst ergibt und erst von Moderatoren „hergestellt“ oder erfunden werden muss, dann nähern wir uns zügig dem aktuellen Tagesthemen-Standard. Wer dort einige Jahre lang serviert und Publizität gewonnen hat, weil regelmäßig auf dem Bildschirm, der kann auch Dummtalk moderieren – meinten die begnadeten NDR-Rundfunkräte. Und machen mit ihrem jüngsten Votum nach Anne Will die nächste Aufsagerin zur Millionärin.

Wie alle ARD-Talkshows wird nämlich auch die am Sonntagabend nicht vom öffentlichrechtlichen Sender kostengünstig selbst produziert, sondern für sündhaft teures Geld an eine private Produktionsgesellschaft vergeben. Derzeit ist das die Will Media GmbH, Berlin, mit Anne Will als Geschäftsführerin. Das Unternehmen erzielte im Schnitt der letzten Jahre einen Bilanzüberschuss von 1,7 Millionen Euro.

Die Herstellungskosten der Will Media für die Talkshow werden nicht veröffentlicht, sollen aber bereits 2011 satte 7,85 Millionen Euro betragen haben.26 Eine Grobschätzung sei gewagt: Wenn der NDR für Günter Jauch seinerzeit pro Jahr 10,5 Millionen Euro
hinblätterte, dann sind es jetzt für Anne Will 9 Millionen – und für Miosga werden es nicht weniger sein.

Wie auch immer: Als Eigenproduktion des NDR würde die Talkshow höchstens ein Viertel davon kosten. Talkshows sind nun mal eines der preisgünstigsten Sendeformate – wenn sie keinen privaten Profit abwerfen müssen. Verstehen Sie jetzt, warum ARD und ZDF ihre 8,32 Milliarden Euro Beitragseinnahmen  pro Jahr haben und trotzdem den Hals nicht vollkriegen?

Quellen:
1 https://www.presseportal.de/pm/165131/5547716
2 https://www.morgenpost.de/kultur/tv/article231868557/Anne-Will-Die-wichtigsten-Fakten-zurModeratorin.html
3 https://www.welt.de/fernsehen/article8458890/ARD-zahlt-Jauch-4487-18-Euro-fuer-jedeSendeminute.html
4 https://www.presseportal.de/pm/165131/5547716
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Sarah_Palin
6 https://de.wikipedia.org/wiki/Tucker_Carlson
7 https://www.hdaustria.at/blog/late-night/
8 https://www.anonymousnews.org/medien/korrumpiert-das-sind-die-deutschen-mitglieder-der-uslobbyorganisation-atlantikbruecke/
9 https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/tt-5633.html (ab Min. 04‘19“)
10 https://www.scinexx.de/news/geowissen/erde-kuehlt-schneller-ab-als-gedacht/
11 https://de.wikipedia.org/wiki/Hartwig_von_Mouillard
12 https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Gütt
13 https://de.wikipedia.org/wiki/Günter_Müggenburg
14 https://de.allexciting.com/lemon-festival-menton/
15 https://www.deutschlandfunk.de/zitronenfest-in-menton-100.html
16 https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/tt-ts-1138.html (ab Min. 20‘28“)
17 https://www.bergaer-carneval-verein.de/wissenwertes-volltexte-2/
18 https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-6475.html
19 https://www.bambooblog.de/die-faszinierende-chinesische-mauer/
20 https://www.skr.de/china-reisen/sehenswuerdigkeiten/terrakotta-armee/
21 https://de.wikipedia.org/wiki/Tagesthemen
22 https://www.spiegel.de/geschichte/barbara-dickmann-die-erste-moderatorin-der-tagesthemen-a949527.html
23 https://www.hanns-joachim-friedrichs.de/index.php/das-letzte-interview.html
24 https://www.youtube.com/watch?v=LP57Pt4g_0o ab Min. 33‘40“
25 https://de.wikipedia.org/wiki/Will_Media
26 https://de.wikipedia.org/wiki/Anne_Will_(Fernsehsendung)
27 https://www.merkur.de/wirtschaft/ard-zdf-deutschlandradio-beitraege-gebuehren-gezbeitragsservice-zr-92350415.html

Anmerkung der Autoren :

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

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Grafikquellen          :

Oben     —   Berichterstattung zur Bundestagswahl aus dem Hauptstadtstudio Berlin; Pressetermin am 20. Sept. 2013

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Unten      —       Eine sowjetische Wostok-Rakete, ein stärkeres Nachfolgemodell der R-7. Mit einer derartigen Rakete wurde die erste Mondsonde (Lunik-1) gestartet

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Neues aus DIE LINKE

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Juli 2023

Bundessanierungsprogramm für Schwimmbäder

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Quelle       :        Scharf  —  Links

Von DIE LINKE  –  Janine Wissler mit ihrem Konzept

Sanierungsbedürftige Schwimmbäder und massiver Personalmangel. Die Partei DIE LINKE schlägt ein Bundessanierungsprogramm vor.

Seit dem Jahr 2000 ist bundesweit jedes zehnte Schwimmbad geschlossen worden, das sind durchschnittlich mindestens 40 Bäder pro Jahr. Derzeit gibt es etwa 6.500 öffentlich zugängliche Bäder – Hallen, Frei-, Natur- und Schulbäder. Jedes zweite Schwimmbad muss saniert, genauer gesagt modernisiert werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die energetische Sanierung und die Schaffung von Barrierefreiheit. Der Sanierungsstau betrug laut einer Studie der Universität Wuppertal im Jahr 2016 bereits 4,5 Milliarden Euro und ist in den vergangenen Jahren weiter angewachsen, auch weil die von Bund und Ländern aufgelegten Programme viel zu gering waren bzw. sind.

Ein Problem: Die Kommunen sind dramatisch unterfinanziert, viele zum Sparen gezwungen. Weil Bäder freiwillige Leistungen der Kommunen sind, gehören sie oft zu den ersten Angeboten, die weggekürzt werden. Besonders betroffen sind also Gemeinden, die wenig Geld haben. 2017 hat der Bundesfinanzhof die Quersubventionierung der Schwimmbäder aus Gewinnen anderer kommunaler Betriebe als unvereinbar mit dem EU-Wettbewerbsrecht gerügt. Das EUGH hat bisher nicht dazu entschieden.

Das Bädersterben ist fatal. Deutschland entwickelt sich zu einem Land der Nichtschwimmer*innen. Immer weniger Kinder lernen schwimmen. Laut der DLRG sind derzeit sechs von 10 Kindern (58 Prozent) am Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer. Fast 300 Menschen ertranken 2021 in Deutschland, darunter 47 Kinder und Jugendliche. Ertrinken gehört inzwischen zu den häufigsten Unfalltodesursachen für Kinder.

Im Sommer fällt besonders auf, dass die Bäder fehlen. Vor allem Familien, die sich keinen Urlaub oder teure Ausflüge leisten können, sind in den Sommerferien auf Angebote in der Nähe angewiesen. Doch Schwimmbäder sind nicht nur wichtige Sport – und Freizeitangebote, Ausbildungsstätten für Rettungsschwimmer*innen sowie des Rehabilitations- und Gesundheitssports, sondern einer der wenigen Orte der Gemeinde, an denen noch alle zusammenkommen. Sie zu erhalten, ist deshalb ein Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft. Das kostet Geld – Schwimmbäder sind ein Zuschussgeschäft. DIE LINKE findet: Sie sind Teil der Daseinsvorsorge und dürfen nicht weggekürzt werden. Das Bädersterben muss gestoppt werden, wir wollen eine Trendwende: ausreichende Finanzierung für die Bäder und kostenlosen Eintritt für alle Kindern. Schwimmbäder und die Möglichkeit schwimmen zu lernen sollte als kommunale Pflichtaufgabe definiert werden. Bund und Länder müssen hier angemessen unterstützen.

Ein weiteres Problem ist der Personalmangel. Laut DLRG fehlen mindestens 2.500 Schwimmmeister*innen. Es fehlen Schwimmlehrer*innen, Rettungsschwimmer*innen, Übungsleiter*innen in den Vereinen und weiteres Personal in den Schwimmbädern. Es wird zu wenig ausgebildet, unattraktive Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung verschärfen das Problem. Auch das führt zum Ausfall von Schwimmunterricht sowie eingeschränkten Öffnungszeiten von Schwimmbädern und zu geringen Angeboten zum Training in Schwimmvereinen.

Rede zum Parteivorsitz, Parteitag der Partei DIE LINKE, February 2021

Die Partei DIE LINKE fordert ein Bundessanierungsprogramm „SOS-Seepferdchen“

  1. Wir brauchen ein Bundessanierungsprogramm für eine in allen Regionen des Landes bedarfsgerechte Ausstattung mit modernen, ökologischen und barrierefreien Schwimmbädern. Mit einem „Goldenen PlanSportstätten“ sollte der Sanierungsstau durch Modernisierungen und Neubau in den folgenden 15 Jahren gemeinsam durch Bund, Ländern und Kommunen abgebaut werden. Der Bund sollte sich daran mit mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr (darunter mindestens 500 Millionen für Schwimmbäder) beteiligen.
  2. Ein Bonusprogramm für Kommunen, die Schwimmbäder zur Verfügung stellen – Kommunale Schwimmbäder sind als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge dringend erforderlich. Die Länder müssen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs einen dauerhaften und berechenbaren Bäderbonus einführen und dies aus Landesmitteln finanzieren. Der Bonus soll jährlich den Schwimmbad betreibenden Kommunen zugutekommen, insofern diese einem Schwimmbad als tragende Gesellschaft beteiligt sind.
  3. Sofortige Umsetzung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz zum Schwimmunterricht vom 04. Mai 2017. Allen Schülerinnen und Schüler ist die Teilnahme am Schwimmunterricht zu ermöglichen, mit dem Ziel, dass alle Kinder bis zum Ende der Primarstufe sicher schwimmen können.
  4. Kostenloser Zugang für Kinder: Wir wollen, dass alle Kinder ticketlosen Zugang zum Freibad haben – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Weiterhin sind finanziell benachteiligte Familien weitere Unterstützung, zum Beispiel durch Bereitstellung von Badebekleidung und Übernahme von Eintritts- und Fahrtkosten sowie Mitgliedsbeiträgen in Schwimmvereinen zu gewähren.
  5. Anerkannte Sportorganisationen, Schulen und Hochschulen sollen das Recht haben, Schwimmbäder sowie andere Spiel- und Sportanlagen öffentlicher Träger für den Übungs-, Lehr- und Wettbewerbsbetrieb unentgeltlich zu nutzen.
  6. Ehrenamtliches Engagement als Übungsleiter*in oder Rettungsschwimmer*in muss dringend stärker gefördert werden, u.a. durch Anerkennung ihrer Ausbildung als Bildungsurlaub in allen 16 Bundesländern.

Für DIE LINKE ist klar: Solange Bund, Länder und Kommunen in Deutschland keinen vernünftigen Schulsport und Schwimmunterricht absichern können und die Sportsta?ttensanierung nicht endlich voranbringen, werden wir uns nicht fu?r weitere deutsche Olympiabewerbungen engagieren.

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben      —       Freibad in Grins

Unten      —           Rede zum Parteivorsitz, Parteitag der Partei DIE LINKE, February 2021

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Inflation, mehr Arbeitslose

Erstellt von DL-Redaktion am 2. Juli 2023

Hinter der linken Fassade mehr Profit

Das selber Fressen hat den Politiker-innen immer volle Mägen beschert.

Quelle       :    RATIONALGALERIE

Autor        :    Uli Gellermann

Pünktlich zu den allgemeinen sozialen Deformationen im Rahmen der Wirtschaftskrise bietet der Staat ein Beruhigungs-Geld in Form einer Rentenerhöhung an. Dass die Rentenerhöhung an die Erhöhung des Beitrags der Pflegeversicherung gekoppelt ist, mindert den Reklame-Effekt erheblich.

Dass die Rentenerhöhung deutlich hinter der Inflationsrate zurückbleibt, sagt sogar das Bundessozialministerium. Dem steht Hubertus Heil vor: Ein sozialdemokratisches Symbol für den Beamtenspeck. Deutlich dicker wurde auch die SPD-Frau Nahles – versorgt mit einem Job bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie weiß zu sagen: „Die schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spüren wir nun auch auf dem Arbeitsmarkt“. Sie selbst spürt natürlich gar nichts.

Maden im Speck

Nichts spürt auch Yasmin Fahimi, die Chefin des DGB. Von der hört man zur wachsenden Arbeitslosigkeit gar nichts. Klar, die Sozialdemokratin Fahimi war schon mal Generalsekretärin der SPD, Mitglied des Bundestages und Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Da ist die Rente schon mal sicher. Die Maden im Speck würden sich überfressen fühlen, wenn sie so gut versorgt würden, wie die staatlichen Sozialdemokraten. Fahimi gilt als links. Die ganze SPD gilt als links, die Grünen auch; wann wird die CDU ihre linken Ansprüche anmelden?

Notopfer für die Ukraine

Es sind solche „Linke“, die zur Zeit das Land in die Krise steuern, weil sie sich im Kampf gegen die Russen weigern, deren preiswerte Energie zu kaufen. Zwei bedeutenden Sektoren der Wirtschaft, der Chemie- und der Energie-Industrie, wird die Grundlage beschädigt. Man muß nicht Wirtschaftswissenschaftler sein, um zu wissen, dass ein solcher Crash-Kurs zu Arbeitslosigkeit und Inflation führt. Aber wer in den deutschen Medien sitzt, der darf das nicht wissen, der verkauft diese Sabotage der Ökonomie als Kampf für die Menschenrechte, als Notopfer für die Ukraine.

Wohltätigkeitsorganisation NATO

Spätestens seit dem SPD-Kanzler Schröder, der den Bürgern „Hartz Vier“ als „Reform“ verkauft hat, werden die Medien von einem perversen Neusprech beherrscht. Ein Sprech, der Ursachen verhüllen und soziale Gemeinheiten als Wohltaten verkaufen soll. Mit der Behauptung, die Ukraine sei ein Opfer und die NATO eine Wohltätigkeitsorganisation zur Friedenssicherung, ist ein neuer Höhepunkt erreicht: Die Waffen-Lieferungen in die Ukraine sollen dem Frieden dienen. Davon, dass sie der Waffenindustrie Rekordgewinne bescheren, ist nicht die Rede.

Rüstung gegen Kinder

Dem nächsten SPD Specknacken sprengt der Kehlkopf auch bald Kragen und Schlips !

Von der Inflation und der Arbeitslosigkeit sind die Kinder besonders betroffen: In Deutschland leben rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche „in relativer Einkommensarmut“, erzählt die Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den GRÜNEN mit spitzem Mündchen. Zwölf Milliarden Euro will die Bundesregierung vielleicht für eine „Kindergrundsicherung“ ausgeben. Dass 100 Milliarden „Sondervermögen“ für die Bundeswehr eine absolute „Grundsicherung“ für die Kriegsvorbereitung bedeuten und dass die 100 Milliarden, dem wirtschaftlichen Kreislauf entzogen, einen wesentlichen Beitrag zur schäbigen sozialen Lage im Land leisten, das findet im Neusprech einfach nicht statt. Die eleganteste Form der Manipulation ist immer noch das Schweigen.

Idelogische Energiepreise

Immer mehr Firmen ziehen so viel Geld aus Deutschland ab wie noch nie und investieren im Ausland. Das geht aus Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Das ist das Resultat einer De-Industrialisierung, die im Wesentlichen ein Ergebnis der ideologisch motivierten Erhöhung der Energiepreise ist. Hinzu kommt eine marode Infrastruktur. Wer mit der Deutschen Bahn fährt, kann ein Lied davon singen. Der Verschleiß der Deutschen Bahn hat ebenfalls ideologische Ursachen: „Privat geht vor Staat“ war der Hauptslogan der sozialdemokratischen Modernisierer, der von CDU, GRÜNEN und FDP bis heute beklatscht wird.

„Profit“ kommt im Neusprech kaum vor

Das Wort „Profit“ kommt im Neusprech kaum vor. Dass von der Rüstung ebenso profitiert wird wie von der Privatisierung, wollen die Medienregisseure nicht wissen lassen. Die immer ärmer werdenden und vom Krieg bedrohten Menschen könnten ja die Ursachen für ihrer prekäre Situation begreifen. Das wäre eine gefährliche Erkenntnis für das Machtgefüge. Aber solange die Legende von „linken“, also sozial und pazifistisch orientierten Parteien geglaubt wird, ist das Land vom Begreifen weit entfernt.

Urheberrecht

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Grafikquelle :

Oben      —         Bundesminister Hubertus Heil während einer Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 2. Juli 2020 in Berlin.

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Unten       —          Secretary of Defense Lloyd J. Austin III is greeted upon arrival to the Ministry of Defense in Berlin by German Defense Minister Boris Pistorius and Ambassador Amy Gutmann Jan 19, 2023. (DoD photo by U.S. Air Force Tech. Sgt. Jack Sanders)

U.S. Secretary of Defense – 230119-D-XI929-1011

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Die Politik der Inlandsspione

Erstellt von DL-Redaktion am 2. Juli 2023

Kritik am deutschen Verfassungsschutz

Von Till Schmidt

Der Journalist Ronen Steinke nimmt in seinem Buch den Verfassungsschutz ins Visier – vor allem dessen große Macht, im Inland Personen auszuspionieren.

Im Vergleich zu anderen liberalen Demokratien ist der deutsche Verfassungsschutz ein Unikum. Trotz ähnlicher Bedrohungen, wie sie etwa in den USA, Frankreich oder in Österreich vor allem von Rechtsextremen ausgehen. Das FBI, der Inlandsgeheimdienst DGSI oder die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst sind anders konzipiert.

Ronen Steinke hat nun ein neues Buch veröffentlicht, das sich mit den Aufgaben und der Funktionsweise der hiesigen Verfassungsschutzämter beschäftigt. Man könnte auch von einem pointierten Profil sprechen, das der Jurist, Journalist und Buchautor angelegt hat: Auf knapp 200 Seiten geht Steinke mit den gewachsenen Strukturen, dem Selbstverständnis und dem konkreten Agieren der Verfassungsschutzämter ins Gericht – und das mitunter sehr hart.

Steinke schildert anschaulich, wie folgenreich etwa eine Nennung in den Verfassungsschutzberichten für Organisationen und ihnen angehörende Einzelpersonen ist. Ein bekanntes Beispiel aus den letzten Jahren ist der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Anti­faschisten), dem durch eine später wieder rückgängig gemachte Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit exis­tenzgefährdende Steuernachzahlungen drohten.

Oder Klimaaktivist:innen, die von manchen Ämtern gar nicht wegen ihrer Protestmethoden, sondern schon wegen politisch relativ gemäßigter Forderungen als „Verfassungsfeinde“ gelten.

An den Grundrechten rütteln

Die Argumentationen, die zu solchen Einschätzungen seitens der Behörden führen, sind häufig alles andere als stichhaltig. Bei genauerem Hinsehen würden die als Beweis für eine Verfassungsfeindlichkeit angeführten Aussagen häufig sogar solide auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Denn wirtschaftspolitisch ist das Grundgesetz eigentlich „ziemlich offen“, schreibt Steinke. Zentral sei vielmehr die politische Diskreditierung von unliebsamen politischen Akteuren.

Zentral sei vielmehr die politische Diskreditierung

Seehofer musste gehen und ließ den Haldenwang allein im Regen stehen ?

Steinke geht es nicht unbedingt darum, politisch Partei zu ergreifen für die von den Behörden ins Visier genommenen Gruppen. Als Verteidiger eines liberalen Rechtsstaates stört er sich vor allem daran, wie stark mitunter an Grundrechten wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gerüttelt wird sowie linke und rechte Gruppierungen mit Doppelstandards beurteilt werden. Steinke kritisiert die deutschen Verfassungsschutzämter als „Politik-Beobachtungs-Geheimdienst“.

Aspekte wie behördliche NS-Kontinuitäten, die Zeit des „Radikalenerlasses“ oder die Mordserie des NSU behandelt Steinke relativ knapp. Besonders spannend sind die Kapitel zur digitalen Quellen-Überwachung und der Präsenz der Ämter in den sozialen Medien. Hierfür hat sich Steinke auch mit Agenten und ehemaligen Mitarbeitern getroffen. An diesen Stellen liest sich das Buch teils wie eine Reportage.

Quelle        :        TAZ-online         >>>>>       weiterlesen 

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Grafikquellen          :

Oben     —     Buildung of the Federal Office for the Protection of the Constitution in Berlin

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Irgendwas mit Internet:

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Juni 2023

Der Schlüssel für Open Source in den Verwaltungen ist das Vergaberecht

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Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Kolumne von 

Ein Grund für zu wenig Open-Source in der Verwaltung ist das Vergaberecht. Es muss auch eine politische Entscheidung sein, welche digitalen Infrastrukturen man betreibt und nutzt.

Wir haben 2023 und die meisten von uns haben, abgesehen von ELSTER, in der Regel noch nie eine funktionierende digitale Behördenanwendung in freier Wildbahn gesehen. Dabei sollte längst alles digitalisiert sein und zwar schon seit Jahrzehnten. Aber das ist nicht das Thema meiner Kolumne und Lilith Wittmann hat auf der vergangenen re:publica schon viel zu diesem Aspekt gesagt.

Mir geht es um den Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung, einem Thema, das mich schon länger beschäftigt als es dieses Blog mit der passenden Domain gibt. Denn schon am Anfang dieses Jahrtausends gab es eine Debatte darüber, dass der Einsatz von Open-Source-Software bei der Digitalisierung der Verwaltungen viele Chancen biete. Das Bundesinnenministerium hatte dazu sogar einmal ein Referat eingerichtet.

Diskutiert wurde vor allem über den Umstieg bei den Betriebssystemen und Office-Programmen, um unabhängiger von Microsoft zu werden. Das Unternehmen dominierte damals den Markt wie kein anderes und verdiente gut durch die Abhängigkeit und damit verbundene Lizenzgebühren für die Nutzung ihrer Software von der Stange. Vom Unternehmen angeworbene ehemalige CDU-Politiker machten Lobbying für Microsoft gegen Linux und sorgten für viele Jahre dafür, dass sich unter der Merkel-geführten Bundesregierung nichts änderte.

Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen

Die Ampel-Koalition überraschte mit einem ambitionierten Koalitionsvertrag, der zumindest kurzfristig etwas Hoffnung gab. Diese ist mittlerweile bei den meisten Beobachter:innen weitgehend verschwunden, aber noch immer finden sich spannende Versprechungen im Koalitionsvertrag, die man mal mit Leben füllen könnte, wie z.B.

„Für öffentliche IT-Projekte schreiben wir offene Standards fest. Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht.“

Das war und ist eine Forderung, die bereits 25 Jahre alt ist und immer wieder aus der Open-Source-Welt und der digitalen Zivilgesellschaft in die Politik reingebracht wurde. „Public Money, Public Code“ heißt die passende Kampagne der Free Software Foundation Europe dazu, hinter der alle stehen. In Kurzform heißt das einfach: Öffentlich-finanzierte Software, also durch Steuergeld finanzierte Software sollte möglichst allen wieder zur Verfügung stehen. Und das als Default und nicht als mögliche Option.

Bisher ist es anders herum und nur in Einzelfällen war es hochmotivierten Menschen manchmal möglich, viele Widerstände zu umgehen. Dabei lagen die Vorteile von Open-Source-Software schon lange auf der Hand: Der Aufbau von Ökosystemen wird erleichtert, Verwaltungen auf allen Ebenen können sich zusammenschließen, gemeinsame Infrastrukturen betreiben und Weiterentwicklungen finanzieren. Daraus ergibt sich auch eine Herstellerunabhängigkeit – oder auf Neudeutsch ganz viel „digitale Souveränität“.

Public Money, Public Code

Eine der größten Hürden war und ist das Vergaberecht. Gegner von Open-Source-Software bezogen sich immer darauf, dass man ja niemand benachteiligen dürfe, der keine Open-Source-Software nutzt und verkauft. Und damit wurde immer das Steuerungselement boykottiert, denn es ist einfach eine politische Frage, auf welcher Basis die eigenen digitalen Infrastrukturen funktionieren sollen!

Die Diskussion über eine Reform des Vergaberechts ist alt und geht weit zurück hinter der Münchener Linux-Entscheidung. In den Nuller-Jahren gab es dazu auch Anhörungen im Bundestag, aber die Microsoft-nahe CDU/CSU verhinderte jede Reform.

Die Folgen kennen wir: Massive Lock-In-Effekte und Abhängigkeiten von Microsoft, das die Lizenzkosten immer weiter anhebt. Es gibt in den Verwaltungen kaum Personal, dass auch mal in anderen IT-Infrastrukturen außerhalb der Windows-Welt denken und klicken kann. Das zusammen ist ein Teufelskreis.

Aber Microsoft ist auch nur ein Nutznießer, wenn auch der mit Abstand absolut Größte. Im vergangenen Sommer veranschaulichten Ulf Buermeyer und Philip Banse in ihrem Podcast Lage der Nation, wie es um Teile unserer eGovernment-Infrastruktur steht: „Keine weiteren Fragen“. Sie besuchten im Rahmen eines Roadtrips für zwei Podcast-Folgen Verwaltungen und ließen sich zeigen, wie die Software vor Ort funktioniert und welche Abläufe damit abgebildet werden.

Eines der Hauptprobleme: Softwareunternehmen verkaufen geschlossene Lösungen für ein Problem und haben bisher kein Interesse, dass ihre Software durch Offene Standards mit anderen Lösungen kommuniziert. Die Folgen sind Ausdrucken und Einscannen zwischen Fachanwendungen. Das klingt wie Realsatire, beschreibt aber den Status Quo in Deutschland in Sachen eGovernment im Jahre 2023.

Man ist nicht mal auf den Gedanken gekommen, die Hersteller solcher Fachanwendungen zu offenen Standards zu verpflichten, was das mindesteste hätte sein müssen!

Das Vergaberecht richtig reformieren

Das muss sind endlich ändern. Die CDU/CSU ist gerade nicht mehr in der Bundesregierung, die Debatte ist wieder eröffnet und das Wirtschaftsministerium arbeitet gerade an einer Reform des Vergaberechts. Im vergangenen Monat zeichnete die Open Source Business Alliance in einem in Auftrag gegebenen Gutachten verschiedene Optionen auf, wo der Gesetzgeber an welchen Stellschrauben drehen könnte. Einige Bundesländer wie Thüringen und Schleswig-Holstein sind da schon weiter und haben das schon längst geregelt.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf beauftragte den wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, in einem Gutachten aufzuarbeiten, wie diese Frage, die ja auch eine europarechtliche Frage ist, in unseren EU-Partnerstaaten gelöst wird. Das Ergebnis gibt Hoffnung, es gibt sehr viele Möglichkeiten, der Tenor ist: Man muss es nur wollen und dann machen.

Was klar ist: Es gibt nicht die einzelne große Schraube, aber der Status Quo muss nicht bleiben. Was fehlt ist erst mal der politische Wille auf allen Ebenen, das Versprechen des Koalitionsvertrages und vieler anderer aktueller Papiere zur Verwaltungsmodernisierung auch umzusetzen. Und Open-Source-Software und Offene Standards überall dort zu bevorzugen, wo es geht. Vielleicht wird es dann auch mal was mit der Digitalisierung der Verwaltung – wenn man parallel den Kompetenzaufbau innerhalb der Behörden nicht vergisst.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Linke wohin des Weges?

Erstellt von Gast-Autor am 20. Juni 2023

Beitrag zur Wagenknechts – Neue Partei 

Von Wolfgang Gerecht, 19. 06.2023

Von den Super-Politik-Expert-innen ist noch kein konstruktiver Beitrag zur Stärkung der darniederliegenden Partei (Nicht nur im Saarland) zu lesen.

Frau Wißler und Herr Schirdewan könnten, Stand heute, lediglich ein Mitglieder-Rückgang auf ca. 50.000 vermelden. So jedenfalls war es im TAZ-Interview (23.04.23) mit dem (noch) parlamentarischen Geschäftsführer, Korte, unwidersprochen benannt worden. BdZ ließ verlauten, dass die von ihm ermittelten Zahlen sich auf etwa 52.600 belaufen würden.

Wer auch immer näher an der „Wahrheit“ liegt, Frau Wißler hat vor kurzer Zeit trotzig verkündete, es seien schon wieder – nach dem verkündeten Wagenknecht-Aus – die ersten Neueintritte zu vermelden. Wieviele es sein sollen, hat sie vorsorglich noch für sich behalten.

DIE „LINKE“ im Saarland, so wurde im KLH geraunt, soll jetzt gerade noch etwa 1.350 Mitglieder zählen, wobei die Altersstruktur der Mitgliedschaft Sorge bereitet.

Statt dem ausführlichen und sehr zahlreichen Gemecker über das Ehepaar Lafontaine-Wagenknecht, wäre es „zielführender“ wenn die selbsternannten „echten“ LINKEN im DL-Saarland den geschäftsführenden LAVO mit Frau Spaniol an der Spitze und ihren weiblichen Mitstreiter Innen, Neumann, Ensch-Engel, Geißinger und den Herren Mannschatz, Bierth und Neumann tatkräftig vor Ort zu unterstützen, um die Zeit bis zur bevorstehenden Kommunalwahl im Jahr 2024 konstruktiv für ein gutes Ergebnis zu nutzen.

Selbstredend würden die „echten“ LINKEN dadurch auch ein zufriedenstellendes Wahlergebnis bei den gleichzeitig stattfindenden Europawahlen schaffen können. Vielleicht sogar in Konkurrenz zu einer – wenn es sie bis dahin gibt – Wagenknecht-Partei.

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Politik, News, Bundesparteitag Die Linke: die neu gewählten Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler

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Band „Rammstein“

Erstellt von DL-Redaktion am 16. Juni 2023

Keine Bühne für Rammstein

Wem sind die Flügel wichtig wenn es im Kopf fehlt.

Von    :    Jimmy Bulanik

Die Staatsanwalt Berlin ermittelt in einem Offizialdelikt nach www.gesetze-im-internet.de/stgb/__177.html Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung wegen eines Anfangsverdachtes nach Legalitätsprinzip, § 152, Abs. 2 gegen sechzigjährigen Till Lindemann, der Band „Rammstein“ nach mehrer Strafanzeigen und Strafanträgen wegen in aller in Betracht kommenden Delikten.

Diverse natürliche Personen erheben gänzlich ernste Vorwürfe in der Sache. Für die Staatsanwaltschaft Berlin sind dies Zeuginnen. Es obliegt der Justiz die Stärke dieser Zeuginnen zu bewerten. Aufgrund der Historie, Texte, Videos und Auftritte gibt es keine Zweifel respektive der Geisteshaltung diese Narrative sind.

Die Britta Häfemeier hat auf Campact e.V. eine Petition gestartet. Der Titel lautet, „Keine Bühne für Rammstein“.

Quelle:

weact.campact.de/petitions/keine-buhne-fur-rammstein

An: Iris Spranger (Senatorin für Inneres und Sport), Joe Chialo (Senator für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt), Timo Rohwedder (Geschäftsführer Olympiastadion Berlin GmbH)

Der Rammstein-Sänger Till Lindemann soll junge Frauen bei Konzerten reihenweise und systematisch sexuell missbraucht haben [1].

Die Band lässt sich weiter feiern – momentan ist sie in ganz Europa auf Tour. Mitte Juli kommt Lindemann nach Berlin und spielt an drei ausverkauften Abenden vor 75.000 Menschen im Olympiastadion. Doch solange die Vorwürfe nicht geklärt sind, sind Konzerte der Band kein sicherer Ort für Mädchen und Frauen. Jetzt gilt es zu zeigen, dass Berliner*innen mutmaßlichen Tätern #KeineBühne bieten.

Machtmissbrauch und patriarchale Strukturen in der Medien- und Kulturbranche sind kein Einzelfall. Wir glauben den Opfern von sexualisierter Gewalt – immer und überall!

Das Olympiastadion ist im Besitz des Landes Berlin. Damit ist die rot-schwarze Landesregierung in der Verantwortung: Sie kann sich dafür einsetzen, dass das Olympiastadion die Verträge mit Rammstein kündigt. Die zuständigen Senator*innen Spranger und Chialo müssen jetzt handeln. Die Übergriffe dürfen sich nicht wiederholen. Die Rammstein-Konzerte müssen abgesagt werden! Berlin darf nicht zum Ort für sexuellen Missbrauch werden! Wir feiern keine Täter!

Warum ist das wichtig?
In ganz Europa geht Rammstein auf Tour. In Berlin haben wir gute Chancen, die Konzerte zu stoppen. Denn hier gibt es eine ganz konkrete Handhabe über die Landesregierung. Wenn wir in Berlin Erfolg haben, kann das auch private Betreiber von Eventlocations in anderen Städten unter Druck setzen. Jeder Raum weniger für die Machenschaften von Lindemann zählt!

Es muss endlich Konsequenzen für Täter geben! Es kann nicht sein, dass Till Lindemann sich in Berlin feiern lässt. Ein Rammstein-Konzert ist KEIN SICHERER Ort.

Erstunterzeichner*innen:

Gender Equality Media e.V. – Gegen medialen Sexismus
Kali Feminists – §218 und §219a wegstreiken
KEINE SHOW FÜR TÄTER
Women For Change
Gynformation
Pinkstinks germany e.V

Alle Leserinnen und Leser haben das freie Recht sich mit den Zielen der Petition mittels der Unterzeichnung und Verbreitung zu solidarisieren. Es handelt sich dabei um ein sakrosantes Grundrecht. Nicht jede Gesinnung ist eine legitime Grundlage für ein Geschäftsmodell, die Maximierung von Profit.

Die Solidarität ist eine erstrebenswerte Tugend, welche durch die eigene Zivilcourage mit Leben gefüllt wird.

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Grafikquellen          :

Oben     —     Rammstein, playing „Engel“ in Mexico City, May/27/2011

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Scientist Rebellion

Erstellt von DL-Redaktion am 13. Juni 2023

Erster Professor wegen Klimaprotest vor Gericht

Blockade Kronprinzenbrücke durch Science Rebellion, Berlin, 06.04.2022 (51990580737).jpg

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Scientist Rebellion

Am 20. Juni 2023 um 9.30 Uhr wird der Klimaprotest von Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim am Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, 10557 Berlin, in einem öffentlichen Gerichtsverfahren verhandelt.

Der Geologie-Professor, der an der Universität Bonn forscht und lehrt, nahm am 06. April 2022 gemeinsam mit elf weiteren Wissenschaftler:innen an der Blockade der Kronprinzenbrücke nahe des Regierungsviertels in Berlin teil. Soweit uns bekannt, handelt es sich im Zuge der immer zahlreicher werdenden Klimaproteste um die erste Gerichtsverhandlung in Deutschland, bei der ein Professor aufgrund seiner Beteiligung angeklagt wird.

Anlass des Protests von Scientist Rebellion war die Veröffentlichung des dritten Teils des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarates zwei Tage zuvor. Dieser Bericht machte mehr als deutlich, dass es keinen plausiblen Weg mehr gibt, unter 1,5 °C Erderhitzung zu bleiben. Die Regierungen, inkl. der deutschen, haben damit die sichere Klimazone nicht verteidigt. Prof. Froitzheim, der an der Universität Bonn regelmäßig über die Klimakrise lehrt und eine öffentliche Ringvorlesung zu diesem Thema abhält, sieht seine Beteiligung an Klimaprotest-Aktionen des zivilen Ungehorsams als durch den Klimanotstand gerechtfertigt an, unter anderem zum Schutz seiner drei Enkelkinder. Die Anklage gegen den 65-Jährigen aufgrund seiner friedlichen Straßenblockade lautet auf versuchte Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Der Strafprozess fügt sich ein in eine Reihe von Gerichtsverhandlungen wegen Klimaprotesten von Wissenschaftler:innen der Initiative Scientist Rebellion, die seit Februar diesen Jahres laufen. Am 09. Mai stand der promovierte Physiker Dr. Michael Hofmann aufgrund seiner Teilnahme an drei Klimaprotest-Blockaden in Berlin vor Gericht.

„Als Physiker sehe ich die bittere Notwendigkeit, die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf Null zu bringen, weil wir in den letzten Jahrzehnten wiederholt unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben.“, erklärt Dr. Hofmann. „Ansonsten würden wir das Pariser Klimaschutzabkommen nicht einhalten und Dynamiken in Gang setzen, welche wir später nicht mehr rückgängig machen können.“

Die Richterin sprach Dr. Hofmann in allen Punkten frei. Sie zeigte Verständnis für die Beweggründe des Angeklagten, ging jedoch nicht weiter auf das Thema ein. „Die Grenze zwischen aktivem und passivem Widerstand verschwimmt“, so die Richterin, „wenn leichte Behinderungen durch Ankleben oder Anketten Gewalt darstellen soll. Beides ist in meinen Augen gleichrangig mit wegtragen lassen und damit straffreier, passiver Widerstand.“

Ebenfalls im Mai wurde vor dem Amtsgericht München der Klimaprotest der promovierten Epidemiologin, Ökotrophologin und Mutter zweier Teenager Dr. Cornelia Huth verhandelt, die im Oktober 2022 an einer Straßenblockade von Scientist Rebellion in der Münchner Innenstadt teilgenommen hatte. Das Gericht unterstellte die beiden Beweisanträge zur Gefahr durch die Klimakrise und zur Wirksamkeit von Aktionen zivilen Ungehorsams als wahr. Zudem betonte die Richterin, dass es auf sie Eindruck mache, wenn sich hochgebildete Wissenschaftler:innen an den Klimaprotesten beteiligten. Dennoch sprach sie Frau Dr. Huth und ihre beiden Mitangeklagten Pater Dr. Jörg Alt und Luca Thomas der Nötigung für schuldig und verhängte eine Strafe in Höhe von je 10 Tagessätzen – ein Strafmaß, das deutlich unter der Forderung des Staatsanwaltes lag.

Prof. Froitzheim, Dr. Hofmann und Dr. Huth betonen, dass sie mit ihrem Protest nicht nur auf den rasanten Zusammenbruch eines stabilen Klimas und die nicht annähernd ausreichenden Gegenmaßnahmen der Regierung aufmerksam machen möchten, sondern auch verdeutlichen wollen, dass die Klimaproteste der breiteren Klimabewegung legitim und aufgrund der immer größeren Dringlichkeit und existenziellen Bedrohung sogar erforderlich sind.

Prof. Marco Bohnhoff, Geophysiker am GeoForschungsZentrum Potsdam, sagt dazu: „Es besteht eine überwältigende Einigkeit in der Wissenschaft über die Notwendigkeit, umgehend Maßnahmen zu ergreifen. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass die Politik nicht verfassungskonform agiert. Dass nun diejenigen, die im Rahmen von zivilem Ungehorsam darauf hinweisen, vor Gericht gestellt werden und im wahrsten Sinn aus dem Verkehr gezogen werden, kann ich nicht gutheißen. Deswegen unterstütze ich meinen Kollegen Prof. Froitzheim und die Aktivist:innen von Scientist Rebellion.“

Die Bonner Geographie-Professorinnen Nadine Marquardt und Lisa Schipper haben einen offenen Brief mit dem Titel „Protest gegen die Klimakrise darf nicht kriminalisiert werden. Solidarität mit Professor Niko Froitzheim“ geschrieben, der bereits von zahlreichen Wissenschaftler:innen aus dem In- und Ausland unterzeichnet wurde.

Direktlink Offener Brief: https://docs.google.com/document/d/1c4Ko0CQC-tLvDptJBzyF1nBaHtWB5vxplYmGdyw5FEg/edit

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben      —   Blockade Kronprinzenbrücke durch Science Rebellion, Berlin, 06.04.2022

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Unten        —         Aktivist von Scientist Rebellion wird von der Polizei nach Brückenblockade unter Anwendung von Schmerzgriffen abgeführt. Sein nackter Fuß schleift über den Asphalt. Kronprinzenbrücke, Berlin, 06.04.22

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Die bunte Linke

Erstellt von DL-Redaktion am 10. Juni 2023

Zu Ramstein, Lafontaine und DIE „LINKE“ imBund und Saarland

Ein Kommentar von Wolfgang Gerecht,

Die Bewegungs-Linken und Regierungs-Sozialisten im Partei-Vorstand mit den beiden Vorsitzenden weigern sich schon seit der BTW vom 26.09.2021 eine Analyse der verheerenden Wahlniederlage zu erstellen. An der Spitze der Verweigerer, die Spitzen-Kandidatin Frau Wißler, die damals als Wahlziel 10% angegeben hat.

Wir alle wissen, es wurden klägliche 4,9%. Die aktuellen Umfragewerte pendeln seitdem zwischen 5% und 4%.

Herr Schirdewan schwadroniert mit einer „Beschwerde“ über Frau Wagenknecht, dass deren Verhalten eine „Respektlosigkeit“ gegenüber den Mitgliedern sei, die sich täglich für deren Inhalte einsetzten.

Ein sich „tägliches Einsetzen für n e b u l ö s e „Inhalte“ ist ein Mißbrauch des Vertrauens von „gutgläubigen“ Mitgliedern. Dass die Partei unter Vorsitz von Wißler und den Thüringern Hennig-Wellsow und Schirdewan sage und schreibe, 6.467 Mitglieder in nur e i n e m Jahr (2022) verloren hat, davon ist von Herrn Schirdewan n i c h t s zu hören.

„Respektlosigkeit“ gegenüber den Mitgliedern kann sich der „Bewegungsorientierte und Mit-Regierende“ Partei-Vorstand wirklich auf seine „Fahne“ schreiben.

Auch auf dem Internet-Blog „Demokratisch-Links“ der vorwiegend von wirklichen und vermeintlichen „echten“ Linken aus dem Saarland besucht und kommentiert wird, gibt es nichts Wichtigeres in der saarländische (kleinen) Welt, als sich an Frau Wagenknecht und deren Herrn Lafontaine abzuarbeiten.

Der geplante Auftritt von Herrn Lafontaine am 24.06.2023 in Ramstein (www.stoppramstein.de) wird sogar von dem saarländischen Bundestagsabgeordneten, Herrn Lutze, mit 10 von ihm gespendeten Frei (Fahr) Karten gefördert. Das bedeutet, dass Herr Lutze, einen diesbezüglichen übergeordneten politischen Blick für das Anliegen, welches in Ramstein öffentlich vertreten wird, hat.

Er steht sicherlich außer jedem Verdacht ein (persönlicher) Anhänger von Herrn Lafontaine zu sein. Also, was soll das „Gemecker“ der „Kritiker Innen“ über den OLAF-Auftritt in Ramstein?

Fotos von Mitfahrer Innen an den Saarland-Haltestellen zu machen und die Anregung „Tomaten zu sammeln“ zeigt das politische Niveau dieser Kommentatoren und nebenbei derer (demokratischen) Charakter-Eigenschaften. Das sich ständig wiederholende Meckern über Frau Wagenknecht und deren angeblich NRW (BTW)-Wahlergebnis, führt doch auch nicht weiter.

Sinnvoller für die selbsternannten „echten“ LINKEN im DL-Saarland wäre es doch, den geschäftsführenden LAVO mit Frau Spaniol an der
Spitze und ihren weiblichen Mitstreiter Innen, Neumann, Ensch-Engel, Geißinger und den Herren Mannschatz, Bierth und Neumann tatkräftig vor Ort zu unterstützen, um die Zeit bis zur bevorstehenden Kommunalwahl im Jahr 2024 konstruktiv für ein gutes Ergebnis zu nutzen.

Ausweislich der vielen Fotos mit den entsprechenden Erläuterungen auf https://dielinkesaar.de/index.php?id=Blog zeigt doch die umfangreiche und ständige Aktivität der saarländischen Parteiführung
in Sachen Präsenz in der „Öffentlichkeit“, bei den Wahlberechtigten.

Bleibt noch anzumerken, dass auch die Vorsitzende der SAAR-LINKEN selbst über „ihren“ Kreisverband Saar-Pfalz für „Stopp Ramstein“ für die Busmitfahrt mobilisiert. Ein vorbildliches Verhalten für eine konkrete „Bündnis-Politik“, indem sich DIE „LINKE“ Saarpfalz mit „attac“-Gruppe „Untere Saar“ zusammentut.

https://www.merkur.de/politik/moegliche-wagenknecht-partei-so-reagiert-die-linke-zr-92323097.html
Mögliche Wagenknecht-Partei? So reagiert die Linke.

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Grafikquellen          :

Oben     —    Foto: Martin Heinlein

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Poetical – Correctness

Erstellt von DL-Redaktion am 7. Juni 2023

Die Politik pflegt AfD – Wählende wie eine Schafherde

Kolumne von Lin Hierse

Es geht wieder los. Deshalb schreibe ich jetzt etwas Ähnliches wie vor vier Wochen. Es ist wieder zu lesen, dass man schockiert ist von 18 Prozent.

Dass Po­pu­lis­t*in­nen eben von Krisen profitieren, weil sie falsche Versprechungen machen, weil sie Sündenböcke finden, ohne Rücksicht auf lebensbedrohliche Verluste, weil sie vermeintlich einfache Antworten hinhalten in ihren ausgestreckten Händen auf irgendwelchen Kleinstadtmarktplätzen, um die sich seit Jahren niemand schert.

Es sind jetzt wieder die anderen Schuld, die „schwache und beständig streitende Regierung“, so Friedrich Merz. Seine Partei hingegen habe mit der AfD „nichts zu tun“. Als hätte er nie von „kleinen Paschas“ gesprochen, als hätte die CDU keine Vornamen abfragen wollen, als hätte der Bautzener Landrat keinem AfD-Antrag zugestimmt, als setze man Rechtsextremismus nicht regelmäßig mit Linksextremismus gleich, als forderte man nicht mehr Flaggen und Nationalhymnen, als hätte man nichts am Hut mit einem Altkanzler, der weder nach Mölln noch nach Solingen fuhr.

„Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun“, ist leicht behauptet. Aber dieses Land hat mit diesen Leuten alles zu tun. Das deutsche Naziproblem, die anhaltende Rechtsweitoffenheit, wird hier hausgemacht, nicht nur von Konservativen. Die Große Koalition hat ein Heimatministerium gegründet, die Grünen haben die Offenlegung der NSU-Akten blockiert, ein FDPler hat sich in Thüringen mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Und für die wachsende soziale Ungleichheit sind alle Parteien verantwortlich.

Es macht die Sache nicht besser, dass rund zwei Drittel der 18 Prozent sagen, sie würden nicht aus Überzeugung AfD wählen, sondern aus Enttäuschung über die anderen Parteien. Ich bin auch oft enttäuscht. Aber Rechtsradikale wählt nur, wer ihre Agenda unterstützt, wer sie gefährlich unterschätzt oder glaubt, sich gar nicht erst informieren zu müssen. Das könnten Po­li­ti­ke­r*in­nen häufiger in Kameras sagen, auch wenn es nur verbale Grenzen zieht.

Quelle         :        TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Oben       —         Binnen-i-radfahrerinnen   Straßenschild „Ende der Bus- und Fahrradstrecke“ Schlagworte: Politische Korrektheit, Binnen-I Ort: Linz, Österreich Datum: 2005-01-15

Unten       —     AfD-Bundestagsfraktion, während einer Plenarsitzung im Bundestag am 11. April 2019 in Berlin.

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Die große Kränkung

Erstellt von DL-Redaktion am 6. Juni 2023

Den Mut, für die Pflege mehr Geld zu fordern, wird die Ampel in dieser Legislatur wohl nicht mehr haben

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Ein Debattenbeitrag von Barbara Dribbusch

In der Pflege erleben wir die Grenzen der Solidarität im Sozialstaat. Das Pflegerisiko wird individualisiert. Wer betroffen ist, muss improvisieren.

Die Überschriften sagen schon einiges: „Pflege-Reform schrumpft Löhne und Renten“, titelte die Zeitung B. Z., und die Bild warnte: „Lauterbachs Pflegeplan: So schrumpft IHR Gehalt ab Juli“. Die Titel bezogen sich auf das kürzlich verabschiedete sogenannte Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Damit werden die Beiträge zur Pflegeversicherung erhöht, um ein paar Verbesserungen zu finanzieren und dem steigenden Finanzbedarf in der Pflege Rechnung zu tragen.

Die Beitragserhöhung beträgt 0,35 Prozentpunkte vom Bruttolohn, gestaffelt nach der Kinderzahl, beziehungweise 0,6 Prozentpunkte mehr für Kinderlose. Wobei Ar­beit­neh­me­r und Arbeitgeber davon jeweils die Hälfte zahlen. Dass solche Erhöhungen schon den öffentlichen Unmut anstacheln, zeigt, wie es um die Pflege steht: Die solidarische Absicherung des Pflegerisikos kippt.

Die Pflege entwickelt sich in einer Gesellschaft der Langlebigen zum schwarzen Loch im Sozialstaat. Es gibt von der Sozialversicherung oder vom Staat immer zu wenig Geld für die Betroffenen und die Pflegekräfte. Die Erhöhungen für Pflegeleistungen um 5 Prozent im ersten und 4,5 Prozent im zweiten Jahr durch das PUEG, nach vielen Jahren der Stagnation, decken nicht mal die Inflation ab. Aber die Einzahlungsbereitschaft der Bür­ge­r:in­nen für die Pflegekasse ist eben auch sehr begrenzt und die Ar­beit­ge­be­r:in­nen klagen über die steigenden Sozialversicherungsbeiträge. Würde von den Steu­er­zah­le­r:in­nen auch noch eine Art „Pflege-Soli“ eingefordert, wäre das Gejammer groß.

Stattdessen wurde das Pflegerisiko schon in den letzten Jahren still und leise zunehmend privatisiert. Die Eigenanteile beim Pflegeheimaufenthalt liegen inzwischen im Schnitt bei 2.400 Euro im Monat. Wer die ambulanten Dienste der Sozialstationen in Anspruch nimmt, muss ebenfalls mehr aus eigener Tasche zuzahlen. Von Pa­tientenschutzorganisationen, wie der Biva, hört man, dass es in den Pflegehaushalten zu Unterversorgungen kommt. Das liegt am Personalmangel bei den ambulanten Diensten, aber eben auch am fehlenden Geld der Betroffenen für die Eigenanteile. Sie wollen im Alter nicht zum Sozialamt gehen, um dort „Hilfe zur Pflege“ zu beantragen.

In den sozialen Netzwerken der Pflegekräfte liest man Debatten, ob und wie die sogenannte „Doppel Inko“, also das hautschädigende Übereinanderziehen von zwei Windeln bei Inkontinenz, in Ordnung ist, wenn es der Hochbetagte selbst so wünscht, um Anfahrten und Kosten für die Pflegedienste zu sparen. Das menschenwürdige „Ausscheidungsmanagement“ (heißt wirklich so) ist eine der größten Herausforderungen für den Sozialstaat.

Die drei von der Ampel ?

Dabei kann es jeden treffen. JedeR dritte 80- bis 85-Jährige wird pflegebedürftig, jeder Siebte in dieser Altersgruppe wird dement. Wir haben nicht die lebenslange Kontrolle über Körper und Verstand. Diese Kränkung muss man akzeptieren.

Angesichts der Pflegemisere kann man natürlich versuchen, Schuldige zu benennen: Die Politik ist schuld, der Gesundheitsminister, der Finanzminister, die Pflegeheimbetreiber! Diese Schuldzuweisungen mögen zum Teil ihre Berechtigung haben, aber sie lösen das Problem nicht. In einer Gesellschaft der Langlebigen ist das Thema Pflege zu groß, um es mal eben mit einer Reform bewältigen zu können. Demografisch bedingt gibt es mehr Pflegebedürftige und weniger Pflegekräfte, das verschärft den Mangel.

Wir werden mit Unzulänglichkeiten, mit einem gewissen Mangel leben müssen, wir werden mehr improvisieren und uns von Regeln verabschieden müssen. In den Heimen zeichnet sich ab, dass man mehr mit Hilfskräften arbeitet. Mehr Assistenzkräfte in Heimen schlägt auch die sogenannte Rothgang-Studie vor, Taktgeber für die künftige Personalbemessung. Einige Pflegehilfskräfte werden vielleicht nicht besonders gut Deutsch sprechen können, man wird deren Sprachunterricht mehr auf den konkreten Bedarf in der Alltagspflege ausrichten müssen.

Pflegebedürftige aus der Mittelschicht werden mehr Geld von ihrem Vermögen, von ihren Immobilien für die Pflege aufwenden müssen, auch wenn das neue Pflegegesetz die Zuschüsse zu Heimaufenthalten aus der Sozialkasse etwas verbessert.

In den Haushalten wird die Pflege individueller gestaltet werden. Manche Ba­by­boo­me­r:in­nen können ein Lied davon singen, wie die Betreuung für die bedürftigen Eltern zusammengestückelt wird aus Hilfe durch die Kinder, Schwarzarbeit, womöglich halblegaler osteuropäischer Pflegehilfskraft und dem Personal der Sozialstationen.

Quelle      :         TAZ-online            >>>>>        weiterlesen

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Oben           —     Schwester Janine aus Gelsenkirchen.

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Leerstelle im Ost-Diskurs

Erstellt von DL-Redaktion am 3. Juni 2023

Darf man über die DDR Gutes schreiben?

Von     :  Gunnar Hinck

Die Aufregung um zwei Bücher zeigt: Zwischen Lebenserinnerungen und Diktaturbedingungen klafft bis heute eine Lücke. Wer in einem FDJ-Ferienlager seine erste Liebe kennengelernt hat, dem ist es egal, dass die FDJ eine De-facto-Zwangsorganisation war.

Zwei Dinge lassen sich aus dem Erfolg der Bücher herauslesen: Offizielle Reden zum Einheitsfeiertag 3. Oktober sind für alle, denen staatstragende Symbolik egal ist, sinnlos. Debatten werden nicht durch routinierte Redenschreiber-Texte ausgelöst, sondern durch Bücher, und das ist erst einmal eine gute Nachricht. Zweitens: Obwohl – oder weil – es inzwischen regalmeterweise wissenschaftliche Literatur über die DDR und die Nachwendezeit gibt, herrscht offenbar weiter großer Gesprächsbedarf über den Arbeiter-und-Bauern-Staat und die Folgen der Wiedervereinigung.

Die beiden Bücher sind erfolgreich, gerade weil sie nicht differenzieren. Oschmann schreibt wie jemand, der sich nach einer langjährigen Beziehung trennt und im Trennungsgespräch wie ein Buchhalter die Verfehlungen des anderen der letzten Jahrzehnte auflistet. Die aufgestaute Kränkung muss raus, und sie hangelt sich oftmals ziemlich kleinlich von Banalität zu Banalität, um etwas Größeres auszudrücken: Du hast mich schwer enttäuscht und meine Bedürfnisse nicht ernst genommen. In seinem Fall ist der Ex-Partner die westdeutsche Mehrheitsgesellschaft.

Eine Kostprobe: „Als Franziska Giffey 2018 zur Familienministerin ernannt wurde, besaß die ARD-Journalistin Pinar Atalay zur Hauptsendezeit doch tatsächlich die Dreistigkeit, Frau Giffey als ‚Quoten-Politikerin‘ zu bezeichnen und sie zu fragen, ob sie nicht allein deshalb Ministerin geworden sei, weil sie aus dem Osten stamme.“ Zur Hauptsendezeit! Wer in ostdeutschen Kleingärten unterwegs ist oder sich in Kantinen ostdeutscher Betriebe setzt, bekommt eine Ahnung davon, dass Gespräche im Osten über den Westen oft ziemlich genau so ablaufen, zumindest bei den Älteren.

Katja Hoyers Buch kommt im Gewand einer neutralen Chronik mit einigen pflichtschuldigen Schlenkern zu Menschenrechtsverletzungen der DDR und privaten Erinnerungen von Zeitzeugen daher. Gewissenhaft notiert sie in einer seitenlangen Passage über Jeanshosen: „Die Marke ‚Wisent‘ wurde im VEB Bekleidungswerke Templin hergestellt, etwa eine Stunde nördlich von Berlin.“ Das Buch erfüllt die Sehnsucht eines Publikums, dass das Leben in der DDR endlich „sachlich“, wie es oft heißt, dargestellt wird. Es ist ein Geschenkbuch, ein Dia-Abend für die ganze Familie – weißt du noch? Man konnte ganz gut leben in der DDR, ist die Botschaft des Buches.

Der Erfolg weist auf eine Leerstelle im Ost-Diskurs hin. Es ist bisher nicht gelungen, die Lücke zwischen individuellen Lebenserfahrungen und dem Rahmen, den die Diktatur bildete, zu schließen. Die an sich banale Aussage, dass es in der DDR auch privates Glück und private Erfolgsgeschichten gab, wird von der offiziellen Gedenkarbeit und der Forschung geradezu zwanghaft verknüpft mit einem großen „Aber“: Es gab flächendeckende Kitas und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen? Ja, aber das wurde nur gemacht, weil der SED-Staat Frauen als Arbeitskräfte brauchte. Der Wohnraum war billig? Ja, aber es gab Wohnungsnot und den Verfall der Altbauten. Das Problem dabei ist: So funktioniert privates Erinnern nicht. Der Mensch erinnert sich an das Positive, selektiv, aus einem einfachen Grund: Man möchte große Teile des eigenen Lebens von anderen nicht als entwertet, da in einer Diktatur verbracht, beurteilt sehen. Wer in einem FDJ-Ferienlager seine erste Liebe kennengelernt hat, dem ist es egal, dass die FDJ eine De-facto-Zwangsorganisation des Staates war.

Erinnerungen sind zudem selbstredend unterschiedlich. Wer in einem Chemiekombinat seine Gesundheit ruiniert hat oder in Stasi-Haft saß, hat eine andere Erinnerung an die DDR als derjenige, der als politisch Angepasster oder Überzeugter ein kommodes Leben im Partei- oder Staatsapparat zubrachte. Oder sich als Vertreterin der sogenannten technischen Intelligenz, als Ingenieurin etwa, von der Politik, so gut es ging, fernhalten konnte, aber in ihrer Arbeit Sinn und Bestätigung sah.

Die Relativierung, die besonders Katja Hoyer vorgeworfen wird, betreiben auch ihre Kritiker. Alles individuell positiv Erfahrene wird mit dem Label „aber Diktatur“ versehen. Das liegt darin, dass das offizielle DDR-Erinnerungs-Business einerseits von westdeutschen, politisch eher konservativ geprägten Historikern und andererseits von Bürgerrechtsbewegungsveteranen, die sich aus verständlichen Gründen ihre Deutung der DDR nicht nehmen lassen wollen, nahezu monopolisiert wird. Eine eher zweifelhafte Rolle nimmt dabei die „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ ein, deren geförderte Forschungsvorhaben immer kleinteiliger werden. Überraschende, frische Sichtweisen auf die DDR sind in diesem hermetisch abgeriegelten, sich selbst bestätigenden Milieu nicht möglich; neue und überraschende Fragen werden nicht gestellt.

So wird die DDR bislang immer nur vom Endpunkt ihres Scheiterns aus betrachtet. Interessanter wäre es, nach über 30 Jahren zu fragen: Warum war die DDR eigentlich so relativ lange stabil? Warum kam es, ganz anders als im Nachbarland Polen, von 1954 bis 1988 zu keinen Aufständen mehr? An der staatlichen Repression allein kann es nicht gelegen haben, die in Polen genauso massiv war.

Es ist Zeit, die komplexen Dynamiken von Repression, Alltagswiderstand, Anpassung, einem im Vergleich zu den sozialistischen Bruderstaaten relativ guten Sozialstandard und hoher sozialer Mobilität zu erforschen. Die DDR war ein Gefängnis für sehr viele, aber wer aus sogenannten einfachen Verhältnissen kam, mitmachte und funktionierte, konnte Karrierewege einschlagen, die ihm in der frühen Bundesrepublik wahrscheinlich verwehrt geblieben wären. Was die Funktionseliten in Kombinaten, SED-Kreisleitungen, Armee und Universitäten angeht, war die DDR tatsächlich ein Arbeiterstaat – es dominierten solche mit Kleine-Leute-Hintergrund.

Plötzlich konnten Landarbeitersöhne Generäle werden. Die Kehrseite war selbstverständlich die Diskriminierung sogenannter bürgerlicher Familien. Aber festzuhalten ist, dass doch einige Hunderttausend, so zynisch es klingt, von der Diktatur des Proletariats karrieremäßig profitiert haben. Die DDR hat viele Karrierewege und Lebensträume zerstört, aber sie funktionierte auch als Fahrstuhl nach oben für andere.

Es ist kein Zufall, dass Dirk Oschmann, wie er im Buch mehrmals betont, ein Arbeitersohn ist, der in der DDR studieren konnte. Katja Hoyer war erst vier Jahre alt, als die Mauer fiel, aber die Küchentischgespräche mit ihren Eltern – Mutter Lehrerin, Vater ehemaliger NVA-Offizier – dürften sie geprägt haben. Denn gerade solche, die in sogenannten staatsnahen Berufen arbeiteten, haben das Ende der DDR oftmals als beruflichen Abstieg erlebt. Erinnerung setzt sich generationsübergreifend fort.

Vieles ist bislang ungeklärt, auch was die Nachwendezeit angeht. Was genau und warum ist es schiefgelaufen nach 1989? Dabei ginge es um zentrale Fragen: warum die Existenzangst nach der Wende flächendeckend so groß war, obwohl der bundesdeutsche Vor-Hartz-IV-Sozialstaat gut ausgestattet war. Warum das Verhältnis zwischen den neuen Firmenchefs, Behördenleitern und Politikern, die nach 1990 zu Zehntausenden aus dem Westen kamen, und den Ostdeutschen so asymmetrisch, in der Tendenz ein Herr-und-Diener-Verhältnis war.

Warum die Protest-Energie, die Selbstermächtigung von 1989, so schnell in Resignation umschlug. Warum die vielfältigen Demonstrationen der frühen neunziger Jahre, die teilweise wilden und politischen Streiks gegen die Privatisierungs- und Schließungspolitik der Treuhandanstalt, so schnell erstarben – und was dabei eigentlich die Rolle der personell westlich dominierten Gewerkschaftsspitzen in den neuen Ländern war, die aus politischen Gründen gegen Massenstreiks waren.

Quelle        :        TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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Oben        —     For documentary purposes the German Federal Archive often retained the original image captions, which may be erroneous, biased, obsolete or politically extreme. ADN- Kluge 28.5.90 Leipzig: Demonstration- Hunderte Bürger waren dem Aufruf des Neuen Forums zu einer Demonstration gegen die Politik von Innenminister Peter-Michael Diestel (DSU) gefolgt. Auf der Kundgebung vor der Leipziger Oper forderten sie die konsequente Aufdeckung aller Machenschaften der ehemaligen Staatssicherheit.

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Mit Mut: „Letzte Generation“

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Mai 2023

Solidarität mit der Letzten Generation

Wo denn sonst könnte ein „Demokratisch“ sich nennender Staat, schöner seine politische Unfähigkeit unter Beweis stellen ? Er hat doch nicht einmal seine eigene Gewalt unter Kontrolle.

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Hans Christoph Stoodt

Die Razzien gegen die Aktivisten von „Letzte Generation“ zeigen einmal mehr, wo sich Staat und Justiz derzeit positionieren.

Razzien gibt es nicht wegen des sehr wahrscheinlichen Bruchs der Verfassung und ihres Artikels 20a GG im Rahmen der derzeitigen Verkehrs- oder Energiepolitik.

Kein Manager irgendeiner der betrügerischen Autofirmen, die im Zusammenhang der „Dieselgate“-Affäre nicht etwa, wie es verharmlosend hieß, „geschummelt“, sondern wissentlich und mit voller Profitabsicht Menschen und Mitwelt massiv geschädigt haben, wurde in der heute zu erlebenden Art und Weise drangsaliert, Razzien gibt es auch nicht gegen die RWE-Manager, die Landesregierungen von NRW und anderen Bundesländern, die ebenfalls wissentlich für das Profitinteresse großer Energiekonzerne riesige und nicht wieder gut zu machende Schäden angerichtet haben, auch nicht gegen die Autobahn-GmBH, die DEGES und die schwarzgrüne Landesregierung von Hessen, die beim Bau der A49 mitverantwortlich für die nun zu befürchtende Trinkwasservergiftung mit krebserzeugenden Rückständen der Sprengstoffproduktion bei Stadtallendorf für die frühere Nazi-Wehrmacht ist, und von der sie seit Jahren wissen konnten.

Nein. Razzien gibt es gegen Menschen, die mit fast schon religiösem und oft genug auch verzweilfeltem Eifer die Gewaltfreiheit ihrer Aktionen Zivilen Ungehorsams betonen und penibel praktizieren, auch wenn sie von wütenden Autofahrer:innen getreten, geschlagen, beschimpft, bespuckt, angezeigt wurden. Solch ein Verhalten soll den Tatbestand der Bildung einer „Kriminellen Vereinigung“ erfüllen.

Die Flut der Anzeigen von in ihrer Mobilitäts-Freiheit sich eingeschränkt fühlenden Büger:innen hat nun, so hört man es aus München, zu den heutigen Razzien gegen „Letzte Generation“ geführt.
Gegen sie wird als mögliche „kriminelle Vereinigung“ ermittelt.

Das ist bodenlos, absurd, das ist staatliche Gewalt. Das ist zutiefst irrational – denn kein Milligramm CO2 weniger wird durch diese Aktion in die Atmosphäre gegast, nichts ändert sich in der Sache, um die es geht, zum Besseren. Das ist die in der Klimafrage in Wahrheit hilflos mit ihren Machtmitteln fuchtelnde Demonstration eines um sich schlagenden Staats, der diejenigen bestraft, die ihn, leider wohl allzu illusionär, an seine Amtspflichten erinnern.

File:Letzte Generation Friedlicher Protestmarsch 04 2023 Berlin.jpg

Ich möchte, anstatt vieles andere zu zitieren, einfach nur daran erinnern, daß der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau, Pfarrer Dr. Volker Jung, vor nicht allzulanger Zeit seine Solidarität mit „letzte generation“ bekundet und sie ausdrücklich gegen Kriminalisierungsversuche in Schutz genommen hat (https://www.ekhn.de/aktuell/detailmagazin/news/tempolimit-kirchenpraesident-drueckt-fuers-klima-auf-die-bremse.html).

Es bedarf schon eines CSU-Verständnisses von Christentum und Schöpfung, staatliche Machtmittel im heute zu erlebenden Ausmaß gegen Klimagerechtigkeitsaktivist:innen in Marsch zu setzen.

Alle, die die Hoffnung auf eine Welt nicht aufgegeben haben, in der soziale Gerechtigkeit, Frieden und ein rationaler, zukunftsfähiger Umgang mit den natürlichen Grundlagen der menschlichen Zivilisation als Möglichkeit in Blick und Reichweite bleiben, sind aufgerufen, sich lautstark und deutlich mit „Letzte Generation“ zu solidarisieren – völlig gleichgültig, ob man mit dieser oder jener Aktion der Gruppe voll und ganz einverstanden ist.

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Grafikquellen       :

Oben       —       Caris und Solvig, zwei Mütter vom Aufstand der Letzten Generation, haben sich im Naturkundemuseum festgeklebt. Caris hat einen Sohn und Solvig vier Kinder. Hier löst die Polizei den Kleber. Ein Knochen des Sauriers, ein Imitat, ist abgebrochen. Berlin, 30.10.22

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Die Linke im Bund

Erstellt von DL-Redaktion am 30. Mai 2023

  Kipping, Wissler und Korte – Arm im Arm mit der CSU von Söder und Dobrindt.

Von Wolfgang Gerecht

Unglaubwürdige ROT-GRÜN-ROT – Politik – Im Bundder sozialdemokratischen Partei DIE „LINKE“. 10 Jahre lang wurde viel hinter und wenig vor den parlamentarischen Kulissen zwischen den Parlaments-Parteien CDU-CSU-SPD-GRÜNEN-FDP wegen der Anzahl der Parlaments-Mandate im Bundestag herum gezerrt.

Das Parlament in der bisherigen Größe von 598 Mandaten wurde durch Überhang- und Ausgleich-Mandate bis heute auf 736 Mandate künstlich ausgeweitet.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/warum-der-bundestag-so-gross-ist-wie-nie,SkHfZ8H

Die Damen und Herren der Beute-Gemeinschaften der „Demokratischen Parteien“ schufen sich damit, – in Relation zur Bevölkerungszahl – nach der Volksrepublik China, das größte Parlament der Welt. Sie weigerten sich in den 16 Jahren der Merkel-Zeit unter
CDU-CSU-SPD-FDP eine gesetzliche Korrektur dieses Selbstversorgungs-Systems auf Kosten der hart arbeitenden Wahlberechtigten durchzuführen.

Jetzt hat ROT-GRÜN und GELB ein Gesetz mit ihrer parlamentarischen Mehrheit beschlossen, welches die Größe des Parlamentes auf absolut 630 Mitglieder begrenzt. Bemessungs-Grundlage für die Aufteilung dieser Parlamentssitze ist die (fälschlicherweise sogenannte) „Zweit“-Stimme, also die Stimmen, die jeweils auf eine Partei-Kandidatur entfallen.

Die fälschlicherweise sogenannte „Erst“-Stimme, die unter den jeweiligen Wahlkreis-Kandidaten das sogenannte „Direkt-Mandat“ für den Bundestag entscheidet, war nach bisherigem Wahlrecht die Ursache für die „wundersame“ Vermehrung der Parlamentssitze, nämlich die durch die sogenannten „Überhangs-Mandate“, die jeweils sogenannte „Ausgleich“-Mandate nach sich zogen.

Das Ergebnis der sogenannten „Zweit“-Stimmen für die jeweiligen Partei-Kandidaturen stellt also künftig die jeweils verbindliche bzw. endgültige Anzahl der Parlaments-Sitze dar.

Statt die sogenannte „Erst“-Stimme ganz abzuschaffen, ist jetzt ein neuer Streitpunkt mit dem „Platz-Hirschen“ der „Erst“-Stimmen-Parteien, der CSU und damit der CDU-CSU-Fraktionsgemeinschaft im Bundestag entstanden.

Einerseits muss die CSU – wie jede Partei – bei Bundestagswahlen mindestens 5% der abgegebenen wirksamen Wählerstimmen erreichen, andererseits steht der CSU nach dem neuen Wahlrecht nur so viele Abgeordneten-Mandate zu, wie mindestens 5% + X Stimmen für die CSU bewirken.

Die sogenannten Direkt-Kandidaten aller Parteien, bekommen – nach dem neuen, nun aktuellen Wahlrecht – nur dann einen Sitz im Bundestag, wenn dies die Höhe des Wahlergebnisses für die sogenannten „Zweit“-Stimmen für die Listen-Plätze der Parteien zulässt.
Gewinnt eine Partei mehr Direkt-Mandate über die „Erst“-Stimme als ihr nach dem „Zweit“-Stimmen-Ergebnis zusteht, haben die „siegreichen“ Wahlkreis-Gewinner keinen Anspruch auf ein Mandat.

Das ist e i n Konflikt im Streit. Der a n d e r e Konflikt ist der Wegfall der sogenannten Grund-Mandats-Klausel, die besagt, dass Parteien, die die 5% Klausel der Zweit-Stimmen nicht erreichen, wie z.B. DIE „LINKE“ mit 4,9% bei der BTW vom 26.09.2021, bei mindestens drei Direkt-Mandaten, trotzdem in Fraktionsstärke, im Parlament „vertreten“ sind.

Das wiederum hat den Zorn der Vertreter von DIE „LINKE“ erregt.

DIE „LINKE“ bedauert so „das Opfer der Wahlrechts-Reform“ der CSU und die CSU bedauert so„das Opfer der Wahlrechts-Reform“ DIE „LINKE“. Eine merkwürdige Koalition. Die RECHTEN mit den „LINKEN“. Wenn es um parlamentarische MACHT und GELD geht,
gibt es tatsächlich keine Partei-Grenzen.

DIE „LINKE“, schon seit ihrer Gründung i m m e r auf Koalitionen mit der SPD und den GRÜNEN (ROT-GRÜN-ROT) festgelegt,
wird jetzt genau von diesen Parteien, nämlich SPD (ROT) und GRÜNE in parlamentarische Existenz-Not gebracht. Doch das ist nur der Aspekt des neuen Wahlrechts der AMPEL. Der andere Aspekt, die a b n e h m e n d e politische Bedeutung der LINKS-Partei bei den Wahlberechtigten bei den Landtags – (SL, SH, NW, NI) und der Bundestagswahl vom 26.09.2021 (4,9%, aktuelle Umfragen bei permanent um die + – 5%)

Danke, Frau Wißler (Partei-Vorsitzende),
Danke, Frau Kipping, Danke, Herr Lederer und Frau Schubert ( Berlin)
Danke, Frau Vogt (Bremen),
Danke, Frau Oldenburg (Mecklenburg-Vorpommern),
Danke, Herr Ramelow, Herr Schirdewan, Frau Hennig-Wellsow (Thüringen).

Sowohl die Herren Merz (CDU), Söder (CSU), Dobrindt (CSU) als auch die selbsternannte Partei DIE „LINKE“, hier hatte sich deren parlamentarische Geschäftsführer, Herr Korte (Kennt den jemand?)  zu Wort gemeldet.

Diese Parteien wollen eine Verfassungsklage gegen das neue „Wahlrechts-Gesetz“ in den „nächsten Wochen und Monaten“ beim Bundesverfassungs-Gericht einreichen. Schauen wir mal, was daraus wird. Es würde den interessierten politischen Beobachter nicht wundern, wenn daraus – wieder einmal – eine juristische „Never End – Story“ werden würde.DIE „LINKE“ von Kipping und Wißler und Korte Arm im Arm mit der CSU von Söder und Dobrindt.

Unglaubwürdige ROT-GRÜN-ROT – Politik – Im Bund der sozialdemokratischen Partei DIE „LINKE“.

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Die „Klimakleber“

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Mai 2023

Tanz um die goldene Radkappe

Ein Debattenbeitrag von Claus Leggewie

43 Millionen Privat-PKW sind in Deutschland zugelassen, der Individualverkehr hat Fetischcharakter angenommen. Das Auto ist der Elefant im Raum der Klimawende.

Der als eher konservativ geltende Soziologe Niklas Luhmann hatte ein Faible für den Protest und Protestierende, ohne dabei den aufrührerischen Theorieschulen sozialer Bewegungen wie Anarchismus oder Marxismus anzugehören. Der Studentenbewegung um 1968 bescheinigte der Systemtheoretiker, sie nehme zu Recht Anstoß am Status quo, an dem der CDU-Staat damals krampfhaft festgehalten hatte, denn es bedürfe einer außerparlamentarischen Opposition, wenn die staatstragende Opposition wie das Establishment unfähig seien, „Alternativen zur Entscheidung zu bringen“.

Dem Protest, auch dem wilden, radikalen, system­oppositionellen, wies er die Rolle zu, die Gesellschaft ins Lot der Selbststeuerung und Systemerneuerung zurückzuversetzen. Dieser Stabilisierungsauftrag gefiel 68ern natürlich weniger; es war aber eine durchaus treffende Diagnose ihrer tatsächlichen Leistung, nämlich der Gesellschaft der Bundesrepublik jene „Fundamentalliberalisierung“ zu verschaffen, die ihnen Luhmanns Gegenspieler Jürgen Habermas rückblickend bescheinigte.

Neue soziale Bewegungen vermögen damit, was den Teilsystemen der Gesellschaft abgeht: „Sie beschreiben die Gesellschaft, als ob es von außen sei.“ Und in dieser Totale entdecken sie auch, was alten sozialen Bewegungen verborgen geblieben war: „Gesellschaft nicht mehr bloß vom Kapitalismus her zu sehen, sondern in Bezug auf die Tatsache, daß manche etwas für ein lebbares Risiko halten, was für andere eine Gefahr ist“.

Früher als andere interessierten Luhmann ökologische Risiken, die den neuen Typ „grün-alternativer“ Proteste hervorriefen: „in der Ablehnung von Situa­tio­nen, in denen man das Opfer des riskanten Verhaltens anderer werden könnte.“ Besser sind die Sorgen von Fridays for Future, Extinction Rebellion und Letzter Generation kaum zu beschreiben. Luhmann antizipierte allerdings auch deren Schwächen: „Das Geheimnis der Alternativen ist, dass sie gar keine Alternative anzubieten haben“ – weil sich ja stets die anderen bewegen, ändern, korrigieren müssten.

Hysterischer Reflex

Das macht Protest wenig anschlussfähig, zumal, wenn er im Kern Angst thematisiert und moralisierend auftritt, wie seinerzeit die Atomkraftgegner. Es ist zu früh zu entscheiden, ob die Klimaschützer in die Ahnenreihe der neuen sozialen Bewegungen von der Studentenrevolte und die Frauenemanzipation über die Anti-AKW-Bewegung und den Antirassismus gehören oder ihr Protest eine neue Qualität annehmen wird.

Ein wesentlicher Unterschied besteht schon darin, dass sie anders als die Vorläufer etwas fordern, was auch die Mehrheit wünscht (wenn auch nicht praktiziert): Gefährlicher Klimawandel und Artensterben beunruhigt auch den Mainstream, und einschneidende Änderungen von Lebensstilen und Gewohnheiten propagiert keineswegs nur eine zukunftsängstliche, apokalyptisch getönte „Letzte Generation“.

Erst die in Protestnischen stets angelegte Selbstradikalisierung und der hysterische Reflex gegen den vermeintlichen Ökoterror polarisiert, aber nicht das von „Klima­klebern“ geforderte 9-Euro-Ticket oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen. Die Blockadeaktionen der Letzten Generation, in deren Windschatten die konzilianteren und konsensorientierten Fridays for Future geraten sind, stoßen auf breite Ablehnung.

Protest am Genfer Flughafen

Man kann eine Gesellschaft nicht frontal attackieren, die anders als 1968 und in den 1980er Jahren mit den Protestzielen im Prinzip übereinstimmt. Die „Klimakleber“ überdehnen die legitimen Mittel zivilen Ungehorsams wie Blockaden und Boykotts. Andere Teile der Klimaschutzbewegung kali­brie­ren das wesentlich besser. Ein jüngstes Beispiel sind die 100 Aktivisten, die sich an die Zugänge von Privatjets ketteten, die bei einem Business-Event am Genfer Flughafen ausgestellt waren, und den Haupteingang der Jet-Show versperrten, um die Kundschaft am Betreten zu hindern.

Jets gelten zu Recht als äußerst schädliche Produkte, „die unseren Planeten zerstören, unsere Zukunft verheizen und Ungleichheit befeuern“. Die NGO „Stay Grounded“ erweiterte den Kreis der Zielpersonen: „Während viele sich Essen und Miete nicht mehr leisten können, zerstören die Superreichen unseren Planeten, damit muss endlich Schluss sein.“

Quelle      :         TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Mai 2023

Schluss mit stiller Post und auf nach Mainz!

Eine Kolumne von Steffen Grimberg

25 Medienverbände, Institute und Initiativen haben den offenen Brief #UnsereMedienMitgestalten zur Reform der Öffentlichen-Rechtlichen veröffentlicht.

Offene Briefe haben ja eine lange Tradition. Luther hat seine Thesen an die Kirchentür genagelt und damit die Reformation ausgelöst. Bismarck sorgte mit der Emser Depesche für den Deutsch-Französischen Krieg anno 1870/71. Vor ein paar Wochen schrieben Kin­der­ärz­t*in­nen wegen des Medikamentenmangels offen an Karl Lauterbach. Und die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen kommen aus der Poststelle gar nicht mehr raus.

Zum Schicksal offener Briefe gehört leider auch, dass sie gerne mal kalt weggelächelt werden. Das passiert regelmäßig, wenn sie den Adres­sa­t*in­nen nicht so passen und niemand „Stimmt aber trotzdem“ ruft. Von daher bleibt abzuwarten, was aus dem offenen Brief „#UnsereMedienMitgestalten“ von über 25 Medien- und Branchenverbänden, Instituten und Initiativen zur Reform der Öffentlichen-Rechtlichen wird. Entstanden ist er unter Federführung der Deutschen Akademie für Fernsehen (DAFF) und meldet bei der zuständigen Rundfunkkommission der Länder Bedarf an einem „ständigen Medienkonvent“ an.

Der will parallel zum bereits eingesetzten Zukunftsrat bei den Reformen mitmachen. „Und warum dürfen die nicht alle in der gleichen Liga mitspielen?“, fragt die Mitbewohnerin. „Sonst kommen doch nur Gelaber und Forderungen auf so vielen und unterschiedlichen Inseln raus.“

Perspektive der Ma­che­r*in­nen und Nut­ze­r*in­nen

Un­ter­zeich­ne­r*in­nen sind die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (AGRA), die Neuen Deutschen Medienmacher*innen, die ARD-Freien, Verbände der Gewerke von Drehbuch und Casting übers Maskenbild bis zur German Stunt Association. Der Verband der Deutschen Filmkritik ist genauso dabei wie die Freunde des Grimme-Preises (Transparenzhinweis: Ich war da bis letztes Jahr Vorsitzender). Das Grimme-Institut selbst fehlt, aber dessen Leitung hat es mit der Diskussion eh nicht so dolle und will lieber tief schürfen.

Quelle       :          TAZ-online         >>>>>          weiterlesen

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Blicke Zurück + nicht Vor

Erstellt von DL-Redaktion am 17. Mai 2023

Der Obrigkeitsstaat wird poliert, der Demokratieanfang nicht

Sitzung der Nationalversammlung 1848. Farbzeichnung von Ludwig von Elliott

Quelle      :        INFOsperber CH.

Heribert Prantl /   

Das Berliner Schloss – Symbol des Preussenstaats – ist rekonstruiert. Nicht aber der Plenarsaal von 1848 in der Paulskirche.

Waren Sie schon einmal in der Frankfurter Paulskirche? Wenn ja, dann waren Sie wahrscheinlich so enttäuscht wie ich. Wenn nein, dann warne ich Sie vorsichtshalber. Es handelt sich um einen historischen Ort, dem man seine Historie ausgetrieben hat. Die Paulskirche ist ein zentraler Ort der deutschen Demokratie, an dem man davon nichts sieht und wenig davon spürt. Jede Ritterburg hat mehr Aura als diese Stätte, die gern als die Wiege der deutschen Demokratie bezeichnet wird. Diesem Ort fehlt die Aura der Authentizität.

Man sieht nichts mehr von dem Plenarsaal, in dem vor 175 Jahren die Nationalversammlung, das erste deutsche Parlament, getagt hat. Man sieht nichts mehr von dem Interieur, in dem über die Zukunft Deutschlands gerungen und gestritten wurde. Man sieht nichts mehr von der gewaltigen Galerie, auf der zwölfhundert Zuhörerinnen und Zuschauer für Stimmung sorgten. Sie brachten, wie es ein Zeitgenosse formulierte, «Leben in die Bude. Es wurde aus Leibeskräften applaudiert und gezischt.» Man kann sich das nicht mehr vorstellen, weil die im Zweiten Weltkrieg ausgebrannte Stätte beim Wiederaufbau 1948 völlig umgestaltet wurde. Man kann in einem «Grund-Plan» von damals studieren, welche Abgeordneten auf welchem der nummerierten Plätze sassen: Der grossartige, später von kaiserlichen Militärs in Wien erschossene Redner Robert Blum auf Platz Nummer 5 in der ersten Reihe; der berühmte Germanist und Märchensammler Jacob Grimm auf einem gesonderten Sitz, unmittelbar gegenüber der Rednertribüne und dem Präsidium. Dort machte er am 4. Juli 1848 den bekenntnishaften Vorschlag, den künftigen «Grundrechten des deutschen Volkes» den folgenden ersten, wunderbar kräftig-poetischen Artikel voranzustellen: «Alle Deutschen sind frei, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei.»

Es wäre schön, wenn der alte Parlamentsbau rekonstruiert worden wäre – um, wie es die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters sich gewünscht hatte, Demokratiegeschichte «sinnlich erfahrbar zu machen». Eine Expertenkommission hat sich vor ein paar Wochen gegen eine solche Rekonstruktion ausgesprochen. Das ist enttäuschend. Demokratie gilt ja oft als eine glanzlose Staatsform, als eine Staatsform ohne Magie. Das wird der Demokratiegeschichte nicht gerecht. Die Geschichte der Volksherrschaft ist verrückt und verzagt, sie ist voller Umwege und Irrwege. Die Paulskirche ist ein Symbol dafür – eigentlich. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird sich zum Jahrestag mühen, die Ereignisse bei einer Festveranstaltung in einer grossen Rede in der Paulskirche auferstehen zu lassen. Es wird ihm kaum gelingen. Warum nicht? Der Originalort des Parlaments von 1848 ist durch den Nachkriegsumbau von 1948 nicht mehr erkennbar. Er sieht so aus, als sollte er die Vorurteile gegen die Demokratie bestätigen: Glanzlos, geschichtslos, ohne Magie. Und das soll nun offenbar auch so bleiben.

Datei:Berliner Stadtschloss, September 2022-L1000099.jpg

Das Berliner Stadtschloss, das Monument des preussischen Obrigkeitsstaats, ist rekonstruiert und wieder aufgebaut worden. Man kann sich also anschauen, von wo aus der preussische König 1848 auf die demokratischen Bürger hat schiessen lassen. Wie der Plenarsaal der Nationalversammlung von 1848 ausgeschaut hat, das zeigen nur alte Bilder. Die Wiederbelebung dieses authentischen Orts der frühen deutschen Demokratie ist nicht versucht worden. Dafür aber hat die Wiederbelebung des authentischen Orts des preussischen Obrigkeitsstaats geklappt. Welch traurige Symbolik!

Stolz sein auf die Nationalversammlung von 1848 dürfen wir trotzdem. Die Paulskirche ist ein erinnerungspolitisch unerlöster Ort der Demokratie. Hoffentlich kommt die Erlösung noch.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Mai 2023

Enteignet die Putin-Versteher von der „Berliner Zeitung“!

Eine Kolumne von Steffen Grimberg

Zum „Tag des Sieges“ war in der russischen Botschaft allerlei illustres Publikum geladen. Mit dabei: Der Verleger der „Berliner Zeitung“ Holger Friedrich.

„Kein Witz: Ein Ex-Kanzler, ein Honecker-Nachfolger, ein Linken- und ein AfD-Politiker treffen sich zum Feiern in der russischen Botschaft“.

So titelte der Tagesspiegel über das bizarre Treffen der Putin-Versteher und angeblichen Dialog-Offenhalter von Gerhard Schröder bis Egon Krenz am Dienstag in der Berliner Vertretung Russlands. Das Lachen bleibt auch medial im Halse stecken.

Denn wer da mit Botschafter Sergei Jurjewitsch Ne­tscha­jew plauderte, war niemand Geringeres als Holger Friedrich, der Verleger und Inhaber der Berliner Zeitung (BLZ). Im Schlepptau hatte er seinen Mann für solche Fälle, BLZ-Herausgeber Michael Maier.

Der Herausgeber verfasste auch gleich nach dem Empfang einen Beitrag fürs Blatt beziehungsweise dessen Website. Und der enthält eine so klare Botschaft, dass sich Maier nicht mal herausreden kann, er habe das diplomatisch und damit nicht so direkt aufgeschrieben.

Die Botschaft ist eindeutig Pro-Putin und sehr undifferenziert. „Der Botschafter überreichte mehreren Veteranen persönliche Briefe des russischen Präsidenten Wladimir Putin als Zeichen der Anerkennung für ihren persönlichen Beitrag im Kampf gegen den Nationalsozialismus“, steht da.

Fragwürdigen Aussagen

Auch dass AfD-Chef Tino Chrupalla sogar ein Geschenk dabei hatte, wird von Maier beflissen notiert. „Wie konnte ein einstiger Stern-Chefredakteur bloß so abdriften?“, fragt die Mitbewohnerin.

Auch die Ukraine kommt zur Sprache. „Die westlichen Botschafter nahmen am Empfang aus Protest gegen die russische Invasion in der Ukrai­ne nicht teil.“ Krieg, Maier, in der Ukrai­ne ist Krieg, seit 15 schrecklichen Monaten! Aber Putins Propaganda hat ja die Nutzung des K-Worts verboten. Und der Herausgeber der BLZ hält sich dran. Sein Verleger stand ja daneben.

Dass die BLZ am Tag danach mit einem Online-Update etwas zurückruderte, ändert nichts am Befund. Friedrich hat bekanntermaßen ohnehin ein befremdliches Verständnis von Journalismus. Vor drei Wochen lieferte er Julian Reichelt ans Messer. Der ehemalige Bild-Chef hatte sich mit Material aus dem Springer-Vorstand an die BLZ gewandt. Und Friedrich ihn höchstpersönlich bei Springer verpfiffen.

Quelle        :          TAZ-online           >>>>>     weiterlesen

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Bund und Länder einig:

Erstellt von DL-Redaktion am 11. Mai 2023

Union verwässert Schutz von Whistleblower:innen

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von      :       

Nach langem Gezerre hat sich der Vermittlungsausschuss auf ein Hinweisgeberschutzgesetz geeinigt – und das Gesetz in einigen Punkten abgeschwächt. Schon diese Woche könnte der Schutz von Whistleblower:innen endgültig beschlossen werden und im Sommer in Kraft treten.

Ende der Woche könnte es endlich so weit sein und Deutschland ein Gesetz zum Schutz von Whistleblower:innen erhalten. Bund und Länder einigten sich gestern Abend im Vermittlungsausschuss auf ein fertiges Hinweisgeberschutzgesetz. Im Bundestag soll es am Donnerstag, im Bundesrat am Freitag angenommen werden. In Kraft treten könnte es dann schon im Sommer.

Mit dem neuen Gesetz will die Ampelkoalition Menschen schützen, die Rechtsverstöße am Arbeitsplatz oder in der öffentlichen Verwaltung aufdecken wollen. Bislang mussten Hinweisgeber:innen in Kauf nehmen, womöglich Repressalien wie Mobbing, Jobverlust oder Klagen ausgesetzt zu sein. Mit der – reichlich verspäteten – Umsetzung einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 soll damit künftig Schluss sein.

Grundsätzlich geht der Anwendungsbereich über die EU-Mindestvorgaben hinaus und umfasst auch bestimmte Verstöße gegen deutsches Recht, etwa straf- und bußgeldbewehrte Verstöße. Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Sektors ab 50 Mitarbeitenden müssen interne Meldestellen einrichten, wobei kleinere Unternehmen diese gemeinsam betreiben können. Zudem sieht das Gesetz auch externe Meldestellen vor, unter anderem beim Bundesamt für Justiz (BfJ).

Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss waren notwendig geworden, weil die Unionsparteien im Bundesrat das Gesetz blockiert hatten. Da half selbst das waghalsige Manöver der Ampel nicht, die zustimmungspflichtigen Passagen, die sich auf die Länder bezogen hatten, aus dem Gesetz herauszulösen. Ein Kompromiss musste her. Und über den sind nicht alle glücklich.

Anonyme Meldewege nicht mehr Pflicht

So entfällt etwa die Pflicht, anonyme Meldekanäle einzurichten, die der Bundestag noch vorgesehen hatte. Hinweisgeber:innen müssen also von Beginn an ihre Identität preisgeben, wollen sie unter den Schutzbereich des Gesetzes fallen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Till Steffen hält den Kompromiss bei anonymen Meldestellen für vertretbar, denn ganz entfallen soll dieser Weg nicht.

„Das Bundesamt für Justiz wird die Möglichkeit zu solchen anonymen Dialogen schaffen“, sagt der Abgeordnete zu netzpolitik.org. „Wir gehen davon aus, dass dies die Unternehmen überzeugen wird, diese Möglichkeit auch freiwillig bei sich einzurichten“, so Steffen. Ob sich die Hoffnung erfüllt, muss sich noch weisen, zumal sich hinweisgebende Personen zunächst an die interne Stelle wenden sollen.

Für die Nichtregierungsorganisation Transparency International ist die Verwässerung „unverständlich“, sie sieht Unsicherheiten auf Unternehmen, Behörden und hinweisgebende Personen zukommen. „Obwohl Unternehmenspraxis und Forschung eindeutig zeigen, dass die Gewährleistung von Anonymität zu mehr und besseren Meldungen führt, wird das Gesetz an dieser Stelle abgeschwächt“, schreibt die NGO. Insgesamt werde das Signal gesendet, dass der Schutz der Hinweisgebenden und der Hinweise nicht an erster Stelle stehen.

Abstriche gab es auch bei einem anderen wichtigen Punkt. Der Kompromiss streicht ersatzlos eine Regelung, die das Recht auf immaterielle Schadensersatzansprüche festgeschrieben hatte – also das Recht auf eine angemessene Geldentschädigung, wenn der erlittene Schaden kein Vermögensschaden war, sondern eine Folge etwa von Mobbing oder sonstiger Drangsalierung.

Dabei entsteht eine Regelungslücke, die obendrein der EU-Richtlinie widerspricht. In jedem Fall könne das Streichen dieser Regelung „gravierende Auswirkungen für Whistleblower haben“, kritisiert Simon Gerdemann, der an der Universität Göttingen zum Whistleblowing-Recht forscht. „Damit fällt ein Schmerzensgeldanspruch für sehr viele Repressalien, von denen Whistleblower betroffen sind, weg.“

Pikant daran ist zudem, dass gegen Deutschland bereits jetzt ein EU-Vertragsverletzungsverfahren läuft. Eine sowohl verspätete wie unvollständige Umsetzung der EU-Richtlinie könnte saftige Geldbußen nach sich ziehen.

Halbierte Geldbußen bei Verstößen

Durchsetzen konnten sich die Unionsparteien auch bei den Unternehmensbußen, die bei Verstößen gegen das Gesetz vorgesehen sind. Die Maximalstrafe beläuft sich künftig auf 50.000 Euro – die Hälfte dessen, auf was sich die Koalitionsparteien ursprünglich geeinigt hatten. Sowohl Union als auch Arbeitgeberverbände wollten die Belastungen für die Wirtschaft tunlichst klein halten und freuen sich nun über die Schwächung des Gesetzes.

Ganz zufrieden sind sie indes weiterhin nicht. So bleibt etwa die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) bei ihrer „Fundamentalkritik an der Gesamtregelung“, da sie weiter gehe als die EU-Richtlinie. „Berechtigter Hinweisgeberschutz muss immer in das Verhältnis zu berechtigten Unternehmensinteressen gesetzt werden“, heißt es in einer Pressemitteilung der VhU.

Freilich blieb selbst der ursprüngliche Vorschlag aus dem Bundesjustizministerium hinter dem Koalitionsvertrag zurück. Dieser versprach noch, Hinweise über erhebliche Verstöße gegen Vorschriften oder sonstiges erhebliches Fehlverhalten zu schützen, das nicht klar illegal ist und dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Potenzielle Whistleblower:innen werden sich vor einer Meldung wohl juristisch beraten lassen müssen, ob ein von ihnen beobachteter Missstand tatsächlich vom Gesetz erfasst wird.

Nationale Sicherheit geht vor

Ebenso sind die Geheimdienste weiterhin vollständig ausgeklammert. Einem deutschen Edward Snowden bliebe nur, sich unter hohem persönlichen Risiko an die Presse zu wenden und zu hoffen, dass die Identität nicht durchsickert. Und für an sich vom Gesetz geschützte Hinweisgeber:innen ist der Gang an die Medien ohnehin nur in bestimmten Fällen der letzte Schritt, um auf Missstände aufmerksam machen zu können.

Der nun erzielte Kompromiss zeige, dass es bei den Unionsparteien und Teilen der Wirtschaft nach wie vor große Vorbehalte gegen Whistleblower:innen gebe, obwohl diese im Interesse von Gesellschaft und Wirtschaft handeln, so Kosmas Zittel von Whistleblower-Netzwerk. „Erfreulicherweise hat sich wenigstens die Erkenntnis durchgesetzt, dass mit einer Einschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs keinem gedient gewesen wäre.“

Auch Kai Dittman von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) ist erleichtert, dass es das erste Mal überhaupt Schutz für Hinweisgebende gibt. Allerdings wirke das Gesetz sehr unfertig: „Eigentlich müsste sich die Regierung direkt schon an eine Reform setzen, die etwa auch Whistleblowing in Nachrichtendiensten, bei den meisten Verschlusssachen und im Bereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ermöglicht“, so Dittman zu netzpolitik.org. „In der Praxis gibt es gerade im Bereich Diskriminierung und Belästigung viele unternehmensinterne Meldungen.“

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben     —     The Whistleblower Barnstar. Derivative work composition of File:Barnstar of Diligence Hires.png by User:PedantUser:WapcapletUser:Antonu + File:Metal whistle Long Whistling.svg by User:MichaelFreyUser:Markus Schweiss.

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Ein Fall von Klassenverrat

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Mai 2023

Giffey verwahrt sich hartnäckig gegen ein ursozialdemokratisches Politikprojekt

Ein Debattenbeitrag von Ingo Arend

Franziska Giffeys Berliner SPD macht sich gerade jene Klientel zum Partner für Wohnungsneubau, die eine Volksentscheids-Mehrheit enteignen wollte.

Man kann einen Menschen mit einer Wohnung erschlagen wie mit einer Axt“. Das hat nicht August Bebel gesagt, sondern sein Zeitgenosse Henrich Zille. Das Mietskasernenelend des proletarischen „Milljöhs“ am Ende des 19. Jahrhunderts, das der legendäre Künstler mit dem Spruch anprangerte, existiert zumindest im Berlin des 21. Jahrhunderts so nicht mehr.

An Cholera, Typhus und den Blattern, wie es Friedrich Engels in seinen Schriften zur Wohnungsfrage beklagte, sterben Mie­te­r:in­nen der deutschen Hauptstadt nicht mehr.

Aber die „Wohnungsfrage“ unserer Tage ist zu einer ähnlichen sozialen Zeitbombe geworden. Was sich nicht nur an den rasant steigenden Obdachlosenzahlen und den Zeltlagern des Lumpenproletariats unter Brücken und S-Bahn-Bögen, vor Supermärkten und Sparkassen ablesen lässt.

Berlin hat seit den 2000er Jahren einen ebenso rabiaten wie konzertierten Angriff des internationalen Investmentkapitals auf einen, infolge von 40 Mauerjahren relativ günstigen Wohnungsmarkt erlebt. Die Äxte, mit der die anonymen Pensionsfonds, Anlagefonds und Briefkastenfirmen, die dieses lukrative Terrain planmäßig aufrollten und dessen Nutznießer bis heute erschlagen, heißen Mietsteigerung und Umwandlung in Eigentumswohnungen.

„Diese Stadt lässt Dich machen“ – in ihrem neuesten Werbefilm beutet eine Berliner Biermarke einmal mehr den Mythos von der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten aus. Derweil flüchtet sich das unbotmäßige Kreativvölkchen auf das der Spot zielt, ins Umland, weil es die lustigen Orte, an denen er gedreht wurde, nicht mehr bezahlen kann oder diese von der öden Investarchitektur a la Mercedes-Benz-Arena am Spreeufer plattgemacht wird.

Es ist diese kaum verhüllte Gier, die zum Volksentscheid am 26. September 2021 geführt hat. Dabei hatten sich bekanntlich 59,1 Prozent der Abstimmenden dafür ausgesprochen, profitorientierte Wohnungsunternehmen wie die Deutsche Wohnen oder Vonovia in Gemeineigentum zu überführen.

Es gehörte also schon einige Chuzpe von SPD-Spitzenfrau Franziska Giffey dazu, ausgerechnet diese Klientel zu Partnern für ein „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ auszurufen. Die ideologische Augenwischerei bestand darin, eine sozialpartnerschaftliche Symmetrie zu suggerieren, die nicht existiert. Der Fall des Milliardärs Nicolas Berggruen steht dabei pars pro toto. Kaum hatte er sich in der Stadt mit ein paar Vorzeigeprojekten das Image des Kulturfreunds zugelegt, warf er seine Mie­te­r:in­nen reihenweise aus ihren Wohnungen und Ateliers.

Es steht paradigmatisch für die Lage der linken Volkspartei, dass sie die „Expropriation der Expropriateure“ scheut, die die Theoretiker der Arbeiterbewegung von Karl Marx über August Bebel bis Otto Bauer propagierten. Ja selbst Kevin Kühnert wollte mal BMW kollektivieren. Stattdessen bemüht Giffey das Gewissen, das schwieg, als sie bei ihrer Doktorarbeit schummelte, um diese Ini­tiative zu verhindern.

Lassen wir das Moralargument einmal beiseite, hinter dem sich eine ähnliche Entideologisierung von Politik verbirgt wie hinter der stereotyp wiederholten Formel „Das Beste für Berlin“ – als ob es nicht um die soziale Gestaltung der Stadt ginge. Lassen wir auch die Ablehnung eines demokratischen Mehrheitsvotums für eine in der Verfassung vorgesehene Maßnahme beiseite. Den Verursachern des größten anzunehmenden Wohnungsproblems seit dem 2. Weltkrieg will Giffey nun gar noch Steuererleichterungen gewähren, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

So hartnäckig, wie sich Giffey gegen ein ursozialdemokratisches Politikprojekt verwahrt, fragt man sich langsam: Von wem wird diese Frau bezahlt? Von der SPD? Den Steuerzahler:innen? Oder der Immobilienwirtschaft? Primus – dem „Immobilienentwickler im Luxussegment“, der die SPD mit einer Spende von 9.999 Euro bedachte, dankte sie mit den Worten: „Sie können mich bei Fragen oder Anregungen gerne direkt ansprechen“.

Auch nach der Wahl bleibt die Rhetorik auffällig: Kein Tag vergeht ohne neue Beispiele von Verdrängung und Entmietung – einer anderen Form von Enteignung. Doch der jetzt vorgestellte Koalitionsvertrag mit der CDU sorgt sich um die „schwierige und krisenhafte Rahmenbedingungen in der Bauwirtschaft“ – kein Wort über die existenzielle Gefährdung tausender Mieter:innen.

Quelle      :        TAZ-online        >>>>>       weiterlesen

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Oben       —     29th plenary session of the 19th legislative period of the Abgeordnetenhauses of Berlin: Election of the Governing Mayor

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Unten        —     Karl Marx, The Prophet

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Welt d. Scheinheiligen, No 3

Erstellt von Redaktion am 30. April 2023

Wir leben in Zeiten des Geltungsdrangs und der Selbstüberschätzung.

Von Redaktion – DL.

Der Soziologe Thomas Druyen hat ein Buch darüber geschrieben – und es den „Treuen und Anständigen“ gewidmet.

Thomas Druyen: Ich bin Wissenschaftler, kein Richter. Aber so viel sage ich schon: Wenn im Ruhrgebiet die Kirchen schließen, wenn das geistliche Leben verarmt und Seelsorge nicht mehr finanziert werden kann, dann sind solche Nachrichten wie aus Limburg schwer zu ertragen. Aber wir sollten uns nicht an einzelnen Beispielen festbeißen, denn die Scheinheiligkeit hat viel verheerendere Dimensionen.

ZEIT: Man hat den Eindruck, es herrsche Scheinheiligkeit, wohin man sieht. Seien es gedopte Sporthelden wie der siebenfache Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong , sei es der zurückgetretene Verteidigungsminister zu Guttenberg mit seiner erschlichenen Promotion, sei es der gestrauchelte Bundespräsident Christian Wulff mit seinen dubiosen Kontakten zu reichen Gönnern…

Druyen: Die Beispiele können wir endlos fortführen. Aber entscheidend sind die vielen Arten von Scheinheiligkeit. Da ist erstens die individuelle und manipulative Vortäuschung falscher Tatsachen, das reicht von der Hochstapelei über Plagiate bis hin zum Amtsmissbrauch . Die zweite Stufe betrifft das vorsätzliche Erwecken eines falschen Anscheins. Ob Sie den operettenhaften amerikanischen Wahlkampf betrachten oder die strukturelle Folgenlosigkeit von zwei Billionen Dollar Entwicklungshilfe. In allen Fällen handelt es sich um interessengebundene und kollektive Scheinheiligkeit. Die dritte Stufe hat systemischen Charakter: die Verschuldungs- und Entschuldungsakrobatik der Banken, die Tatsache, dass Nahrungsmittel zu Spekulationsobjekten verkommen, überhaupt die gemeinhin akzeptierte, salonfähige Ungerechtigkeit, dass die Welt in eine Handvoll Profiteure und ein unübersehbares Heer von Almosenempfängern aufgeteilt ist.

Quelle     :       Zeit-online          >>>>>          weiterlesen

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Oben     —   29th plenary session of the 19th legislative period of the Abgeordnetenhauses of Berlin: Election of the Governing Mayor

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Unser Leben unter Affen

Erstellt von DL-Redaktion am 17. April 2023

Leben wir noch in einer Demokratie oder schon in einem Affentheater

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Gleichen die drei Affen nicht den Politiker-innen, welche sich nur Trolle nennen und wie Clowns benehmen!

Quelle       :        Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Neben den umwälzenden Weltveränderungen müssen wir bei uns einem Theater zuschauen, das wir uns vor wenigen Jahren nicht im Traum vorstellen konnten. Der rote Kanzler macht mit schüchternem Lächeln verzweifelte Anstrengungen, seine Truppe zusammenzuhalten, erst im Schloss auf dem Land und dann in derWaschmaschine (Kanzleramt) in Berlin.

Die grünen Minister für Außenpolitik und Wirtschaft vollführen erratische Kapriolen bei Aufgaben, denen sie nicht gewachsen sind. Und der liberale Finanzminister blockiert als kleinste politische Kraft, was ihm beliebt und mischt sich überall ein. Diese vier Leuchten der Ampel haben scheinbar jeden Sinn für Volk und Demokratie verloren. Alle Versprechen vor ihrer Wahl sind Schall und Rauch. Zum Kanzler ist wenig zu sagen, weil er eben so wenig von sich gibt. Er holt sich jetzt seine Befehle in Washington direkt und persönlich ab.

Der Finanzminister bewilligt Gelder, die der Industrie nützen, während er für eine Grundsicherung für Kinder kein Geld zu haben vorgibt. Den Gipfel der Ignoranz und Arroganz aber haben die beiden grünen Politiker erklommen. Die eine schießt mit erstaunlicher Begabung einen Bock nach dem anderen bis hin zur Erklärung, dass sich unser Land im Krieg mit Russland befinde, weil wohl nur das zu ihrer Illusion von der internationalen, regelbasierten Ordnung passt.

Damit zeigt sie aber wie unwichtig sie eigentlich ist. Sie vertritt nicht die Interessen unseres an sich souveränen Landes, sondern plappert nur tumb die Vorgaben der USA nach. Diplomatisch auftreten ist ihr fremd, alles im Wesentlichen nur Show für die nationalen Medien. Ihr grüner Kollege und promovierter literarischer Ästhet – von Wirtschaft wenig beleckt – trifft Entscheidungen und bastelt Pläne, die unseren Wohlstand massiv zu gefährden geeignet sind und das auch schon getan haben.

Seine Verachtung für das Volk wird in seiner Entscheidung deutlich, nur Über-Achtzigjährige von seiner irrwitzigen Regel zur Heizungserneuerung zu verschonen. Allen anderen greift er brutal in die Tasche mit gravierenden Folgen für den Wohnungsmarkt. Aber gewählt ist gewählt. Jetzt macht er, was er will, mit oder gegen seinen freidemokratischen Kollegen von den Finanzen. Insbesondere die hier genannten Regierungsmitglieder sind getreu dem Peter-Prinzip durch seitliche Arabesken in den verschiedenen Parteiappareten
aufgestiegen und jetzt auf der Stufe ihrer Inkompetenz angekommen.

Theater Pur – von Politik keine Spur !

Eine Krise jagt die nächste. Demokratische Entwicklungen und Entscheidungen werden durch Behördenauflagen umgangen und machen dringend notwendige Maßnahmen höchst kompliziert und lamgwierig bis unmöglich. Die gesamte, US- gesteuerte Sanktionspolitik ist manifest gegen die Interessen der breiten Bevölkerung und macht nur Reiche noch reicher. Unsere ach so hochgelobte Demokratie ist multipel sklerotisch und bedarf dringend einer Erneuerung mit einer echten Beteiligung des Volkes an Entscheidungen, die unser Leben bestimmen.

Unser Parteien- und Wahlsystem ist grotesk. Einmal gewählt, ist man für den Rest der Regierungsperiode entmündigt, weil die gewählten Parteien sich opportun mit anderen zusammenwürfeln, um nur irgendwie an die Macht zu kommen. Die Meinung des Volkes wird wieder unwichtig, und das Gebrüll des kleinsten Affen indiesem Theater kann das ganze Regieren blockieren und ad absurdum führen.

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Oben       —     Die drei Affen von Nikkō

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Nichts als Märchen

Erstellt von DL-Redaktion am 16. April 2023

Im Koalitionsvertrag kommen sie zwar endlich vor.

Haben die Politiker-innen nicht immer die schönsten Märchen für sich selber geschrieben. Selbst dann wenn sie diese später nicht einmal lesen konnten ?

Von  ;   Verena Niethammer

Doch pflegende Eltern, etwa von Kindern mit Behinderung, sind von der Politik schändlich vernachlässigt. Fakt ist, dass pflegende Familien genauso wie Menschen mit Behinderung stark von Armut bedroht sind.

Es gibt fünf Millionen Menschen mit Pflegebedarf in Deutschland. Blickt man in offizielle Pflegebroschüren, könnte man meinen, dass es sich dabei ausschließlich um ältere Menschen handelt. Doch circa 3 Prozent von ihnen sind minderjährig. Diese Kinder und Jugendlichen werden überwiegend zu Hause gepflegt. Sie leben mit ihren Familien in besonders belasteten, oftmals prekären Verhältnissen. Das ist längst bekannt und durch Studien wie die des Kindernetzwerks aus dem Jahr 2014 belegt. Dennoch werden pflegende Eltern seit Jahrzehnten übergangen. Weder die Familien- noch die Pflegepolitik hat sie auf dem Schirm.

Ein Aha-Moment war die Veröffentlichung des Koalitionsvertrags im November 2021. Im Abschnitt zur häuslichen Pflege wurden tatsächlich Familien von Kindern mit Behinderungen erwähnt. Ein absolutes Novum. Das weckte Hoffnung auf Veränderungen.

In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr pflegende Familien vernetzt, auch über ­Social Media. Es gab mehrere erfolgreiche Peti­tio­nen, etwa „Stoppt die Blockade der Krankenkassen“, die sich gegen mutwillige Hürden in der Hilfsmittelversorgung stellt. Hier geht es um Essenzielles wie Rollstühle, Laufhilfen oder Geräte zur Kommunikation. Obwohl diese Hilfsmittel von Fach­ärzt:in­nen verordnet werden, lehnen viele Krankenkassen sie zunächst einmal ab. Dann folgt meist ein langwieriges Widerspruchsverfahren. Das initiierende Eltern- und Ärztepaar Lechleutner sammelte über 55.000 Unterschriften. Ein halbes Jahr später fand sich die Formulierung, dass die Hilfsmittelversorgung ab sofort unbürokratischer gestaltet und digitalisiert werden soll, als ein gesetztes Ziel der Ampel.

Aber das waren offensichtlich leere Versprechungen. Spürbare Konsequenzen gab es bisher keine. Auch das persönliche Budget – eine Geldleistung für Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung, mit der diese As­sis­tent:in­nen und Fachkräfte selbst bezahlen können – sollte fortan leichter gewährt werden. Doch die Antragstellung ist auch heute noch ein unglaublicher Hürdenlauf. Inklusion funktioniert in Deutschland auch 2023 nur mit guter Rechtsschutzversicherung oder dickem Geldbeutel.

Wichtig für pflegende Familien wäre Entlastung in der häuslichen Pflege. Denn diese Care-Arbeit ist ein zehrender Knochenjob nicht nur in stationären Einrichtungen, sondern vor allem zu Hause, wo 99 Prozent der minderjährigen Pflegebedürftigen versorgt werden. Viele Mütter und Väter pflegen und betreuen ihre Kinder rund um die Uhr, die meisten ohne pflegerische Unterstützung. Der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn hatte mit seiner Pflegereform 2021 das Thema angekratzt. Dabei bediente er sich zwar des Begriffs Entlastungsbudget – doch der Inhalt fehlte. Das Konzept war nichts als ein verdecktes Streichkonzert. Der Gesamtbetrag des neuen Budgets war letztlich geringer als die darunter subsumierten Einzelbeträge. Die Verhinderungspflege – also eine kurzzeitige Vertretung der pflegenden ­Person –, die das meistgenutzte Hilfsangebot für pflegende Familien darstellt, sollte reduziert werden. Zugleich sollte die Summe für stationäre Kurzzeitpflege erhöht werden. Deren Nutzung wurde zudem zur Bedingung für die Verhinderungspflege-Leistung. Allerdings bedeutet Kurzzeitpflege die Kürzung des Pflegegelds. Das ist eine verdeckte Refinanzierung auf Kosten der pflegenden Angehörigen. Zudem gibt es viel zu wenig Angebote zur schnell wachsenden Nachfrage. Im U18-Bereich besteht seit Jahren vielerorts extremer Mangel. Wer also keinen Kurzzeitpflegeplatz findet, könnte dann nicht einmal die volle Verhinderungspflege nutzen. Eine Mogelpackung, die einen lauten Aufschrei und eine weitere Unterschriftenaktion zur Folge hatte. Spahn vertagte das Ganze dann einfach – auf unbestimmte Zeit. Die Coronapandemie diente als willkommene Ausrede. Doch die Ampelregierung verspricht nun, mehr Entlastungsstrukturen zu schaffen und einen Ausbau der Kurzzeitpflegeeinrichtungen zu forcieren. Für viele pflegende Familien sind sie eine unverzichtbare Unterstützung, die oft für eigene Gesundheitsfürsorge, etwa lange aufgeschobene OPs, benötigt wird. Doch tatsächlich passiert das Gegenteil: ein Ab- statt eines Ausbaus. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens macht auch vor der Pflege keinen Halt. Zahlreiche Einrichtungen werden geschlossen und Projekte, etwa eine Kurzeitpflege für Minderjährige in Esslingen, abgesagt, da zu teuer. Weitere Angebote schließen wegen neuer Auflagen den Kinderbereich. Pflegende Eltern fühlen sich veräppelt.

Während seit Herbst 2022 Fachkräfte der ambulanten Pflege endlich auch Tariflohn erhalten, wurde das Pflegegeld seit 2017 nicht mehr erhöht. Fakt ist, dass pflegende Familien genauso wie Menschen mit Behinderung stark von Armut bedroht sind – und das nicht erst im Alter, was der Paritätische Teilhabebericht von 2021 belegt.

Was dazu im Koalitionsvertrag steht: Es werde ab 2022 eine Dynamisierung des Pflegegelds erfolgen. Erneut eine hohle Phrase, denn aus der neusten Pflegereform Karl Lauterbachs vom April 2023 ist dieser Passus ebenfalls verschwunden. Die Erhöhung wurde vertagt auf 2024, um magere 5 Prozent soll das Pflegegeld dann angehoben werden. Zahlreiche der überwiegend weiblichen Pflegenden leisten inzwischen auch „Sandwichpflege“, da sie neben ihren Kindern ältere Verwandte versorgen.

Ein kleiner Etappensieg ist, dass das Intensivpflege und Rehabilitationsgesetz (IPReG), das von Spahn ins Leben gerufen wurde, inzwischen nachgebessert wurde. Betroffene und Angehörige hatten sich zusammengetan mit der Konsequenz, dass die überarbeitete Version nun weniger able­istisch ist. Dennoch bleibt das IPReG ein Bürokratiemonster, das allen das Leben unnötig schwer macht. Auch den Ärzt:in­nen und unterbesetzten Stationen wird noch mehr aufgebürdet. Allein zur Ausstellung der neuen Verordnungen der AKI – der ambulanten außerklinischen Intensivpflege – müssen spezialisierte Fach­ärzt:in­nen gefunden werden, die dazu bevollmächtigt sind. Je­de:r Außenstehende müsste sich ausmalen können, was es bedeutet, wenn man neben der Pflege einer derart versorgungsintensiven Person noch wochenlang in Warteschleifen hängt. Wird ambulante Intensivpflege genehmigt, sind die beauftragten Pflegedienste meist unterbesetzt. Sie begleiten das Kind oft nur eine Schicht, auch wenn 24-Stunden-Pflege verordnet ist. Die Familien sind oft auf sich gestellt, lernen nahezu alle medizinischen Handgriffe. Sie überwachen und intervenieren übermüdet, pflegen weit über ihre Reserven hinaus. Eine Tages- und Nachtpflege würde helfen, doch die gibt es nur im Erwachsenenbereich. Von den raren U18-Einrichtungen nehmen die wenigsten Kinder mit Pflegegrad 4 oder 5 auf. Bekommen diese doch einen Platz im Kinderhospiz oder zur Kurzzeit, wird unmittelbar das Pflegegeld gekürzt. Eine unfassbare Frechheit, in keinem anderen Beruf gibt es unbezahlten Urlaub, der sogar noch finanzielle Nachteile mit sich bringt. Die Familien müssen es sich leisten können, Entlastung anzunehmen. Das ist unwürdig und steht in keiner Relation zu dem, was pflegende Eltern tagtäglich leisten – oft lebenslang.

Was pflegende Eltern daher dringend benötigen, ist finanzielle und soziale Absicherung. Das ginge entweder durch eine Entlohnung im Sinne eines Care-Gehalts oder durch eine Anstellung als Assistent des Kindes. Denn genau diese Tätigkeiten, die sonst im Rahmen des persönlichen Budgets der erkrankten Person vergütet werden, leisten Eltern gratis, es gibt höchstens Rentenpunkte. Die Pflegekassen sparen so jeden Monat bares Geld auf Kosten der Eltern.

Quelle     :            TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —       Vectorized silhouettes of Hansel and Gretel.

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Springer-Chef Döpfner

Erstellt von DL-Redaktion am 14. April 2023

Das Monster, das wir schufen

Von   :  Carolina Schwarrz

Die „Zeit“ veröffentlicht persönliche Nachrichten von Springer-Chef Mathias Döpfner. Die Empörung ist groß. Zu kurz kommt, wer ihn mächtig gemacht hat. „TAZ-Aufmacher Heute:“ Die Springerchefs sind entweder FDP-Fans oder rassistische wessis. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig. Voller Einsatz für die FDP, Tiraden gegen „ossis“, Merkel, „intolerant Muslims und all das andere Gesocks“: Die gesammelten Werke des Springer.Vorstandvorsitzenden Mathias Döpfner in jetzt veröffentlichten Mails und Chats.

Keine Überraschung! So lautet die vermutlich häufigste Reaktion auf die Döpfner-Causa am Donnerstagmorgen bei Twitter, dem Lieblingsnetzwerk der Jour­na­list*in­nen. Anlass war eine Recherche der Zeit, die nach eigenen Aussagen E-Mails und Chats einsehen konnte, die Springer-Chef Mathias Döpfner in den vergangenen Jahren an Personen aus dem engsten Führungskreis geschickt haben soll. Viele davon sind voller Rechtschreibfehler, englischer Wörter und lesen sich, als hätte sie jemand in besoffenem Zustand abgeschickt. „Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.“ Oder eine SMS an den damaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt: „Please Stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind können sie in Ampel so autoritär auftreten dass die platzt. Und dann Jamaika funktioniert.“

Aus der Zeit-Recherche ergibt sich das Bild eines mächtigen Mannes, der die Bundespolitik beeinflussen, Angela Merkel absägen und die Ostdeutschen fertigmachen will. Ein Mann, der den Klimawandel eigentlich ganz gut findet, in Trump einen geeigneten US-Präsidenten sieht und die Wahl Kemmerichs zum thüringischen Ministerpräsidenten mithilfe der Stimmen der AfD unproblematisch findet. Er selbst fasst sein Weltbild in einer Nachricht so zusammen: „free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs.“

Wer in den letzten Jahren die Berichterstattung der Springer-Medien, allen voran die der Bild, verfolgt hat, wird von diesen Aussagen wahrlich nicht überrascht sein. Döpfners rechtes Weltbild war bekannt. Dass der Mann an der Spitze eines der größten Medienunternehmen weltweit gegen journalistische Grundsätze verstoßen möchte, um Politik zu beeinflussen, ist skandalös – aber leider nicht verwunderlich.

Jetzt mit dem Finger auf diesen einen fiesen Typen zu zeigen, der peinliche denglische Chats voller Fehler an seine Mit­ar­bei­te­r*in­nen verschickt, ist wenig hilfreich. Denn, ob wir Jour­na­lis­t*in­nen das nun wollen oder nicht: Mathias Döpfner ist ein Kollege von uns. Und zwar nicht irgendeiner, sondern ein ziemlich mächtiger. Dass er an der Spitze eines Medienhauses sitzt und seine Macht willkürlich ausleben kann, ist gefährlich – aber er hat sich dort nicht alleine hingesetzt.

Abgekumpel in der Branche

In erster Linie liegt die Verantwortung natürlich beim Verlag selbst. An Döpfners steiler Karriere vom Welt-Chefredakteur zum Quasiherrscher über den Springer Verlag ist vor allem Friede Springer, die Witwe von Axel Springer, schuld. Sie übertrug ihm 2019 nicht nur Aktien im Wert von rund 1 Milliarde Euro, sondern auch ihr Stimmrecht.

Seitdem kann Döpfner eigentlich machen, was er will. Zuletzt zeigte sich das in der Reichelt-Affäre. Als Reichelt 2021 Machtmissbrauch und verschiedene Affären mit Mitarbeiterinnen vorgeworfen wurde, stellte Döpfner sich schützend vor ihn. In dem folgenden Jahr erschienen neben Recherchen vom Spiegel auch welche von der Financial Times und der New York Times, die Döpfner eine Mitschuld daran geben, dass Reichelt so lange seine Macht missbrauchen konnte. In diesem Zusammenhang wird eine SMS zitiert, in der Döpfner Reichelt als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den „neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Infolge der Recherchen wurde Reichelt gefeuert, Döpfner blieb an der Spitze.

Quelle       :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —       L to R: Friede SpringerMathias DöpfnerKai Diekmann, and Julian Reichelt, June 2019

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Rette Lebensmittel wer kann

Erstellt von DL-Redaktion am 13. April 2023

Von der Lebensmittelrettung zur ganzen Bäckerei

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Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      ;       Jonathan Eibisch

Während vor 15 Jahren Personen wie Hanna Poddig, die in Talkshows das Containern propagierten, noch als völlig abgedrehte Freaks dargestellt werden konnten, hat sich das Blatt mittlerweile gewendet.

Dass inzwischen Politiker*innen der Grünen, ebenso wie von der FDP vorschlugen, zu entkriminalisieren, wenn Menschen Essen aus Supermarktcontainern ziehen, hat seine Gründe. Es sind die gleichen, welche diese Fraktionen in Hinblick auf gewisse Sympathien für ein bedingungsloses Grundeinkommen teilen. Ganz im Unterschied zur Sozialdemokratie, welche traditionell mit der ausufernden staatlichen Bürokratie verfilzt ist, wissen gelbgrüne Liberale, dass Menschen eine gewisse Selbstständigkeit benötigen, um sich aktiv in den Arbeitsmarkt einbringen oder als bürgerliche Rechtspersonen konstituieren zu können. Was den einen der Steuererlass oder Gründerzuschuss, ist den anderen eben ihr gratis Essen aus dem Container.Selbstverständlich ist Müll auch Eigentum. Unterm Strich lohnt es sich aber, wenn er von verarmten alten Leuten, studentischen Kleinsparer*innen oder ausgewiesenen Vollzeitaktivist*innen verwertet wird. Volkswirtschaftlich teurer als das Containern zu kriminalisieren, wäre es, kämen die Betreffenden auf die Idee, individuell (mehr) zu klauen. Oder gar kollektiv zu plündern, wie es noch in den 70er und 80er Jahren selbst in der BRD durchaus gängige Praxis im Anschluss an manche stimmungsvolle Demo war. In Zeiten spürbar steigender Preise, die auch bei Lebensmitteln deutlich zu Buche schlagen, wäre dies sicherlich nicht die entfernteste Idee.Jedenfalls ist die Lebensmittelrettung auch durch den einen oder anderen Verein bekannt geworden. Fast wichtiger noch als dies ist die inzwischen in zahlreichen Städten anzutreffende systematische Organisation der Erbeutung und Verteilung von Weggeworfenem. Gruppen in sozialen Medien machen es möglich, sich gegenseitig über Funde zu informieren oder zur Abholung der ideellen Ware vor der Haustür einzuladen. Ob es beim Verschenken von zwei Gläsern Marmelade an Personen aus einer Szene-Gruppe wirklich um die „Rettung“ derselben geht oder es sich dabei nicht um eine Art inflationäre Kontaktsuche handelt, sei dahingestellt. Bei den Nachbar*innen klingeln die entsprechenden Leute jedenfalls offenbar kaum, wegen ihrem Anliegen.

Neben der Tatsache, dass es wohl schon immer arme Menschen gab, die sich durch das Sammeln von Müll über Wasser halten mussten, war die Lebensmittelrettung bis vor einem Jahrzehnt eher noch ein Hobby einiger Krusten oder Hippies. Wurden diese an der Tonne gesehen, zogen sie zwar die Verachtung der Spiessbürger*innen auf sich, konnte sich dafür aber wenigstens in ihrem Aussenseitertum feiern.

Heute scheint dieses Hobby aber zum regelrechten Sport mutiert zu sein. Statt etwa höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, niedrigere Preise oder einen Stopp der fatalen Subventionierung industrieller Landwirtschaftskonzerne zu fordern, schwingt sich der eine oder die andere Lebensmittelretter*in zu Held*in wider die Destruktion auf. Mit ihrem Ehrgeiz ist bei manchen von ihnen wohl auch eine Krisenverwalter*in des THW verloren gegangen.

Krisenverwaltung ist überhaupt jener Bereich, in welchem Anarchist*innen und Faschist*innen im Gegensatz zu ihrer sonstigen Verortung am nächsten beieinander liegen. Wobei ihr Agieren selbstredend dennoch sehr unterschiedlich ist. Letzteren allerdings gelang es bereits systematisch die Feuerwehren dieses Landes zu unterwandern, wie der Verfassungsschutz zuletzt mit gespielter Überraschung feststellte. Das nennt sich wohl präfigurative Politik: Wer die Katastrophe von morgen autoritär bewältigen will, sichert sich bereits heute dafür die Glaubwürdigkeit in Zusammenhängen, welche ohnehin darauf trainiert werden, mit Notsituationen umzugehen.

In „alternativen“ Kreisen wird die Apokalypse zu zelebrieren dagegen zum Lebensstil, der nebenbei zu interessanten Bekanntschaften und allerlei Ausflügen führt, wobei diese anhaltenden Gesprächsstoff bieten. Fast wird es peinlich, sich nicht an dieser Elendsverwaltung beteiligen zu wollen – sei es aus Faulheit, übertriebenem Sauberkeitsbedürfnis oder auch geringen Zeitressourcen. „Rette Lebensmittel, wer kann!“, wird der Imperativ des neuen Volkssports bald lauten. Irgendwie dachte ich früher immer, dass es gilt, Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten. Oder Tiere aus Mastanlagen.

Postmoderne Bürger*innen retten ihre Seelen hingegen aufgewogen an den Gütern, welche sie aus dem Container ziehen: Eine Netz Orangen (und nur drei verschimmelt), sieben Leibe Brot (dass noch nicht nass geworden zu sein scheint), achtzehn Jogurt (davon die meisten noch nicht mal aufgeplatzt), zwei angestochene Kaffeepackungen und drei welke Blumensträusse. Da wird das Herz doch weit und ein Seufzen verlässt die Kehle: „Gerettet!“. Die Käsepackung hingegen war schon deutlich von blauen Spuren gezeichnet. Und wenn wir schon beim Thema tierische Produkte sind: Obwohl ich viel ab kann, war meine persönliche Schwelle eines Tages überschritten, als wir kurz nach Ostern, mehrere gehäutete und in Plastikfolien eingeschweisste Hasenleichen fanden. Nie hatte ich bis dahin den Geruch von Leichen so intensiv wahrnehmen dürfen. Was für ein Geschenk, dass ich diesen Einblick in die Lebensmittelherstellung westlicher Industrienationen erhaschen konnte!

Dass die Ursachen von ökologisch zerstörerischer Überproduktion und selbst (bzw. gerade) im Kapitalismus ineffektiven Verteilungswegen damit kaum angegangen werden, erklärt sich von selbst. Wer unterm Strich spart und dann mehr Kohle dafür hat, ein Zugticket statt ein Flugzeug für den nächsten Urlaub zu buchen, macht sich an der Klimakatastrophe nicht schuldig. Wobei sich beides auch keineswegs ausschliesst. Dabei muss doch nicht immer etwas oder irgendjemand gerettet werden. Der Kreislauf lautet Produktion – Konsumption – Destruktion. Wo nichts zerfallen kann und darf, klammern wir uns krampfhaft ans Leben, weil wir spüren, dass die Zeit knapp wird und es uns entgleitet.

Lebensmittel aus der Verurteilung zur Wertlosigkeit zu erretten, gibt Menschen insofern das Gefühl, den Verfall für einen kurzen Moment aufzuhalten. Man gibt sich somit auch ein Stück Selbstwert zurück, der einem sonst in der Konkurrenz- und Mangelgesellschaft nie – oder eben nur kurz, damit wir Junkies bleiben – gewährt wird. Somit ist es auch nur konsequent, sich die zur Zersetzung bestimmten kapitalistischen Waren selbst einverleiben zu wollen. Da die zum Müll degradierten Produkte trotzdem durch die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, wie auch die Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlage erzeugt wurden, handelt es sich im Grunde genommen um eine Art Kannibalismus.

Schlussendlich möchte ich nicht falsch verstanden: Ich bin absolut für die eigenmächtige Beschaffung von Ressourcen und ihre möglichst kollektive Verteilung. Es wäre lächerlich, dafür einen bestimmten Grad an persönlicher Verelendung erreicht haben zu müssen. Wer clever ist und weiss, wie man sparen kann – warum nicht? Was wir von der Oma oder Uroma nach dem Krieg gelernt haben, bewährt sich auch heute. Dann bleibt eben mehr für anderes über und am Ende des Monats rechnet sich das schon. Auch gegen ein Aussteigertum für einige Jahre habe ich gewiss nichts einzuwenden. Doch: Lebensmittelrettung als eine Art Ablass zu betreiben, der nebenbei die Aufmerksamkeit von sozialen Kämpfen ablenkt, ist nichts als ein skurriles Hobby oder ein verkappter Puritanismus. So einfach diese Wahrheit ist: Wir müssen auf die Produktion abzielen. Und dies beinhaltet, die ganze Bäckerei zu vergesellschaften.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben        —     Container-Aktion der Gruppe in Berlin (2022)

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Unten      —         Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation verschenken weggeworfene Lebensmittel vor dem Kaufland in der Residenzstraße. Berlin, 08.01.21

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 7. April 2023

Das lief alles sehr, sehr, sehr gut

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

KoalitionDie Ampelregierung hat einen Klimakompromiss gefunden, da muss man auch mal zufrieden sein. Und jetzt war auch noch King Charles zu Besuch, besser kann es nicht mehr werden.

Wenn ich so aus meinem Homeoffice-Fenster schaue und sehe, wie der Fuhrpark der usbekischen Botschaft nach dem Regen wieder trocken in der Sonne chromglänzt, dann stelle ich zufrieden fest: Es war eine sehr, sehr, sehr gute Woche. Gut, so würde ich das nie sagen, ich heiße ja nicht Olaf Scholz, und außerdem gibt es immer was zu meckern, aber: Man muss auch mal zufrieden sein.

Also: Es war ein sehr, sehr, sehr guter Klima-Kompromiss, den unsere Ampelregierung Anfang der Woche beschlossen hat. Es hätte ja wirklich schlimmer kommen können! Meine Mutter hatte schon befürchtet, dass der Habeck ihr die Ölheizung persönlich aus dem Keller reißt. Aber so kam es nun ja nicht.

Mehr Autobahnbau und in Gottes Namen auch eine kleine Ausnahmegenehmigung für „E-Fuels“-Porsche-Fahrer, aber auch ein paar reparierte Bahnschienen und, na gut, irgendwann muss dann auch mal Schluss sein mit dem Öltank – aber alles schön langsam. Man darf die Leute ja nicht überfordern, oder, im sozialdemokratischen Jargon: Man muss die Menschen mitnehmen.

Erst mal können alle weiter fahren, tanken und heizen wie bisher, wenn sie es sich leisten können. Und das ist ja auch sehr, sehr, sehr richtig so! Laut einer Spiegel-Umfrage findet schließlich nur die Hälfte der Deutschen Umweltschutz wichtig. Die andere Hälfte will ihre Ruhe, oder, wie sie dem Meinungsforschungsinstitut zu Protokoll gegeben haben, weil das edler klingt: interessiert sich eher für Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Der britische Monarch zu Besuch in Brandenburg

Im Land von Bert Brecht gilt eben immer noch: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Dazu passte hervorragend, dass der britische Monarch und seine Gattin diese Woche bei ihrem Deutschlandbesuch einen Brandenburger Öko-Vorzeigehof besichtigten.

Die „da oben“ essen Bioziegenkäse, fachsimpeln über artgerechte Tierhaltung und fahren zum Vergnügen mit der Bahn durchs Land (es ging für Charles und Camilla dann weiter nach Hamburg) – während das niedere Volk seine Wurst beim Discounter kauft und am Wochenende mit dem geliehenen 5er-BMW durch die City cruist. Geht ja nicht anders! Man muss sich ja auch mal entspannen, ohne immerzu nachzudenken – und (grüne) Moral ist eh was für Ziegenkäse essende Royals und andere Großkopferte.

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Wenn Deutsche Steine nicht nur Lachen – sondern auch Köng werden könnten!

Und überhaupt, wer will schon Ziegenkäse aus Brandenburg, wenn es im Supermarkt den schönen Parmesan gibt, der, wie böse Zungen behaupten, gar nicht in Italien erfunden wurde, sondern in Wisconsin. Auch meine liebsten Schnell-schnell-Spinat-Ricotta-Tortellini nach „original italienischem Rezept“ kommen, wie eine kurze Recherche ergibt, aus Luxemburg. Genauer gesagt vom „Marktführer im Bereich Frische-Convenience in Deutschland, Österreich und der Schweiz“.

Von wem kommt die Carbonara?

Convenience, genau: Sollen sich doch die Italiener mit anstrengenden kulinarischen Aneignungsdebatten herumschlagen, so von wegen: Wir verlangen immerwährendes Copyright auf Parmigiano, Spaghetti Carbonara oder Pizza Margherita. Ja, als ich noch wie eine Toskana-Grüne gedacht habe, hätte mich das auch empört: Wie kann man sich nur Mozzarella aus Norddeutschland auf die Pizza hauen oder Speckwürfel aus westfälischer Massentierhaltung in die Carbonara! Aber ist das nicht eine Öko-Arroganz, die ich mir angesichts der hohen Preise eh nicht mehr leisten kann? Also her mit den globalisierten Convenience-Produkten, Hauptsache, es schmeckt!

Quelle             :          TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Große Koalition in Berlin:

Erstellt von DL-Redaktion am 6. April 2023

Ein Desaster für die Bürgerrechte

2022 wollte sie noch gestakten – nun 2023 lässt sie sich von der CDU verwalten !!

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Kommentar von        : 

Mehr Videoüberwachung, mehr anlasslose Kontrollen, mehr Staatstrojaner. CDU und SPD wollen in Berlin für Aufbruch stehen, doch sie liefern autoritären Rückschritt. Sozialdemokrat:innen, die eine bunte und liberale Stadtkultur wollen, dürfen diesem Koalitionsvertrag nicht zustimmen.

„Aufbruch und Erneuerung“ für Berlin – so lautet das zentrale Versprechen Kai Wegners und Franziska Giffeys. Innenpolitisch liefert der heute vorgelegte Koalitionsvertrag [PDF] von CDU und SPD indes das genaue Gegenteil. Auf die Frage nach dem guten Zusammenleben in der Millionenstadt servieren beide Parteien vor allem die üblichen Antworten der Konservativen: mehr Überwachung, mehr Repression, weniger Grundrechte.

Das beginnt bereits bei der Sprache. Bei der heutigen Vorstellung des Vertrages verspricht der Chef der Berliner CDU mehr „Sicherheit“ und „Sauberkeit“ für die deutsche Hauptstadt. Als ob beide Werte den gleichen Rang haben, sichert Wegner der Polizei alle nötigen Mittel zu, um beides durchsetzen. SPD-Chefin Giffey steht daneben und lächelt. Sie hatte im Wahlkampf ähnliche Töne angeschlagen wie der CDU-Mann und damit das schlechteste Ergebnis der Berliner SPD seit der Wiedervereinigung eingefahren.

„Wertschätzung für die Polizei“ ist Kai Wegner bei dem heutigen Pressetermin besonders wichtig. Kein Wort verliert er darüber, warum das Image der Behörde so ramponiert ist. Dabei ließe sich viel sagen über Probleme mit Rassismus oder auch Rechtstaatsfeindlichkeit in den eigenen Reihen. Stattdessen kündigt Wegner an: „Sie werden merken, dass diese neue Koalition hinter der Polizei steht.“ Für die Opfer von Polizeigewalt muss das nicht nur wie Hohn, sondern wie eine Drohung klingen. Statt Problemanalyse und vertrauensbildender Maßnahmen stellt Wegner der Polizei einen Blankoscheck aus.

Präventivhaft und Staatstrojaner

Der weltoffenen Metropole Berlin droht weit mehr als nur ein neuer Regierungsstil. Wegner und Giffey stehen für Law and Order. Dass die Polizei personell deutlich aufgestockt werden soll, ist dabei nicht zwangsläufig problematisch. Wie so viele Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wurde auch sie kaputtgespart. Zu Recht klagen die Polizist:innen über zu viel Belastung. Doch die Große Koalition will auch eine massive technische und rechtliche Aufrüstung betreiben.

Konkret will sie unter anderem eine Rechtsgrundlage schaffen für den Einsatz von Staatstrojanern durch die Polizei – wie üblich mit Verweis auf die „Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerster Straftaten“. Tatsächlich setzt die Polizei staatliches Hacking in der Praxis vor allem wegen Eigentums- und Drogendelikten ein.

Natürlich gehört auch mehr Videoüberwachung „an kriminalitätsbelasteten Orten“ zum Programm der Koalitionär:innen, um damit „die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen“. Sie hatte die CDU schon zu Zeiten der bislang letzten Berliner GroKo zwischen 2011 und 2016 auf dem Wunschzettel. Dass Videoüberwachung laut wissenschaftlicher Studien damals wie heute kaum zur Prävention beiträgt, interessiert offenbar wenig.

Vom Wunschzettel der CDU

Berlin war bislang eines der letzten Bundesländer mit einem halbwegs liberalen Polizeigesetz. Nun soll auch hier die Möglichkeit zur Präventivhaft verlängert werden, von zwei auf fünf Tage. Ein Blick nach Bayern oder Nordrhein-Westfalen zeigt, wie schnell dieses Mittel gegen politischen Aktivismus und zivilen Ungehorsam eingesetzt werden kann.

Auch das grundrechtsfreundliche Versammlungsfreiheitsgesetz will die GroKo auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls verschärfen. Das hieße: Weniger Versammlungsfreiheit, mehr Rechte für die Polizei auf Demonstrationen. Außerdem will die GroKo mit neuen „Messerverbotszonen“ weitere Gebiete schaffen, in denen die Polizei anlasslos Menschen kontrollieren darf. Das wäre eine versteckte Ausweitung der umstrittenen Schleierfahndung. Auch der Verfassungsschutz soll weiter ausgebaut werden.

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In der wikipedia steht geschrieben:   „Im Zuge der Krawalle in der Silvesternacht 2022 geriet Wegner in die Kritik, weil er im Namen der CDU-Fraktion vom Berliner Senat Auskunft über die Vornamen der deutschen Tatverdächtigen verlangte. Vertreter der rot-rot-grünen Regierungskoalition warfen Wegner daraufhin Rassismus vor, weil er Menschen mit Migrationshintergrund nicht als richtige Deutsche anerkennen wolle.[20 „

Die Nutzung von Bodycams will die GroKo ebenfalls ausweiten und künftig auch in Privaträumen von Bürger:innen einsetzen. Kein Wort verliert der Koalitionsvertrag dazu, dass Polizist:innen die kleinen Körperkameras erfahrungsgemäß immer dann aus vermeintlich technischen Gründen ausschalten, wenn die Aufnahmen sie selbst in einem schlechten Licht dastehen lassen würden.

Konservative Innenpolitik in Reinform

Auch zum sogenannten Neukölln-Komplex findet sich in dem Koalitionsvertrag kein Wort. Über viele Jahre hinweg konnte eine Neonazibande das südliche Neukölln in Angst und Schrecken versetzen. Sie schmissen Fensterscheiben von Menschen ein, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagieren, schmierten Morddrohungen an Wände, zündeten Autos an. Starke Indizien sprechen dafür, dass die Täter nicht nur wegen stümperhafter Polizeiarbeit so lange agieren konnten, sondern auch, weil sie aktive Sympathisant:innen in Justiz und Sicherheitsbehörden hatten.

Ein Untersuchungsausschuss soll in dieser Legislaturperiode endlich Licht in die rechtsextremen Netzwerke bringen. Im ersten Jahr kam er bislang noch nicht weit, auch weil die Behörden mauern. Dass die Aufklärungsarbeit mit dem neuen Regierungsbündnis besser wird, darf getrost bezweifelt werden. Im Gegenteil: Es ist wohl ausgeschlossen, dass der Ausschuss nun noch Erkenntnisse produziert, die die ehemaligen Innensenatoren von CDU und SPD belasten.

Unterm Strich ist all das konservative Innenpolitik in Reinform. Kein Wunder also, dass die Gewerkschaft der Polizei jubiliert, dass sie für zahlreiche Weichenstellungen in dem Koalitionsvertrag verantwortlich sei.

SPD-Mitglieder haben es in der Hand

Dass die von der CDU vorangetriebene autoritäre Wende mit einer gehörigen Portion Rassismus garniert sein dürfte, darauf gab bereits die Debatte um die sogenannten Silvesterkrawalle Anfang des Jahres einen Vorgeschmack. Es würde leichter fallen, Wegners und Giffeys permanenten Bekenntnissen zur „bunten und vielfältigen Stadt“ Glauben zu schenken, wenn sie Probleme bei der Polizei wenigstens ansprechen würden. Oder wenn die neuen Befugnisse zumindest mit besserer Kontrolle der Sicherheitsbehörden einhergingen. Doch Pustekuchen.

Stattdessen schlägt die Berliner Datenschutzaufsicht seit Jahren wegen zahlreicher Datenschutzverstöße bei der Polizei Alarm. Weil sie diese bislang nur beanstanden, nicht aber – wie eigentlich von der EU vorgeschrieben – gegenüber der Polizei auch Anordnungen aussprechen darf, hat Brüssel inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die Berliner GroKo will an dem offenkundigen Missstand offenbar nichts ändern. Stattdessen soll die Datenschutzbehörde zum „Servicedienstleister“ für die Verwaltung degradiert.

Bleibt die Frage: Wen will die SPD mit dieser Politik eigentlich überzeugen? Wer konservative Politik will, kann CDU wählen. Tatsächlich präferiert ein Großteil der Berliner SPD-Wähler:innen laut Umfragen ein Bündnis mit Grünen und Linken. Dafür ist es noch nicht zu spät. Es liegt jetzt bei den Mitgliedern der sozialdemokratischen Partei, das Desaster einer Großen Koalition in Berlin abzuwenden.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquelle :

Oben     —       Jährliche Demonstration des DGB zum ersten Mai in Berlin.

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Wahlrechtsdeformation :

Erstellt von DL-Redaktion am 3. April 2023

Ampel gegen Rot-Grün-Rot

File:Reichstag Plenarsaal des Bundestags.jpg

Leer, leer , leer sind alle meine Plätze – gerade so leer als alle Köpfe welche dort einst saßen.

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Die Macht, NEIN zu sagen

Erstellt von DL-Redaktion am 3. April 2023

ROSA ELEFANT IM RAUM

Quelle       :    RATIONALGALERIE

Autor: Uli Gellermann

Kayvan Soufi-Siavash redete jüngst am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin – dort wo die neue deutsche Demokratiebewegung ihren Anfang nahm. Mit seiner Rede ermunterte er die Teilnehmer der Kundgebung zur Selbstermächtigung. Seine Rede sollte verbereitet werden. Wer sie begreift, der ist reif für Veränderungen. Wer sie weitergibt, der verbreitet das Virus der Demokratie. Das kann sehr ansteckend wirken.

Worüber man in diesem Land nicht reden darf

„Ich war die Tage im Berliner Zoo auf der Suche nach einem Tier.

Einem Tier, das ich dort nicht finden konnte – obwohl es mir im täglichen Leben seit Jahren permanent begegnet.
Die Rede ist von diesem gigantischen rosa Elefanten, der seit dem Jugoslawienkrieg 1999 überall in der Republik im Wege herumsteht und den wir alle tagtäglich erkennen können, über den dieses Land aber nicht sprechen darf oder will.

Befragung im Polizeigewahrsam

Dieser rosa Elefant steht für die Erkenntnis, dass das, was wir Demokratie nennen, also die Herrschaft durch das Volk, volk-kommen ins Leere läuft. Und zwar zu allen Themen, zu denen wir, die Bürger, später zur Kasse gebeten werden – in dem Sinne, dass wir für sie einen Preis zu bezahlen haben.
Ob Bankenpolitik, Flüchtlingspolitik, NATO-Politik oder jüngst Gesundheitspolitik: Wir werden nie wirklich gefragt.
Und selbst wenn, so ist der Regierung unsere Antwort ziemlich egal. Sie handelt stets so, dass sie immer das Gegenteil von dem beschließt, was die Mehrheit abgestimmt hätte, HÄTTE man sie dazu direkt befragt.
Direkte Befragung findet in der BRD nur in Polizeigewahrsam statt.
Und auch nur für Otto Normalbürger, die sich durch Präsenz auf der Straße ungebeten demokratisch betätigen. Das Hochhalten des Grundgesetzes reichte dazu in den Corona-Hochzeiten.
Das HOCHHALTEN des Grundgesetzes galt ganz offiziell als eine unerlaubte politische Äußerung! Ich habe diesen Spruch von der Polizei, hier auf dem Rosa-Luxemburg-Platz mehrfach gehört.

Das Stück „Die Angepassten“

Was ich nicht gehört habe, war Widerspruch, z.B vom Theater Volksbühne im Hintergrund – im Gegenteil. Diese Institution war während der gesamten Corona-Zeit auf der Seite der Regierung und verhüllte seine Fassade wie Christo seinerzeit den Reichstag – nur dass es bei Christo Kunst war.
Bei der Volksbühne handelte es sich um Opportunismus: Dieses Haus hat seine Glaubwürdigkeit verspielt.
Der Vorhang ist gefallen und was wir sehen konnten, war das Stück „Die Angepassten“.

Mauer der Propaganda

Natürlich ist diese Kurzbeschreibung des Status quo in diesem Land eine für mich typische Verschwörungstheorie. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen. Muss man auch nicht, sie steht ja schon: in den Köpfen der meisten.
Es ist die Mauer der Propaganda, an der kontinuierlich gearbeitet wird.

Als freier Reporter in Weißrussland

Ich war die letzten Tage in Weißrussland.
Als freier Reporter mache ich mir generell selber ein Bild von der Lage. Das unterscheidet mich von den Hofberichterstattern und Atlantik-Brücke- Journalisten, die wir beim Tagesspiegel, der taz, bei FAZ, Spiegel und natürlich ARD und ZDF finden.
Diese Menschen sind so angepasst, dass sie Seymour Hersh für den Halbbruder von Julian Assange halten und sich fragen, warum der immer noch auf freiem Fuß ist.

Weißrussland hat nie vergessen, was Krieg bedeutet

Warum war ich in Weißrussland?
Es ging mir um die Frage, was weiß Russland, was wir nicht wissen und die Antwort habe ich ihnen mitgebracht:
Weißrussland hat nie vergessen, was Krieg bedeutet.

Ein Drittel der Weißrussen ermordet

Es gibt dort eine lebendige und vor allem aufrichtige Erinnerungskultur. So war ich in Chatyn – dem weißrussischen Chatyn, nicht zu verwechseln mit dem russischen Katyn.
Der Ort Chatyn steht für das Auslöschen von mehr als 200 Dörfern durch die Wehrmacht. Mehr als 200 Dörfer wurden buchstäblich dem Erdboden gleich gemacht. Die Menschen wurden in Scheunen gejagt und angezündet. Wer versuchte zu entkommen, der traf auf ein Maschinengewehr oder einen Flammenwerfer.
Insgesamt wurde ein Drittel der damals 10 Millionen Weißrussen ermordet. Frauen, Kinder, Säuglinge, Schwangere, Alte wurden systematisch vernichtet.
Dieses Verbrechen an den Weißrussen jährt sich in diesem Jahr zum 80sten Mal. An der Gedenkstätte waren Diplomaten und Medienvertreter aus aller Welt. Zehntausende von Weißrussen hatten sich wie jedes Jahr dort versammelt.
Nicht zu finden war auch nur ein deutsches Medium oder ein Vertreter der Republik unter Olaf Scholz.

Scholz kann sich nicht erinnern

Scholz kann sich entweder nicht erinnern, z.B. an Cum Ex, die Außenpolitik der SPD unter Willy Brandt – oder er macht in Washington gute Miene zum bösen Spiel, wenn ihm dort sein Chef Joe Biden erklärt, dass die BRD bei Nord Stream 2 bald in die Röhre schauen werde.

Zurück nach Weißrussland: Belarus wird vom Westen sanktioniert.
Weil es immer noch Kontakt zu seinem Nachbarn Russland hält. Weil es mit Russland spricht und weil der weißrussische Präsident kein lupenreiner Demokrat ist, der seinen Bürgern echte Freiheit vorenthält.

Friedensnobelpreis: 7 Länder in 8 Jahren bombardieren

Während der gesamten Corona-Zeit war etwa das Tragen von Masken in Weißrussland immer freiwillig.
Daran kann man erkennen, wes Geistes Kind dieser weißrussische Präsident ist. So wird das nie etwas mit dem Friedensnobelpreis. Dazu müsste er schon wie Obama 7 Länder in 8 Jahren bombardieren.

Russische Panzer durch McDonalds-Filiale ersetzen

In Weißrussland traf ich auf eine mich beschämende Gastfreundschaft. Zusammen mit 50 anderen deutschen Friedensaktivisten wurden wir herzlich begrüßt und konnten Blumen niederlegen.
Was ich nicht konnte, war offen darüber zu sprechen, wie der Westen aktuell mit der eigenen Geschichte umgeht.
In Deutschland werden Denkmäler abgebaut, welche an die Befreiung von den Nazis durch die Rote Armee erinnern und demontiert, was auch nur entfernt an Russland erinnert oder Russisch im Namen trägt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die russischen Panzer vor dem Brandenburger Tor entfernt werden, um sie durch eine McDonalds-Filiale zu ersetzen.
Zur Befreiung von Auschwitz wurden die russischen Befreier, also die Nachfolger der Roten Armee, beim letzten Mal schon nicht mehr eingeladen.

Rolle Russlands fälschen.

Ich halte das für eine skandalöse und unfassbar geschmacklose Geste. Es ist die Vorstufe, die Rolle Russlands im Zweiten Weltkrieg zu fälschen.
Wer die wahre Geschichte des Zweiten Weltkriegs vergessen lassen möchte, plant, sie zu wiederholen.

100 Milliarden Euro großer Elefant

Dieser rosa Elefant ist nicht zu übersehen. Er ist 100 Milliarden Euro groß und nennt sich Sondervermögen.
Er kommt als Wiedereinführung der Wehrpflicht, Dienstpflicht genannt, durch die Tür. Die Sondervermögen wurden, wie seinerzeit die Kriegskredite, die den Ersten Weltkrieg erst ermöglichten, schon wieder durch die SPD bewilligt.
Wer hat uns erneut verraten? A-Sozial-Demokraten.

Abhängigkeit von den USA

Wir sind Lichtjahre von einer halbwegs eigenständigen Außenpolitik entfernt. Es gab sie einst unter Willy Brandt und Egon Bahr.
Heute leben wir in der vollkommenen Abhängigkeit von den USA. Spätestens seit dem Nord-Stream Anschlag der NATO auf das NATO-Mitglied BRD wissen wir, was Washington für Deutschland vorgesehen hat: Wir sollen – wie damals – der Führung bis in den Untergang folgen.

Deutschland ist als Kampfzone vorgesehen

Anders als unter der Regierung Helmut Kohl besteht die politische Elite der Bundesrepublik mittlerweile nur noch aus Erfüllungsgehilfen, die zu schlicht sind, um zu erkennen, dass der nächste große Krieg, der aktuell von westlichen Eliten vorbereitet wird, sich gegen Russland, aber vor allem gegen China richtet und auf der eurasischen Platte ausgetragen werden soll.
Deutschland ist dabei als Kampfzone vorgesehen und wird ohne Skrupel der USA geopfert werden: Deutschland kann weg. Es war als politischer Rivale stets eine Nervensäge und ist heute politisch so unterbelichtet, dass es beim eigenen Untergang auch noch aktiv mithilft. Mit Baerbock, Habeck und Co. haben wir bildungsferne Schichten in deutschen Führungspositionen.
Ein Selbstmordkommando, das den Sprenggürtel für ein Mode-Accessoire hält und bereit ist, den Knopf zu drücken, weil der diesmal grün lackiert ist.
Wer in Deutschland rechts abbiegen möchte, muss den grünen Pfeil nehmen.

Deutschland zum Abschuss frei

Wenn japanische Kamikazeflieger sich im Zweiten Weltkrieg aufgeopfert haben, geschah dies freiwillig und aus Loyalität zum eigenen Land.
Unsere Politiker geben Deutschland zum Abschuss frei, weil man ihnen wahrscheinlich in Washington erklärt hat, dass ein nicht mehr existierender Industriestandort Deutschland gut für das Klima sei. Nur so sei der Kurswechsel um 360 Grad möglich, wird sich Annalena denken …

BRD unter Rot-Grün schafft sich ab

Die BRD unter Rot-Grün schafft sich ab. Und Corona war dabei nur der Testlauf. Es ging nie um Gesundheit, es ging um das Einüben des Ausnahmezustandes: für den Kriegsfall.
Wie weit würden die Bürger sich an die neuen Regeln halten? Gegenseitiges Denunzieren bei Regelverstößen: Wer würde mitmachen? Und wer nicht ?
Das galt es herauszufinden und die Daten sind abgespeichert. Unterm Stich lief die Täuschung perfekt und nahezu jeder Widerstand wurde im Keim erstickt oder niedergeprügelt.
Die Rolle der Presse, der Polizei oder Justiz waren dabei mit wenigen Ausnahmen beschämend.

Marktkonforme Demokratie

Die Presse hat sich zum Propaganda-Werkzeug der Konzerne machen lassen. Die Konzerne sind die eigentliche Regierung. Wer was zu sagen hat, trifft sich in Davos. Da, wo’s einen Effekt hat, wenn etwas global beschlossen wird.
Wir leben in einer marktkonformen Demokratie, wie Merkel schon bestätigte. Gemeint war Konzernfaschismus, aber das traute sich Mutti nicht zu sagen.

Was bedeutet es eigentlich, Uniform zu tragen?

Die Polizei hat der Politik dabei geholfen, das Grundgesetz niederzuknüppeln, als sie Bürgern mit dem Schlagstock begegnete, die für ihre bis dato unveräußerlichen Grundrechte auf die Straße gingen.
Aber was bedeutet es eigentlich, Uniform zu tragen?
Diese Uniform repräsentiert nicht die Regierung, sie repräsentiert den Staat und seine Verfassung.
Der Staat wiederum sind wir: die Bürger. Und eben nicht eine übersichtliche korrupte Politkaste, die sich eher mit Lobbyisten trifft als mit den Wählern.

Polizisten für Aufklärung

Wenn Sie, liebe Polizisten, abends ihre Uniform ausziehen, erwachen Sie in dem Land, dem Sie zuvor geholfen haben, seine Bürger niederzuprügeln. In diesem Land leben Ihre Frau und Ihre Kinder.
Erkennen Sie, wie Sie benutzt werden?
Orientieren Sie sich in Zukunft an Kollegen, die es auch unter Ihnen gibt und schließen Sie sich diesen Kollegen an.
Ich spreche von den Polizisten für Aufklärung und bedanke mich für ihr mutiges Handeln.
Werte Polizisten! Ich hatte außerhalb der Corona-Demos immer wieder mit Ihnen zu tun und Sie machten stets einen super Job. Bei Corona wurden Sie leider vorgeführt.
Wachen Sie auf und stehen Sie auf der richtigen Seite der Geschichte! Das hat Vorteile. Sie können später ihren Kindern und Enkelkindern erklären: Ich habe nicht mitgemacht. Ich habe mich nicht missbrauchen lassen. Ich habe mich an meinen Eid erinnert, den ich auf mein Land, die Bundesrepublik Deutschland geschworen habe.
Sie haben nicht der aktuellen Regierung Ihre Treue geschworen, sondern der Bundesrepublik Deutschland. Einem Land, das vorgibt, demokratisch zu sein.

Erweiterte Verhörmethode

Und wo stand während der Coronazeit die Justiz?
Sie stand und steht, dort, wo sie auch bei Julian Assange oder Michael Ballweg stand und steht. Die Justiz hat das Unrecht unter Corona erst ermöglicht, indem sie der Politik jeden Wunsch erfüllte. Ähnlich wie US-Juristen seinerzeit erklärten, Waterboarding sei gar keine Folter, sondern nur eine „erweiterte Verhörmethode“ („enhanced interrogation technique“).
Auch die deutsche Justiz ist kein Garant für das Grundgesetz mehr. Sie ist im Gegenteil ein zuverlässiger Partner bei dessen Demontage.

Und wo standen die Künstler?

An der Volksbühne haben wir es gesehen. Die Volksbühne titelte damals: „Wir sind nicht Eure Kulisse“.
Stimmt, ihr seid die Bühne für staatliche Willkür. Ohne staatliche Subventionen gehen bei euch die Lichter aus.
Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
Brecht würde brechen und Rosa Luxemburg darauf bestehen, eure Adresse in „Platz der Bücklinge“ umzubenennen.

Stay at home

Was ist aus der ZDF-Anstalt geworden?
Was aus den sogenannten Gangster Rappern in Berlin? Ihr seid „Stay at home“-homies!
Das hat mit NWA soviel zu tun wie Smudo mit Snoop Dog.

Respekt an Nena, Uwe Steimle oder Nicolai Binner

Wir, die Bürger, welche sich gegen die Willkür der Regierung gewehrt haben, sind mehr Gangster im Geiste, als ihr alle zusammen. Mein Respekt geht raus an Nena, Uwe Steimle oder Nicolai Binner.

Terroranschlag auf die Nord-Stream-Pipeline

Kommen wir zur zum Terroranschlag auf die Nord-Stream-Pipeline.
Hier handelt es sich vor allem um einen Anschlag auf die deutsche Industrie. Deutschland muss jetzt sein Gas um den x-fachen Preis in den USA und Norwegen einkaufen, während Russland sein Gas zu Höchstpreisen weltweit anbietet – und auch loswird.

Auf die deutsche Presse NULL verlassen

Wer wissen will, was Phase ist, kann sich auf die deutsche Presse NULL verlassen. Die deutsche Presse verbreitet, wo immer es von Washington gefordert wird, US-Propaganda.
Ohne das journalistische Urgestein Seymour Hersh wüssten die Deutschen nur das, was an Märchen von der Tagesschau in Umlauf gebracht wird.

Frage an den Mittelstand:

Wo bleibt da eigentlich Ihre Empörung? Man hat Sie gerade an die Konkurrenz verraten!
Wo bleibt Ihre Verbundenheit zu Ihrem Land, dem Standort Deutschland?
Hätten Sie noch die Güte, sich zu erheben!? Z.B. für ihre Belegschaft – Sie sind doch Familienunternehmen. Dann handeln Sie wie eine Familie: Stehen Sie füreinander ein, und füreinander auf. Papi und Mami machen den Anfang in einem Familienunternehmen. Sie zeigen sich loyal gegenüber ihrer Belegschaft und ihrem Land.

Investieren in die größten Profite

Die Großkonzerne kennen keine Loyalität. Für sie steht das D nicht für Deutschland, sondern für Dollar. Sie investieren immer dort, wo sie die größten Profite machen können. Die Großkonzerne folgen aktuell dem Ruf der USA, denn Amerika lockt mit billigen Energiepreisen und tollen Gewinnen.

Deutschland Kriegsgebiet

Und noch eine Frage an den deutschen Mittelstand: Warum sehen Sie zu, wie Deutschland über illegale Lieferungen von Kampfpanzern in ein Kriegsgebiet zur Kriegspartei wird?
Sollte der von unseren Medien vollkommen verzerrt dargestellte Ukraine-Krieg sich ausweiten, ist auch Ihr Standort, Ihr Unternehmen betroffen.

Der Ukraine-Krieg begann 2014

Der Ukraine-Krieg begann nicht mit dem illegalen Grenzübertritt der Russen unlängst in der Ukraine. Er begann 2014 mit dem illegalen Putsch der USA in Kiew und dem jahrelangen Beschuss der Region Donbass, um dort vor allem Ukrainer mit russischen Wurzeln zu vertreiben und zu töten.
Wer diesen Teil der Geschichte einfach weglässt, lügt – wie einst ein deutscher Kanzler, als er sagte, ab 5.45 Uhr werde „zurück“-geschossen.

USA: „Die einzige Weltmacht“

Der Krieg gegen Russland über den Hebel Ukraine war von Washington lange geplant und offen angekündigt.
Der langjährige US-Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski schrieb das Drehbuch zum Ukrainekrieg. Lesen Sie sein Buch über die USA: „Die einzige Weltmacht“.

Kennen Sie die Bilder von Berlin in der Stunde Null?

Jeder, der das erkennt und nicht aufsteht, nimmt billigend in Kauf, dass Deutschland erneut in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland gerät.Können Sie sich noch an den Ausgang beim letzten Mal erinnern?
Kennen Sie die Bilder von Berlin in der Stunde Null?

Sind Sie IRRE, wenn Sie denken, es würde dieses Mal zu unseren Gunsten ausgehen??

Russland wird uns das nicht vergessen

Angela Merkel hat neulich offen zugegeben, das Minsker Abkommen hätte nur der Täuschung gedient. Ziel war es von Anfang an, die Ukraine aufzurüsten und fit zu machen für einen Stellvertreterkrieg gegen Russland.
Mit dieser Politik hat die Ex-Bundeskanzlerin die deutsche Diplomatie verraten.
Ist das unser Zeichen der Dankbarkeit für die Wiedervereinigung?
Russland wird uns das nicht vergessen.

Einen nuklearen Holocaust riskieren

An alle Scharfmacher in Regierung und bei der Presse: Wissen Sie was Krieg ist? Wohl kaum.
Wenn es nach mir ginge, würde man in diesem Land mal für lächerliche 7 Tage den Strom abstellen.
Glauben Sie mir, das, was binnen dieser Tage an Schaden entstünde, würde ausreichen, um ihnen eine Lektion zu erteilen.
Deutschland würde im Chaos versinken und Sie würden nie wieder auf die Idee kommen, in irgendwelchen Talkshows von einem „robusten Mandat“ zu faseln oder ernsthaft zu fordern, man sollte eine nukleare Antwort auf Putins Politik „nicht von vornherein ausschließen“, denn das wäre ein Zeichen von Schwäche.
Wer so etwas öffentlich von sich gibt, ist irre und riskiert einen nuklearen Holocaust. Er hat in Führungspositionen nichts verloren.

Milliarden kassiert für unerforschte Plörre

An dieser Stelle ein Wort zur Pharma-Industrie.
Die Pharma-Industrie hat es nach der Bankenkrise ebenfalls geschafft, Deutschland auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. Sie hat für völlig unerforschte Plörre Milliarden kassiert und kommt mit keinem Cent für die Folgen bei den Opfern auf. Das ist ein Skandal.

Impfopfer mit irreparablen Schäden

Laut Lauterbach existieren offiziell 20.000 Impfopfer mit zum Teil irreparablen Schäden.
Zum Vergleich: Bei Contergan waren es 3000 und das Medikament wurde vom Markt genommen.
Pfizer-Biontech-Plörre bekommen Sie immer noch. Sie wird weiter verimpft, sogar an Kinder und Schwangere. Hier handelt es sich um ein Verbrechen, denn mit der Gesundheit der Bürger wird bewusst gespielt.
Die Bürger wurden von der eigenen Regierung zu Versuchskaninchen erklärt und der Scharlatan Lauterbach wird uns am Ende mit dem Satz kommen, den schon Mielke kurz vor Schluss von sich gab: „Ich liebe doch alle Menschen.“
Es wird Zeit für ein zweites Nürnberg, Herr Lauterbach – und an Herrn Spahn erinnern wir uns auch noch.

Hinterzimmer-Verträge sittenwidrig

Die Verantwortlichen gehören vor ein ordentliches Gericht und die Pharma-Industrie an den Kosten für die Opfer beteiligt. Ihre Hinterzimmer-Verträge sind sittenwidrig und wurden in Wahrheit nicht mit unabhängigen Volksvertretern abgeschlossen, sondern mit Lobbyisten, die man zuvor zu Spitzenpolitikern gemacht hatte.
Des Weiteren fordere ich, dass 50 % der GEZ-Gebühren in einen Opferfonds für Impfschäden fließen sollten. Die GEZ-Medien haben mit ihrer Impfpropaganda so viel Schuld auf sich geladen, dass sie dafür jetzt bezahlen müssen.

Zerstörung des Sozialstaates

Ein Wort an das, was sich Regierung nennt:
Die Aufgabe jeder Regierung besteht darin, das eigene Volk vor Schaden zu bewahren. Das bedeutet vor allem: alles für den sozialen Frieden im Inland und den Frieden mit einem Nachbarn zu tun.
Und was tut unsere aktuelle Bundesregierung?
Sie arbeitet aktiv an der Zerstörung des Sozialstaates. Sie öffnet Grenzen, ohne auch nur im Ansatz über die Folgen nicht geleisteter Integration nachzudenken.
Wie will sie die Millionen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge so in Deutschland einbinden, dass sich nicht unzählige Parallelgesellschaften bilden? Darauf hat sie keine Antwort.
Die Regierung benutzt Flüchtlinge. Unter anderem, indem sie seit Jahren vermeidet zu fragen, vor wem oder was diese Menschen eigentlich auf der Flucht sind. Die Antwort würde in den meisten Fällen nämlich lauten: vor einem aktuellen NATO-Krieg oder den hochsubventionierten Exportprodukten der EU.

System von fake-money ist nicht mehr zu retten

Die NATO ist ein Angriffsbündnis, dessen Ziel es ist, für die EU und die USA Märkte zu erobern. Würde die NATO mit ihrer „Außenpolitik“ aufhören, wäre übermorgen das Kapitel des Finanzkapitalismus zu Ende. Er würde noch schneller zusammenbrechen als WTC 7.
Vor wenigen Tagen stand die Großbank Credit Suisse kurz vor dem Untergang und konnte nur durch die UBS und später Blackrock vor dem Crash gerettet werden … vorübergehend.
Sehen wir der Wahrheit ins Auge: Dieses System von fake-money ist nicht mehr zu retten – game over.

Chinesische Wirtschaft ist der deutschen überlegen

Ein Wort zur Wirtschaft jenseits des Dollarraums. Als sich dieser Tage Putin mit dem chinesischen Staatschef traf, um stabile langjährige Wirtschaftsbeziehungen zu vereinbaren, musste jedem klar werden, was das für Deutschland bedeutet:
Wir sind mittelfristig raus.
Russland hat sich vom Exportland Deutschland abgewendet und kauft jetzt in China ein. Und glauben Sie mir, die chinesische Wirtschaft ist der deutschen überlegen.

Titanic verlassen

Welche Möglichkeiten haben wir in Deutschland, um nicht unterzugehen?
– Wir müssen die Titanic verlassen, solange die Rettungsboote noch zu Wasser gelassen werden können, oder besser: solange die USA diese Rettungsboote nicht gesprengt haben.
– Wir brauchen eine eigene europäische Perspektive und unabhängige Außenpolitik. Diese Politik kann sich nur am Frieden mit unseren Nachbarn orientieren. Wandel durch Handel sollte die deutsche Losung sein. Innerhalb einer US-hörigen, gelenkten Demokratie ist diese Politik nicht möglich. Sie wird sabotiert.
– Wir brauchen daher direkte Demokratie. Alle 4 Jahre sein Kreuz zu machen, ist eine Simulation von Demokratie.
– Parteiprogramme müssen betreffs ihrer Kernaussagen verpflichtend sein. Wer wie die Grünen mit dem Verbot von Rüstungsgütern in Krisengebiete wirbt, um nach der Wahl das Gegenteil zu tun, ist ein Betrüger. Die Wahl sollte wiederholt werden oder aber der Export verboten.

Wahlbetrug NACH der Wahl

In der Folgenlosigkeit für offensichtliche politische Täuschung liegt das Dilemma für den Verlust in das Vertrauen demokratischer Institutionen.
Bei uns findet der Wahlbetrug NACH der Wahl statt. Wir brauchen Wahlbeobachter zwischen den Wahlen, nicht nur davor.

Unsichtbaren Machtpyramide

Und zum Schluss zum Kern unseres Problems, von dem immer nur die Symptome behandelt werden: Unser Problem ist unser Geldsystem. Private Banken schöpfen Geld aus dem Nichts und haben dabei den Bezug zur Realwirtschaft vollkommen verloren. Alles basiert auf Zins- und Zinseszins. Diese Konstruktion führt zwangsläufig in den Krieg, denn es herrscht Wachstumszwang.
Dass wir ausgerechnet in einer Wirtschaftsnation wie der BRD nicht darüber sprechen dürfen, hat viele Gründe; der Wesentliche jedoch ist der politische Klimawandel – und der ist zu 100% vom Menschen gemacht. Allerdings von nur sehr wenigen Menschen. In einer für die meisten unsichtbaren Machtpyramide.

Krieg gegen die Menschheitsfamilie

Aktuell verfügen 8 (in Worten: acht) Menschen über das gleiche Vermögen wie die untere Hälfte der Menschheit, aktuell etwa 3.5 Milliarden Menschen.
In einer derart ungerechten Welt kann es keinen Frieden geben und wer eine derart ungerechte Welt nicht anprangert, ist an echtem Frieden nicht interessiert – im Gegenteil. Er benötigt die ungerechte Verteilung, um seinen Krieg gegen die Menschheitsfamilie führen zu können.

Bergpredigt unter 2G-Regeln

Wie hätte Jesus auf die eben genannten Zahlen reagiert? Hätte Jesus die Bergpredigt unter 2G-Regeln gehalten, wenn die römische Regierung das verlangt hätte? Hätte er die Stimme erhoben?
Fragen Sie sich, wann Sie zum letzten Mal die eigene Stimme erhoben haben, um gegen allgemeines Unrecht zu protestieren.

Sind Sie die Veränderung, die Sie sehen wollen?

Mein Rat: Folgen sie Ihrem Herz. Ihr Herz ist deutlich schwerer durch Propaganda zu manipulieren als Ihr sogenannter Verstand. Glauben Sie nicht alles, was Sie denken. Vertrauen Sie verstärkt dem, was Sie fühlen.

Experte für Ihr Inneres

Werden Sie ein Experte für Ihr Inneres und werden Sie aktiv.
Werden Sie Teil der Friedensbewegung – Teil der Friedhofsbewegung sind Sie schon. Überwinden Sie die Angst, mutig zu sein.
Machen Sie sich selber stolz, indem Sie die Empfehlungen der Regierung zurückweisen, die nur dazu dienen, Ihre Ohnmacht zu stabilisieren.
Sie sind nicht ohnmächtig – im Gegenteil: Sie haben die Macht, NEIN zu sagen. NEIN zu einer Politik, die nicht ehrlich ist. Einer Politik, die spaltet. Einer Politik, die ihnen erklärt, es wäre solidarisch, die eigenen Verwandten im Altenheim verrecken zu lassen, anstatt sie zu besuchen und sie menschliche Nähe und Würde spüren zu lassen. NEIN zu einer Politik, die Ihnen erklärt, mit dem Export von schweren Waffen würde man Kriege beenden. Einer Politik, die jeden gemachten Vorschlag für alternativlos erklärt.
Sie wissen, dass das alles gelogen ist.

„Du sollst nicht lügen“ – aber du sollst auch nicht schweigen, wenn Dritte es in Deinem Namen tun.

Was antwortete Ho Chi Minh während des Vietnamkrieges, als er von US-Reportern gefragt wurde, was er von westlicher Zivilisation halte?
Er antwortete:
„Ja, eine westliche Zivilisation wäre eine wirklich gute Idee.“

Urheberrecht

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Oben      —     Elephant from 14th-century Tibetan Thangka

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Ich – Ich – ich arbeite nicht

Erstellt von DL-Redaktion am 31. März 2023

Wann kommt die Wagenknecht-Partei?

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Erst wenn dem Plakat-träger die Arme abgefallen sind !

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von     :    Edith Bartelmus-Scholich

Anfang März kündigte Sahra Wagenknecht an, nicht mehr für DIE LINKE kandidieren zu wollen. Wenig später konkretisierte sie in einem ZDF-Interview ihre Vorstellungen vom eventuellen Aufbau einer eigenen Partei.

Demnach will sie bis zum Ende des Jahres ihre Entscheidung treffen. Bis dahin will sie prüfen, ob die Voraussetzungen für eine bundesweit bei Wahlen erfolgreiche Partei gegeben sind. Sie machte damit klar, dass die Gründung einer eigenen Partei nicht an ihrem Willen wohl aber an unzureichenden Voraussetzungen scheitern könnte.

Der Fraktions- und der Parteispitze war schon seit Monaten bekannt, dass Wagenknecht nicht wieder für den Bundestag kandidieren will. Nun hat sie selbst dies öffentlich gemacht, aber in einer Tonalität („nicht wieder für DIE LINKE“), die Fraktions- und Parteispitze sich sicher so nicht gewünscht haben. Die Erklärung entweder als Publizistin zu arbeiten oder ein neues politisches Projekt zu beginnen, lässt immer noch offen, ob Wagenknecht mit einer eigenen Partei zu Wahlen antreten wird.

Eine Neugründung nur zu den eigenen Bedingungen

Wagenknechts Offenheit was die Zukunft betrifft, ist die Methode mit der sie den beginnenden Parteibildungsprozess ihren eigenen Bedingungen unterwerfen will. Der sozialkonservative Flügel der Partei DIE LINKE strebt tatsächlich ein eigenes Projekt an, aber nicht um jeden programmatischen und strategischen Preis. Wagenknecht hat zwar in „Die Selbstgerechten“ eine programmatische Grundlage aufbauend auf den Werten Nation, Leitkultur und Leistungsgesellschaft vorgelegt, aber diese ist auch unter ihren Anhänger*innen umstritten. Bedeutende Stimmen der „Populären Linken“ erklären, dass ein neues Projekt programmatisch mehr sein und breiter aufgestellt werden müsse als eine bloße Wagenknecht-Partei. Hier zeigt sich der Anspruch, die Programmatik und die Strategie einer neuen Partei demokratisch selbst zu bestimmen. Andererseits ist allen Beteiligten völlig klar: Eine sozialkonservative Partei wird ohne Wagenknecht nicht an den Start gehen. Hier setzt diese an um zu verdeutlichen, dass es die Parteigründung nur zu ihren Bedingungen geben wird.

Ein enger Zeitrahmen

Die Ankündigung von Wagenknecht musste spätestens jetzt erfolgen. Eine Parteigründung und die Kandidatur bei Wahlen erfordern einen langen Vorlauf, anderthalb Jahre wäre sehr ambitioniert. Die Liste zur Wahl des Europäischen Parlaments muss spätestens am 24. Februar 2024 eingereicht werden. Die Landeslisten zur Wahl des nächsten Bundestags müssen ungefähr im April/Mai 2025 gewählt sein. Zum Europäischen Parlament kann eine Liste antreten, zur Bundestagswahl definitiv nur eine Partei. Chancenreich ist eine solche Partei nur dann, wenn sie in allen Bundesländern Landeslisten aufstellen kann. Wagenknecht konnte folglich nicht mehr länger warten. Geplant war diese Weichenstellung schon im Herbst 2022.

Wagenknecht und ihrem engen Umfeld ist dabei völlig klar, dass für ein Parteiprojekt mehr zusammenkommen muss als nur der sozialkonservative Flügel der Partei DIE LINKE. Dieses „Mehr“ wird am besten durch große öffentliche Kundgebungen und Veranstaltungen angezogen. Geeignet hätte sich dazu die Kundgebung zum Auftakt des „Heißen Herbstes“ in Leipzig. Wagenknecht wollte dort sprechen, die Rechte mobilisierte nach Leipzig. Da es eine linke Kundgebung war, konnte die Spitze der Linkspartei den Wagenknecht-Auftritt verhindern. Der Zeitplan geriet ins Stocken. Kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass es mit dem zum Jahreswechsel in Kreisen ihrer Anhängerschaft angekündigten Bruch von Wagenknecht mit der Partei nun doch noch nichts werden würde. Der neue Zeitplan sah Online-Konferenzen ab Mitte Januar und eine Präsenz-Konferenz im Mai vor.

Zwei Szenarien

Die Veröffentlichung des „Manifests für den Frieden“ und die Kundgebung am 25. Februar waren die Mittel, das „Mehr“ für den Parteibildungsprozess anzuziehen. Bemerkenswert ist die offenbar zentrale Rolle von Klaus Ernst. Eigentlich sollte im Spätherbst (nach Leipzig!) eine Saalveranstaltung mit Wagenknecht in Schweinfurt stattfinden. Sie wurde verschoben und hat nun Anfang März (nach Berlin!) stattgefunden. Die Bilder des vollen Saals (550 Plätze) sind genau in Schweinfurt problemlos zu generieren.

Es gibt jetzt zwei Szenarien: Entweder setzt sich Wagenknecht mit ihren Vorstellungen durch, dann kommt die Wagenknecht-Partei. Oder Wagenknecht setzt sich nicht mit ihren Vorstellungen durch, dann kommt keine Wagenknecht-Partei und der sozialkonservative Flügel bleibt teilweise in der LINKEN. Diese zweite Option gilt als weniger wahrscheinlich.

Sollten die Vorstellungen, die Wagenknecht an ein eigenes Parteiprojekt hat, nicht erfüllt werden, wird sie dieses Projekt beerdigen. Eine Minderheit ihrer Anhänger*innen wird dann in der LINKEN bleiben, die Mehrheit wird austreten. Der Mitgliederverlust und gewisse Störungen würde DIE LINKE nicht mehr beeinträchtigen als jetzt auch. Die verbleibenden Mitglieder des sozialkonservativen Flügels werden innerhalb der Partei vermutlich nicht mehr einflussreich sein.

Mit einer Friedensliste ins Europa-Parlament

Die erste Option ist wahrscheinlicher. Am 6. Mai trifft sich die „Populäre Linke“ in Hannover um Vorentscheidungen für eine Neugründung zu treffen. Es ist zu erwarten, dass nach der Konferenz ein Antritt zur Wahl des Europäischen Parlaments vorbereitet wird. Dazu soll noch nicht eine Partei gegründet werden, sondern nur eine „Friedensliste“. Es darf abgewartet werden, wer diese Liste anführen wird. Es werden sicher nur einige wenige Mitglieder der LINKEN auf dieser Liste kandidieren. Andere Anhänger*innen von Wagenknecht werden überwiegend zu diesem Zeitpunkt noch in der Partei bleiben. Sie werden vermutlich innerparteilich Angriffe starten und den Wahlkampf der Partei DIE LINKE behindern.

Der Einzug dieser Liste in das Europa-Parlament scheint sicher, da es (bis jetzt) keine 5%-Hürde gibt. Abzuwarten ist nur, mit wie vielen Abgeordneten eine solche Liste ins Europäische Parlament einziehen wird und, ob sie DIE LINKE hinter sich lässt. Ein Ergebnis, bei dem DIE LINKE weniger Wählerstimmen und Abgeordnete erzielt als eine „Friedensliste“, wäre für DIE LINKE sicher nicht vorteilhaft.

Eine „Friedensliste“ wird nicht ohne Wahlkampfunterstützung von Wagenknecht auskommen. Spätestens wenn öffentlich wahrnehmbar wird, dass Wagenknecht eine „Friedensliste“ mitgründet und im Wahlkampf unterstützt, muss die Bundestagsfraktion sie ausschließen, falls sie nicht schon vorher austritt. Da in diesem Fall ihr nahe stehende MdB auch nicht mehr in der Linksfraktion bleiben werden, geht der Fraktionsstatus spätestens zu diesem Zeitpunkt verloren. Das bedeutet weniger Mitarbeiter, weniger Geld, Gefährdung der Rosa-Luxemburg-Stiftung etc. Auch die parlamentarischen Möglichkeiten werden geringer. Vor allem die materiellen Ressourcen von Fraktion und Partei sind allen Beteiligten – auch den MdB und Mitarbeiter*innen, die der Wagenknecht-Flügel stellt – sehr wichtig und das ist ein Grund für den zögerlichen Umgang mit der diskutierten Neugründung.

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Nach einem erfolgreichen Wahlantritt zum Europäischen Parlament werden sich in der LINKEN auch diejenigen entscheiden, die es bislang noch vermieden haben. Es spricht einiges dafür, dass es in diesem Fall Austritte in Höhe von ca. 25% der Mitgliedschaft geben könnte. Neben Sozialkonservativen werden auch Mitglieder mit Karriereambitionen oder solche, die andernfalls ihre Existenzgrundlage verlieren, wechseln.

Das Potential für eine populistische, linkskonservative Partei ist da

Wenn die Wagenknecht-Partei kommt, wird sie (erst einmal) bei Wahlen erfolgreich sein. Es gibt seit Jahren eine Repräsentationslücke, die z.T. für den hohen Anteil an Nichtwählern ursächlich ist. Nicht repräsentiert ist ziemlich genau ein „Linkskonservatismus“, wie ihn Wagenknecht umreißt. Das Potential besteht aus Wähler*innen, die sich gleichzeitig einen starken Staat (autoritär) als auch eine gerechte Verteilung (sozial) wünschen. Sie sind rückwärtsgewandt was die Sozialpolitik und konservativ was die Gesellschaftspolitik betrifft. Auf diese Klientel zielt Wagenknecht seit Jahren. Beim ersten Wahlantritt zur Bundestagswahl wird die neue Partei auch Protestwähler*innen anziehen. Teile dieses Segments der Wählerschaft wählen derzeit die AfD. Überhaupt darf erwartet werden, dass eine Wagenknecht-Partei die Wahlergebnisse der AfD halbieren wird. Wagenknecht ist in rechten Kreisen sehr beliebt.

Wagenknecht unterschätzt die AfD, wie zuletzt aus ihren Äußerungen gegenüber dem Parteivorstand der LINKEN zu entnehmen war. Offenbar hält sie diese für eine „normale Parlamentspartei“. Sie wird daher anfällig für eine Zusammenarbeit mit der AfD sein. Die Blütenträume von Jürgen Elsässer von einer Regierung aus Wagenknecht-Partei und AfD haben darin eine Grundlage.

Die Folgen für DIE LINKE

Ein Ausscheiden des sozialkonservativen Flügels oder dessen Marginalisierung bedeutet für DIE LINKE, dass sich die Mitgliederbasis stark verändern wird. DIE LINKE wird eine plurale Partei bleiben, aber (fast) ohne Sozialkonservative. Die Pluralität der Partei muss den verbleibenden Mitgliedern garantiert werden.

Die Bedingungen unter denen linke Politik gestaltet werden muss, haben sich in den letzten 15 Jahren stark verändert. Diesen Veränderungen kann DIE LINKE nach dem Ausscheiden des sozialkonservativen Flügels objektiv leichter gerecht werden. Denn angesichts der Herausforderungen konnte sich die Mehrheit der Partei schon seit Jahren nicht mehr mit dem sozialkonservativen Flügel auf zielführende politische Antworten einigen. In den letzten Jahren entwickelte die Partei daher nicht das Profil, welches angesichts von Kriegen, Klima- und Umweltkrise, weltweitem Rechtsruck, Migrationsbewegungen und zunehmender Verarmung weiter Teile der Bevölkerung angemessen und erfolgreich sein kann. Aus dieser Krise kommt die Partei nur mit einem entschlossenen programmatischen und strategischen Erneuerungsprozess, der rasch gestartet werden muss. Keinesfalls darf DIE LINKE nun noch weiter Wagenknecht die Initiative überlassen.

Edith Bartelmus-Scholich, 30.03.2023

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Grafikquellen       :

Oben       —     Kurz vor dem Beginn der Hannover Messe 2016, die unter anderem von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama eröffnet wurden, organisierte ein Trägerkreis zum Samstag, den 23. April 2016 auf dem hannoverschen Opernplatz eine Demonstration unter dem Motto „TTIP und CETA stoppen.

Foto: Bernd Schwabe – Own work

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  • File:2016-04-23 Anti-TTIP-Demonstration in Hannover, (10063).jpg
  • Created: 23 April 2016

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Unten      —   „Bunte Westen“ protest in Hanover, 16th february 2019

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Illusionen der Kleinbürger

Erstellt von DL-Redaktion am 29. März 2023

Krieg in der Ukraine: Luxemburgs Legende

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Ein Schlagloch von Georg Seeßlen

Wo die Debatte über den Krieg zum politischen Spektakel eskaliert, gerät der gemeinsame Nenner rasch aus dem Fokus. Andersdenkende werden zu Feinden.

Mal persönlich gesprochen: Was die Positionen von Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und ihren An­hän­ge­r*in­nen anbelangt, so geht meine Reaktion übers Anderer-Meinung-Sein deutlich hinaus.

Es bildet sich da, meiner bescheidenen Meinung nach, keine Diskursgemeinschaft, die nach Möglichkeiten zum Frieden sucht, sondern eine hybride, bewusstlose und ein klein wenig clowneske Gemeinschaft, die fatal an „Querdenker“ und „Coronaleugner“-Szenen erinnert, das Rechte und das Linke quergestrickt, die Verschwörungsphantasmen und die schwarzbraunen Immerdabeis, die berechtigte Opposition zur hegemonialen Mainstreamerzählung und der sektenhafte Bruch mit dem Common Sense, die Forderung nach Gehör und die Taubheit gegenüber Einwänden, die Mischung aus Aggression und Opferstatus, die Verbindung humanistischer Anliegen mit geradezu zynischem nationalem Interesse – diese Melange entzieht sich meiner Vorstellung von kritischem Denken.

Allerdings weiß ich auch nicht so recht, wovor ich mehr erschrecken soll, vor der offenbar in Kauf genommenen Attraktion, die solche Mixtur für – wie sagt man? – den „rechten Rand“ darstellt, oder über die allfällige moralische Entrüstung, die selbst in der noch nicht vollkommen heruntergekommenen Presse an Hysterie grenzt. Es geht da, scheint’s, weniger um das Bemühen, zu klarerem Denken zurückzufinden, als um die Konstruktion von Feindbildern und um Anlässe zur Empörung.

Wenn die so indizierten – wie sagt man? – „medienaffinen Personen“ freilich genau das am besten gebrauchen können, nämlich von der richtigen falschen Seite als „Feindbild“ behandelt zu werden, dann ist von der politischen Debatte tatsächlich nur der Spektakelwert geblieben. Und den lassen sich auch unsere – wie sagt man? – „Qualitätsmedien“ nicht entgehen.

Schwere Mission

Die Verspektakelung entwickelt sich exponentiell; am Ende gibt es zwischen den beiden rhetorisch aufgeblasenen Moralpredigten, die jeweils die andere Seite der Unmoral bezichtigen, keine Luft mehr zum Atmen, keinen Platz mehr für einen freien Gedanken. Und schnell ist dabei vergessen, dass es um zwei widersprüchliche und gleichwohl miteinander verbundene Dinge geht. Darum, ein Land und seine Gesellschaft gegen eine Aggression zu verteidigen, aber auch darum, das Leiden der Menschen in der Ukraine zu beenden.

(Und, nebenbei bemerkt, es gibt auch ein russisches Leiden.) Dieser Widerspruch ist nicht in einem politischen Spektakel aufzulösen, sondern nur durch kluges und moralisches Denken und Handeln. Wie aber sollte das gelingen, wenn wir uns das freie Denken abtrainieren lassen? Rosa Luxemburg hat uns eine ebenso schöne wie schwere Aufgabe hinterlassen: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

Kleinbürgerliche Illusionen

In der Welt versucht Sven Felix Kellerhoff, „Leitender Redakteur Geschichte“, Rosa Luxemburg dieses Wort abspenstig zu machen, denn eine kommunistische Frau darf sich doch nicht an unserer Vorstellung von Freiheit vergreifen, nicht wahr? „Schon am 20. November 1918, der Kaiser war gerade erst seit elf Tagen gestürzt, positionierte sie sich im Leitartikel der Roten Fahne unmissverständlich. Die Nationalversammlung sei ‚ein überlebtes Erbstück bürgerlicher Revolutionen, eine Hülse ohne Inhalt, ein Requisit aus den Zeiten kleinbürgerlicher Illusionen vom ‚einigen Volk‘, von der ‚Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit‘ des bürgerlichen Staates.“ Unerhört! Bloß doof, dass sie mit ihrer Einschätzung der kleinbürgerlichen Illusionen auf so schreckliche Weise recht behalten sollte …

Memorial, close to lower lock, Berlin-Tiergarten

Welt-Leser*innen wissen so genau, was es mit der Freiheit von Andersdenkenden auf sich hat, dass sie in ihren Kommentaren gern noch was draufgeben, wie etwa dies hier: „R.L. und K.L. wollten unter dem Vorwand einer bürgerlichen Revolution den Bolschewismus als Staats-/Regierungsform. Mit Demokratie hatten sie wirklich nichts im Sinn. Das rechtfertigt natürlich nicht ihre Ermordung. Doch dem politischen Treiben, ihrer Agitation u.w. musste ein Ende bereitet werden.“

Mal abgesehen davon, dass Rosa Luxemburg alles andere als „Bolschewistin“ war – aber hier müsste man beginnen, eben genauer, fairer und „freier“ zu lesen und zu debattieren –, kann man durchaus erschrecken über solch rechtskonservatives Grundrauschen: Nicht gleich ermorden, die Andersdenkenden, aber ihrem Treiben muss doch ein Ende bereitet werden.

Rosa Luxemburgs Idee der Freiheit ist schon in „normalen“ Zeiten eine ganz schöne Zumutung. In Zeiten von Krise und Krieg – also mittlerweile fast immer – steht sie zur Disposition; jetzt kann es nur noch um „unsere“ Freiheit gehen, die von den anderen bedroht wird. Und jetzt wird die Grenze zwischen Andersdenkenden und Feinden obsolet.

Ringen um die richtige Erzählung

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Grafikquelle :

Oben     —       Sculpture of Rosa Luxemburg, made by Rolf Biebl, standing in front of the Neues Deutschland building, Franz-Mehring-Platz, FriedrichshainBerlin.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 29. März 2023

Ja-Sagen in komplizierten Zeiten

KOLUMNE VON – Lukas Wallraff

Klima-Volksentscheid in Berlin. – In Berlin wurde am Sonntag abgestimmt, ob die Stadt bis 2030 klimaneutral werden soll. Ein Ziel, dem leicht zuzustimmen ist. Scheinbar.

Wer in diesen Tagen durch Berlin fährt, am besten natürlich mit dem Fahrrad, sieht überall ein „Ja!“. An jeder Ecke, auf kleinen und großen Plakaten, unübersehbar, rot auf grün, in Riesenlettern: „Ja!“, „Ja!“, „Ja!“. Das spricht mich durchaus an. Die Farben Rot und Grün finde ich beide relativ sympathisch. Und da ich mich zwischen beiden oft schwer entscheiden kann, freue ich mich, wenn jetzt offenbar ein zweifarbiges „Ja!“ reicht.

Ich sage generell gern Ja, zum Leben, zu den Menschen und wenn mich jemand freundlich fragt, etwa, ob ich noch ein Bier will. In meinem Leben habe ich schon sehr häufig freudig „Ja!“ gerufen, beim Pokalsieg des 1. FC Nürnberg, bei der Wahl von Barack Obama, beim Wanda-Konzert am letzten Freitag, am lautesten bei meiner Hochzeit. Und ich habe es nie bereut.

Auch bei dem Berliner Volksentscheid an diesem Sonntag ist es zweifelsohne sehr verlockend, einfach „Ja!“ zu sagen, beziehungsweise anzukreuzen. „Berlin klimaneutral 2030“ – Fantastisch! Noch viel sympathischer als Rot und Grün zusammen, die in ihrer gemeinsamen Regierungszeit auf dem Weg zum Traumziel einer klimaneutralen Hauptstadt als Vorbild für das ganze Land nur bis zur Friedrichstraße kamen.

Endlich Schluss mit der Verzagtheit. Und das nach einer Woche, in der passenderweise der Weltklimarat eindrücklich gefordert hat, dass auf die vielen schönen Worte endlich Taten folgen müssen. Also, Berlin first! Wer kann dazu schon Nein sagen? Nunja, nach längerer, ernsthafter Überlegung: ich.

Keine Ahnung, wo das Geld herkommen soll

Es wäre zwar irgendwie lustig und typisch Berlin, den Grünen erst bei der Wahl nur 18 Prozent zu geben und dann wenige Wochen später mehrheitlich für eine viel radikalere Klimapolitik zu stimmen als die Grünen. Und es ist gut möglich, weil viele das „Ja!“ zum Klimaziel vor allem als „Nein!“ zur geplanten großen Koalition verstehen. Klar, da juckt es auch mich. Wenn die CDU und die SPD unbedingt gemeinsam stillstehen möchten, dann wollen wir doch mal sehen, wie sie ein gesetzlich vorgeschriebenes Klimaziel 2030 hinbekommen.

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Leider können aber nicht einmal die BefürworterInnen des Volksentscheids triftig erklären, wo das Geld und die technischen Voraussetzungen her kämen, die für eine Klimaneutralität bis 2030 nötig wären. Wenn überhaupt, wäre das wohl nur halbwegs denkbar, wenn Berlin jeden, aber auch jeden Steuercent in Richtung Klimaschutz drehen würde. Was dann noch für Sozial-, Wohnungsbau-, Flüchtlings- und Bildungspolitik übrig bliebe, die jetzt schon im Argen liegen, erst recht bei einer CDU-Regierung?

Tja. Auch wenn ich den Auftrag sehr ernst nehme, dass wir bitte eine linke, radikale Zeitung bleiben sollen, wie es uns Christian Ströbele mitgegeben hat: „2 + 2 = 5“ kann ich nicht unterschreiben, sorry. Ein „Ja!“ am Sonntag scheint mir, leider, nicht erstrebenswert. Und auch nicht wirklich links. Weil ich fürchte, da eine wirklich linke Regierung nicht in Sicht ist, dass die Rechnung am Ende eher die Armen als die Reichen bezahlen würden.

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>       weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Den Kapitalismus kapiert

Erstellt von DL-Redaktion am 23. März 2023

Das Guru-Business von Sahra Wagenknecht

Von Ambross Waibel

Sahra Wagenknecht ist ein wirtschaftlich erfolgreicher Guru. Die Partei Die Linke dagegen, der sie immer noch angehört, ist ein erledigter Fall.

Sahra Wagenknecht hat den Kapitalismus kapiert: Voraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum ist immer, dass die eigenen, privat­wirtschaftlichen Aktivitäten möglichst lange üppig öffentlich subventioniert werden, möglichst ohne dass dafür eine Gegenleistung erbracht wird. Rund 750.000 Euro hat sie im vergangenen Jahr zusätzlich zu ihren Diäten eingenommen, wie zuerst der Spiegel berichtete. Der hatte vorher schon Wagenknechts Bundestagschwänzen pingelig recherchiert, sie war halt oft krank, und dann gab es, sagt sie, eben so „terminliche Kollisionen“ mit ihrem, sorry echt, Business, wie gesagt: Sie hat es verstanden.

Eine solche Diversifizierung der Einnahmequellen wird einem beim Start in die Selbstständigkeit auch von den entsprechenden Beratungs­stellen in den Businessplan reingeschrieben. Und inzwischen kann Wagenknecht selbstbewusst sagen: „Ich kann mir auch eine Perspektive als Schriftstellerin und Publizistin vorstellen.“ Mit anderen Worten, Richtung „ihrer“ Partei und denen, die sie gewählt haben: Danke, ihr Penner – für nichts!

Wobei man eben sehen muss, dass Wagenknecht nicht anders unterwegs ist als ein Guru, ähnlich dem guten alten Bhagwan. Dessen Sek­ten­an­hän­ge­r:in­nen fanden auch nichts dabei, wenn der Meister im Rolls-Royce vorfuhr – warum auch? Der Guru sorgt dafür, dass Menschen in einem Parallel­universum ihr Zuhause finden. Und wenn es ihnen dann erwartungsgemäß zerbröselt, dann suchen sie sich die nächste Gelegenheit zur Realitäts­flucht samt charismatischer Figur, von der sie sich betrügen lassen können: Denn die Verletzungen, die sie in der wirklichen Welt erfahren, sind viel schlimmer für sie als aller gefährlicher Quatsch, den die Wagenknechte dieser Welt sich ausdenken können.

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Wer den Kapitalismus nicht kapiert hat, ist die Linkspartei. Dabei dichtete schon der von Sahra Wagenknecht geschätzte Brecht: „Das Geld ist gut. Auf das Geld gib acht! Hast du Geld, musst du dich nicht beugen!“ Und die Linke muss sich beugen. Wer mit Menschen, die durch ihr Engagement in der Linken ihren Lebensunterhalt bestreiten, zu tun hat, der hört oft den Satz: Ach ja, die Sahra, die Wagenknecht, schlimm –, natürlich will ich da raus aus dieser schrecklichen Partei, aber ich hab halt noch keinen anderen Job. So schlicht ist es eben manchmal. Dass Wagenknecht die Linke als Tanzbären herumführt und damit sehr gut verdient, schadet ihr nicht, auch nicht moralisch; es schadet ausschließlich der Partei, die sie gewähren lässt, es macht sie moralisch ungeil, es riecht nach Feigheit und Verzweiflung.

WG-Streitigkeiten der 70er

Die ganze Wagenknecht-Diskussion ist im Grunde steril, erinnert in ihrer unendlich zähen Dumpfheit an WG-Streitigkeiten der 1970er Jahre: Einer hat geerbt, will ausziehen, aber die andern haben keine Kohle für die Kaution und quengeln rum.

Quelle          :          TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Oben       —     Karl Marx, The Prophet

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Ich – ich – ich – nicht

Erstellt von DL-Redaktion am 21. März 2023

Wagenknecht und eine neue Partei

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Von Stefan Reinecke

Die Noch-Linke Sahra Wagenknecht will vielleicht eine Partei gründen. Linkspartei-Vize Katina Schubert fordert Sanktionen.

Sahra Wagenknecht will sich bis Ende des Jahres entscheiden, ob sie eine neue Partei gründet. Eine Partei, „die glaubwürdig für Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit eintritt, wird gebraucht“, sagte Wagenknecht bei „ZDFheute“. Allerdings zaudert die Noch-Linke und fürchtet, dass ihre Neugründung „schwierige Leute“ anziehen werde. Zudem müssen man „Strukturen aufbauen“ – offenbar kein Herzensprojekt der 53-Jährigen.

Wagenknecht klingt nicht sonderlich entschlossen, die Mühsal einer Parteigründung auf sich zu nehmen. „Ich kann mir auch eine Perspektive als Publizistin und Schriftstellerin vorstellen. Aber ich möchte gerne politisch auch noch etwas bewegen.“ Und weiter: „Ich möchte meine politische Laufbahn nicht mit einem Flop abschließen.“

In diesen Sätze ist etwas zu viel „ich“, um jene Kärrnerarbeit zu absolvieren, die das deutschen Parteiengesetz für die Gründung einer Partei vorsieht. In den Niederlanden wäre, was Wagenknecht vorschweben mag, einfacher zu haben. Die rechte Partij voor de Vrijheit hat eine überschaubare Zahl von Mitgliedern – eins, den Parteigründer Geert Wilders. So einfach geht es in Deutschland nicht.

Den Noch-GenossInnen in der Linkspartei geht Wagenknecht seit Monaten währende Koketterie mit der neuen Partei zusehends auf die Nerven. Gregor Gysi, der sich intensiv und erfolglos für eine Versöhnung der Abweichlerin mit der Parteispitze eingesetzt hatte und, anders als die Parteispitze, auch den Friedensaufruf von Wagenknecht und Alice Schwarzer unterstützt hatte, forderte Wagenknecht auf, sich zu entscheiden, anstatt „die Partei ewig zu quälen“.

In der Partei suchen viele nach einen Ausgang !

Auch Parteivize Katina Schubert drängt. „Wagenknecht muss sich jetzt entscheiden, ob sie gehen will, und dann muss sie auch die Partei verlassen. Jedes Spiel auf Zeit schadet der Partei“, so Schubert zur taz.

Schubert bedauert, dass die Sanktionsmöglichkeiten im deutschen Parteiengesetz „nicht sonderlich groß“ sind. Ein Parteiausschussverfahren „dauere ewig“.

Quelle       :          TAZ-online         >>>>>          weiterlesen

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Oben      —       Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Sahra Wagenknecht. Leipziger Parteitag der Linkspartei 2018. 1. Tagung des 6. Parteitages der Partei DIE LINKE. Vom 8. bis 10. Juni 2018. Tagungsort: Leipziger Messe, Congress Center Leipzig.

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Kolumne * FERNSICHT Polen

Erstellt von DL-Redaktion am 18. März 2023

Beten und den Friseur fragen: – Auf Wohnungssuche

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Von  :  Karolina Wigura und Jaroslaw Kuisz

Sechs Monate, 147 Anfragen für Wohnungsbesichtigungen, vier Besichtigungstermine. Mietverträge: Null. Das ist unsere Erfolgsbilanz bei der Suche nach einer größeren Wohnung in Berlin. Im Moment haben wir 45 Quadratmeter und 2 Zimmer.

Freunde sagen, man brauche mehr Geduld. Man soll ein paar Jahre lang suchen, Tausende von Nachrichten schreiben und im unerwartetsten Moment wird es eine Wohnung geben, sagen sie. Man nimmt sie, denn sie ist zwar zu teuer, zu weit weg, in einem zu hässlichen Haus, aber drei beengte Zimmer statt zwei sind eine räumliche Revolution.

Anstelle von „beten und arbeiten“ müssen wir in Berlin also beten und E-Mails schreiben, Freunde fragen, die Verwaltung anrufen. Man sagt, Menschen täten auch andere Dinge. Zum Beispiel sechs Monatsmieten im Voraus zahlen. Oder bestechen.

Als wir Kinder waren, gab es im kommunistischen Polen einen Kultfilm. Er hieß „Miś“ (Bärchen). Darin gibt es eine Szene über einen Schwarzmarkt, auf dem Fleisch verkauft wird, das man nicht in einem normalen Geschäft bekommen konnte. Die Verkäuferin wirft einen hartnäckigen Kunden hinaus, indem sie ihn anschreit: „Was denken Sie denn, hier ist ein Zeitungskiosk, ich habe Fleisch hier!“.

In Rom Vor der Generalaudienz 2. Mai 2007

Vielleicht hilft hier der Himmelkomiker?

Unsere Generation wollte diesem System entfliehen. Nun haben wir das Gefühl, in Berlin hat es uns wieder. Es ist unmöglich, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden, es sei denn, man kann 3.000 Euro im Monat zahlen. Helfen soll angeblich ein Gespräch mit dem örtlichen Friseur. Auch an der Tür eines Gemüseladens in meiner Straße wurde kürzlich eine Wohnung inseriert. Freunde raten weiter: Eine Person mit einem deutsch klingenden Namen wird eher eine positive Antwort kriegen. Kein Kowalski oder Abdul – solche Namen haben keine Chance. Am besten ist es, Arzt oder Anwältin zu sein. Ist ein Philosoph etwa nicht in der Lage, die Miete pünktlich zu bezahlen?

In unserer Heimatstadt Warschau begann dieser Wahnsinn vor über einem Jahrzehnt. Die Preise stiegen von Tag zu Tag, und die schlechteste Wohnung mit Blick auf die Mülldeponie fand innerhalb von 15 Minuten einen Käufer. Heute kann man in Warschau keine Zweizimmerwohnung für weniger als 1.000 Euro mieten. Der Wohnungsmarkt wird eines der wichtigsten Themen des bevorstehenden Wahlkampfes sein.

In Warschau begann der Mieten-Wahnsinn schon vor einem Jahrzehnt

Quelles           :          TAZ-online           >>>>>         online

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Oben     —     Vogelbeobachtung in Panama

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Ein Kurt für alle Fälle

Erstellt von DL-Redaktion am 17. März 2023

Berlins Top-Kopfgeldjäger auf Jagd nach Mandatsdrückeberger-innen

Heute mit staatlichen Verdienstkreuz ?

Die Wahrheit von Patric Hemgesberg

Unterwegs mit Berlins Top-Kopfgeldjäger für Abgeordnete aller Art in freier Wildbahn. Ein gefährliches Unterfangen, eine exklusive Wahrheit-Recherche.

Auf der Inspektionsrunde durch das Berliner Zentrum hat Kurt Sievers plötzlich etwas gesehen. Der bärtige Mann mit der kugelsicheren Weste und dem muskulösen Oberkörper reißt das Steuer herum. Begleitet von wütendem Motorengeheul durchbricht sein wuchtiger SUV den Zaun vor dem Volkspark Friedrichshain und schlingert zwischen Spaziergängern und Sonnenanbetern über das Gras. In der Nähe des Märchenbrunnens kommt das 350 PS starke Gefährt schließlich mit einer letzten Drehung zum Stehen.

Sievers steigt aus und steuert zielstrebig auf einen am Boden kauernden Mittdreißiger zu, der beim Abbeißen von seinem Döner vor Entsetzen erstarrt ist. Bevor der arme Kerl überhaupt weiß, wie ihm geschieht, klicken schon die Handschellen. Wenig später wartet der Delinquent über die Motorhaube des SUV gebeugt auf die Überprüfung seiner Personalien.

„Kai-Malte Steffens, Bündnis 90/Die Grünen“, fasst Spürnase Sievers für uns noch mal die Eckdaten seiner „Person of Interest“ zusammen. „Sollte sich genau in diesem Moment in einer Abstimmung des Deutschen Bundestages zum ‚Chancen-Aufenthaltsrecht‘ befinden und wurde vor zehn Minuten als ‚unentschuldigt fehlend‘ gemeldet. Tja, Pech gehabt, Freundchen!“

Der gebürtige Spandauer Sievers verfrachtet seinen jüngsten Fang unsanft auf die Rückbank. Direkt daneben schmollt bereits eine Delegierte der CSU, die Sievers gerade erst bei Weißwurst und Hefeweizen in einem Biergarten erwischt hatte. Der 49-jährige „Bounty Hunter“ ist direkt der Bundestagspräsidentin unterstellt und treibt im Auftrag des Parlaments sitzungsmüde Abgeordnete sämtlicher Parteien im Berliner Stadtgebiet auf. Am heutigen Freitag hat er besonders viel zu tun.

Beschämte Mandatsdrückeberger

„Mit einem langen Wochenende vor der Nase möchte sich so mancher schon früher ins Privatleben verabschieden“, bellt Sievers in Richtung der beschämten Mandatsdrückeberger. „Aber nicht in meiner Schicht, verstanden?“

Nachdem wir die schwarz-grünen Ausreißer an der Bundestagspforte dem Sicherheitsdienst übergeben haben, dürfen wir die Streifenfahrt mit Sievers fortsetzen. Wie er uns erzählt, bezahlen geschnappte Volksvertreter die Prämie, die auf ihre Ergreifung ausgesetzt ist, bis auf den letzten Cent selbst.

„Die genaue Summe ergibt sich aus dem Betrag im persönlichen Fehlstundenkonto, multipliziert mit dem Faktor 100“, plaudert der Kopfgeldjäger bei der Tour durch die quirlige Hauptstadt aus dem Nähkästchen. Sein großer Traum sei es daher, nur ein einziges Mal die ständig abgängige Sahra Wagenknecht dingfest zu machen. Vom fürstlichen „Finderlohn“ könnte Sievers anschließend in Saus und Braus auf den Bahamas leben.

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Beth Chapman war eine US-amerikanische Kopfgeldjägerin und Reality-TV-Darstellerin.

Als wir bei Rot vor einer Fußgängerampel halten, watschelt zufällig Franziska Giffey mit einem Eis in der einen und einem Bündel bunter Tragetaschen in der anderen Hand über die Fahrbahn. Bedauerlicherweise sei er in diesem Fall nicht zuständig, seufzt der Abgeordnetenhäscher. Während wir weiterfahren, verständigt er netterweise per Funk den Kollegen in Diensten des Berliner Senats, damit er die SPD-Politikerin gleich vor ihrem Lieblingscafé in Berlin-Mitte einkassieren kann.

„Unter allen 736 Mitgliedern des Bundestags ist Armin Laschet übrigens der einzige Abgeordnete mit Dauerfreigang“, füttert uns der Fugitive Recovery Agent weiter mit Insiderwissen. „Aufgrund der bestehenden Härtefallregelung und des erlittenen Söder-Traumas während seiner Kanzlerkandidatur darf er kommen und gehen, wann er will.“

Sahra Wagenknecht einfach so auf einer Bank

Sievers würde uns gern noch mehr Geschichten aus dem Politbetrieb erzählen, doch plötzlich wird er Zeuge von etwas Unglaublichem. Sahra Wagenknecht, Berlins unangefochtene Blaumacherkönigin, sitzt in der Nähe des ZDF-Hauptstadtstudios einfach so auf einer Bank und blättert seelenruhig in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ob der linke Friedensengel gerade ein Interview gegeben oder zum tausendsten Mal an einer Talkshow teilgenommen hat, ist dem Staatsdiener wurscht. Er will das schmale Zeitfenster für eine Frührente im sonnigen Süden unbedingt nutzen und fährt vorsichtig rechts ran.

Quelle        :           TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —       Foto: DIE LINKE NRW / Irina Neszeri

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von DL-Redaktion am 16. März 2023

Frauen in medialen Führungspositionen

Eine Kolumne von Steffen Grimberg

Das ist erst der Anfang. Die Online-Veranstaltung #Gemeinsam nahm die Gleichstellung bei ARD und ZDF in den Fokus. Statt Steffen Grimberg schreibt darüber an dieser Stelle seine Mitbewohnerin.

Es muss 2016 oder 2017 gewesen sein. Der Mitbewohner erzählte mir davon, dass bei einer Versammlung der ARD-Intendant*innen der Chef einer großen Nordanstalt über ein hauseigenes Projekt zu „Teilzeit in Führungspositionen“ sprechen wollte. „Doch bevor er nur drei Sätze gesagt hatte, blökten ihm schon andere männliche Kollegen dazwischen.“ Mit Einwänden, „dass das nicht klappen könne, Führung sei fordernd und verlange den ganzen Mann. Wenn es sein müsse, ihretwegen auch die ganze Frau. Aber keine halben Sachen.“

Heute, fünf Jahre später, heißt die juristische Direktorin des WDR Katrin Naukamm und Caroline Volkmann. Den Job machen also zwei Frauen gemeinsam. Beim NDR leiten Anja Reschke und Sabine Doppler den Programmbereich Gesellschaft. Bei Radio Bremen teilen sich Brigitta Nickelsen und Jan Schrader die Direktion für Unternehmensentwicklung und Betrieb. Klappt also doch in Anstalten unseres deutschen Mutterlandes!

Im Übrigen auf immer mehr Ebenen, wie #Gemeinsam, eine Online-Veranstaltung zum Thema Gleichstellung in den öffentlich-rechtlichen Medienhäusern zeigte. Am Weltfrauentag haben sich hier erstmals jede Menge Frauen und endlich auch ein paar mehr Männer aus allen öffentlich-rechtlichen Anstalten vernetzt.

Es herrschen männlich geprägte Managementstrukturen

Die präsentierten Beispiele zeigen, dass es nicht nur um Top-Sharing geht. Denn auch unterhalb von ziemlich weit oben ist ziemlich viel los. Rebecca Zöller und Lydia Leiert, die beim BR den Bereich „Film digital“ verantworten, sprachen gar von einem „glücklichmachenden Arbeitsmodell“. Das außerdem fürs Unternehmen gut ist, weil es mehr als 100 Prozent der Arbeitsleistung einer Einzelposition bekommt“, so Zöller.

Und außerdem ließe sich dann an einer Position „Diversität leben und sich austauschen“, ergänzte Leipert. Gerade weil es eben nicht nur ein Mensch ist, die dort schaltet und waltet. Falls sich die damaligen Zwischenrufer von 2017 heute auf ihren Männer-Parkplätzen langweilen sollten, gibt es hier noch eine Leseempfehlung. Denn die beiden haben das Buch „Geteilt Arbeiten, doppelt Durchstarten – so funktioniert Jobsharing“ geschrieben.

Quelle       :         TAZ-online       >>>>>         weiterlesen

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Oben     —   Floaters caused by retinal detachments

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Ungenutzte Bildungszeit

Erstellt von DL-Redaktion am 14. März 2023

Weiterbildung und Arbeitsrealität

File:Deutscher Bundestag Plenarsaal Seitenansicht.jpg

Keine Lehrer kein Volk

Ein Debattenbeitrag von :   Lara Körber

Die von Hubertus Heil vorgeschlagene Bildungszeit ist ein schöner Ansatz. Nur häufig steht die Unternehmenskultur der Weiterbildung im Weg.

Die von Arbeitsminister Hubertus Heil geplante Bildungszeit wäre – wenn das Finanzministerium nicht zuvorgekommen wäre – spätestens in den meisten Unternehmen selbst gescheitert. Konkret an den dort vorherrschenden Unternehmenskulturen. Denn Weiterbildung ist viel zu oft keine Sprosse der Karriereleiter, sondern sie verkommt zur Posse im Angesicht der firmenintern bestimmenden Strukturen. Ein Realitäts-Check zeigt, warum das so ist.

In der Arbeitswelt wird oft das Märchen vom lebenslangen Lernen erzählt, doch das fristet eher einen Dornröschenschlaf

Per Gesetz – und das ist weitgehend viel zu wenig bekannt – haben 27 Millionen Arbeitnehmende in Deutschland Anspruch auf Bildungsurlaub. Dahinter verbergen sich fünf bis zehn Tage bezahlte Freistellung für als Bildungsurlaub anerkannte Weiterbildungen – von Führungskräftetraining über Sprachkurse bis Burn-out-Prävention. Kurz: zertifizierte Auszeiten, die Arbeitnehmende ganz individuell fachlich, persönlich und gesundheitlich fördern.

Trotzdem nehmen nur rund 2 Prozent der Anspruchsberechtigten ihr Recht auf Bildungsurlaub aktuell in Anspruch – und das, obwohl es das Gesetz zum Beispiel in Hamburg bereits seit 1974 gibt. Warum ist das so? Als Mitgründerin des mittlerweile größten Aufklärungs- und Buchungsportals für gesetzlichen Bildungsurlaub in Deutschland bin ich täglich mit weiterbildungsinteressierten Ar­beit­neh­me­r:in­nen im Austausch, die sich nicht trauen, ihr Recht auf „Bildungsurlaub“ in Anspruch zu nehmen.

Ein entscheidender Grund dafür ist der oftmals große Unterschied zwischen extern groß gelobter und intern klein gelebter Unternehmenskultur. Zwar wird in der Arbeitswelt oft das Märchen vom lebenslangen Lernen erzählt, doch das fristet eher einen Dornröschenschlaf – während die Prinzessin oder der Prinz zum Wachküssen sich ganz schön vergaloppiert hat.

Angst vor den Che­f:in­nen

In der Hel­d:in­nen­ge­schich­te von Unternehmen heißt es nämlich leicht: „Wir sind offen gegenüber Weiterbildung!“ Die externe Unternehmenskultur steht damit gut da. Allerdings zeigt sich hinter geschlossenen Bürotüren oft ein ganz anderes Bild. Die Forderung nach Förderung kommt dort oft gar nicht gut an, und die auf diese Weisen geprägte interne Unternehmenskultur reguliert somit den Weiterbildungsmarkt.

Es gibt also firmenkulturelle Hindernisse, die es erschweren, für das eigene Recht auf Weiterbildung einzustehen. Fehlendes Vertrauen und mangelhafte Kommunikation sind hier zentral zu nennen. Um Weiterbildungen wahrzunehmen, braucht es die Zustimmung des Unternehmens. Wir beobachten allerdings sehr stark, dass viele Beschäftigte sich schon gar nicht erst trauen, den Dialog mit ihren Che­f:in­nen aufzunehmen, um über ihre individuellen (Weiterbildungs)Bedürfnisse zu sprechen.

Wer aber nichts anspricht, dem kann man auch nichts absprechen. Was beim Ansprechen hemmt, ist, dass zu viele Arbeitgebende in Weiterbildungen immer noch viel zu oft Fehlzeit statt Förderung sehen. Damit begünstigen sie eine Fehlinterpretation von Leistung als Präsenz statt Produktivität. Ein weiterer Grund, der Mitarbeitende zögern lässt, eine Fortbildung in Erwägung zu ziehen, ist die generelle Überlastung.

Zu viele Arbeitnehmende sind oft am Limit und möchten in dieser Ausnahmesituation ihr Team nicht allein lassen beziehungsweise diesem noch mehr Arbeit zumuten. Das ist verständlich. Leider ist der Ausnahmefall zu oft die Regel. Wer als Unternehmen wirklich will, dass Weiterbildungsangebote angenommen werden, muss ein Arbeitsumfeld schaffen, das Entfaltungsspielraum bietet.

Sozialer Druck und Neid

Nicht selten wirkt auch der Mangel an Gönnungskultur als Hindernis auf dem Weg zur Weiterbildung. Leider ist es so, dass viele Kol­le­g:in­nen einander Weiterbildungen nicht gönnen oder sich schnell benachteiligt oder abgehängt fühlen. Dieser soziale Druck erhöht die Hürde, nach Weiterbildung zu fragen – und ist eine „Red Flag“ im Hinblick auf eine gesunde Arbeitskultur in einem Unternehmen.

Statt Misstrauen brauchen wir ein Team-Miteinander, eine „Gönnungskultur“ – in der je­de:r Einzelne weiß, dass sie oder er nicht zu kurz kommen wird. Wichtigster Schlüssel dafür auch hier wieder: transparente Kommunikation von oben. Die Message der Unternehmen sollte dabei sein: „Wir wollen deine Weiterentwicklung. Und die der anderen.“

Quelle       :        TAZ-online         >>>>>          weiterlesen

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Oben         —      Plenarsaal des Deutschen Bundestages

Author Times        /    Source    :   Iwn worh       /     Date      :      12 September 2010

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Palantir in Bayern:

Erstellt von DL-Redaktion am 11. März 2023

Nicht eingesetzte Polizei-Software kostet Millionen

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von    :    

Ein technisches Gutachten soll den sicheren Betrieb der umstrittenen Polizei-Software Palantir belegen. Doch rechtlich fehlt noch immer die Grundlage für einen Einsatz. Für die nicht genutzte Software fließen derweil Lizenzgebühren in Millionenhöhe – nicht nur in Bayern.

Die Palantir-Software, die Bayern bei der Polizei einsetzen will, ist nach Ansicht des Fraunhofer Instituts in Fragen der IT-Sicherheit unbedenklich. Das verkündetete das Landeskriminalamt München unter der Überschrift: „Sicherer Betrieb ist möglich!“ Das Fraunhofer Institut hatte den Quellcode unter anderem auf Hintertüren und Datenabflüsse überprüft. Zuvor gab es Bedenken, ob die Daten von der bayerischen Polizei an das US-Geheimdiensten nahestehende Unternehmen Palantir abfließen könnten.

Mit der Quellcode-Untersuchung wurde das Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie (Fraunhofer SIT) beauftragt. Das Gutachten basierte laut dem LKA München auf einer „breiten und fundierten methodischen Vorgehen zur vollumfänglichen Prüfung der Software.“ Im Rahmen der Prüfung sei unter anderem eine umfassende Schwachstellenanalyse durchgeführt worden. Dazu gehöre neben manuellen Prüfungen und Penetrationstests auch ein Code-Scanner zur automatisierten Detektion von Schwachstellen.

Das Gutachten selbst wurde nicht veröffentlicht, sondern steht unter Verschluss, weil es sensible Angaben über die IT-Infrastruktur der Polizei und Geschäftsgeheimnisse von Palantir enthalte. Die technische Prüfung ist allerdings nur für die aktuelle Version gültig. Um zu wissen, was wirklich mit der Software passiert, müsste sie bei jedem Update erneut geprüft werden.

Palantirs Software soll unter dem Namen „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) bei der bayerischen Polizei eingesetzt werden. Das Verfahren in Bayern ist auch für andere Bundesländer von Belang, da Bayern einen Rahmenvertrag mit Palantir abgeschlossen hat. Der Einsatz in weiteren Bundesländern könnte dann auf dieser Grundlage folgen.

Zwar wurde die Software nach der 430.000 Euro teuren geheimen Untersuchung nun rein technisch als unbedenklich eingestuft. Davon unberührt sind aber starke verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Einsatz der Software, die Daten aus verschiedenen Datenbanken und Quellen zusammenführt und so ganz neue Möglichkeiten eröffnet, um Menschen ins Visier zu nehmen. Diese Bedenken lassen sich nicht durch eine Überprüfung des Quellcodes ausräumen.

„Kein Zeitplan“ für Rechtsgrundlage

In Hessen und Hamburg hatte das Bundesverfassungsgericht im Februar die rechtlichen Grundlagen für verfassungswidrig erklärt. Auf Anfrage von netzpolitik.org erklärt das Bayerische Staatsministerium des Innern: Die noch zu schaffende Rechtsgrundlage im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz werde sich an den im Urteil des Bundesverfassungsgerichts getroffenen Aussagen orientieren.

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Das Ministerium geht davon aus, dass „ein Einsatz sowohl zur Abwehr von konkreten oder konkretisierten (drohenden) Gefahren, als auch zur Verhütung von Straftaten im Vorfeld von (drohenden) Gefahren grundsätzlich zulässig ist“. Keine Aussage wollte das Ministerium dazu treffen, wann genau Bayern allerdings die neue Rechtsgrundlage anpeile oder wann VeRA eingesetzt werden könne. Dazu liege „noch kein Zeitplan vor“, schreibt ein Sprecher an netzpolitik.org.

Wann die Software zum Einsatz kommen wird, ist also in Bayern noch offen. Doch selbst wenn die Software nur in der Schublade liegt entstehen dem Bundesland Kosten in Millionenhöhe, wie der Bayerische Rundfunk recherchiert hat. Alleine seit dem Vertragsabschluss im Mai 2022 waren es laut Ministerium rund 3,2 Millionen Euro an Lizenzgebühren. Insgesamt sind in den ersten fünf Jahren bis zu 25 Millionen Euro fällig. Auch in Nordrhein-Westfalen (NRW) wird Palantir teuer, dort haben sich die Kosten gegenüber der Planung verdreifacht. Gegen den Palantir-Paragraf im Polizeigesetz von NRW läuft eine weitere Verfassungsbeschwerde.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben       —    Palantir

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Die Hauptstadt und ihr Senat

Erstellt von DL-Redaktion am 9. März 2023

Wie Berlin gegen sich arbeitet

Ein Schlagloch von Georg Diez

Berlin ist eine Stadt voller Möglichkeiten. Die Konzeptlosigkeit führender Po­li­ti­ke­r*in­nen trägt aber dazu bei, dass Chancen verschenkt werden.

Berlin ist eine wunderbare Stadt, die alles tut, um zu verhindern, dass sie wunderbar bleibt. Was hat diese Stadt für Menschen, für Möglichkeiten!

Auf mich wirken die beiden wie trotzige Nachzügler, die kaputt machen, was andere gebaut haben, was schön sein könnte.

Es gibt so viele, die hier ihre Zukunft sehen, die hier andere wie sie finden oder gar nicht wie sie, die Inspiration finden, immer noch eine Freiheit, wie es sie sonst in diesem Land nicht gibt, eine Internationalität, die das schrumpfende Provinzdeutschland drumherum umso kleiner erscheinen lässt, müder, fader.

Es verblüfft mich immer noch jeden Tag, wirklich jeden Tag aufs Neue, mit welcher Insistenz und Schludrigkeit diese Stadt gegen sich arbeitet. Und da geht es gar nicht um vagabundierende Baustellen, die immer wirken wie Guerilla-Aktionen einer Stadtverwaltung oder -nichtverwaltung, so willkürlich tauchen sie auf und verschwinden wieder.

Es geht auch nicht um Fahrradwege, die einfach im Nichts enden, wie leider auch erschreckend viele Leben von Fahrradfahrer*innen, die dafür umso grimmiger von neongelben Polizeischwadronen verfolgt werden, die die bestrafen, die am meisten gefährdet sind.

Es geht also nur teilweise um dieses Autoritärsgehubere, das sich immer stärker zeigt, vielleicht auch eine Folge der postpandemischen Regelwut, aber wir leben eben in Zeiten einer regressiven Moderne. Es geht auch nur teilweise um das Stadtschloss, mit dem so vieles angefangen hat oder verbunden ist, das kalte Hohenzollern-Herz dort, wo die Widersprüche, die Offenheit oder der Aufbruch in dieser Stadt beginnen könnten, ihren Platz haben könnten, ein Haus der Zukunft, ein Ort für alle und jeden, ein Palast der Republik vielleicht, ach, was für ein schöner Name!

Und auch nur teilweise geht es um die Autobahn A 100, die sie nun tatsächlich weiter in die Stadt hineinwalzen wollen, als sei fossile und individuelle Mobilität noch ein Versprechen und keine Drohung. Es geht nur teilweise um ganze Viertel, in denen der Quadratmeterpreis die einzige ästhetische Prämisse ist, was dazu führt, dass hier nur der kalte Wind des Kapitalismus seine Heimat findet. Und es geht nur teilweise um so stur verkorkste Großprojekte wie das Museum für Gegenwartskunst, das gebaut wird gegen den Einspruch wesentlicher Stimmen aus Kultur und Kritik, ein trotziger Tempel für eine Gegenwart, die schon jetzt veraltet wirkt.

Es geht mehr um die Selbstverleugnung in dieser Stadt, gerade durch die, die sagen, dass sie Berlin lieben oder Berlin sind – und die ablehnen, wofür diese Stadt stehen könnte und für viele, die hier leben, auch steht: die Solidarität, das Experiment, die Individualität, die Veränderung, die Schönheit, die Dunkelheit, die Intelligenz, die Verschwendung.

Es entsteht eine Koalition der aggressiven Visionslosigkeit

Eine Koalition der Kleinmütigkeit also, die dafür sorgt, dass Berlin eine Stadt der Geistesmenschen wie der Geistlosigkeit bleibt, im steten Streit von Vergangenheit und Zukunft, wobei allzu oft die Gegenwart abhandenkommt. Sie bauen sich eine Bastion gegen die Zukunft, eine Schuhkartonwelt – womit die Berliner Malaise sinnbildlich wird für dieses Land.

Denn die Hauptstadt ist mehr als eingeübtes Scheitern, über das sich alle risikofrei lustig machen können. Die Hauptstadt ist nur ganz vorn dabei in einem Land, das sich entschieden hat, im Schatten der Weltgeschichte reich und schläfrig zu werden, eingelullt von der eigenen Erfolgsgeschichte, die wie so viele Erfolgsgeschichten meistens schon eine Weile vorbei ist, wenn man sie erzählt.

Die Planlosigkeit, die Konzeptionslosigkeit, der Mangel an Energie und Eleganz, das alles reicht weit über Berlin heraus – wo sich jetzt also in einem Akt der Selbstermächtigung des Mittelmaßes eine Regierung gewählt haben, die genau die Fadheit dieser Stadt wie des Landes spiegelt: eine Koalition der aggressiven Visionslosigkeit, anspruchsfrei, rückwärtsgewandt, die eigene Karriere als Horizont der Möglichkeiten. Der eine, der von der CDU, heißt es, sei ein guter Netzwerker; die andere, die von der SPD, heißt es, „kann“ Verwaltung.

Wären bloß die richtigen Leute oben

Physiognomisch, biografisch und politisch-thematisch ist das ein Rückschritt in die 90er Jahre – mit dem Unterschied, dass die 90er Jahre, so wie sie waren, voller Farbe, Fun und Möglichkeiten, wie ausradiert wirken, negiert, als habe es sie nie gegeben.

Quelle        :          TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Oben        —     Franziska Giffey on stage of Ukraine solidarity protest on Platz des 18. März.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 8. März 2023

Von Zielsetzungen und Verzichtbarem im Ukraine Krieg

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KOLUMNE VON – Ariane Lemme

Nicht ganz so oft zu hoch zielen, kann Enttäuschungen sparen. Und: Hand in Hand lässt sich bisweilen mehr erreichen.

Ich weiß ja nicht, was Sie unter Zielen verstehen. Für mich definieren sie sich zurzeit in etwa so: Das Kind sagt: Tee! ich sage: Ja! Wenn ich es dann innerhalb der nächsten Stunde – zwischen Spülmaschine-Ausräumen und Bücher-Vorlesen und Mir-selbst-Kaffee-Machen – schaffe, mich beim Anblick der tropfenden Nase des Kindes an seinen bescheidenen Wunsch zu erinnern und ihm einen Tee zu kochen, sage ich mir: Ziel erreicht.

Tee kochen

In der Politik läuft’s ja nicht viel anders, das wissen wir spätestens seit Klara Geywitz, ihres Zeichens SPD-Ministerin für Wohnungsbau, und ihrem, nun ja, dynamischen Ziel, dringend benötigte neue Wohnungen bauen zu lassen. Aber auch in dieser Woche wurde wieder mal deutlich, was für hüpfende Häschen politische Ziele sind. Der schnellste Hase im Pfeffer ist der Kampf gegen die Erd­erhitzung. Hängt natürlich zusammen mit dem eher schleppenden Verlauf der Problemlösung.

Panzer liefern

So ging’s beim Außenministertreffen der G20-Staaten in Del­hi – natürlich – zuvorderst um den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Wenn auch mit angezogener Handbremse made in China. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich halte den Sieg der Ukraine über diesen durchgeknallten Despoten, dessen Namen ich eigentlich nicht mal mehr schrei­ben möchte für ein wichtiges, ja notwendiges Ziel. Ich bin auch dafür, Wolodimir Selenski deshalb so viele Waffen zu liefern wie nötig.

Schröder schrotten

Ja, hätten wir zu Hause einen der vielen Panzer rumstehen, die mein Freund in seiner Militärzeit repariert hat – ich würde ihn persönlich vorbeibringen. Ich weiß natürlich auch, wie schnell es an mehreren Ecken brennen kann und dass man manchmal triagieren muss. Klar ist mir auch, dass man sich schnell mit Unsinn verzettelt, dabei könnte man durchaus mehrere Probleme parallel angehen, wenn man auf Unnötiges verzichtet.

SPD verramschen

Darüber streiten, wer die Spülmaschine ausräumt, Rücksicht auf vermeintlich drängende Wirtschaftsinteressen oder auf falsche Freunde nehmen. Sich Leute warm halten, die sich immer nur quer stellen, vielleicht weil sie einem irgendwie auch nutzen. Leider trotzdem oft lange folgenlos, guckt man auf die SPD und ihr Verhältnis zu Altkanzler Schröder.

File:Gerhard Schroeder 2005.jpg

Schröder fand schon seine Nachfolger und was diese nicht schaffen macht Lindner.

Klar, werden Sie sagen, es hängt alles mit allem zusammen, es gibt Sachzwänge und wenn der andere Streit über Nebensächlichkeiten sucht, was soll man dann tun? Na ja, ich kann Ihnen sagen: Es gibt Sachzwänge und es gibt Zwingendes. Als Elternteil lernt man schnell, dass vieles, was normale Menschen für nötig erachten, völlig unnötig ist.

Um Energie für die unausweichlichen Katastrophen zu haben (Krieg, Klimawandel, Kinderkacke), heißt es, an anderer Stelle langmütiger sein können. Viele Dinge sind die Erhitzung des Gemüts nicht wert. Sprich: Wenn man gegen die großen Bullys wie China und Russland schon so wenig ausrichten kann, muss man wenigstens gegen sie zusammenhalten.

Die deutschen Arbeitgeber zum Beispiel nölen gerade herum, Arbeitskämpfe dürften mit allgemeinpolitischen Zielen nicht vermischt werden. Warum? Weil Verdi seine Warnstreiks im Nahverkehr auf denselben Tag gelegt hat wie Fridays for Future ihren Klimastreik. So was nenne ich lächerlich. Das ist genau die Art Streit, bei dem es nur ums Ego des Nörglers geht.

Quelle         :       TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Orientalische Luftschlösser

Erstellt von DL-Redaktion am 7. März 2023

Probleme zwuschen  der toxischen Männlichkeit und Migration

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Dort wo Paschas versammelt sind, ist der Sauerländer mitten unter uns.

Ein Debattenbeitrag von FIKRI ANIL ALTINTAŞ

Nach der Silvesternacht die Empörung. Deutschland gerät mal wieder aus den Fugen, und die Verantwortlichen sind schnell ausgemacht. Die Debatten über junge Männer aus der vermeintlichen Parallelgesellschaft, die aus der Bildungsferne ins Leben blicken, sind schon immer mühselig gewesen. Auch jetzt wieder. Wenn Friedrich Merz von „kleinen Paschas“ redet, die sich in den Schulen nicht im Griff hätten, Jens Spahn von „kulturell vermittelter toxischer Männlichkeit“ spricht, dann ist eine Intervention notwendig: für eine antirassistische und feministische Neuausrichtung von Männ­lich­keits­per­for­mance.

Denn die Debatten verlieren sich in der unermüdlichen Wiederholung bekannter Vorwürfe, weißer Ignoranz und bewusstem Desinteresse von Po­li­ti­ke­r*in­nen an Lebensrealitäten marginalisierter Menschen in Deutschland. Das Credo der Mehrheitsgesellschaft: Manche Männlichkeiten sind einfach nicht dazu gemacht, sich zu verändern.

Nicht in der Lage, sich aus ihrer vermeintlich festgefahrenen, antifeministischen Kultur und Religion zu befreien, die ihnen ultimative toxische Männlichkeit vorlebt. Die Debatten nach den Silvesternächten in Berlin oder Köln sind mittlerweile verankerte Politik. Racial Profiling, Rufe nach Law and Order und auch die rassistischen Morde von Hanau zeigen das nur zu deutlich.

So groß das Problem ist, so einfach scheint die Lösung: Toxische Männlichkeit wird in alter deutscher Tradition auf Mi­gran­t*in­nen abgewälzt. Wer so denkt, hat nichts kapiert. Toxische Männlichkeit kann nicht durch Recht und Ordnung „gelöst“ werden, es braucht zunächst ein Eingeständnis: Das Patriarchat betrifft auch Männer, und durch sie viele andere Menschen in ihrem Umfeld, die Gewalt erfahren. Mich macht es müde und wütend, dass das noch immer nicht überall angekommen ist.

Toxische Männlichkeit als gesamtgesellschaftliches Problem

Wer Männlichkeit verändern will, muss das als gesamtgesellschaftliches Problem begreifen. Männ­lich­keits­vorstel­lungen ändern sich ständig – oft auch zum Guten: Immer mehr Männer sprechen öffentlich über die Auswirkungen von Männlichkeit auf ihre Gesundheit und ihr Umfeld, wie der Fußballer Timo Baumgartl nach seiner Hodenkrebserkrankung. Selbst Bundeskanzler Scholz spricht von sich als Feminist. Vielen Männern scheint auch durch #aufschrei und #MeToo zumindest ein wenig die Augen geöffnet worden zu sein.

Vieles bewegt sich aber auch in eine Richtung, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollte. Im März 2022, kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, sprach Tobias Haberl in einem Spiegel-Artikel davon, dass „Pesto nicht vor Pistolen“ schütze. In den Medien wurden plötzlich Stimmen lauter, man müsse die Wehrpflicht wieder aufleben lassen, denn die Verweichlichung würde nicht nur den Männern schaden, im Zweifel auch Deutschland und Europa.

Republikanische Politiker haben immer gerne gezeigt woran es ihnen im Kopf felt.

Das klingt nach Björn Höckes „Männlichkeit wiederentdecken“, nur in bürgerlich. Misogyne Figuren wie der Influencer Andrew Tate und der Psychologe Jordan Peterson erhalten online viel Zuspruch. Davon profitiert die AfD, die Hort vieler „Männerrechtler“ ist. Und selbst Rapper wie Kollegah gaben „Alpha-Mentoring“-Coachings für verunsicherte Männer.

Jeder dritte Mann hier hat ein sexistisches Weltbild

Die Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studien 2022 unterstreichen diese Entwicklung. Jeder dritte Mann in Deutschland hat ein geschlossenes, antifeministisches und sexistisches Weltbild. Kaum Aufregung darüber, im Gegenteil: Einfache Antworten für komplexe Sachverhalte zu finden, ist bequem, denn das heißt: An Männlichkeit muss sich nichts ändern, nur die Männlichkeit nichtweißer Männer ist ein Problem.

Deutschland spricht in kolonialrassistischer Kontinuität oft und gern von Menschen wie mir und dem „Orient“ – als sei er ein Familienmitglied, mit dem ich jeden Tag telefoniere, um zu beraten, wie ich heute Deutschland auf den Sack gehen könnte. Der Orientalismus ist ein Luftschloss, auf das eine weiße Mehrheitsgesellschaft gerne blickt, wenn sie erklären will, warum ich, durch Religion und Kultur gefangen, hinter deren Mauern zu stecken scheine. Männlichkeiten sind auch immer Ergebnis sozialer Bedingungen, aber das scheint wenig zu interessieren. Unsere Männlichkeiten sind lediglich Probleme, die es zu beseitigen gilt.

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Oben      —      Tausendundeine Nacht von Gustave Boulanger (1873)

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ARD – DENUNZIANTEN

Erstellt von DL-Redaktion am 7. März 2023

Auf der Spur von Wagenknecht und Schwarzer

Quelle       :    RATIONALGALERIE

Autor: Uli Gellermann

Die öffentlich-rechtliche ARD-Sendung „Fakt“ hat alle ErstunterzeichnerInnen des Manifestes für Frieden von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer angeschrieben. In diesem Schreiben hat die Redaktion angeblich „Rechte“ entdeckt. Und behauptet, „dass die von den Initiatorinnen angekündigte Abgrenzung gegen rechts in der Realität bei der Veranstaltung nicht funktioniert hat“. Dass es so rechts wie nur möglich ist, wenn man Waffen in die Ukraine sendet, um vorgeblich einen Krieg zu beenden, ist den ideologisch beschränkten Redakteuren nicht zugänglich. Auch, dass Frau Barbock ebenso eine rechte Kriegstreiberin ist wie Frau Strack-Zimmermann, dürfen ARD Redakteure bei Strafe eines Karriereverlusts nicht zugeben. Den ARD-Leuten ist nicht mal die historische Kontinuität klar: Militarismus war ein wesentliches Merkmal der Nazis.

Suche nach „Rechten“ objektiv?

Aber es wäre doch toll, wenn Angestellte eines Senders, der von den Gebühren der Bürger finanziert wird, sich wenigstens an ihren eigenen Staatsvertrag halten würden. Staatsverträge sind die rechtlichen Grundlagen, auf denen die diversen Sender ihre Arbeit leisten sollten. Im Staatsvertrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), der die Sendung „Fakt“ für das 1. ARD-Programm produziert, steht zum Beispiel: „Der MDR hat in seinen Angeboten einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, europäische und nationale Geschehen zu geben“. Ist die öffentliche Suche nach angeblichen Rechten in einer Aktion für den Frieden „objektiv“? Oder doch eher pure Indoktrination?

Hälfte der Deutschen rechts?

Und weiter im Text des Staatsvertrages: „Der MDR ist in seinen Angeboten an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden und der Wahrheit verpflichtet.“ Entspricht der Sender dem Friedensgebot des Grundgesetzes, wenn er ausgerechnet eine Aktion für den Frieden als „rechts“ denunziert?

Der MDR stellt sicher, steht in seinem Staatsvertrag, dass „die Vielfalt der bestehenden Meinungen und der religiösen, weltanschaulichen, politischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen im Gesamtangebot der Anstalt in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet“. In Umfragen, die auch der ARD zugänglich sind, wendet sich etwa die Hälfte der Befragten gegen deutsche Waffenlieferungen in der Ukraine. Aber bei „Fakt“ wird diese Hälfte als „rechts“, also zumindest als falsch oder böse denunziert. „Fakt“ sendet also im Fall Wagenknecht und Schwarzer statt Breite und Vollständigkeit schlichte Regierungsideologie.

Andere Meinungen sind Staatsverbrechen

„Der MDR hat in seinen Angeboten die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten.“ So steht es in den Angebotsgrundsätze des Senders. Davor hat der MDR, wenn er die Unterzeichner diffamiert, natürlich Null Achtung. Stattdessen fragt er die Unterzeichner: „Würden Sie das „Manifest für Frieden“ erneut unterzeichnen? Wenn ja, warum? Wenn Sie sich anders entscheiden würden, können Sie uns die Gründe dafür nennen?“. Der Sender will von den Angeschriebenen einen Rückzieher, auf alle Fälle verlangt er Rechenschaft von Menschen, die seine Gebühren zahlen und anderer Meinung als die Regierenden sind und mit dieser Haltung auch die Meinung des Senders negieren. Eindeutig hält der MDR andere Meinungen für Staatsverbrechen.

Blanker Hass

„Der MDR stellt sicher“, kann man weiter im Staatsvertrag lesen, „dass das Gesamtangebot der Anstalt nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient“. Nicht nur, dass der Sender diesen Grundsatz mit seiner Anschreibe-Kampagne demonstrativ verletzt. Mit seiner Politik der Denunziation und der Diskriminierung erfüllt er darüberhinaus den Tatbestand der Volksverhetzung, der im § 130 des Strafgesetzbuches so definiert wird: „Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. (…) Und wenn er „einen Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt“. Denn was der MDR mit seiner FAKT-Kampagne unternommen hat, das hat mit Nachricht, mit Objektivität, mit Öffentlich-Rechtlichem nichts zu tun. Das ist blanker Hass gegen eine Gruppe in der Bevölkerung, die eine andere Meinung hat als die Regierung und die Sender-Chefs.

ARD und MDR müssen vor ein ordentliches Gericht

Der MDR und mit ihm die ARD, müssen vor ein ordentliches Gericht. Sie müssen wegen Bruch des Staatsvertrages und wegen Volksverhetzung angeklagt werden. Nicht, dass sich ein Gericht in diesem Land trauen würde, ein ordentliches Urteil zu fällen. Aber schon der Weg zu einer Anklage kann volkspädagogisch sinnvoll sein. Und vielleicht findet sich ein Gericht, das die Klage zulässt. Dann wäre bereits eine medienöffentlliche Klage ein Schritt in die Richtung der Wahrheit und in Richtung des Friedensgebotes des Grundgesetzes.

Gibt es einen mutigen Anwalt?

Für den Weg zum Gericht braucht man einen Anwalt. Der Herausgeber der RATIONALGALERIE, Uli Gellermann, ist als Gebührenzahler unmittelbar von den Rechtsbrüchen der ARD betroffen. Er ist bereit, gegen die Sendeanstalten zu klagen.

Gellermann braucht einen Anwalt aus Berlin: Wegen der notwendig kurzen Wege zwischen ihm und dem Anwalt. Liebe Anwältin, lieber Anwalt, bitte melden Sie sich, bitte melde Dich. Per Mail an post@rationalgalerie.de.

Urheberrecht

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Oben      —         Schneefläche mit Chlamydomonas nivalis (Blutschnee) in der Nähe von Abisko (Nordschweden)

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Antje Vollmers Vermächtnis

Erstellt von DL-Redaktion am 3. März 2023

Was, wenn statt Baerbock Antje Vollmer Aussenministerin wäre?

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Quelle      :        INFOsperber CH.

Von        :    Heribert Prantl   

Statt Frieden herbeizubomben, wäre es erfolgversprechender, eine Bereitschaft zum Verhandeln herbeizuverhandeln.

Wie sähe die deutsche Aussenpolitik aus, wenn nicht Annalena Baerbock, sondern ihre grüne Parteifreundin Antje Vollmer Aussenministerin wäre? Welche deutsche Beteiligung am Ukraine-Krieg hätte Vollmer gebilligt? Wie hätte ihre Nothilfe für das überfallene Land ausgesehen? Und welche diplomatischen Initiativen würde sie als Ministerin betreiben, um einen Weg zum Frieden zu finden?

Antje Vollmer ist eine exzellente Mediatorin, sie war eine grosse politische Vermittlerin und Versöhnerin. Sie gehört zu den Frauen, die die grüne Partei ganz wesentlich geprägt haben, Urgestein sagt man dazu. Heute gehört Vollmer dort eher zum Abraum. Sie verzweifelt am bellizistischen Kurs ihrer Partei – wie sie soeben in einem politischen Testament dargelegt hat*. Vollmer ist fast 80 Jahre alt und sehr krank. Sie blickt in ihren vermächtnishaften Darlegungen zurück auf die politischen Fehler, die seit 1989 gemacht worden sind, und sie kämpft mit der Ratlosigkeit, wie man jetzt mit den Folgen der Fehler umgehen soll.

Vollmer vermittelte einst zwischen den Fundis und den Realos, sie trieb den innerparteilichen Erneuerungsprozess voran. Ihr erstes grosses politisches Versöhnungsthema war die RAF; sie versuchte, den Terrorismus durch Dialog zu beenden, und das ist ihr auch mit einer vom damaligen Bundesjustizminister Klaus Kinkel und vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker getragenen Versöhnungsinitiative gelungen. Ihr zweites Versöhnungsthema war die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen.

Wie könnten Mediation und Vermittlung im Ukraine-Krieg aussehen? Es ist Fastenzeit, Vorbereitung auf Ostern, auf das Fest des Friedens und der Auferstehung. Der Frieden liegt nicht als Geschenk im Osternest, so dass man ihn nur auspacken müsste. Man muss ihn entwickeln, ihn erarbeiten, so wie das vor 375 Jahren im Westfälischen Frieden gelungen ist. Selbst das Reden gegen Wände kann ein Gespräch eröffnen. Der Krieg bringt den Frieden nicht, auch demjenigen nicht, der ihn gewinnt. Siegen? Verlieren? Frieden ist das Einzige, was es zu gewinnen gibt – so hat es Heinrich Böll gesagt. Und ich wünsche mir, dass wir, wenn wir über den richtigen Weg zum Frieden ringen, nicht rhetorisch Krieg miteinander führen.

Der Frieden in der Ukraine ist ein noch ungelegtes Ei. Solange das so ist, kann man aber schon mal das Nest dafür bauen, man kann die Materialien dafür sammeln und darüber verhandeln, wie man verhandeln könnte, man kann darüber reden, wie man miteinander reden könnte. Das wünsche ich mir. Man kann Verhandlungsbereitschaft auch herbeiverhandeln. Das ist erfolgversprechender als der Plan, Frieden herbeizubomben.

Ich wünsche Ihnen eine Fastenzeit, in der man über Wörter und über Werte wie «Besinnung» und «Umkehr» nachdenken und daraus Kraft schöpfen kann.

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Dieser Kommentar des Kolumnisten und Autors Heribert Prantl erschien am 26. Februar 2023 als «Prantls Blick» in der Süddeutschen Zeitung.

*Antje Vollmers Vermächtnis einer Pazifistin:
«Was ich noch zu sagen hätte»

Die Ex-Vizepräsidentin des Bundestags kritisiert die Grünen dafür, dass sie sich vom Pazifismus abgewendet haben. In diesem Essay in der Berliner Zeitung formulierte sie am 23. Februar 2023 ihr politisches Fazit.

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Oben      —         Dr. Antje Vollmer (Publizistin, Bündnis90/DieGrünen), Foto: <a href=“http://www.stephan-roehl.de“ rel=“nofollow“>Stephan Röhl</a> Foto: Stephan Röhl Veranstaltung „25 Jahre Forschungsjournal (Neue) Soziale Bewegungen“ in der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin

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Zyklopen der Politik

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

Aus der altgriechischen Sage: – Zyklopen welche sich als Politiker tarnen.

Wer wird sich nun ob dieser Ähnlichkeit beschweren ?

Quelle       :        Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Nach der altgriechischen Sage ist ein Zyklop zwar ein riesiger Dämon mit allerdings nur einem Auge. Nach heutiger medizinischer Kenntnis konnte er daher nicht raumbildlich sehen, also das Gesehene nicht im Gesamtkontext richtig einordnen.

Genau diesen Eindruck muss man heute von so manchem Politiker bzw. Politikaktivisten haben. Der größten Politik-Zyklopen heute ist der US-Präsident Biden. Mit geradezu traumwandlerischer Fehlsichtigkeit folgt er bei jeder sich bietenden Gelegenheit und unter Berufung auf Gottes Segen nur einem Ziel: America First! Ohne Rücksicht auf die Belange anderer Teilnehmer am Weltgeschehen will er amerikanische Interessen auf der Welt militärisch wie wirtschaftlich durchsetzen. Dass ihn die Ereignisse rechts und links zu überholen beginnen, sieht er nicht.

In seinem Gefolge tummelt sich auch unser Bundeskanzler mit seiner abstrusen Zeitenwende, die offensichtlich nur für ihn und seine Regierung mit ihrer Kehrtwende von einer Friedens- zu einer Kriegspolitik gilt. Diese hat sich überraschend die Zyklopin und Außenministerin auf die Fahne geschrieben. Früher friedliebend grün, sieht sie heute nur noch eine kriegerische Auseinandersetzung mit Russland. Das sieht auch ihr Ko-Zyklop und Wirtschaftsminister so, der völlig übersehen hat, dass er mit seinen Sanktionen dem eigenen Volk mehr schadet als Russland.

Die Liste der Politik-Zyklopen ließe sich schier endlos fortsetzen. So z.B. mit dem MSC-Zyklopen Heusgen, der Recht mit der von den USA diktierten, regelbasierten Ordnung verwechselt und daher deren Durchsetzung postuliert sowie Bestrafung derjenigen fordert, die dieser internationalen Ordnung nicht folgen. Aufrufe für Frieden und gegen Schlachtgetümmel werden verrissen, Voten des Volkes gegen Waffenlieferungen missachtet.

Zur hälfte besetzt – aber voll bezahlt

All diese Zyklopen scheinen dabei getreu dem Kategorischen Imperativ von Kant zu folgen, denn alle handeln beharrlich nur nach den Maximen, durch die sie zugleich wollen können, dass sie zum allgemeinen Gesetz werden. Wunschdenken als politisches Prinzip? Dabei übersehen sie als Einäugige geflissentlich, dass die überwiegende Mehrheit der Erdbevölkerung die Maxime des Westens von Krieg, Frieden und Wirtschaft nicht mehr blind zu folgen bereit ist. Und bei der einäugigen Sicht der Dinge im Westen ist auf einmal das Reich der Mitte da und legt eine Globale Sicherheits-Initiative (GSI) vor. Prompt tobt der US-Zyklop, weil der Vorschlag Chinas den US-Hegemonie-Maximen umfassend widerspricht. Auch dem deutschen Leit-Zyklopen passt der Vorschlag nicht, will er doch gerade Indien bei den neu angestoßenen Vertragsgesprächen wegen Russland unter Druck setzen, muss aber schmerzlich erfahren, dass Druck kein gutes Argument beim Verhandeln ist..

Überhaupt: alle diese Politik-Zyklopen sehen in dem Ukrainekonflikt eine Zeitenwende und Zivilisationsbruch gerne deshalb, weil er von Russland ausgelöst wurde. Nicht gesehen und vergessen sind alle früheren Zeitenwenden als der Aggressor USA grund- und ruchlos über Länder und Völker hergefallen ist. Alles unter dem Deckmantel der von ihm selbst gewollten regelbasierten internationalen Ordnung. Leider gibt es in unserer realen Welt keinen Odysseus, der diesen Zyklopen ihr einziges Auge aussticht. Also tut sich der überwiegende Teil der Menschheit zusammen, um den Zyklopen Einhalt zu gebieten und gleiches Recht für alle Völker durchzusetzen.

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Oben       —      1914 Redon Zyklop anagoria

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Eine Küche ohne Koch?

Erstellt von DL-Redaktion am 1. März 2023

Kriegskabinett Scholz gegen Volksentscheid

Was ich in der Hand halte, brauch nicht mehr mit Füßen getreten zu werden.

Quelle      :      Ständige Publikumskonferenz der öffentlichen Medien e.V.

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Ein Kanzler ohne Glaubwürdigkeit. Ein Vizekanzler ohne Sachverstand. Eine bildungsferne Außenministerin ohne Kontrolle über ihr Mundwerk: drei Repräsentanten einer grauenhaften Regierung, die den üblen Zustand unserer Republik zu verantworten hat und mit ihrem antirussischen Kriegsgeschrei Deutschlands Vernichtung riskiert. „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand“, behauptet der Volksmund. Auf derlei Kalendersprüche ist nur leider kein Verlass. Der Satiriker Uwe Steimle, pulvertrocken„Man kann Kabinett nicht mehr von Kabarett unterscheiden.“ Vor solchen Geistesblitzen sind die Regierungs-Hiwis der ARD-Tagesschau allerdings gut geschützt. Sonst könnte ihr Zentralinstitut für „mediale Massenverblödung“ seine staatstragende Aufgabe auch nicht erfüllen. Zu resignieren brauchen wir aber nicht; es wachsen Umfang und Kräfte der basisdemokratischen Gegenöffentlichkeit.

Bleiben wir protokollarisch korrekt. Nehmen wir uns die genannten „Volksvertreter“ in deren Rangfolge zur Brust. Zuerst also Olaf Scholz, den Chef. Als er noch Finanzminister des Merkel-Kabinetts war, ließ seine Rolle im Wirecard-Skandal im Bundestags-Untersuchungsausschuss die Frage aufkommen:

„Kann ein Finanzminister Kanzler werden, der trotz seines riesigen Apparats, trotz Warnungen und Hinweisen, den größten Bilanzskandal der Nachkriegsgeschichte übersehen hat?

Er konnte, wir mussten es erleben. Als Befragter vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal berief sich Scholz auf Gedächtnislücken. Angeblich wusste er nicht einmal mehr, ob und was er mit dem Inhaber der Warburg-Bank über dessen 47-Millionen-Euro-Steuerschuld beraten hatte. Das kostete ihn „nur“ den Verlust seiner Glaubwürdigkeit, seine Karriere beendete es nicht.

Kaum zum Kanzler gewählt, bewährte sich Scholz als Washingtons Spielball. Er kniff vor US-Präsident Biden den Schwanz ein, als „Sleepy Joe“ ihm mit der Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline drohte. Er unterstützte zum Schaden der deutschen Volkswirtschaft die aggressive und kontraproduktive Sanktionspolitik der Amis und der EU gegen Russland, China und Iran. Er leitete eine gigantische zusätzliche Staatsverschuldung ein („Doppel-Wumms“) und übernahm schließlich sogar die Spitze bei den westeuropäischen Waffenlieferungen an die Ukraine. Es ist sein Werk, dass die Bundeswehr jetzt Ukrainer an deutschen Waffen ausbildet, und dass Deutschland damit Kriegspartei gegen Russland wurde.

Scholz wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Wie der Herr, so’s Gescherr

Kommen wir zu seinem Vize, Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dass der für sein Amt kaum mehr Eignung und Fachwissen mitbrachte als ein Sack Rindenmulch (vom Bio-Sägewerk), hat sich unaufhaltsam herumgesprochen. Häufig wird Bezug auf einen seiner lächerlichen Fernseh-Auftritte genommen, in dem er wissen ließ, dass eine erzwungene Betriebseinstellung keine Pleite sei. Seine folgenreichen Fehlleistungen bei der Energieversorgung, seine absurd preistreibenden Gaseinkäufe und seine Unfähigkeit, vor autoritären arabischen Staatenlenkern den Rücken gerade zu halten, haben ihn diskreditiert. Neuerdings ist er voll dabei, ein Einfuhrverbot von russischem Öl durchzusetzen und die brandenburgische Raffinerie Schwedt sowie etliche Chemieunternehmen zu ruinieren, die darauf spezialisiert sind, die schwere Ölsorte „Urals“ zu verarbeiten.

Habeck, das ist vorhersehbar, wird als unfähigster Wirtschaftsminister in die Geschichte eingehen. 4 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts werden bis zum Ende dieses Jahres verloren gehen. Urteil der Deutschen Handelskammer:

„Damit werden rund 160 Milliarden Euro weniger erwirtschaftet – umgerechnet etwa 2000 Euro pro Kopf.“

Unsere Parteien-Oligarchie garantiert, dass Träume von direkter Demokratie auch Träume bleiben

Die Kostenexplosion bei Gas und Strom verursacht Standortnachteile für die deutsche Exportwirtschaft. Habecks Russenhass trieb ihn dazu, die „Abhängigkeit von russischem Gas und Öl“ gegen die wesentlich teurere Abhängigkeit von schlechterem US-Fracking-Gas und ungünstigerem Öl von den Börsen zu tauschen. Ökonomisch blanker Unfug, ökologisch kontraproduktiv und für die ärmeren Staaten weltweit Ursache einer katastrophalen Teuerungswelle.

Habecks vorerst letzte Schubkarre zum Scherbenhaufen: Der superteure Gaslieferungsvertrag mit Norwegen. Unsere Nachbarn im Norden können ihn auf Dauer nur erfüllen, wenn sie neue Öl- und Gasfelder erschließen. Sie haben dazu bereits die Arktis ins Visier genommen. Ein fundamentaler Konflikt mit ihren eigenen Umweltschützern und mit dem russischen Anrainer ist vorprogrammiert. Norwegen kann sein Gas zum Spitzenpreis an Deutschland verkaufen, und unsere US-hörige Regierung muss es abnehmen; so zahlen wir den Norwegern die US-Belohnung für ihre Mithilfe bei der Sprengung der deutsch-russischen Pipelines. Nebenwirkung: Polen, der Stammkunde im norwegischen Gashandel, muss die Höchstpreise nun ebenfalls zahlen. Das verschärft den Zoff zwischen Warschau und Berlin.

Einen Habeck juckt das alles nicht. Wie viele seiner Kollegen (z.B. Lauterbach, Özdemir) fantasiert er sich geradezu zwanghaft die Welt zurecht. Für heuer prognostiziert er ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Und der Großdeutsche Rundfunk aus Hamburg verbreitet das als eine unbestreitbare Tatsache.

Zur Vervollständigung des Habeck-Kurzporträts nur noch dies: Beamte des Wirtschaftsministeriums, die sich erlaubten, eigene, abweichende Meinungen zu äußern, ließ der Chef vom Verfassungsschutz überprüfen. Man kann das getrost als faschistoiden Meinungsterror bezeichnen. Das Passstück zu dieser Niedertracht ist Habecks Absicht, sich von einem Leibfotografen begleiten zu lassen und 350 000 Euro Steuergeld zu verschwenden, damit der seinen Minister von der Schokoladenseite zeigt. Es sei wichtig, die „Bürgerinnen und Bürger transparent über seine Arbeit und Termine zu informieren,“ hieß es aus dem Grünen Gespensterhaus.

Habeck wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Annalena Sabbeltasche

Kommen wir zur Außenministerin Annalena Baerbock. Inzwischen gibt es bereits Internet-Seiten, die den dummdreisten und fallweise gefährlichen verbalen Unfug dieser Fehlbesetzung sammeln und dokumentieren. Immerhin machte sie quasi-amtlich, dass wir Krieg gegen Russland führen („…we are at war against Russia“).

Die „… egal, was meine Wähler denken“-Grüne genießt angeblich trotzdem große Beliebtheit (zu den Umfrage-Instituten kommen wir gleich). Wie schafft sie das, ungeachtet ihrer zahlreichen Attentate auf menschliche Intelligenz? Etwa damit, dass sie sich auf Steuerzahlers Kosten für sagenhafte 136 500 Euro pro Jahr schminken und frisieren lässt? Kann maßlos kostspieliges „Styling“ tatsächlich Baerbocks intellektuellen Notstand kaschieren? So, wie das lose Mundwerk ihren erschütternden Bildungs- und Kenntnismangel überplätschert?

Kann „der Wähler“ wirklich fortwährend ignorieren, dass Annalena Baerbocks „erst quatschen, dann denken“ sie schon meilenweit über die Grenze zur Peinlichkeit hinausgetragen hat? Meinte sie doch tatsächlich, die Völker hätten schon zu Napoleons Zeiten über Panzer verfügt; es gebe Länder, die „hunderttausende Kilometer“ entfernt von uns liegen; zwischen Deutschland und Nigeria laste „dunkle Kolonialgeschichte“.

Dass Baerbock nicht nur an Bildungsarmut leidet, sondern es ihr auch an Wahrheitsliebe mangelt, trat bereits im Wahlkampf zutage. Dass sie sich gegenüber dem Kanzler illoyal verhält und gerne auch öffentlich gegen ihn stänkert, macht sie durchaus nicht respektabler.

Baerbock wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Auftrag: Volksverdummung

Wenn, ja wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine gesetzliche Informationspflicht erfüllte! Doch ARD-aktuell, ZDF-heute und Deutschlandradio „dokumentieren“,

„… dass ehemalige gut bürgerliche Nachrichtenorgane längst zu kriminellen Vereinigungen mutiert sind.“

Wenn der Tagesschau-Sprecher statt der gewohnten Agitprop ein Rezept für Grünkohl mit Pinkel verläse, wäre das schon ein Qualitätssprung – wegen des größeren Realitätsbezugs dieser Ansage. Leider aber dürfen die journalistischen Olaf-Scholz- und Robert-Habeck-Versteher dem friedliebenden Mitmenschen tagtäglich die Meinung verbiegen. Gegen selbständiges Denken hat sich deshalb schon eine Herdenimmunität entwickelt.

Dazu tragen die Demoskopie-Institute bei. Im Auftrag der Massenmedien ermitteln sie per (meist telefonischer) Umfrage die Urteile ihrer Zufallsopfer über Politik und Politiker, ohne Vorprüfung des Kenntnisstandes und der Kompetenz der Befragten. Aus dieser Flickensammlung stoppeln sie in jeweils eigener, pseudowissenschaftlicher Methodik „Meinungsbilder“ zusammen. Welch dürftige Aussagekraft die haben, zeigt das ZDF-„Politbarometer“ ganz schamfrei:

„Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) steigt Neuzugang Boris Pistorius gleich auf Platz eins ein.“

Zum Zeitpunkt dieser Umfrage war der Mann gerade mal drei Wochen im Amt und hatte nur gezeigt, wie locker ein Sozi sich in die Riege der Kriegstreiber einfügt.

Das gleiche kleine Methodik-Karo weist auch der ARD-„Deutschland-Trend“ auf:

„Rund 33 Prozent waren mit der politischen Leistung der Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz jedoch (sehr) zufrieden.“

Außen vor bleibt bei solchen demoskopischen Verfahren, dass sich ein sattes Viertel der Wahlberechtigten dem pseudodemokratischen Wahlzirkus verweigert. Der Anteil der Wähler der rot-gelb-grünen Regierungskoalition am gesamten Wählerpotenzial beträgt lediglich 39 Prozent.

Die im Reichstag etablierten Herrschaften verdanken ihre Sinekure dem deutschen Haltungsjournalismus, „… der nicht mehr faszinieren, aufdecken und anklagen will, sondern nachbetet, reproduziert und darstellt, was der Regierung gefällt.“  Um ihre einflussreichen Posten und Diäten zu behalten, müssen sie natürlich „vieles mitmachen, wovor gut erzogene Mitmenschen zurückschrecken würden.“ Den Bruch von Wahlversprechen inklusive.

Heute versprochen, morgen gebrochen

Laut ihrem Wahlprogramm 2021 wollten die Grünen Rüstungsexporte „an Diktatoren, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete“ verbieten. Sie waren dann die ersten, die schwere Waffen für die Ukraine forderten. Die SPD wollte sich vor der Wahl für „restriktive Rüstungsexportkontrolle“ einsetzen. Ein halbes Jahr später drängten sie darauf, Panzer, Geschütze und Raketensysteme in die Ukraine zu schicken – zur Unterstützung des Neonazi-affinen und korrupten Selenskyj-Regimes.

Gegen den Bruch von Wahlversprechen gibt es mindestens bis zur nächsten Wahl keine Handhabe. Wenn wieder zu diesem längst kindisch anmutenden Ritual der Schaufensterauslage-Demokratie aufgerufen wird, ist der vorausgegangene, systemtypische Wähler-Betrug längst vergessen. Die Herrschenden tun und lassen was beliebt. Ihre anlassbezogene Abwahl ist rechtlich nicht vorgesehen.

Deutschlands politische Klasse umfasst Figuren, die unter obskuren Umständen in den Parteiapparaten hochgespült wurden. Ihr Werdegang setzt ein gerüttelt Maß an Schauspielerei, Anpasserei und Rücksichtslosigkeit voraus. Die Parteien sollen laut Grundgesetz lediglich „an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, haben aber faktisch das Monopol auf die Vergabe von Kandidaturen für Direktmandate und Listenplätze. Noch nie ist es einem unbekannten Parteilosen (Non-Promi) gelungen, aus eigener Kraft einen Parlamentssitz zu ergattern.

Angesichts der systembedingt verengten Kandidatenauswahl verwundert es nicht, dass medial Allgegenwärtige wie Baerbock, Kühnert, Klingbeil, Göring-Eckardt, Lindner, Strack-Zimmermann, Röttgen und viele Andere ohne besondere Leistungsnachweise an die Fleischtöpfe im Reichstag gelangen. Mit Aussicht auf Rente vom Allerfeinsten.

2021waren 60,4 Millionen Deutsche wahlberechtigt. Die Bundestagsparteien haben zusammengezählt aber nur 1,2 Millionen Mitglieder. Großzügig gerechnet sind das gerade mal 1,8 Prozent Anteil an der Wählerschaft. Doch diese winzige Minderheit genügt in der repräsentativen Demokratie, die Vormacht der Parteien zu zementieren. Entsprechend gering ist das Vertrauen in diese Apparate. Laut Umfragen bringen es nur 30 Prozent der Befragten auf. Denkt man an Skandalfiguren vom Schlage „Andi“ Scheuer, Franziska Giffey, Ursula v.d. Leyen, Philipp Amthor, Jens Spahn oder Nancy Faeser, dann versteht man das Misstrauen.

Dass der ins Parlament gehievte Politiker selbst nicht eben viel für Demokratie und Volkswillen übrig hat, wies eine von der Regierung eingesetzte Expertengruppe nach. Sie hatte untersucht, inwieweit die Regierung (im Zeitraum 1998–2015) tatsächlich mit Beschlüssen und Gesetzen dem Willen der Bevölkerung nachkam. Ergebnis:

„Was Bürger mit geringem Einkommen in besonders großer Zahl wollen, hatte … eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit, umgesetzt zu werden.“

Beispielsweise stimmten 70 Prozent der Armen der Idee zu, Vermögende stärker zum Abbau der öffentlichen Schulden heranzuziehen; nur 43 Prozent der Reichen waren gleichfalls einverstanden. Die Regierung orientierte sich an der ablehnenden Mehrheit der Reichen. Dem möglichst schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan stimmten 75 Prozent der Armen zu, nur 43 Prozent der Reichen waren dafür (anno 2007). Die Regierung steigerte jedoch den Afghanistan-Einsatz(S. 13 ff)

Das kommt davon, dass unsere bürgerliche Gesellschaft an die Verkümmerung des unabhängigen, kritischen Journalismus‘ gewöhnt und zum kritiklosen Konsum demokratieschädigender Propaganda verleitet wurde: pro US-NATO-EU-Aggression, pro Selbstbestrafung per Sanktionspolitik, pro mordwillige Panzerlieferung aufs Ukraine-Schlachtfeld, aber kontra Friedenssuche und Verhandlungsbereitschaft. Das gewollte und konzertierte Medienversagen ermöglichte den kollektiven Rückfall in die allerprimitivste Art, Andersdenkende zu betrachten; daher auch die Hasstiraden gegen unseren vorgeblichen Feind Russland, die wir gegenwärtig wieder von früh bis spät zu hören kriegen. Ein Goebbels oder eine Neuauflage des sozialen Elends vor 1933 waren zu diesem kulturellen Absturz nicht mehr notwendig.

Was tun?

Volksentscheide wären das wirksamste Mittel gegen die finale Erosion der Demokratie. Direkte Bürgerbeteiligung nach Schweizer Vorbild sei ein Schrecken für unser politisches Führungspersonal und ein Segen für alle aufrechten Demokraten; an wessen Widerstand sie bisher scheiterte, beschreibt Paul Schreyer in „Die Angst der Eliten – wer fürchtet die Demokratie? höchst anschaulich und aufschlussreich.

Im Grundgesetz, Art. 20,(2) heißt es:

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen … ausgeübt.“

Dieser Vorgabe gemäß wurde ein Bündel von Gesetzen verabschiedet, mit Regeln für die Organisation und Durchführung von Wahlen. Eine Gesetzgebung für das Verfahren bei Abstimmungen – „Volksentscheiden“ – aber fehlt bis heute, obwohl sie jederzeit möglich wäre. Mit ihr hätte unser Vasallenstaat zwar noch längst keine echte Verfassung und volle Souveränität. Doch ein erster demokratischer, freiheitlicher Fortschritt wäre getan.

Die im DDR-Sterbebett geborene Bürgerrechtsbewegung „Demokratie Jetzt“ verkümmerte in der bundesdeutschen Realität. Aber ihr Idearium überlebte und organisierte sich neu: „Mehr Demokratie e.V. und „Abstimmung24 e.V.“ kämpfen für den Volksentscheid. „Gemeingut in Bürgerhand e.V.„abgeordnetenwatch.de/bundestag„Lobby Control“ und andere verfolgen anteilige Ziele. Würden sie unter Verzicht auf eigenbrötlerische Geltungsbedürfnisse einen Dachverband bilden und fände sich der zur Zusammenarbeit mit einer ebenso wünschenswerten Kooperative der bewussten („alternativen“) Medien zusammen, dann, ja dann …

… dann hätten wir ihn in Reichweite, den Volksentscheid.

Ein Deutschland mit Elementen der direkten Demokratie ließe Träume wahr werden. Sie wurden schon einmal geträumt, 2013 war das, zu Zeiten der schwarz-roten „großen“ Koalition. Deren Kanzlerin Merkel machte die Pläne zunichte. Hätte sie ihnen stattgegeben, dann wäre Deutschland wahrscheinlich heute keine Kriegspartei. Es könnte sogar eine weltweit geachtete Vermittlerrolle übernehmen. Volksentscheide würden mutmaßlich auch die ruinöse Sanktionspolitik beenden.

Und was ist jetzt mit dem Volksentscheid? Die rot-gelb-grüne Ampel hat ihre Abneigung dagegen unter einer dicken Schicht verbaler Sülze versteckt:

„… neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben …“

Ein oberfaules Ablenkungsmanöver. Die Lordsiegelbewahrer unserer Fassadendemokratie lassen sich eben nicht vom gemeinen Volk in die Suppe spucken. Mal sehen, wie lange sie das noch durchhalten.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

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Grafikquellen          :

Oben     —     Wahlkampf Landtagswahl NRW 2022 der SPD auf dem Roncalliplatz Köln. Zu Gast waren u.a. Olaf Scholz, Thomas Kutschaty, Lars Klingbeil, Kevin Kühnert, Malu Dreyer, Anke Rehlinger

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Unten        —       Protest von FridaysForFuture und Anderen, sowie Ankunft der Verhandlungsteilnehmenden an der Messe Berlin zum letzten Tag der Sondierungsgespräche für eine Ampelkoalition.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 1. März 2023

Bussis auf der Berlinale, woanders wird gestorben

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

KOLUMNE VON – ULI HANNEMANN

Wer ist größerer Infektionstreiber, die Coronale aka Berlinale oder Karneval? Gleichzeitig dreht Söder frei und das Morden in der Ukraine geht weiter.

Die Coronale geht in die zweite Woche. Die Berlinale meine ich natürlich, auf der eine Coronaparty nach der anderen gefeiert wird: Bussi, Bussi, wer will noch mal, wer hat noch nicht? Hier ist meine Kippe, da mein Glas und dort mein Schnodder – Virenschleudern aller Länder, vereinigt euch! Oder frei nach Wilhelm Busch: „Dass sie von dem Aerosole / eine Portion sich hole / wofür sie besonders schwärmt / wenn die Krankheit aufgewärmt.“

Unsere Berlinalefreundin war bei meiner Frau zu Besuch, ich bin so lange in meine kleine Wohnung zurückgezogen, die meine ukrainischen Gäste nach zehn Monaten hier wiederum Richtung Dnipro verlassen haben. Für sie kein guter Zeitpunkt, dem jedoch praktische Zwänge zugrundeliegen. Doch für mich kam diese Ringtauschmöglichkeit gerade zur rechten Zeit, denn ich war leider einmal mehr Corona-positiv. Da wollte ich die beiden Damen natürlich nicht anstecken. Das sollen sie schon bitte selbst tun, dafür sind die Berliner Filmfestspiele schließlich da.

Am Montag und Dienstag wetteiferte das Festival noch in harter Konkurrenz mit dem Karneval. Dessen aufgrund vieler Freiluftveranstaltungen geringeres Infektionspotenzial macht er locker durch Masse wett. Wo sich Millionen Bützchen geben, fällt auch für Freund Covid sein ungesundes Scherflein ab.

Am Aschermittwoch war dann alles vorbei. Freigetestet hatte ich mich am Vortag, nun drehte in Passau ein Volkstribun frei: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zog beim politischen Aschermittwoch der CSU fett vom Leder. Im Angesicht von 74.000 Alkoholtoten im Jahr („Bavarian way of life“) warnte er vor der Legalisierung von Cannabis und der düsteren „Woke-Wolke“, die „unseren weiß-blauen Himmel zu verdunkeln droht“.

Höhnender Volkstribun

Die Ampel-Koalition verhöhnte er als „schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte“, was im Umkehrschluss ja implizit nur heißen kann: „Unter Adolf war nicht alles schlecht“, so wie ich es in meiner Jugend selbst noch häufig von Älteren zu hören bekam. Solche NS-Zombies hatte ich nämlich auch als Lehrer, bevorzugt für Geschichte. „Den Bock zum Gärtner machen“, würde man das heute nennen, damals war es Normalität.

Während hier gefeiert wurde, wurde woanders gestorben. Vor allem in den Erdbebenregionen in der Türkei und in Syrien, sowie in der Ukraine. Hier war die große Frage zum am 24. Februar sich erstmals jährenden Überfall Russlands: Was fällt den Russen „zur Feier“ dieses Tages wohl ganz besonders Fieses ein?

Denn ein symbolträchtiges Datum wie das einjährige Jubiläum ihres Terrorangriffs lassen sie üblicherweise nicht ungenutzt verstreichen. Schließlich stehen in Dnipro und anderswo noch immer ein paar Wohnhäuser, und die gut geschmierte Mordmaschinerie läuft bei solchen Gelegenheiten stets auf besonders hohen Touren; es wirkt, als begingen Mörder ihre Silvesterparty mit einem todbringenden Feuerwerk.

Putinflüsterer am Brandenburger Tor

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Regierungsbildung in Berlin

Erstellt von DL-Redaktion am 28. Februar 2023

Es fehlt ein kühner Schachzug

Eiun Debattenbeitrag von Gereon Asmuth

Die rot-grün-rote Koalition leidet weniger am Wahlergebnis als an Franziska Giffey. Für die Nachfolge drängt sich ein Kandidat förmlich auf.

Im Nachwahlberlin geht einiges durcheinander. Da ist zum Beispiel die CDU, die nicht müde wird, den Wahlausgang als Regierungsauftrag für sich zu reklamieren. Dass die Union das so macht – geschenkt. Doch wie viele in der Stadt da mitziehen, irritiert schon.

Klar, die CDU hat zehn Prozentpunkte hinzugewonnen. Das liegt aber vor allem daran, dass sie in den letzten 20 Jahren so tief gesackt war, dass es kaum noch weiter runtergehen konnte. Von ihren glorreichen Zeiten bis zur Jahrtausendwende, als die Partei über Jahrzehnte hinweg in Berlin stabil um die 40 Prozent holte und daraus tatsächlich einen Regierungsanspruch ableiten konnte, bleibt sie meilenweit entfernt. Die Union ist ein Scheinriese.

Tatsächlich weiterhin groß hingegen wäre eine rot-grün-rote Koalition. Klar, sie hat ein paar Prozentpunkte verloren. Aber insgesamt stimmten immer noch 49 Prozent der Ber­li­ne­r:in­nen für das amtierende Regierungsbündnis. Im Abgeordnetenhaus hätte es weiter eine stabile Mehrheit.

Dass sie nicht automatisch als erneute Regierung gesehen wird, sondern als Verliererin, liegt aber nicht nur daran, dass sie 2021 noch stärker war. Es liegt vor allem an dem Bild, das Rot-Grün-Rot in den letzten anderthalb Jahren abgegeben hat.

Und damit wären wir bei Franziska Giffey. Die SPD-Politikerin wäre die perfekte Regierende Bürgermeisterin – wenn sie denn eine Große Koalition führen würde. Als Chefin des linken Dreierbündnisses ist sie jedoch eine Fehlbesetzung. Sie steht für vieles, für eines aber bestimmt nicht: für eine progressive Politik, die die Probleme der Stadt mit links erledigt.

Nun könnte der eigentlich als links geltende und somit für Rot-Grün-Rot stehende SPD-Landesverband ja das Wahlergebnis nutzen, um Giffey aus dem Fokus zu nehmen. Doch dafür müsste die SPD als kleine Partnerin der CDU ins Rote Rathaus verhelfen. Und was daran gut sein soll für Berlin, bleibt schleierhaft.

Das wäre noch abstruser als eine schwarz-grüne Koalition, die von vielen Rechenkünstlern nun als logische Brücke zwischen Innenstadt und Außenbezirken gepriesen wird. Was bitte sollte diese Koalition der Gegensätze denn zustande bringen? Ein paar Radwege für die Innenstadt und Autobahnen für den Rest? Die Preisgabe der Stadt an die Immobilienverwerter, solange wenigstens hier und da eine Solarzelle auf den Dächern thront? Und als Gemeinschaftsprojekt kippen sie mit großem Elan soziale Errungenschaften wie die kostenlosen Kitas?

Also doch weiter so mit Rot-Grün-Rot? Das ist, so absurd das klingt, die einzige Machtoption für Franziska Giffey – weil ihre SPD gut hundert Stimmen mehr als die Grünen bekommen hat. Aber wäre es gut, ein Bündnis fortsetzen, das offensichtlich so nicht harmoniert? Dann kann man die Idee R2G spätestens bei der nächsten Wahl im Jahr 2026 endgültig in die Tonne treten.

Franziska Giffey wäre die perfekte Regierende Bürgermeisterin – wenn sie denn eine große Koalition führen würde.

Wenn es jedoch mehr als berechtigte Kritik an der Performance von Rot-Grün-Rot gibt, aber auch die sich rechnerisch anbietenden Alternativen alles andere als Besserung versprechen, was dann? Dann bleibt immer noch der Versuch, Rot-Grün-Rot mal als inspirierenden Pakt ernst zu nehmen. Mit einer Regierungschef:in, die nicht wie Giffey sichtlich mit dem Projekt fremdelt, sondern mit einer Person, die den Esprit eines solchen Trios ausstrahlen würde, weil Haltung und Projekt im Einklang sind. Der man abnimmt, dass sie rote Socken als Auszeichnung sieht.

Quelle       :       TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Oben      —    Franziska Giffey and Oleksij Makejew on Pariser Platz in front of Brandenburger Tor with Ukrainian flag.

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Falsche Linke Socken ?

Erstellt von DL-Redaktion am 28. Februar 2023

Antifaschismus ist unverhandelbar.

So wie die Alten sungen – so zwutschern es die Jungen !

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von     :    Edith Bartelmus-Scholich

Machen wir uns nichts vor: Ein Nazi bleibt ein Nazi – auch wenn er seine Fahne zuhause lässt. Die Debatte, wie, wann und weshalb wir als Linke mit Nazis demonstrieren können, ist ein Armutszeichen für die Linke und weist auf nichts anderes hin als auf unsere eigene Schwäche.

Am 25. Februar fand vor dem Brandenburger Tor in Berlin eine Friedenskundgebung von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer statt. Die 50.000 Teilnehmer:innen, die die Veranstalter:innen angeben, waren es sicher nicht. 25.000 können es gewesen sein. Das ist eine große Demonstration, aber wen wundert das. Die Kundgebung wurde über alle Massenmedien bekannt gemacht, den Aufruf haben mehr als 600000 Menschen unterschrieben. Berlin ist eine Millionenstadt. Gemessen daran, war es dann doch keine so große Veranstaltung. Viel wichtiger ist aber, wer da mit wem demonstrierte. Was ich so von der Kundgebung zu sehen bekommen habe – es gibt ja zahlreiche Videos und viele Bilder – belegt, dass dort Linke, Querdenker, Prorussische Kräfte und Rechtsextreme gemeinsam unterwegs waren.

Ein Querfront-Szenario

Es kursieren Videos in denen die Menschenmenge „Lügenpresse“ skandiert. Das ist seit dem „Friedenswinter“ 2014 ein deutlicher Hinweis auf rechte Bewegungszusammenhänge. Inzwischen ist belegt, dass mindestens ein Dutzend bekannter AfD-Funktionäre teilnahm, obwohl die Spitze um Tino Chrupalla zuletzt erklärt hatte, dies nicht zu tun. Aus Hamburg kamen die MdBÜ Olga Petersen und Dirk Nockemann. Es gibt zudem Bilder der AfD-Politiker Gunnar Lindemann (Berlin), Jörg Urban (Sachsen), Hans-Thomas Tillschneider (Sachsen-Anhalt), Karsten Hilse (MdB AfD Sachsen), des Holocaust-Leugners Nerling und Jürgen Elsässer vom Compact – Magazin wird in einem Video von Linken abgedrängt, als er mit einer ganzen Gruppe und einem großen Transparent zur Bühne unterwegs war. Es liefen Gruppen von AfD-Mitgliedern mit, die alle große blaue Pappherzen mit dem Wort „Frieden“ auf der einen und dem Spruch „Deutschland zuerst“ auf der anderen Seite hochhielten. Es gab jede Menge rechter Aufnäher auf Kleidungsstücken zu sehen. Und auch die Originaltöne von vielen Demonstrierenden in den Videos sind eindeutig rechtslastig. In einem Video erklärt ein „Friedensfreund“, dass Putin den Krieg schon hätte 10 Jahre früher beginnen sollen. https://twitter.com/i/status/1630046980318679043

Wie groß der Anteil von AfD-Unterstützer:innen und anderen extremen
Rechten prozentual in Berlin war, bleibt Spekulation. Die eindeutig antifaschistischen Bekundungen durch Buttons, Plakate, Transparente waren jedoch nicht dominierend. Der Vorstand der Partei DIE LINKE hatte nicht zu der Kundgebung aufgerufen und die Teilnahme von LINKEN belief sich auf wenige Hundert.

Die Teilnehmer:innen setzten sich nach Einschätzung eines Genossen aus folgenden Spektren zusammen:

1) Unterstützer*innen des Putin-Regimes und des russischen Angriffskrieg. Auf der Kundgebung waren Russland- aber keine Ukraine-Fahnen, die faschistischen, russischen Nachtwölfe waren vertreten. Es wurde masssenhaft gebuht, als die Demoauflagen verlesen wurde, und damit kriegsverherrlichende Symbole wie das „Z-Symbol“ verboten waren. Schließlich zog eine Gruppe von etwa 1000 Menschen mit prorussischen Fahnen und Zeichen als Demonstrationszug in Richtung Potsdamer Platz.

2) Wohlstandsverwahrloste Kleinbürger:innen, denen das Völkerrecht und die Leiden der ukrainischen Bevölkerung egal sind. Wichtig ist ihnen billiges Benzin, weniger Inflation und eine geringere Anzahl (ukrainischer) Geflüchteter. Im reaktionären Sinne wollen sie zurück zu einer angeblich  „heilen Welt“ ohne „Belästigung“ durch einen Krieg vor der Haustür. Ein egoistisches Spektrum, welches auch schon bei den Corona-Protesten gegen Impfpflicht und Hygiene- Maßnahmen demonstrierte.

Sage mir mit wem du sitzt und andere sagen dir mit wem du aufstehst ?

3) Lernresistente Altlinke, die Imperialismus immer noch nur als us-amerikanisch dominiert denken können und die das post-sowjetische Russland mit seinem Oligarchen-Kapitalismus dann letztendlich doch noch als irgendwie positives Bollwerk verteidigen. Und welche die sonstige Kritik am Putin-Regime (Rassismus und Unterdrückung ethnischer Minderheiten, Homophobie, Mysogenie, Maskulinismus und Militarismus) sowieso für woke Identitätspolitik einer Lifestyle-Linken halten.

4) Menschen, die wirklich von Angst getrieben sind, dass sich der Krieg ausweiten könnte bis hin zu einem Atomkrieg. Und die ernsthaft wollen, dass das Sterben in der Ukraine so schnell wie möglich beendet wird.

Das letzte Spektrum ist das, um welches Linke kämpfen müssen, ohne sich mit Rechten gemein zu machen. Dem Rest müssen Linke aus antiimperialistischer, antifaschistischer und antimilitaristischer Perspektive heraus entgegentreten.

Die Lehren aus „Berlin“

Es gab an diesem Wochenende mehrere größere Friedensdemonstrationen. Die größte war die Friedenskette zwischen Münster und Osnabrück. Das ist eine Veranstaltung der Friedensbewegung mit Tradition, fest in der Hand eines Bündnisses. Dort demonstrierten überwiegend bürgerliche Menschen, und von Nazis wurde bislang nichts bekannt.

In Köln demonstrierten 2000 Menschen, Nazis wurden nicht gesehen, auch hier gab es ein Bündnis, der Aufruf war nicht rechtsoffen wie der nach Berlin.

In Berlin demonstrierten ca. 25000 Menschen, darunter namhafte Nazis, viele nicht namhafte Nazis, erkennbar an Schildern und Aufnähern. In Berlin waren auch viele Querdenker und sonstige Rechte dabei.

Weshalb war das so?

1) In Berlin gab es kein Bündnis. Der Aufruf wurde von einer kleinen Anzahl prominenter Personen (Wagenknecht, Schwarzer etc.) veröffentlicht und medial gepusht.

2) Einen demokratischen Prozess gab es auch nicht. Der Aufruf wurde ohne jede Beteiligung aller bisherigen Akteure der Friedensbewegung und der politischen Linken vorbei von einem kleinen Kreis um Wagenknecht geschrieben. Auch die Kundgebung wurde in diesem kleinen Kreis geplant.

3) Der Aufruf war rechtsoffen. Nazis fühlten sich angesprochen. Wagenknecht hatte vor der Veranstaltung mit der Aussage, dass „Jeder“ willkommen sei, der „reinen Herzens“ für Frieden und Verhandlungen mit Russland“ sei, die extreme Rechte nicht ausgeschlossen, sondern nur deren publicity-schädliche Symbolik als unerwünscht erklärt. Ihr Ehemann und prominenter Erstunterzeichner des „Friedensmanifests“ Oskar Lafontaine hatte in einem Video sogar explizit nicht nur AfD-Mitglieder, sondern auch -Politiker eingeladen.
https://www.youtube.com/watch?v=DGiSk0MTSW0&t=2331s (Minute 40ff)

Daraufhin hatte sich die DFG-VK von der Demo in Berlin distanziert und auch darauf hingewiesen, dass Friedensfahnen nicht etwa auf die Anwesenheit der DFG-VK hinweisen. Sie seien im Online-Shop von jeder Person zu erwerben.

Was lernen wir aus „Berlin“?

„Berlin“ zeigt, wohin wir treiben, wenn wir einen populistischen Weg unter Führung weniger Prominenter gehen. Demokratische Prozesse und Bündnisstrukturen werden ausgehebelt, es gibt keine legitimierten Korrektive mehr und die Abgrenzung nach Rechts geht verloren.

Wir brauchen für unsere Friedensaktivitäten immer eine Bündnisstruktur unter Ausschluss von Nazis. Wir brauchen immer einen demokratischen Prozess. Unsere Aufrufe dürfen nie rechtsoffen sein. Antifaschismus ist nicht verhandelbar.

Edith Bartelmus-Scholich, 27.02.2023

DIE LINKE: Querfront-Alarm – 18-02-23 20:58

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Oben       —   Lafontaine Fotomontage:

Die Fotomontage stammt aus der Projektwerkstatt


Virtuelle Projektwerkstatt von SeitenHieb Verlag steht unter einer Creative Commons

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Unten     —      Rechte Tasche – linke Tasche – übrig blieb die leere Flasche /  Screenshot  YOUTUBE

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Altlinks oder neurechts?

Erstellt von DL-Redaktion am 25. Februar 2023

Wagenknecht noch alte Linke oder schon neue Rechte

Fotos von hinten – da schimmert Stellenweise sogar ein wenig Hirn durch !

Von Stefan Reinecke 

Sahra Wagenknecht ist es gelungen, sich das Label „Friedensbewegung“ ans Revers zu heften. Rechte lieben die Linken-Abgeordnete dafür.

Sahra Wagenknecht ist derzeit auch für ihre Verhältnisse medial omnipräsent. Sie posiert mit Alice Schwarzer auf eleganten Schwarz-Weiß-Fotos und wirbt für ein „Manifest für den Frieden“. Sie wird im Spiegel und TV interviewt und läuft in Talkshows rhetorisch heiß.

Mit dem „Manifest“ ist ihr ein Scoop gelungen: Sie hat es geschafft, in der Öffentlichkeit zwischen der Friedensbewegung und ihrer Person eine Art Gleichheitszeichen zu inszenieren. Ist sie die neue Stimme all jener, die sich angesichts der scheinbar zwanghaft wachsenden Verstrickung Deutschlands in den Ukra­ine­krieg unwohl fühlen?

Hajo Funke (78), emeritierter Berliner Politikprofessor und anerkannter Experte für Rechtsextremismus, zählt zu den Erstunterzeichnern des Manifests. Mit der Eskalation der Waffenlieferungen drohe ein „Schreckenskrieg ohne Ende“, sagt er der taz. Der Manifesttext sei „ein verzweifelter Ruf, um diese Eskalation nach einem Jahr zu unterbrechen“ und ein Appell an Kanzler Scholz. Mit Wagenknecht habe er nicht viel am Hut. Die „Abgrenzung nach rechts“ reiche ihm aber. Wie jemand, der felsenfest überzeugt ist, auf der richtigen Seite zu stehen, klingt Funke eher nicht.

Jürgen Elsässer, Chef der rechtsextremen Zeitschrift Compact, sieht eine machtvolle Querfront auf dem Vormarsch, mit Wagenknecht und der Formel „gegen Waffenlieferungen, für Verhandlungen“ an der Spitze. Da sei er als „Nationalpazifist“ dabei, verkündete der rechte Strippenzieher in seinem Youtube-Kanal compact-TV. Bei manchen Rechten scheint die linke Bundestagsabgeordnete nun tatsächlich zu einer Art Ikone geworden zu sein.

Alles ein Trick, um Leute wie Reinhard Mey zu kapern?

Ist das ein Irrtum? Ein Trick der Rechtsextremen, die damit den Protest anderer Unterzeichner des Manifests, von Katharina Thalbach bis Reinhard Mey, kapern wollen?

Paul Schäfer (74), bis 2013 für die Linkspartei im Bundestag und Verteidigungsexperte, hat den Aufruf nicht unterschrieben. Das Manifest sei „ein genialer Schachzug von Wagenknecht. Darin wird die Schuldfrage vernebelt und der Krieg als Abstraktum attackiert. Gegen Krieg sind ja alle“, sagt er der taz. Schäfer verfasst seit dem 24. Februar 2022 präzise Analysen des Krieges und kritisiert das Nein seiner Partei zu Waffenlieferungen. „Das Manifest“, sagt er, „nimmt fast eine Umkehrung vor, indem es verschwiemelt suggeriert, die Ukraine und der Westen seien schuld. Das ist die Brücke nach rechts. Deshalb kann auch die AfD dieses Manifest unterstützen.“

Das ist inzwischen auch dem Politikwissenschaftler Johannes Varwick, dem antimilitaristischen Aktivisten Jürgen Grässlin und der Ex-Bischöfin Margot Käßmann aufgefallen: Sie hatten das Papier erst unterzeichnet, distanzieren sich inzwischen aber davon beziehungsweise von Wagenknechts und Schwarzers Aufruf zur Demonstration.

Wagenknecht spricht von Diffamierung

Wagenknecht weist den Vorwurf, nach rechts offen zu sein, als Diffamierung zurück. Beifall von der falschen Seite – da könne man nichts machen. Doch Schnittmengen zwischen ihr und der Rechten gab es schon im Flüchtlingsherbst 2015, bei der Skepsis gegen eine angebliche Coronadiktatur und der Verachtung für urbane Eliten. Beim Ukrainekrieg ist die Übereinstimmung nun besonders groß.

Rückblende, Bundestag, September 2022: Wagenknecht hält der Ampel vor, „einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen Russland vom Zaun zu brechen“. Sie fordert russisches Gas für die deutsche Wirtschaft und den Ausstieg Berlins aus den Sanktionen gegen Moskau. Die AfD klatscht, Teile der Linksfraktion auch – eine Art Querfront der Claqueure im Parlament. Selten hat eine Fünfminutenrede im Bundestag solches Aufsehen erregt. Gekonnt mixte die 53-Jährige ernst zu nehmende Kritik am Krisenmanagement der Ampel mit rechtspopulistischen Opfer-Täter-Verdrehungen.

Deutschland hätte, folgt man Wagenknecht, nach Putins Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 am besten gar nichts getan. Es hätte weiter für Milliarden Gas und Öl bei Putin kaufen, die Sanktionen des Westens unterlaufen und keine Waffen liefern sollen. So, als wäre nichts passiert. „Wagenknecht will die Ukraine, die überfallen worden ist, im Stich lassen. Das ist mit einer linken Überzeugung unvereinbar“, sagt Paul Schäfer, der Linke.

Auch Lafontaine hat wohl genug

Wagenknecht hält Putin zwar routiniert den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor. Doch dieser Krieg erscheint nicht nur bei ihr als Effekt eines angeblichen globalen Imperialismus der USA. Oskar Lafontaine beschreibt in seinem Buch „Ami, it’s time to go“ (vertrieben unter anderem von dem rechten Compact-Shop) den Ukrainekrieg als von den USA angezetteltes Ereignis, das mit „dem von den USA organisierten Putsch auf dem Maidan 2014“ begonnen habe. Die Bundesregierung taucht als treudummer „Vasall der aggressiven USA“ auf.

So ähnlich klingt es nicht nur bei Rechtsextremen – es gibt auch Berührungspunkte mit Putins Propaganda. Lafontaine und Wagenknecht scheinen auf ein Deutschland zu zielen, das sich aus der EU löst und in Richtung Putin die weiße Fahne hisst. „Es war erklärtes Ziel der USA, ein Zusammengehen der deutschen Technik mit den russischen Rohstoffen zu verhindern“, behauptet Lafontaine. Da blüht ein alter Traum der deutschen Rechten auf: Deutschland, fern vom liberalen Westen, verbrüdert mit dem christlichen, traditionellen Russland.

So bewegen sich Wagenknecht und Lafontaine derzeit rasant in Richtung Querfront: antiamerikanisch, russ­land­affin und national egoistisch. Einen Echoraum finden diese Töne derzeit vor allem in Ostdeutschland. Die Empörungsunternehmerin Wagenknecht hat ein gutes Gespür für Stimmungen. Es ist ihr mit dieser Mischung aus deutschem Egoismus und Friedensrhetorik gelungen, zum Gesicht des Pazifismus zu werden. Jedenfalls derzeit.

Michael Schulze von Glaßer (36), Geschäftsführer der traditionsreichen Deutschen Friedensgesellschaft DfG-VK, wirkt angesichts dessen etwas ratlos. Die DfG-VK hat schon vor zwei Monaten einen – medial spärlich wahrgenommenen – Aufruf verfasst, mit deutlicher Kritik an „der russischen Aggression“. Das Thema Waffenlieferungen haben die 15 Organisationen, die den Aufruf unterschrieben, mangels Konsens ausgeklammert.

Habermas in einem Atemzug mit Wagenknecht

Die meisten sind strikt dagegen. Im Manifest von Wagenknecht und Schwarzer vermisst Schulze von Glaßer nicht nur eine klare Abgrenzung nach rechts, sondern auch den „Ausbau humanitärer Hilfe oder die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen“. Es gehe dort „nur um Deutschland“. Bedenklich finde er, dass manche junge Leute mittlerweile bei dem Begriff „Friedensbewegung“ eher „an Rechte“ dächten.

Paul Schäfer wundert sich über Bekannte von ihm, die Waffenlieferungen an Kyjiw unterstützen – und trotzdem das Manifest unterschrieben haben. Die „Gedankenlosigkeit in der öffentlichen Debatte“ und die „bellizistische Stimmung“, heiße es von jenen Bekannten. Abwägende kritische Stimmen, die für dosierte Waffenlieferungen und Verhandlungspflichten eintreten, wie etwa der Philosoph Jürgen Habermas, werden derzeit leicht überhört. Habermas betonte jüngst die ethischen Pflichten, die mit Waffenexporten verknüpft sind. Nun wird er oft in einem Atemzug mit Wagenknecht genannt. In der überhitzten Debatte landet bitter nötiger Zweifel und Querdenkertum in einem Topf.

Quelle   :         TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Oben     —    Wahlkampfveranstaltung mit Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und Susanne Hennig-Wellsow in ihrem Wahlkreis in Weimar. Foto: Martin Heinlein

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Die Linke – Allwetter-Partei

Erstellt von DL-Redaktion am 24. Februar 2023

Wagenknecht: Nazis auf „Friedensdemo“ am 25.02. willkommen

2016-04-23 Anti-TTIP-Demonstration in Hannover, (10063).jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Tomasz Konicz

Linkspartei scheint die offene Kollaboration ihres national-sozialen Flügels mit dem Faschismus zur neuen Normalität gerinnen lassen zu wollen.

Am 21. Februar gab Sahra Wagenknecht dem Querfrontorgan der sogenannten „NachDenkSeiten“ ein Interview. Dabei bekräftigte sie die bereits von Oskar Lafontaine ausgesprochene Einladung an AfD-Kräfte, an ihrer „Friedensdemo“ teilzunehmen. Zitat:

„Natürlich ist auf unserer Kundgebung in Berlin jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und gegen Waffenlieferungen demonstrieren möchte.“

Nur Nazi-Fahnen sollen nicht offen gezeigt werden, so Wagenknecht. Um was für ein braun anlaufendes Milieu es sich bei der Leserschaft der NachDenkSeiten handelt, macht schon die Interviewfrage deutlich, auf die Wagenknecht antwortete. Zitat:

„In diesem Zusammenhang erreichten uns auch zahlreiche Leserzuschriften, die die Gretchenfrage in Bezug auf die Teilnahme von AfD-Mitgliedern stellen und ganz grundsätzlich fragen, ob es in dieser existenziellen Frage von Krieg oder Frieden nicht geboten sei, mit den Kräften aller politischen Lager zusammenzuarbeiten, ohne dabei alle sonstigen politischen Differenzen zu verschweigen. Was ist Ihre Haltung dazu?“

Die Linkspartei-Führung schweigt zu dieser offenen Kooperationsbereitschaft ihrer prominentesten Politikerin mit der extremen Rechten eisern. Der Parteivorstand hat nur am 17.02. in dürren Worten festgehalten, dass Rechte auf linken Demos „keinen Platz“ hätten und Antifaschismus und Frieden zusammengehörten.

Das Schweigen der Linkeführung zum offenen Schulterschluss von nationalen Sozialisten der „Linkspartei“ und ordinären Nazis dürfte auf die prekäre Lage der „Linkspartei“ zurückzuführen sein. Da ohne die Wagenknecht-Querfront die „Linkspartei“ totsicher aus vielen Parlamenten fliegen würde, soll nun die Querfront in der Linken „normalisiert“ werden. Die rot-braunen Kräfte haben jetzt Narrenfreiheit, aus opportunistischem, wahltaktischen Kalkül. Ein ganzer Parteiapparat samt medialem Umfeld bangt um seine Posten und Einkünfte angesichts immer neuer Wahlniederlagen – und scheint aus blanker Existenzangst heraus vor nichts mehr zurückzuschrecken.

Das ist die neue rot-braune „Normalität“, die möglichst ohne Reflexion und Skandalisierung etabliert werden soll, indem die alten, abgedroschenen Querfront-Floskeln vom „Abholen“ verwirrter Rechter bemüht werden. Die Entwicklung der vergangenen Jahre, eigentlich sei der Flüchtlingskrise 2015, wo Wagenkencht erstmals massiv rechte Propaganda betrieb, hat deutlich gemacht, dass es sich in der Realität genau anders herum verhält – auch hinsichtlich der Wahlergebnisse.

Die Querfront ist eine Art linker „Einstiegsdroge“ in die Wahnwelt der Neuen Rechten. Ihr Erfolg beruht darauf, rechte Ideologie in linke Rhetorik zu verpacken. Objektiv fungiert die Querfront als ein reaktionärer Transmissionsriemen, der einerseits rechtes Gedankengut in linke und progressive Milieus hineinträgt, und andrerseits der Neuen Rechten immer neues, verblendetes Menschenmaterial zuführt. Dass viele in Regression befindliche Linke subjektiv in dem Spektrum aus anderer Motivation heraus aktiv werden, etwa um die „Menschen dort abzuholen, wo sie stehen“, ändert nichts an der objektiven Funktion der Querfrontstrukturen. Entscheidend ist somit nicht, was diese postlinken Kräfte wollen, sondern was sich objektiv gesellschaftlich vollzieht.

Flankiert wird dieser Tabubruch, der den antifaschistischen Konsens der Linken aufkündigt, von all den prominenten Schreibtischtätern aus der erodierenden Linken, die den „Friedensaufruf“ von Schwarzer und Wagenknecht unterschrieben haben – um hierdurch frisch verbrlendetes Menschenmaterial einem postlinken Milieu zuzuführen, das offensichtlich zu offenen Taktiererei mit dem Faschismus übergeht. Kritik an dem offenen Pakt zwischen der alten (Post-) Linken und der neuen Rechten ist in der Parteiführung nicht zu vernehmen. Von Bemühungen zum Parteiausschluss ganz zu schweigen.

Übrigens: Ein erstes Parteiausschlussverfahren gegen Wagenknecht ist unter fadenscheinigen Begründungen 2022 von der Schiedskommission der „Linkspartei“ abgeschmettert worden. Die Kommission stellte zwar fest, Wagenknecht habe der Partei durch ihre rechten und reaktionären Narrative und Sprüche „schweren Schaden“ zugefügt. Ein Parteiausschluss sei aber nicht möglich, weil der „seit vielen Jahren … mit zunehmender Härte geführte Konflikt“ nicht politisch gelöst, sondern verschleppt wurde. Die verquere Logik hierbei, die das Ganze als Farce demaskiert: Die „Linkspartei“ kann Wagenknecht trotz rechter Ansichten und jahrelanger reaktionärer Propaganda nicht ausschließen, weil sie schon vor vielen Jahren nicht ausgeschlossen worden ist.

Die Abspaltung wird von der Querfront inzwischen offen als Druckinstrument gegenüber der um Pöstchen und Gelder besorgten Restpartei eingesetzt, um weitere Spielräume zu gewinnen. Auch im besagten Nachdenkseiten-Interview spekulierte Wagenknecht über die Gründung einer eigenen Partei.

Links (Der Querfront-Dreck wird nicht verlinkt):

https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand-2022-2024/detail-beschluesse-pv/am-24-februar-jaehrt-sich-der-einmarsch-russischer-truppen-in-die-ukraine/

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-bundesschiedskommission-lehnt-parteiausschluss-ab-a-92da482e-4875-4efd-9456-8a23f75d3d65

Kampf für den Frieden – gegen den inflationären Gebrauch des Querfrontvorwurfes – 23-02-23 20:55
DIE LINKE: Querfront-Alarm – 18-02-23 20:58

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Oben      —    Kurz vor dem Beginn der Hannover Messe 2016, die unter anderem von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama eröffnet wurden, organisierte ein Trägerkreis zum Samstag, den 23. April 2016 auf dem hannoverschen Opernplatz eine Demonstration unter dem Motto „TTIP und CETA stoppen.

Foto: Bernd Schwabe – Own work

  • CC BY-SA 4.0This image contains persons who may have rights that legally restrict certain re-uses of the image without consent.hide terms
  • File:2016-04-23 Anti-TTIP-Demonstration in Hannover, (10063).jpg
  • Created: 23 April 2016

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Stadtgespräch Berlin -Kotti

Erstellt von DL-Redaktion am 16. Februar 2023

Polizeiwache in Berlin-Kreuzberg: Armut wegknüppeln

Von Caspar Shaller

Im Herzen von Berlin-Kreuzberg eröffnet eine umstrittene Polizeiwache. Soll sie etwa Probleme wie Armut, Wohnungsnot und Heroinsucht lösen?

Nun ist sie also da: Die umstrittene Polizeiwache am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg wurde am Mittwoch eröffnet. Über der Adalbertstraße schwebt die neue Wache, die bereits als Bullen-Balken verspottet wird. Satte 3,24 Millionen Euro hat dieser Bullenbalken gekostet. Dort sollen drei Polizisten in Schichten rund um die Uhr Dienst schieben und Ansprechpartner für Probleme in der Umgebung sein. Noch mehr Polizisten als bisher sind im Kiez auf Streife. Was soll das bringen?

Das Prestigeprojekt der Innensenatorin Iris Spranger (SPD) soll für mehr Sicherheit an diesem angeblich „kriminalitätsbelasteten Ort“ sorgen. Manche Anwohner und Vertreter der Geschäftswelt erhoffen sich Verbesserungen. Aber kann Law and Order wirklich die Lösung sein?

Viele im traditionell alternativen Kreuzberg kritisieren die Wache scharf. In einem offenen Brief an den Senat sprachen sich verschiedene An­woh­ne­r:in­nen­in­itia­ti­ven und soziale Träger wie der Quartierrat Zentrum Kreuzberg, der Mieterrat des Gebäudekomplexes und örtliche Gewerbetreibende gegen die Wache aus. Und kritisierten eine Mentalität des Durchregierens. Am Mittwoch demonstrierten etwa 200 Menschen gegen die verstärkte Polizeipräsenz, die gerade an dem Tag heftig war: 350 Beamte waren vor Ort, um die Eröffnung zu sichern.

Die Wache wirkt wie reine Symbolpolitik, ohne konkreten Nutzen. Sie erinnert an die Wache im Leipziger Viertel Connewitz, noch so ein Stadtteil, den nationale Medien gern zum Problemkiez stilisieren. Kriminalität gibt’s dort kaum – aber viele Linke. Um den harten Hund zu markieren, setzte die Politik dem Viertel eine Wache rein. Eine unnötige Aktion, allein dazu gedacht, Schlagzeilen zu generieren.

Selbst Beamte wollen sie nicht

Auch die Wache am Kotti wird wenig Konkretes verändern – außer dass Iris Spranger sich den vor Angst schlotternden Außenbezirken als eiserne Kümmerin präsentieren kann. Das Sicherheitsgefühl stärkt man jedoch nicht, in dem man ständig von angeblichen Gefahren und überall lauernden Kriminellen spricht. Selbst innerhalb der Polizei stößt Sprangers Projekt auf wenig Gegenliebe.

File:Armut Bettler Obdachlos (12269249596).jpg

Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei Berlin sagte im rbb am Mittwoch, er kenne keinen bei der Berliner Polizei, der da eine Wache wollte. Man fand dementsprechend nur schwer Personal für die Wache. Es hat sich offenbar nur ein einziger Beamter freiwillig gemeldet, in der Wache zu arbeiten. Peinlich für ein Prestigeprojekt.

„Damit kriegen wir nicht mehr Polizei auf die Straße, sondern eher weg von der Straße“, begründet Jendro seine Kritik. Doch ob mehr Beamte auf der Straße tatsächlich das Mittel gegen die am Kotti sichtbaren sozialen Verwerfungen sind, sei dahingestellt.

Polizei gegen Vermüllung?

„Es gibt hier viele Probleme. Meist sind sie jedoch nicht polizeilicher Art, sondern soziale Probleme, die durch soziale Organisationen gelöst werden müssen und nicht durch die Polizei. Davon gibt es jedoch zu wenige“, sagte der einsichtige Kiez-Polizist Norbert Sommerfeld vergangenen Sommer in der taz. Die heiße Frage ist: Lassen sich soziale Probleme wie Armut durch die Polizei lösen? Die Wache soll sogar gegen „Vermüllung“ helfen. Wie genau, bleibt unklar.

Droht die Verhaftung, wenn man die Tüte von Burgermeister fallen lässt? Wird man niedergeknüppelt, wenn man seine Cola-Dose in die Ecke wirft? Es scheint, als hoffe der Senat, dass sich Passanten vom Bullen-Balken so bedroht fühlen, dass sie sich besser verhalten. Sollte Innensenatorin Spranger Foucaults Gleichnis vom Panoptikon gelesen haben, hat sie es wohl als Bedienungsanleitung missverstanden.

Am Kotti kristallisieren sich Probleme der ganzen Stadt: Wohnungsnot, Armut, Verkehr, Dreck. Doch der Senat scheitert überall daran, diese Probleme zu lösen, nicht nur in Kreuzberg. Er weigert sich bisher, eine wirkungsvolle und demokratisch abgesicherte Maßnahme anzugehen, Mieten in der Stadt zu senken – nämlich große Wohnungskonzerne zu enteignen.

Auch beim Neubau kommt er nicht zu Potte. Die Unterbringung von Obdachlosen macht zwar Fortschritte, aber da geht noch deutlich mehr, wie Helsinki zeigt, wo Obdachlosigkeit komplett verschwunden ist, seit man Betroffenen unkompliziert und ohne Bedingungen einen Wohnort verschafft.

Putzen würde auch helfen

Quelle         :       TAZ-online       >>>>>         weiterlesen

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Oben      —     Zentrum Kreuzberg am Kottbusser Tor

Unten       —   

Description Armut Bettler Obdachlos
Date
Source Armut Bettler Obdachlos 

Author blu-news.org
w:en:Creative Commons
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Berlin hat gewählt

Erstellt von DL-Redaktion am 13. Februar 2023

Berlin wählt die Nichtregierbarkeit

Quelle :      NachDenkSeiten

Von Rainer Balcerowiak.

Die gute Nachricht zuerst. Die Wiederholung der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den 12 Bezirksverordnetenversammlung ist anscheinend weitgehend reibungslos verlaufen. Anders als beim ersten Versuch am 26.September 2021 mangelte es in den rund 2.300 Wahllokalen weder an Stimmzetteln, noch an Wahlkabinen und Wahlhelfern. Es kam weder zu zeitweiligen Schließungen der Wahllokale, noch zu stundenlangen Wartezeiten und Stimmabgaben bis weit nach 20 Uhr. Das und noch einiges andere hatte dazu geführt, dass das Berliner Landesverfassungsgericht die Wahlen im November 2022 komplett für ungültig erklärt und ihre Wiederholung angeordnet hatte.

Dem Senat muss man bescheinigen, dass er die Wahlvorbereitung diesmal für Berliner Verhältnisse sehr effizient und zielgerichtet gestaltet hat. Begünstigt wurde der korrekte Verlauf durch drei weitere Faktoren: 1.) Diesmal war es eine reine Berliner Wahl, während im September 2021 gleichzeitig auch der Bundestag gewählt und über einen Volksentscheid abgestimmt wurde. 2.) Es gab diesmal keinerlei Corona-Restriktionen mehr und 3.) Es fand diesmal auch nicht zeitgleich der „Berlin-Marathon“ statt, der die Innenstadt und somit auch die Transportwege – etwa für die Nachlieferung von Material – weitgehend lahmlegte.

Jetzt die schlechte Nachricht. Die Wahlbeteiligung ist gegenüber dem September 2021 signifikant gesunken, von 75,4 auf 63,1 Prozent Zwar befindet sich die Stadt im multiplen Dauerkrisenmodus, doch offensichtlich trauen immer immer weniger Berliner weder der taumelnden „rot-grün-roten“ Landesregierung noch der bürgerlichen Opposition zu, die Probleme ernsthaft anzugehen oder gar zu lösen. Daher gab es auch keine ausgeprägte „Wechselstimmung“, obwohl es durchaus im Bereich des Möglichen lag und noch immer liegt, dass es zu einem Regierungswechsel kommt. Zumal die Spitzenkandidaten von SPD, Grünen und CDU in den Umfragen lange Zeit eng beieinander lagen, bevor sich die CDU absetzen konnte und die zeitweilig führenden Grünen auf den 3. Platz durchgereicht wurden.

Der Wahlkampf selbst wirkte seltsam lustlos. Nur selten sorgten ein paar Aufreger-Themen wie die „Silvesterkrawalle“ und die erneute, diesmal vorerst endgültige Sperrung eines Teilabschnitts der Friedrichstraße für den Autoverkehr für ein wenig Stimmung. Erste Nachwahlbefragungen legen allerdings nahe, dass gerade diese beiden Themen bei der Wahlentscheidung eine wichtige Rolle gespielt haben

Doch das ist jetzt alles vorbei, der Souverän hat gesprochen. Die CDU ist mit Abstand stärkste Partei geworden und steigerte ihren Stimmenanteil von 18 auf 28,2 Prozent. Ihr ist es offenbar gelungen, den Unmut über die „rot-grün-rote“ Koalition zu bündeln, denn die FDP wurde bei dieser Wahl regelrecht kannibalisiert: Sie flog mit 4,6 % aus dem Abgeordnetenhaus. Auch der allgemein befürchtete starke Zuwachs der AfD hielt sich in engen Grenzen. Prozentual konnte sie sich zwar um 1,1 auf 9,1% verbessert, aber unter dem Strich hatte sie rund 8000 Stimmen weniger.

Deutlich verloren haben die Parteien der „rot-grün-roten“ Koalition. Die SPD erzielte mit 18,4 % ihr schlechtestes Berliner Wahlergebnis seit 1949 und verlor rund 110.000 Stimmen. Auch die Grünen mussten Federn lassen und verloren 64.000 Stimmen. Die Linke muss einen Verlust von 70.000 Wählern verkraften.

Eine tief gespaltene Stadt

Trotz der durchaus dramatischen Verschiebungen im Gesamtergebnis, hat sich an der strukturellen politischen Spaltung der Stadt wenig geändert. Die Grünen konnten ihre dominante Stellung in den Innenstadtbezirken weitgehend verteidigen, die CDU hat ihre starke Position in fast allen Bezirken außerhalb des S-Bahn-Rings ausgebaut. Also dort, wo das Interesse an einer Verdrängung des PKW-Verkehrs und der Errichtung von genderneutralen Toiletten eher gering ist. Im östlichen Teil haben die AfD und auch Die Linke ihre Hochburgen halten können. Die SPD hat dagegen überall mehr oder weniger stark verloren. Sie hat 21 ihrer 25 Direktmandate verloren, und auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey musste ihren Wahlkreis in ihrem Stammbezirk Neukölln an einen CDU-Hinterbänklerin abgeben.

death strip & graffiti at Bethaniendamm in Kreuzberg (1986)

Lässt die CDU jetzt auf Anweisung  der EU eine neue Mauer gegen Flüchtlinge bauen ?

Dem eindeutigen Wahlsieger CDU und ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner gebührt jetzt natürlich der erste Aufschlag für die Bildung einer neuen Regierung. Denkbar wären Zweierbündnisse mit der SPD oder den Grünen, die beide bereits ihre Bereitschaft zu ersten Sondierungsgesprächen in den kommenden Tagen signalisierten. Doch ob es zu einer CDU-geführten Regierung kommt, ist keineswegs ausgemacht. Denn auch die „Koalition der Verlierer“ könnte weiterhin den Senat bilden, und zwar erneut unter Führung von Giffey, da die SPD einen hauchdünnen Vorsprung von 105 Stimmen vor den Grünen ins Ziel retten konnten.

Für eine Fortsetzung der „rot-grün-roten“ Koalition spricht einiges. Für Giffey ist es die einzige Chance, weiterhin als Regierende Bürgermeisterin zu amtieren. Zwar haben sie und der von ihr repräsentierte Flügel der SPD große Schnittmengen mit der CDU, doch der drohende Verlust an Einfluss und Posten in einer CDU-regierten Landesregierung wiegt schwer. Und die viel beschworene „eher linke SPD-Basis“ hat sich zwar stets als äußerst biegsam erwiesen, doch eine Rolle als Juniorpartner der CDU dürfte dort ähnlich populär wie Fußpilz sein.

Das gilt auch für die Grünen, zumal sich der CDU-Wahlkampf stark auf die quasi identitätsstiftenden grünen Herzensthemen fokussiert hatte, vor allem in der Verkehrs-, Sicherheits-, Klima- Migrations- und Gender-Politik. Derzeit ist schwer vorstellbar, wie der CDU-Spitzenmann Wegner in die Rolle des großen Integrators schlüpfen könnte, der den Grünen ein kompromissfähiges Angebot macht. Denn bei seiner Basis steht Wegner im Wort: Als Schutzpatron der Autofahrer und mit „klarer Kante“ gegen „integrationsunwillige Migranten“. Offenbar erfolgreich schreckte die CDU dabei auch nicht vor rassistischen Vorstößen zurück, wie etwa mit der Forderung, die Vornamen der bei den Silvesterkrawallen festgenommenen deutschen Staatsbürger zu veröffentlichen.

Doch egal wie der Koalitionspoker ausgeht – er wird von Formelkompromissen und „Prüfaufträgen“ geprägt sein. Im Mittelpunkt irgendwas mit Verwaltungsreform, innerer Sicherheit Wohnungsbau, Schule und Klima, nebst ein paar speziellen Steckenpferden der jeweiligen Koalitionäre. Um die Linke braucht man sich bei Überlegungen über eine Fortsetzung der bisherigen Koalition nicht sonderlich zu scheren. Für die heißt es – wie eigentlich immer – friss oder stirb, und sie wird – wie immer – fressen, wenn man sie überhaupt wieder an den Napf lässt.

Für Spannung ist in den kommenden Tagen und Wochen jedenfalls gesorgt. Doch dass im Ergebnis ein ernsthafter Anlauf zur Bewältigung des Riesenbergs an Problemen der partiell dysfunktionalen Stadt herauskommt, ist eher unwahrscheinlich. Zumal sich die Gräben zwischen der eher links-alternativen, hippen Innenstadt und der eher bürgerlich-konservativen bis reaktionären Mehrheit an der Peripherie eher vertieft haben. Anscheinend kann und will diese Stadt gar nicht einigermaßen kohärent regiert werden, und die Zustimmungswerte für eine der drei möglichen Koalitionen liegen mehr oder weniger deutlich unter 40% – mit einer kleinen Präferenz für die Fortsetzung der „rot-grün-roten“ Koalition. Auch die deutlich gesunkene Wahlbeteiligung spricht eine deutliche Sprache: Mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten ist offensichtlich der Meinung, dass es ziemlich egal ist, wer in dieser Stadt nichts auf die Reihe bekommt. Für die nahe und fernere Zukunft der Stadt ist das alles keine gute Nachricht.

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Oben     — 2018-08-09 DE Berlin-Mitte, Rathausstraße, Rotes Rathaus

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Proteste-Letzte Generation

Erstellt von DL-Redaktion am 3. Februar 2023

Es geht nicht um Mehrheiten

Ein Debattenbeitrag von Phillipp Ruch – Gründer des Zentrums für Politische Schönheit

Der Letzten Generation wird schadenfroh vorgehalten, fast alle Deutschen lehnten ihren Protest ab. Aber aggressivem Widerstand geht es um Lärm.

Die deutschen Proteste für eine beherztere Erdschutzpolitik fanden in Lützerath einen vorläufigen Höhepunkt. Auf der einen Seite die Personen, die die Erde schützen wollen, auf der anderen Seite die, die sie scheinbar mit aller Gewalt weiter aufreißen wollen. Selten gab es einen Ort, der als Symbol besser taugte für – oder gegen – unser Lernen, unser mögliches Umdenken und für oder gegen die politische Schubumkehr. Die Protestierenden forderten eine Full-Stop-Mentalität und warfen sich selbst ins Getriebe. Die Politik versagte und hielt gar nichts an.

Einige Politiker verstiegen sich stattdessen zu der steilen These, dass das kleine Örtchen Lützerath – das immerhin mit brachialen Methoden dem Kohleabbau zum Opfer fallen soll – „nicht das richtige Symbol“ sei. Hubertus Heil und Robert Habeck wurden nicht müde, die These vom falschen Ort und falschen Symbol in die Fernsehkameras zu wiederholen (das Argument scheint zu sein, dass es ohne sie selbst noch viel schlimmer gekommen wäre). Aber nur weil Politiker eine These der interessierten Öffentlichkeit einzureden versuchen, wird sie nicht wahrer.

Es gibt kein besseres Symbol in Deutschland für den Kamikaze-Kollaps-Kurs, auf dem wir uns als Weltbevölkerung befinden. Und es gibt keinen prädestinierteren Ort für die deutsche Politik, ihr Nichtlernen, Nichtumdenken und Nichtumsteuern noch einmal symbolisch zu demonstrieren. In den Diskussionen um radikalen Protest hat sich in den letzten Jahren immer wieder das Vorurteil eingeschlichen, der Erdschutzprotest wolle doch die Mehrheit der Gesellschaft von der Richtigkeit der eigenen Ziele überzeugen. Ob beim klebenden Protest auf den Autobahnzufahrten, dem Bewerfen von Panzerglasrahmen mit Tomatensuppe oder den linksradikalen Stammesparolen in Lützerath – das seien alles falsche Mittel!

Wer das Gute wolle, müsse das Richtige tun. Schon interessant, dass niemand auf die Idee kommt zu fragen, ob das schaufelnde Monstrum, das da ganze Landstriche in Mondlandschaften verwandelt, das „richtige Mittel“ oder das „richtige Symbol“ sei. Stattdessen werden der letzten Generation relativ schadenfroh Umfrageergebnisse an den Kopf geworfen, nach denen zwischen achtzig und neunzig Prozent der Bevölkerung diese Form des Protests ablehnen. Ich wurde in der Vergangenheit selbst immer wieder mit dem Vorurteil konfrontiert, dass radikaler Widerstand doch letztlich „der falsche Weg“ sei, um eine Gesellschaft vom „eigentlich“ richtigen Anliegen zu überzeugen (bei unseren Aktionen zum Massenertrinken im Mittelmeer beispielsweise).

Es geht um eine Keimzelle des Widerstands

Aber geht es radikalem Widerstand überhaupt darum, die Mehrheit von der Richtigkeit des eigenen Tuns zu überzeugen? Es klingt immer sehr demokratisch, irgendeine Mehrheit überzeugen zu wollen. Aber dieser Wunsch wäre oft naiv. Es geht bei radikaleren Maßnahmen um Licht in der Finsternis, um eine Keimzelle des Widerstands oder darum, eine Einheit zu durchbrechen. Vielleicht muss man sich von der Vorstellung verabschieden, dass aggressiver Widerstand überhaupt sonderlich demokratisch ist. Aber wenn er für den Humanismus kämpft – und nichts anderes tun die Klimaschutzproteste, letztlich geht es mit dem Kollaps des Erdklimas sehr direkt um den Kollaps unserer Zivilisation –, wird dieser Protest auch dann richtig sein, wenn ihn 95 Prozent der Gesellschaft in irgendwelchen Forsa-Umfragen ablehnen.

Ich möchte das Problem dahinter noch etwas pointieren: Es ist Luisa Neubauer oder Carla Hinrichs vielleicht nicht egal, ob die Mehrheit der Gesellschaft von der Richtigkeit ihrer „Anliegen“ überzeugt ist, aber sie sind keine protestantischen Sektenanführerinnen, denen es darum ginge, die große Mehrheit von der Richtigkeit zu überzeugen. Sie wissen, dass das Ziel, die Obergrenze von 1,5 Grad Erderwärmung einzuhalten, richtig ist. Wir alle wissen das. Nicht nur eine Mehrheit in Deutschland, praktisch die ganze Menschheit. Deshalb hat es auch eine überwältigende Mehrheit in Paris beschlossen. Bloß ist das ein paar Jahre später eben egal, wenn es noch irgendwo Kohle aus der Erde herauszubrechen gibt.

Sand im Getriebe

Warum dem Protest nun nachgesagt wird, Mehrheiten für Dinge zu benötigen, die demokratisch längst beschlossen sind, bleibt das Geheimnis der pseudodemokratischen Taschenspieler-Philosophie-Trickbetrüger, die solche Forderungen erheben. Es muss befriedigend sein, sich über den politischen Protest zu beugen, um ihn zu belehren, was richtig und was falsch ist. Aber wenn den Protestierenden das Ziel nur angedichtet wird, eine Mehrheit der Öffentlichkeit überzeugen zu wollen und sie das gar nicht wollen: Was wollen sie dann?

Quelle          :        TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben      —     Funeral of a refugee by the Centre for Political Beauty (Zentrum für politische Schönheit), Berlin-Gatow, Germany

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SPD-Massenüberwachung:

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

SPD-Politiker fordern Einführung der IP-Vorratsdatenspeicherung

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von       :       

Bei der SPD werden die Stimmen lauter, eine Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen einzuführen. Das FDP-geführte Justizministerium setzt weiter auf Quick Freeze.

Sowohl Politiker der SPD-Fraktion wie auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordern die Einführung der IP-Vorratsdatenspeicherung. Begründet wird dies mit dem Fall der Terrorverdächtigen von Castrop-Rauxel, die einen Giftstoffanschlag geplant haben sollen. Dort konnte ein Terrorverdächtiger nach Angaben der Sicherheitsbehörden mittels einer IP-Adresse ermittelt werden, die der Mobilfunkanbieter Vodafone für sieben Tage gespeichert hatte. Anbieter speichern manche Verkehrsdaten etwa zu Abrechnungszwecken oder zur Fehlersuche für einen begrenzten Zeitraum.

„Der Fall Castrop-Rauxel zeigt, dass es dringend eine klare Regelung für die Speicherdauer von IP-Adressen braucht“, sagte SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann gegenüber der Rheinischen Post. „Wir sollten mit Ampel-Mehrheit die Rechtsgrundlage schaffen, dass künftig die IP-Adressen immer für 14 Tage gespeichert werden“, forderte er gegenüber der Zeitung.

Laut dem Bericht sieht man das auch im Bundesinnenministerium so. Eine Sprecherin von Nancy Faeser (SPD) sagte, dass der Europäische Gerichtshof ausdrücklich entschieden habe, dass IP-Adressen gespeichert werden dürfen, um schwere Kriminalität bekämpfen zu können. Das vom Bundesjustizministerium präferierte Quick-Freeze-Verfahren sei kein Ersatz, sondern nur eine Ergänzung. Dabei können Daten mit möglichem Bezug zu Straftaten bei den Anbietern „eingefroren“ werden, damit sie nicht routinemäßig gelöscht werden.

Weiter Streit in der Ampel

Der Rheinischen Post sagte ein Sprecher von Marco Buschmanns (FDP) Ministerium: „Aus Sicht des Bundesjustizministeriums ist es besonders wichtig, den Ermittlungsbehörden nach vielen Jahren der rechtlichen Unsicherheit nun ein Instrument zur Verfügung zu stellen, dessen Rechtssicherheit außer Frage steht.“ Im vergangenen September hatte der Europäische Gerichtshof die bisherigen deutschen Regelungen gekippt, da eine anlasslose Speicherung der Daten nicht mit Unionsrecht vereinbar ist. Eine wie von der SPD geforderte Speicherung würde keine Rechtssicherheit bieten, denn die Daten dürfen nur für den absolut notwendigen Zeitraum gespeichert werden. „Die Bestimmung dieses Zeitraums wäre daher erneut mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet“, so der Sprecher weiter gegenüber dem Medium.

In der Ampel-Koalition ist man sich also weiterhin alles andere als einig. Während das Justizministerium die Vorratsdatenspeicherung nicht will und stattdessen schon einen Entwurf für das Quick-Freeze-Verfahren vorgelegt hat, will die Innenministerin eine neue Vorratsdatenspeicherung und an das Äußerste gehen, was das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zulässt.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

Traumtänzer auf der Fakten-Autobahn

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Ariane Lemme

Sich die Welt machen, wie sie uns gefällt, funktioniert nur bedingt. Und es gehört sicher nicht zu den Privilegien von Politikmachenden.

Leugnen ist enorm erleichternd. Für einen selbst. Für den Rest der Welt ist es oft einfach enervierend. Ändert aber nichts daran, dass wir uns alle schön und regelmäßig unser Leben zurechtleugnen. Ich zum Beispiel glaube zurzeit tatsächlich, dass ich noch nie besonders viel Schlaf gebraucht habe und einfach „effizient“ schlafe. Fünf Stunden Koma, dann bin ich wie neu. Oder dass ich ganz bestimmt, wenn unsere Kinder erst etwas größer sind, wieder mit meinen Freundinnen die Welt bereisen und Bücher schreiben werde. Was einen halt so durch den Tag bringt.

Gute Leugner gehen gern in die Politik. Sagen, was ist (etwa: wir sind im Krieg mit Russland, die Klimakatastrophe ist unausweichlich, falls wir nicht endlich unsere verweichlichten westlichen Hintern hochkriegen), kommt da irgendwie nicht so gut an. Wenn die eigenen Illusionen aber deckungsgleich genug mit denen anderer Traumtänzer sind, kann man sogar als vor wenigen Jahren noch halbtot geglaubte Partei eine Regierung terrorisieren.

Wie diese Woche: „Der Autobahnausbau hat mit den Klimazielen gar nichts zu tun.“ So gelogen vom FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler im Deutschlandfunk. Dabei hat eine Studie des Umweltbundesamts ebenfalls diese Woche erst gezeigt, dass ein Tempolimit zweieinhalbmal mehr CO2 einsparen würde als gedacht. Würde man nicht nur auf Autobahnen ein Limit von 120 km/h umsetzen, sondern auch eines von 80 km/h auf Landstraßen, könnte so ein Sechstel der nötigen CO2-Einsparungen für die 1,5 Grad-Grenze erreicht werden.

Gut, werden Sie jetzt denken, auch auf neu ausgebauten Autobahnen könnte man langsamer fahren, vorausgesetzt, die FDP ließe das zu. Doch für die Idee, mehr Straßen seien der richtige Abzweig in die Verkehrswende, braucht man natürlich ebenso viel guten Willen. Aber hey, nichts für ungut, FDP. Auch mein Gehirn spielt viele Fakten zugunsten meines Weltbilds runter und hält nur ein begrenztes Maß an Widersprüchen aus. Wie den, dass Menschen, die meine volle Solidarität haben, nicht unbedingt besonders nett sein müssen – sozusagen als Gegenleistung.

In Deutschland brauchen Idioten gar nicht geboren werdem. Wir sehen sie bereits in der Politik, frei umherlaufen.

Das Ganze funktioniert natürlich umso besser, je mehr Leute den Quatsch glauben wollen. Ja je größer die Zahl der Gläubigen, desto besser. Gut zu beobachten war das – ebenfalls diese Woche – mal wieder beim Erinnern an die Befreiung von Auschwitz vor 78 Jahren. Dem Auftakt sozusagen zu einer der Lieblings-Illusionen hierzulande, nämlich der, dass bald darauf auch wir Deutschen durch die Alliierten von dieser Zecke Nationalsozialismus befreit wurden – als hätte die nicht einen ganz dankbaren Wirt gehabt.

Geht’s dagegen um private Belange, ist das mit dem Leugnen meist nur so semi-erfolgreich. Mit Entsetzen (ob meines ebenfalls erfolgreich verleugneten Alters!) musste ich mich diese Woche auch noch an die Lewinsky-Affäre erinnern. 25 Jahre ist es her, dass Bill Clinton glaubte, das Leugnen sei eine super Idee. Und ja: Seine ist eine der ganz wenigen politischen Lügen, die mir sympathisch sind. Weil: was gehen­ mich und Millionen das Sexleben anderer an – auch wenn’s der US-Präsident ist?

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Januar 2023

Es regnet rein ins utopiesche Bildungszeitparadies 

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

Ein Jahr bezahlter Urlaub für berufliche Weiterbildung? Zu schön, um wahr zu sein. Schon lässt der Finanzminister den Traum platzen.

Da soll doch keiner sagen, dass von der Regierungspartei SPD keine gesellschaftlichen Impulse mehr ausgingen. Gut, ich meine jetzt nicht Olaf „Ich muss erst ganz doll und lang überlegen, ob ich der Ukraine rechtzeitig vor der Frühjahrsoffensive der Russen Panzer liefern soll – oder doch erst so spät, dass sie nicht ihr ganzes Territorium zurückerobern können, was Putin als freundliches diplomatisches Angebot sicher zu schätzen weiß“ Scholz.

Sorry, das musste kurz raus. Aber ich wollte ja über positive sozialdemokratische Impulse schreiben. Eine Woche Heilfasten auf Rügen, ein zweiwöchiger Kurs in Entspannungstechniken zur Burnoutprävention oder Englisch für den Berufsalltag? Dafür gibt es bezahlten Extraurlaub. Auch jetzt schon, es gibt sogar einen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr – nur wird der bisher von gerade mal 2 Prozent der Ar­beit­neh­me­r:in­nen genommen.

Viele wissen gar nichts von dem Angebot, viele Arbeitgeber stehen kräftig auf der Bremse, und zwei Bundesländer, nämlich Sachsen und Bayern, machen gar nicht mit. Jetzt will Arbeitsminister Hubertus Heil den Bildungsurlaub gesetzlich verankern und ausweiten: Ein Jahr lang bezahlte Weiterbildung für alle Ar­beit­neh­me­r:in­nen, in Teilzeit sollen sogar bis zu zwei Jahre möglich sein, nach österreichischem Vorbild.

Klingt toll, oder? Ich habe schon Fantasien davon, wie wir zwei inspirierende Bildungsteilzeitjahre in Italien verbringen: Ich schreibe und verbessere mein Italienisch, der Mann gibt Kreativkurse und erwirbt eine Zusatzqualifikation in einer regionalen, fast vergessenen Drucktechnik …

Selbständige müssen zugucken

Leider aber ist die Fantasie „ein Ort, wo es hineinregnet“, wie der Schriftsteller Italo Calvino mal so hübsch gesagt hat. Habe ich letztes Jahr im Bildungsurlaub in Bologna gelernt. Selbstverständlich waren die paar Tage Intensivkurs viel zu kurz, um wirkliche Sprachfortschritte zu machen. Und auch das im Weiterbildungsgesetz entworfene Bildungszeitparadies hat Regenlöcher:

Die Drei von der Zankstelle 

Zwei Jahre reichen für eine komplette berufliche Umorientierung nicht aus, das letzte Jahr muss man sich dann irgendwie zusammenstückeln, vom Amt oder aus eigenen Ressourcen, wer es sich leisten kann. Und wer kann das schon? In meinem Fall ist der Mann leider auch selbstständig, also einer von rund 8 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland, die von der SPD beharrlich ignoriert werden, so auch bei diesem neuen Gesetz.

Aber immerhin tut sich überhaupt was in der Acht-Stunden-Arbeiten-bis-zur-Rente-Mühle. Man hat ja zu Jahresanfang viel gelesen über den Trend zum „Quiet Quitting“, also eine Art innere Emigration im Job, Modell Christine Lambrecht quasi. Und über die vielen Menschen, die trotz Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit ihre Arbeit gekündigt haben, aus Überforderung und weil sie mehr von ihrem Leben haben wollen als Meetings und Abgabefristen, Modell Jacinda Ardern.

Quelle        :        TAZ-online       >>>>>          weiterlesen

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Neuköllner Silvester Kids

Erstellt von DL-Redaktion am 13. Januar 2023

Seit der Silvester-Randale haben Schuld­zu­wei­sun­gen Konjunktur.

Von Oskar Paul

 Berlin steht im Fokus. Aber wie schaut es tatsächlich in Neukölln aus, und was kann man dort besser machen?

Tevfik Ari ist wütend. Wütend auf die Jugend in Neukölln. Wütend wegen dem, was er an Silvester erlebt hat. Die Scheiben seines Imbisses sind auch zehn Tage später noch zersplittert, Klebeband kittet die Sprünge. Ari, klein, breite Schultern, Bart, fuchtelt mit den Händen beim Reden. „Die Kids hier sind richtig frech“, sagt er. Über diese „Kids“ in Neukölln redet gerade die halbe Republik.

Gemeinsam mit seinem Cousin betreibt Tevfik Ari einen Döner-Laden auf dem Platz vor dem Einkaufszentrum Wutzky-Center. Am 31. Dezember um halb neun Uhr abends schließt er die Rollläden. Er bleibt. Zusammen mit ein paar Freunden passt er auf seinen Imbiss auf, er hat schlechte Erfahrungen mit Silvester gemacht.

Gegen Mitternacht wird sein Laden mit Pyrotechnik beschossen. Auch Ari und seine Freunde werden mit Böllern beworfen, erzählt er, zwei von ihnen müssten jetzt operiert werden. Gemeinsam rufen sie die Polizei. Als die ankommt, werden auch die Beamten beschossen. Ein Polizist wird von einem Böller getroffen, der zwischen Helm und Schutzweste rutscht und dort explodiert. Im Imbiss reißen Ari und seine Kollegen dem Polizisten die Uniform vom Leib, kippen kaltes Wasser über die verbrannte Haut.

38 Personen sind nach den Silvesterkrawallen in Neukölln festgenommen worden, weil ihnen Angriffe auf Einsatzkräfte von Polizei und Feuer­wehr vorgeworfen wird. Viele von ihnen sind unter 21 Jahre alt. Insgesamt kommt es in Berlin zu 145 Festnahmen. Die Verdächtigen besitzen 18 verschiedenen Nationalitäten. Die Debatte ist da – über Jugendgewalt, Integration, Migration.

Am Mittwoch dieser Woche veranstaltete Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) einen Gipfel. Sie kündigt eine „konzertierte Aktion“ gegen Jugendgewalt an. Dafür wolle der Berliner Senat weitere Ausgaben für Sozialarbeit in Millionenhöhe ermöglichen. „Wir haben nicht nur Redebedarf, sondern wir haben auch Handlungsbedarf“, sagte Giffey. Ist das nur Show für den Wahlkampf, oder hat Neukölln wirklich ein Problem mit gewalttätigen Jugendlichen?

Vom Wutzky-Center und Tevfik Aris’Imbiss sind es nur ein paar Gehminuten bis zur Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg. Hochhäuser ragen in den Himmel, von Wahlplakaten lächelt Franziska Giffey. Im ersten Stock der Schule hat die siebte Klasse von Lehrerin Janina Bähre ihren Klassenraum. Neun Tage nach der Silvesternacht bilden die Schü­le­r:in­nen einen Stuhlkreis, sie wuseln durch das Klassenzimmer, wollen neben ihren Freun­d:in­nen sitzen. Die Mädchen und Jungen tragen Nike-Sneaker mit dicken Sohlen, Gelnägel, Kopftücher. Jasmin führt eine Red­ne­r:in­nen­lis­te – sie schreibt auf, wer sich gemeldet hat. Joel hat die Liste im Blick und ruft auf, wer dran ist. Es gibt eine Strafliste für diejenigen, die zu oft dazwischenrufen.

Frau Bähre schlägt gegen eine Klangschale, dann ist es still im Klassenraum. „Was soll ich noch mal sagen?“, fragt Nina. „Wie es dir an Silvester ergangen ist. Was du gesehen hast. Was du gut fandest, was du schlecht fandest“, sagt Janina Bähre.

Tarik war an Silvester draußen unterwegs, wie er erzählt. Er habe mit Freunden zusammen gezündelt, sein Kumpel habe eine Kugelbombe gezündet und sich dabei schwer verletzt. „Seine Arme sind jetzt so“, sagt Tarik, knickt die Hände ab und streckt sie aus wie ein Zombie.

Marko meldet sich, er will es ganz genau wissen. Aber er muss noch warten – die Redne­r:in­nen­liste. Erst sind andere dran. Dann fragt Marko: „Es gibt doch auch Kugelbomben, die hochfliegen?“ „Ja, du musst die in ein Rohr packen“, sagt Tarik. „Die fliegt doch dann hoch?“ „Ja, aber wir hatten kein Rohr.“

„Digga.“

Lachen.

Andere Kinder erzählen ähnliche Geschichten. Der Cousin und der Onkel von Efe haben sich durch Zünden einer Batterie im Gesicht verletzt, Joel an der Rippe. Jugendlicher Leichtsinn, ja. Gefährlich, ja. Aber Menschen absichtlich verletzen, das versteht hier niemand. Janina Bähre fragt die Klasse, warum manche mit Böllern und Raketen auf Menschen schießen.

„Einfach so!“

„Aus Spaß!“

„Die fühlen sich cool.“

„Das ist so ehrenlos

Amalia war an Silvester nicht in Berlin, sie sagt: „Warum zünden die was an? Das ist richtig unnötig!“ So würden Menschen ihren eigenen Kiez abfackeln.

Albrecht Lüter ist schon seit 2015 Leiter der Berliner Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention. Er hat in den letzten zehn Jahren einen Rückgang der Jugendgewalt beobachtet. „International, in Deutschland und in Berlin“, sagt Lüter. Gemeinsam mit Kol­le­g:in­nen hat er 2021 ein Gewaltmonitoring veröffentlicht, in dem auch ganz gezielt die Berliner Bezirke untersucht wurden. Auch in Neukölln zeigt sich: Die Zahlen sind seit 2010 rückläufig. Weniger Raubtaten, weniger Körperverletzungen und weniger Delikte gegen die persönliche Freiheit wurden von Jugendlichen begangen – auch wenn die Zahl der Delikte zwischenzeitlich wieder gestiegen war. Im Coronajahr 2020 wurden insgesamt 799 solcher Straftaten in Neukölln, begangen von Jugendlichen, von der Polizei erfasst, 2010 waren es noch 1.057.

Trotzdem ist die Jugendgewalt in Neukölln im Vergleich zu gesamt Berlin erhöht. Warum? „Es gibt einen hohen Zusammenhang zwischen Jugenddelinquenz und einer prekären sozialen Lebenslage“, sagt Lüter. Die Jugendlichen in Neukölln seien häufiger von Arbeitslosigkeit und Kinderarmut betroffen als solche in anderen Berliner Bezirken. Sie hätten häufiger Sprachdefizite und schwänzten häufiger die Schule. „Unter ähnlichen prekären Lebensbedingungen finden wir dann auch Jugendliche, die ähnliches Problemverhalten an den Tag legen.“ In Marzahn-Hellersdorf ganz im Osten der Stadt zum Beispiel, einem Bezirk, der viel weniger von Mi­gran­t:in­nen geprägt ist als Neukölln. So viel zur Migrationsdebatte.

Die Lehrerin Janina Bähre kennt das. Sie erzählt von Eltern, die trotz Jobs mit Hartz IV aufstocken müssen. Sie berichtet von Kindern, die Ausflüge verpassen, weil kein Geld dafür da ist. Sie spricht von Hunger, Drogen, Wohnungslosigkeit und Abschiebung. „Das können wir uns gar nicht vorstellen“, sagt Bähre.

Und die Lehrerin berichtet von Eltern, die sich schämen, wenn ihre Kinder „Scheiße bauen“. Sie sagt: „Allen ist klar, dass man Polizisten und Feuer­wehrleute nicht angreift.“ Bähre glaubt, dass Gewalt immer einen Grund hat. „Wenn es nicht Langeweile oder pubertierender Leichtsinn ist, ist es Wut, Aggression, Frust.“ Sie wirbt für Verständnis für das, was Kinder und Jugendliche im Kiez erleben. „Wir haben hier wie überall ganz tolle Kinder, die halt einfach nur schlechtere Startchancen haben, weil wir halt ein ungerechtes Bildungssystem haben“, sagt sie.

Diese schlechten Startchancen auszugleichen, kostet Kraft. Bähre, blauer Pulli, Tattoo am Unterarm, ist schon ein bisschen heiser. Die Klasse ist heute unruhig, immer wieder muss sie Kinder hin­aus­schicken und für Ruhe sorgen.

„Lukas warte jetzt mal fünf Minuten draußen.“

„Hamza geh auch mal raus.“

„Da stehen jetzt schon drei draußen.“

Seit 2013 ist Bähre an der Gemeinschaftsschule Campus Efeuweg, Sie wollte an diese Schule. „Als ich die Schule das erste Mal gegoogelt habe, wusste ich nicht, ob ich das schaffe. Damals hatte sie noch einen schlechten Ruf“, sagt sie. „Aber ich habe mich dann gefragt, wer sonst? Ich bin gut ausgebildet! Hier muss ja auch wer arbeiten!“

Es mangele an Personal und Stunden in Schulen wie dem Campus Efeuweg, die Schü­le­r*in­nen hätten unter Corona gelitten, schulisch und sozial, sagt Bähre. Das alles müssten Leh­re­r*in­nen und So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen jetzt auffangen, aufarbeiten, aufholen. Janina Bähre fordert eine bessere Aufstellung der Sibuz. Die Abkürzung steht für schulpsychologische und inklusionspädagogische Beratungszentren, wo Lehrkräfte, Schul­psy­cho­lo­g*in­nen, So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen und Son­der­päd­ago­g*in­nen mit Schü­le­r*in­nen und Eltern zusammenarbeiten.

Janina Bähre wirbt zwar für Verständnis, betont aber auch, dass Kinder Grenzen brauchen. „Wenn Regeln gebrochen werden, versuchen wir schnell mit Konsequenzen zu kommen, die dann aber auch – wie im Strafrecht – ein Bündel sind, aus Grenzsetzung, Strafe, Wiedergutmachung und Unterstützung“, sagt sie. Und auch im Bereich Gewaltprävention unternehme die Schule viel: Klassenrat, Schülermediator*innen, Mobbing-Vereinbarungen, Workshops zu Recht und Gerechtigkeit. Und Workshops mit der Polizei.

Gerade die Zusammenarbeit mit der Polizei scheint wichtig, denn viele Kinder haben schlechte Erfahrungen mit den Beamten gemacht. Jasmin erzählt von einem Video, das sie auf Tiktok gesehen hat, in dem ein Polizist zu einem Mann vor dessen Kindern sagt: „Ihr seid nur zu Besuch in Deutschland.“ Sie sagt: „Würde das jemand zu meinem Vater sagen …“

Quelle         :        TAZ-online           >>>>>           weiterlesen

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Oben        —         Nach Auskunft der Anwohner: Junge männliche Erwachsene und männliche Jugendliche schlugen während des Neujahrsfeuerwerks 2023 in Berlin die Fenster ein und warfen Feuerwerkskörper hinein. Der Reisebus brannte vollkommen aus.

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Häme gegen Lambrecht

Erstellt von DL-Redaktion am 8. Januar 2023

Muss eine Ministerin Instagram beherrschen?

Manche Politiker wären doch froh ihre Namen richtig Schreiben zu können – unter der Maske

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Das Silvestervideo der Verteidigungsministerin war unprofessionell. Aber ein Rücktrittsgrund? Solche Überhöhungen entstehen, weil das Social-Media-Publikum erwartungsradikal ist.

Wie gut muss man als Ministerin Social Media können? Gibt es eine Untergrenze der Instagram-Fähigkeiten, ab der die Eignung als Regierungsmitglied infrage steht? Die Frage scheint merkwürdig und oberflächlich zugleich, aber es steckt mehr dahinter: die Erwartungsradikalität des sozialmedialen 21. Jahrhunderts.

Die Verteidigungsministerin hat ein viel besprochenes und weltweit verspottetes Silvestervideo veröffentlicht , das alle, die es auch nur entfernt interessieren könnte, bereits gesehen haben dürften. Mit gruseliger Tonqualität, überlagert vom Berliner Silvestergetöse, spricht Lambrecht einen ungelenken und wenig ministerialen Text bock los in die Kamera. Sie rekapituliert ihr 2022: »Mitten in Europa tobt ein Krieg. Und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte – viele, viele Begegnungen mit interessanten und tollen Menschen.« Als Verteidigungsministerin aus dem Thema Krieg überleiten in die eigene »tolle« Erlebniswurstigkeit, dabei kein Wort zu den Opfern, das ist nicht mehr unsensibel, das ist schon ein Video-Mahnmal im ewigen Gedenken des unbekannten Social-Media-Beraters.

Man könnte das Instagram-Video unter Ungeschicktheit, Unprofessionalität oder Nachlässigkeit abhaken. Aber dafür ist es ein allzu treffendes Symbol für ein größeres Problem unserer Zeit, das in einem Tweet  so beschrieben wird: »Ich finde es ja doch höchst interessant wie man in Deutschland als Politiker*in in höchste Ämter kommen kann und gleichzeitig VOLLKOMMEN UNFÄHIG in der Außenkommunikation sein kann.«

Eine große Zahl von Reaktionen auf Lambrechts zweifellos unkluges Silvestervideo geht in die gleiche Richtung. Und sie betreffen eine Ministerin, der ohnehin kein gelungener Lauf in der Öffentlichkeitsarbeit unterstellt werden darf.

Unvergessen die ungünstig verargumentierte Reise ihres Sohnes im Bundeswehrhubschrauber , der davon auch noch Fotos auf Instagram veröffentlichte. Oder als sie in ihrer Regierungserklärung behauptete, der Flugabwehrpanzer Gepard sei kein Panzer. Um sich dann aufs Infantilste selbst zu widersprechen: »Der Gepard ist ja dafür da, Infrastruktur zu schützen , dadurch, dass er dann mit diesem Rohr in die Luft schießt«.

Überfällige Veränderung in der politischen Kommunikation

Im ersten politischen Halbjahr bekamen Annalena Baerbock und Robert Habeck viel Lob für einen neuen politischen Stil, der sich vor allem in der Kommunikation bemerkbar machte. Insbesondere bei Habeck wurde hervorgehoben, dass er menschlich erscheine, weil er Zweifel und Abwägungen erkennen lasse und so das Publikum in seine Entscheidungen miteinbeziehe, übrigens ebenfalls in einem Instagram-Video. Selbst von Konservativen bekam Habeck Unterstützung, bis ihnen wenig später dieser Grünen-Applaus mulmig wurde und Habeck für einen weniger gelungenen Talkshow-Auftritt unverhältnismäßig kritisiert wurde.

In jedem Fall aber handelt es sich um Anzeichen einer überfälligen Veränderung in der politischen Kommunikation, die mit den sozialen Medien einhergeht. Sich jederzeit direkt ans Publikum zu richten, ist in den letzten Jahren von der Möglichkeit zur Selbstverständlichkeit geworden. Seit jeher gehört es zur demokratischen Politik, diese den Wählenden auch zu erklären – aber heute geschieht das nach anderen Regeln. Die vielleicht wichtigste ist, dass mit sozialen Medien ein Echtzeit-Rückkanal entstanden ist, der potenziell jede Kommunikation zum unignorierbaren Dialog macht.

Hier kommt eine Eigenschaft ins Spiel, die in manchen Social-Media-Zirkeln schon lange zu beobachten ist, die sich aber in den letzten sechs, sieben Jahren verselbständigt zu haben scheint, und zwar mit und durch soziale Medien: die oben erwähnte Erwartungsradikalität des Publikums.

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Ich verstehe darunter die weit verbreitete Bereitschaft, aus Details extrem weitreichende Schlussfolgerungen zu ziehen. Pars pro toto heißt dieser Mechanismus als Sprachfigur im Lateinischen. Im Fall Lambrecht wäre das, ein unprofessionelles, misslungenes, unsensibles Video als Zeichen für eine komplette ministeriale Unfähigkeit zu halten und deshalb als Rücktrittsgrund zu betrachten, wie es Markus Söder und Friedrich Merz getan haben.

Ständige Bereitschaft zur Soforteskalation

Erwartungsradikalität bedeutet auch, jederzeit zur vollständigen Aufgabe aller Grautöne und Kontexte bereit zu sein. Mit der Erwartungsradikalität transportiert man deshalb die ständige Bereitschaft zur umfassenden Soforteskalation anhand von vermeintlichen oder tatsächlichen Kleinigkeiten. Im Extremfall bedeutet das sogar, dass für die Nichteskalation die eigenen Maßstäbe vollständig erfüllt sein müssen.

Quelle     :             Spiegel-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —     Unterzeichnung des Koalitionsvertrags für die 20. Bundestagswahl am 7. Dezember 2021

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Unten      —     Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.

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Fordern ohne zu Liefern ?

Erstellt von DL-Redaktion am 8. Januar 2023

Deutschland zum Jahreswechsel – von Böllern bedroht?

 

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      : Renate Dillmann

Forderung nach härteren Strafen und besserer Ausrüstung der Polizei. Das fängt ja gut an. Während die Berichterstatter der Nation im Rest der Welt Silvesterfeiern mit „berauschendem Feuerwerk“, ausgelassener Stimmung am Big Ben, der Copa Cabana und New York sehen, macht der Blick ins eigene Land ihnen schon wieder Sorgen.

So berichtet die Tagesschau am Neujahrstag gleich in ihrer ersten Meldung, dass Ordnungskräfte, Rettungsdienste, Feuerwehren und Straßenreinigung es zur Jahreswende „mal wieder“ und zugleich „so schwer wie noch nie“ hatten!

Als ob die Staatsmacht nicht schon 364 Tage und Nächte genug zu tun hätte im endlosen Kampf gegen das Böse, gegen Extremisten, Terroristen, Spione, Islamisten, Faschisten, Kommunisten, Anarchisten, Chaoten, Clans, Kriminelle, Illegale, Irre im Inland und beim Export ganz anderer Böller und Raketen in alle Welt (zur Bewahrung von Frieden und Freiheit natürlich) nun auch noch das.

Das Volk böllert am 365. Tag – ohne heißen Herbst wohlgemerkt und bei 15 Grad plus zu Silvester – trotz lokaler Feuerwerks-Verbote und Klimawandel wild drauf los! Schlimmer noch: Die „Ordnungskräfte“, medial verkörpert durch die Feuerwehr, nicht durch die Polizei, berichten von zahlreichen Angriffen auf die „Helfer“.

Zwar fehlt es an jeglichen Beweisen für die unsagbare Brutalität, die ansonsten stets zumindest durch Amateuraufnahmen belegt werden kann (die „Tagesschau“ suggeriert durch den Schnitt ihrer Bilder tatsächlich, dass Feuerwehr beim Löschen eines Hausbrands behindert wurde, während die „junge Welt“ von „brennenden Mülltonnen“ berichtet), aber das Urteil steht fest: Grundlos und wider aller Vernunft greifen in deutschen Großstädten unbestimmte Subjekte jene Kräfte an, die ihnen doch nur helfen wollen!

Eine Erfindung der Presse? Oder Propaganda der zunehmend von AfD und Nazis unterwanderten Berufsvereinigungen von Polizei und insbesondere der Feuerwehr? Mag sein. Und wenn nicht?…

Dann hätte eine um Aufklärung bemühte Presse zumindest die Aufgabe zu ermitteln, wie es zu dieser vermeintlich irrationalen Wut auf die Ordnungskräfte kommt. Anhaltspunkte gäbe es ja:

1. Eine zunehmend grosse Zahl angestammter, sowie zugezogener und geflüchteter, in jedem Fall aber verachteter armer Teufel, die sich sinn- und zwecklos an einer Ordnung (ab)arbeiten, die ihnen kein materielles Zurechtkommen, keine Familie, keine gesellschaftliche Anerkennung und kaum eine gesellige Zusammenkunft gewährt.

2. Die erzwungene Ergebenheit braver Knechte gegenüber den „Sachzwängen“ einer Nation der steigenden Preise, Renditen und Ansprüche gegen jene, die das Privileg eines Arbeitsplatzes im Menschenrechts Paradies Deutschland genießen.

3. Die kleine kompensatorische Hoffnung, wenigstens nach vollbrachter Dienstbarkeit am Ende des Jahres (ziemlich grund- und sinnlos übrigens!) einmal ein Recht auf Krach, ein Recht auf Ausgelassenheit und ein Recht auf die Straße zu haben, in der man sonst als Paketzusteller, Bettler, Putzfrau, Müllmann und Taugenichts existiert und wahrgenommen wird. Und in der einen die Polizei auch am Silvesterabend als Problem einstuft und vorsorglich in Mannschaftsstärke aufmarschiert.

4. Vielleicht auch die „Testosteron gesteuerten Party People“, die die Gelegenheit nutzen, einmal im Beisein des weiblichen Publikums den eigenen Mut und die Kampfbereitschaft jenseits allen Klassenbewusstseins unter Beweis zu stellen…

All das böte reichlich Stoff, nachzufragen und über Ursachen nachzudenken, wenn man der vermeintlich grundlosen Aggressivität (so sie denn überhaupt so wie behauptet stattgefunden hat) auf die Spur kommen wollte.

Die Presse lässt sich allerdings nicht beirren: Es braucht keine Aufklärung über die Fakten und schon gleich keine (soziologische) Ursachenanalyse für die einseitige und ungeprüfte Beschuldigung. Was die Nation stattdessen braucht, ist klar: Der Rechtsstaat kann „solche Formen der Verrohung von Gewalt nicht hinnehmen“ (Nancy Faeser, Tagesschau vom 2.1.): Die Konsequenzen heißen härtere Strafen, bessere Ausrüstung der Polizei (nicht der Rettungsdienste – oder kriegen die Sanitäter jetzt mehr Geld, kürzere Einsatzzeiten und bessere Ausrüstung?!) und überhaupt mehr innere Sicherheit.

Das BILD von der „notorisch bedrohten Nation“ gehört bekanntlich zu den alltäglichen Kontinuitäten der öffentlichen Berichterstattung vor und nach 1945 im Reich der Dichter und Henker, also mit und ohne Gleichschaltung ihrer Presseorgane. Das gilt für den letzten Tag des alten Jahres wie den Start ins neue…

Na dann, Prosit Neujahr!

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben        —   Feuerwerksverkauf in Berlin-Marzahn

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Verachtung der Armen

Erstellt von DL-Redaktion am 5. Januar 2023

Eine linke Kritik der „Bürgergeld-Reform“

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Quelle       :      AKL

Von       :     Jürgen Aust

Die vollmundigen Prophezeiungen der SPD, mit einem neuartigen „Bürgergeld“ Hartz IV überwinden zu wollen, waren von Anfang an ein Etikettenschwindel. Denn inzwischen dürfte offensichtlich sein, dass an dem Verarmungs- und Repressionsprogramm „Hartz IV“ in allen wesentlichen Punkten festgehalten wurde.

Keiner der zentralen Kritikpunkte der letzten Jahre fand Eingang in das nunmehr vom Bundestag verabschiedete Konzept: weder die seit Jahren geforderte deutliche Erhöhung des Regelsatzes, noch die bedingungslose Abschaffung des Sanktions-Systems oder die Abschaffung des Zwei-Klassen-Systems in der Arbeitsförderung sind auch nur ansatzweise berücksichtigt worden.

Hartz IV ist Armut per Gesetz

Bereits unmittelbar nach der Einführung von Hartz IV zum 1.1.2005 („4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“) wurden zahlreiche Stimmen laut, dass der damals in Höhe von 345 € bemessene Regelsatz, der durch die Abschaffung der bisherigen Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau gekürzt wurde, erheblich zu niedrig sei und nicht ansatzweise eine soziale und kulturelle Teilhabe ermögliche. Weder die Anteile für Ernährung, Stromkosten oder Mobilität deckten annähernd die tatsächlichen Kosten. Ebenso wenig entsprachen die Wohnkosten den tatsächlichen Kosten, sondern die dafür zuständigen Kommunen beauftragten private Firmen, die die Mietkosten in der Regel am unteren Niveau der in den jeweiligen Kommunen ermittelten Grundmieten orientierten. Diese Unterdeckung führte in den Folgejahren zu einer massiven Verschuldung von Grundsicherungs-Betroffenen, weil die von den Jobcentern bewilligten Mietkosten zumeist nicht den tatsächlichen Kosten entsprachen, so dass z.B. im Jahre 2017 die betroffenen Mieter*innen ca. 627 Mio. € (!) aus ihrem Regelsatz aufbringen mussten. Ebenso verhält es sich mit den unzureichenden Stromkosten im Regelsatz, die ständig mit einer zusätzlichen Verschuldung verbunden sind und darüber hinaus dazu führen, dass die Versorgungs-Unternehmen nicht nur Stromsperren androhen, sondern diese auch in einem dramatischen Ausmaß durchführen (2014: ca. 325.000 Stromsperren).

Insbesondere das Thema „Sanktionen“ war von Beginn an ein medial stark aufgegriffenes Thema, da in Spitzenzeiten mehr als 1 Mio. Sanktionen verhängt wurden, wobei die meisten davon auf die 10%igen Sanktionen wegen sog. Meldeversäumnissen entfallen und der geringere Teil die 30%igen, 60%igen oder 100%igen Sanktionen bisher betreffen. Die breite Protestwelle gegen das bis zur Einführung von Hartz IV unbekannte Sanktions-System führte nach langjährigen Auseinandersetzungen zu einem eher bescheidenen Erfolg, als das BVerfG im November 2019 die Sanktions-Regeln grundsätzlich für verfassungswidrig erklärte, aber den Standpunkt vertrat, dass Sanktionen i.H. von 30% noch verfassungsgemäß seien. Diese wurden zwar während der Pandemie durch ein Moratorium zeitweise ausgesetzt, blieben aber grundsätzlich in Kraft.

Kapitalvertretungen fordern Verschlechterungen

Doch es waren nicht nur kritische Stimmen von links, die das „Hartz IV-Modell“ kritisierten, sondern auch das rechte Lager von Konzernen, Banken und ihren Interessenverbänden versuchte von Anfang an, die bescheidenen und unzureichenden Hartz IV-Sätze als arbeitsmarktfeindlich zu attackieren. So war es kein Geringerer als der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, der forderte: „Das Niveau der Lohnersatzleistungen muss reduziert oder es müssen die Bedingungen für den Anspruch auf diese Leistungen verschärft werden (Passauer Neue Presse 02.08.2006). Auch seine Erfüllungsgehilfen in der Politik wollten dem nicht nachstehen, wie z.B. der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle, der den historischen Ausspruch prägte: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“ Ergänzend sei der Präsident der Gesamt-Metall Chef Stefan Wolf zitiert: „Wir brauchen eine Reform analog zur Agenda 2010. Der Ansatz muss sein, dass es sich lohnt zu arbeiten. Ich bin dagegen, dass jemand, der nichts tut, obwohl er es könnte, eine Grundsicherung bekommt“ (WAZ 27.01.2021).

Diese Signale trafen auf offene Ohren sowohl beim Wirtschaftsrat der CDU, als auch der AfD. So forderte der Wirtschaftsrat, die Zahlung des Bürgergeldes von der Verpflichtung zu einer gemeinnützigen (kostenlosen) Arbeit abhängig zu machen (Merkur.de 02.09.2022), während die AfD dies in der Bundestagsdebatte dahin konkretisierte, dass alle Bürgergeld-„Empfänger*innen“ nach einer Karenzzeit von 6 Monaten grundsätzlich zu einer gemeinnützigen Arbeit von 15 Wochenstunden verpflichtet werden sollten. Diese auf noch mehr Armut und Repression setzende Politik des deutschen Kapitals ist die Blaupause für die in den letzten Wochen vor Verabschiedung des „Bürgergeld-Gesetzes“ erfolgte Kampagne von CDU/CSU. Nachdem sich ihre Behauptung, mit dem neuen Bürgergeld lohne es sich nicht mehr zu arbeiten, weil Bürgergeld im unteren Lohnbereich höher liege, sich als eine erbärmliche Mogelpackung herausgestellt hatte, konzentrierte sie im fliegenden Wechsel ihre Angriffe auf die Höhe der Vermögensfreistellung sowie auf die temporäre Aussetzung der Sanktionen innerhalb der ersten sechs Monate. Die SPD sowie die anderen Parteien der Ampelkoalition erklärten sofort ihre Bereitschaft, auf den Rechtskurs von CDU/CSU einzugehen, so dass die Höhe des Schonvermögens deutlich nach unten geschraubt wurde und die Sanktionen ohne Karenzzeit wieder von Anfang gelten.

Was ist dann überhaupt noch bei der sog. Sozialstaats-Reform herausgekommen:

  • Die Regelsatzhöhe als der umstrittenste Kernbereich von Hartz IV wird von 449 € bisher auf 502 € ab 1.1.2023 angehoben und kompensiert damit noch nicht einmal die Inflationsrate, die für die von Armut betroffenen Menschen insbesondere bei der Ernährung aktuell bei über 20% liegt. Da die Stromkosten weiterhin Bestandteil des Regelsatzes in völlig unzureichender Höhe bleiben, ist eine Ausweitung von Verschuldung und Notlagen vorprogrammiert. Wichtig ist festzuhalten, dass die SPD sich bei allen ihren vollmundigen „Hartz IV-Überwindungs“-Erklärungen zur Höhe des Bürgergeldes systematisch ausgeschwiegen hatte. Ebenso bleibt die seit Jahren erhobene Forderung nach Anrechnungsfreiheit des Kindergeldes, was allen Bezieher*innen von Erwerbseinkommen zusätzlich zum Einkommen zur Verfügung steht, unberücksichtigt.
  • Das Sanktions-Regime bleibt grundsätzlich unverändert. Die SPD wollte ihrem Entwurf lediglich in den ersten 6 Monaten des Leistungsbezugs keine Sanktionen verhängen, was aber durch die Intervention von CDU/CSU wieder kassiert wurde. Eine Abschaffung der Sanktionen bzw. zumindest eine deutliche Abmilderung war für die SPD bisher ein zentraler und wichtiger Aspekt ihres Reform-Projekts.
  • Es soll die bisherige „Eingliederungsvereinbarung“ durch einen „Plan zur Verbesserung der Teilhabe“ (Kooperationsplan) ersetzt wurden, wodurch bisher suggeriert wird, dass damit Jobcenter und Leistungsbezieher*in quasi auf Augenhöhe agieren würden. Auch dies ist ein grandioser Etikettenschindel, da Leistungsbezieher*innen auch weiterhin keine Möglichkeit haben, dass Jobcenter zu irgendwelchen Verpflichtungen zu veranlassen, diese verbleiben ausschließlich bei den Betroffenen.
  • Auch die neuen sog. „Freibeträge“ bei einer Erwerbsarbeit gleichen eher einer Luftnummer. Denn bis zu einem Einkommen von 1200 € werden im Gegensatz zur bisherigen Regelung maximal 48 € mehr freigestellt, also nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Diese „Sozialstaatsreform“ gleicht einer Reformruine

Das Einknicken der SPD muss im Prinzip überraschen, da sie es war, die im Herbst 2018 sehr lautstark und medienwirksam eine „Überwindung“ von Hartz IV forderte. Ihre damalige Arbeitsministerin und zeitweilige SPD-Chefin Andrea Nahles hatte bei einem Debattencamp der SPD eine „Sozialstaatsreform 2025“ angekündigt und betont: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“ Kurze Zeit später erklärte der damalige Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert: „Der Kampf gegen die Logik des Hartz IV-Systems war immer auch ein Kampf der Jusos.“ Gleichzeitig forderte er eine Abschaffung der Sanktionen, da eine Grundsicherung „niemals relativierbar“ sein könne. Nach diesen vollmundigen Ankündigungen hätte deshalb erwartet werden dürfen, dass das Hartz IV-System, wenn auch nicht abgeschafft, so doch an seinen entscheidenden Baustellen (Regelsatzhöhe, Sanktionen und Zumutbarkeitsregeln) reformiert werden würde.

Dass dies nicht erfolgt ist, ist nicht nur mit den CDU-Angriffen zu erklären, sondern dürfte seinen wesentlichen Grund darin haben, dass die SPD-Parteiführung bisher an der Agenda-Politik grundsätzlich festgehalten hat und offensichtlich mit ihr eine „Verabschiedung“ von Hartz IV nicht zu haben ist. Dies betrifft insbesondere Scholz als damaligen Generalsekretär der SPD während der Schröder/Fischer-Regierung. Dies betrifft ebenso Hubertus Heil, der 2005 Generalsekretär der SPD wurde und in dieser Eigenschaft Hartz IV von Anfang verteidigt hatte. Dies betrifft insbesondere auch Lars Klingbeil als neuen SPD-Chef, der sich bisher im Seeheimer-Kreis engagierte und aus seiner Nähe zu den Kapitalverbänden nie einen Hehl machte. Dass Nahles und Kühnert nunmehr ebenfalls ihre bisherigen Positionen revidiert haben, zeigt einmal mehr, zu welchen Zugeständnissen der linke Flügel innerhalb der SPD bereit ist, wenn es um finanzielle Privilegien und den Rockzipfeln der Macht geht (Nahles steht inzwischen der Bundesagentur für Arbeit vor und Kühnert hat es vor wenigen Monaten auf den Thron des Generalsekretärs der SPD geschafft).

Auch wenn die vom Wirtschaftslager und Teilen der CDU und der AfD geforderte Zwangsarbeit bisher noch keinen Eingang in das neue Bürgergeld-Gesetz gefunden hat, steht das Gesetz auch weiterhin für Armut und Repression. Dies ist insbesondere eine Schlag ins Gesicht für die bundesweit ca. 3,8 Mio. erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie den ca. 1,5 Mio. Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahren, aber auch für die ca. 630.000 Menschen im Rentenalter, die gezwungen sind, aufgrund ihrer zu geringen Renten aufstockende Leistungen vom Sozialamt zu erhalten („Grundsicherung im Alter“).

Zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens gab es noch eine besondere Kuriosität. Nachdem die Linksfraktion im Bundestag bei der Abstimmung ihre Zustimmung verweigerte und ihre Abgeordnete im Vermittlungsausschuss, Gesine Lötzsch, den durch die Intervention der CDU deutlich verschlechterten Kompromiss abgelehnt hatte, erteilten die Regierungsvertreter*innen der LINKEN im Bundesrat bei der abschließenden Abstimmung ihre Zustimmung. Der Vertreter Thüringens, Benjamin Hoff, erklärte dazu: „Wenn Thüringen heute dem Bürgergeldgesetz zustimmt, dann tun wir dies, weil wir anerkennen, dass mit dem Bürgergeldgesetz Verbesserungen verbunden sind.“ Damit wird einmal mehr als deutlich, zu welchen Anpassungsleistungen Linke in der Regierung bereit sind. Dann verkaufen sie lieber die Interessen von ca. 6 Mio. Menschen, die sich mit der „Bürgergeld-Reform“ eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenslage erhofft hatten, um weiterhin am Katzentisch der Macht Platz nehmen zu können.

Andererseits müsste den SPD-Verantwortlichen eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben, dass sie in den letzten Jahren auf zahlreichen Konferenzen und mit entsprechenden Positionspapieren erklärt hatten, Hartz IV hinter sich zu lassen, während sie am Ende des Tages an „Erneuerung“ dem bisherigen Hartz IV-System lediglich ein neues Etikett aufgeklebt hat. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Jürgen Aust ist Mitglied im Bundessprecher*innenrat der AKL und seit Jahren in Duisburg in der Sozialberatung tätig.

akl - Antikapitalistische Linke

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Grafikquellen          :

Oben     —   8M Die LINKE NRW.

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Unten     —     Antikapitalistische Parole auf einer Black-Lives-Matter-Demo im Rahmen der Proteste infolge des Todes von George Floyd in Minneapolis

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Party like it’s 1978

Erstellt von DL-Redaktion am 1. Januar 2023

Klimaschutz und Wachstum

Von Ulrike Herrmann

Klimaschutz gelingt nur, wenn wir uns vom Wachstumsdenken verabschieden. „Grünes Schrumpfen“ wäre eine soziale Revolution.

Deutschland tut momentan so, als könnte es drei Planeten verbrauchen. Bekanntlich gibt es aber nur eine Erde. Wenn wir überleben wollen, müssen Produktion und Konsum schrumpfen. Über dieses „grüne Schrumpfen“ wird bisher jedoch kaum nachgedacht, was kein Zufall ist. Denn nicht nur die Wirtschaft würde sich völlig verändern, auch das Verhältnis von Arm und Reich, der Sozialstaat oder die Möglichkeiten der privaten Vorsorge würden sich komplett wandeln. Die Gesellschaft wäre nicht mehr wiederzuerkennen.

Um von vorn zu beginnen: Klimaschutz kann nur gelingen, wenn die Reichen nicht geschont werden, denn sie verbrauchen am meisten Rohstoffe und emittieren enorme Mengen an Treibhausgasen. Die Zahlen sind erschütternd: Das reichste Hundertstel der Deutschen stößt pro Kopf und Jahr 117,8 Tonnen an Klimagasen aus. Die obersten 10 Prozent kommen im Durchschnitt auf 34,1 Tonnen. Die „Mitte“ emittiert 12,2 Tonnen – während es bei den unteren 50 Prozent nur ganze 5,9 Tonnen sind. Die Reichen produzieren pro Kopf also 20-mal so viel CO2 wie die Armen.

Diese krasse Ungerechtigkeit ist vielen wohlhabenden Deutschen nicht bewusst. Im Gegenteil. Gerade Gutverdiener neigen dazu, sich für besonders umweltbewusst zu halten. Sie kaufen Biogemüse und Energiesparlampen und merken gar nicht, dass sie meist sehr üppig wohnen und häufig fliegen. Wie das Umweltbundesamt feststellte, sei bei den Wohlhabenden „die Auffassung weit verbreitet, sparsam mit Ressourcen umzugehen“. Die Behörde vermutet, dass sich diese umweltbewussten Gutverdiener vor allem mit Mitgliedern der eigenen Schicht vergleichen – und dabei aus dem Blick verlieren, dass die ärmeren Milieus deutlich weniger konsumieren.

Für die Reichen Deutschlands wäre es natürlich sehr schmerzhaft, wenn sie nicht mehr jährlich 117,8 Tonnen CO2 emittieren dürften. Ihr flotter Lebensstil wäre dahin. Für die Gutsituierten sind dies keine angenehmen Aussichten, weswegen gelegentlich eine Art Mittelweg vorgeschlagen wird: Jeder Mensch soll ein privates CO2-Konto bekommen und darf dann 1 bis 2 Tonnen im Jahr umsonst verbrauchen – danach wird es teurer.

Was an Wert verliert

Doch dieser gut gemeinte Vorschlag würde den Klimaschutz torpedieren. Für Reiche wäre es gar kein Problem, sich einfach weitere Emissionsrechte zu kaufen, sodass weiterhin zu viele Treibhausgase ausgestoßen würden. Vor allem aber würde das Projekt Klimaschutz diskreditiert, wenn jeder verzichten müsste – nur die Wohlhabenden nicht.

Klimaschutz hat nur eine Chance, wenn alle gleichmäßig beitragen müssen und sich der Abstand zwischen den Schichten verringert. Man sollte diese Herausforderung nicht kleinreden. Es käme einer sozialen Revolution gleich – die es in Deutschland noch nie gegeben hat. Die Abschaffung der Monarchie 1918 oder die Wende 1989 waren politische Revolutionen, die das Herrschaftssystem verändert, aber das Besitzgefüge nicht angetastet haben.

„Grünes Schrumpfen“ würde zudem bedeuten, dass private Vorsorge nicht mehr möglich ist. Bisher glauben viele Deutsche, sie könnten sich von der Gesellschaft entkoppeln und auf einer Art eigenen Insel leben, indem sie Finanzvermögen ansparen. Doch dieses Vermögen verliert zwingend an Wert, sobald die Wirtschaft schrumpft.

Beispiel Aktien: Die meisten DAX-Werte finanzieren Unternehmen, die sehr viel CO2 emittieren. Dazu gehören unter anderem die Flugzeugbauer Airbus und MTU oder die Autokonzerne BMW, Porsche, Mercedes-Benz, VW sowie Continental. Diese Firmen wären nur noch ein Schatten ihrer selbst, wenn Menschen und Güter vor allem mit der Bahn transportiert würden, um Treibhausgase einzusparen. Wenn aber Unternehmen in die Bedeutungslosigkeit abrutschen, können auch ihre Aktien nicht mehr viel wert sein.

Doch nicht nur Firmenpapiere verlieren an Wert, wenn die Wirtschaft schrumpft. Gleiches gilt für jede Art von Geldvermögen – ob es nun Ersparnisse oder Lebensversicherungen sind. Es ist ganz simpel: Geld hat nur Wert, wenn sich dafür etwas kaufen lässt. Sobald die Menge der Güter sinkt, löst sich dieses Geldvermögen teilweise in Luft auf.

Wie wir das nennen

Für diesen Prozess gibt es auch einen Namen: Inflation. Wenn weit mehr Geld auf den Markt drängt, als dort Waren zu finden sind, wird jedes einzelne Produkt teurer. Schon bisher waren hohe Inflationen gefürchtet, weil sie extrem ungerecht sind. Finanzvermögen und Geldeinkommen werden entwertet, während Immobilienbesitzer keine Einbußen hinnehmen müssen. Diese Unwucht wird noch schlimmer, wenn eine Wirtschaft dauerhaft schrumpfen muss. Dann stellt sich ganz schnell die Frage, wer sich die knappen Güter noch leisten kann. Gut leben könnte nur noch, wer über Sachwerte oder sehr hohe Geldvermögen verfügt.#

Die Ärmeren hingegen würden leer ausgehen, und besonders schlimm würde es viele Rentner treffen, weil ihre private Altersvorsorge durch die Inflation aufgefressen würde. Aus diesem Teufelskreis gibt es nur noch einen Ausweg: Rationierung. Jeder bekommt das Gleiche, zugeteilt vom Staat.

Wenn Deutsche das Wort „Rationierung“ hören, drängen sich den meisten sofort die tristen Bilder aus der Nachkriegszeit auf, als Millionen hungern mussten. Doch diese Analogien führen in die Irre. Obwohl die deutsche Wirtschaft schrumpfen muss, um klimaneutral zu sein, wären wir immer noch sehr wohlhabend. Niemand müsste um sein Überleben kämpfen, und die Rationen könnten durchaus üppig ausfallen.

Was das mit dem Jahr 1978 zu tun hat

Quelle         :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —       Alleestraße 144 in Bochum

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2.( von Oben      —     Scientist Rebellion klebt Aufsätze ans Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Hannoversche Straße, Berlin, 07.04.2022

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Unten      —            Peter Siller (Heinrich-Böll-Stiftung e.V.), Ulrike Herrmann (Journalistin, taz) Foto: <a href=“http://www.stephan-roehl.de“ rel=“nofollow“>Stephan Röhl</a> „Auf der Suche nach der grünen Erzählung III“ Die dritte Ausgabe der Kongressreihe Grüne Erzählung der Heinrich-Böll-Stiftung am 18. und 19. März 2016 in Berlin

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DIE LINKE im Jahr 2023 ?

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Dezember 2022

 Das entscheidende Jahr für DIE LINKE ?

BEIDE  –  WIE und WOHIN ?

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Edith Bartelmus-Scholich

Das Ergebnis der Bundestagswahl 2021 als DIE LINKE mit 4,9 Prozent nur durch ihre drei Direktmandate in den Bundestag einzog, hat der Partei auferlegt nach den Ursachen ihres Abstiegs zu suchen und die Weichen neu zu stellen.

Diese Aufgaben hat sie nur ungenügend erledigt und im Laufe des Jahres 2022 hat sich ihre Lage noch verschlimmert. Während sie von Wahlniederlage zu Wahlniederlage taumelte (LTW Schleswig-Holstein 1,7%, Saarland 2,9 %, NRW 2,1%, Niedersachsen 2,7%), verließen die Mitglieder zu tausenden die Partei. Diese ist nun außerhalb der Parlamente vielerorts kaum noch handlungsfähig. Der Bundesparteitag im Juni musste sich neben der linken Existenzfrage von Krieg und Frieden mit Sexismus und sexuellen Übergriffen vornehmlich gegen Frauen beschäftigen. Bei beiden Themenblöcken wurden Beschlüsse gefasst, die eine Minderheit nicht zufriedenstellen. Und diese Minderheit um Sahra Wagenknecht erwägt seitdem ein eigenes sozialkonservatives Parteiprojekt zu starten. Gleichzeitig kündigen sich schon jetzt Wahlniederlagen im Jahr 2023 an. DIE LINKE.Hessen wird heute zur Landtagswahl im Herbst 2023 mit 1,5% umgefragt.

Wieso die Spaltung droht

Von Anfang an war DIE LINKE als plurale Partei konzipiert worden. Nur so war gesichert, bundesweit parlamentarisch wirksam zu werden. Und das war das eigentliche Ziel der Fusion aus Linkspartei.PDS und WASG. Zwei Partner, die aufgrund unterschiedlicher eigener Schwächen allein den Einzug in den Bundestag eher verfehlen würden, erreichten dieses Ziel gemeinsam. Von Anfang an waren die Differenzen in dem politischen Zweckbündnis hinderlich für einen nachhaltigen Erfolg. Dennoch konnten zunächst tragfähige Kompromisse zwischen den Parteiflügeln mit ihren unterschiedlichen strategischen und taktischen Ansätzen geschlossen werden. Heute ist das praktisch unmöglich geworden.

Die Zeit nach 2007 war politisch anspruchsvoll. Auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008, von der DIE LINKE noch profitieren konnte, folgte ein weltweiter Rechtsruck, der sich in Deutschland auch am Aufstieg der AfD festmachen lässt. Gleichzeitig nimmt mit dem Klimawandel, dem Artensterben und der Erschöpfung vieler Rohstoffe eine planetare Krise Fahrt auf, die von einer linken Partei völlig neue Antworten verlangt. Und zuletzt ist nach vier Jahrzehnten Neoliberalismus der Widerstand der gesellschaftlich progressiven Kräfte enorm geschwächt.

Auf diese Problemstellungen hätte die Partei Antworten finden müssen. Doch dies misslang. Auf dem Parteitag 2012 in Göttingen stand die Partei vor der Spaltung. Angesichts von strategischen und taktischen Differenzen sahen sich viele um die Hoffnungen, die sie mit dem Projekt verbunden hatten, betrogen und die Bereitschaft alte Gewissheiten auf den Prüfstand zu stellen um neue tragfähige Lösungen zu erarbeiten, war nicht mehr gegeben. In einem langwierigen und kleinschrittigen Prozess erarbeitete sich die Parteispitze aus Bernd Riexinger und Katja Kipping eine Mehrheit für eine sozial-ökologische Politik auf Basis der verbindenden Klassenpolitik. Da aber eine Minderheit die Neuausrichtung ablehnte, kam es in der Folge vor allem in Wahlkämpfen ständig zu Kompromissen auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners. Gleichzeitig hatte „das Trauma von Göttingen“ für die Partei negative Auswirkungen: Strittige Themen wurden nicht mehr offen innerparteilich diskutiert und Mehrheitsentscheidungen wurden in der politischen Praxis oft nicht mehr durchgesetzt.

In den zehn Jahren nach dem Göttinger Parteitag entwickelten sich die Flügel der Partei an den praktischen politischen Herausforderungen auseinander. Dabei wurden tiefgreifende Spaltungslinien sichtbar.

2015 und 2016 gab die Mehrheit der Partei eine internationalistische, inkludierende Antwort auf die „Flüchtlingskrise“. Wagenknecht stellte dem eine nationalistische, exkludierende Position entgegen. Darauf folgte seit 2017 und 2018 eine Sammlung zunächst als „Team Sahra“ und dann als „AUFSTEHEN“ um Druck aufzubauen und eine Veränderung der Beschlüsse zu erreichen. Dabei formierte sich um Wagenknecht ein sozialkonservativer Flügel, der sich nicht nur gegen die Migrationspolitik wendet, sondern auch die verbindende Klassenpolitik und die sozial-ökologische Transformation ablehnt. Wagenknecht schloss die Formierung dieses Flügels 2021 mit ihrer Streitschrift „Die Selbstgerechten“ ab. In dieser stellt sie ein Programm um die zentralen Werte Nation, Leitkultur und Leistungsgesellschaft vor und schlägt eine Klassenzusammenarbeit zwischen den leistenden Teilen der Arbeiterschaft und den leistenden Teilen der nationalen Bourgeoisie vor. Sie offenbart ein geschlossen rechtes Weltbild. Sie hat vor der Herausforderung des weltweiten Rechtsrucks kapituliert. Sie bedient rechte Narrative und schlägt politische Lösungen vor, für die sie Beifall aus der AfD erhält. Sie holt sich Zustimmung nicht in der Partei oder der gesellschaftlichen Linken sondern aus rechten Protestbewegungen.

Die Idee des sozialkonservativen Flügels ein eigenes Parteiprojekt zu starten, ist nur folgerichtig. Formelkompromisse um den sozialkonservativen Flügel um jeden Preis in der Partei zu halten, sind nicht zielführend, denn DIE LINKE muss mit einem klaren, zukukunftsweisenden Programm auftreten, will sie überleben.

Krieg, Verarmung, Klimawandel: Die Weichen neu stellen

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat linke Gewissheiten erschüttert. DIE LINKE steht vor der Aufgabe sich als Friedenspartei neu aufzustellen und rasch zu konsolidieren. Dazu muss sie Pazifismus und Antimilitarismus – beide unverzichtbar – neu ausbuchstabieren. Ihre Friedenspolitik muss die Lohnabhängigen, die unter einem Krieg leiden oder in diesen hineingezwungen werden, gleichermaßen berücksichtigen. Sie muss sich zudem gegen kriegführende Eliten und Profiteure eines Krieges richten. Dafür braucht es grundsätzliche, praktikable und in Maßen flexible politische Vorschläge. Am Anfang eines solchen zielgerichteten Prozesses muss zwingend eine breite innerparteiliche Debatte stehen.

Wer und wo sind die Weichensteller-Innen ? Sahra ?

Die Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln werden tiefgreifende Folgen für die Gesellschaft haben: Die Anzahl der Armen wird deutlich steigen, viele Haushalte werden Not leiden. Es wird zu viel mehr Strom- und Gassperren kommen als bisher und auch der Anteil der Obdachlosen wird zunehmen. Auch Menschen, die sich bisher zur Mittelschicht zählen, werden verarmen. Es war daher richtig, dass DIE LINKE im Herbst 2021 zu Protesten aufgerufen hat. Es gibt aber sehr zu denken, dass sie nur wenige Betroffene mobilisieren konnte. Sie muss sich überlegen mit welchen niederschwelligen Angeboten sie ärmere Menschen noch aktivieren kann. Vielleicht sollte sie die Facette der Kümmerer-Partei wieder mehr pflegen? Gleichzeitig benötigt sie politische Lösungen, die Armut wirksam verhindern. Hier hat die Mitgliedschaft der Parteispitze eine Entscheidung abgenommen: Im Herbst 2021 sprach sich eine deutliche Mehrheit (57%) der Mitglieder in einem Mitgliederentscheid dafür aus ein emanzipatorisches Grundeinkommen in das Programm aufzunehmen.

Die von den Grünen verantwortete Klima- und Umweltpolitik der Bundesregierung ist ein Desaster. Durch langfristige Bindungen an fossile Energieträger werden mehr klimaschädliche Emissionen erzeugt werden, als mit dem 1,5°-Ziel verträglich sind. Die Grünen haben alle Wahlversprechen zum Erhalt des Dorfes Lützerath gebrochen. Die Braunkohle unter dem Dorf darf abgebaggert werden, obwohl sie nicht zur Versorgungssicherheit benötigt wird. Bereits auf dem Gelände stehende Windkraftanlagen werden abgebrochen und verschrottet. Die Stimmung in der Klimagerechtigkeitsbewegung ist von Ernüchterung und Wut geprägt. DIE LINKE hat bereits ein weit gehendes Programm für einen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft entwickelt. Sie muss es jetzt konkretisieren und offensiv gegen die Illusion eines „grünen Kapitalismus“ vertreten. Damit stellt sie sich auch der bedeutendsten Herausforderung der Zukunft: Das Klima erträglich halten, damit der Planet nicht noch mehr geschädigt wird und damit die Folgen der Erderwärmung auch für den ärmeren Teil der Bevölkerung erträglich bleiben.

Radikale, emanzipatorische Realpolitik

Bald nach der Bundestagswahl 2021 erstellte die Rosa-Luxemburg-Stiftung eine Analyse für DIE LINKE. Im Ergebnis bleibt danach festzuhalten, dass sich die potentiellen WählerInnen von der Partei vor allem die organische Verbindung von sozialer und ökologischer Politik wünschen. Weiterhin sagte eine Mehrheit der Befragten, DIE LINKE solle stärker antikapitalistisch auftreten.

Die multiple Krise des Kapitalismus erfordert einen Bruch mit dem System. Viele Menschen wissen das, kaum jemand hat allerdings eine Vorstellung wie so etwas funktionieren kann. Dieses Spannungsverhältnis lähmt. Will DIE LINKE erfolgreicher werden, muss sie an den Problemen der Menschen vor Ort ansetzen und gleichzeitig sowohl glaubwürdiger als auch radikaler werden. Sie sollte sich dabei vor appellatorischen Auftritten und vor Stellvertreterpolitik hüten. Statt dessen soll sie Politik nicht für sondern mit den Lohnabhängigen machen. Das geht auf jeder Ebene und in jedem Umfang. Es erfordert Offenheit und den Mut praktische politische Lösungen mit den Betroffenen und vor Ort zu erarbeiten.

DIE LINKE muss dabei die Werte, die sie für sich reklamiert, in der Partei und in ihrer praktischen politischen Arbeit mindestens auffindbar machen. Niemand nimmt einer Partei das Ziel einer solidarischen Gesellschaft ab, wenn nicht einmal in der Partei der Umgang solidarisch ist. Wer die Wirtschaft demokratisieren will, aber sich mit innerparteilicher Demokratie schwer tut, wird unglaubwürdig. Und, wer sich als feministische Partei versteht, aber Sexismus, Übergriffe und Antifeminismus duldet, erst recht.

Das kommende Jahr wird für DIE LINKE darüber entscheiden, ob sie als bundespolitische Kraft auch nach 2025 erhalten bleibt. So sehr es eine linke Partei in den Parlamenten braucht, so wenig wird das ein Selbstläufer. Das immerwährende „Weiter so“, der Zweckoptimismus und die Scheu politische und organisatorische Entscheidungen zu treffen, hat die Partei an den Rand des Abgrunds gebracht. Die nächste Halbherzigkeit führt in die politische Bedeutungslosigkeit.

Edith Bartelmus-Scholich, 30.12.2022

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Oben      —     Politik, News, Bundesparteitag Die Linke: die neu gewählten Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler

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Unten      —       Einfache Weichen und Kreuzungsweichen im Frankfurter Hauptbahnhof

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von DL-Redaktion am 30. Dezember 2022

Die diesjährigen Top Drei der Medienmacher-Interviews aus der Hölle

Kolumne von Steffen Grimberg

Kurz vor Schluss kam Tom Buhrow extra noch mal um die Ecke im Wettbewerb ums absurdeste Interview des Jahres.

Mit seinem „2023 wird das Jahr der Reform“-Rührstück in der Welt am Sonntag: Den Totalumbau des Systems Öffentlich-Rechtliche mal eben in einem Jahr anzuzetteln, geht klar. Immerhin hat er nicht auch noch „Ich gebe ihnen mein Ehrenwort“ gesagt.

Trotzdem schafft Buhrow nur Platz drei. Denn natürlich hat sich um die vordersten Plätze der Interviews aus der Hölle auch Patricia Schlesinger beworben. Mit ihrer In­ten­dan­t*in­nen­beich­te in der Zeit. Eigentlich hatten die absurden Fotos, die sie als machthungrigen Vamp zeigten, schon alles gesagt. Den ellenlangen Text dazu hätte es nicht gebraucht. Sei’s drum. Wie Frau Schlesinger hier noch mal die große Ahnungslose gab, gehört zu den schönsten Unverschämtheiten des Jahres: Da wollte sie alles richtig machen und war für die eine und den anderen vielleicht ein bisschen zu schnell und abgehoben. Aber mehr war doch gar nicht. Und es tat ihr ja auch leid: „Ich habe die Wut der Leute unterschätzt.“ Dafür gibt’s Platz 2.

Familie Schlesinger fährt aber quasi ’nen Doppelsieg ein. Denn mit allen Tricks und Kniffen zog ein naher Verwandter an ihr vorbei. „Ein Skandal mit Ansage“ war das Stück aus der Frankenpost betitelt, in dem sich Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl schon im Sommer ausheulte. Er sei ja bloß ein „Kollateralschaden, damit man seiner Frau schaden könne, wie er unserer Zeitung in einem exklusiven Gespräch sagt“. Dass ihm die Berliner Messe mit dem gut dotierten Beratungsauftrag einen Gefallen getan habe, sei „nicht nur weit hergeholt, sondern entbehrt jeder Grundlage“. Klar, Tagessätze rund um die 2.000 Euro sind für manche normal. Aber ist das glaubwürdig? Ja, sagt Spörl, denn die Messe war in großer Not. Sie stellte plötzlich fest, „dass sie im September 2022 ihren 200. Geburtstag feiern würde und nichts vorbereitet war“. Und Spörl brachte die brandheiße Idee mit, „eine Geschichte der Messe schreiben zu lassen, etwa als Coffee-Table-Book“. Aber wenn er „auch nur im Entferntesten geahnt hätte, dass dies alles so skandalisiert wird, hätte ich das alles natürlich nicht gemacht“.

Quelle        :          TAZ-online            >>>>>         weiterlesen

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Oben     —   Floaters caused by retinal detachments

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Grüne für CO2-Endlager

Erstellt von DL-Redaktion am 23. Dezember 2022

Kehrtwende von Klimaminister Habeck

Reichstagsgebäude von Westen.jpg

Niemand will doch den Dreck haben! Warum wird nicht der Reichstag Untertunnelt? Wo doch nirgendwo Anders sonst,  die Ursachen und die eventuell entstehenden Nachwirkungen so eng beieinander lägen ? Fahne, Hymne, Adler und-und wer kassierte noch mit aus den politischen Atom-Clan ?? 

Von Bernward Janzing

Wirtschafts- und Klimaminister Habeck denkt über die Verpressung von Kohlendioxid unter der Erde nach. Die FDP applaudiert, Umweltverbände protestieren.

Die Grünen vollziehen eine markante Wende. Lange hatten sie die Abscheidung und Endlagerung von Kohlendioxid vehement abgelehnt. Jetzt zeigt sich Wirtschaftsminister Robert Habeck plötzlich offen für das soge­nannte CCS (Carbon Capture and Storage).

Im Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz heißt es, die Bundesregierung werde „die Ermöglichung der CO2-Speicherung in Deutschland“ prüfen, auch jene „unter dem Meeresboden“. Der Koalitionspartner ist seit Langem für CCS: FDP-Vizefraktionschef Lukas Köhler betonte, nun müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen auch für „den Transport und den Export“ von CO2 geschaffen werden. Aktuell ist die Speicherung von CO2 in Deutschland sowohl an Land als auch im Meer unzulässig.

Das könnte sich nun ändern. Im kommenden Jahr will die Bundesregierung eine „Carbon-­Management-Strategie“ erarbeiten, in der CCS und zudem CCU untersucht und am Ende wohl zugelassen werden sollen. Unter CCU (Carbon Capture and Utilization) versteht man die anschließende Verwendung des CO2, zum Beispiel in der Chemieindustrie.

Ein Grund für die neue Stoßrichtung der Bundesregierung könnte in der Erkenntnis liegen, dass sie ihre großen Wasserstoffpläne nur mit dem sogenannten blauen Wasserstoff überhaupt erreichen kann; dieser wird aus Erdgas erzeugt, wobei das entstehende CO2 dann im Untergrund verpresst wird.

„Enormer zusätzlicher Energieaufwand“

Der Einsatz von CCS und CCU bedürfte zahlreicher neuer gesetzlicher Regelungen. Die Bundesregierung spricht unter anderem von einer „Erweiterung der Enteignungsvorschrift“ und davon, dass ein „insti­tu­tio­na­lisiertes Governance“ geschaffen werden müsse, ferner ein „robustes und transparentes System von Monitoring, Reporting and Verification“ – ein großes Geschäft also für Zertifizierungsunternehmen.

Die Kritikpunkte an CCS sind vielfältig. Wiederholt wies das Umweltbundesamt auf den „enormen zusätzlichen Energieaufwand für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung“ hin. Der Einsatz der CCS-Technik erhöhe „den Verbrauch der begrenzt verfügbaren fossilen Rohstoffe um bis zu 40 Prozent“.

Radioactive keeper drums.JPG

Unterschiedlich positionieren sich die Umweltverbände. Germanwatch veröffentlichte diese Woche zusammen mit Industrieverbänden, wie etwa der Zementindustrie und der Gas Lobby, ein Positionspapier dazu. Es empfiehlt, „regulatorische Hindernisse für CCS und CCU aus dem Weg zu räumen“, um somit eine „CO2-Offshore-Speicherung in der Nordsee“ zu ermöglichen. Weil „CCS/CCU-Wertschöpfungsketten derzeit wirtschaftlich noch nicht darstellbar“ seien, bedürfe es zudem einer entsprechenden Förderung.

Konträr positioniert sich der Umweltverband BUND. Die Koalition dürfe „den klimaschädlichen Fantasien der Industrie nicht nachgeben“, sagt BUND-Chef Olaf Bandt. Die Meere seien „nicht die Müllhalde der Menschheit“. In den Seegebieten CO2 zu verpressen, könnte zwar profitabel für die Gasindustrie sein, bedrohe aber „den Lebensraum am Meeresboden“.

Risiko Erdbeben

Quelle         :          TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —      Reichstagsgebäude, von Westen gesehen

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Ein Jahr Ampel-Kanzler

Erstellt von DL-Redaktion am 15. Dezember 2022

„Etwas lauter bitte, Olaf“

Wenn hinter den Masken die Dummfaxen kaum sichtbar werden, helfen nur die Hände. 

Von Anna Lehmann und Stefan Reinecke

Auch nach einem Jahr im Amt bleibt Olaf Scholz für viele schwer greifbar. Das öffentliche Urteil ist verhalten, Koalitionspartner aber sind zufrieden. Wie führt ein schüchterner Mensch die Regierung und das Land?

er bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt“, hat Olaf Scholz der taz mal in einem Interview gesagt. Und hinzugefügt: „Das geht natürlich nicht im Alleingang.“ Das war im November 2009 nach seiner Wiederwahl zum Vorsitzenden der Hamburger SPD. Scholz’ Drohung hatte damals einen Adressaten – die von Intrigen ruinierte Hamburger Sozialdemokratie. Scholz war der Mann, der aufräumen musste. Nüchtern, pragmatisch, auch autoritär.

12 Jahre später, am 8. Dezember 2021, wählte der Bundestag Scholz zum Kanzler. Der Satz wird seitdem viel zitiert, Scholz wird an ihm gemessen. Er soll das Land durch die Zeitenwende führen, als Kanzler der ersten Dreierkoalitio2n auf Bundesebene mit SPD, Grünen und FDP. Er soll den Aufbruch wagen und in der Krise den Status quo sichern. Eine Gratwanderung. Wie macht er das?

Wir haben mit Kol­le­g:in­nen aus der Ampelkoalition und mit Menschen gesprochen, die ihn lange auf seinem politischen Weg begleitet haben. Entstanden ist das Bild eines Mannes, der für alles einen Plan zu haben scheint, aber nicht allen verrät, welchen. Der trotz Dauerpräsenz in der Öffentlichkeit schwer greifbar bleibt. Der arrogant auftreten kann, der aber auch zuhört und Fragen stellt. Der stur sein kann bis zur Halsstarrigkeit.

„Er ähnelt in manchem Wolfgang Schäuble. Herr Schäuble weiß auch alles immer ganz genau“, sagt jemand, der mit Scholz am Kabinettstisch sitzt.

Erst Stamokap, dann Law and Order

Scholz kann jedenfalls ebenso herablassend wie Schäuble sein. Als eine Journalistin den Kanzler im Sommer fragt, ob er konkretisieren könne, wie die deutschen Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen, sagt Scholz nur: „Ja, könnte ich.“ Schweigt. „Das war’s.“

Wie Schäuble blickt Scholz auf eine lange Dienstzeit als Politiker zurück: Vom ultralinken Stamokap-Flügel der SPD kommend, hat er sich zum Law-and-Order-Innensenator und Ersten Bürgermeister in Hamburg entwickelt, hat erfolglos versucht, SPD-Vorsitzender zu werden, und es dennoch zum vierten SPD-Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik gebracht.

Vom Menschen Scholz ist wenig bekannt. Er hat zwei jüngere Brüder – der eine Arzt, der andere in der IT-Branche –, lernte seine Frau Britta Ernst in den 80ern bei den Jusos kennen. Sie sei die Liebe seines Lebens. Er kocht gern Königsberger Klopse, rudert und joggt in seiner Freizeit. Er versteht sich ganz gut mit Markus Söder, der ihn mal zurechtgewiesen hat, er solle nicht so schrumpfig grinsen. Überhaupt mag Scholz Schlümpfe, weil sie klein, verschmitzt und clever sind und am Ende immer gewinnen.

Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender : „Jetzt habe ich ihn ja schon wieder gelobt“

Das alles hat Scholz der Bunten sechs Wochen vor der Bundestagswahl gesagt. Als SPD-Kanzlerkandidat gehört so ein Interview wohl zum Pflichtprogramm. Jedenfalls hat er nach der Wahl nie wieder ein ähnliches gegeben und reagiert auch sonst auf persönliche Fragen ablehnend. Beim Bürgertreffen im Sommer, ein Jahr später in Magdeburg, möchte die Moderatorin wissen, was der Kanzler als Kind werden wollte. Den meisten PolitikerInnen würde jetzt schon etwas einfallen, das sie in freundlichem Licht zeigt. Scholz sagt: „Ich bin 64 Jahre. Ich weiß es nicht mehr.“

Angela Merkel machte ihre Biografie lange fast unsichtbar, weil sie glaubte, als ostdeutsche Frau Widerstand zu mobilisieren. Auch Scholz wirkt ungreifbar. Aber aus einem anderen Grund. Er fremdelt mit Menschen. Ihm fliegen die Sympathien auch nicht zu. Er hat nicht die Fähigkeit, Fremdes durch Offenherzigkeit in Vertrautes, Distanzen in Nähe zu verwandeln. Sein Humor ist mitunter schrullig, viele verstehen ihn nicht. Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, hat 2021 eine Biografie über den Kanzler geschrieben. Sein Eindruck: „Scholz ist ein zutiefst schüchterner, sehr zurückhaltender Mensch.“

Machtpolitischer Malus

Das ist machtpolitisch ein Malus. Denn mit Charmeoffensiven kann man Vertrauen erneuern, Konflikte besänftigen. Das ist nicht Scholz’ Stärke.

Die Hamburger Grünen sind gebrannte Kinder. Die Scholz-SPD schrammte 2015 knapp an der absoluten Mehrheit vorbei und brauchte die Grünen als Juniorpartner, um das Rathaus zu halten. Die Zweite Bürgermeisterin der Grünen, Katharina Fegebank, erinnert sich an Scholz als „harten Verhandler“. „Er hat den Anspruch, der Platzhirsch zu sein, Gespräche auch dominieren zu wollen und relativ wenig Spielraum zu lassen“, sagte Fegebank 2021 der Deutschen Presseagentur. Charmant klingt das nicht.

„Er ähnelt in manchem Wolfgang Schäuble. Der weiß auch alles immer ganz genau“

Doch in der Ampel herrschen heute andere Verhältnisse. Die SPD gewann die Bundestagswahl nicht mit 46, sondern mit 26 Prozent. Die Grünen sind Konkurrent und Partner zugleich, die FDP hat erstmals seit Jahrzehnten wieder ins linke Lager gewechselt und will umsorgt sein.

Christian Dürr ist seit einem Jahr Fraktionschef der FDP im Bundestag. Als solchem steht ihm ein geräumiges Büro zu, das selbst mit Fahnenhalter samt Europafahne nicht überladen wirkt. Nach Scholz’ Führungsstil gefragt, antwortet Dürr wie aus der Pistole geschossen: „Gut.“ Pause. Dürr beugt sich vor, bekräftigt: „Er macht das menschlich echt gut.“ Man könne sich auf sein Wort verlassen.

Das Lob für den Kanzler mutet seltsam an. Schließlich ist die FDP die Partei, die bislang überhaupt nicht von der Koalition profitiert. Vier Landtagswahlen gingen seit dem Regierungsantritt schief. Und dennoch ist Dürr enthusiastisch. Er redet sich fast in Ekstase: Der Kanzler habe echt „Bock“, etwas zu wagen, sei anders als Merkel ein Reformer, habe „Drive“.

Keine Frage nach der Vermögenssteuer

Die Grünen sind dem Kanzler gegenüber skeptischer. Katharina Dröge, ist eine von zwei Grünen-Fraktionsvorsitzenden. Augenhöhe, ja doch, sagt sie. „Das kann man so sagen. Eine harte Koch-Kellner-Regierung wie in Hamburg haben wir hier nicht, würden wir auch nicht mitmachen.“

Aber für den Geschmack der Grünen lässt Scholz der FDP viel zu viel Raum, gerade in finanzpolitischen Fragen stehe er zu oft an Christian Lindners Seite.

Rückfrage bei Christian Dürr. Hat Scholz in den Koalitionsrunden schon mal die Vermögenssteuer erwähnt? Steht schließlich so im SPD-Wahlprogramm. Ist in diesen Zeiten, in den der Staat 300 Milliarden an Schulden für die Krisenbekämpfung aufnimmt, auch keine ganz abwegige Idee. „Nein, daran erinnere ich mich nicht. Schließlich haben wir uns als Koalition darauf geeinigt, die Steuern nicht zu erhöhen“, sagt Dürr.

Möglicherweise ist Scholz’ Zurückhaltung aber auch ein Signal an die gebeutelte FDP: Ich respektiere Eure Grenzen.

„Olaf Scholz hatte schon immer eine sehr gute Art, die Dinge zusammenzuführen“, sagt Sarah Ryglewski. Die Abgeordnete ist im Kanzleramt Staatsministerin für Bund-Länder-Koordination und Nachhaltigkeit. Scholz holte die SPD-Linke 2019 zunächst ins Finanzministerium, zwei Jahre später folgte sie ihm ins Kanzleramt. Von Top-Down und Kontrollwahn, der Scholz aus Hamburger Zeiten nachgesagt wird, kann Ryglewski nicht berichten. Im Gegenteil: Scholz lasse seinen Leuten viele Freiräume – so lange alles funktioniere.

Das große Ganze im Blick

Näher kennengelernt hat sie Olaf 2017, als sie Mitglied der Antragskommission wurde, die Scholz damals schon seit über einem Jahrzehnt leitete. Die Kommission hat eine Schlüsselrolle für eine Programmpartei wie die SPD, vor Parteitagen sichtet sie Hunderte von Anträgen, vom Unterbezirk Wandsbeck bis zum Landesverband NRW, und entscheidet, was am Ende abgestimmt wird. „Er hatte immer Verständnis dafür, dass jeder Landesverband seinen Punkt braucht, und hatte dabei das große Ganze im Blick“, lobt Ryglewski ihren Chef.

Die Erfahrungen aus der Antragskommission überträgt Scholz auf die Ampelkoalition – jede der drei sehr unterschiedlichen Parteien braucht mal einen Punkt, mit dem sie glänzen kann. Die FDP kann sich für den Tankrabatt und den Abbau der kalten Progression auf die Schultern klopfen, die SPD feiert den Abschied von Hartz IV und die Grünen das 49-Euro-Ticket und den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Gleich zu Beginn hat seiner Amtszeit hat Scholz dem Spiegel gesagt: „Man muss als Koalition mit dem Anspruch antreten, bei den nächsten Wahlen wiedergewählt zu werden.“

Quelle        :        TAZ-online       >>>>>          weiterlesen

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Oben     —   Olaf Scholz and Nico Marquardt at Science Park Potsdam, Germany, March 2021

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2.) von Oben    —   Olaf Scholz spricht auf dem Deutschen Jungsozialistentag 1984

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Rassismus im Alltag

Erstellt von DL-Redaktion am 14. Dezember 2022

Blackness in Berlin

Ein Debattenbeitrag von Akwugo Emejulu

Schwarzes Leben ist auch in der Hauptstadt bis heute von Rassismus geprägt. Nicht jeder gehört überall dazu.

Niemand erzählt dir das vorher, aber in Berlin zu leben, verleiht dir ungewünschte Superkräfte. Wenn ich durch Mitte oder Prenzlauer Berg gehe, probiere ich sie aus. Eine Passantin klammert sich demonstrativ an ihre Tasche und wirft mir einen zornigen Blick zu, als ich an ihr vorbeigehe. Dann wechselt sie zügig die Straßenseite und setzt ein höhnisches Lächeln auf.

Regelmäßig ertappe ich mich dabei, dass ich mit anderen Fußgängern das „Angsthasenspiel“ spiele: Wenn wir aufeinander zugehen und uns gegenseitig im Weg sind, wer macht dann Platz, damit wir uns den Bürgersteig teilen können? Ich bin gespannt, wie das Spiel ausgeht, obwohl ich das Ergebnis schon kenne. Aus Prinzip weigere ich mich fast immer, den Vorrang zu gewähren, es sei denn, es handelt sich um ältere oder behinderte Menschen.

Und warum? Weil von mir erwartet wird, dass ich zurückweiche und aus dem Weg gehe. So passiert das, was immer passiert: Wir rempeln uns an. Dieses „Spiel“ ist Schwarzen Berlinern vertraut. Eine meiner Freundinnen erzählte mir, dass sie als Kind diesen Begegnungen einen Namen gab: „Frau Arroganz“.

Sie versuchte, dem Rassismus, dem sie auf der Straße begegnete, bevor sie die Begriffe kannte, um ihn zu benennen – einen Rassismus, der ihr auf den Fuß trat, sie aus dem Weg schob und sie anrempelte –, durch eine Mutprobe einen Sinn zu geben. Sie weigerte sich, auszuweichen und unsichtbar zu sein. Diese Zusammenstöße enthalten einen Widerspruch.

Unerwünschte Macht

Sie legen eine Macht offen, die Schwarze Menschen ungefragt erhalten haben und die sie sich nicht wünschen: Wir sind auf den Straßen Berlins sowohl unsichtbar als auch hypersichtbar. Wir sind also gleichzeitig eine sichtbare Bedrohung für das unterstellte Weißsein des öffentlichen Raums und ein unsichtbares Objekt, das ignoriert und missachtet wird.

Sie glauben mir nicht? Sie denken, ich bin zu empfindlich? Bin ich vielleicht sogar ein schlechter Gast während meiner kurzen Zeit in Berlin? Auch das ist eine Superkraft – oder vielmehr, wie Kassandra zu ihrem Leidwesen feststellen musste, ein Fluch: Wir sagen die Wahrheit, doch das wird bezweifelt – uns wird nicht geglaubt.

Dieser Widerspruch zwischen Unsichtbarkeit und Hypersichtbarkeit offenbart sich durch Blicke. Mich fasziniert das offene und unverhohlene Anstarren von Männern, Frauen und Kindern. Sicher, ich bin ziemlich hübsch, doch seien wir ehrlich: Ich bin nicht jedermanns Sache. Das Anstarren hat eine Bedeutung. Es ist auch eine Art Kollision – ein politischer Akt, der durch das Visuelle und das Imaginäre in Gang gesetzt wird.

Man wird stets auf Englisch angesprochen

Wenn ich in der Straßenbahn oder in einem Restaurant angestarrt werde, starre ich immer so lange zurück, bis die andere Person wegschaut. Diese Handlung des Widerstands, jemanden anzustarren, der oder die einen zwar ansieht, aber nicht wirklich sehen kann, ist eine häufige Reaktion Schwarzer Berliner, wie ich festgestellt habe. Ich lebe mein Leben weiter, aber ein wenig verunsichert – was natürlich der ursprüngliche Zweck des Anstarrens war.

Wie kann das sein? Berlin, so sagt man mir ständig, ist so vielfältig! So international! So kosmopolitisch! Hier sprechen alle Englisch! Sicher, Berlin ist voll von Menschen aus aller Welt. Aber natürlich gehört nicht jeder überall dazu in Berlin – vor allem, wenn dein Pass die falsche Farbe hat oder dein rechtlicher Status fragwürdig ist.

Akwugo Emejulu im schottischen Parlament.jpg

Interessant ist auch, wie Englisch in der Stadt funktioniert. Einerseits ist es ein Zeichen für die Andersartigkeit Berlins, einer der vielen Punkte, in denen es sich vom Rest Deutschlands unterscheidet. Andererseits wird die Sprache ständig als Waffe eingesetzt. Wenn ich mit meinen Schwarzen deutschen Freunden in einer Bar oder in einer Galerie bin, fällt mir immer wieder auf, wie automatisch Englisch mit ihnen gesprochen wird.

Zugehörigkeit einfordern

Sie antworten in der Regel auf Deutsch und zwingen das Gespräch ins Deutsche, um ihre Zugehörigkeit zum Ort und zur Stadt zu zeigen und einzufordern. Ein weiteres Aufeinanderprallen, dieses Mal der Muttersprachen, die die Linien zwischen Zugehörigkeit und Ausgrenzung in Berlin markieren. Nichts davon ist neu. Vor genau 70 Jahren veröffentlichte Ralph Ellison einen der großen Romane, in dem es unter anderem um das schwarze Leben in der Großstadt geht.

In „Der unsichtbare Mann“ stellt Ellisons namenloser Protagonist bekanntermaßen fest: „Ich bin ein Mensch aus Substanz, aus Fleisch und Knochen, aus Fasern und Flüssigkeiten – ja, man könnte vielleicht sogar sagen, dass ich einen Verstand besitze. Ich bin unsichtbar, verstehen Sie, weil sich die Leute weigern, mich zu sehen. […] Wer sich mir nähert, sieht nur meine Umgebung, sich selbst oder die Auswüchse seiner Phantasie – in der Tat alles und jedes, nur mich nicht.“

Quelle         :         TAZ-online        >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Mobilização popular antirracista em Berlim, sob o nome de Umbenennungsfest, pela renomeação de uma rua, propondo a troca de um termo alemão racista por nomes importantes para o movimento negro, como, na placa da imagem, Anton Wilhelm Amo. Tais manifestações vêm ocorrendo desde 2014. O dia da manifestação, dia 23 de Agosto, é simbólico pois comemora o Dia Internacional para a Lembrança do Comércio de Escravos e sua Abolição.

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Linker Schein ohne Sein ?

Erstellt von DL-Redaktion am 13. Dezember 2022

Linke will gegen die Spaltung kämpfen

Von Pascal Beucker

Leipziger Erklärung der Linkspartei. Führungsriege der Linkspartei distanziert sich in Leipzig indirekt von Sahra Wagenknecht und bekennt sich zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine.

Es ist der Versuch eines Schulterschlusses. Auf Einladung der Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan traf sich am Wochenende in Leipzig die komplette Führungsriege der Linken im Bund und in den Ländern zur Aussprache. Und statt großen Streits demonstrierte sie ungewohnte Geschlossenheit. Die Botschaft, die von dem Treffen ausgehen soll: Die Partei hat sich noch nicht aufgegeben.

Dabei befindet sich die Linke in einer existenziellen Krise: Zermürbt vom Dauerstreit um die frühere Bundestagsfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht und vier Landtagswahlen, bei denen die Partei mehr oder weniger deutlich unter der Fünfprozenthürde landete.

Das scheint inzwischen auch das führende Personal der Partei begriffen zu haben. Die Linkspartei sei „eine historische Errungenschaft“, die aber heute „in Gefahr“ sei, heißt es in einer von den Mitgliedern des geschäftsführenden Parteivorstands, der Bundestagsfraktionsspitze, dem Präsidium des Bundesausschusses sowie allen Partei- und Fraktionsvorsitzenden in den Ländern namentlich unterzeichneten „Leipziger Erklärung“.

Zu oft biete die Linkspartei „ein Bild der Zerstrittenheit und gegensätzlicher Antworten“, schlechte Wahlergebnisse und Verlust von Mitgliedern seien „deutliche Alarmzeichen“, heißt es in dem dreiseitigen Papier weiter, auf das sich die Teil­neh­me­r:in­nen am Samstag auf der internen Klausurtagung verständigt haben. Relevante Gruppen in der Gesellschaft fühlten sich von der Partei nicht mehr angesprochen. Die innerparteilichen Konflikte mündeten „aktuell in einem zerstörerischen Gegeneinander“. In der Öffentlichkeit werde „sogar über die Bildung eines alternativen Parteiprojekts spekuliert“. Die 53 Un­ter­zeich­ne­r:in­nen seien „dagegen bereit, für unsere gemeinsame Partei zu kämpfen, das historische Projekt einer geeinten, pluralen sozialistischen Partei zu verteidigen und weiterzuentwickeln“.

Bekenntnis zum alten Gründungskonsens

Jenseits solcher Lippenbekenntnisse werden in der „Leipziger Erklärung“ einige inhaltliche Pflöcke eingeschlagen, die als deutliche Distanzierung vom Kurs Wagenknechts und ihres Anhanges zu verstehen sind. Beispiel Ukraine krieg: Die Linkspartei verurteile den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands, der zu unermesslichem Leid, Tod und Zerstörung geführt habe, und fordere „den sofortigen Rückzug der russischen Truppen“, ist da zu lesen. Und: „Wir bekennen uns zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und fordern die volle Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität.“ Solche Töne sind von Wagenknecht nicht zu hören.

Als Abgrenzung von ihrer prominenten ehemaligen Frontfrau ist auch das Bekenntnis zum alten Gründungskonsens zu verstehen: „Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend“, zitiert die „Leipziger Erklärung“ aus den „Programmatischen Eckpunkten“, auf die sich die PDS und die WASG 2007 verständigt hatten. Für eine solche Partei wollten die Un­ter­zeich­ne­r:in­nen kämpfen. Bemerkenswert: Damit knüpfen sie an das Treffen der „progressiven Linken“ am Wochenende zuvor in Berlin an. Auch in der dort verabschiedeten Erklärung findet sich ebendieses Zitat aus den Anfangszeiten.

Quelle     :        TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

Krisentreffen der Linkspartei:

Ein Kommentar von Anna Lehmann

Geballte Hilflosigkeit. Die „Leipziger Erklärung“ zeigt, wie die Linke weiter schlingert: Zwischen moralischen Ansprüchen und der Realität.

Der Linkspartei mangelt es derzeit an fast allem – an Wähler:innen, glaubwürdigem Führungspersonal, an politischer Relevanz. Nicht jedoch an Bekenntnissen. Je tiefer die Zerwürfnisse, umso lauter die Bekenntnisse, zusammenzuhalten. Ein Irrtum: Denn das Problem der Linkspartei ist nicht, dass sie sich um relevante politische Fragen streitet, sondern dass sie bestimmte Auseinandersetzungen eben nicht ausfechtet, die Dinge nicht beim Namen nennt und keine Taten daraus ableitet. Das war auch am Wochenende in Leipzig zu beobachten, wo Partei- und Fraktionschefs aus Bund und Ländern zum Krisentreffen zusammenkamen und eine gemeinsame Erklärung verabschiedeten. Der Name Sahra Wagenknecht taucht darin nicht einmal auf, obwohl allen klar ist, dass sie und ihre An­hän­ge­r:in­nen längst auf Sezessionskurs sind – ein Grund für die gegenwärtige existenzbedrohende Lage der Linken. Die Antwort der Par­tei­funk­tio­nä­r-in­nen darauf: Man sei bereit, um die „gemeinsame Partei“ zu kämpfen“.

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Oben      —   Foto: DIE LINKE NRW / Irina Neszeri

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#Die Linke Mit Zukunft

Erstellt von DL-Redaktion am 6. Dezember 2022

 „Berliner Treffen progressiver Linker in und bei der Partei DIE LINKE“

Quelle:    Scharf  —  Links

Erklärung des Berliner Treffens

Am 03. Dezember 2022 haben wir uns als progressive Linke in und bei der Partei Die Linke getroffen, um uns zur aktuellen Situation der Partei und ihren internen Konflikten auszutauschen. Dabei verständigten wir uns über folgende Positionen und das weitere Vorgehen:

Das Jahr 2023 wird für die weitere Entwicklung der Partei die Linke ein Schlüsseljahr. Sie befindet sich in einer existenziellen Krise. Zur Überwindung der Krise schlagen wir als Weg einer neuen politischen Erkennbarkeit der Linken vor, sich auf ihre festgeschriebenen programmatischen Grundwerte zu besinnen und endlich wieder unmissverständlich und eindeutig innerhalb des verbindlichen und unverletzbaren Korridors ihrer Kommunikation und Politik zu bewegen. Ausgangspunkt einer solchen Erneuerung sind für uns die linken Grundwerte, die wir vor 15 Jahren als Grundkonsens der neuen LINKEN formuliert haben. Diesen wollen wir verteidigen, bekräftigen und auf die heutige Zeit übertragen: „Gemeinsam wollen wir eine Partei, wie es sie in Deutschland noch nicht gab – Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend.“ Wir wenden uns strikt gegen jeglichen Antisemitismus.

Die Landtagswahlen in Berlin, Bremen, Hessen und Bayern werden die Frage beantworten, ob es ihr nach den Wahlniederlagen der vergangenen 14 Monate gelingt, ihre derzeitige Misere zu überwinden. Insbesondere, ob es ihr gelingt, in Zeiten multipler Krisen den Nachweis zu erbringen, gebraucht zu werden. Dabei ist eine starke linke Partei in einer Zeit, die von der russischen Aggression gegen die Ukraine, der voranschreitenden Klimakrise, weltweiten Fluchtbewegungen und wachsenden sozialen Ungleichheit geprägt ist, eine unverzichtbare Notwendigkeit! Das gilt vor allem hierzulande.

Als progressive Linke suchen wir zusammenführende und solidarische Antworten. Das heißt, wir suchen nach Antworten, die Krisen und Diskriminierungen gleichermaßen in den Fokus nehmen und nicht Betroffene gegeneinander ausspielen. Wir suchen nach Antworten, die Ungerechtigkeiten im eigenen Land benennen, ohne sich von der Welt abzuschotten. Und wir suchen nach gegenwärtigen Antworten, die die existenziellen Herausforderungen der Menschheit aufzeigen, ohne sich die Perspektive einer demokratisch-sozialistischen, solidarischen Gesellschaft zu verbauen. Dafür wollen wir gemeinsam mit der Partei, Gewerkschaften und Sozialverbänden, mit Initiativen für Umverteilung, sozialer Gerechtigkeit, gegen Diskriminierungen, mit Bewegungen gegen die kommende Klimakatastrophe, Initiativen für Solidarität mit Geflüchteten und in den vor uns liegenden Wahlkämpfen unteilbar eintreten. Deutschland braucht eine demokratisch-sozialistische Partei, die für eine solidarische Gesellschaft streitet.

Um diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen, müssen wir unsere Hausaufgaben machen und für die Menschen eindeutig erkennbar werden. Und das wollen wir! Jedoch erreicht die Partei in Umfragen auf Bundesebene derzeit nur etwa 4 bis 5 Prozent. In einigen westdeutschen Flächenländern weniger als 3 Prozent, mehrheitlich nur 2 Prozent. In Bayern, NRW und Rheinland-Pfalz weisen Umfragen einen nicht messbaren Zuspruch auf. Die Kompensation der Schwäche der westlichen Bundesländer durch die guten Ergebnisse der ostdeutschen Länder ist aufgebraucht und unmöglich bei Umfrage- und Wahlergebnissen um 10 Prozent. Inzwischen greift diese Entwicklung auch auf die bisher besser dastehenden Metropolen über. Das wollen wir stoppen!

Der erneute Versuch diese Entwicklung durch eine Fokussierung der Partei auf die sich verschärfende soziale Situation mit einem „heißen Herbst“ zu beantworten, war notwendig, hat aber ihre eigene Lage nicht verändert. Das große Engagement tausender Mitglieder verdient großen Respekt. Viele von uns gehören mit zu den Aktiven. In Regierungsverantwortung und in kommunalen Parlamenten konnten wir Entlastungspakete durchsetzen, durch die das soziale Ungleichgewicht der Ampel-Politik zum Teil kompensiert wurde und so die soziale Lage gerade von Menschen mit wenig Geld verbessert hat. Doch zum wiederholten Male zeigt sich, dass dringende sozialpolitische Antworten nicht überzeugen, solange keine Geschlossenheit in anderen gesellschaftspolitisch relevanten Fragen gegeben ist und reale Durchsetzungsperspektiven für notwendige Änderungen erkennbar werden. Diese Übereinstimmung muss hergestellt werden!

Dazu ist es auch notwendig sich mit dem Begriff des „Linkskonservatismus“ und dem ihm zugrundeliegenden Politikkonzept auseinanderzusetzen. Wir halten diesen für wenig zutreffend und zitieren ihn nur als Eigenbeschreibung aus dem Buch „Die Selbstgerechten“. Unsere Kritik richtet sich daher auch in keiner Weise gegen gewerkschaftlich organisierte oder kapitalismuskritische, internationalistische Linke. Ganz im Gegenteil, wir sehen sie als Bündnispartner*innen einer zukunftsfähigen Linken. Der zitierte „Linkskonservatismus“ jedoch hat mit den Werten der internationalen Solidarität vollständig gebrochen. In seiner Selbstdarstellung ist er dem Inhalt nach sozialkonservativer Nationalpopulismus für die vermeintliche Mehrheit der „deutschen Bürger“, der in Stellung gebracht wird gegen Geflüchtete, queere Menschen, Klimabewegte und andere „skurrile Minderheiten“. Er grenzt sich offensiv von sozialen, antifaschistischen Bewegungen und solchen gegen Diskriminierungen, von linker Organisierung in Gewerkschaften, konkreter Solidarität und Internationalismus ab.

In zentralen gesellschaftspolitischen Fragen wird so die Partei seit langem inhaltlich tief gespalten. In der öffentlichen Wahrnehmung wird insbesondere die in der Bundestagsfraktion hartnäckig tolerierte Koexistenz unvereinbarer Positionen zu Recht als unwählbare „Zerstrittenheit“ reflektiert. Die u.a. aus Angst vor einer organisatorischen Spaltung erwachsende Unfähigkeit, die Situation politisch zu entscheiden, führt zu einer langanhaltenden, selbstzerstörerischen Erosion der Linken. Wir wollen das ändern!

II

Im Kern hat die Partei drei Möglichkeiten auf ihre Misere zu reagieren:

Sie kann die öffentlich wahrgenommene Folgenlosigkeit der oft aus der Fraktion provozierend vorgetragenen, antagonistischen Positionen in zentralen gesellschaftspolitischen Fragen fortsetzen. Die Antwort, wie das auf die Organisation, Mitgliederentwicklung und den Zuspruch der Wähler*innen wirkt, wurde seit der Bundestagswahl mehrfach klar gegeben. Es ist der Weg in die Bedeutungslosigkeit.

Sie kann sich die „linkskonservativen“ Ansichten Einiger grundsätzlich zu eigen machen und, wie es die indifferente Mehrheit der Bundestagsfraktion schon jetzt macht, zulassen, dass das Profil der Partei allmählich programmatisch und strategisch entsprechend ausgerichtet wird. Das ist definitiv nicht unser Weg, sorgt aber bei Menschen für Klarheit und beendet die derzeitig selbstzerstörerische Beliebigkeit.

Oder sie besinnt sich auf ihre festgeschriebenen programmatischen Grundwerte und macht diese endlich wieder unmissverständlich und eindeutig zum verbindlichen und unverletzbaren Korridor ihrer Kommunikation und Politik.

Zur Überwindung der Krise schlagen wir als Weg einer neuen politischen Erkennbarkeit der Linken die letzte der genannten Möglichkeiten vor.

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Übersetzt in die heutige Zeit bedeutet das: Wir wollen eine Partei, die:

  • in den Zeiten globaler Herausforderungen als demokratisch-sozialistische Linke für ökologische, friedenspolitische und ökonomische Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sowie für die Wahrung und für die zivile wie demokratische Durchsetzung universeller sozialer und politischer Menschenrechte steht. Diese Ziele formulieren die Interessen der Mehrheit aller Menschen und sind für uns die zentralen Werte demokratisch-sozialistischer Politik. Abschottung, Diskriminierung und Ausgrenzung sind damit unvereinbar und lehnen wir in der Gesellschaft und in der Partei ab. Wir spielen nicht soziale Gerechtigkeit gegen Freiheitsrechte aus. Antifaschismus ist eine Kernaufgabe unserer Partei. Wir sind solidarisch mit Antifaschist*innen weltweit. Wir wehren uns gegen die Kriminalisierung antifaschistischen Handelns in Deutschland.
  • gemeinsam Politik mit all denen gestaltet, die für eine Gesellschaft stehen, in der alle Menschen in Würde leben können und in der Solidarität und soziale Gerechtigkeit die Grundlage sind. Dabei gehen wir davon aus, dass die Freiheit der Einzelnen nur dort dauerhaft Wirklichkeit werden kann, wo sie nicht auf Kosten oder durch Unterdrückung Anderer bzw. ihrer Diskriminierung erfolgt und wo mit Solidarität gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet wird. Wir wollen uns sowohl für die Interessen der Arbeitenden (z.B. Erwerbstätige, Carearbeiternnen, Selbständige, Transfergeldempfänger*innen) als auch für die der Geflüchteten, Erwerbsunfähigen und Rentnerinnen einsetzen.
  • eintritt für eine global gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und für den bestimmenden Einfluss öffentlichen, genossenschaftlichen und gesellschaftlichen Eigentums, insbesondere bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und Grund und Boden. Der neoliberale Kapitalismus ist gescheitert. Er hat die Systemwidersprüche nicht nur nicht gelöst sondern verschärft. Wir brauchen (wieder) mehr eine an den existenziellen Bedürfnissen der Gesellschaften ausgerichtete Regulierung.
  • dafür kämpft, dass die Welt bewohnbar bleibt. Ohne Klimagerechtigkeit, den ökologischen und sozialverträglichen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft wird das nicht gelingen. Der Klimawandel wird die Ärmsten am härtesten treffen. Statt die Klimabewegung als ein Mittelschichtsprotest zu kritisieren, kämpfen wir mit und innerhalb der Klimabewegung für demokratische und sozialistische Lösungen. Klimaproteste müssen mit dem Kampf gegen Kapitalismus und Konzerne verbunden und nicht gegen die Interessen sozialer Gerechtigkeit ausgespielt werden. Wir suchen mit den von der notwendigen Transformation Betroffenen nach solidarischen Lösungen für einen sozialen und ökologischen Umbau. Klimagerechtigkeit bedeutet Gerechtigkeit sowohl innerhalb von Deutschland als auch für den globalen Süden.
  • weiß, dass es leicht ist, die Näherin in Bangladesch gegen den Kassierer im Discounter auszuspielen, die hiesige Fabrikarbeiterin gegen den Fischer in Somalia. Nichts anderes ist die rechte Mobilisierung, die unter dem Motto „Wir zuerst!“ stattfindet, leider oft erfolgreich. Das ist nicht nur zutiefst egoistisch sondern auch abgrundtief dumm. Wer nicht bereit ist, die Interessen der von den globalen Krisen und Verteilungsungerechtigkeiten am stärksten Betroffenen mit in das eigene Denken und Handeln einzubeziehen, wird diese vertiefen, verstärken und letztendlich selbst immer stärker betroffen sein.
  • den Prozess der europäischen Integration als Herausforderung und Chance begreift, die Europäische Union weiter zu demokratisieren, friedlicher, gerechter und ökologischer zu gestalten. Ein Zurück zu Nationalismus und regionale Borniertheit sind für uns keine Option. Der Irrweg des Brexit zeigt, dass mit dem Setzen auf die nationale Karte die großen internationalen Herausforderungen nicht zu bewältigen sind. Vielmehr kommt es gerade jetzt darauf an, auf der Ebene der Mitgliedsstaaten die unter dem Druck der aktuellen Krisen vorgenommenen Kurskorrekturen der EU wie die Aufnahme gemeinsamer Kredite zur Finanzierung ökologisch orientierter Investitionsprogramme zu unterstützen und zu nutzen. Es kommt darauf an, dafür einzutreten, derartige Programme wesentlich konsequenter auf soziale und Klimaschutzziele auszurichten und die Europäische Union insgesamt vom Ballast neoliberaler Politik zu befreien. Eine eigenständige, fortschrittliche Politik auf der Ebene der Mitgliedsstaaten – gemeinsam mit möglichst vielen anderen EU-Mitgliedsländern – erhöht den Druck in Richtung sozialer und ökologischer Reformen auf EU-Ebene. Dadurch entsteht wiederum erweiterter Spielraum für fortschrittliche Politik im einzelstaatlichen und regionalen Rahmen. Staaten stellen immer noch starke Kräfte für eigenständige regionale Regulierung dar, für viele sind sie auch der Ordnungsrahmen für Politik, und dennoch wird es ihnen ohne wachsende internationale Kooperation zunehmend unmöglich, Probleme zu lösen und den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.
  • gerade jetzt europäische Solidarität, Vernetzung und gemeinsames Handeln im Rahmen der Europäischen Linken als unverzichtbar ansieht. Im Hinblick auf die Europawahl machen wir uns als Gegenpol zum dramatischen neonationalistischen Aufstieg der Rechten in Europa für eine klare, gemeinsame Perspektive eines solidarischen Europas stark. Dabei wissen wir, diese Erneuerung kann nur gelingen mit der Solidarität aller Linken in Europa und einer Vision einer anderen, solidarischen und gerechteren Europäischen Union.
  • den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands und die von Russland begangenen Kriegsverbrechen aufs Schärfste verurteilt und sich für eine Bestrafung der Verantwortlichen einsetzt. Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine, die leiden, Widerstand leisten oder flüchten müssen. Wir verteidigen alle Menschenrechte an jedem Ort. Wir erkennen das Recht des ukrainischen Volkes auf Selbstverteidigung gegen den russischen Angriff entsprechend der UN-Charta Art. 51 an. Zur Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine fordern wir den vollständigen Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine und einen entsprechenden Waffenstillstand, der den Weg zu ernsthaften Friedensverhandlungen freimacht. Unsere Solidarität gehört ebenso den Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg stellen, desertieren und dafür Verfolgung befürchten müssen.
  • solidarisch ist mit allen Menschen weltweit, die von Krieg und Verfolgung bedroht sind, und die sich allen Brüchen des Völkerrechts und imperialistischer und neokolonialer Machtpolitik entgegenstellt. Unser Antimilitarismus bedeutet, dass wir für die politische Perspektive einer europäischen und globalen Friedensordnung, für friedenspolitische Nachhaltigkeit, die Nichtweiterverbreitung sowie den Abbau von Massenvernichtungswaffen und die Stärkung von Diplomatie, auch im Rahmen der Vereinten Nationen, eintreten.
  • eine Politik, die die Emanzipation der Einzelnen als politische Selbstbefreiung von allen Unterdrückungs- und Diskriminierungsverhältnissen entwickelt, ermöglicht und stärkt. Soziale und politische Teilhabe und Selbstbestimmung sind für uns Ziel und Weg progressiver gesellschaftlicher Entwicklung. Wir wollen mit solidarischer Selbstverwaltung und Selbstorganisation im täglichen Leben wie in Verbindung mit gemeinschaftlicher Kooperation einen Beitrag zur Schaffung einer solidarischen Gesellschaft leisten.
  • sich für eine feministische und antipatriarchale Politik, für die Rechte von queeren Menschen einsetzt, die gemeinsam mit ihnen gegen die Diskriminierung von LGBTIQ kämpft. Wir sehen Vielfalt nicht als Bedrohung sondern als Bereicherung. Für uns sind die Rechte von Frauen und LGBTIQ nicht verhandelbar. Wir verteidigen die erreichten Fortschritte und machen uns stark für echte Gleichstellung in allen Bereichen.
  • auf der Grundlage dieser Ziele und Werte eine solidarische Gesellschaft im Hier und Heute anstrebt und erkämpft und durch progressive Mehrheiten sichert. Diesen Prozess rsp. eine solche Gesellschaft verstehen wir als einen immer wieder neu zu erkämpfenden sozialen und kulturellen Gestaltungsraum und keinen einmal errungenen Zustand mit automatischem Machterhalt. Je mehr Menschen ihn anstreben, desto größer wird er. Als Teil dieser Gesellschaft wollen wir sie demokratisch und rechtsstaatlich verändern. Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sind zivilisatorische Errungenschaften, die wir wahren, beschützen und ausbauen werden. Bei aller Kritik an bürgerlichen Parteien werden wir nicht Demokraten mit den Feinden der Demokratie gleichsetzen.
  • bei allen Handlungen und in jeder Form politisch authentisch bleibt. Für uns ist Opposition kein Mist und Regieren kein Wert an sich. Wir nutzen die demokratischen Grundrechte, die Öffentlichkeit, Streiks, den zivilen Ungehorsam und die Möglichkeiten der Direkten Demokratie. Jedoch gibt es ohne qualifiziertes, widerständiges Regieren und ohne Gestaltungsoptionen auf allen Ebenen auch keine nachhaltigen Lösungen der Herausforderungen im Land und in der Welt.
  • solidarisch gegenüber und Teil von progressiven Bewegungen und Gewerkschaften ist und Bündnis-partner*innen aus der Zivilgesellschaft für wichtig hält. Eine linke Partei hat keine Chance die Gesellschaft zu verändern, wenn sie nicht nachdrücklich auch außerhalb des Parlaments Bündnisse eingeht. Unsere politischen Biografien sind eng verbunden mit dem Engagement in sozialen und vielen anderen Bewegungen, Gewerkschaften und in der Zivilgesellschaft. Wir verstehen uns nicht nur als verlässliche Partnerinnen sondern auch als Teil der Gewerkschaften und ihrer Arbeitskämpfe wie Teil des dem davon nicht zu trennenden Kampf gegen Rechts und für unteilbare soziale als auch Freiheitsrechte. Eine progressive Linke hat die Unterordnung sozialer Kämpfe von Diskriminierten und Minderheiten unter einen vermeintlichen Hauptwiderspruch unumkehrbar überwunden. „Wir kämpfen gegen alle Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx)
  • eine lebendige Mitgliederpartei ist. Wir schaffen Diskussionsräume, die allen Genoss*innen und Sympathisant*innen vor Ort offenstehen, deren Ergebnisse nicht ins Leere laufen. Wir stärken basisdemokratische Elemente. Nur so können wir mit gesellschaftlichen Debatten Schritt halten und in diese einbringen.

III

Eine solche Linke wird in unserer Zeit dringend gebraucht. Sie wäre aus unserer Sicht für viele Menschen ein notwendiger und attraktiver Rahmen für konkretes parteipolitisches Engagement und könnte die Gesellschaft zu mehr sozialer und Klimagerechtigkeit, zu mehr Demokratie und echter Freiheit verändern. Zugleich würde sie erfolgreich die Interessen vieler Menschen vertreten. Anders als „Linkskonservative“ drangsalieren und zerstören wir die Partei nicht mit der permanenten Androhung einer Spaltung. Wir haben für dieses Verhalten kein Verständnis und erwarten, dass darauf unmissverständlich reagiert wird. Gerade weil dadurch die gesamte Partei erodiert, darf weder sie sich noch eine ihrer Vertretungen in den Parlamenten durch Spaltungsdrohungen erpressen lassen. Auf ein solches Vorgehen muss nachhaltig reagiert werden.

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Es spricht nicht gerade für eine Partei, wenn sie sich so Unpersönlich äußert !

Wer dauerhaft nicht bereit ist, Beschlüsse und Grundwerte der Partei zu respektieren, soll diese nirgends vertreten. Wir wollen, dass in dieser Frage Klarheit geschaffen wird. Das ist eine Aufgabe aller Gremien, vor allem aber des Partei- und Fraktionsvorstands. Die Linke ist eine politische Errungenschaft, die wir verteidigen. Wir gehen aber davon aus, dass die Sicherung ihrer Existenz nur mit klaren Richtungsentscheidungen möglich ist. In der Bundestagsfraktion ist dies nicht gelungen. Im Gegenteil: u.a. in der Klimapolitik wurden die falschen Signale gesetzt. Zuletzt wurden gerade auf dem Parteitag getroffene Übereinkünfte in der Außenpolitik konterkariert. Dies hat zu zahlreichen Austritten geführt, die wir sehr bedauern. So enttäuscht und demotiviert die Bundestagsfraktion viele Genoss*innen an der Basis. Das muss sich ändern. Wir erwarten vom Fraktionsvorstand, sicherzustellen, dass die Grundwerte der Partei nicht durch Mitglieder der Fraktion verletzt werden. Ende kommenden Jahres zieht die Bundestagsfraktion ihre Halbzeitbilanz und wählt im IV. Quartal einen neuen Vorstand. Er wird bis zum Ende der Wahlperiode die parlamentarische Politik der Bundespartei prägen. Derzeit ist ein Wille zu einer Richtungsänderung nicht erkennbar. Eher das Streben nach Kontinuität und ein „Weiter so“. Das ist für uns inakzeptabel. Hier Veränderungen herbeizuführen ist nicht zuletzt eine Aufgabe für den Parteivorstand.

Die Wahlen im ersten Halbjahr in Berlin und Bremen, also in zwei unseren bisher erfolgreichsten Landesverbänden, sind für uns die Nagelprobe, ob dieser Kurs landespolitische Erfolge und damit letztlich auch Erfolge bei bundesweiten Wahlen überhaupt noch zulässt. Wir werden, wie bisher, die wahlkämpfenden Landesverbände unterstützen und ihre Ergebnisse auswerten.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen 2022 und 2023 sind bzw. werden für uns keine ignorier baren, rein regionalen Bewertungen von Landesverbänden sein. In vieler Hinsicht sind sie Urabstimmungen der Menschen über die offensichtliche Zerrissenheit der Partei und damit leider auch Vorboten für die Wahlen in 2024, wenn sich die Situation nicht ändert. Für diese Interpretation gibt es viele gute Gründe.

Der Parteivorstand plant für November 2023 den nächsten Bundesparteitag. Dieser und der Parteitag im Juni 2024 werden die letzten Möglichkeiten sein, klar und nachhaltig auf die Krise der Partei zu reagieren. Wir wollen eine programmatische und strategische Debatte auch zum EU-Wahlprogramm nutzen und Diskurse organisieren. Wir kämpfen darum, dass bis dahin und dort, konsequente und erkennbare Entscheidungen für eine inhaltliche und organisatorische Erneuerung getroffen werden:
Bereits im März werden wir auf einem Treffen die Ergebnisse der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin auswerten und weitere Schritte zur programmatischen und strategischen Erneuerung der Partei diskutieren. Zugleich wollen wir dort eine bundesweite Konferenz im Mai/Juni 2023 vorbereiten, auf welcher wir Anträge zu inhaltlichen und organisatorischen Entscheidungen an den Bundesparteitag im November diskutieren und verabschieden.

Bis dahin werden wir diese gemeinsam in einem transparenten Prozess erarbeiten und in Kreis- und Landesparteitage sowie regionale Treffen mit progressiven linken Bewegungen zur Diskussion und Abstimmung einbringen, wie es in einigen Landesverbänden bereits stattfand. Nach der Verabschiedung unserer Anträge an den Bundesparteitag im Mai/Juni wollen wir bundesweit bei Mitgliedern der Partei um namentliche Unterstützung werben. Wir wollen eine breite Debatte und Unterstützung für eine notwendige Richtungsentscheidung!

2023 ist nicht nur wegen vier Landtagswahlen ein Schlüsseljahr. Es ist das verbleibende Zeitfenster, um innerparteilich und öffentlich eine entsprechend wirksame Klarheit zu schaffen. Unser Ziel ist, dass die Partei zu den Europawahlen 2024, Kommunalwahlen und den Bundestagswahlen 2025 politisch eindeutig erkennbar und zu recht mit dem Namen „Die Linke“ antritt.

Wir haben eine Welt zu gewinnen. Dafür müssen wir um diese Partei als eine progressive, emanzipatorische und plurale Mitgliederpartei kämpfen. Mit uns gemeinsam das zu tun, dafür laden wir alle Genoss*innen und Sympathisant*innen ein, die sich diesen Prinzipien verbunden fühlen.

Urheberrecht
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Oben      —   Foto: DIE LINKE NRW / Irina Neszeri

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Die Zukunft der Linkspartei

Erstellt von DL-Redaktion am 5. Dezember 2022

Was wird aus Lady Voldemort?

Von Pascal Beucker

Die „progressiven Linken“ denken über eine Zukunft der Partei ohne Sahra Wagenknecht nach. Gregor Gysi spricht sich für einen gemeinsamen Weg aus.

Die Linke kann nicht mehr mit Wagenknecht. Aber kann sie ohne ihr prominentestes Mitglied? Das ist die Frage, die derzeit viele in der schwer kriselnden Partei umtreibt. Am Samstag trafen sich in Berlin diejenigen, die gerne lieber heute als morgen eine Antwort darauf erhalten würden. Die „progressiven Linken“ fordern einen Bruch mit dem von Wagenknecht vertretenen „Linkskonservatismus“.

Dass es so nicht weitergehen kann, darin waren sich die rund 100 Linkemitglieder-innen, die sich in der Jugendherberge Berlin-Ostkreuz zum Krisentreffen versammelt hatten, einig. „Wir stecken in einer tiefen Krise, für deren Lösung nicht mehr lange Zeit ist“, sagte die Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring.

Etliche Teil­neh­me­r-in­nen berichteten von schmerzhaften Austritten in ihren Kreis- und Landesverbänden. Immer öfter bekämen sie zu hören: „Ihr seid für uns unwählbar geworden.“ Das alles vor allem wegen „der, deren Namen wir nicht nennen wollen“. Es ist ein Running Gag, eine nicht nur scherzhaft gemeinte Anlehnung an Harry Potters bösen Zauberer: Wagenknecht sei wie „Lady Voldemort hier im Raum“, so der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin, einer der Ein­la­de­r-in­nen des Treffens.

Es müssten endlich Grenzen gezogen werden, forderte der Bremer Landesvorsitzende Christoph Spehr von der Partei- und Bundestagsfraktionsführung. So sei die „Denunziation“, die soziale Frage wäre der Linken wurscht geworden, nicht länger hinnehmbar. „Das kann man finden, aber eigentlich nicht in dieser Partei“, so Spehr. Das gelte auch für die lauten Gedankenspiele über die Gründung einer anderen Partei. Wer über einen anderen Laden nachdenke, sollte nicht mehr für die Partei oder die Fraktion auftreten und sprechen.

Wagenknecht liebäugelt mit neuer Partei

Beides zielt auf Wagenknecht ab, die seit langem schon kein gutes Haar mehr an der eigenen Partei lässt. Dass es in ihrem Umfeld intensive Diskussionen über eine Abspaltung gibt, ist ein offenes Geheimnis. Wagenknecht selbst liebäugelt zwar seit Wochen demonstrativ mit einer neuen Partei, zögert aber noch. So bekundete sie Mitte Oktober bei einer Veranstaltung in Zwickau, es gebe „eine große Leerstelle im politischen System“, es sei „nur so, dass es keine einfache Geschichte ist, mal eben eine Partei zu gründen“. Sie sage nicht, „dass das generell nicht möglich ist, aber man muss sich das sehr überlegen“.

Bunte Westen 03.jpg

Aus ihrer Sicht besteht kein Grund zur Hektik. Als mögliches Szenario gilt, erstmal weiter die Partei von innen zu zermürben und noch die hessische Landtagswahl im Herbst 2023 abzuwarten, bei der der Linkspartei der Verlust ihrer letzten Mandate in einem westdeutschen Flächenland droht. Das könnte als Signal genommen werden, um mit einem alternativen Wahlbündnis gegen die Linkspartei bei der Europawahl im Frühjahr 2024 anzutreten.

Für die Linkspartei wäre das ein Horrorszenario. Doch wie dem begegnet werden kann, darüber gehen die Auffassungen stark auseinander: Sollen Wagenknecht und ihr Anhang schon vorher dazu getrieben werden, in den Sack zu hauen, um dann noch genug Zeit zu haben, sich wieder zu sammeln? Oder soll alles unternommen werden, um zusammenzuhalten, was nicht mehr zusammenzuhalten ist?

Gysi kämpft um Wagenknecht

Vor allem der Parteigrande Gregor Gysi kämpft darum, seine einstige Intimfeindin auf Biegen und Brechen in der Partei zu halten. Er glaubt, dass im Falle einer Spaltung seine alte wie Wagenknechts neue Partei schlechte Karten hätten. Deswegen sollten jetzt alle „mal ihre Widersprüche beiseitelassen und sagen: Aber was wollen wir denn eigentlich gemeinsam“, forderte er jüngst in einem Interview mit dem MDR.

Quelle       :          TAZ-online           >>>>>         weiterlesen     

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Oben     —      Wahlkampfveranstaltung mit Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und Susanne Hennig-Wellsow in ihrem Wahlkreis in Weimar. Foto: Martin Heinlein

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Linke und Rechte Wege ?

Erstellt von DL-Redaktion am 2. Dezember 2022

Gegen den Links­konservatismus

Von Pascal Beucker

Am Samstag trifft sich die „progressive Linke“ in Berlin, um die Zukunft der Linken zu beraten: Eine zentrale Rolle dürfte eine Abrechnung mit dem Politikansatz von Sahra Wagenknecht spielen.

Es ist ein Rettungsversuch. „Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als darum zu kämpfen, dass es die Linke auch in Zukunft noch gibt“, sagt der Ex-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord, einer der In­itia­to­r:in­nen des „Treffens progressiver Linker in und bei der Partei Die Linke“, das am Samstag in Berlin stattfindet. Auf der Tagung wollen Bundes-, Landes-, Europa- und Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r:in­nen der Partei darüber beraten, wie der dramatische Abwärtstrend gestoppt werden kann.

Keine Frage, um die Partei ist es nicht gut bestellt: Zermürbt von heftigen innerparteilichen Grabenkämpfen, verliert sie massiv an Mitgliedern. Auf ihrem Höhepunkt 2009 gehörten der Partei noch mehr als 78.000 Menschen an, inzwischen sind es gerade mal noch rund 56.000. Ein zentraler Grund für den problematischen Zustand: Die Unfähigkeit der Partei- und der Unwillen der Fraktionsführung, den Konflikt mit den „linkskonservativen“ Positionen von Sahra Wagenknecht und ihrem Anhang zu klären, lässt viele ratlos zurück, wofür die Linkspartei eigentlich noch steht. Die Folge: In bundesweiten Umfragen rangiert sie nur noch zwischen 4 und 5 Prozent.

In manchen westlichen Ländern weisen die Umfragen mittlerweile nicht einmal mehr einen messbaren Zuspruch auf. Gleichzeitig kann die Schwäche im Westen nicht mehr durch gute Ergebnisse in den ostdeutschen Ländern kompensiert werden, weil dort – mit Ausnahme Thüringens – der Wäh­le­r:in­nen­zu­spruch ebenfalls rückläufig ist.

„Eine linke Partei, die nicht als solche erkennbar ist, wird nicht gewählt, verschwindet in der Bedeutungslosigkeit“, warnt der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin. „Deshalb brauchen wir die Entscheidung, welchen Weg wir gehen: weiter zu einer progressiven Linken, in der Menschenrechte und soziale Rechte unteilbar sind, oder hin zu einer national-populistischen Partei, die Minderheitenrechte verächtlich macht, Lohnabhängige gegen Klimabewegte, queere Menschen und Mi­gran­t:in­nen ausspielt“, sagte er der taz. Auch Beutin gehört zu den Ein­la­de­r:in­nen des Treffens.

Eine zentrale Rolle bei dem Event dürfte eine Abrechnung mit dem Politikansatz Wagenknechts sein. Ihr „Linkskonservatismus“ – eine Eigenbeschreibung aus ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ – grenze sich fatalerweise „offensiv von sozialen, antifaschistischen Bewegungen und solchen gegen Diskriminierungen, von linker Organisierung in Gewerkschaften, konkreter Solidarität und Internationalismus ab“, heißt es dazu in einem der taz vorliegenden Entwurf für eine gemeinsame Erklärung, die am Samstag verabschiedet werden soll.

Quelle        :       TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben     —       Foto: Martin Heinlein

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KOLUMNE * ERNSTHAFT ?

Erstellt von DL-Redaktion am 27. November 2022

Der Klimakampf ist ein Kampf um Lebenschancen, also um Gerechtigkeit

Eine Kolumne von Ulrike Winkelmann

Unser Gesprächsgast wurde erkennbar ungeduldig. Die Klimaökonomin Claudia Kemfert saß am Dienstag im taz Talk mit meiner Co-Chefredakteurin Barbara Junge und mir. Wir werteten die Klimakonferenz aus, die am vergangenen Wochenende so überaus enttäuschend zu Ende gegangen war. Und obwohl Frau Kemfert eine pädagogisch hochmotivierte Person ist, wies sie doch mehrfach darauf hin, dass sie viele Dinge wirklich schon oft gesagt habe. So wie, sagte sie sinngemäß, übrigens alle Klima-Befassten schon lange in ewigen Schleifen vortrügen, was zu geschehen habe, um den Planeten bewohnbar zu halten.

Dann stellte ich die Frage, ob es denn für ein Fortkommen in dieser Sache nicht auch China brauche, das sich auf der Klimakonferenz in Scharm al-Scheich aber quergestellt habe. Da sagte Frau Kemfert, ihre Brille zurechtrückend: „Ja, das Argument höre ich jetzt tatsächlich seit 18 Jahren, es ist wirklich Wahnsinn.“ Einmal abgesehen davon, dass ich kurz bemüht war, das nicht persönlich zu nehmen, hatte sie natürlich recht. Ganz unabhängig davon, was China klimapolitisch unternimmt: Es ist im Wortsinne fatal, wie sehr sich die Klimadebatte im Kreis dreht.

Schon die Berichterstattung von der Klimakonferenz selbst litt unter dem Murmeltiertag-Syndrom. Die NDR-Show „extra 3“ brachte in einem satirischen Zweiminüter ziemlich gut zur Geltung, wie sich die Ereignisse wiederholen: Ein Reporter berichtet im genervtesten aller Tonfälle von der allkonferenzlich mangelnden Handlungsbereitschaft der Industriestaaten, von der Enttäuschung der NGOs – „ist ja eh immer alles dasselbe“.

Witzig war das wiederum nicht, nur bitter. Die wichtigste Frage dieses Jahrhunderts – und wir denken darüber nach, wie wir uns damit nicht langweilen. Klingt nach Themenstellung fürs Journalistik-Seminar – ist aber kein First World Problem, sondern ein Whole World Problem. Solange es auf die Mehrheiten in demokratischen Staaten ankommt, spielt das Haushalten mit der öffentlichen Aufmerksamkeit eine herausragende Rolle im Kampf gegen die fossile Lobby.

Dabei es geht nicht darum, die üblichen Allesverbrenner aus dem Christian-Lindner- und Friedrich-Merz-Camp vor Klima-Ennui zu bewahren. Den werden sie immer vorschützen, um sich den Argumenten für Tempolimit et cetera nicht beugen zu müssen. Vielmehr geht es darum, die Handlungsbereitschaft der anderen, der Besserwollenden, zu sichern. Das ist schwierig genug.

Ulrike Winkelmann - Zukunft des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks (34715387826).jpg

Ich finde ja, es lohnt sich, mit schlechten Gefühlen zu arbeiten und Schuldige zu finden. Das mag der Debatte die edle „Wir alle in einem Boot“-Note nehmen, hat aber den Vorteil, dass Schwung hineinkommt: Wie genau haben Ölkonzerne verhindert, dass über den Klimawandel geredet wurde? Welche Politiker hat RWE in NRW eingekauft, um so lange wie möglich mit Kohle Geld zu verdienen?

Auch die Letzte Generation, die derzeit für regelrechte Hysterie sorgt, ist meiner Ansicht nach nicht von quasireligiösen Endzeitvorstellungen beseelt, wie so gern unterstellt wird. Treiber scheint mir eher die sehr irdische Wut über den Machtmissbrauch der Eure-Zukunft-ist-uns-egal-Truppen in Politik, Wirtschaft und anderswo zu sein.

Quelle        :          TAZ-online     >>>>>         weiterlesen

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Oben     — Bushaltestelle Kremenholl/Paulstraße in Remscheid

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von DL-Redaktion am 25. November 2022

Die Journalisten-Dinos weinen

Kolumne von Steffen Grimberg

Der Berliner „Tagesspiegel“ stellt seine Medienseite ein. Dabei hatte der moderne Medienjournalismus dort seine Anfänge.

Die Süddeutsche hat es getan, die taz sowieso und jetzt folgt auch der Tagesspiegel. Ein neues Blattkonzept muss her. Nicht nur fürs Wochenende, der Tages­spiegel erfindet sich gleich doppelt neu. Ab Dezember ist er „2 in 1“, wie es in der Werbung heißt. Und diese verspricht: „Ab sofort lesen Sie zwei Zeitungen in einer: 40 Seiten aus der Welt. 40 Seiten aus der Weltstadt.“

Wobei mit „Weltstadt“ ganz unbescheiden wohl die Ansiedlung gemeint ist, für die seinerzeit die damalige Tagesspiegel-Schwester Zitty den schönen Slogan „Wir können alles, aber nichts richtig“ vorschlug. Nun soll Berlin also richtig zum Zuge kommen und auch die lang vernachlässigten Bezirke wieder eine gebührende Berichterstattung erfahren.

Klingt gut? Na ja, geht so. Denn der Tagesspiegel verspricht „mehr“ aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, ja ganz einfach „mehr aus dem Leben“. Aber die Medien lässt er weg. Genauer gesagt, seine ziemlich renommierte Medienseite. „Ja, da weinen nun alle Dinos unter sich. Wer sich nicht agil bewegen kann, fliegt beim Zeitungstanz frühzeitig raus“, meint die Mitbewohnerin.

Allerdings hat mit genau dieser Medienseite beim Tagesspiegel in der 1980er Jahren der moderne Medienjournalismus angefangen. Er wollte mehr sein als TV-Programmvorschau. Jetzt verspricht das Blatt augenzwinkernd „mehr Serien“. Und es heißt natürlich, die Medienthemen würden selbstverständlich weiterhin behandelt. Aber eben dort, wo sie hingehören, Medienpolitik in der Politik, Finanzlöcher beim RBB in der Wirtschaft oder im Lokalen usw.

Zusammenhänge gehen verloren

Kann das funktionieren? Im Prinzip ja, würde Radio Eriwan jetzt sagen. Bloß die hinlänglich bekannten Beispiele wie Zeit und Spiegel zeigen, dass der Umfang der Berichterstattung arg schrumpft. Wenn die verlässliche Abwurfstelle für Medienthemen wegfällt, haben die es weitaus schwerer, ins Blatt zu kommen. Keine Ahnung, ob es darüber wissenschaftliche Untersuchungen gibt. Aber nach dem Bauchgefühl verschwinden dann drei Viertel der Themen, vor allem die kleinen. Und die Zusammenhänge gehen verloren, die eine Medienseite beispielsweise zwischen TV-Programm, Wirtschaft und Politik herstellen kann. Oder zwischen mancher Springer-Berichterstattung und der Frage, wie Dr. Döpfner geschlafen hat.

Quelle        :       TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben     —   Floaters caused by retinal detachments

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Kampf um mehr Lohn

Erstellt von DL-Redaktion am 21. November 2022

Berlin: Nach der Demo beginnt der Klassenkampf

Datei:Umverteilen demonstration Berlin 2022-11-12 27.jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :      Peter Nowak

Ca. 7000 Menschen haben am Samstag 12. November in Berlin unter dem Motto „Umverteilen jetzt“ gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Krise in Berlin demonstriert.

Es war der bisher größte linke Protest in diesen Herbst. Doch wie geht es weiter?Der größte Erfolg war, dass auf der Demonstration der Kampf gegen den Kapitalismus in unterschiedlichen Blöcken im Mittelpunkt stand. Es gab sogar Banner von DGB-Gewerkschaften wie der IG-Bau, aber auch viele Fahnen der FAU. Besonders positiv ist auch der Careblock zu nennen, in dem sich Beschäftigte aus Krankenhäusern und Pflegeberufen versammelt haben. Ganz vorne liefen junge liefen Antikapitalist*innen, die den Zusammenhang zwischen Krise und Krieg in den Mittelpunkt ihrer Losungen gestellt hatten.Sie kritisierten die Nato und den russischen Militarismus. Deswegen ist es absurd, wenn ein Kommentator der linkskonservativen jungen Welt den Demonstrant*innen vorwirft, sie hätten sich nicht gegen die Nato positioniert. Dabei wird eben vergessen, dass der gemeinsame Nenner der sehr unterschiedlichen Demonstrant*innen der Kampf gegen die kapitalistischen Zumutungen war und ein linksreformerisches Programm dagegen propagiert wurde, das sich in dem Begriff Umverteilen zusammenfassen lässt. Diejenigen, die aus der Demo eine Antinatoaktion machen wollen, sollten etwas mehr historisches Bewusstsein haben. Die wesentlich von den Revolutionären Obleuten getragenen Proteststreiks gegen Hunger und Armut im Ersten Weltkrieg im Jahr 1916 beschränkten sich zunächst auf soziale Forderungen. Erst im Januar 1918 entwickelten sic die Streiks unter dem Eindruck der Oktoberrevolution zu einer Maifestion gegen Verelendung und Krieg.

Kampf um mehr Lohn

Jetzt muss erst einmal darum gehen, den Schwung der Demonstration zu nutzen, damit es eine längerfristige Protestbewegung wird. Da kommen eben die künftigen Tarifverhandlungen ins Blickfeld, die demnächst anstehen. Das Bündnis Genug ist genug hat bereits vor einigen Wochen in Berlin-Neukölln die Verbindung von Krisenprotesten und Tarifkämpfen hergestellt. Dort sprachen eben nicht nur linke Bewegungsaktivist*innen sondern Lohnabhängige aus verschiedenen Branchen. Solche Veranstaltungen sorgten dafür, dass es möglich wurde, dass aktive Gewerkschaftler*innen mit ihren Bannern auf eine eindeutig von der unabhängigen Linken geprägte Demonstration vertreten waren.

Das Thema Lohnkampf und Unterstützung von Arbeiter*innen war in fast allen Blöcken dieser Demonstration präsent. Wenn nur ein Bruchteil dieser Menschen die künftigen Tarifkämpfe solidarisch unterstützen würden, könnten die eine besondere Dynamik bekommt. Schließlich wird es dort darum gehen, angesichts einer zweistelligen Inflationsrate Reallohnverluste zu verhindern. Schon wird von der Kapitalseite der Mythos von der Lohnpreis-Spirale gestreut, um auf eine Verzichtspolitik einzustimmen. Es wäre dann die Aufgabe der solidarischen Linken, dem nicht nur ideologisch sondern auch mit Streikposten vor den Betrieben entgegenzutreten.

Wie eine solche solidarische Unterstützung aussehen könnte, zeigte die Aktion Dichtmachen vor 15 Jahren. Im Jahr 2008 unterstützten solidarische Linke die Beschäftigten im Einzelhandel während ihres Streiks, in dem sie die Filialen blockierten und damit den Einsatz von Streikbrecher*innen verhinderten. Der Kontakt zwischen aktiven Kolleg*innen und der Außerparlamentarischen Linken ist damals über die Euro Mayday-Bewegung entstanden. Vielleicht gehört die Kontaktanbahnung zu den streikbereiten Beschäftigten zu den größten Erfolgen der kurzzeitigen Bewegung. So könnten auch die aktuellen Krisenproteste zu einer stärkeren Unterstützung von Arbeitskämpfen führen. Denn gegen den teuren Döner hilft eben kein kleines Feuer wie es auf einen Transparent im autonomen Block hieß, sondern mehr Lohn.

Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. umsetzen

Und dann könnte auch die Bewegung Deutsche Wohnen Enteignen durch die linke Demonstration wieder Auftrieb bekommen. Denn trotz ihres grosses Erfolges bei der Abstimmung im Herbst 2021 wird noch immer über die Umsetzungsperspektiven gestritten. Manche in der Politik wollen die Umsetzung sogar überhaupt verhindern. Eine oft skandierte Parole am Samstag in Berlin lautete „Wir enteignen Euch alle“. Wenn es kein Verbalradikalismus war, sollte es zunächst mal heißen. „Volksbegehren umsetzen – Enteignung von Wohnen und Co sofort“. Zudem müssen die Büros der Kapitalparteien CDU/CSU eigentlich Gegenstand vielfältiger Proteste werden.

Diese Partei inszeniert aktuell einen Angriff auf die Rechte von Erwerbslosen mit ihrer Kampagne gegen das geplante sowieso unzureichende Bürgergeld und bedient dabei die Ressentiments gegenüber angeblich faule Erwerbslose, die nach dem Willen der CDU/CSU weiter sanktioniert und entrechtet werden sollen. Leider spielte dieser Angriff auf Menschen, die sowieso schon durch das Hartz IV-Regime massiv unter Druck sind, keine große Rolle auf der Umverteilen-Demonstration. Das sollte aber die Aktivist*innen nicht hindern, den Unionsparteien ihre Verachtung für ihren Krieg gegen die Erwerbslosen mitzuteilen.

Keine Stromabschaltung unter dieser Nummer

Viele von ihnen sind auch in diesem Winter denen von Gas und Stromsperren bedroht. Sie brauchen solidarische Unterstützung. Das geht nur durch Organisierung im Stadtteil und im Arbeitsplatz. Dafür gibt es Vorbilder in der jüngeren Bewegungsgeschichte: Unter dem Motto „Keine Räumung unter dieser Nummer“ war nach Einführung von Hartz IV ein Nothilfetelefon eingerichtet worden, bei dem sich Menschen melden konnten, denen die Kündigung drohte, weil das Jobcenter nicht mehr die vollen Mietkosten übernahm. Aktuell könnte ein solches Nothilfetelefon unter dem Motto „Keine Abschaltung von Strom und Gas unter dieser Nummer in den Kiezen eingerichtet werden.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben         —        Demonstration für die Umverteilung von Vermögen vom Marx-Engels-Forum über das Finanzministerium und das Willy-Brandt-Haus zum Merhringdamm in Berlin.

Verfasser Leonhard Lenz         /       Quelle    :  Eigene Arbeit      /   Datum    :    12. November 2022

Diese Datei wird unter CreativeCommonsCC0 1.0 Universal Public Domain Dedication zur Verfügung gestellt.

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Prima Klima und die Politik?

Erstellt von DL-Redaktion am 20. November 2022

Kein Wetter für Klimaproteste ?

Könnten  diese Sätze von Lindner oder Scholz gesprochen werden?

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Tomasz Konicz

Wie die herbstliche Witterung mit der aktuellen Repression gegen die Klimabewegung zusammenhängt. Ein paar Gedanken zur Transformation des Wetters zum politischen Faktor.

Vorbeugende Aufstandsbekämpfung – auf diesen etwas in Vergessenheit geratenen Begriff brachten linke Zusammenhänge in den vergangenen Jahren all die Polizeigesetze, die derzeit gegen Klimaschützer Anwendung finden. 30 Tage Knast müssen 13 Aktivisten der „Letzten Generation“ im sogenannten Präventivgewahrsam erdulden,1 da laut richterlichem Beschluss Gefahr bestehe, dass sie sich erneut an Blockadeaktionen in München beteiligen könnten.

Dass Menschen im Gefängnis „vorbeugend“ landen können, ist eine relativ neue Strafrechtsverschärfung, die erst 2018 im Rahmen des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes im Eilverfahren von der CSU durchgepeitscht worden ist.2 Damals regte sich noch Protest gegen diese polizeistaatlichen Gesetzesverschärfungen, die den bürgerlich-rechtsstaatlichen Grundsatz aushöhlen, wonach Bürger nur für wirklich begangene Straftaten mit Gefängnisstrafen belegt werden können. Etliche zivilgesellschaftliche Organisationen haben damals Verfassungsbeschwerde eingereicht – vergebens.3 Diese Regelung zum Präventivgewahrsam, die ursprünglich aus gutem Grund in dem Strafrecht der BRD nicht vorkam, weckt nämlich schlicht Erinnerungen an die Schutzhaft der Nazis.

In den vergangenen Jahren haben die meisten Bundesländer ähnliche Regelungen eingeführt, die in der geschichtsvergessenen öffentlichen Debatte längst zur „Normalität“ geronnen sind.4 An der aktuellen Repression und Medienkampagne gegen die Blockierer der „Letzten Generation“ kann somit das Ineinandergreifen von Strafrechtsverschärfungen, polizeistaatlichen Tendenzen, schleichendem Demokratieabbau und der Krisenhaftigkeit des Spätkapitalismus studiert werden. Deswegen ist der Begriff der „vorbeugenden Aufstandsbekämpfung“ so passend. Die kapitalistischen Funktionseliten trauten schon vor einer halben Dekade ihrem eigenen System nicht, sie hatten ein schärferes Krisenbewusstsein als weite Teile der krisenblinden deutschen Linken (Der Staatsapparat bildet dabei ein autoritäres und repressives „Krisenbewusstsein“ aus, das ganz auf die Aufrechterhaltung der „öffentlichen Ordnung“ in der Dauerkrise ausgerichtet ist).5

Längst werden weitere Strafrechtsverschärfungen diskutiert. Der Extremismus der Mitte schlägt dabei hohe Wellen.6 Wirtschaftslobbyisten und Politiker der CDU und FDP fordern eine Verallgemeinerung des Vorgehens der bayrischen Justiz, um künftig Klima-Aktivisten generell für 30 Tage im Gewahrsam festhalten zu können.7 Die CSU fabuliert inzwischen von einer „Klima-RAF“,8 während der „freiheitliche“ Justizminister Marco Buschmann (FDP) laut über Gefängnisstrafen für Klimademonstranten nachdenkt.9 Eingebettet sind diese repressiven Vorstöße in eine rechte Medienkampagne, bei der Klimaaktivisten für Verkehrsunfälle in den Staus verantwortlich gemacht werden, bei den Blockadeaktionen entstehenden.10 Hinzu kommen offensiv in den Medien verbreitete Umfragen, laut denen ein Großteil der Bevölkerung die Protestformen der „Letzte Generation“ ablehnt.11

Es handelt sich offensichtlich um eine Kampagne der üblichen rechten Verdächtigen von Springer („Klima-Chaoten!“),12 über CDU/CSU („Fünf Jahre Haft!“) bis zur AfD („Alles verbieten!“) gegen die Klimaschützer,13 die auch schlicht die Gunst der Stunde nutzen, um die Klimabewegung dauerhaft zu schwächen und möglichst rasch dauerhafte Repressionsinstrumente zu etablieren. Die Zeit dafür ist nämlich gerade günstig – denn es ist kalt. Mit der herbstlichen Witterung und dem Krieg in der Ukraine verdrängen die Sorgen um die Heizkosten, um die strauchelnde Wirtschaft die Angst vor der Klimakatastrophe. Der diesjährige Horrorsommer gerät in der Bevölkerung, die dank kulturindustriellen Dauerbombardements ein öffentliches Erinnerungsvermögen von wenigen Wochen hat, schlicht in Vergessenheit. Die Vielfalt der ökologischen, sozialen und politischen Verwerfungen, in denen sich die kapitalistische Systemkrise14 manifestiert, führt schnell zu Orientierungslosigkeit und einem regelrechten „crisis-hopping“, sofern die systemischen Krisenursachen15 ausgeblendet bleiben.

Im letzten Sommer auf der Nordhalbkugel, als die Flüsse Europas trocken lagen, als die Feuer wüteten und als die Hitze immer mehr Todesopfer forderte,16 wäre ein solches Vorgehen gegen die Klimabewegung unmöglich gewesen. Die durch Hetzkampagnen generierten Mehrheiten, die sich nun hinter den Rufen nach härterem Strafen manifestieren, wären schlich nicht zustande gekommen, als die Bundesrepublik unter der inzwischen üblichen sommerlichen Hitzewelle und Feuersaison litt (Der einstmalige „Sommer“). Mit einer Repressionskampagne im November, also in der dunklen Jahreszeit, die früher „Herbst“ hieß, nachdem im Oktober angenehme, weit über den historischen Durchschnittswerten liegende Temperaturen herrschten17, nutzt die Rechte schlicht ein Zeitfenster zur Schaffung neuer, autoritärer Fakten. Die Entdemokratisierung und das Einüben neuer Repressionsmethoden müssen etabliert werden, bevor das nächste Extremwetterereignis, die nächste Hitzewelle und Dürre die Menschen mit aller Macht daran erinnern, dass die Klimakatastrophe weiter munter voranschreitet.

Das Wetter ist somit zu einem politischen Faktor geworden – es bringt schlicht Vorteile, die Witterung bei relevanten Themen zu berücksichtigen. Das liegt vor allem daran, dass die jahrzehntelange Argumentationskette, wonach Klima und Wetter zwei verschiedene Dinge seien, nicht mehr greifen kann. Zu deutlich manifestiert sich die Klimakrise in den konkreten Wetterphänomenen, als dass diese Halbwahrheit, die von Klimaleugnern gerne instrumentalisiert wurde, noch greifen könnte (Kein einziges extremes Wetterereignis weist sich ja selbst als Folge der Klimakrise aus). Die Repression der Klimabewegung muss zu einer Jahreszeit erfolgen, wenn die Bevölkerung sich Sorgen darum macht, wie die Wohnung zu heizen ist, ohne in Privatinsolvenz zu geraten.

Bei diesem politischen Wetter-Kalkül handelt es sich aber um einen objektiv gegebenen Faktor, um einen sich in der voranschreitenden Klimakrise ausformenden politischen Hebel, der auch von progressiven Kräften betätigt werden kann. Die nächste Feuer-, Hitze-, und Dürresaison kommt bestimmt, was auch die inzwischen katastrophale Züge annehmende Klimakrise zwangsläufig ins Zentrum der öffentlichen Debatte rücken wird. Und das werden die Witterungsverhältnisse sein, unter denen die Klimabewegung in die Offensive treten kann, in denen die meisten Menschen, die über keine Klimaanlage verfügen, ganz selbstverständlich viel Verständnis für radikale Protestformen aufbringen werden. Das Wetter ist somit hochpolitisch geworden. Alle werden hiervon reden,18 es in ihr politisches Kalkül und ihre aktivistischen Planungen als wichtigen Faktor aufnehmen. And the joke is on you, liebe 68er samt der anachronistischen, sozialdemokratischen Umverteilungs-Linken.19

Deswegen verfehlen die Verweise auf derzeit schlechte Umfragewerte der Klimabewegung, mit denen linksliberale Medien oder die „Bewegungsmanager“ der Linkspartei20 die Klimablockierer von ihren den alltäglichen kapitalistischen Betriebsablauf störenden Protestformen abbringen wollen, den Kern dieser politischen Wetterdynamik. Das Gerede von dem „Bärendienst“, den die „Letzte Generation“ der Klimapolitik erweisen solle, ist hohl. Die Klimakrise wird gänzlich unbeeindruckt von der Meinung des deutschen Bürgers über das Klima weiter voranschreiten, was auch die Stimmung in der Bevölkerung buchstäblich kippen lassen wird – ähnlich den klimatischen Kipppunkten des globalen Klimasystems. Schon die verheerende Flutkatastrophe in Westdeutschland und Bayern, die die Bundesrepublik 2021 mitten im Wahlkampf traf, kann durchaus als ein politischer Faktor, der den „Grünen“ Auftrieb verschaffte, begriffen werden.21

Die Klimakrise wird bei ihrem Voranschreiten der Klimabewegung weiterhin Zulauf bescheren – und das hat seine simple Ursache vor allem darin, dass der Kapitalismus aufgrund seines Wachstums- und Verwertungszwangs22 schlicht nicht in der Lage ist, die Klimakrise irgendwie zu bewältigen.23 Kapital ist der sich selbst verwertende Wert. Es ist das Geld, das durch Verfeuerung von Energie und Rohstoffen in der Warenproduktion zu mehr Geld werden muss. Es kann sich an nahezu alles anpassen, nur nicht an sich selbst. Deswegen steigen global die CO2-Emissionen weiter an, wobei dieser Emissionsanstieg nur durch Weltwirtschaftskrisen kurzfristig unterbrochen wurde.

Niemand hat doch gesagt, das in den Kinderwagen ein Politiker hätte sitzen können.
Wenn er es denn hätte wollen. Weiter Sooo.

Das Festkleben auf den Straßen, das die „Letzte Generation“ praktiziert, ist eine aus dem Mut der Verzweiflung geborene Protestform, und sie kontrastiert mit der geradezu entwaffnenden politischen Naivität der Gruppe, die schlichte Appelle an die politischen Funktionsträger richtet, die Klimakrise doch zu lösen. Selbst der Verfassungsschutz musste trotz der aktuellen rechten Kampagne schlicht feststellen, dass diese Gruppe nicht „extremistisch“ ist, da sie schlicht „Funktionsträger zum Handeln auffordert“.24 Das Problem bei dieser Herangehensweise besteht aber darin, dass die politischen Funktionsträger aufgrund der obig genannten kapitalistischen Systemwidersprüche nicht in der Lage sind, der Klimakrise sinnvoll zu begegnen.

Ohne Systemtransformation, ohne Überwindung des kapitalistischen Wachstumszwangs ist eine Bekämpfung der Klimakrise unmöglich. Der Kapitalismus ist außerstande, effektive Klimapolitik zu betreiben. Dieser simple, von der Wertkritik seit Jahren thematisierte Zusammenhang hat sich inzwischen bis zur Taz,25 herumgesprochen. Anstatt der Spaltung der Klimabewegung durch Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Protestformen Vorschub zu leisten, käme es somit einerseits darauf an, dieses radikale Krisenbewusstsein in der Klimabewegung zu verallgemeinern, um die Diskrepanz zwischen den radikalen Protestformen mit den naiven Forderungen zu überwinden.

Und andererseits müsste der Fokus progressiver und emanzipatorischer Kräfte auf dem Kampf gegen repressive, postdemokratische Tendenzen in Staat und Politik liegen. Der Kampf um die Aufrechterhaltung der krisenbedingt schrumpfenden demokratischen Manövrierräume ist allein schon deswegen notwendig, damit nicht irgendwann die Suche nach Systemalternativen zur kapitalistischen Dauerkrise als „extremistisch“ eingestuft und mit „Präventivhaft“ bedacht wird. zumindest das Wetter dürfte bei diesem Unterfangen auch künftig leider mitspielen.

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https://www.patreon.com/user?u=57464083

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1 https://www.tag24.de/thema/klimaaktivisten-letzte-generation/letzte-generation-aktivist-im-hungerstreik-er-sitzt-in-praeventivhaft-in-der-jva-muenchen-2665880

2 https://netzpolitik.org/2019/bayerisches-polizeigesetz-19-personen-wochenlang-in-praeventivgewahrsam/

3 https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/baypag

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Unterbindungsgewahrsam

5 https://www.konicz.info/2020/12/09/der-linke-bloedheitskoeffizient/

6 https://www.konicz.info/2022/10/27/radikalitaet-vs-extremismus/

7 https://rp-online.de/politik/deutschland/letzte-generation-cdu-wirtschaftsrat-will-30-tage-gewahrsam_aid-79611979

8 https://www.stern.de/politik/heutewichtig/letzte-generation–terroristen-oder-klimaschuetzer—-podcast–heute-wichtig–32900218.html

9 https://www.fr.de/politik/letzte-generation-justizminister-buschmann-denkt-ueber-gefaengnisstrafen-fuer-klimaaktivistinnen-nach-91889060.html

10 https://www.focus.de/politik/deutschland/kommentar-von-hugo-mueller-vogg-die-letzte-generation-hat-eine-grenze-ueberschritten-keine-gnade-mehr_id_174163868.html

11 https://www.rtl.de/cms/letzte-generation-umfrage-zu-klimaprotesten-das-denken-die-deutschen-ueber-den-aktivismus-5015178.html

12 https://www.bild.de/politik/kolumnen/kolumne/abrechnung-mit-letzte-generation-klima-kleber-verachten-die-demokratie-81864598.bild.html

13 https://www.sueddeutsche.de/politik/klimaaktivisten-strafen-bundestag-1.5693799

14 https://konkret-magazin.shop/texte/konkret-texte-shop/66/tomasz-konicz-kapitalkollaps

15 https://www.konicz.info/2022/06/25/schuldenberge-im-klimawandel/

16 https://www.konicz.info/2022/06/21/hitzetod-in-der-klimakrise/

17 https://www.wetter.de/cms/wetter-in-deutschland-oktober-2022-saharaluft-und-spaetsommer-besiegeln-rekord-herbst-5014077.html

18https://de.wikipedia.org/wiki/Alle_reden_vom_Wetter._Wir_nicht.#Sozialistischer_Deutscher_Studentenbund

19 https://www.pinterest.com/pin/670121619528150440/

20 https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/klaus-lederer-kunst-zu-gefaehrden-ist-verantwortungslos-li.282317

21 https://www.kreiszeitung.de/politik/beeinflusst-die-flutkatastrophe-die-bundestagswahl-2021-90885052.html

22 https://www.konicz.info/2018/06/06/kapital-als-klimakiller/

23 https://www.mandelbaum.at/buch.php?id=962

24 https://www.spiegel.de/politik/deutschland/letzte-generation-verfassungsschutzpraesident-stuft-klimaaktivisten-nicht-als-extremistisch-ein-a-39e52dc0-ef10-4ebd-83f1-9545b669d553

25 https://www.deutschlandfunk.de/ulrike-herrmann-sieht-kapitalismus-am-ende-100.html

Urheberrecht
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Oben      —    Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel

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Linke Wege finden

Erstellt von DL-Redaktion am 18. November 2022

Krise überwinden – Utopien erkämpfen

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :      Wilde 13

Wie aus der Krise der radikalen Linken finden, den Kapitalismus und Neoliberalismus überwinden und Utopien erkämpfen.

Wir befinden uns in einem Krisenzyklus. 2019 prognostizierte das IFO-Institut dass der deutschen Wirtschaft eine Rezession droht, ausgelöst durch eine Reihe weltpolitischer Ereignisse. Schon damals war klar, die fetten Jahre sind vorbei.Wir gewöhnten uns langsam an die Krisen und die Regierungen machten uns klar: There is no Alternative – es gibt keine Alternative zum Kapitalismus. Von der Corona-Pandemie, zum Ukraine-Krieg, zur Gaskrise, zur Inflation bis hin zur Klimakrise deren Auswirkungen nicht wirklich abschätzbar und von den Menschen und Politikern schnell verdrängt werden.

Auch die radikale- und Bewegungslinke befindet sich in der Krise

In der Corona-Pandemie gelang es kaum Akzente gegen die staatlichen Massnahmen wie z.B. Ausgangssperren (z.B. private Isolierung – aber Arbeiten geht doch), Lockdowns, Versammlungsverbote, Militarisierung, Grenzschliessungen zu setzen. Die Pandemie als Krisensituation ermöglichte eine umfassende politische Transformation, eine Restrukturierung der Herrschaft hin zur Kontrollgesellschaft, die sich in Form von Registrierungsapps, Tracing-Apps, Impfausweisapps und Pflichten zur Datenherausgabe und Nachweisen gegenüber Behörden/Polizei immer weiter ins offen autoritäre glitten. Es kam zu keiner linken Antwort auf die staatliche Pandemiepolitik und die „massnahmenkritische Bewegung“ bestand zum grössten Teil aus einem (klein)bürgerlich-unpolitischem Milleu. Es kam zu keinen nennenswerten Versuchen die soziale Unzufriedenheit in eine Bewegung von links zu übernehmen.

Ähnlich wie in der Pandemie verhält es sich im Ukraine-Krieg. Es wird darüber diskutiert, ob es sinnvoll ist, die Sanktionen seitens der EU zu verschärfen. Je weiter rechts man innerhalb der Linken schaut werden Forderungen nach Waffenlieferung durch NATO/EU wohlwollend für notwendig befunden. Forderung nach Verhandlungen und Waffenstillstand werden medial torpediert und verunglimpft. Teile der Linken übernehmen die Deutung der Herrschenden, anstatt für ein Ende dieses Krieges einzustehen und gegen Aufrüstung und Militarisierung im Grossen zu sein.

Die Klimakrise spitzt sich weiter zu. Der Ukraine-Krieg hat die Klimakrise im medialen Diskurs verdrängt und der Klimabewegung gelingt es selten Akzente der Aufmerksamkeit gegen den drohenden Klimakollaps zu setzen und die Illusion zu zerstören, dass es einen grünen Kapitalismus und ein so weiter geben kann. Energiekrise und Inflation sorgen für explodierende Preise, bedrohen unseren Alltag und lassen Grundbedürfnisse für Viele unbezahlbar werden. Ob und wie sich die Menschen gegen diese Klassenpolitik von oben wehren und auf die Strasse gehen ist noch nicht absehbar. Querdenker und Neonazis scharren bereits mit den Hufen um kommende soziale Proteste für sich zu vereinnahmen. Wir sollten nicht den gleichen Fehler wie in der Corona-Pandemie bei den sozialen Protesten machen, sondern beim Kampf um die Barrikade in der ersten Reihe stehen.

Vorraussetzung dafür wäre die eigene Krise zu analysieren und zu überwinden. Derzeit befindet sich die Bewegungslinke grösstenteils abgehängt in der Zuschauer*innenrolle.

Spätestens mit der Corona-Pandemie hat die grundsätzliche Medialisierung unserer Gesellschaften in einem nie gekannten Ausmass jedem Einzelnen das Gefühl gegeben über alles Bescheid zu wissen und hat zu emotionaler Überwältigung und Pflege unserer Affekte und Ängste geführt. Darin hat sich auch ein Schwarz-Weiss denken etabliert. Entweder staatsloyal oder Querdenker*in und/oder Putinversteher*in. Dazwischen gab es kaum politischen Spielraum. Vielleicht auch deshalb wurden staatliche Corona-Massnahmen oder Waffenlieferungen an die Ukraine unkritisch abgenickt. Die Bedeutungslosigkeit der Radikalen- und Bewegungslinken darauf zu reduzieren würde aber zu kurz greifen.

Vielleicht hilft ein kurzer Blick zurück in die 70/80iger Jahre. In dieser Epoche entstanden neue Subkulturen (Punk, New Wave, …) und eine Vielzahl von NSB (Neue soziale Bewegungen). Es entstanden in dieser Epoche die Anti-AKW-, Ökologie-, Frauen-, Alternativ-, Friedens -, Selbsthilfe-, Häuserkampf-, Internationalistische Bewegung um nur einige zu nennen. Die jugendliche Rebellion entstand oft in der Verweigerung gegenüber dem Elternhaus. Vertont z.B. in dem Song von Ton Steine Scherben: „Ich will nicht werden was mein Alter ist“. Oder aber in der Ablehnung gegenüber der Nazi-Geschichte der Elterngeneration. Gleichzeitig eröffnete der Übergang vom Fordismus zum Postfordismus für die meist jugendliche Rebellion neue Freiräume. Dazu gehörte das Wohnen und Leben in grossen Wohngemeinschaften und besetzten Häusern, der Aufbau von Kollektiv- & Alternativbetrieben, die politische Organisieru