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Archiv für die 'APO' Kategorie

Ausserparlamentarisch

Gut gemeinte Zensur

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Meinungsfreiheit im Netz

Unter ihren Fahnen schlafen viele Bananen

Von   :    JACOB MCHANGAMA

Wenn Demokratien die Meinungsfreiheit einschränken, um Extremisten zurückzudrängen, verraten sie auch einen Teil der Werte, die sie schützen wollen.

Elon Musk hat seinen optimistischen Traum, Twitter wieder zur Speerspitze des Kampfs um Meinungsfreiheit zu machen, aufgegeben. Aber der Versuch hat gezeigt, wie zurückhaltend, ja panisch die Eliten in den liberalen Demokratien der Idee gegenüberstehen, jedem mittels der sozialen Medien eine Stimme zu geben.

In den vergangenen fünf Jahren hat das Erschrecken über die ungezügelten Umgangsformen in den sozialen Medien dazu geführt, dass immer mehr gesetzliche Schranken gegen illegale und „gefährliche“ Inhalte errichtet wurden. Eine zentrale Kontrolle von Informationen und Meinungen greift aber nicht nur immer stärker in unser wesentlichstes demokratisches Grundrecht ein, sondern sie könnte am Ende die Gegner der liberalen Demokratie eher stärken als schwächen.

Das Verhältnis zwischen Demokratien und sozialen Medien begann einmal als Liebesaffäre. Demokratien bejubelten das Potenzial, die Mauern des Autoritarismus in manchen Ländern einzureißen und benachteiligten Bürgern im eigenen Land eine Stimme zu geben. Aber die dunkle Seite der sozialen Medien wurde in den folgenden Jahren immer deutlicher sichtbar. Früher war das Publikum für Rassisten und Antisemiten außerhalb ihres lokalen Umfelds sehr begrenzt. Kaum eine Redaktion der traditionellen Medien war bereit, hasserfüllte Ansichten zu veröffentlichen.

Der Aufstieg zentralisierter Plattformen gab Rassisten jedoch die Möglichkeit, Hass und Hetze zu koordinieren und Minderheiten zu attackieren, die sonst niemals mit einer Nazibroschüre oder einem obskuren Blog von Verfechtern einer Überlegenheit weißer Menschen konfrontiert worden wären. In einigen Fällen nutzten gewaltbereite Rechtsextremisten soziale Medien sogar, um Massenmorde live zu übertragen.

Unterdrückung abweichender Meinungen

Frauenhasser fanden nicht nur Gleichgesinnte, sondern auch eine aufmerksame Öffentlichkeit, wenn sie Frauen belästigten, beschimpften und beschämten und sie in Angst versetzten. Dschihadisten verachteten die Meinungsfreiheit von Karikaturisten, Ungläubigen und Abtrünnigen, aber terroristische Gruppen wie der IS nutzten enthusiastisch die sozialen Medien, um mit raffinierten Propagandavideos von abgetrennten Köpfen Furcht und Schrecken zu verbreiten und Anhänger zu rekrutieren.

Datei:Macht geht vor Recht.jpg

Macht geht vor Recht.

Als Donald Trump 2016 auch dank Twitter zum mächtigsten Mann der Welt aufstieg, waren die sozialen Medien – so war man sich weitgehend einig – zu einer Gefahr für die Demokratie geworden. Aber demokratische Regierungen sind nicht machtlos gegen die Verstärkung von Hass und Falschinformationen. Sie können Facebook, YouTube und Twitter dazu zwingen, illegale sowie rechtmäßige, aber verabscheuungswürdige Inhalte zu löschen. Möglicherweise können Plattformen sogar als private Vollstrecker der Regierungszensur fungieren und so ihr Versprechen einer egalitären und unvermittelten Redefreiheit auf den Kopf stellen.

Im Jahr 2016 einigten sich die Europäische Kommission und eine Reihe großer Technologieunternehmen, darunter Facebook, Twitter und Google, auf einen freiwilligen Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hetze. 2018 kamen Regeln zur Verhinderung von Desinformation dazu. In Wirklichkeit konnten die Technologieunternehmen dieses Angebot aus Brüssel gar nicht ablehnen: Die Alternative wären rechtsverbindliche Vorschriften gewesen. Diese unverbindlichen Instrumente reichten jedoch nicht aus, um alle europäischen Regierungen zu besänftigen.

Deutschland hat eine lange und komplizierte Geschichte der konzertierten Unterdrückung abweichender Meinungen, die die Grundwerte der Gesellschaft und die Kontrolle der Eliten über Informationen infrage stellen. Die Beispiele reichen von den Karlsbader Beschlüssen von 1819 über Bismarcks Sozialistengesetze bis zu den Pressenotstandsgesetzen der Weimarer Republik und zur Rundfunkzensur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im digitalen Zeitalter fühlt sich Deutschlands „streitbare, wehrhafte Demokratie“ abermals verwundbar und setzt auf die Eindämmung extremistischer Stimmen.

Vieles ist legal und wird dennoch gelöscht

Dementsprechend hat Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) von 2017 den Prototyp für die Regulierung von Online­inhalten entwickelt. Dieses Gesetz verpflichtet Plattformen, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu entfernen – oder sie riskieren Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. Die EU wollte noch ehrgeiziger sein: Am 5. Juli stimmte das Europäische Parlament abschließend über den Digital Services Act (DSA) ab, der als „globaler Goldstandard“ für die Onlineregulierung gefeiert wird.

Der DSA verbessert die Transparenz und stärkt europäische Nutzer gegenüber mächtigen Megaplattformen aus den USA. Es wird aber auch ein „Notice and Action“-Mechanismus eingeführt, der Plattformen dazu verpflichtet, nach einer Benachrichtigung „illegale Inhalte“ „ohne unangemessene Verzögerung“ zu entfernen.

Plattformen zu verpflichten, illegale Inhalte innerhalb kurzer Zeit zu entfernen, ist aus mehreren Gründen problematisch. Zwar behaupten viele Politiker, dass soziale Medien voller terroristischer Propaganda, Hassrede und Desinformation seien. Aber die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die meisten problematischen Inhalte legal sind. Eine aktuelle rechtliche Analyse (ich war einer der Autoren) von 63 Millionen dänischen Facebook-Kommentaren ergab, dass zwar ein auf Facebooks Community-Standards basierender Algorithmus feststellte, dass 1,4 Prozent der Kommentare „hasserfüllte Angriffe“ darstellten, aber nur etwa 0,0066 Prozent tatsächlich gegen das dänische Strafgesetzbuch verstießen.

Eine weitere von mir mitverfasste Untersuchung der Facebook-Konten von fünf dänischen Medien ergab, dass nur 1,1 Prozent der gelöschten Kommentare strafbar waren, während fast die Hälfte dieser Kommentare weder hasserfüllt noch beleidigend waren. Eine Studie von Professor Marc Liesching von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig aus dem Jahr 2021 kam ebenfalls zu dem Schluss, dass das NetzDG nur begrenzte Wirkung zeigt, aber das Risiko einer übermäßigen Löschung legaler Inhalte birgt.

Vorlage für Autokraten

Quelle      :      TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben       —   Impressionen aus Berlin, 2020.03.17

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2.) Unten     —      „Macht geht vor Recht“, Karikatur aus dem Kladderadatsch, Nr. 6, vom 8.2.1863

Quelle   :      http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1863/0024?sid=9ee655d6773244ae44a0bd59262ef1f6

Verfasser    :    Kladderadatsch        /   Berechtigung     :     PD

Gemeinfreiheit Dieses Werk ist in seinem Ursprungsland und anderen Ländern und Gebieten, in denen die Urheberrechtsfrist das Leben des Autors plus 100 Jahre oder weniger ist, gemeinfrei.


Dieses Werk ist in den Vereinigten Staaten gemeinfrei, da es vor dem 1. Januar 1927 veröffentlicht (oder beim U.S. Copyright Office registriert) wurde.

 

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Die „Letzte Generation“

Erstellt von Redaktion am 9. Juli 2022

Nicht wer Straßen,
sondern wer Klimaschutz blockiert, gehört kriminalisiert

Aber das wird die Politik nie begreifen dürfen, da sie dann überflüssig wären.

Von Waltraut Schwab

Sie sind mutig. Ihr Mut übersteigt meinen. Sie sind die „Letzte Generation“. Sie setzen sich auf vielbefahrene Straßen, sie blockieren den Verkehr.

Auch in den vergangenen Tagen, immer wieder. Weil sie wissen: Würde man sich so wie bisher weiter gegen konsequentes Umdenken in Sachen Klimawandel stellen, die unkontrollierte Erderwärmung wäre nicht mehr zu stoppen.

Manche der Demonstrierenden kleben sich am Asphalt fest – als menschliche Barrikaden. Sie liefern sich den Autofahrern und -fahrerinnen aus, in der Hoffnung, dass diese die sozialen Basics und die zehn Gebote noch kennen. Du sollst nicht töten! So angeklebt am Asphalt geben die Blockierenden die Kontrolle ab und zeigen im Umkehrschluss, was der Klimawandel, dem wenig entgegengesetzt wird, tatsächlich bedeutet: Dass wir die Kontrolle abgeben.

Vor denen, die auf der Straße hocken, bleiben die Autos stehen. Noch. Ob es an den Fotografen liegt, dass den Demonstrierenden auf den Bildern oft schwarze Autos, große SUVs, Lkws auch – teure Karossen jedenfalls – gegenüber stehen, ist nicht klar. Goliaths gegen Davids. Motorisierte Blechschilde gegen schutzlose Körper. Die Fotos sind ein Zeichen.

In den fahrbaren Hightech-Blechverschlägen, die da zum Anhalten gezwungen sind, sitzen nicht selten Leute, die meinen, geschützt zu sein. Und Leute, die meinen, dass ihnen Unrecht angetan wird, wenn sie von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen zum Warten gezwungen werden. Das dürfte sich am Ende als Trugschluss herausstellen. Denn der Klimawandel macht auch sie nackt. Die Klimaanlage im Auto nutzt nichts dagegen.

Ich habe noch kein Foto gesehen, auf dem ein abgehalftertes Auto vor den Blockierenden hält – eins mit Peacezeichen etwa, eins mit Anarchosymbol, eins, das Sympathie für die Rebellen und Rebellinnen ausdrückt, eins, auf dem jener Aufkleber prangt, der schon vor vierzig Jahren wahr war: „Wir sind die Leute, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben.“

Wer meint, am Alten festhalten zu können, hatte schon damals Angst vor gesellschaftlicher Veränderung. Das impliziert, gesellschaftliche Veränderung sei eine Veränderung zum Schlechteren für jeden, für jede. Eine Erfahrung, die sich in der Geschichte als falsch erwiesen hat. Wer will noch so rechtlos sein wie zu Beginn der Industriezeit? Viele Kämpfe wurden geführt, viele Menschen sind gestorben, dafür dass wir heute andere Rechte haben als vor 200 Jahren. Selbst viele Gesetze, die noch vor 50 Jahren galten, sind aus heutiger Perspektive Unrecht.

Schämt sich der Uniformierte, einer Aufgabe gegen die Menschen von der Politik angenommen zu haben? Wir sollten die Politik  entmachten bevor diese die Menschen abschafft!

Soilches Wissen indes wird ausgeblendet, denn jetzt werden die Stimmen lauter, die eine Strafverfolgung der Straßenblockierer und -blockiererinnen fordern, eine Unverschämtheit, die Straße zu blockieren. Angeheizt wird die Forderung von der Boulevardpresse, von Leuten, die sich wertkonservativ nennen. Ja, klar, sie wollen ihre Werte, im wörtlichen Sinne, sie wollen also ihr Recht auf Konsum, nicht in Frage gestellt sehen. Und das Recht, jederzeit an einem Steuer zu sitzen, jederzeit zu fliegen, Häuser in die Landschaft zu bauen, wo es am schönsten ist, und das Recht auf Rendite. Ach und ja, Franziska Giffey, die Berliner Bürgermeisterin, ist auch dafür, dass da jetzt härter durchgegriffen wird.

Könnte es sein, dass die Leute, die ein schärferes Vorgehen fordern gegen die, die Straßen blockieren, wissen, dass die jungen Leute im Recht sind und sie selbst im Unrecht? Dass sie wissen, dass dringend mehr getan werden müsste, um den Klimawandel zu stoppen? Dass sie wissen, dass ihr „Weiter so“ das eigentliche Versagen ist? Diese Erkenntnis wehren sie ab. Um sich nicht mit ihrer Verantwortung auseinander setzen zu müssen, projizieren sie ihre Verantwortungslosigkeit auf die anderen: auf die Straßenblockierer und -blockiererinnen.

Dass der Mensch zu solchen mentalen Winkelzügen neigt, ist seit Sigmund Freud und der Psychoanalyse bekannt. Denn würden die autofahrenden Wutbürger sich mit ihrer Verantwortung auseinander setzen, müssten sie aufhören, sich für jeden Katzensprung ans Steuer zu setzen, müssten sie ein Tempolimit herbeisehnen, müssten sie fordern, dass das Fliegen so teuer ist, dass der Nutzen den Schaden aufwiegt, und so weiter, und so weiter – die dringenden Maßnahmen sind doch alle bekannt.

Zurück zur Straße: Die Au­to­fah­re­r:in­nen und die Demonstrierenden stehen sich immer noch feindselig gegenüber. Ein paar Dutzend Blockierer nähmen Zigtausende in „Geiselhaft“, sagte Benjamin Jendro, der Pressesprecher der Berliner Polizei. Geiselhaft? – für die Wortwahl kriegt er sicher einen Orden von Konservativen und Rechten. Und von Liberalen auch.

Quelle     :        TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Der Aufstand der Letzten Generation blockiert eine Straße am Brandenburger Tor am 100sten Tag, an dem die Bundesregierung im Amt ist. Brandenburger Tor, Berlin, 18.03.22

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Der Schrebergärtner rät

Erstellt von Redaktion am 5. Juli 2022

Die Selbstversorgung mit Gemüse und Kräuter

Von Jimmy Bulanik

Es immer sinnig die eigene Gesundheit zu pflegen. Grundsätzlich können die Menschen ihre private Wohnräume nutzen, um die nicht verarbeiteten Mittel zum Leben anzubauen. Die Vorteile dessen sind vielfältig.

Was kann in den eigenen, privaten Räume überhaupt angepflanzt werden ?

Erbsen, Bohnen, Tomaten, Radieschen, Gurken, Zucchini, Zwiebeln, Lauchgewächse, Ingwer, Feldsalat, Kohlrabi, Basilikum, Schnittlauch, Schnittknoblauch, Rosmarin, Thymian, Oregano, Pfefferminze, Salbei, Petersilie, Liebstöckel und vieles mehr.

Jeder Konsum von nährstoffreicher Lebensmittel verlängert die eigene Lebensqualität wie die Vitalität als auch die Zeit zum Leben.

Die Mittel zum Leben haben unverzichtbare Nährstoffe

Der Eigenanbau von Gemüse und Kräuter ist ökologisch. Sie wird weder verpackt oder transportiert

Der eigene Anbau von gesunden Lebensmittel ist ökonomisch

Die Reduktion der eigenen Abhängigkeit durch die Betriebe Dritter

Die Kompetenzen in Sachen Natur und Gesundheit erreichen eine Reichweite

Alles was an Gemüse und Kräuter selbst angebaut wird, ist sowohl vegetarisch als auch vegan

Das Gemüse trägt zu einer vernünftigen und nachhaltigen Form der Sättigung bei

Die Sorten an Gemüse und Kräuter sind eine unabhängige Hausapotheke

Die quantitative Notwendigkeit von Mittel der Pharmazeutischen Industrie und Drogerie wird vermindert

Der Eigenanbau von gesunden Nahrungsmittel im Haushalt ist eine wirkungsvolle Kapitalismuskritik

Alle Menschen welche Zuhause selber die gesunden Lebensmittel anbauen gehen für die Gesellschaft als positives Beispiel voran und sind geeignet für andere Menschen eine Inspiration darzustellen.

Die Gesellschaften wie beispielsweise Gartenhandel welche die benötigten Materialien wie Samen, Erde, Behälter produzieren und verkaufen erfahren die gesteigerte Wertschätzung für ihre humane, ehrliche und harte Wertschöpfung. Wer durch den eigenen Anbau selber die Mittel zum Leben hat kann das Leid wie Hunger Dritter Menschen welchen einem am Herzen liegen konkret vermindern. Insbesondere in Zeiten von Preisentwicklungen welche für die Mehrheit der rund acht Milliarden Menschen auf dem Globus eine unmittelbare Bürde sind.

Über den Erfolg des eigenen Anbau kann das Internet genutzt werden um diese Inhalte zu transportieren. Von der Hilfe zur Selbsthilfe, hin zu einem Selbstläufer. Auch der Handel wird dies konstatieren wenn ihre Kundschaft die eigenen Räumlichkeiten zum Anbau von gesunden Lebensmittel nutzt.

Weil der Handel immer Geld verdienen möchte, werden diese sich auf die Befindlichkeiten ihrer Kundschaft einstellen. Der Verzehr von Mittel zum Leben welche die Gesundheit fördern ist jedes mal eine Absage an durch die Konzerne wie Nestle, mit unverhältnismäßig stark zugesetzten Substanzen wie Einfachzucker, Transfette, Salz verarbeiteten Produktionsgüter welche primär darauf ausgerichtet sind den Profit der Konzerne im Blick zu haben in einer unmittelbaren Vergleichbarkeit zur Lebensqualität des Menschen.

Der eigene, gute Wille respektive der Achtung anderer Menschen, einem selbst ist eine regenerative Energie dessen Charakter autonom ist.

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Grafikquellen       :

Oben     —    Altes Kleingartenhaus

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Jetzt Aber! Aber jetzt?

Erstellt von Redaktion am 2. Juli 2022

Abtreibungsrecht in Deutschland und den USA

Eine Kolumne von Thomas Fischer

Der US-Supreme Court hat ein altes Urteil über Abtreibungen »gekippt«. Die Koalition in Berlin hat ein Gesetz gestrichen. Es wird geklagt und gejubelt, gewarnt und angekündigt. Aber warum?

Amerika, Amerika!

Die USA sind weit weg und allgegenwärtig, und sei es allein als Heimat der hüpfenden Greise, eines Staatsschuldenstands von derzeit 20 Millionen Millionen (dreizehn Nullen!) Dollar und derzeit auch als Quell rätselhafter Auskünfte über das Wesen, den Inhalt und die Verwirklichung des Rechts im Allgemeinen, der Strafgerechtigkeit im Besonderen und der Zuständigkeiten von Bundesstaaten im Speziellen. Anders gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, dass einem ein deutscher Laie das bei den Landgerichten München und Berlin geltende Strafprozessrecht anhand eines Jury-Falles aus den USA erklärt, ist deutlich größer als die Wahrscheinlichkeit, dass ein amerikanischer Laie weiß, wo München liegt.

Wenn man über eine Rechtsfrage schreiben will, die Deutschland und die USA betrifft, muss man immer vorausschicken, dass es sich um zwei Staaten mit sehr unterschiedlicher Verfassungsstruktur, ganz verschiedenen materiellen (Straf)Gesetzen und überaus unähnlichen Prozessrechten handelt.

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Aus Alt mach Neu?

Erstellt von Redaktion am 29. Juni 2022

Teilung der Schriftstellervereinigung: Es besser machen als der alte PEN

Beim neuen PEN Berlin sind auch Leute dabei, mit denen unser Autor kein Bier trinken möchte. Schämen muss er sich für die Vereinigung aber nicht mehr.

Von : Ralf Sotscheck

Die Programme „Writers in Prison“ und „Writers in Exile“ zum Schutz bedrohter Autoren, die der PEN seit mehr als 20 Jahren betreibt, waren für mich einer der Hauptgründe, in den PEN einzutreten. Ich zahlte meinen Beitrag, 160 Euro im Jahr, und war ansonsten eine Karteileiche – wie rund 600 der 770 Mitglieder auch. Das lag vor allem an den sonstigen Aktivitäten des PEN, die Einladungen zu Versammlungen erschienen so attraktiv wie eine Debatte unter Briefmarkenzüchtern.

Selbst die Veranstaltungen mit den Exilautoren waren so lieb- und fantasielos organisiert, dass meist nur ein paar Zuschauer auftauchten. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich lediglich um eine Pflichtaufgabe handelte, um die öffentlichen Mittel, mehr als 600.000 Euro im Jahr, zu rechtfertigen.

Die Hoffnung, dass sich mit der Wahl des neuen Präsidiums unter Deniz Yücel im Oktober vergangenen Jahres etwas zum Besseren wenden würde, zerplatzte schnell. Über die PEN-Jahresversammlung im Mai in Gotha, über das Johlen, die Zwischenrufe und Klagedrohungen der aus ihrer Bequemlichkeit aufgeschreckten PEN-Ureinwohner gegen die „Unruhestifter“ ist genug geschrieben worden, auch von mir.

Josef Haslinger ist nun wieder Präsident, zumindest übergangsweise. Er ist der Präsident des Clubs der halbtoten Dichter, womit nicht unbedingt das Alter der Mitglieder gemeint ist. Maxi Obexer brachte es in der Begründung für ihren Rücktritt nach nur vier Wochen auf den Punkt: „Ich dachte, man könnte mit Vernunft die notwendige Reform beginnen“, sagte sie „aber die reformresistenten, herrisch auftretenden Männer dominieren im PEN-Zentrum Deutschland. Im Moment herrscht Hass, im Moment herrscht Feindseligkeit, im Moment herrscht Destruktion.“

Der alte PEN ist nicht reformierbar

Es war der Todesstoß für den PEN Deutschland, er ist offensichtlich nicht reformierbar. Nun gibt es eine Alternative: den PEN Berlin. Binnen zwei Wochen hatten sich 367 Gründungsmitglieder – zu denen auch ich gehörte – zusammengefunden. Die Atmosphäre und die Aufbruchstimmung bei der Gründungsversammlung in Berlin waren das Kontrastprogramm zu Gotha, das konnte ich selbst bei meiner virtuellen Teilnahme spüren.

Der 85-jährige Herbert Wiesner, Literaturkritiker, Journalist und früherer Leiter des Literaturhauses Berlin, sagte in seiner Eröffnungsrede: „In Gotha war es schauerlich, es gab ein Unterlaufen der Bemühungen des neuen Präsidiums um Deniz Yücel, sie wurden aufs Schändlichste torpediert. Deshalb fangen wir heute noch mal neu an. Von Berlin soll ein neuer Geist ausgehen.“

Haslingers Aussage, dass beide Organisationen nach Anerkennung des PEN Berlin durch den internationalen PEN wieder PEN-Kollegen seien und kooperieren müssen, ist Wunschdenken. Es ist, als ob Hertha BSC dem FC Union Berlin gönnerhaft eine Zusammenarbeit anbiete, um ein Beispiel aus dem Fußball heranzuziehen.

Sollte sich die PEN vielleicht einmal fragen – ob es ihre Aufgabe ist einer schmutzigen Politik nach dem Mund zu Reden oder es angebrachter wäre, eine eigene Meinung zu vertreten ?

Der großartige Schriftsteller F. C. Delius erinnerte kurz vor seinem Tod in einem Artikel in der FAZ an einen Satz Heinrich Bölls: „Aus dem PEN tritt man nicht aus!“ Dann tat Delius aber genau das und schrieb, nie habe er gedacht, dass der PEN so tief sinken könne, einen derart tapferen und klugen Mann wie Deniz Yücel öffentlich zu demütigen.

Hass, Hetze, Bigotterie, Homo- und Xenophobie

Vor Kurzem hat die Stadt Darmstadt dem PEN Deutschland auf der Mathildenhöhe ein frisch renoviertes Haus mit Büros, Tagungsräumen und einem großen Garten auf dem Unesco-Welterbe-Areal zur Verfügung gestellt. Künftig können sich die verbliebenen Mitglieder in dieser Wohlfühloase wieder gegenseitig Dias vorführen und sich Wichtigkeit attestieren. Aber die Staatsgelder für die Unterstützung bedrohter Autoren sind beim neuen PEN Berlin besser aufgehoben, weil sie dort effektiver und mit mehr Einfühlungsvermögen eingesetzt werden können.

Quelle       :       TAZ-online       >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Ralf Sotscheck, Museumsuferfest 2012

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Bundesweite Demonstration

Erstellt von Redaktion am 27. Juni 2022

„Wir zahlen nicht für eure Kriege! 100 Milliarden für eine demokratische,
zivile und soziale Zeitenwende statt für Aufrüstung“

Quelle      :        Wir – Friedensbewegte in der BRD

Von     :        Birgit Malzahn

In einigen Städten ist eine gemeinsame Anreise geplant: https://zivilezeitenwende.de/anreise/

Wir – Friedensbewegte in der BRD aus der ganzen Welt – rufen dazu auf, das angekündigte Aufrüstungspaket von 100 Milliarden Euro im Grundgesetz gemeinsam zu stoppen und für die Umwidmung der Mittel zum Ausbau des Sozialstaats zu kämpfen. Die Aufrüstungspolitik ist grundfalsch, hochgefährlich und zynisch, weil sie bedeutet, die gesellschaftliche Krise mit Militarismus zu beantworten statt mit sozialem Fortschritt zur Mehrung des Allgemeinwohls. Rüstungs- und Kriegspolitik stehen immer im Gegensatz zur solidarischen Kultivierung der Gesellschaft. Deswegen engagieren wir uns stattdessen für massive öffentliche Investitionen und dauerhafte Ausgabenerhöhungen für Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur und Klima – zur zivilen, demokratischen und sozialen Wohlentwicklung weltweit.

Die Waffen nieder!
Den Krieg in der Ukraine wird diese Aufrüstung weder stoppen noch verkürzen. Vielmehr hat das neue globale Wettrüsten der vergangenen Jahre die verschärfte Konfrontation der großen Machtblöcke mit verursacht und eskaliert sie weiter. Auch geht es bei dem Aufrüstungspaket nicht um Landesverteidigung, sondern um national eigenständige Kriegsbefähigung. Die auf der Einkaufsliste stehenden F35-Tarnkappenbomber und Drohnensysteme sind aggressives Angriffskriegsgerät und sollen zudem die atomare Teilhabe verstetigen. Dagegen ist der einzige Weg zum Frieden: Abrüstung, Deeskalation, internationale Diplomatie und soziale Gerechtigkeit weltweit!

Nie wieder Krieg!
Aufrüstung gehört nicht ins Grundgesetz. Im Gegenteil: Als Konsequenz aus zwei imperialistischen Weltkriegen, die von deutschem Boden ausgingen, sowie als Schlussfolgerungen aus der Befreiung vom deutschen Faschismus, flossen ins Grundgesetz das Gebot zum Frieden, zu Gewaltverzicht, Völkerverständigung, Asylrecht und Sozialstaat ein: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten sind verfassungswidrig“ (Art. 26). Ein bis heute und für heute gültiges Entwicklungsprogramm, damit nie wieder Krieg von Deutschland ausgehe!

Gemeinsame Entwicklung statt Aufrüstung
Mehr Waffen schaffen keinen Frieden und Sicherheit gibt es nur gemeinsam, nicht gegeneinander! Das Potential für zivile, demokratische und soziale Wohlentwicklung für alle ist vorhanden. Eine gerechte Ressourcenverteilung würde die Hungerkrisen insbesondere im globalen Süden beenden; der Umstieg auf erneuerbare Energien für eine nachhaltige Klimapolitik ist technologisch möglich; eine umfassende Gesundheitsversorgung kann für alle gewährleistet und solidarische Entfaltung durch vernünftige Arbeit, soziale Sicherheit und demokratisch-offene Bildung und Kultur für Alle geschaffen werden. All dies erfordert globale Kooperation, demokratische Aushandlung und kluge Investitionen für die gemeinsame Lösung von Problemen.

Gemeinsam sagen wir NEIN zur Aufrüstung und JA zur Zukunft!
Das Aufrüstungspaket ist gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung weltweit gerichtet. Es geht einher mit gesteigert unsozialer und autoritärer Politik, mit Nationalismus und Chauvinismus. Die ohnehin enorme Ungleichheit wächst weiter. Profiteure sind einzig die Chefetagen von Banken und Rüstungskonzernen. Statt dieser destruktiven Hinterzimmerpolitik braucht es eine tatsächlich demokratische, zivile und soziale Zeitenwende – hervorzubringen von uns Allen in Gewerkschaften, Schüler:innen- und Studierendenvertretungen, Friedens-, Antifa-, Umwelt- und sozialen Bewegungen, in Kirche und Kultur-, Bildungs-, Sozialeinrichtungen sowie in Parteien. Allein mit je 20 Milliarden in die öffentliche Energie- und Verkehrsinfrastruktur, in die Sanierung von Schulen und Hochschulen, in den personellen Ausbau des Gesundheitswesens, in sanktionsfreie soziale Mindestsicherungen und in die Förderung von Museen, Theatern, Kinos und Bücherhallen würde ein notwendiger Schritt zur Lösung der vordringlichsten Probleme der Mehrheit getan. Wir rufen daher auf, eine solche Kehrtwende gemeinsam durchzusetzen!

Kommt zur bundesweiten Demonstration
am Samstag, den 02.07.2022,
um 14 Uhr, Bebelplatz
in Berlin!

NEIN zur Aufrüstung – JA zur zivilen, solidarischen Entwicklung!

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DL – Tagesticker 23.06.2022

Erstellt von Redaktion am 23. Juni 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) STURM AUFS KAPITOL  – . –  2.) G7-Gipfel in Elmau  – . –  3.) Klima-Streber? Das war einmal  – . –  4.) Der Hardcore-Realist im Ukraine-Krieg  – . –  5,) Polizeiwache Cottbusser Tor  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Wie sich die Zeiten wiederholen ! Hier im Land glaubten die Wähler-Innen gefühlte 60 Jahre nach dem Krieg an die CDU, wobei niemand einen Sturm anfachte! Politiker finden unter den Gläubigen immer wieder ihre Treu doofen Anhänger. 

Denn sie wollen Trump glauben

1.) STURM AUFS KAPITOL

Der Untersuchungsausschuss liefert packendes Fernsehen. Wer will, kann sehen, wie Trump den Wählerwillen beugen wollte. Doch wer will das sehen? Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol hat nicht nur akribisch aufgearbeitet, was Donald Trump nach seiner Niederlage 2020 mit welchen Komplizen unternommen hat, um den Wählerwillen zu unterlaufen. Nicht minder minutiös haben die Abgeordneten das Drehbuch ausgearbeitet, mit dem sie ihre Erkenntnisse in Anhörungen einem Millionenpublikum darlegen. Das ist packendes Fernsehen. Doch für wen? Sieben Jahre nach Beginn des Trumpismus mutet die Hoffnung weltfremd an, dass eine noch so spannende und schlüssige Beweisführung viele der Abermillionen Amerikaner zum Umdenken bringen könnte, die Trump bisher die Treue halten. Der Benzinpreis ist erstmal wichtiger als die Demokratie.

FAZ-online

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Der Druck muss aus der Gesellschafft kommen, wo gefragt werden sollte, warum man in solchen Gegenden noch seinen Urlaub verbringt! Gipfel oder Urlaub muss hier die Frage lauten? Müsste das Volk den Politiker-Innen nicht die Sprichwörtlich gesagten „Beine“ machen, damit sie endlich in aufrechter Haltung  der Gesellschaft gegenüber treten können ?

Anwohner schon jetzt schwer genervt – Schüler ab Freitag in Distanzunterricht

2.) G7-Gipfel in Elmau 

Der 48. G7-Gipfel findet vom 26. bis 28. Juni 2022 im Schloss Elmau statt, einem Fünf-Sterne-Hotel oberhalb der Ortschaft Klais im Wettersteingebirge. Bundeskanzler Olaf Scholz ist Gastgeber. Rund um den Gipfel sind zahlreiche Demos geplant. FOCUS Online berichtet im Newsticker. Schüler im Landkreis Garmisch ab Freitag in Distanzunterricht. Wegen des G7-Gipfels gehen viele Schülerinnen und Schüler im Landkreis Garmisch-Partenkirchen von Freitag an in den Distanzunterricht. Die Maßnahme soll bis zum 28. Juni und damit für drei Schultage gelten. Sie sei in erster Linie wegen der erwarteten starken Beeinträchtigungen des Straßen- und Schienenverkehrs erforderlich, erläuterte das Kultusministerium. Die zentralen bayernweiten Abschlussprüfungen finden trotzdem in Präsenz statt. Dafür sei ein Netz von Prüfungsschulen geöffnet. Die Schüler müssen damit teils in andere als ihre angestammten Schulen. Das sei ebenfalls der Verkehrslage geschuldet, hieß es. An den drei Tagen werden über alle Schularten verteilt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen rund 560 Schülerinnen und Schüler an elf Prüfungsschulen Abschlussprüfungen haben, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Sowohl die Ankündigung des Distanzunterrichts für den ganzen Landkreis wie auch die Entscheidung, unter den erschwerten Umständen die Schüler in wichtige Prüfungen zu schicken, hatten im Landkreis Unmut ausgelöst. Unter anderem der Krüner Bürgermeister Thomas Schwarzenberger (CSU) hatte im Februar angeregt, die Prüfungen einiger Schulen zu verlegen. Die Prüflinge könnten wegen der Kontrollen und Verkehrsbeschränkungen nicht oder nur unter zusätzlichem Stress an die Schulen kommen. Das Ministerium blieb aber dabei, dass die Abschlussprüfungen wie geplant stattfinden.

Focus-online

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Wenn die Politik nicht wär – gebe es keine Putins mehr ! Idioten die mit Mörderbanden, ganze Länder umgestalten! Länder – die an Adolf Hitler – Heute die Gewalt noch schätzen. Länder welche im Tschingderassassa ihre Zukunft mit lackierten Generälen sah ! Klima – ist ein totes  Wort – jagt uns nur die Dividenden fort. 

Green Deal der EU. Der zentrale Teil des EU-Klimapakets ist beschlossen. Der neue Kompromiss ist besser als der alte – aber der Treibhausausstoß sinkt so zu langsam.

3.) Klima-Streber? Das war einmal

Kein Krieg, kein Putin, keine Pandemie, keine Lieferkette kann je verhindern, dass Europa zur Öko-Supermacht wird. So dachten sich das wohl einst die Erfinder des EU-Klimaschutzpakets. Nun wurde im Europäischen Parlament das Herzstück des Green Deal beschlossen – aber auch wegen des Überfalls Russlands auf die Ukraine ist alles viel weniger klimagerecht geworden. Die absurd boomenden Energiepreise führen sogar zunächst zum Ausbau der fossilen Infrastruktur. Wann sie auch zu deren Ende beitragen – derzeit nicht endgültig absehbar. Nicht umsonst warnt FDP-Finanzminister Christian Lindner vor drei, vier, fünf schwierigen Jahren mit Wirtschaftsflauten und Inflation, also mehr Arbeitslosigkeit und Armut. Ein fieses Umfeld für „Fit for 55“. Schafft die EU es also, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mehr als die Hälfte zu senken? Antwort: leider jein. Es war richtig, dass Sozialdemokraten und Grüne vor zwei Wochen das EU-Paket mit der Reform der Emissionshandels, Klimasozialfonds und CO2-Zoll an den EU-Außengrenzen im Parlament mit einem Riesenknall haben durchfallen lassen. Denn der neue Kompromiss ist besser geworden. Aber: Das Paket ist wieder Ergebnis dieses EU-Gewurschtels, das Europa häufig so nervtötend langsam macht. Mit dem Klimavotum haben die EU-Parlamentarier in diesem Fall aber nicht nur Halbgares, sondern auch den Klima-Offenbarungseid absegnet:

TAZ-online

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Hießen sie Karl oder Peter, für die Heutigen politischen Versager zählt nur das „Große“ in derer Schatten sich heutige Nichtigkeiten aus der Politik nach den Sonnenstrahlen verrenken! Wobei die damaligen „Großkotze“ nicht viel mehr als Sklavenhalter, Landeinehmer, und irren Vandalen glichen. Adel also, welcher mit ihren Verbrechen die heutigen Länder formten – also immer im Sinne der jetzigen Clowns, welche das Wort „Demokratie“ nicht einmal verstehen wollen!

Im Westen verschmäht, in China ein Star: Der US-Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer legt in Berlin seine Sicht auf Russland, die Ukraine und die Verantwortung für den Krieg dar.

4.) Der Hardcore-Realist im Ukraine-Krieg

Peter der Große, es muss doch jetzt endlich raus, „Peter der Große“, ruft also der Mann aus der letzten Reihe und erschrickt sogleich über sich: „Sorry to interrupt you“, dämpft er schuldbewusst seine Stimme und blickt nach vorne zu John J. Mearsheimer, dem er ins Wort gefallen ist. Aber wenn der hier sage, es gehe im Ukraine-Krieg nicht um Wladimir Putins Imperialismus, was solle man dann davon halten, dass sich Putin jüngst mit Peter dem Großen verglichen hat? Dass er sich östlich der russischen Grenze jetzt „Gebiete zurückerobern und stärken“ sieht, wie der Zar das im 18. Jahrhundert in Schweden tat? Ein Knistern liegt in der angenehm kühlen Luft des Konferenzraums, nicht nur an dieser Stelle, aber das Knistern war ja garantiert: denn mit John J. Mearsheimer, 74, hat das Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies der Universität Bonn vier Monate nach der russischen Invasion einen US-Politikwissenschaftler nach Berlin-Mitte geladen, dessen Sicht auf den Ukraine-Krieg nicht weiter entfernt sein könnte von der Sicht der meisten im Regierungsviertel, in Hauptstadtredaktionen und Denkfabriken. Der Westen und insbesondere die USA haben eine entscheidende Rolle bei der Entstehung dieses Krieges gespielt – das ist Mearsheimers zentrale Aussage. Peter der Große? Putin, der Imperialist? Vorne am Rednerpult hebt Mearsheimer die Schultern. „Kann sein.“ Ziele änderten sich. „Aber mir geht es hier um die Vorgeschichte dieses Krieges.“ Und die wird für ihn keine andere durch das, was Putin den Russen zur Feier des 350. Geburtstags von Peter dem Großen verkündet. 2008 der Ukraine wie Georgien die Mitgliedschaft in der NATO zu versprechen, war ein Fehler, Mearsheimer – Ausbildung an der Militärakademie in West Point, fünf Jahre Offizier der Luftwaffe, dann wissenschaftliche Karriere – hat das häufig wiederholt.

Der Freitag-online

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Verliert die Politik jetzt auch noch die absolute Kontrolle, verstehe sie überhaupt nicht mehr was sie hier überhaupt noch sollen. Wo sie doch schon fast alles, was sich in ihren Umkreis noch bewegte, entsprechend geschrumpft haben

Sie wollen doch nur reden. Bezirksverordnete aus Friedrichshain-Kreuzberg fordern einen Baustopp der Kotti-Wache

5,) Polizeiwache Cottbusser Tor

Sonst bekannt für Kippen-qualm und multilinguales Stimmengewirr, war das Café Kotti am Dienstagabend Austragungsort bezirkspolitischer Debatten. In einer Sondersitzung trafen sich die beiden Ausschüsse zu Stadtentwicklung und Wohnen sowie zu Partizipation, Integration und Migration in dem Café im ersten Stock des Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ). Verordnete von Friedrichshain-Kreuzberg sprachen mit lokalen Initiativen und Anwohner*innen über die geplante Polizeiwache am Cottbusser Tor. Diskutiert wurde in direkter Nachbarschaft zu der Fläche des ehemaligen Wettbüros überhalb der Adalbertstraße, wo die Wache entstehen soll. Moheb Shafaqyar (Linke), stellvertretender Vorsitzender der Bezirksverordnetenversammlung, hatte zu der Sondersitzung eingeladen und sich im Speziellen an Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gewandt. Die hatte aus Zeitgründen abgesagt – eine Begründung, die Shafaqyar nicht akzeptiert: Sonst hätte es Spranger bei der Realisierung der Wache doch sehr eilig gehabt. Am Montag hatte die Innenverwaltung offiziell bekannt gegeben, dass bereits der Mietvertrag von der landeseigenen BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH unterzeichnet wurde. Im ersten Tagesordnungspunkt fasste Marie Schubenz vom Mieterrat des NKZ zusammen, warum sich der Rat wie auch die anderen wohnungspolitischen Bündnisse aus dem Kiez gegen den Standort aussprechen. »Unser Interesse ist es, die Situation von Menschen am Cottbusser Tor zu verbessern, und eine Polizeiwache im NKZ wird das nicht tun«, sagte Schubenz am Mittwoch zu »nd«. Shafaqyar ergänzte ebenfalls gegenüber »nd«: »Dieser Standort wird von keinem Akteur bis auf Spranger gutgeheißen. Sogar bei der Polizei selbst brodelt es.«

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Oben     —   DL / privat – Wikimedia

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Von „schweren“ Waffen-

Erstellt von Redaktion am 20. Juni 2022

Einem „berechenbaren“ Despoten und der Gefahr eines Atomkriegs

Visuelles Suchabfragebild

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Axel Mayer

Ein konventioneller Krieg mit schweren deutschen Waffen gegen einen mit 6.250 Atomsprengköpfen bewaffneten Despoten muss nicht automatisch zum großen, letzten Atomkrieg führen. Es braucht für diese Gewissheit nur zwei Voraussetzungen: Der Despot muss menschenfreundlich und berechenbar sein…

Der bei gutem Willen verhinderbar gewesene, dumme, mörderische und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands, dieser Stellvertreterkrieg, unter dem die Menschen in der Ukraine so schrecklich leiden, zeigt wieder einmal, welche Gefahren von den aktuell noch ca. 13.400 existierenden, „ungebrauchten“ Atomwaffen und Atombomben ausgehen. Der lange schon jeden Tag mögliche, gut verdrängte Atomkrieg ist wieder wahrscheinlicher geworden und atomare Reaktionäre, Militaristen & Laufzeitverlängerer sind Kriegsgewinnler und bekommen überall Aufwind. Die weltweit ca. 13.400 Atomwaffen und Atombomben ermöglichen den Militärs immer noch einen Overkill und eine mehrfache Totalauslöschung der Menschheit.

Die gleichen Menschen, PolitikerInnen und Lobbyisten, die noch im Jahr 2021 sagten, die NATO-Osterweiterung wird niemals einen mörderischen und verbrecherischen russischen Krieg provozieren, sagen heute, dass ein Atomkrieg „sehr unwahrscheinlich“ sei.

Selbstverständlich könnte man versuchen, den Stellvertreterkrieg in der Ukraine mit der Lieferung von deutschen Panzern und Geschützen zu beenden. Doch diese uralte militärische Logik endete am 6. Aug. 1945 mit dem Atombombenabwurf auf Hiroshima. Wer nach Hiroshima einen konventionellen Krieg gegen einen mit 6.257 atomaren Sprengsätzen bewaffneten, unberechenbaren Autokraten „gewinnen“ will, der hat das Prinzip Atomwaffe nicht verstanden.

Zu den größten Problemen der Menschheit zählt die Apokalypse-Blindheit und die Unfähigkeit, aus vergangenen Kriegen und menschengemachten Katastrophen, aus den Kriegsverbrechen von Hiroshima und Nagasaki zu lernen. Kriegszeiten sind Zeiten größtmöglicher Dummheit, Irrationalität und selektiver Wahrnehmung, in denen menschliches Denken und Handeln und die Berichterstattung in den Medien von stammesgeschichtlich erklärbaren, steinzeitlichen Reflexen geprägt ist.

Alle wollen den Krieg gewinnen, alle reden von Waffen und viel zu wenige reden von Waffenstillstand und Frieden. Wir brauchen endlich auch eine konkrete Debatte, wie dieser Krieg und das damit verbundene entsetzliche Leid schnell und ohne globalen Atomkrieg beendet werden kann.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein

Mehr Infos:

Wenn sie Dich fragen, wie konnte das geschehen, kannst Du ihnen dann sagen, Du hast es nicht gewusst?

Urheberrecht
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Demokratisch ungehorsam

Erstellt von Redaktion am 17. Juni 2022

 „Die Zukunft der Demokratie nach den Vorstellungen der Politiker?“ 

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Aus keiner Regierung gab es einen Blick auf das eigene Unvermögen !!

Von Claus Leggewie

Der vehemente Protest der jungen Generation ist angesichts des Klimanotstands nachvollziehbar und sollte nicht billig abgetan werden.

In einem selbst veröffentlichten Video spricht Klimaaktivistin Luisa Neubauer offensichtlich witzelnd über ihre Bemühungen, den Bau einer Ölpipeline zu verhindern, und hält dabei ein Buch mit dem Titel „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“ ins Bild. In einer Stellungnahme versichert sie: „Wir sprechen mit der französischen Regierung, mit möglichen Investoren und Versicherern der Pipeline und mobilisieren über soziale Netzwerke, damit diese Klimakiller-Pipeline niemals gebaut, sondern endlich abgeblasen wird.“ Trotzdem rücken sie Teile der politischen Elite im Chor mit der Bild-Zeitung in eine Ecke mit Terroristen. Die vehemente Form des Auftretens von Klimaschützern darf allerdings deren politisches Engagement nicht abqualifizieren, in einem demokratischen Dialog schließen sich vielmehr drei Fragen an: Ist die Inszenierung von radikalen Protesten gegen unterlassenen Klimaschutz als Notwehr inhaltlich nachvollziehbar, ist sie demokratisch legitim, und ist sie geeignet, Klimaschutz zu verbessern und zu beschleunigen?

Um die Jahrtausendwende geborene Menschen erleben, dass die von der Forschung nachgewiesenen „Kipppunkte des Erdsystems“ in nicht allzu ferner Zukunft, also in ihrer Lebenszeit, eintreten können und dann in der ebenfalls wissenschaftlich plausibilisierten Kumulation in eine globale Katastrophe führen würden, wobei das Überleben der Spezies Mensch aufs Spiel gesetzt wäre. Die Selbstbezeichnung mancher Klimaaktivisten als „letzte Generation“ etwa verweist auf eine reale Gefährdung. Nachvollziehbar ist sie auch angesichts der bis dato insgesamt kaum erfolgten Verlangsamung der Erderwärmung oder des Artensterbens. Es ist die Eigenart und das gute Recht von Jugend(protesten), erkannte Missstände in aller Deutlichkeit, mit drastischen Übertreibungen und performativen Schocks herauszustellen.

Ein historisches Beispiel mag das illustrieren: Die außerparlamentarische Protestbewegung gegen die Notstandsgesetzgebung in den 1960er Jahren malte eine Faschisierung des politischen Systems der Bundesrepublik an die Wand, deren Eintrittswahrscheinlichkeit gering war. Dass die Befürchtungen nicht eintraten, machte den Protest nicht nutzlos. Denn er verwies auf überkommene autoritäre Strukturen und trug zur Herausbildung einer selbstbewussten Zivilgesellschaft bei. Die bedauerliche Kehrseite war die Radikalisierung einer Minderheit der außerparlamentarischen Opposition. Deren Frontalangriffe waren demokratisch nicht legitim, was ebenso für heutige militante Aktionen gelten kann.

War damals die unzulässige Ausrufung eines Notstands der Protestanlass, ist es bei der „letzten Generation“ die Unterlassung der Ausrufung des Klimanotstands. Wenn diese Prämisse stimmt und auch eine grüne Regierungsbeteiligung an der Sachlage wenig ändert, ist dann nicht ziviler Ungehorsam gerechtfertigt? Dieser ist im Sinne seiner Verfechter von Henry David Thoreau über Martin Luther King bis Gene Sharp grundsätzlich friedlicher Natur, beinhaltet aber kon­trol­lier­te, der breiten Öffentlichkeit gut kommunizierte Regelverletzungen. So gut wie kein demokratisches Recht, etwa das Wahlrecht von Frauen, ist ohne symbolische und faktische Regelverletzungen durchgesetzt worden. Insofern ist ziviler Ungehorsam Teil und nicht Gegenteil von Demokratie, seine Verfechter in die Nähe von Antidemokraten zu rücken ist absolut verfehlt.

Man darf nämlich sagen, dass das Auftreten zivilen Ungehorsams auf demokratische Defizite und Repräsentationslücken verweist, die es ohnehin zu schließen gälte. Die sinkende Wahlbeteiligung in vielen (nicht mehr so) repräsentativen Demokratien kann auch nicht mehr durch business as usual behoben werden, neue Formen der Bürgerbeteiligung müssen gefunden werden. Die große aktuelle Herausforderung demokratischer Gesellschaften ist die rasante Verknappung der Zeitspanne, in der der Klimawandel noch einzudämmen sein wird. Demokratien kaufen üblicherweise Zeit, um Kompromisse zu schließen; doch genau dem schiebt nun die Physik des Erdsystems einen mächtigen Riegel vor. Große Eile ist geboten! Nicht legitimierbar sind diverse Sabotageakte, die zwar nicht von Neubauer, sehr wohl aber von einigen Sprechern der „letzten Generation“ offen befürwortet werden, weil die damit verbundenen Risiken für die Allgemeinheit unüberschaubar sind. Wichtiger noch, sind solche Akte auch ungeeignet, das deklarierte Ziel des Klima- und Artenschutzes voranzutreiben.

Quelle      :     TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —      Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel: „Weiter so“

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Das Prinzip Gießkanne

Erstellt von Redaktion am 15. Juni 2022

Das Ampel-Entlastungspaket

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Von Ulrich Schneider

Noch nie, dieser Superlativ ist durchaus angebracht, war die Bundesrepublik so unter Druck wie derzeit – wirtschaftlich, politisch, moralisch und sozial: Corona, ein brutaler Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine, eine dadurch ohnehin angstvolle Bevölkerung, die nun auch noch durch zum Teil kometenhaft ansteigende Preise, vor allem für Energie und Lebensmittel, gebeutelt wird. Und niemand weiß, wann sich all das wieder zum Besseren fügen wird.

Angesichts dessen wird die Bevölkerung vorsorglich schon einmal auf Opfer und Verzicht eingeschworen. „Der Ukraine-Krieg macht uns alle ärmer“, menetekelt etwa Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der „Bild am Sonntag“.[1] „Das muss man so klar sagen, wir werden dadurch ärmer werden“, warnt auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im ZDF.[2] „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben”, toppt Ex-Bundespräsident Joachim Gauck diese Aussagen noch in der ARD.[3] Dass ein Alt-Bundespräsident mit einem „Ehrensold“ von über 200 000 Euro jährlich Verzichtsappelle von sich gibt, zeugt von einem mangelnden Bewusstsein dafür, dass schon jetzt viele unter uns nicht mehr genug Geld haben, um ihre Wohnung ausreichend zu heizen. Und dass viele Menschen hierzulande so arm sind, dass sie schon seit Jahren nicht mehr das Lebensglück und die Lebensfreude haben, die sie sich ersehnen. Für diese Menschen sind materielle Not und sozialer Ausschluss auch ohne die aktuellen Teuerungsraten nichts Neues.

Die Coronakrise wie die Preissteigerungen treffen Deutschlands soziales Gefüge in einer schlechten und wenig widerstandsfähigen Verfassung. Aussagen, wonach wir alle ärmer werden, verdecken dabei nur die Tatsache, dass Deutschland ein sozial tief gespaltenes Land ist. Sie ignorieren, dass Deutschland mit einer Armutsquote von 16,1 Prozent so viele Arme hat wie noch nie seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990. Das bedeutet: 13,4 Millionen Menschen in Deutschland verfügen über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens dieser Gesellschaft.

Auf der anderen Seite ist die Bundesrepublik das Land mit der weltweit viertgrößten Milliardärsdichte hinter den USA, China und Indien. Auf 555 Mrd. Euro taxiert das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ das Gesamtvermögen unserer 134 Milliardäre.[4] Und auch die Zahl der Dollar-Millionäre übersprang im Pandemiejahr 2020 laut dem „Global Wealth Report“ in Deutschland die Marke von 1,5 Millionen Menschen.[5]

Vor diesem Hintergrund muss die höchste Inflationsrate seit 40 Jahren – von allein 7,4 Prozent im April 2022 – durchaus differenziert betrachtet werden, vor allem dann, wenn es um die notwendigen politischen Konsequenzen geht. In einem Land, in dem der Vorstand eines DAX-Unternehmens mit etwa 3 Mio. Euro Jahresgehalt das 48fache seiner Angestellten „verdient“[6] und der Chefarzt einer Klinik immer noch etwa das Zehnfache einer Krankenschwester, kann getrost davon ausgegangen werden, dass sich stark und plötzlich ansteigende Lebenshaltungskosten sehr ungleich im Alltag der Betroffenen niederschlagen. Es dürfte Konsens sein, dass weder der DAX-Vorstand noch der Chefarzt staatlicher Hilfen bedürfen, weder an der Gemüsetheke noch an der Zapfsäule. Umso verwirrender ist das Maßnahmenbündel, das die Ampel-Koalition jüngst zur Entlastung der Verbraucher auf den Weg gebracht hat.

Entlastungspaket mit Schieflage

Dieses sieht vor, Privathaushalte mit insgesamt 23,6 Mrd. Euro zu unterstützen. Davon entfallen 4,4 Mrd. Euro auf Entlastungen bei der Einkommensteuer, von denen, der Logik des Steuerrechts folgend, diejenigen mit den besseren Einkommen am meisten profitieren. Die ebenfalls im Paket vorgesehene Abschaffung der EEG-Umlage auf Strom kostet 6,8 Mrd. Euro. Doch auch diese Maßnahme wirkt sich sozial äußerst ungleich aus. Denn je höher der Stromverbrauch, desto höher der Entlastungsbetrag. Es sind die Haushalte mit den großen Wohnungen oder Einfamilienhäusern, die besonders profitieren, die mit dem zusätzlichen Kühlschrank, der guten EDV-Ausstattung bis in die Kinderzimmer hinein, mehreren Fernsehern oder vielleicht auch der Heimsauna im Keller. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes gaben Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von bis zu 3000 Euro im Jahr 2020 95 Euro im Monat für Haushaltsenergie aus, während es bei Haushalten mit einem Einkommen von mindestens 5000 Euro mit 206 Euro mehr als das Doppelte war.[7]

Gleiches gilt für die Verbilligung von Benzin und Diesel durch die befristete Absenkung der Energiesteuer, die im Entlastungspaket mit 3,4 Mrd. Euro zu Buche schlägt. Je größer der Hubraum, desto höher die Entlastung. Zusammengerechnet haben damit insgesamt 14,6 der 23,6 Mrd. Euro eine einkommensproportionale Entlastungswirkung. Hinzu kommt: Auch für die von der Ampel eigentlich angestrebte sozialökologische Transformation sind diese Entlastungen höchst kontraproduktiv, wird doch ein höherer Verbrauch von Strom und Benzin durch das Paket proportional stärker entlastet.

Ulrich Schneider (Februar 2021).jpg

Der größte Brocken, die einmalige Energiepauschale von 300 Euro, kommt allen Erwerbstätigen unabhängig vom Einkommen zu. Sie wird zwar versteuert, wodurch Spitzenverdienern von diesem Geld nur 158 Euro verbleiben, doch drängt sich die Frage auf, weshalb Spitzenverdiener, sogar mit Millioneneinkommen, überhaupt gefördert werden müssen.

Zielgerichtet an Bedürftige fließen lediglich 2 der 23,6 Mrd. Euro: Eine Einmalzahlung von 200 Euro für alle Beziehenden von Hartz IV, Altersgrundsicherung und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (1,1 Mrd. Euro), 20 Euro monatlich als sogenannte Soforthilfe für Kinder im Hartz IV-Bezug (0,5 Mrd. Euro) sowie ein Heizkostenzuschuss für Wohngeldbeziehende in Höhe von 270 Euro und an Azubis und Studierende im Bafög-Bezug in Höhe von 230 Euro (0,4 Mrd. Euro).[8]

Das Institut für Makroökonomie (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung hat vorgerechnet, dass der Einkommensmillionär in diesem Entlastungspaket über Vergünstigungen bei der Einkommensteuer und dem Energiegeld mit 326 Euro eine höhere Entlastung erfährt als der Erwerbstätige mit einem Jahreseinkommen von 10 000 Euro, der sich mit lediglich 300 Euro begnügen muss. Noch schlechter sieht es für die alleinlebende Grundsicherungsbezieherin aus, die lediglich 200 Euro Einmalzuschlag erhält – mit der Begründung, dass deren Energiekosten bereits in den Regelsätzen und den Kosten der Unterkunft enthalten seien. Doch die Regelsatzpauschalen sind, auch was die Stromkosten anbelangt, schon lange nicht mehr bedarfsdeckend.[9]

Zwar verschiebt sich das Ganze, wenn Kinder im Haushalt leben, durch den Kinderbonus von 100 Euro ein wenig, doch bleibt der Effekt unterm Strich skurril: Auch wenn ein Haushalt über 100mal mehr Einkommen verfügt als ein anderer, ist die staatliche Entlastung ähnlich hoch. Mit einem erheblichen Unterschied allerdings: Während der Einkommensmillionär diesen Mehrbetrag nicht einmal bemerken dürfte und das Geld direkt auf der hohen Kante verschwindet, werden die geplanten Summen bei der Niedrigeinkommensbezieherin wiederum kaum ausreichen, um angesichts der aktuellen Situation nachhaltig zu helfen.

Das gesamte Maßnahmenbündel lässt damit weder eine Bedarfs- noch eine Einkommensorientierung erkennen, geschweige denn eine sozialökologische Ausrichtung. Darüber können auch die sommerlichen 9-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr nicht hinwegtäuschen. Deren Verteilungswirkung ist nur schwer abzuschätzen. Zu vermuten ist jedoch, dass in einigen Städten mindestens ebenso viele Touristen wie tatsächlich bedürftige Menschen dieses Angebot nutzen werden.

Quelle           :        Blätter-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —      Watering cans by the french company Riviera. 1980’s years.

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Unten         —      Ulrich Schneider auf dem Parteitag von Die Linke im Februar 2021

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US-Atomwaffen in Schland

Erstellt von Redaktion am 14. Juni 2022

Friedensaktivistin verbrachte neun Tage in Einzelhaft

Unsere Zukunft Atomwaffenfrei - Demo Büchel 2008 - umdrehen.jpg

Quelle      :        INFOsperber CH.

Helmut Scheben / 

 In einer Zeit, in der Angst vor einem Atomkrieg wieder umgeht, kommen Atomwaffengegner in Deutschland vor den Richter.

«Das Schöne war, dass ich im Gefängnis so viele Briefe bekommen habe», erklärt Ria Makein. Am 6. Juni wurde sie aus der Haft entlassen. Einen Tag vor ihrem siebzigsten Geburtstag. Sie hatte im April 2019 im Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel gegen die dort gelagerten NATO-Atombomben demonstriert und wurde wegen Hausfriedensbruchs verurteilt. Da sie die Geldbusse nicht zahlte, musste sie 30 Tage ins Gefängnis. Sie war damals zusammen mit anderen auf den Flugplatz vorgedrungen und hatte Transparente hochgehalten, auf denen unter anderem zu lese war «Frieden schaffen ohne Waffen».

Das war der Leitsatz der deutschen Friedensbewegung, einer Bewegung, die seit ihrer Gründung Ende des 19. Jahrhunderts mit Namen aufwarten konnte wie Bertha von Suttner, Carl von Ossietzky, Kurt Tucholsky oder Martin Niemöller. Die Bewegung erlebte ihren Höhepunkt in den 1980er Jahren mit dem breiten Widerstand gegen die Stationierung von Raketen mit Nuklearsprengköpfen in Deutschland. Die Sitzblockaden und andere gewaltfreie Aktionen wurden später nach jahrelangen Verfahren vom Bundesverfassungsgericht als legal anerkannt. Die von Vorinstanzen Verurteilten wurden entschädigt.

Heute weht ein anderer Zeitgeist. Deutsche Grüne und Sozialdemokraten stehen stramm hinter der NATO. Wer heute den Rüstungsbetrieb stört, wird kaum auf Verständnis der Justiz treffen. Ria Makein und die 16 anderen, die 2019 am Atomwaffenlager demonstrierten, gehören zu einer aussterbenden Art: Pazifisten und Mitglieder der Friedensbewegung. Das sind Ungläubige, sie glauben weder an die Rüstungsindustrie noch an die Doktrin vom «Gleichgewicht des Schreckens». Sie glauben nicht, dass mit mehr Waffen mehr Sicherheit oder mehr Frieden geschaffen werden.

Sie sind heute die Ex-Kommunizierten in einem «christlichen Abendland», welches wieder einmal auf Panzer und Artillerie schwört.

Diesen Artikel gibt es auch als Audio-Hörbeitrag: hier klicken!

Den Radio-Podcast hat Klaus Jürgen Schmidt von «Trommeln im Elfenbeinturm» realisiert.

Ria Makein hatte dem Richter gesagt, sie habe keinen Hausfrieden gebrochen, denn ein Gelände, wo der Atomkrieg vorbereitet werde, könne keinen Frieden beherbergen. Und weiter: «Wenn das Gesetz genutzt wird, um die Vorbereitung von Massenmord und Krieg zu schützen, dann ist der Versuch gerechtfertigt, auf dieses Unrecht hinzuweisen und rechtlich dagegen vorzugehen.»

Sie zitierte den US-Präsidenten Dwight. D. Eisenhower: «Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur den Schweiss ihrer Arbeiter, den Geist ihrer Wissenschafter, sie verpulvert auch die Hoffnung ihrer Kinder.»

Wer solche Rede führt, der muss sich heute warm anziehen. Denn heute haben Rufe wie «Sieg über Russland» Konjunktur. Pazifismus ist das Schimpfwort der Stunde. Friedensaktivisten werden als nützliche Idioten des Kremls bezeichnet.

Da wird eine Suppe gekocht, die an alte Rezepte erinnert. «Wehrkraftzersetzung» und «fünfte Kolonne» sind in Deutschland keine Fremdwörter. Und die Köche dieser Suppe kümmern sich kaum um das deutsche Grundgesetz, das Pazifistinnen und Pazifisten ausdrücklich hochachtet, wenn es in Artikel 4 Absatz 3 festhält, jeder habe das Recht, den Dienst mit der Waffe zu verweigern.

US-Atomwaffen in Deutschland

Der Übungsbetrieb mit Atomwaffen und die Drohung mit Atomwaffen verstossen nicht nur gegen den Atomwaffensperrvertrag von 1968 und gegen das deutsche Grundgesetz, sondern sind auch vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag (IGH) 1996 als völkerrechtswidrig gebrandmarkt worden. Ausserdem ergaben alle Befragungen, dass eine grosse Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht will, dass Deutschland Atomwaffen besitzt. Dass bislang keine deutsche Regierung in der Lage war, diesem Volkswillen Folge zu leisten, liegt an der Verfügungsmacht der USA in Sicherheitsfragen. Der deutsche Staat hat seit 1945 in dieser Hinsicht keine Souveränität.   

Ria Makein argumentierte vor Gericht, die Justiz mache sich «zum Büttel des Staates, wenn sie dem militärischen Machbarkeitswahn der NATO jedes Recht gebe» und den sich wehrenden Bürgerinnen kriminelle Energie zuspreche. Sie sagte dem Richter:

«Mein Vater war nach dem letzten Krieg der einzige Überlebende von vier Söhnen meiner Grosseltern. Meine Mutter hatte in den letzten Kriegstagen ihren 17jährigen Bruder auf dem Rückzug im Osten verloren. Ich bekam Gelegenheit, die Realschule zu besuchen und konnte nach Abschluss einer Lehre als Industriekauffrau in Düsseldorf studieren. Dies wurde mir nur durch staatliche Unterstützung möglich. Dafür bin ich meinem Staat äusserst dankbar. In den ersten 18 Jahren meines anschliessenden Berufslebens leitete ich in Köln einen evangelischen Kindergarten. Als ich mit 29 Jahren darauf aufmerksam gemacht wurde, dass wir in Europa auf einem Pulverfass leben und mit dem sogenannten NATO-Doppelbeschluss eine weitere Lunte gelegt werden sollte, begann ich darüber nachzudenken, für welche Zukunft ich diese Kinder vorbereite.»

Neun Tage lang 23 Stunden täglich in der Zelle

Der Richter hatte kein Einsehen. Die Siebzigjährige war die ersten neun Tage im geschlossenen Vollzug: täglich 23 Stunden in der Zelle, eine Stunde Ausgang auf dem Innenhof. Den Rest verbrachte sie im offenen Vollzug, sie konnte das Zimmer verlassen und in den Garten gehen. Auf die Frage, woher sie in ihrem Alter die Kraft nehme, gegen den Strom zu schwimmen, antwortet sie, es seien die persönlichen Bindungen, von denen sie sich getragen fühle: «Durch die viele Post, die mich in diesen vier Wochen erreichte, wurde mir dieses grossartige Netzwerk bewusst.»

Als Beispiele für dieses Netzwerk nennt sie die Quäker, die Deutsche Friedengesellschaft (DFG/VK) oder die «Lebenslaute», eine Gruppe von Musikerinnen und Musikern, die vor Rüstungsfabriken oder Militärübungsplätzen mit klassischer Musik und Chorgesang zivilen Ungehorsam praktizieren und dort intervenieren, wo der Staat ihrer Meinung nach Unrecht duldet.

Ende April publizierte die Journalistin Alice Schwarzer zusammen mit 27 deutschen Intellektuellen einen offenen Brief an den deutschen Kanzler Scholz. Darin bitten sie die deutsche Regierung, auf   Waffenlieferungen und Eskalation mit unvorhersehbarem Ausgang zu verzichten. Stattdessen sollten alle Anstrengungen für einen Waffenstillstand und eine Verhandlungslösung unternommen werden.

Der Aufruf entpuppte die gewaltige deutsche Empörungsbereitschaft. Im Wochenblatt «Der Spiegel» schrieb ein «Strategieberater» namens Sascha Lobo am 20. April, ein «substantieller Teil der Friedenbewegung» sei ein «Lumpen-Pazifismus» und der indische Friedensaktivist Mahatma Ghandi sei eine «sagenhafte Knalltüte» gewesen und bis heute «ein Vorbild für viele Pazifisten».

Der Musiker und Publizist Wolfgang Müller brachte im selben Wochenmagazin seine Verachtung für zivilen und unbewaffneten Widerstand auf die Formel:

«Man darf sagen, dass man lieber feige und lebendig als mutig und tot wäre […] Man soll es aber nicht als friedliebenden Pazifismus verkaufen.»

Angesichts der Entschlossenheit derer, die auf mehr Panzer und Artillerie zur Konfliktlösung setzen, vernimmt man im Deutschland der Talk Shows und der grossen Medien nur noch wenige pazifistische Stimmen.

Die evangelisch-lutherische Theologin Margot Kässmann sagte am 12. Mai in der ARD-Sendung Monitor: «Das Ende des Pazifismus wurde schon oft beschrieben angesichts all der Kriege, die in dieser Welt stattfinden, und angesichts derer immer wieder gesagt wird, jetzt müsse die Waffe in die Hand genommen werden. Und ich bin dankbar, dass es noch Menschen gibt, die das durchhalten und sagen: Trotz all dieser entsetzlichen Gräuel bleibe ich dabei, dass ich Waffen nicht als Lösung sehe.»

Ria Makein ist eine von diesen Menschen. Sie sagt: «Ich würde es jederzeit wieder machen. Ich bin siebzig, fühle mich aber wie fünfzig.»

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Grafikquellen          :

Oben     —   Demonstrants facing the police chain at the main gate with a banner: „Turn around! The threat is behind you!“. Demonstration against nuclear weapons in Germany, August 30, 2008 at the Büchel airbase, with around 2000 participants, in the context of the campaign „Unsere Zukunft – atomwaffenfrei!“ (Our Future – Nuclear Weapon Free!), see http://www.atomwaffenfrei.de

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Es brennt in Neukölln

Erstellt von Redaktion am 28. Mai 2022

Seit Jahren tobt eine rechte Terrorserie im Süden von Berlin.

Von Gareth Joswig

Ein Untersuchungsausschuss soll nun rechte Behördenverstrickungen aufklären. Unterdessen hören die Anschläge nicht auf.

Der Besitzer des verbrannten Autos in der Hufeisensiedlung in Berlin-Neukölln nimmt es mit Galgenhumor, als er vor den verkohlten Resten seines Kombis steht. „Wollen Sie vielleicht ein Auto kaufen?“, fragt er, während er das nach verbranntem Gummi stinkende Wrack fotografiert – für die Versicherung, wie er sagt. Ob er sich vorstellen könne, warum jemand sein Auto angezündet hat, ob die Tat möglicherweise sogar einen politischen Hintergrund hat? „Nein“, sagt der Mann, „das ist vollkommen zufällig.“ Er wohne gar nicht hier, sondern sei nur zu Besuch bei einem Freund gewesen. Seinen Namen will der Mann nicht in der Zeitung lesen.

Was er nicht weiß: Tatsächlich wohnt ein israelisches Pärchen in dem Haus, vor dem sein Auto am vergangenen Wochenende angezündet wurde. Und laut Polizei gab es dort vor Kurzem einen Anschlag: Am 4. Oktober sprühte jemand mutmaßlich mit einem Reizstoffsprühgerät durch die Hecke des Gartens und traf dabei eine Frau. Am 9. November 2021 schmierte jemand an das Haus ein Hakenkreuz, sicher nicht zufällig am Jahrestag der Reichspogromnacht. Die Polizei schließt nach dem Fahrzeugbrand vergangenen Samstag dennoch zunächst ein politisches Motiv aus. Erst nachdem ein von einer Anwohnerin gefilmtes Video des brennenden Autos viral geht und viel öffentlichen Druck erzeugt, übernimmt der für Rechtsextremismus zuständige Staatsschutz den aktuellen Fall. Die Nachbarin filmte das Geschehen sprachlos aus ihrem Fenster, postete das Video auf Twitter und schrieb dazu: „Der 13. Brandanschlag seit Oktober. Rechtsterror. Kein Zufall!“ Die Flammen auf dem Video schlagen meterhoch und greifen auf die Äste einer Kiefer über, die direkt am Haus steht. Mehrere Anwohner sprachen der taz gegenüber von Glück, dass sich das Feuer nicht ausbreitete.

Es sind diese Bilder, die bei vielen in der Gegend böse Erinnerungen wecken. Im südlichen Teil des Bezirks Neukölln, im eher bürgerlich-beschaulichen Ortsteil Britz, terrorisiert ein Netzwerk militanter Neonazis seit über 12 Jahren systematisch Anwohnenende, die sich demokratisch engagieren oder öffentlich gegen Rechtsextremismus positionieren. Sie sprühten Morddrohungen, Hakenkreuze und NS-Parolen, sprengten Briefkästen, klauten Stolpersteine, zerstörten Fenster von Häusern, Cafés und Läden und verübten Brandanschläge auf zahlreiche Autos sowie auf ein Haus der linken Jugendorganisation „Die Falken“.

Ihre Opfer hatten die Neonazis zuvor oftmals systematisch ausgespäht. Nach Hausdurchsuchungen fand die Polizei Feindeslisten mit detaillierten Personendaten – über 500 Namen mit Angaben zu Adressen, Familienmitgliedern, Mitgliedschaften, Berufen, Autokennzeichen. Vereinzelt gibt es in den Daten gar Überschneidungen mit einer Liste des NSU-Kerntrios.

Aber trotz eines über Jahre erheblichen Personalaufwands mit mehreren Sonderermittlungsgruppen und -kommissionen sind Polizei und Behörden in Berlin weit davon entfernt, die Anschlagsserien mit den Höhepunkten 2011/2012 und 2016 bis 2018 aufzuklären. Das Vertrauen in den Staat ist bei vielen Betroffenen zerstört – zumal neben Ermittlungsversäumnissen zuletzt rechte Verstrickungen von Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt wurden.

Warum die Ermittlungen im Neukölln-Komplex lange so erfolglos blieben, soll ab dem 3. Juni nun ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus aufklären. Fragwürdiges gibt es genug: So wurden der für die Ermittlungen verantwortliche Oberstaatsanwalt F. sowie ein weiterer Staatsanwalt wegen des Verdachts auf Befangenheit zwangsversetzt. Einer der beschuldigten Neonazis hatte sie in einem Chat als AfD-Wähler eingeschätzt, sie hätten angedeutet, auf der Seite der Hauptverdächtigen zu stehen, man habe also von den Ermittlungen nicht allzu viel zu befürchten.

Nachdem daraufhin die Berliner Generalstaatsanwaltschaft den Fall an sich zog, nahmen die Ermittlungen an Fahrt auf. Nach einem zunächst verfehlten Anlauf wurde mittlerweile eine hauptsächlich auf Indizien gestützte Anklage gegen fünf Personen eingereicht. Sie fokussiert sich auf die beiden hauptverdächtigen Neonazis Tilo P., ehemals Funktionär der AfD Neukölln, sowie Sebastian T., Ex-Vorstand der NPD Neukölln und mittlerweile bei der rechtsextremen Kleinpartei III. Weg aktiv. Neben zwei Brandstiftungen auf Autos werden ihnen Propagandadelikte vorgeworfen sowie im Fall von T. erschlichene Coronahilfen und Sozialleistungen.

Der Großteil des Neukölln-Komplexes bleibt dennoch unaufgeklärt – dabei rechnen Behörden der rechtsextremen Anschlagsserie allein von 2016 bis 2018 über 70 Straftaten zu, davon 23 Brandstiftungen.

Mehrere Betroffene, mit denen die taz sprach, sind nach dem jüngsten Brandanschlag verängstigt und fühlen sich aufgrund fehlender Aufklärung nicht ausreichend geschützt. Der betroffene Linken-Politiker Ferat Koçak sagte der taz, dass er nach den Bildern vom brennenden Auto nicht schlafen konnte: „Ich habe das Gefühl, der Objektschutz im Bezirk hat wieder nachgelassen. Das war ab 2014 auch schon mal so, danach gingen die Anschläge wieder los. Dass die Polizei nicht von Beginn an nach rechts ermittelt, kritisieren wir seit Jahren. Es gibt noch immer eine Aufklärungsrate von null Prozent.“

Insbesondere Koçak hat allen Grund, misstrauisch zu sein: Der Verfassungsschutz wusste durch Telefonüberwachungen, dass die Neonazis T. und P. den Linken-Politiker systematisch ausspähten und einen Anschlag planten. Obwohl der Geheimdienst seine Erkenntnisse mit der Polizei teilte, warnte diese Koçak nicht. Kurz danach brannte am 1. Februar 2018 nachts dessen Auto. Beinahe griff das Feuer auf das Haus über, in dem er und seine Eltern schliefen.

Und die Liste der Ungereimtheiten lässt sich fast beliebig verlängern: Der Polizist Detlef M. war über die AfD per Telegram-Chat und Mail mit einem der Hauptverdächtigen vernetzt und zudem Mitglied einer rechtsextremen Polizei-Chatgruppe. Der bis 2016 im Neukölln-Komplex ermittelnde Polizist Stefan K. wurde kürzlich zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er in seiner Freizeit aus rassistischen Motiven einen Afghanen krankenhausreif prügelte. Und der LKA-Beamte W. wird verdächtigt, einen führenden Neuköllner Neonazi in einer Kneipe getroffen zu haben.

Auch der Mord an Burak Bektaş ist seit über 10 Jahren nicht aufgeklärt

Quelle      :         TAZ-online       >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —  Autonome legten am 16. Juni 2021 ein Feuer in der Rigaer Straße, Ecke Liebigstraße

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Unten     —   Rigaer 94, Oktober 2020

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Zum B.Grundeinkommen

Erstellt von Redaktion am 28. Mai 2022

Der Trugschluss von Christoph Butterwegge :
zum Bedingungslosen Grundeinkommen

http://www.archiv-grundeinkommen.de/material/pk/PK-6-finanzierbarL-v.jpg

Von:  Charlotte Ullmann

Eine Auseinandersetzung zu Butterwegges Artikel „Solidarität statt Grundeinkommen“ Butterwegge stellt eine unhaltbare Alternative auf: Solidarität statt Grundeinkommen? Was gibt es Solidarischeres und Demokratischeres als ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jeden auffängt, der ins Uferlose zu stürzen droht?

Das kann sogar der Unternehmer sein mit einem vorweg gut florierenden Unternehmen, das Konkurs gemacht hat, der gut bezahlte Angestellte, der wegen eines Unfalls plötzlich arbeitsunfähig geworden ist, oder der prekär Beschäftigte, der Arbeitslose, sowie der Obdachlose, den eine Krise, sei es eine Pandemie oder Wirtschaftskrise, erst recht einholt.

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Krisen, wie Pandemien und dgl. wäre ein einfaches und unbürokratisches Instrument, den Menschen zu helfen, wie jüngst in der Covid-19-Pandemie.

Ergo: Für alle wäre gesorgt, auch für den Reichen im Notfall. Ein demokratischeres Prinzip gibt es nicht.

Nur, solange die Reichen reich sind, tragen sie durch nachgelagerte steuerliche Abgaben wesentlich dazu bei, das Grundeinkommen mitzufinanzieren. Eine Umverteilung par excellence, die einen wirklichen Sozialstaat garantieren und die Spaltung der Gesellschaft aufheben würde.

Aber so weit denkt Butterwegge offensichtlich nicht.

Er würde auf das Argument hin eher sagen, die Reichen können sich mit ihrem Geld für den Ernstfall eine Privatversicherung gegen Unfall oder Berufsunfähigkeit leisten und die Armen werden mit Hartz IV oder Sozialhilfe aufgefangen. Gut und schön, wir wissen, wie das funktioniert, nämlich auf Kosten der Menschenwürde des armen Hilfesuchenden, verbunden mit Stigmatisierung und Gängelei (Sanktionen), was Butterwegge ebenso nicht will.

Nicht nachzuvollziehen ist, wie Butterwegge bei Grundeinkommenskonzepten unterschiedslos von der Prämisse ausgeht, alle Bürger bekämen nach dem Gießkannenprinzip dasselbe, ob er es brauche oder nicht. Dementsprechend macht er folgende Milchmädchenrechnung auf:

„Erhielten die 83,2 Millionen Einwohner:innen der Bundesrepublik beispielsweise 1.000 Euro pro Monat, müsste der Staat dafür ungefähr eine Billion Euro aufbringen. Das ist erheblich mehr, als Bund, Länder und Kommunen jährlich an Steuern einnehmen“.

Dabei unterschlägt er die Steuerkonzepte, die jedem sozialen System zugrundeliegen, somit auch den linken, nicht neoliberalen Grundeinkommenskonzepten. Die jedoch mit ihren Steuerkonzepten einen viel besseren und gerechteren sozialen Ausgleich gewährleisten können, als das heute der Fall ist.

Wenn sich Butterwegge vorrangig an neoliberalen Konzepten orientiert, gemäß derer der Mensch schlechter gestellt wäre als mit Hartz IV, und so tut, als gäbe es nur diese Konzepte und nicht auch die anderen, wie bsw. das linke emanzipatorische Konzept der BAG- Grundeinkommen in und bei der Linken, das hier insbesondere vorgestellt wird, dann frage ich mich, ob das böser Wille ist, dem Leser bewusst Sand in die Augen zu streuen oder pure Unkenntnis, weil er sich eine umfassende Lektüre nicht mehr zumuten will.

Von wegen Geld nach dem „Gießkannenprinzip“ über alle Einwohner gleichermaßen ausgeschüttet? Das stimmt zwar zunächst. Aber durch die nachgelagerte Besteuerung eben nicht mehr.

Und das Konzept der BAG- Grundeinkommen (ich war an der Novellierung beteiligt) sieht einen grundlegenden und umfassenden Umbau der heutigen Steuergesetzgebung wie folgt vor:

Nicht nur, dass darin alle Steuerschlupflöcher gestopft werden sollen, die Vermögenssteuer wieder eingeführt, die Erbschaftssteuer erhöht, eine Transaktionssteuer neu eingeführt, sondern es soll auch jeder über das Grundeinkommen hinaus verdiente Euro mit einer Grundeinkommensabgabe von 35 Cent belegt werden, nach oben nicht gedeckelt, so dass im Endeffekt ca. 90 Prozent der Menschen netto besser gestellt wären als heute. Nur wer mehr als 6500.- Euro im Monat verdient, wäre Zuzahler, mit Kindern jedoch erst ab 10 Tausend Euro brutto monatlich.

Diametral dazu stehen die neoliberalen Konzepte.

Das von Goetz Werner zum Beispiel sieht sogar die Abschaffung von fast allen Steuern vor, mit Ausnahme der Konsumsteuern, über die der gesamte Staatshaushalt inklusive Grundeinkommen geschaukelt werden soll.

Das würde eine gigantische Preisexplosion nach sich ziehen, die Reichen (Unternehmer) würden profitieren und die Armen verhungern!

Ganz abgesehen davon, dass nach dem notwendigen Abzug der Konsumsteuern für den Export dieser noch mehr gefördert würde, der Import jedoch gedrosselt, was die ohnehin schon bestehende Schieflage in der Außenhandelsbilanz der BRD ins Unermessliche verstärken und die Reichen noch reicher machen würde.

Dass Butterwegge solche neoliberalen Konzepte ablehnt, ist verständlich. Auch wir wehren uns dagegen. Denn etwas Unsozialeres gibt es kaum.

In dem linken Konzept der BAG- Grundeinkommen wurde minutiös ausgerechnet (was sich wohl der Kenntnis von Butterwegge entzieht), dass bei ca. 1200.- Euro im Monat für jeden Einwohner, für Kinder die Hälfte, die Finanzierung eine solide Grundlage darstellt.

Ich betone nochmal: In unserem linken Konzept hätten alle mehr Netto als heute, vom Brutto, nämlich diejenigen, die bis zu 6500.- Euro im Monat als Alleinstehende verdienen, mit Kindern bis zu 10000.- Euro. Alle, die darüber liegen, wären Zuzahler!

Und da ca. 90 Prozent der Einwohner zur ersteren Kategorie gehören, ist das Konzept sozial ausgewogen, und nicht, wie Butterwegge behauptet, sozial ungerecht .

Entgegen der Unterstellung von Butterwegge blieben dabei Mehrbedarfe wie Wohngeld oder Behindertengeld bestehen, auch die Kranken-, Arbeitslosen-, und Rentenversicherung, allerdings umgebaut zu einer Bürgerversicherung, in die alle einzuzahlen haben, auch Beamte, Politiker und Berufsständische, wie bsw. Ärzte oder Anwälte, ganz im Sinne von Butterwegge.

Insgesamt bedeutete das eine gigantische Umverteilung von Reich zu Arm, wogegen die Reichen sich mit Händen und Füßen wehren würden.

Eine solche Umverteilung wäre ganz im Sinne von Butterwegge! Er als Armutsforscher beklagt ebenso wie wir die zunehmende Spaltung zwischen Arm und Reich!

Da müsste er sich mit Freuden auf unser linkes Konzept stürzen, schon gar, wenn er sich selbst als Linker wähnt, und es bewerben wie seine eigene Leib- und Magenspeise.

Nein! Er scheut unser Konzept wie der Teufel das Weihwasser. Warum? Das erschließt sich mir kaum! Rückwärtsgewandtheit?

Das Festhalten am Bismarkschen Konzept, das bald 150 Jahre alt wird und von Vollbeschäftigung ausgegangen ist?

Das hielte ich für anachronistisch!

Die Welt, und somit auch die Arbeitswelt, hat sich verändert. Maschinen, Roboter ersetzen zunehmend menschliche Arbeitskraft. Sicher, es werden dadurch auch neue Jobs geschaffen, aber unter dem Strich nimmt das Volumen menschlicher Arbeitskraft immer mehr ab.

File:Die Linke Grundrecht Grundeinkommen BGE Berlin 2013.jpg

Im Zuge der Digitalisierung geht der Trend hin zur Arbeitszeitverkürzung, und das bei vollem Lohnausgleich, sowie zur Freistellung von „Arbeit“, nämlich bezahlter Arbeit, und dafür brauchen wir eine menschenwürdige existentielle Absicherung. Auch, um die vielfach unbezahlte gesellschaftlich notwendige Arbeit wie die Erziehung von Kindern oder Carearbeit im allgemeinen entsprechend aufzufangen, und die macht ca. Zweidrittel der gesamtgesellschaftlich notwendigen Arbeit aus.

Allerdings muss es eine Absicherung sein, die, wie eingangs erwähnt,
jeden mitnimmt, ohne Diskriminierung, ohne Antragszirkus, ohne bürokratische Gängelung oder gar Sanktionen, ohne Bedrohung des Existenzminimums, das jedem Bürger grundgesetzlich zusteht. Also, demokratischer geht es nicht.

Da soll Butterwegge mal von seinem existentiell gesicherten hohen Ross heruntersteigen und das Leben eines Hartz IV- Empfängers führen, auch wenn dieses Leben ohne Sanktionen, die er gleichfalls abschaffen will, verlaufen sollte.

Aber nein! Er hängt lieber längst vergangenen Zeiten an, wie den Bismarckschen Sozialgesetzen, die auf Vollbeschäftigung fußen.

Man könnte fast meinen, Bismarck, dieser erzkonservative, aber fuchsschlaue Reichskanzler des neu gegründeten Deutschen Reiches (1871), der mit seinen noch heute existierenden Sozialgesetzen (1889) den Kommunisten das Wasser abgraben wollte, würde Butterwegge aus seinem Grab heraus fernsteuern.

Link:. https://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/581/solidaritaet-statt-grundeinkommen-8192.html#jumpto-comments

Charlotte Ullmann – Diplomsoziologin
Sprecherin der LAG- Grundeinkommen die Linke-Hessen

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Konferenz in Frankfurt

Erstellt von Redaktion am 18. Mai 2022

„Jugend gegen Krieg“

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Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von    :   Renate Dillmann

Am 23.4. fand im Frankfurter DGB-Haus eine Konferenz „Jugend gegen Krieg“ statt, zu der eine Reihe von Jugendorganisationen aufgerufen hatte.

Zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung gab es Workshops mit Jörg Kronauer, Jürgen Wagner, Horst Schmitthenner und Renate Dillmann. Was Renate Dillmann den Jugendlichen, die gegen den Ukraine-Krieg antreten wollen, zu sagen hatte, ist hier dokumentiert:

Der Ukraine-Krieg und seine innen- und sozialpolitischen Konsequenzen

Heftige Aufstockung des deutschen Rüstungshaushalts und zusätzlich noch ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden – da denkt man natürlich sofort: „Dafür haben sie also Geld“. Und sofort setzen auch die üblichen Beschwerden ein, die daran erinnern, dass in allen möglichen sozialen Haushalten „das Geld fehlt“, notorisch „Unterfinanzierung“ beklagt wird undsoweiter. „Statt“ Gelder für die armen Rentner, die Kitas, Jugendzentren, die Förderung von Antifa-Vereinen oder was man sich sonst noch an sinnvollen Zwecken vorstellt, locker zu machen, schiebt der Staat es „mal wieder“ dem Rüstungskapital in den Hals – so ungefähr heissen dann die Vorwürfe von links.

Gegen diese populäre Kritik möchte ich hier ein paar Argumente ins Feld führen und für eine andere, grundsätzlichere Kritik plädieren.

a) In den letzten Jahren konnte man bei verschiedenen Gelegenheiten merken, dass Geld nicht einfach „da ist“ oder „fehlt“. Bei der Finanzkrise, die in Deutschland eine Bankenkrise war, wurden – obwohl in dieser Zeit die „schwarze Null“, die Leitlinie: keine Neu-Verschuldung des Staats den Charakter eines Dogmas hatte – 500 Milliarden zur Rettung der Banken bereit gestellt; zu Beginn der Corona-Pandemie machte Olaf Scholz 500 Milliarden allein für Deutschland locker, die EZB dann weitere 750 Milliarden.

Erster Schluss an dieser Stelle: Der Staat steht irgendwie anders zum Geld als wir mit unserem ziemlich begrenzten Geld im Portemonnaie und höchstens einem kleinen Dispo auf dem Konto. Er kann sich im Unterschied zu uns das Geld quasi selbst machen, wenn er es für nötig hält. Warum das geht, wie das funktioniert und was er trotz dieser offenbar enormen Freiheit an Grenzen zu beachten hat – das sind wichtige Fragen, die wir hier nicht beantworten können.

Vielleicht so viel für eine allgemeine Vorstellung: Ein Staat kann sich in solchen Fällen verschulden, wenn und weil er über ein Land mit einem stetigen Wirtschaftswachstum regiert, das ihm auch zukünftig wachsende Steuereinnahmen bringt; solange die Finanzwelt, die ihm seine Staatspapiere abkaufen soll, das glaubt, funktioniert das für ihn.

b) Das funktioniert natürlich um so besser, je mehr die Finanzwelt der Meinung ist, dass die Schulden, die der Staat aufnimmt, dafür tauglich sind, weiteres Wirtschaftswachstum anzustossen.

Hier stösst man also auf die Frage der Verwendung staatlicher Schulden. Wer aus dem ersten Punkt vielleicht den Schluss gezogen hat, dass der Staat sich dann doch auch gefälligst mal für die guten, sozialen Zwecke verschulden könnte, wenn die Steuereinnahmen nicht reichen, der wird hier eines Besseren belehrt.

Wenn staatliche Verschuldung dazu taugen soll, das Wachstum der Wirtschaft zu fördern, in der Krise auch mal Schlimmeres (Firmen-, vor allem aber Bankenpleiten) zu verhindern, gibt es eine ganz wesentliche systematische Unterscheidung:

Es gibt – grob gesagt – Kosten für die Förderung der Wirtschaft und ihres Wachsens bzw. ihres Gewinnemachens, und es gibt Kosten für die Erhaltung von Leuten; die ersten werden im staatlichen Haushalt investive Kosten genannt, die anderen konsumtive.

Darin kommt eine kapitalistische Gesetzmässigkeit zum Vorschein: Soziale Transferleistungen dienen in einer kapitalistischen Wirtschaft, in der es um die Vermehrung von Geld geht, tatsächlich nur der Erhaltung von Menschen; sie dienen der Beseitigung von Schadensfällen dieser Wirtschaft (Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter, Pflegebedürftigkeit), die den allgemeinen Fortgang der Geschäfte nicht weiter stören sollen und deshalb staatlich verwaltet werden. Sie sind deshalb – im Gegensatz zur Förderung des allgemeinen gesellschaftlichen Geschäftemachens – nicht Staatszweck, sondern gewissermassen unvermeidliche Kosten. Das bedeutet aber auch: Diese Kosten müssen so niedrig gehalten werden wie möglich. Es ist tatsächlich eine Gesetzmässigkeit dieser Gesellschaft und nicht eine Frage des Wohlwollens mehr oder weniger sozial denkender (contra wirtschaftsliberaler) Politiker-Figuren, dass für diese Bereiche vom Standpunkt der Betroffenen aus (der Kranken, des Pflegepersonals, der Jugendlichen, der Menschen mit Behinderung, der Alten usw.) immer „zu wenig“ Geld vorhanden ist. (Insofern auch kein Wunder, dass eine rot-grüne Regierung die härtesten Sozialstaats-Einschnitte der BRD beschlossen hat, die Hartz-IV-Gesetze; und auch kein Wunder, dass die Links-Partei in den Landesregierungen, in denen sie sitzt, nichts grundlegend anderes zustande bringt.)

Noch eine Nebenbemerkung: Unter Linken gelten die sozialen Leistungen eines kapitalistischen Staats als das Gute, Fürsorgliche am Staat (an dem man ja sonst einiges auszusetzen hat, wie etwa seine Polizei und sein Militär). Das trifft die Sache nicht, macht sie viel schöner als sie ist; die Sozialpolitik ist Verwaltung der in einer kapitalistischen Gesellschaft notwendig anfallenden Armut – nicht mehr und nicht weniger. Dass die lohnabhängige Bevölkerung sie zum Überleben unbedingt braucht, ist noch lange kein Grund, Sozialleistungen für etwas Positives zu halten. Und dass die Regierungen heute, im sog. „neoliberalen Staat“ versuchen, auch aus den ganzen Abteilungen ihrer Armutsverwaltung noch ein Geschäft zu machen, setzt dem Ganzen die Krone auf, ist aber nicht der Grund dafür, dass Sozialpolitik eine schäbige Angelegenheit ist und bleibt.

c) Man kann an dem gerade erörterten Beispiel etwas überaus Wichtiges für das eigene Denken lernen. Am Anfang habe ich die allgemein üblichen Kommentare zitiert: „Dafür haben sie – die Politiker – Geld…“.

Man kann einen solchen Punkt als Auftakt dafür nehmen, sich zu überlegen, warum die Regierung Geld in die Rüstung steckt – das wäre mein Vorschlag. Dann würde man, Schritt für Schritt, die innere Gesetzmässigkeit einer Gesellschaft begreifen, in der um Geld konkurriert wird, die auf Wirtschaftswachstum setzt, und den dazu passenden Staat mit seiner Sozial- wie Aussenpolitik hat. Und übrigens auch Bürger, die die Reihenfolge der staatlichen Prioritätensetzung im Wesentlichen akzeptieren – selbst wenn es gegen ihre eigenen Interessen geht! Die Konsequenz daraus wäre: wer eine solche Gesellschaft mit ihren ständigen Schadensfällen nicht haben will, muss seine Gegnerschaft auch auf den Staat und selbst auf die lieben Mitbürger ausdehnen; es reicht hinten und vorne nicht aus, gegen das böse Kapital anzustänkern. Das habe ich am Anfang mit „grundsätzlicher Kritik“ gemeint, die nötig ist.

Man kann aber auch anders fortfahren. Dann heisst die Fortsetzung von „Dafür haben die Politiker Geld … statt dafür…“ und es folgt das, was der- bzw. diejenige eigentlich lieber hätte, sinnvoller fände etc. Damit schreibt man dem staatlichen Handeln einen Zweck zu, den es nach eigener Auffassung „eigentlich“ haben müsste: Der Staat müsste sich doch mehr um die Armen, die Unterprivilegierten, das überlastete Pflegepersonal usw. kümmern. Wenn er es nicht tut, versäumt er Wesentliches; er vergeht sich an dem, was doch seine Aufgabe ist usw. – so wird dann vorwurfsvoll und empört weiter gedacht. Die Transparente bei der nächsten Demonstration sehen entsprechend aus: „Bildung statt Rüstung“, „soziale Gerechtigkeit statt Bundeswehr“…

Man konfrontiert also das reale staatliche Handeln, in diesem Fall den Aufrüstungsbeschluss, mit der eigenen Vorstellung davon, wie der Staat zu handeln hätte: sozial statt militaristisch. Die Abweichung der Realität vom eigenen Wunschdenken macht man ihm dann zum Vorwurf – ein Denkverfahren, das man schlicht und ergreifend als Idealismus bezeichnen muss, in diesem Fall als Staatsidealismus.

Diese Art von Kritik kann man übrigens ein Leben lang durchziehen: man ist und bleibt dann ein Leben lang enttäuscht von diesem Staat – statt sich einmal im Wortsinn zu ent-täuschen, d.h. von den eigenen Täuschungen zu verabschieden. Natürlich wird der Staat nie den eigenen, besseren Vorstellungen von ihm gerecht; man selbst lässt aber auch nie die Vorstellung von einem „eigentlich“ guten, nützlicheren Staat sein. Weil man sich den Staat damit potenziell immer besser denkt, verlegt man die Gründe, warum er real ständig anders, schlechter handelt, in: Korruption, neoliberale Ideologie und andere Verdächtige.

Diese staatsidealistische Kritik hat die deutsche Arbeiterbewegung in x-verschiedenen Varianten gekennzeichnet – von der alten SPD der Marx-Engels-Zeit bis zur heutigen Linkspartei. Auch darauf können wir hier nicht näher eingehen, obwohl das ein sehr wichtiges und lohnenswertes Thema ist. Wer interessiert ist, soll mir schreiben, ich schicke dann etwas zu.

d) Ich komme zurück zum Aufrüstungsbeschluss. Nehmen wir ihn jetzt mal in der von mir vorgeschlagenen Art und Weise als Ausdruck davon, wie der deutsche Staat im Jahr 2022 seine Prioritäten setzt.

Also nicht als Verstoss gegen irgendwelche eingebildeten besseren Zwecke und auch nicht als Resultat gelungener Bestechung durch das Rüstungskapital (das würde ja auch gar nicht den besonderen Zeitpunkt jetzt erklären), sondern als Ausdruck dessen, was dieser Staat für notwendig hält.

Dann können wir daran folgendes lernen:

Unsere Regierung hält die Anschaffung von Kriegsmitteln in enormem Umfang für nötig. Sie strebt mit der angekündigten Summe den drittgrössten Rüstungshaushalt der Welt an, nach den USA und China – weit vor Russland.

Wofür ist das notwendig? Auch an dieser Stelle nutzt es nichts, sich auf den Standpunkt zu stellen, Staaten sollten doch möglichst friedfertig miteinander umgehen und dann aus allen Wolken zu fallen, wenn das mal wieder nicht der Fall ist – erneut eine Form idealistischen Denkens (übrigens sind ja auch viele zurzeit sehr enttäuscht davon, dass Russland in ein anders Land einmarschiert ist, weil sie sich von Russland auch eine andere, idealistische Vorstellung gemacht hatten).

Dagegen ist zunächst folgendes allgemein festzuhalten:

Staaten sind – auf einer ganz abstrakten Ebene – Gewaltmonopole über Land und Leute. Als Staaten existieren sie, weil sie es geschafft haben, der Gewalt anderer Staaten ihre entgegenzusetzen und sich in „ihrem Land“ zu behaupten. Erstens gehören Staat und Gewalt also ganz unmittelbar zusammen; zweitens stehen Staaten damit von Beginn an in einem prinzipiell negativen Verhältnis zu ihresgleichen, zu anderen Staaten. Frieden zwischen ihnen ist der Zustand, der durch ein Kriegsergebnis zustande gekommen ist. Das ist zunächst schon mal wichtig, um sich Staaten nicht falsch als Hüter von Frieden in der Welt vorzustellen, an die man appellieren könnte, wenn man etwas gegen kriegerische Auseinandersetzungen hat.

Moderne kapitalistische Staaten machen ihre Aussenpolitik im Normalfall nicht mehr, indem sie andere Länder überfallen, sie sich unterordnen oder ausplündern. Das ist seit dem Ende des 2. Weltkriegs und des Kolonialismus eigentlich vorbei. Damals haben die USA, übrigens im Verbund mit der Sowjetunion, die heutige Weltordnung durchgesetzt: Eine Welt souveräner Staaten, die frei und gleich am Weltmarkt konkurrieren. Das haben die USA im vollen Bewusstsein dessen getan, dass sie damit die exklusiven Einfluss-Sphären der grossen Kolonialmächte England und Frankreich aufknacken, um selbst dort Geschäft machen zu können. Und das haben sie im Bewusstsein dessen getan, dass sie als überlegene kapitalistische Macht mit dem produktivsten Kapital und ihrem Dollar den grössten Nutzen aus einem freien Weltmarkt ziehen können. Zur Absicherung dieser Weltordnung verfügen sie zudem über das grösste Militär, inklusive Atombombe (deren Wirkung sie am Ende des Weltkriegs noch demonstriert hatten).

Moderner Imperialismus besteht also – im Unterschied dazu, wie Lenin ihn noch kannte und sich erklärt hat – nicht mehr im Überfallen anderer Länder und ihrer unmittelbaren Ausplünderung.

Imperialismus heute besteht im ersten Schritt darin, dass kapitalistische Staaten Handel und Kapitalexport in aller Welt betreiben, sich Rohstoffe für ihre heimische Kapitalakkumulation kaufen, ihre Waren auf allen Weltmärkten anbieten, überall investieren, also überall „friedliche Geschäfte machen“.

Weil diese Geschäfte aber doch nicht so ganz friedlich sind, weil sie nicht – wie immerzu behauptet wird – zum allseitigen Nutzen laufen, „win-win“ bringen, sondern in einer kapitalistischen Geschäftsbeziehungen Gewinne letztendlich immer auf Kosten anderer errungen werden, hat auch in einer solchen Welt das Militär seinen festen Platz. Es muss die freien Schifffahrtsrouten sichern, Staaten im Zaum halten, die sich gegen ruinöse Resultate wehren oder gar auf die Idee kommen, bei dieser schönen Weltordnung nicht mitzumachen (wie die vielen sozialistischen Experimente von Vietnam, Kuba über Chile bis Venezuela). Es musste im Kalten Krieg einem ganzen Ostblock einen zerstörerischen Rüstungswettlauf aufmachen, um die freie Welt überhaupt wirklich „global“ zu machen; es muss heute geostrategische Einfluss-Sphären der Grossmächte absichern, weil die bereits jetzt – im sog. „Frieden“ – wissen, dass es auf Dauer nicht gut geht zwischen ihnen (Stichwort: Kampf der USA gegen China um die Hegemonie in der Welt, dazu Vorträge von mir!).

Soviel mal als kleiner imperialismus-theoretischer Exkurs mit der dringenden Bitte an euch, euch diesen Zusammenhang zwischen Geschäft und Gewalt klar zu machen.

e) Wir kommen von der Frage, was es mit der jetzt beschlossenen Erhöhung des Rüstungshaushalts in Deutschland auf sich hat. Die Kritik von links heisst: Falsche Prioritätensetzung, das Geld gehört in den Sozialhaushalt.

Die Bundesrepublik Deutschland hat eine der grössten kapitalistischen Ökonomien auf diesem Globus hingekriegt; sie war mit einer verhältnismässig kleinen Bevölkerung jahrelang Exportweltmeister. Ihr ökonomischer Aufstieg nach dem 2. Weltkrieg hat massiv auf ihrem militärischen Bündnis mit den USA beruht. Das greifen die USA heute an, nicht erst seit Trump; sie wollen es sich nicht mehr bieten lassen, dass Deutschland ökonomisch ungemein von ihrer Weltordnung profitiert, ohne für die Kosten der Sicherung entsprechend einzustehen. Gleichzeitig ist mit China eine neue Grossmacht entstanden.

Ihr kennt alle die entsprechenden Regierungs-Aussagen, die es in dieser Frage seit Jahren gibt: Deutschland/die EU muss mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Nehmt die einfach mal ernst, sie sind es nämlich. Der deutsche Kapitalismus, also das ganze schöne Produzieren, Verkaufen, Investieren, kann nur dann weiter erfolgreich sein, wenn Deutschland das auch selbst militärisch absichern kann. Man kann das auch grün wertemässig ausdrücken: Deutschland muss überall in der Welt für Freiheit und Menschenrechte zu sorgen – in China, Russland wie im Nahen Osten.

Das ist die Lage dieser Nation und das ist ihr Beschluss zur Aufrüstung: Man zählt sich zur ersten Liga der Weltmächte (grün-wertemässig: Wir sind die gute, demokratische und zivilisierte Macht auf der Welt und haben die Verantwortung, alle anderen zu erziehen)! Entsprechend fällt künftig der Rüstungshaushalt aus; mit dem Krieg Russlands in der Ukraine hat man die Legitimation, alle Beschränkungen der Nachkriegszeit (Kriegsverlierer und so) hinter sich zu lassen: der böse Putin verlangt das jetzt alles. Und alles andere in der Nation hat dahinter jetzt zurückzustehen (ob es die Wirtschaft mit ihren Interessen in Russland und an billiger Energieversorgung ist oder sonst was; selbst Enteignungen sind plötzlich denkbar! Hier sieht man klipp und klar, wie sehr sich der Staat im Ernstfall über alle Interessen, auch die der Wirtschaft, hinwegsetzt!

f) Einige Schlüsse daraus:

An diesen Staat zu appellieren, er solle sich doch auf seine friedlichen Qualitäten zurück besinnen, liegt daneben. Die Zeit der nach dem 2. Weltkrieg erzwungenen Zurückhaltung ist für Deutschland vorbei; die USA lassen das nicht mehr zu und Deutschland hat das ja auch schon lange nicht mehr gepasst.

Die Bürger machen diese Schritte mit – nicht besonders begeistert, das konnte man an der fehlenden Zustimmung zum Afghanistan-Krieg noch sehen. Aber praktisch haben sie auch das mitgetragen. Heute, wo Russland der alte und neue Feind ist, gibt es eine enorme Zustimmung zu Waffenlieferungen – obwohl klar ist, dass Deutschland damit de facto Kriegspartei ist und nach Putins Ansage mit entsprechenden Konsequenzen rechnen muss. Sehr mutig also, unsere Mitbürger! Auch hier gilt: auf einen angeblich vorhandenen Friedenswillen der Leute kann man nicht setzen – wer sich das anders vorgestellt hat, sollte sich schleunigst klar machen, mit wem er es eigentlich zu tun hat. Internationale Solidarität einer friedliebenden Arbeiterklasse ist jedenfalls nicht – stattdessen: patriotische Bürger, die bereit sind, auf Ansage zur Waffe zu greifen.

Und die bereit sind, Opfer zu bringen ohne gross Fragen zu stellen: Solidarität mit der Ukraine heisst das Gebot der Stunde (egal, was das eigentlich für ein Land ist – mit Repression, Zwangsrekrutierung, Oligarchen, Nazis, durchgeknallten Patrioten). Frieren für die Freiheit, höhere Preise für die Energieversorgung und jetzt schon einsehen, dass alles, ausser dem eigenen Lohn, teurer werden „muss“ – wegen Putin natürlich.

Wenn ihr eure Kriegsgegnerschaft ernst meint, müsst ihr gegen das alles antreten. Und dafür müsst ihr es zunächst mal begreifen: warum das demokratische Deutschland soviel Geld ins Militär steckt und warum die lieben Mitbürger so gute und gewaltbereite Patrioten sind.

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Verfasser Lupus in Sachsen         /      Quelle       :      Eigene Arbeit          /     Datum     :     4. Juni  2019

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Charta der Vielfalt

Erstellt von Redaktion am 16. Mai 2022

Gerechtigkeit und Würde in Rendsburg – Eckernförde

Rendsburgerhochbrücke.jpg

Rendsburger Hochbrücke

Von   :     Jimmy Bulanik

voor :    Nora – Marie Rohmann

Der Kreis Rendsburg – Eckernförde ist der Charta der Vielfalt beigetreten. Damit wird ein entschlossenes Signal für ein Plus an Menschenwürde und Toleranz gesetzt. Bereits im Jahr 2016 ist die Kommune dem Bündnis gegen Homophobie beigetreten und hat die Lübecker Erklärung unterzeichnet.

Dies ist ein Arbeitskreis unter der Leitung der Gleichstellungsbeauftragten entstanden. Politische Repräsentantinnen und Repräsentanten, juristische Personen des privaten Rechtes sowie natürliche Personen der demokratisch gesinnten Zivilgesellschaft sowie Engagierte begegnen sich am Runden Tisch für Akzeptanz und Respekt. Das zeitnahe bewerkstelligen von mehr Gerechtigkeit, Menschenwürde und die Erhebung der Lebensqualität ist das Ziel.

Der Runde Tisch setzt die Werte der Charta der Vielfalt um. Dazu gehört die Implementierung von Maßnahmen der Pluralität. Darüber hinaus die Methoden der Vernetzung.

Am internationalen Tag gegen Homo-, Bi, inter* und trans* Phobie am 17. Mai 2022 wird der Beitritt im Kurpark in Eckernförde mit einem farbenfrohen Straßenfest gefeiert.

Die Tugend der Solidarität steht allen Menschen frei

Der Kinderchor der Sprottenschule Eckernförde wird um 17:15 Uhr solidarische Lieder für die Menschen aus der Ukraine vortragen. Für den politischen Antifaschismus wird die Band Bejarano & die Microphone Mafia ab 18 Uhr auftreten. Sie alle streben für ein humanistisches, zeitgemäßes Wertegerüst.

Obendrein wird ein charismatisches Rahmenprogramm mit Informationsständen (Gleichstellungsstelle Rendsburger Regenbogengruppe, die Lobbyorganisation LSVD), sensorische bekömmliche Speisen wie Phil‘s Burger, Nordic Kaffeekocher, Basteltisch mit Buttonmaschine und Kinderschminken mit dem Einhorn Sophie angeboten.

Eröffnet wird das Fest durch die Kreispräsidentin, Juliane Rumpf. Um 20 Uhr wird die Feierlichkeiten enden. Laut Geodaten wird das Wetter bei 18 C sonnig werden.

Die demokratisch, humanistisch gesinnte Zivilgesellschaft entwickelt sich weiter. Was in Eckernförde stattfindet wird durch die Welt reisen. Jede Form von Gerechtigkeit ist begrüßenswert.

Nützlicher Link im Internet:

Het kleine paradijs

„Als de liefde brandt in dit kleine land is het hier het paradijs“

www.youtube.com/watch?v=t0ADj1q71RE

Als de regen onze liefde blust
En de hemel op mijn schouders rust
Wil ik naar een land
Aan de andere kant
Naar een land hier ver vandaan
Naar een ander land
Aan de overkant
Waar de wolken niet bestaan.

Als een vogel wil ik vliegen dan
Veel verder dan ik dromen kan
Als het even kan wil ik naar de zon
Wil ik heel ver weg op reis
Op een klein balkon
In de avondzon
In een heerlijk paradijs

Maar dan weet ik dat mijn hart verlangt
Naar de regen van dit kleine land
Waar ook jij mijn hart verwarmen kan
Ja, mijn hele leven lang

Want al is de hemel soms heel grauw
Als je houdt van mij en ik van jou
Ben je rijker dan
Ik ooit wensen kan
In dit kleine paradijs
Ook al is het koud
Als je van me houdt
Is het hier het paradijs

Van een hele kleine luchtballon
Maken wij een reuze grote zon
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs

Nu de sterren aan de hemel staan
En ons hart verwarmd wordt door de maan
Nu we samen zijn
Niemand krijgt ons klein
In dit kleine paradijs

Kom we zingen tot de ochtend komt
En we dansen samen in het rond
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs

Kom we zingen tot de ochtend komt
En we dansen samen in het rond
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs
Als de liefde brandt
In dit kleine land
Is het hier het paradijs

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Grafikquellen          :

Oben     —

Gemeinfreiheit Ich, der Urheberrechtsinhaber dieses Werkes, gebe dieses Werk in die Gemeinfreiheit frei. Dies gilt weltweit.
In einigen Ländern ist dies möglicherweise rechtlich nicht möglich; wenn ja:
Ich gewähre jedem das Recht, dieses Werk für jeden Zweck und ohne Bedingungen zu verwenden, es sei denn, solche Bedingungen sind gesetzlich vorgeschrieben.
Verfasser Malte Hübner             /       Quelle   :  Foto aufgenommen von Malte Hübner       / Datum    :  August 2005

 

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„Wir brauchen Aktivismus“

Erstellt von Redaktion am 30. April 2022

Jennifer Morgan über Klimaschutz

Jennifer Morgan MSC 2020 (1).jpg

Laufen in den Parteien noch nicht genügend Idioten-Innen zum Abkassieren herum ?

Ein Interview von Barbara Junge und Bernhard Pötter mit Jennifer Morgan

Ex-Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan hat die Seiten gewechselt. Ein Gespräch über Allianzen und den Krieg, der die Energiewende beschleunigt.

Auf dem Weg zur Staatssekretärin verlaufen wir uns. Im Gänge­labyrinth des Außenministeri­ums biegen wir im zweiten Stock trotz Eskorte einmal links statt rechts ab und stehen verloren auf einem endlosen Flur. Eine Mitarbeiterin findet uns und entschuldigt sich: Das Büro der Klimastaatssekretärin ist so neu, dass noch kein Schild darauf hinweist. Nach einer kurzen Begrüßung geht es gleich los.

taz am wochenende: Frau Morgan, als Chefin von Greenpeace International haben Sie nach dem Klimagipfel von Glasgow gesagt: Ohne die Aktivisten wäre er ein Flop gewesen. Jetzt vertreten Sie als Staatssekretärin ein Industrieland. Sind Sie auf die Seite gewechselt, die für die Flops verantwortlich ist?

Jennifer Morgan: Nein. Ich würde immer noch sagen, dass Glasgow ein Flop gewesen wäre ohne die Aktivisten. Wir brauchen in der aktuellen Klima­krise alle an Bord: Regierungen, Wissenschaft, gesellschaftliche Unterstützung. Wir brauchen Aktivismus.

Bisher war Ihre Rolle, die Industrieländer anzutreiben. Müssen Sie jetzt in Ihrem neuen Job die AktivistInnen bremsen?

Nein, wir müssen immer noch die Industrieländer vorantreiben. Deutschland hat die G7-Präsidentschaft und wir beschleunigen zu Hause die Energiewende. Ich denke nicht so sehr daran, wer auf welcher Seite steht, sondern daran, was man mit wem unternehmen kann. Wenn ich eine Person sehe und denke, da kann ich einen Unterschied machen, dann werde ich mit ihm oder ihr für eine progressive Allianz arbeiten.

Ihre ehemaligen Kollegen von Greenpeace fordern einen schnelleren Ausstieg aus russischem Öl und Gas als Ihre Regierung. Schlagen da nicht zwei Herzen in Ihrer Brust?

Bevor ich diese Arbeit übernahm, habe ich den Koalitionsvertrag ganz genau gelesen. Und ich habe gesehen: Das gibt es eine Menge Schnittmengen mit dem, was Greenpeace sagt: schnellerer Kohleausstieg, schnelleres Ende für Verbrennungsmotoren. Es geht um einen anderen Begriff von Wohlstand, der mehr ist als nur das Bruttoinlandsprodukt, um Klimagerechtigkeit und um bezahlbares und erneuerbares Wohnen. Ich hatte und habe das Gefühl, dass die Vorhaben sehr ambitioniert sind. Und meine Rolle ist es auch ein bisschen, die Wissenschaft und die NGOs in dieser Debatte in die Regierung einzubringen.

So schnell wird man von einer Aktivistin zur Diplomatin?

Ich bin eine aktivistische Diplomatin. Das heißt für mich, alles zu tun, um Klimaschutz voranzutreiben, um Klimagerechtigkeit zu schaffen. Und in meiner neuen Rolle habe ich andere Möglichkeiten als bei Greenpeace.

Ihr Job als Klimastaatssekretärin ist ja ganz neu. Was ist eigentlich Ihre Rolle?

Ich werde für die neue Klima­außenpolitik dieser Regierung alle Hebel der Außenpolitik für Fortschritte im Klimaschutz nutzen. Mit den anderen Ressorts sind wir dabei, das Klima­team Deutschland aufzustellen. Aber auch mit Unternehmen und Bundesländern tausche ich mich aus. Hier im Haus reden wir ganz neu darüber, wie wir Klimaschutz in humanitäre Hilfe, Handelsabkommen oder wissenschaftliche Partnerschaften integrieren. Auf internationaler Ebene nutzen wir alle Instrumente, um die Grenze von 1,5 Grad Erwärmung zu halten. Meine Rolle ist es, Strategien zu entwickeln, Gespräche zu führen und Koalitionen – mit anderen – zu organisieren und voranzutreiben. Wir wollen eine Klima­außenpolitik aus einem Guss.

Sie haben die 1,5-Grad-Grenze erwähnt. Was ist da Ihr Minimalziel?

Das Ziel ist: Wir müssen gegen jedes Zehntelgrad Erwärmung kämpfen.

Schaffen wir die 1,5 Grad?

Die Wissenschaft sagt, dass wir das noch schaffen können. Aber es wird schwieriger mit jedem Jahr, in dem die Emissionen steigen. Wir können deshalb nicht wie vorher arbeiten, in kleinen Schritten. Wir müssen disruptive Momente suchen, sodass es schneller gehen kann. Die Konsequenzen, wenn wir es nicht schaffen, sind sonst zu groß: Ich war gerade in Bangladesch auf meiner ersten Auslandsreise. Da haben wir ein Dorf besucht, wo vor zwei Jahren ein intensiver Zyklon gewütet hat. Die Leute dort leiden so viel. Und wenn du ihnen in die Augen schaust, dann weißt du, wir müssen dringend etwas tun, denn sie haben daran keine Schuld.

Disruption ist ein Prozess der Zerstörung. Was sind diese disruptiven Momente?

Wir leben gerade in einem. Der Krieg in der Ukraine beschleunigt unsere Energiewende. Wir wollen so schnell wie möglich unabhängig von Russlands Öl, Kohle und Gas werden. Es gibt aber natürlich auch andere Kräfte, die wollen den Moment nutzen, um mehr Öl und Gas und fossile Infrastruktur aufzubauen. Das müssen wir verhindern. Wir müssen gewinnen.

Für 1,5 Grad darf es weltweit keine neue fossile Infrastruktur geben. Aber Deutschland plant jetzt neue Terminals für Flüssiggas.

Der Krieg verlangt uns schwere Entscheidungen ab, die uns nicht in eine Sackgasse führen dürfen. Daher müssen neue Terminals auch grünen Wasserstoff aufnehmen können. Und wir dürfen nicht auf langfristige Lieferverträge setzen. Denn es gilt das Ziel, die Gasnetze bis spätestens 2045 zu dekarbonisieren. Wir wollen die Weichen so stellen, dass wir die Emissionen in den nächsten Jahren schneller runterbringen können.

Das Gespräch führen wir im „Hildegard-Hamm-Brücher-Saal“. Ein großer Titel für ein kleines Zimmer, das in dunklem Holz getäfelt ist und an der Westseite des Gebäudes liegt. An diesem sonnigen Aprilnachmittag herrschen hier schon hochsommerliche Temperaturen. Zum Glück ist nicht August. Beim Thema Gebäudeklimatisierung hat das Auswärtige Amt offenbar noch Nachholbedarf.

Wie groß sind denn Ihre Möglichkeiten im Auswärtigen Amt? Hier arbeiten 3.000 Leute, die sich bisher kaum um das Thema gekümmert haben. Sie bringen 15 KlimaexpertInnen aus dem Umweltministerium mit. Wie groß ist Ihr Hebel, um hier viel zu ändern?

Mit der Entscheidung, den Klimaschutz ins Auswärtige Amt zu holen, hat eine neue Ära der Außenpolitik begonnen. Es gibt dafür eine große Offenheit und ein Interesse im Haus, um die Hebel des AA zu nutzen, um das 1,5-Grad-Ziel zu sichern. Viele Abteilungen im Haus wissen, wie dringend das ist. Vorher gab es nicht die Kapazitäten im Haus, das irgendwie in eine interne umfassende Strategie umzusetzen. Aber der Hebel ist groß. Auch, weil das Thema der Ministerin sehr am Herzen liegt. Da ist diese Disruption eine Chance und Deutschland kann mit einer kohärenten Klimaaußenpolitik ein Modell für die Welt werden.

Flickr - boellstiftung - Panel, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Jennifer Morgan, Barbara Unmüßig, Matthias Machnig, Jürgen Trittin (1).jpg

Wer sich mit den Politier-Innen einlässt muss auch akzeptieren wie ein Trüffelschwein gesehen zu werden! 

Bisher sind Deutschland und die EU keine großen Vorbilder. Bei der COP27, der nächsten Klimakonferenz im November im ägyptischen Scharm al-Scheich, sollen alle Länder höhere Klimaziele vorlegen. Davon ist in Deutschland nichts zu sehen.

Alle Länder sollen ihre Klimapläne, ihre NDCs, verbessern. Wir können das als Deutschland oder in der EU machen. Es gibt verschiedene Wege, das zu erreichen. Am besten durch eine NDC-Erhöhung. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die Ambitionen zu steigern: etwa durch mehr Erneuerbare, einen früheren Kohleausstieg oder die Vermeidung von Methanemissionen.

Sie sagen, eine der obersten Prioritäten Deutschlands sei Solidarität mit den Opfern. Im Bundeshaushalt 2022 werden aber die Mittel für Klima­finanzierung kaum erhöht.

Da müssen wir ran. Der erste Teil der Solidarität ist, dass wir zu Hause viel machen, um die Emissionen zu senken. Da sind wir mit dem Fit-for-55-Paket der EU auf einem guten Weg. Der zweite Teil ist die Klimafinanzierung. Da hat Frau Merkel im letzten Jahr in der Tat versprochen, dass Deutschland seine Hilfen von derzeit 4 auf 6 Milliarden in 2025 aufstockt. Das ist die häufigste Frage von Entwicklungs- und Schwellenländern und auch unsere Erwartung: dass Deutschland seine Verpflichtung einhält. Wir müssen liefern. Und deshalb hoffe ich, dass der Bundestag auch mehr Geld für die internationale Klimafinanzierung beschließt als die jetzt für 2022 debattierten knapp 4,2 Milliarden Euro.

Wie relevant ist das alles, wenn China weiter die Kohle ausbaut und so die globalen Emissionen hoch hält?

Quelle     :      TAZ-online      >>>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     — Jennifer Morgan (Executive Director, Greenpeace International) at the #MSC 2020 event

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Unten     —   Foto: Stephan Röhl

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Krieg in der Ukraine:

Erstellt von Redaktion am 21. April 2022

Gegen das enge Denken

Nord Stream ceremony.jpeg

Wer Denkt denn überhaupt in der Politik noch nach?

Ein Schlagloch von Charlotte Wiedemann

Die Bilder des Kriegs erzeugen kaum zu ertragenden Druck. Dabei ist es Zeit für Nüchternheit. Und für eine neue Friedensbewegung gegen allseitigen Imperialismus.

Manche haben in diesen langen Kriegswochen das Gefühl, den Einsturz ihres eigenen kleinen Lebensgebäudes zu erleben. Das Scheitern aller Ambition, aller Hoffnung, die sich mit dem Wort Altermondialismus verbindet. Depressives Schweigen ist wie eine dünne Schicht, darauf türmt sich der laute Moralismus vieler anderer.

Kein bisheriger Krieg wurde in allen fürchterlichen Details so bildreich in die Hirne und Seelen gezwungen wie dieser, als sei es der Ur-Krieg, Horror ohnegleichen. Das erzeugt einen individuell kaum zu ertragenden Druck, und wie zur Abwehr entstehen kollektive Eruptionen, von wutgetränkter Empathie bis zu religiösen Beschwörungen: der Satan in Moskau. Der jugendliche Antipode dazu ist Selenski als Popheld im Krieg der Sterne.

Es ist Zeit für Nüchternheit. Also setze ich ein paar unvollständige Gedanken zusammen, auf dass wir ohne Fanfare irgendwann die Welt wieder als eine Ganze denken können.

Als Robert Habeck unlängst die Vereinigten Arabischen Emirate besuchte, gab er sich mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die Klinke in die Hand. Wo der Minister für neue Energiequellen jenseits der russischen anstand, wollte sich der syrische Kriegsverbrecher internationale Legitimität bestätigen lassen, nachdem die russische Luftwaffe seine Macht durch das Bombardement der Zivilbevölkerung gerettet hatte. Die Beinahe-Begegnung verweist auf die kurze Reichweite der nun gängigen dichotomen Weltbetrachtungen: Freiheit gegen Barbarei, Gut gegen Böse, Realisten gegen (schuldige) Träumer.

Reiche Staaten dürfen Partner selbst wählen

Die Herrscher der Golfstaaten gehen gerade auf Abstand zu den USA, blicken vermehrt nach China und stellen sich auf das Ende des transatlantischen Zeitalters ein. Die Emirate waren schon vorher das erste arabische Land, das Assad wieder die Hand bot, und sie stellten sich auch im Endloskonflikt in Libyen an Russlands Seite. Den reichen Monarchien ist erlaubt, was Europa einem armen Land wie Mali nicht gestattet: seine Partner, wie anrüchig immer, selbst zu wählen.

Erneut nach Syrien zu blicken ist kein What­aboutism. Der Westen sah dem Gemetzel dort zu, denn der „Krieg gegen den Terror“ (oder was Assad so nannte) schuf eine Gemeinsamkeit zwischen Europa, den USA und Putin – westlicher Realismus. An Syrien versagte gleichfalls die Friedensbewegung, brachte kaum einen Protest zuwege, weil das Freiheitsbegehren der Sy­re­r:in­nen nicht in eine veraltete, verengte Variante von Antiimperialismus passte. Der linke Schriftsteller Yassin al-Haj Saleh, über viele Jahre inhaftiert, hat sich dazu die Finger wund geschrieben.

Kein Fackelträger globaler Freiheit

Und er vermutet: Wie Putins Syrienpolitik vom Westen hingenommen wurde, dürfte den Autokraten zu anderen Ambitionen ermutigt haben. Nur spricht in diesem Fall niemand von Schuld, die sonst gerade so freihändig ausgeteilt wird.

Großer Zapfenstreich auf dem Münchner Platz in Bonn.jpg

Spazierengehende Fackelträger in Uniform –  gut – Spaziergänger in Zivil-lässt die  politische Dummbeutel erzittern -schlecht -.

Schlussendlich zeigt die Anekdote vom Golf: Menschenrechtlich einwandfreie Energie lässt sich nirgends kaufen. Die enge Verkettung der deutschen Wirtschaft mit der russischen Kriegsmaschine ist hochgradig fatal. Aber nährt sich westeuropäisches Wohlergehen nicht generell zu einem beträchtlichen Teil am Elend anderer, nur dann im Globalen Süden? Im Schatten des Kriegs verrotten gerade auf deutschen Regalen Millionen Impfdosen, die anderswo bitter fehlen. Nein, das lenkt nicht ab; die Entscheidung über den Stopp der Gaskäufe mögen Kundigere treffen. Doch stelle ich das Mega-Narrativ in Frage, mit dem nun alles zusätzlich aufgeladen wird: Der Westen als Fackelträger globaler Freiheit und seine Waffen gesegnet mit Gutem.

Solidarität verpflichtet nicht zur Glorifizierung

Die Ukraine braucht sichere staatliche Existenz in Souveränität; dem gilt der Slogan #StandWith­Ukraine. Aber die Vorkriegs-Ukraine mit ihrer Kombination von Armut und Oligarchentum, flankiert von nationalistischen Geschichtsbildern, war nicht gerade ein Systemideal. Das darf jetzigen Beistand nicht mindern, aber genauso wenig verpflichtet Solidarität zur Glorifizierung.

Quelle          :          TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —     Ceremony of opening of gasoline Nord Stream. Among others Angela Merkel and Dmitry Medvedev

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Putins Ukraine Krieg

Erstellt von Redaktion am 21. April 2022

Der deutsche Lumpen-Pazifismus

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Ein substanzieller Teil der Friedensbewegung ist in seiner Selbstgerechtigkeit das Beste, was Putin passieren kann. Leider hat er in der Politik und besonders in der SPD mächtige Partner.

»Ich wage es zu behaupten, daß, wenn die Juden die Seelenkraft, die allein aus der Gewaltfreiheit entspringt, zu ihrer Unterstützung aufböten, Herr Hitler sich vor einem Mut, wie er ihn im Umgang mit Menschen bisher noch nie in nennenswertem Maße erfahren, verbeugen würde.« Diese Zeilen wurden Ende 1938 geschrieben, und zwar von einem Pazifisten, von dem Pazifisten, nämlich Mahatma Gandhi. Kurz darauf erklärte er noch, es könne wohl keinen jüdischen Gandhi in Deutschland geben, weil der »höchstwahrscheinlich nicht länger als fünf Minuten wirken« könne, »ehe er unverzüglich zur Guillotine geschleift würde«. Was bedeutet, dass Gandhi wusste, was Juden in Deutschland passieren konnte. Gandhi ist nicht nur bis heute ein Vorbild für viele Pazifisten, sondern war auch eine sagenhafte Knalltüte.

Die deutsche Friedensbewegung schien zu ihrem diesjährigen Hochamt, den Ostermärschen für den Frieden, grob zweigeteilt. Auf der einen Seite stehen die Vernunftorientierten, die es natürlich auch gibt, die einen aufgeklärten, realistischen Pazifismus verfolgen. Darunter kann man verstehen: Skepsis gegen Militarismus, Brechung kriegspositiver Erzählungen, Radikalität bei der Schaffung der Voraussetzungen für Frieden, aber eben auch Akzeptanz des Wunsches von Angriffsopfern, sich zu verteidigen.

Auf der anderen Seite steht ein substanzieller Teil der Friedensbewegung, die ich den deutschen Lumpen-Pazifismus nennen möchte. Es handelt sich dabei um eine zutiefst egozentrische Ideologie, die den eigenen Befindlichkeitsstolz über das Leid anderer Menschen stellt.

Lumpen-Pazifisten mögen mit der Realität nicht besonders viel anfangen können, aber sie sind nicht in erster Linie naiv, wie ihnen oft vorgeworfen wird. Naivität ist unangenehm, aber keine Schande. Lumpen-Pazifisten sind zuvorderst selbstgerecht. Es sind Menschen, die sich eine Jacke anziehen und sofort vergessen, was es heißt zu frieren. Menschen, die ihren Stuhlkreis-Prinzipien auch um den Preis des Lebens Dritter folgen. Menschen, die im Angesicht des russischen Angriffshorrors in der Ukraine nichts tun wollen, genau: nichts. Kurz, es sind Menschen wie der Friedensbeauftragte der evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Friedrich Kramer. Er sagt auf die Frage, wie man auf die Kriegsverbrechen des Diktators Putin in der Ukraine reagieren solle: »Manchmal können wir alle nur hilflose Zuschauer sein. Und das ist vielleicht gut so.« Es scheint mir kaum möglich, die eigene Ungerührtheit im Angesicht tot gebombter Kinder noch maliziöser zu feiern. Aber gut, es ist ein Bischof.

Dem russischen Faschistenführer Putin kann gar nichts Besseres passieren als solche westlichen Führungsfiguren, die direkt oder indirekt sagen, dass uns die Ukraine nichts angeht. Die Lumpen-Pazifisten haben speziell in der Politik und noch spezieller in der SPD, der Friedenspartei, einige mächtige Partner. Man erkennt sie an der Parallelität der Argumente. Bischof Kramer steht nämlich nicht nur selig hilflos daneben, er schreibt der Regierung auch vor, wie sie mit dem Konflikt umgehen soll. Waffenlieferungen sind natürlich tabu, vor allem aber sagt Kramer: »Wir dürfen da nicht gesinnungsethisch reingehen, wir müssen nüchtern draußen bleiben«. Wann um alles in der Welt soll man gesinnungsethisch sein, wenn nicht jetzt? Mit ermordeten und vergewaltigten Zivilist*innen sonder Zahl? Gesinnungsethik bedeutet hier, dass man rote Linien zieht, deren Überschreitung Folgen haben müssen: das Gegenteil von Appeasement. Zumal es nicht darum geht, dass die Nato in der Ukraine aktiv mitkämpft. Sondern um Waffenlieferungen. Der klügste, lustigste und traurigste Tweet dazu: »Weil wir nicht genau wissen, was Russland alles als Kriegserklärung verstehen könnte, habe ich mich entschieden die Spülmaschine heute nicht auszuräumen.«

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Proteste in Deutschland

Erstellt von Redaktion am 20. April 2022

Türkei startet neuen Besatzungskrieg in Südkurdistan

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Quelle:    Scharf  —  Links

Von Civaka Azad  –  Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit

Die türkische Armee hat nach mehrtägigen Luft- und Bodenangriffen in der Nacht zum Montag eine neue Großinvasion in Südkurdistan begonnen. Gebiete in der Zap-Region werden von der türkischen Armee mit Kampfjets und Haubitzen angegriffen. Nach HPG-Angaben versucht die Luftwaffe, Truppen im Guerillagebiet abzusetzen.

Bereits seit dem 14. April greift die türkische Armee die Regionen Zap, Metîna und Avasîn mit Kampfjets und Haubitzen an. Aktuell finden Bewegungen türkischer Kampf- und Transporthubschrauber statt. Die Zap-Region wird aus der Luft und mit Artillerie angegriffen. Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) teilt zu den Angriffen mit: „ Die Gebiete werden massiv bombardiert, es wird versucht, Soldaten aus Hubschraubern abzusetzen. Der Angriff auf die Zap-Region geht nicht von Norden [Nordkurdistan/Türkei] aus, sondern aus dem Süden [Südkurdistan/Nordirak], die Flüge erfolgen […] über Sîladizê.“

Türkisches Verteidigungsministerium gibt neue Offensive bekannt

Auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar gab vergangene Nacht den Beginn des neuen Besatzungskrieges bekannt. Die Operation mit dem Namen „Claw-Lock“ richtet sich demnach gegen die Gebiete Metina, Zap und Avasin. In diesen Gebieten seien zunächst Lager und Waffendepots der PKK bombardiert worden. Nun habe man Kommandoeinheiten mit der Unterstützung von Kampfhubschraubern und Kampfdrohnen in die genannten Gebiete entsandt.

Berichten zufolge sollen auch Peshmergaeinheiten der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) auf der Seite der türkischen Armee an der Offensive teilnehmen. Die mit der Türkei kollaborierende südkurdische Regierungspartei PDK verlegt aktuell große Truppenkontingente ins Kampfgebiet am Kuro Jahro, wo es weiterhin zu heftigen Gefechten zwischen dem türkischen Militär und den HPG kommt. Erst am vergangenen Freitag besuchte der Ministerpräsident der kurdischen Autonomieregion, Masrour Barzanî, den türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Bei dieser Zusammenkunft soll die aktuelle Militäroffensive der Türkei zentrales Gesprächsthema gewesen sein.

Urheberrecht
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Grafikquelle :

Oben      —     Kurdistan

Hamagelarai – Own work

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Ostergrüße von DL

Erstellt von Redaktion am 17. April 2022

Feiertags-Grüße für Alles- und Nichts- Gläubige

"Ein frohes Osterfest.". JPG-Datei

Ein „FROHES – OSTERFEST“ wünscht die Redaktion allen Mitarbeiter-Innen und Leser-Innen. Hoffen wir darauf das die Politier-Innen in diesen Jahr den Frühling nicht an uns verbeirauschen lassen, um anschließend ihre Versäumnisse belächeln zu können ?

Danke fürs Mitmachen  –  Im Auftrag I.E. DL – Redaktion

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Grafikquelle : Titel: „Ein freudiges Osterfest.“

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KOLUMNE -NAFRICHTEN

Erstellt von Redaktion am 14. April 2022

Auf die Straße gehen ist effektiver als Petitionen

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Von Mohamed Amjahid

An Petitionen glaube ich nicht. Das ist in progressiven Kreisen eine schwierige Aussage. Auch weil sehr viele Menschen diesen Weg der Partizipation gehen und mir gerne Links zu Online-Petitionen schicken. Deswegen muss ich mich an dieser Stelle erklären.

Ich habe selbst Petitionen unterschrieben, obwohl ich als investigativer Journalist eine objektive Aura aufrechterhalten muss. Jedes Mal, wenn ich meinen Namen druntergesetzt habe, egal ob online oder offline, habe ich mich gefragt, was das bringt. Zumindest jene Petitionen, die ich unterstützt habe (in Bereichen Pressefreiheit, Ökologie oder Antirassismus), waren umsonst.

Ich bin natürlich NICHT GEGEN Petitionen. Ich glaube nur nicht an ihre Kraft, so wie sie manchmal von entsprechenden Plattformen angepriesen werden. Wie oft habe ich schon erlebt, dass Petitionen die Runde gemacht haben, damit Menschen nicht ins Kriegsgebiet abgeschoben werden. In einigen wenigen Fällen hat das vielleicht geklappt, meistens haben aber lautstarke Demos, Engagement in Vereinen oder NGOs, journalistische Berichterstattung oder andere Fluggäste, die den Abflug schlicht blockiert haben, dafür gesorgt, dass die Betroffenen vor der Abschiebung gerettet wurden. Petitionen sind höchstens ein kleiner Baustein im solidarischen Haus.

Sie verleihen, das ist aus meiner Sicht am fatalsten, oft das Gefühl, dass man genug gemacht hat – weil man seine Unterschrift unter eine wichtige Forderung an die Politik, ein Unternehmen oder eine mächtige Person gesetzt hat. Natürlich kann man unterschreiben und trotzdem noch andere Wege des Engagements gehen, aber seien wir mal ehrlich: Viele begnügen sich mit dem Klick und teilen höchstens den Link auf sozialen Medien.

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Neben informellen Petitionen gibt es auch jene, die einem Parlament vorgeben, was zu debattieren ist. Der Bundestag organisiert solche Formen der Partizipation über den Petitionsausschuss: Auf der Seite des Ausschusses dümpeln die meisten Petitionen mit zehn bis hundert Unterschriften auf den Servern herum. Auch jene, die mehr Unterschriften auf sich vereinen können, aktuell zum Beispiel zum Thema energetische Unabhängigkeit vom Putin-Regime, haben nicht viel zu bedeuten: Der Ausschuss muss sich bei Erreichung des Quorums damit beschäftigen, mehr nicht. Die politische Willensbildung geschieht in den Parteien. Ich habe den Verdacht, Petitionen werden von politischen Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen gerne als Ventile genutzt. Auf die Straße gehen, in Abgeordnetenbüros anrufen oder im Wahlkampf progressive Politik einfordern, sind viel effektiver. Für Querdenker und Nazis gilt natürlich: Petitionen sind toll.

Quelle     :         TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —     Aufstand der Letzten Generation – Strassenblockade in Freiburg für eine Agrarwende, 7. Februar 2022

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Ökonomie der Taktiken

Erstellt von Redaktion am 13. April 2022

Die politische Ökonomie der Taktiken

File:Freedom Convoy 2022, February 12 (63).jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von   :    Joshua Clover

Gegen kapitalistische Gewalt und soziale Disziplinierung. Zeitgenössische Zirkulationskämpfe, die die Berichterstattung über den Widerstand dominieren – wurden in den letzten Jahren häufig mit linken Bewegungen in Verbindung gebracht.

Der jüngste „Freiheitskonvoi“ kanadischer Lastwagenfahrer und ihrer Weggefährten – der Fachbegriff lautet „Clustertruck“ – hat sich zweifellos auf die Gilets-Jaunes-Bewegung des Jahres 2018 berufen, als sie die Ambassador-Brücke und drei weitere Grenzübergänge blockierten, zusammen mit verschiedenen anderen Blockaden, die durchweg als „Besetzungen“ bezeichnet wurden, um gegen staatliche Impfvorschriften zu protestieren. Aber wahrscheinlich erinnerten sie sich auch an die Geschichte der indigenen Grenzblockaden, die mit der Blockade der Cornwall Bridge 1968 durch die Kanien’kéhaka von Akwesasne ihren Anfang nahm.Es ist mehr als wahrscheinlich, ja sogar sicher, dass die Cod-Aufständischen (?, d.Ü.) des 6. Januar den George-Floyd-Aufstand des vorangegangenen Sommers als Antagonisten und Vorbild im Kopf hatten (eine wahre Episode des Hassliebe-Wahnsinns, wobei die Liebe standhaft geleugnet wird und doch überall offensichtlich ist) – und damit die vielen Vorläufer dieses Aufstands von Watts 1965 bis Ferguson 2014 und darüber hinaus ins Capitol trugen

Besetzungen, Unruhen, Blockaden kritischer Infrastrukturen. Dies sind grundlegende Taktiken, die andernorts als Zirkulationskämpfe bezeichnet werden: Sie erfordern keinen privilegierten Zugang zum Produktionsprozess, entfalten sich in einem ambivalenten öffentlichen Raum, der vom Staat überwacht wird, und greifen oft in die Warenzirkulation ein. Diese Taktiken haben uralte Wurzeln, aber seit den sechziger und siebziger Jahren haben sie das Repertoire kollektiver Aktionen im Westen zunehmend bestimmt. Sie mögen zwar bestimmte politische Tendenzen in ihrer Form enthalten, denen sie eher zuzuordnen sind, doch weisen diese Taktiken keinen intrinsischen Bezug zu einer bestimmten Politik auf, anders als z.B. ein Streik, der die Aktion der Arbeiter als Arbeiter impliziert.

Dies ist sowohl ihre Stärke als auch ihre Schwäche. Zirkulationskämpfe sind mehr oder weniger offen für alle Beteiligten. Aber in den letzten Jahren wurden sie häufig mit dem in Verbindung gebracht, was Immanuel Wallerstein als „anti-systemische Bewegungen“ (“antisystemic movements”) bezeichnete, die oft militanter Natur sind.

Es ist daher unheimlich, zu sehen, wie diese Taktiken über das politische Spektrum wandern (insofern das Spektrum noch funktioniert, das ist zugleich eine Frage, die viel damit zu tun hat). Seit dem Höhepunkt des Sommers 2020 und der relativen Flaute der linken Militanz seit der Niederschlagung des George-Floyd-Aufstands haben solche Taktiken ihren Weg nach rechts gefunden, getragen von Bewegungen, deren Sprache der Freiheit sich sowohl auf einen noch virulenteren reaktionären Staat bezieht als auch einen solchen fordert, als er gegenwärtig zur Verfügung steht.

Es ist eine merkwürdige Tatsache der Gegenwart im kapitalistischen Zentrum: der Kampf um die Zirkulation, aber man gestaltet ihn nationalistisch..

Die Frage, wie Taktiken weitergegeben werden, ist viel diskutiert worden. In den seltensten Fällen ist es so, dass Gruppe B ein effektives Manöver von Gruppe A bemerkt und es sich zu Eigen macht. Oder eigentlich ist es genau das, was passiert – aber wie kommt es dazu? Warum ist die Taktik von Gruppe A überhaupt wirksam, und warum wählt Gruppe B unter all den wirksamen Taktiken der letzten zehn oder fünf Jahre gerade diese aus? Und warum erweist sie sich in einem scheinbar anderen politischen Kontext erneut als wirksam? Ein bekannter Ausspruch des ‘Unsichtbaren Komitees’ besteht darauf, dass „revolutionäre Bewegungen sich nicht durch Ansteckung, sondern durch Resonanz verbreiten“. Das klingt tiefgründig, ist aber im wahrsten Sinne des Wortes oberflächlich: Man stellt sich das Problem in zwei Dimensionen vor, als eine Fläche, über die sich die Ereignisse „ausbreiten“, wenn auch nicht durch Berührung und Nachbarschaft, sondern durch diskontinuierliche Sprünge entsprechend den Schwingungsfeldern.

Die oberflächliche Ähnlichkeit der Ereignisse beweist jedoch nur die Korrelation. Die Ursache, wenn es sie denn gibt, ist eher unterirdisch, in der dritten Dimension verborgen. Sie benennt einen Umstand, ein gemeinsames Bündel von historischen Kräften, die die Ereignisse in diesen besonderen Ausprägungen ins Sonnenlicht treiben. Diese Formen werden nicht durch die Positionen der Akteure im politischen Spektrum vorgegeben, sondern durch reale Bedingungen, die bestimmte Taktiken als praktikabler, zugänglicher und wirksamer erscheinen lassen. Und da die mächtigsten Bedingungen oft am weitesten verbreitet sind, werden die von ihnen vorgegebenen Taktiken wahrscheinlich an allen möglichen Orten auftauchen und von allen möglichen Gruppierungen angewandt.

Um ein einziges Beispiel zu wählen: Wenn die Notwendigkeit eines reibungslosen und schnellen Warentransports in der Ära der logistischen Revolution immer sichtbarer wurde, dann hat die Pandemie die globalen Versorgungsketten so weit erhellt, dass man sie in ihrer ganzen Zerbrechlichkeit von der nächsten Galaxie aus sehen konnte. Die Kämpfe um die Zirkulation sind in Richtung Reaktion gewandert, oder besser gesagt, sie haben sich über das ganze politische Spektrum ausgebreitet, und zwar aus einem in gewissem Sinne sehr einfachen Grund: Die Kämpfe finden an den Punkten statt, an denen eine planetarische politische Ökonomie verwundbar ist, und an den Berührungspunkten, an denen die Bevölkerungen verwaltet werden. Und diese Punkte haben sich für alle verändert, nicht nur für die Menschen, mit denen wir uns vielleicht verbunden oder solidarisch fühlen.

Ohne das ziemlich elaborierte Argument wiederholen zu wollen, ist die Fähigkeit, die Bevölkerung im postindustriellen Zentrum durch Lohndisziplin zu steuern, immer weiter geschwunden. Die viel beschworenen Arbeitslosenquoten können nicht über die anhaltend niedrige Erwerbsquote und die Aushöhlung der Vollzeitbeschäftigung hinwegtäuschen. Das spezielle Elend der kapitalistischen Ausbeutung setzt sich unaufhaltsam fort. Aber Formen des Managements, die mit ‘der Kolonie’ in Verbindung gebracht werden – die direkte Gewaltausübung der Staatsmacht -, sind immer zentraler geworden, um die soziale Ordnung in der Metropole durchzusetzen, so wie es Aimé Cesaire vor siebzig Jahren in seinem Diskurs über den Kolonialismus voraussah.

Dies ist keine freie Entscheidung, sondern ein vorhersehbarer Weg angesichts der begrenzten Fähigkeit des Kapitals, neue Arbeitsinhalte gewinnbringend zu internalisieren. Das bedeutet, dass die Form und der Umfang der gegenwärtigen Polizeiarbeit ein nützliches Beispiel dafür sind, wie die Kräfte der staatlichen Gewalt (wie auch ihre Gegner) in ihrer Taktik eingeschränkt sind, und zwar unabhängig von den Debatten darüber, wie die Intensivierung der Polizeiarbeit auf die Bevölkerung wirkt.

Dies gilt im Übrigen auch für das Kapital in seinen Bemühungen um die Erzielung von Profit. In der gleichen Zeit, in der Polizeitätigkeit und Inhaftierungen explosionsartig zunehmen, und aus den gleichen Gründen (was die Notwendigkeit des Kapitalismus betrifft, angesichts der schwindenden globalen Akkumulation nach Gegenmassnahmen gegen die sinkenden Profite zu suchen, zu denen die Senkung der Zirkulationskosten, die Beschleunigung der Umschlagzeiten und die Verbilligung der Produktionsmittel gehören), hat die globale politische Ökonomie in vielerlei Hinsicht den Druck auf extraktivistische Gambits, logistisches Kommando und massiven Ausbau der Infrastruktur in Richtung kapitalistischer Projekte verstärkt, die mit einer Geschwindigkeit und in einem Ausmass operieren, das staatliche Koordination und staatliche Gewalt erfordert.

Ein solches Verständnis der Zwänge, denen Kämpfe unterworfen sind, sollte, so hofft man, vor einer reflexhaften Hinwendung zur Sympathie für eine bestimmte Taktik schützen. Blockaden werden für jede erfolgreiche soziale Bewegung zur Befreiung von zentraler Bedeutung sein, aber das macht Blockaden nicht per se zu etwas Befreiendem. Dasselbe gilt für Besetzungen, Rebellionen und sogar die Erstürmung des Kapitols.

Und doch stösst man manchmal auf solche Sympathien bei denjenigen, die sich mit der anti-staatlichen Position identifizieren. Die pauschale Ablehnung jeglicher staatlicher Intervention, die mittlerweile zu einem selbsternannten Konspirationismus geworden ist, hat ihre Vertreter auch quer durch das politische Spektrum, was zu den verschiedenen Taktiken passt, mit denen wir begonnen haben. Unter den linken Intellektuellen hat dieser Konspirationismus keinen bekannteren Vertreter als Giorgio Agamben, dem sich in letzter Zeit das ‘Unsichtbare Komitee’ angeschlossen hat, eine Gruppe, zu der ehemalige Schüler des Philosophen gehören können oder auch nicht.

Solche Positionen stehen im Einklang mit einer reflexiven Anti-Staatlichkeit, der am linken Rand des politischen Spektrums existiert (viele anarchistische Freunde von mir würden es ablehnen, sich mit der Linken zu identifizieren, und das aus gutem Grund); sie scheinen auch mit dem angeblich populistischen Anti-Staastismus von Bewegungen wie dem ‘Freedom Convoy’ übereinzustimmen, der wiederum einige Sympathien von der staatsfeindlichen Linken auf sich gezogen hat.

Wir sehen also die komplizierte Verflechtung: Der “Freiheitskonvoi” (und wohl auch der Pseudo-Coup vom 6. Januar) scheint sowohl eine staatsfeindliche Politik zu verkünden als auch auf Taktiken zurückzugreifen, die mit dem direkten anti-staatlichen Kampf identifiziert werden. Warum sollte jemand, der ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Staat hegt – oder, besser gesagt, jemand, der glaubt, dass die Form des Staates, selbst wenn sie ethisch neutral wäre, kein befreiendes Potential mehr in sich birgt -, in diesen jüngsten Ereignissen, den Zirkulationskämpfen auf der Rechten, nicht etwas finden, mit dem man durchaus sympathisieren könnte?

Eine Antwort auf dieses Rätsel würde über den Weg der Feind-des-Feindes-Politik gehen, die letztendlich ziemlich leicht in sich zusammenfällt. Man könnte ein allgemeines Prinzip teilen – zum Beispiel, dass der Staat nicht die Befugnis haben sollte, zu entscheiden, wer in einer Gesellschaft, in der Lebensmittel Geld kosten, einen Lohn verdienen kann und wer nicht -, ohne sich vorzustellen, dass die Reaktionäre irgendein befreiendes Projekt vorschlagen. Sie haben auch nicht die Absicht, die Fasern der staatlichen Macht auch nur ansatzweise zu beschädigen. Immer wieder haben sie deutlich gemacht, dass sie in Wirklichkeit einen noch autoritäreren Staat vorziehen würden, DeSantis gegenüber Hochul, Roman Baber gegenüber Trudeau.

Diejenigen, die den Vizepräsidenten hängen und die Polizei im Kapitol bekämpfen wollten, haben Pence und die Polizisten einfach als staatsfeindlich und als Verräter an der wahren Nation bezeichnet. Was wir sehen, ist ein Kampf zwischen konkurrierenden Visionen darüber, wie der Staat seine Herrschaft durchsetzen sollte, und die Identifikation mit einer von beiden ist einfach eine Parteinahme für den Staat. Wie die Januaristen von 2021 hat auch der “Freiheitskonvoi” bekräftigt, dass sie sich eine grosse Wiederherstellung der Ordnung wünschen, und zwar genau die, die sie bevorzugen: archists of the first water.

Wichtiger als die Erkenntnis, wer in diesem Moment ein autoritärer Statist ist und wer nicht, ist jedoch die Überhöhung der staatlichen Macht, die diesem Moment vorausgeht. Gegen einige von Agambens unplausiblen Behauptungen über biopolitische Herrschaft, die in der Analogie des Impfstoffnachweises zum gelben Stern, den die Juden in den Konzentrationslagern trugen, gipfeln, hat der aufschlussreiche Benjamin Bratton eine „positive Biopolitik“ ins Feld geführt. Adam Kotsko, einer von Agambens Übersetzern, bot eine nachhaltige und nachdenkliche Auseinandersetzung, die letztlich bei Agamben das Versäumnis sah, die Möglichkeit eines koordinierten staatlichen Handelns anzunehmen, das sich gegen das nackte Leben richtet, anstatt es zu ermöglichen.

Aber auch diese Ansätze hypostasieren den Staat, auch wenn sie seine Macht und Autonomie nicht in demselben Masse fetischisieren. Paradoxerweise ist die oben beschriebene Ausweitung der staatlichen Gewalt im kapitalistischen Zentrum ein Zeichen für seine tatsächliche Schwäche und fehlende Autonomie. Wie Adam Smith schon früh feststellte, ist der moderne Staat seit jeher damit beauftragt, die Interessen des Kapitals als Ganzes zu koordinieren und seine Widersprüche zu verhandeln, was dem Staat einen Grossteil seiner Gestalt verleiht. In der Zeit der Pandemie war der dramatischste dieser Widersprüche der zwischen der kurzfristigen Notwendigkeit, genügend Menschen an den Arbeitsplatz zu zwingen, damit das Kapital nicht dort zusammenbricht, wo es schwankend steht, und dem langfristigen Bedarf an Arbeitskräften, die gesund genug sind, um im nächsten Jahr und im nächsten Jahrzehnt Waren, Dienstleistungen und Mehrwert zu produzieren (in Bezug auf diese Spannung zwischen den unmittelbaren Bedürfnissen des Kapitals und seinen Überlebensbedingungen ähnelt die Pandemie wirklich dem Klimakollaps).

Angesichts dessen beschreiben die panischen und hechelnden Oszillationen der staatlichen Politik – die sich auf jeder Ebene vom Schulbezirk über den Landkreis bis zum Bundesland und der Nation abspielen – nicht die gegensätzlichen Züge zwischen vernünftig und schrecklich, besser und schlechter, dem guten und dem schlechten Zustand. „Oszillation“ ist nur die Bezeichnung für das Springen zwischen den beiden Seiten eines Widerspruchs, den der Staat nicht auflösen kann. Diese verrückte und wahnsinnige Reihe von Spasmen, die so sichtbar und so schwerwiegend sind, erwecken den Anschein, dass der Staat (oder ‘Der Staat’) die Quelle dieser zackigen Verlautbarungen und Gegenverlautbarungen ist, jede Woche neue, Mandate und Umkehrungen, hier die Herrschaft des neuesten Dekrets, dort die Schwachen, die in eine pandemische Exposition gezwungen werden, und so weiter und so fort. In der Zwischenzeit sehen sich weite Teile der Menschheit, vor allem die „essentiellen Arbeiter“, mit dem Widerspruch konfrontiert, an SARS-CoV-2 zu sterben oder zu verhungern.

Für Agamben sind es die Lager, immer die Lager, die als Paradigma und Allegorie dienen. Wenn die ethisch-theoretische Ordnung der Welt anhand des europäischen Holocausts betrachtet werden muss, und ich bin mir nicht sicher, ob dies der Fall ist, dann ist es unplausibel, dies als Geschichte des Staates, geschweige denn des Ausnahmezustands, zu betrachten. „Am Ende des Kapitalismus, der seine Zeit überdauern will“, stellt Cesaire in der oben erwähnten Passage klar, „steht Hitler“. Dieser Hinweis scheint weitaus aktueller zu sein als die gegenwärtigen Behauptungen der verschiedenen Staaten, die sich in der Ukraine im Krieg befinden, sich gegenseitig im Sinne des Spiderman-Memes beschimpfen und bei jedem Atemzug „Hitler“ schreien.

Datei:Freedom Convoy 2022 Ottawa Februar 4-19.jpg

Es ist natürlich zu einfach, zu sagen: es ist der Kapitalismus, Jake; vor allem, wenn die Struktur, die wir vor uns haben, ein Kapitalismus ist, der gezwungen ist, in seinen Heimatländern immer mehr wie eine Kolonialmacht zu agieren, der immer mehr einer territorialen Besatzung gleicht, die mit direkter Gewalt befehligt werden muss – und der vom Staat nicht nur zur Koordination, zur Vermittlung seiner Widersprüche, sondern auch zur sozialen Disziplinierung abhängig ist. Auch die Zwänge (Zwänge, nicht Festlegungen), wie wir dagegen ankämpfen, sind real, und es nützt wenig, anzunehmen, wir könnten einfach unseren politischen Willen durchsetzen und unsere Taktiken frei wählen. Das ist eine Idee für Idealisten.

Nichtsdestotrotz ist es nützlich, uns daran zu erinnern, die Macht des Staates nicht zu überschätzen, weder als Antagonist noch als Retter, weder als Problem noch als Lösung, sondern stattdessen seine verzweifelte Unruhe als seine wahre Schwäche und untergeordnete Bedingung zu erkennen. Er ist nicht die Quelle unserer Unfreiheit, sondern nur deren Verwalter.

Und wir könnten auch erkennen, dass die Verallgemeinerung bestimmter Taktiken wenig über den politischen Charakter derer aussagt, die sie anwenden, aber viel über ihre eigene Kraft und Notwendigkeit unter den aktuellen Bedingungen. Wir stehen nicht auf der Seite der Krawallmacher, sondern auf der Seite des George-Floyd-Aufstandes; nicht in Solidarität mit Blockaden, sondern mit der Geschichte des indigenen Land- und Wasserschutzes. Wenn wir darüber nachdenken, wie wir kämpfen können und müssen, und zwar schnell, wird es hilfreich sein, über die Orte der Verwundbarkeit nachzudenken, darüber, wie sie sich verändert haben könnten und was dadurch möglich wird.

Anmerkungen der Übersetzung: Wir haben nicht alle Verlinkungen des Original Artikels übernommen, ausserdem haben wir, wo möglich, die deutschen Übersetzungen verlinkt.

Zuerst erschienen auf Sūnzǐ Bīngfǎ

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Author Maksim Sokolov (Maxergon)         /      Source      :    Own work         /      Date     :        12 February 2022, 16:46:25

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2.) von Oben        —       Internationaler Pillow Fight Day in Toronto

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Politik via Religion

Erstellt von Redaktion am 11. April 2022

Den Frieden mittels dem globalen Beischlafstreik erstreben!

Jan van Dornicke - Amnon Attacking Tamar - Walters 37779.jpg

Von Jimmy Bulanik

für Caro Hesidenz ☺☺☺

die Nachrichten aus den Orten des Krieges lassen keinen gesunden Menschen unberührt. Es gibt Mittel um einen Einfluss auszuüben den unaussprechlichen Ungerechtigkeiten zu widersprechen. Dies ist in der Gegenwart nötiger den je.

Das adressieren von Petitionen sind ein legales und hilfreiches Mittel. Wer kann soll etwas Geld spenden. Gleichwohl kann die Menschheit radikaler solidarisch stellen.

Den Beischlaf zu verweigern! In den Streik eintreten! Eine solidarische, internationale Bewegung in Gang setzen.

Dazu braucht niemand in eine Organisation eintreten. Keine Mitgliedsbeiträge zu zahlen. Dahingehend können alle Menschen unilateral ihren eigenen Körper für den Frieden einsetzen.

Der solidarische Internationalismus war ist und bleibt Trumpf!

Erträglicher als Kriege, Hunger, Krankheiten, Korruption, Vertreibung, Versklavung, das humane Körper „geschunden“ werden, globaler Waffenhandel ist es kalt zu duschen. Schon Sebastian Kneip erkannte den gesundheitlichen Vorteil des Abschrecken des Körpers mittels kaltes Wasser. Dies bedarf Disziplin.

Jeder Erfolg eines Streik es bedarf es das die Menschen zusammenhalten. Auch wenn die Zeitspanne den Menschen nicht gänzlich einfach fallen werden wird. Bitte seid in der Sache keine Streikbrecherinnen und Streikbrecher.

Eine Forderung in dem Streik des Beischlaf ist es in all seiner Radikalität einzufordern, den Frieden zu bewerkstelligen. Von den privaten Räumen soll die Macht in Richtung Politik adressiert werden. Dahingehend werden alle auf der richtigen Seite des Geschichtsbuches stehen.

Die Macht der Frauen, Divers und Männer welche sich gleichberechtigt auf Augenhöhe begegnen darf zu jedem Zeitpunkt, an jedem Ort mit Präzision eingeordnet werden. Radikalität in all seiner Schönheit. Nach dem erreichen des Ziel darf die Freude, Liebe mit der entsprechende Vorfreude umso inniger sein.

Jimmy Bulanik

Nützlicher Link im Internet:

R.E.M. – Shiny Happy People

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Grafikquelle      :

König Davids Sohn Amnon gab vor, krank zu sein, und als seine Halbschwester Tamar ihn besuchte, vergewaltigte er sie heimtückisch (2. Samuel). Später, nachdem das sportliche Ideal der klassischen Antike und der zeitgenössischen italienischen Kunst in den Niederlanden absorbiert worden war, stellten Maler typischerweise solche bedrohlichen männlichen Figuren mit weitaus muskulöseren Körperbauten dar. Die Szene in einem Schlafzimmer aus dem 16. Jahrhundert mit schönen Möbeln, einschließlich einer Wanduhr (selten und teuer zu dieser Zeit), implizierte, dass die biblischen Geschichten aktuell blieben. Die reichen Oberflächendetails und das aufwendige Faltenspiel sind typisch für den vorherrschenden Stil in Antwerpen um 1515 bis 1525.

 

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Frankreich wählt

Erstellt von Redaktion am 3. April 2022

„Das ist mir zu billig“

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Interview von Andreas Fanizadeh mit Daniel Cohn-Bendit

Frankreich und die Deutschen – Daniel Cohn-Bendit über die Chancen Macrons, wiedergewählt zu werden, den Ukrainekrieg und die atomare Frage.

taz am wochenende: Herr Cohn-Bendit, Sie pendeln immer noch zwischen Frankfurt und Paris?

Daniel Cohn-Bendit: Ja. Ich habe wöchentlich eine Fernsehsendung im TV, bei einem französischen Nachrichtensender. „Die Debatte“, zusammen mit dem liberalkonservativen Luc Ferry. Da bilanzieren wir, was politisch in der Woche so angefallen ist.

Zuletzt sicher auch den Krieg in der Ukraine. Wie nahe ist die Ukraine von Frankreich aus betrachtet?

Sehr nah. Der Krieg in der Ukraine ist natürlich jetzt auch Thema im Präsidentschaftswahlkampf. Emmanuel Macron war als Vermittler und Sprecher der Europäischen Union gegenüber Putin sehr präsent.

Wie sind Macrons Bemühungen in der französischen Öffentlichkeit angekommen?

Also bezüglich der Ukraine sehr gut. Seine Position genießt eine hohe Akzeptanz, Frankreich steht ganz klar auf der Seite der Ukrai­ne und unterstützt diese im Krieg gegen Putin. Im Gegensatz zu US-Präsident Biden beschimpft Macron aber Putin nicht verbal. Er versucht bei aller Distanz zu Putin-Russland sich weiterhin als Vermittler anzubieten. Was sich aber derzeit als eher schwierig erweist.

Waren Frankreich und Macron besser als Deutschland auf den Angriff Putins vorbereitet?

Ja und nein. Also in Frankreich ist das Bewusstsein, sich im Zweifelsfall auch militärisch verteidigen zu müssen, sicher viel stärker verbreitet als in Deutschland. Das hat mit der Geschichte zu tun. Macron vertrat in den letzten Jahren dabei auch ziemlich einsam die Idee einer autonom funktionierenden Verteidigungsfähigkeit Europas. Für ihn hängt die Verteidigungsfähigkeit Frankreichs von einer gemeinsamen Europas ab. Man muss auf Eventualitäten wie den Einmarsch der Russen in die Ukraine vorbereitet sein. Aber er ging sicher nicht davon aus, dass Putin tatsächlich so handelt, wie er es jetzt tut.

Hat Frankreich ein anderes Realitätsbewusstsein für mögliche unangenehme Entwicklungen als Deutschland?

Absolut. Frankreich hat nach 1945 nicht allein von einer unendlichen Friedensdividende geträumt, sondern auch auf die Verteidigung seiner Unabhängigkeit durch die Bejahung militärischer Dominanz gesetzt, inklusive atomarer Abschreckung. Ähnlich ist das auch bei der Atomenergie. Man will zwar erneuerbare Energien entwickeln, aber solange die Energieunabhängigkeit nicht gesichert ist, will man an der Atomenergie festhalten.

Hat man in Frankreich verstanden, warum die Deutschen die letzten Jahrzehnte so unverdrossen an der Energiepartnerschaft mit Russland festhielten und diese immer weiter ausbauten?

Nein, das erscheint hier als ein großes Rätsel. Ist es mir selber auch. Diese Blindheit. Das hatten ja weder die deutsche Politik, Gerhard Schröder oder Angela Merkel, noch Wirtschaft, Mehrheitsgesellschaft und Medien wirklich in Frage gestellt. Es wäre von daher falsch, die Fehler allein der deutschen Politik in die Schuhe zu schieben. Billige Energie war den Deutschen mehrheitlich wichtiger als jegliche andere Überlegung. Dass man in Deutschland so schnell aus der Atomenergie ausgestiegen ist, bevor man aus der schmutzigen Kohleenergie rauskam, das versteht man in Frankreich aber auch nicht. Vom CO2-Ausstoß müsste es andersherum sein.

Herr Cohn-Bendit, für das erste Kabinett Präsident Macrons wurden Sie 2018 als künftiger Umweltminister gehandelt. Warum sind Sie es nicht geworden?

Ich bin nicht ministrabel.

Warum nicht?

Damals habe ich das so begründet: Angenommen, ich bin jetzt Umweltminister. Dann kann ich wichtige Entscheidungen zur ökologischen Transformation vorantreiben. Stimmt. Aber gleichzeitig hätte ich zum Beispiel die französische Flüchtlingspolitik mittragen müssen. Und das kann ich nicht. All die Flüchtlinge auf den Schiffen da, die Frankreich abweist. In eine solche Kabinettsdisziplin kann ich mich nicht einbinden. Und da hätte ich ganz schnell wieder zurücktreten müssen. Ich bin immer ein überzeugter Abgeordneter im Europäischen Parlament gewesen, aber Minister sind besser andere geworden.

Sie sprachen es an, die Franzosen gelten klimapolitisch als relativ unbekümmert und bei Atom geradezu als unerschrocken. Der Ukrainekrieg hat dies wohl eher noch verstärkt?

Wenn wir den Klimawandel als Herausforderung betrachten, ist der schnelle Ausstieg aus der Kohleenergie wichtiger als der aus der Atomenergie.

Sagt der grüne Dany oder sagen die Franzosen?

Sagen diejenigen, die rasch eine bessere CO2-Bilanz wollen. Aufgrund der kriegerischen Situation wird sich jetzt jedoch einiges verschieben. Es gibt schmerzhafte Diskussionen. In Belgien haben die Grünen gerade akzeptieren müssen, dass der Ausstieg aus der Atomenergie sich um zehn Jahre verzögern wird. Auch die Deutschen werden nun manches überdenken, ohne dass man sich gleich in Verratsvorwürfen ergehen sollte.

Verstanden, wir stehen vor neuen Herausforderungen, aber wie sieht der französische Energiemix derzeit aus? Plant Macron bei einer zweiten Amtszeit größere Veränderungen in Richtung der Erneuerbaren?

Macron wird derzeit keine weiteren Atomkraftwerke mehr abschalten. Er will die be­stehenden rundum erneuern und sie länger laufen lassen. Gleichzeitig plant er eine Offensive in Richtung erneuerbare Energien. Wobei man wissen muss, die Ablehnung von Windenergie ist in Frankreich geradezu atemberaubend.

Warum das?

Die französische Kultur hat ein ästhetisches Problem damit. Man will sie nicht in der Landschaft stehen sehen. Aber auf dem Meer, Offshore-Windparks, das geht. Sonnenkollektoren fördern, das auch. Macron will auch in neuste Atomkraftwerke investieren, solche, wie in Finnland gebaut werden. Die Sicherheitsanforderungen sind sehr hoch; bis sie in Betrieb gehen, wird es dauern. Für die Mobilität setzt man zugleich sehr stark auf Energie durch CO2-neutralen Wasserstoff. Bis das alles so weit ist, setzt Frankreich für den Übergang auf die Atomenergie.

Und der grüne Dany?

Der hört sich alles an und sagt: Die Texte, die wir in den 1970er Jahren geschrieben haben, waren gegen die Atomenergie. Es ging um die Gefahren durch Verstrahlung, den Atommüll, die einseitigen Interessen der Energiewirtschaft. Aber die Dramatik des Klimawandels hatten wir noch gar nicht richtig auf dem Schirm. Das ist heute eine andere Diskussion. Aber noch einmal zu Frankreich und seinem Verhältnis zu Atomenergie und Atomwaffen: In Frankreich bedeutet die Parole „Nie wieder …“ etwas anderes als in Deutschland. In Frankreich meint dieses „Nie wieder …“ nie wieder feindliche Soldaten auf unserem Gebiet. Während man in Deutschland mit „Nie wieder …“ meint: nie wieder deutsche Soldaten außerhalb der deutschen Grenzen. Das waren zwei unterschiedliche Lehren aus zwei Weltkriegen. Für Frankreich bedeuten Atomenergie und Atomwaffen die Garantie für seine Souveränität.

Die französischen Grünen sind im jetzigen Wahlkampf relativ blass geblieben. Links von Macron werden die besten Chancen dem sehr klassenkämpferisch auftretenden Jean-Luc Mélenchon eingeräumt. Warum ist das so?

Aankomst linkse studentenleider Karl Dietrich Wolff op Schiphol. De Franse stude, Bestanddeelnr 921-3748.jpg

Ich glaube, da zeigt sich ein grundsätzliches Problem der französischen Linken, einschließlich der Sozialistischen Partei. Man träumt immer noch gerne von Revolution, schätzt demokratische Reformprozesse gering. Da ist viel verbale Rhetorik dabei, vom Generalstreik, der Mythos des Mai 68 …

An dem Sie einst selbst führend beteiligt waren …

Ja, aber ohne das für immer nostalgisch zu verklären. Aber auch die französischen Grünen wollen im traditionellen Sinne sehr radikal sein, reden vom Bruch mit dem Kapitalismus. Doch als Grüne haben sie eben auch einen Anspruch auf Vermittlung und ein Funktionieren der gesamten Ökonomie. Mélenchon hingegen setzt kulturell auf den Mythos des Proletariers. Er versucht das Erbe von François Mitterrand und der Sozialistischen Partei in Besitz zu nehmen. Wer den Kapitalismus nicht mindestens rhetorisch überwinden will, gehört da nicht dazu. Mélenchon ist autoritär, zentralistisch, Putin konnte er auch immer ganz gut verstehen, und Venezuela oder Kuba sollen vornehmlich Opfer des Yankee-Imperialismus sein. Man sollte nicht vergessen: Trotz der Millionen Opfer von Gulag- und Sowjetsystem kam die KP in Frankreich bis Anfang der 1980er Jahre immer auf über 20 Prozent der Stimmen. Das ist alles nicht leicht zu begreifen. Aber in dieser Tradition steht ein Mélenchon.

Links außen Mélenchon, auf der populistischen Rechten wütende Gelbwesten, die für billigen Sprit Geschäfte demolieren, dazu wahrscheinlich über ein Drittel rechtsextreme Wähler für Le Pen und Éric Zemmour – wie stabil erscheint die französische Demokratie im Jahr 2022?

Quelle      :        TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —      Veranstaltung „Die grüne Erzählung 2018: Grüne Ideengeschichten“ der Heinrich Böll Stiftung in der Kalkscheune. Daniel Cohn-Bendit. Foto: Stephan Roehl

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Unten     —       Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo Reportage / Serie : [ onbekend ] Beschrijving : Aankomst linkse studentenleider Karl Dietrich Wolff op Schiphol. De Franse studentenleider Daniel Cohn- Bendit tijdens persconferentie Schiphol [links van hem Ad van Praag van ML Centrum Nederland] Datum : 22 mei 1968 Locatie : Schiphol Trefwoorden : aankomsten, activisten, persconferenties Persoonsnaam : Cohn-Bendit, Daniel, Praag, Ad van Fotograaf : Nijs, Jac. de / Anefo, [onbekend] Auteursrechthebbende : Nationaal Archief Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit) Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer : 921-3748

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Make Villages Not War!

Erstellt von Redaktion am 30. März 2022

Wir wollen eine Friedvolle Welt von den Graswurzeln aus

Quelle     :      Streifzüge ORG. / Wien 

Von   :      Franz Nahrada

Seit dem 24. Februar 2022 wird nicht nur in der Ukraine gebombt und geschossen, sondern es brechen auch über Generationen mühsam aufgebaute geistige Gebäude, mühsam gewonnene Einsichten und Weltsichten wie Kartenhäuser zusammen. Gerade noch eben wussten viele, dass die bestehende politische, soziale und ökonomische Ordnung der Welt ein hundertprozentig garantierter Weg ist, unsere planetaren Probleme nicht zu bewältigen und am Projekt der Menschheit zu scheitern. Gar nicht so wenige meinten auch, dass diese Ordnung am Zusammenbrechen ist, dass nur ein globales kooperatives Projekt der totalen Transformation hier noch Abhilfe schaffen kann. Und einige wussten schon, dass der Zusammenbruch von den Rändern des warenproduzierenden Weltsystems ausgeht, dort wo sich die Verluste und Schäden akkumulieren und mittlerweile nicht nur das Leben von Menschen, sondern den planetaren Stoffwechsel schlechthin zerstören. Und sie wussten auch, dass eine hegemoniale Weltordnung darüber wacht, dass das alles so bleibt, dass überlegene Gewalt die Bedingung aller Geschäfte ist und diese Weltordnung darauf basiert, dass aller natürliche und gesellschaftliche Reichtum weltweit der Vermehrung des Kapitals dienlich zu sein hat.

Sehr viele wussten zumindest das: dass im Falle des Misslingens der wechselseitigen Benutzung von Staaten die Aufkündigung des Zustands namens Frieden, in dem alle Kriegsgründe geschaffen werden, immer eine Option ist. Dass Staaten Armeen unterhalten und im Fall des Falles alle von ihnen eingerichteten Privatverhältnisse und Privatbefindlichkeiten durch staatliche Verfügung aufzuheben imstande sind. Dass Staaten für die Erhaltung ihrer Macht, die die ultimate Bedingung aller Geschäfte ist, diese Geschäfte auch unterbinden können, allen gesellschaftlichen Reichtum samt Leib und Leben ihrer Untertanen zur Verteidigung zwangsverpflichten, mit brutaler Gewalt Gehorsam im Inneren erzwingen und jeden Einwand zum Hochverrat erklären können.

Und ausgerechnet das absehbare „präventive“ Aufbegehren eines staatlichen – nämlich des russischen – Selbstbehauptungswillens, der im Besitz der dazu nötigen Gewaltmittel inklusive Atombomben ist und dem sein lokaler Imperialismus vulgo „Einflusssphäre“ durch konsequente Einkreisungspolitik über Jahrzehnte bestritten wurde, der russische Einmarsch in die Ukraine also, scheint diese Einsichten zu Fall zu bringen! Ausgerechnet deswegen, weil einen das staatlich sanktionierte Morden erschüttert, soll es die einzig angemessene Reaktion sein, tief im Innern für die eine – nämlich die „liebe Nato“, wie Jungmädchen auf der Wiener Demo skandierten, und gegen die andere – „Monster Putin“ – Seite zu sein? Man erfährt, was die Privatperson im Krieg zählt, nämlich gar nichts, und wünscht dem Krieg nicht das sofortige Ende, sondern die intensivierte Fortsetzung mit richtigem Ausgang? Gehts noch? Plötzlich soll die bestehende Weltordnung, die wir in den letzten Jahrzehnten in aller Brutalität zuschlagen sahen, eine positive Bedingung für all das sein, was sie gerade mit aller Wucht von der Tagesordnung absetzt, weil sie sich weder von „Sustainable Development Goals“ noch von sonstwas abhängig macht. Aggressiver als je zuvor – zumindest seit den sechziger Jahren – werden wir aufgefordert Partei zu ergreifen fürs Benzin-ins-Feuer-Werfen, Waffen liefern und ja keinen Kompromiss mit „Putin“ auch nur für wünschenswert zu halten. Schlussien mit Russien!

Eines steht fest: Aufrüstung wird den Frieden nicht sichern, sondern uns endgültig daran hindern, unsere Lebensweise auf diesem Planeten entscheidend umzubauen. Ernsthaft: die Zeit der Weltmächte, die sich in überreichlichem Maß Gewaltmittel verschafft und deren Einsatz auch schon durchgeplant und vorbereitet haben, um auf einer finalen Stufe als „Kollateralschaden“ ihrer kriegerischen Kollision einen Großteil der Menschheit umzubringen und die Lebensbedingungen auf der Erde zu zerstören – eine „Eskalation“, von der beide Seiten versichern, dass sie nie stattfinden darf und mit der genau so ständig gedroht wird – diese Zeit der Weltmächte müsste vielmehr raschest zu Ende gehen, bevor es endgültig zu spät ist. Weil es keine größere Gefahr für Natur und Mensch gibt als den Kampf der Imperien, ihre Ansprüche, ihre Geschäfts- und Gewaltmittel und ihre totale Rücksichtslosigkeit in ihrer wechselseitigen Konfrontation. Stattdessen sehnt sich jetzt Hinz und Kunz nach einer „Weltmacht Europa“! Angeblich weil es ja so „alternativlos“ ist! Und um das Maß voll zu machen, sind es ausgerechnet Linke und Grüne, die im vollen Bewusstsein ihres Duchblickertums und ihrer überlegenen Werte die größten Scharfmacher geben.

Ich habe mich seit Jahrzehnten aus der organisierten und auch diskursiven Linken zurückgezogen, weil ich der festen Ansicht bin, dass es für die Überwindung des herrschenden Bewusstseins nicht ausreicht, sich die Defizite der bestehenden Ordnung vor Augen zu führen. Kritik bleibt ohnmächtig, wenn sie nicht mit einer Vision und einer pragmatischen Perspektive zur Umsetzung dieser Vision verbunden ist. Und die Vision wie die Kritik müssen von Sachkenntnis, von wissenschaftlichen Einsichten verbunden mit einer soliden Vorstellungskraft getragen sein. Sie müssen die Wurzeln des Zukünftigen, seine Keimformen im Bestehenden einbeziehen, genauso wie sie die Defizite, die noch zu erledigenden Aufgaben für die zu bauende Welt im Blick haben müssen. Sie müssen eine starke und überzeugende Grundgestalt aufweisen, die Lösungen für eine ganze Welt tragen kann. Und sie müssten mit allen Mitteln der politischen Kunst,von Diplomatie bis hin zum gewaltfreien Widerstand, in die Welt gebracht werden.

Diese Grundgestalt besteht für mich in der planetaren Kooperation für die Arbeit am Lokalen, wie sie das scheinbare Oxymoron von den „globalen Dörfern“ ausdrückt. Nur die zunehmende Aufmerksamkeit auf die Gestaltung des Lokalen, unserer Lebensräume, ist die einzige langfristige Friedensperspektive, die diese Welt hat. Denn wenn wir unsere Nachbarschaft, unser Dorf, unsere Gemeinde und unsere Region als stellvertretend für eine Zelle oder ein Zellgewebe in einer gesunden Erde sehen und darauf hinarbeiten, ein Beispiel zu geben, dann tragen wir dazu bei, dass überall Modelle eines guten Lebens für alle entstehen können. Noch nie konnten wir besser gemeinsam als globales Gehirn an der Lösung der mannigfaltigsten lokalen Probleme arbeiten, und noch nie lag es so nahe, alles Wissen zu teilen, weil sich damit alle Gemeinschaften und Gesellschaften auf der Welt immer besser und intensiver nach innen entwickeln können. In diesem Sinn: Make Villages, Not War! We will rebuild a peaceful world from the grassroots !

Copyleft

„Jede Wiedergabe, Vervielfältigung und Verbreitung unserer Publikationen ist im Sinne der Bereicherung des allgemeinen geistigen Lebens erwünscht. Es gibt kein geistiges Eigentum. Es sei denn, als Diebstahl. Der Geist weht, wo er will. Jede Geschäftemacherei ist dabei auszuschließen. Wir danken den Toten und den Lebendigen für ihre Zuarbeit und arbeiten unsererseits nach Kräften zu.“ (aramis)

siehe auch wikipedia s.v. „copyleft“

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Oben     — Eine Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel, im Judentum weitverbreitetes Symbol für den Frieden

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VVN-BdA feiert Geburtstag

Erstellt von Redaktion am 27. März 2022

„Krieg beendet keine Kriege“

23.06.2015 - Bürgermob in Freital und Gegendemo zum Schutz der Asylsuchendenunterkunft (19105281572).jpg

Das Interview mit Frau Kerth führte Sara Rahnenführer und Kersten Augustin

Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ wird 75. Ein Gespräch darüber, was der Schwur von Buchenwald für den Krieg in der Ukraine bedeutet.

taz am wochenende: Frau Kerth, am Wochenende feiert die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund deutscher AntifaschistInnen“ (VVN-BdA) Geburtstag. Wie wurde der Verband vor 75 Jahren gegründet?

Cornelia Kerth: Eigentlich begann unsere Geschichte im Mai 1945, als die Überlebenden aus den KZs und Zuchthäusern zurückkamen und sich organisieren mussten: Die Wohnung war weg, es gab kaum Lebensmittel. In allen Besatzungszonen bildeten sich Komitees aus Heimkehrenden als erste Anlaufstellen, die auch mithilfe von Fragebögen die Verfolgungsschicksale und möglichst die Tä­te­r:in­nen erfassten. In den Jahren 1946/47 wurde aus den Komitees die VVN in den verschiedenen Zonen, die sich dann im März 1947 zusammengeschlossen haben. Und das feiern wir.

Ihr Verband beruft sich auf den Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“. Wie haben Sie dieses Ziel verfolgt?

Von Anfang an standen die Bestrafung der Täter:innen, die Entschädigung der Opfer und die Erinnerung an Verfolgung und Widerstand im Mittelpunkt. Dafür haben sich schon die Komitees eingesetzt, indem sie die Bevölkerung aufklärten, was tatsächlich stattgefunden hat.

Der Schwur geht so weiter: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Das wurde nach der Gründung der Bundesrepublik relevant. Die VVN war gegen die Gründung der Bundeswehr und den Nato-Beitritt. Sie wollte einen gesamtdeutschen, neutralen Staat, was damals auch von der Sowjetunion unterstützt wurde. So wurde sie dann als „Sprachrohr der Kommunisten“ abgestempelt, die SPD hat schon 1949 einen Unvereinbarkeitsbeschluss bewirkt.

Die Adenauer-Regierung hat versucht, die VVN zu verbieten, auch vom Radikalenerlass der Brandt-Regierung waren Sie betroffen.

Der Antikommunismus hatte die Zerschlagung des deutschen Faschismus bruchlos überlebt. Es reichte, der Vereinigung anzuhängen, dass sie eine „kommunistische Tarnorganisation“ sei.

Also war es nicht nur die Abwehr, sich mit den eigenen Verbrechen zu beschäftigen, sondern auch die Kritik der VVN an Aufrüstung und Westintegration?

Beides. Der Unwille der Mehrheitsbevölkerung, der war klar. Gleichwohl war ein gewisses Maß an Anerkennung von Schuld von staatlicher Seite erforderlich, um als Vertreter der Bundesrepublik ins Ausland reisen zu können.

Nach außen hin Schuld bekennen, um Teil des Westens sein zu können, und nach innen Überlebende des Nazi-Terrors verfolgen, das war das Rezept der frühen Bundesrepublik?

Ich weiß nicht, ob es ein Rezept war, aber es war so.

Repression haben Sie nicht nur in der dunklen Vergangenheit erlebt. 2019 wurde Ihnen vorübergehend die Gemeinnützigkeit entzogen, weil Sie im bayerischen Verfassungsschutzbericht auftauchten. Wie geht es Ihrem Verband heute?

Die politische Situation ist schwierig, aber unserem Verband geht es ziemlich gut. Ein Drittel unserer Mitglieder ist in den vergangenen Jahren aus Solidarität eingetreten. Wir sind bundesweit aktiv und unsere Arbeit wird offensichtlich geschätzt.

Wenn Sie zurückblicken, geht es der VVN heute also besser als in den frühen Jahren der Bundesrepublik.

Ich würde sagen, es war ein Auf und Ab. 1968 war der politische Aufbruch einer Generation, die sich auch der VVN anschloss und sie um den „Bund der AntifaschistInnen“ erweiterte. 1989 erlebten wir dann einen tiefen Fall, weil wir unsere hauptamtliche Struktur verloren.

Weil die Finanzierung aus der DDR wegfiel.

So ist es, ja.

Kommen wir zur Gegenwart: Seit vier Wochen führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ist Ihnen noch zum Feiern zumute?

Brückenfest Frankfurt (Oder) 2018 001.jpg

Also einerseits schon. Wir feiern, dass wir die Gemeinnützigkeit zurückerhalten haben und mit über 2.000 neuen Mitgliedern gestärkt daraus hervorgegangen sind.

Andererseits?

Dieser Krieg stößt natürlich auch bei uns auf Entsetzen. Zwei Tage vor Beginn haben wir das nicht für möglich gehalten. Dann gibt es aber wiederum die Rezeption dieses Krieges. Es wird so getan, als sei es der erste Krieg in Europa nach 1945. Aber es gab den Jugoslawienkrieg, in dem eine rot-grüne Bundesregierung entschied, Bomben auf Belgrad zu werfen.

Der Angriffskrieg von Russland ist doch nicht mit den Jugoslawienkriegen zu vergleichen. Damals hat die Nato eingegriffen, nachdem man in Srebrenica zugesehen hat. Ein UN-Mandat dafür hat Russland blockiert. Ist es nicht problematisch, jetzt zu sagen: Aber der Westen hat doch auch?

Begründet wurde der Krieg mit dieser ungeheuerlichen Aussage von Joschka Fischer, es müsse ein neues Auschwitz verhindert werden. Der Krieg in Jugoslawien war völkerrechtswidrig. Das ändert natürlich nichts daran, dass auch der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine völkerrechtswidrig ist.

Ihr Verband hat zu Beginn des Krieges appelliert, die Waffen niederzulegen und den Krieg sofort zu beenden. Heißt das, die Ukraine soll kapitulieren?

Nein. Das heißt, dass Russland den Krieg beenden und sich aus der Ukraine zurückziehen soll. Die Souveränität von Staaten muss respektiert werden. Es muss aber auch alles vermieden werden, was diesen Krieg ausweitet. Dazu gehören Waffenlieferungen oder eine Flugverbotszone. Außerdem sind wir gegen die 100 Milliarden an die Bundeswehr, diese Aufrüstung hat mit diesem Krieg nichts zu tun.

Ist es nicht widersprüchlich zu sagen, dass man die Souveränität eines Staates unterstützt, aber nicht seine Selbstverteidigung?

Nein, die Selbstverteidigung ist das eine, in einen Krieg einzutreten ist etwas völlig anderes.

Aber die Ukraine hat militärisch ohne Unterstützung gegen Russland wenig Chancen.

Mit Krieg beendet man keine Kriege. Es sollten alle Anstrengungen für Verhandlungen unternommen werden. Was ist denn Ihre Alternative?

Wir glauben nur nicht, dass Putin auf Appelle hört. Diplomatische Erfolge sind doch nur möglich, wenn Russland sich militärisch nicht durchsetzen kann.

Ich denke, dass Sanktionen ein Weg sind. Das ist allerdings meine Meinung, bei uns im Verband ist das umstritten. Es gab viele Jahre diplomatische Verhandlungen zur Lösung des Konflikts. Es gab das zweite Minsker Abkommen, welches auch von den Garantiemächten Deutschland und Frankreich nie durchgesetzt wurde.

Also ist der Westen schuld?

Nein. Das habe ich nicht gesagt. Putin ist schuld und dafür gibt es keine Entschuldigung. Aber wenn Sie fragen, was wir tun können: Wir müssen die Verhandlungen führen, die viele Jahre nicht geführt wurden.

In der letzten Woche ist Boris Romantschenko, ein Holocaustüberlebender, bei einem russischen Angriff gestorben. Sind Sie in Kontakt mit Holocaustüberlebenden in der Ukraine?

Quelle       :           TAZ-online          >>>>>     weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —  23.06.2015 – Bürgermob in Freital und Gegendemo zum Schutz der Asylsuchendenunterkunft

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Unten     —     Brückenfest Frankfurt (Oder)

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Zu Klima und Krisen

Erstellt von Redaktion am 25. März 2022

„Es ist Zeit für System Fragen“

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Im Interview mit Luisa Neuber – Katherina Schipkowski

Wenn der Koalition der gesellschaftliche Frieden in Deutschland wichtiger sei als die Menschen in der Ukraine, solle sie das sagen, fordert Neubauer.

taz: Frau Neubauer, am Freitag findet der zehnte Klimastreik von Fridays for Future statt. Haben wir derzeit nicht andere Probleme?

Luisa Neubauer: Wir streiken, gerade weil wir auch andere Probleme haben. Es gibt heute keine singulären Krisen mehr. Es ist Zeit, das anzuerkennen und die Systemfragen anzugehen. Nie war es offensichtlicher, dass wir eine Energiewende brauchen. Trotzdem müssen wir dafür kämpfen, weil wir sehen, dass die Regierung selbst jetzt zu allen Irrationalitäten bereit ist.

Welche Systemfragen meinen Sie – den Kapitalismus abschaffen?

Wenn man  wie Wirtschaftsminister Robert Habeck  von Putins Gas wegwill und dafür nach Katar reisen muss, steht man vor einer Systemfrage. Hier wie da finanzieren wir die Gegner der Demokratie und erhöhen das Risiko eines Klimakollapses. Um sich davon zu befreien, muss man die großen Hebel umsetzen und die Systeme – Energie, Mobilität, Landwirtschaft und so weiter – humanisieren, demokratisieren und dekarbonisieren.

Nachrichten über zu viel Wärme in der Arktis, globale Emissionsrekorde oder den IPCC-Bericht dringen zurzeit kaum durch. Wer soll sich aktuell für den Streik interessieren?

Uns geht es nicht darum, dass sich Menschen für den Klima­streik interessieren, sondern dass Menschen die Klimakrise als das wahrnehmen, was sie ist: die größte Bedrohung der Menschheit. Und dass sie entsprechend handeln. Dafür ist der Streik nur ein Vehikel.

Mit den 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind für die kommenden Monate andere Themen gesetzt als das Klima.

Es ist Krieg und erst mal logisch, dass auch über Militärausgaben diskutiert wird. Aber was sollte uns davon abhalten, gleichzeitig das große Ganze in den Blick zu nehmen? Ein paar Stimmen, die sich gekränkt fühlen, wenn sie keine alleinige Diskurshoheit mehr haben? Tja. Eine brennende Frage ist: Wie sichern wir Demokratien? Wir brauchen Unabhängigkeit von Autokraten und Energieunabhängigkeit. Und es gibt ja keine Regel, laut der man in einem Krieg, der durch den Verkauf fossiler Energien finanziert wird, nicht über die Transformation von Energiesystemen sprechen kann.

Bei einigen Kohlekraftwerken wurde jetzt schon die Laufzeit verlängert. Ist es richtig, wie Robert Habeck sagt, im derzeitigen Ausnahmezustand nicht an Klima-Deadlines festzuhalten, sondern flexibel zu reagieren?

Ich möchte sehen, wie Robert Habeck das den Leuten erklärt, die vor der Klimakatastrophe auf der Flucht sind. Wie sollen die flexibel sein? Ja, wir werden uns mit sehr harten Energiedebatten auseinandersetzen müssen. Aber ich ermuntere uns, sorgfältig auseinanderzuhalten, wo wir von Machbarkeit und wo von Politik reden. Ich verstehe, dass man das vermischen möchte, wenn man eine grüne Regierung ist und die Illusion aufrechterhalten will, dass man alles tue, was möglich sei. Aber das darf uns nicht davon abhalten zu gucken, wer diesen Krieg finanziert, was Putin stark macht und welche politischen Konsequenzen gezogen werden müssen, wenn wir das anerkennen.

Sie fordern den kompletten Boykott russischer Energieträger. Das würde eine schwere Wirtschaftskrise auslösen und sich auch auf arme Länder auswirken.

Der russische Gasimport ist sehr schwer zu ersetzen, das stimmt. Kurzfristig muss man sich fragen, was wir stattdessen reduzieren können. Für soziale Gerechtigkeit braucht es soziale Politik. Das heißt aber nicht, dass man denjenigen, die sich das leisten können, nichts abverlangen darf. Die Bundesregierung tut so, als gäbe es ein Recht auf Energieverschwendung. Warum zum Henker traut sie sich nicht, ein Tempolimit zu verabschieden? Wenn sie den privilegiertesten Teil der Gesellschaft, der am meisten Energie verbraucht, mit einer Handvoll Maßnahmen zum kollektiven Energiesparen auffordert

… dann wäre das immer noch keine Transformation des Energiesektors, sondern eine Individualisierung der Verantwortung.

Man würde zunächst akut Spannung aus der Situation nehmen. Wir sehen doch gerade, wie sich Menschen organisieren, eine wehrhafte Demokratie gestalten und ernst genommen werden wollen. Wenn die Regierung stattdessen meint, das Tempo auf der Autobahn sei wichtiger als die Solidarität mit den Menschen, die in Mariupol vor den Bomben fliehen, muss sie dazu stehen und das nicht mit einem pseudosozialen Frieden verteidigen. Den Frieden hier und die Ukraine gegeneinander auszuspielen, finde ich das Allerletzte.

Die Po­li­ti­ke­r*in­nen sollen also an den guten Willen der Bür­ge­r*in­nen appellieren?

Nein, sie sollen ehrlich zugeben, dass wir kein Recht auf Energieverschwendung haben. Und dass jeder Liter Öl, den wir unnötig verbrauchen, Putin zugutekommt. Es braucht einen Plan und eine Strategie. Ich war nicht dabei, als es 1973 die autofreien Sonntage gab, aber ich habe von niemandem gehört, dass er das als schwarzen Tag erinnert.

Ist Habecks Prioritätensetzung ein Verrat der Grünen an der Klimabewegung?

Ach, ehrlicherweise kann ich hier mit dem Begriff des Verrats nicht so viel anfangen. Was wir gerade sehen, ist, dass die klimafreundlichste Regierung, die wir jemals hatten, vor offensichtlichen Systemfragen steht und scheinbar nicht bereit ist, sie ehrlich und zukunftsgewandt zu beantworten, um langfristig Lebensgrundlagen zu bewahren.

Welche Konsequenz ziehen Sie daraus?

Wir stellen fest: Am Ende des Tages steht und fällt alles nicht damit, wer gerade regiert, sondern damit, was wir als Zivilgesellschaft damit machen.

Wann kommt der endgültige Bruch der Klimabewegung mit den Grünen?

Was soll denn dann folgen – sollen wir auf den Tisch hauen und sagen „Das war’s jetzt“? Dass die Grünen nicht der parlamentarische Arm der Kli­ma­be­wegung sind, wissen alle Beteiligten. Darum geht es auch nicht. Es braucht Parteien, die ernsthaft und integer die ökologischen Fragen ins Parlament und die Regierung tragen. Das sollten so viele Parteien sein wie möglich. Ich finde es absurd, die größte Katastrophe der Menschheit auf eine Frage zwischen einer Partei und einer Bewegung zu reduzieren.

Wie kann Fridays for Future zukünftig Druck ausüben? Die Mobilisierungskraft hat über die Jahre abgenommen, Gesellschaft und Politik haben sich an die Klimaproteste gewöhnt.

Im Gegensatz zu jedem anderen Politikfeld braucht die Klimapolitik permanent eine externe Erinnerung daran, dass es sie überhaupt gibt. Das ist zwar eine komplett abstruse Scheinlogik, aber solange man gute Klimapolitik sehen will, wird man Druck machen müssen. Ein Teil davon müssen Massen auf der Straße sein. Das hat auch damit zu tun, dass sich immer irgendein Politiker in die Hose macht, wenn er daran denkt, dass man der Gesellschaft ein paar kleine Klimamaßnahmen zumutet.

Aber was kann FFF noch erreichen? In den Talkshows sitzen Sie schon lange, Greta Thunberg hat schon vor den Vereinten Nationen in New York gesprochen, die Zahlen auf der Straße sind nicht mehr zu toppen. Eine Klimapolitik, die 1,5 Grad erreicht, folgt daraus zwar nicht, aber das haben Sie offensichtlich nicht in der Hand.

Quelle        :        TAZ-online         >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben          —   1 Jahr Nur Blockiert: Luisa Neubauer liest ihre Rede vor, die sie vor einem Jahr beim ersten Streik von Fridays For Future Berlin gehalten hat. Berlin, 13.12.19

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Feminist Asylum

Erstellt von Redaktion am 8. März 2022

Geschlechtsspezifische Fluchtgründe anerkennen!

Feierlichkeiten zum Internationalen Frauentag, Somalia; März 2018 (01).jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von  :  Elisabeth Voss

Zum Internationalen Frauenkampftag 8. März 2022 fordert das Europäisches Bündnis „Feminist Asylum“ die bedingungslose Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe.

Seit Februar 2018 ist die „Istanbul-Konvention“ (IK) in Deutschland als Gesetz „zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ in Kraft. Die Umsetzung des Gesetzes soll ohne Diskriminierung erfolgen, „insbesondere wegen des biologischen oder sozialen Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität, des Alters, des Gesundheitszustands, einer Behinderung, des Familienstands, des Migranten- oder Flüchtlingsstatus oder des sonstigen Status“ (Art. 4, Abs. 3 IK).Aber bislang steht das Gesetz nur auf dem Papier. Darum fordert das Europäische Bündnis „Feminist Asylum“ zum Internationalen Frauenkampftag 8. März 2022 die konsequente Anerkennung besonderer Fluchtgründe von Frauen und LGBTIQA+ Personen (LGBTIQA+ bedeutet: lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intersexuell, queer, asexuell, und weitere). Das Bündnis hat eine Feministische Petition gestartet, die hier unterzeichnet werden kann: https://feministasylum.org/Eine Europäische Feministische Petition

Die Petition richtet sich an die Organe der EU und die nationalen Regierungen des Schengen-Raums. Ihre Forderungen sind:

  • Das Recht auf internationalen Schutz durch die konsequente Anerkennung spezifischer Asylgründe für Frauen, Mädchen und LGBTIQA+ Personen zu gewährleisten.
  • Die Einrichtung einer europäischen Überwachungsstelle zur konsequenten Umsetzung des Rechts auf internationalen Schutz für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und für geschlechtsspezifische Aufnahme- und Asylverfahren und Unterstützungshilfen (Art. 60 und 61 Istanbul-Konvention) sowie zur Einhaltung des Abkommens zur Bekämpfung von Menschenhandel (insbesondere dessen Art. 10 bis 16).
  • Den Zugang zu Asyl in EU-Mitgliedsländern für Frauen, Mädchen und LGBTIQA+ Personen zu gewährleisten.

Marianne Ebel von Feminist Asylum ist stolz auf die bisherige Reichweite der Petition: „Europaweit sind wir bereits 250 Organisationen, die sich für den konsequenten Schutz von Betroffener von patriarchaler Gewalt auf der Flucht einsetzen, darunter 29 Organisationen aus Deutschland.“ Auch Persönlichkeiten aus Kultur, Sport und Politik hätten sich der Petition angeschlossen, so zum Beispiel Sofia Bekatorou, die zweifache Olympiasiegerin und Initiatorin der #MeToo-Bewegung in Griechenland, Silvia Federici, Eric Toussaint, Jean Ziegler und andere. „Jetzt appellieren wir an die Organe der EU und an die nationalen Regierungen“ so Marianne Ebel: „Bereiten sie institutionalisierter patriarchaler Gewalt im europäischen Asylsystem ein Ende. Schützen sie Betroffene von patriarchaler Gewalt auf der Flucht konsequent!“

Wie alles begann

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Marianne Ebel hat die Feministischen Petition mitinitiiert und berichtet, wie es begann: „Im September 2019 organisierte Marche Mondiale des Femmes (MMF) in Genf ein dreitägiges europäisches Treffen ‚Frauen – Migration – Zuflucht‘, um die besonderen Bedürfnisse von Migrantinnen zu definieren und mit dem Aufbau eines europäischen Netzwerks zu beginnen.“ Bei dem Treffen entstand die Idee einer feministischen Grenzbesetzung. Sie sollte gleichzeitig in Südfrankreich in Ventimiglia-Menton und in Zentralamerika in Honduras/El Salvador stattfinden, am 17. Oktober 2020 anlässlich des Abschlusses der 5. transnationalen Aktion der MMF. Dann kam die Pandemie. „Wir suchten nach Alternativen“ sagt Marianne Ebel, „behielten aber den Willen bei, so bald wie möglich symbolisch die Grenzen zu besetzen. Wir gründeten ‚Toutes Aux Frontières‘ mit Pilar Senek, die aus der Türkei geflohen war, und dank ‚Zoom‘ und unserer gemeinsamen Entschlossenheit gelang es uns, am 5. Juni 2021 eine beeindruckende Demonstration in Nizza zu organisieren.“

In Nizza marschierten, sangen und tanzten 8.000 Frauen fünf Stunden lang durch die Strassen der Stadt. Marianne Ebel: „In Nizza werden alle Entscheidungen über die Grenze Menton-Ventimiglia getroffen. Ich hatte das Glück dabei zu sein, mit anderen Delegierten aus mehreren europäischen Ländern, es war unglaublich, mitten in der Pandemie! Anlässlich dieser Demonstration haben wir die Idee der Europäischen Feministischen Petition veröffentlicht.“ Und sie betont: „Diese Petition für die effektive Anerkennung der besonderen Asylgründe von Frauen, Mädchen und LGBTIQA+ Personen kommt ‚von unten‘, von Frauen, die für ihr Recht auf Asyl kämpfen und von Frauen wie mir, die sich mit den Prekärsten und Bedrohtesten unter uns solidarisieren.“

Die Istanbul Konvention: „Bislang nur eine Sammlung toter Buchstaben“

Marianne Ebel führt weiter aus: „Wir wissen es alle, die Istanbul-Konvention wurde von der Mehrzahl der europäischen Länder und von den Regierungen des Schengen-Raums ratifiziert. Frauen, die Gewalt erlitten haben, haben einen Rechtsanspruch auf internationalen Schutz. Doch bislang ist dieses Recht nur eine Sammlung toter Buchstaben. Das ist unannehmbar. Unsere Petition soll helfen, diesen Zustand zu ändern.“

Die Istanbul Konvention wurde als Übereinkunft des Europarats am 11. Mai 2011 unterzeichnet. Zur Überprüfung ihrer Umsetzung wurde eine „Group of Experts on Action against Violence against Women and Domestic Violence (GREVIO) eingesetzt. Nachdem die Konvention in Deutschland im Februar 2018 Gesetzeskraft erlangt hatte, berichtete die Bundesregierung im September 2020 an GREVIO über die Situation in Deutschland. Ergänzend verfassten PRO ASYL, einige Flüchtlingsräte und die Universität Göttingen im Juli 2021 einen Schattenbericht „Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland“.

Sie stellten fest: „Es wird sichtbar, dass das Asyl- und Aufenthaltsrecht an vielen Stellen in einem eklatanten Widerspruch zum Gewaltschutz steht. Es besteht umfangreicher Handlungsbedarf.“ Die geschlechtsspezifische Gewalt, die Geflüchtete in ihren Herkunftsländern erfahren, geht nicht nur auf der Flucht weiter, sondern auch in Deutschland. Frauen, Mädchen und LGBTIQA+-Personen sind bei der Unterbringung in Sammelunterkünften von Gewalt bedroht, im Asylverfahren werden ihre Fluchtgründe oft nicht mit ausreichender Sensibilität erfragt, sie bekommen keine bedarfsgerechte medizinische Versorgung und keine angemessene Beratung und Unterstützung.

„Sie wollen angstfrei, selbstbestimmt, informiert, geschützt sein“

„Das deutsche Asylsystem ist so aufgebaut, dass Frauen und LGBTIQA+ Personen ununterbrochen unter immensen Druck stehen und sich oft ohne Sicherheitsgefühl durchkämpfen müssen. Für einige von uns kann dieser Zustand mehrere Jahre andauern“, erklärt Aigün Hirsch vom niedersächsischen Flüchtlingsrat. Sie hat sowohl aus der Referent*innenperspektive als auch durch ihre persönliche Fluchterfahrung Expertise gesammelt.

„Der Kampf endet nicht mit einem sicheren Aufenthaltstitel“, so Aigün Hirsch. „Vielmehr können wir uns ab diesem Zeitpunkt dem manchmal weniger überlebenswichtigen, dennoch lebenswichtigen Kampf gegen erlebte sexistische Diskriminierung und Gewalt nicht mehr entziehen. Aus meiner Beratungsarbeit mit Schutzsuchenden versuche ich hier die Stimmen der Frauen und LGBTIQA+ Angehörigen einzubringen. Sie wollen angstfrei, selbstbestimmt, informiert, geschützt vor rassistischer und geschlechtsspezifischer Gewalt sein; respektiert, gehört und gesehen werden, auf allen Etappen des Asylverfahrens und danach, sowie in ihrem alltäglichen Leben.“

Eine auf die Bedarfe und mögliche Einschränkungen der Schutzsuchenden abgestimmte Anhörung zu den Fluchtgründen sei eine notwendige Grundlage, um ein faires Asylverfahren zu schaffen. „Von Anfang an muss allen schutzsuchenden Frauen und LGBTIQA+ Personen menschenwürdiger Wohnraum, Privatsphäre, Zugang zu gesundheitlicher Versorgung sowie Zugang zu Bildungs- und Sprachlernmöglichkeiten, und nicht zuletzt zum Arbeitsmarkt gewährt werden. Und das unabhängig von ihrer Herkunft!“, betont Aigün Hirsch.

Ein Europäisches Feministisches Netzwerk des Widerstands

Die Petition soll am 11. Mai 2022, dem Jahrestag der Istanbul Konvention, den europäischen Institutionen übergeben werden. „Natürlich reicht es nicht aus, Unterschriften zu sammeln und sie einzureichen, damit sich etwas ändert. In der Schweiz wissen wir das nur zu gut“ sagt Marianne Ebel. „Bei uns gibt es beispielsweise seit 1981 das verfassungsmässige Recht auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, aber ein Arbeitgeber kann dieses Recht noch heute ungestraft ignorieren. Eine Petition ist ein Instrument, das uns hilft eine Kampagne aufzubauen und uns um eine gemeinsame Aktion zu versammeln.“

Die Unterschriften sollten dazu dienen, die öffentliche Meinung zu alarmieren und eine Debatte in der gesamten Gesellschaft anzuregen, Politiker*innen aufzufordern, in den Parlamenten zu intervenieren und Druck auszuüben, damit sich die Dinge ändern. Marianne Ebel: „Am Anfang waren wir nur ein paar feministische Aktivistinnen, die sich für Migrantinnen einsetzten, insbesondere für Frauen, die Asyl beantragten. Wir waren – und sind noch immer – schockiert darüber, dass diejenigen, die in ihren Herkunftsländern misshandelt wurden, die auf dem Weg ins Exil, aber manchmal auch bei ihrer Ankunft in Europa vergewaltigt wurden, ohne Versorgung und ohne Rechte bleiben und in ein anderes Land zurückgeschickt werden. Das ist nicht hinnehmbar.“

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Sie ist sich sicher, dass die Aktionen des Bündnisses nicht am 11. Mai enden werden. „Der Krieg in der Ukraine verleiht unserer Petition eine hohe Aktualität“ so Marianne Ebel, „und wir brauchen jetzt Tausende von Menschen, die die Petition online unterzeichnen. Eine einfache und kleine Geste, aber von grosser Bedeutung. Sie bedeutet ‚Ja, ich stimme zu, wir müssen diese Forderungen in die Tat umsetzen‘. Die Unterschrift kann aber auch der erste Schritt zu einem grösseren Engagement sein. Wer unterzeichnet, wird eingeladen, sich der Kampagne von Feminist Asylum anzuschliessen, wenn gewünscht. So wird, Schritt für Schritt, das Europäische Netzwerk des Widerstands und des Kampfes für die Rechte von Flüchtlingen und Migrantinnen gestärkt.

8. März 2022: Flucht und Asyl aus feministischer Sicht

Am 8. März um 18 Uhr beginnt eine Online-Veranstaltungsreihe der Evangelischen Akademie zu Berlin: „Flucht und Asyl aus feministischer Sicht – Geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt in Asylverfahren“ (Anmeldung: https://www.eaberlin.de/). Zu Beginn gibt es einen kurzen Film von Anne Frisius von Cooperativa-Film, anschliessend diskutiert Andrea Kothen von Pro Asyl, die den Schattenbericht mitverfasst hat, mit der Rechtsanwältin Barbara Wessel vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV). Es moderiert Victoria Lies, Podcasterin von der Refugee Law Clinic Berlin.

Es ist nicht einfach, in diesen Zeiten feministisch und antirassistisch aktiv zu sein. Das Anliegen und die Petition brauchen noch viel mehr Unterstützung und Öffentlichkeit. Darum geht Feminist Asylum am Internationalen Frauenkampftag in die Offensive. Es soll der Beginn einer grossartigen feministischen Zusammenarbeit werden – Mitstreiter*innen jeden Geschlechts sind hochwillkommen!

Hinweise

Die Petition kann hier unterzeichnet werden.

Die Pressemappe von „Feminist Asylum“ gibt es hier in mehreren Sprachen.

Transparenz: Das NETZ für Selbstverwaltung und Selbstorganisation e.V., dessen Vorstand die Autorin angehört, ist eine der unterzeichnenden Organisationen der Petition und Kooperationspartner der Veranstaltungsreihe der Evangelischen Akademie zu Berlin.

Grafikquellen          :

Oben     —       Friedenssicherungskräfte der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) marschieren während der Feierlichkeiten zum Internationalen Frauentag am 8. März 2018 in Mogadischu. AMISOM Foto / Ilyas Ahmed

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Neue Zukunft der Türkei

Erstellt von Redaktion am 4. März 2022

Aufruf für eine andere Zukunft

Der neue Blick

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Civaka Azad

Mit der „Konferenz für Demokratie und Freiheit“ in der Zeit vom 5. bis 6. März 2022 in Berlin möchten wir den gemeinsamen Weg für unsere demokratische Zukunft fortsetzen, den wir im Jahre 2019 durch unsere ebenfalls in Berlin abgehaltene „Konferenz für eine demokratische Türkei“ eingeschlagen haben.

Ziel dieser zweiten Konferenz ist es, die in der Türkei bereits begonnene und zusehends intensiver werdende Zusammenarbeit der demokratischen Bestrebungen zu unterstützen. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam über die riesigen Aufgaben diskutieren, die beim Neuaufbau einer demokratischen Türkei auf uns zukommen werden, ohne abweichende Meinungen und andersdenkende Gruppierungen, die sich für eine friedliche und demokratische Entwicklung einsetzen, dabei auszugrenzen. Dadurch wollen wir auch unsere Solidarität mit Bewegungen zum Ausdruck bringen, die sich in der Türkei für Demokratie und Freiheit einsetzen.

An der „Konferenz für Demokratie und Freiheit“, die vom 5. bis 6. März 2022 in Berlin stattfinden wird, werden geladene Vertreter und Vertreterinnen der breiten gesellschaftlichen Opposition, darunter auch der Kurden, Assyrer, Armenier,Yesiden, Aleviten sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen, Plattformen in der Türkei und der im Exil befindlichen Oppositionellen teilnehmen.

Bei der zweitägigen Konferenz werden die Teilnehmenden vor allem die Hindernisse bei der Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse und in der Phase des Neuaufbaus analysieren und mögliche Lösungswege aufzeigen. Die Ergebnisse werden anschließend veröffentlicht.

Am ersten Tag der Konferenz sind drei Sitzungen vorgesehen:

1. Sitzung: Schadensanalyse – In welcher Situation befinden wir uns?
In diesem Abschnitt wird durch Experten-Berichte und Gesprächsrunden versucht, eine „Schadensbilanz“ zu erstellen.

2. Sitzung: Die Suche nach Auswegen.
Diese Sitzung ist den vorliegenden Programmen und Vorschlägen politischer Parteien, Institutionen und zivilgesellschaftlicher Organisationen gewidmet.

3. Sitzung: Aufbau der Zukunft.
Bei dieser Sitzung sind Beiträge und Gesprächsrunden darüber vorgesehen, wie sich eine demokratische, freiheitliche und gleichberechtigte Gesellschaft in der Türkei entwickeln kann.

An der ersten Sitzung am 6. März 2022 werden Vertreter und Experten aus zahlreichen Initiativen und Organisationen ihre jeweiligen Standpunkte erläutern und über die Realisierungswege demokratischer Modelle diskutieren.

Nachmittags finden mehrere Workshops im Hinblick auf die vorrangigen Probleme der Türkei statt, die ihre Arbeit auch nach der Konferenz fortführen sollen. Mit ihrer kontinuierlichen Arbeit sollen sie dazu beitragen, eine Roadmap für die demokratische Entwicklung in der Türkei zu erstellen. Die Ergebnisse dieser Workshops werden ebenfalls in die Abschlusserklärung des Kongresses einfließen.

Die „Konferenz für Demokratie und Freiheit“ soll dazu dienen, unsere Stimme zu erheben für eine unabhängige Justiz, für die Respektierung des Wählerwillens, für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage, für das gleichberechtigte Lebens- und Existenzrecht aller Völker und Glaubensrichtungen in Freiheit und Würde, für eine friedliche und aufrechte Außenpolitik, für eine umweltfreundliche Zukunft, für Gleichstellung der Frauen und für eine Gesellschaft, in der Menschen ein Recht auf Arbeit und Jugendliche auf Bildung und eine sichere Zukunft haben.

Wir wollen mit dieser Konferenz auch darauf aufmerksam machen, dass wir in der hiesigen Gesellschaft entschieden auf der Seite der Kräfte stehen, die sich für Frieden und Solidarität. gegen eine männlich dominierte Gesellschaft, für ein gleichberechtigtes Leben in Würde für alle Menschen, für die gesellschaftliche Vielfalt, und für Verteidigung der Demokratie und des Rechtsstaates gegen autoritäre Tendenzen einsetzen.

Wir rufen dazu auf, als die demokratische Opposition in der Türkei uns auf eine gemeinsame Sprache zu verständigen, unsere Aktivitäten auszuweiten und ein neues Leben aufzubauen.

Zu dieser Konferenz rufen auf:

1. Can Dündar (Journalist)
2. Hatip Dicle (Politiker)
3. Prof. Ne?e Özgen (Akademikerin)
4. Celal Ba?lang?ç (Journalist)
5. Barbaros ?ansal (Schriftsteller, Modedesigner)
6. Latife Akyüz (Akademikerin)
7. Rag?p Zarakolu (Journalist)
8. Prof. Ahmet ?nsel (Akademiker)
9. Prof. Eser Karaka? (Akademiker)
10. Do?an Özgüden (Journalist)
11. Ertu?rul Kürkçü (Ehrenvorsitzender HDP)
12. Turgut Öker (Ehrenvorsitzender AABK)
13. Rag?p Duran (Journalist)
14. ?nci Tu?savul (Journalistin)
15. Hayko Ba?dat (Journalist)
16. Ahmet Nesin (Journalist)
17. Besime Konca (TJK-E/Kurdische Frauenbewegung in Europa)
18. Fato? Göksungur (Ko-Vors. Kongress der Gesellschaft Demokratischer Kurden in Europa)
19. Yüksel Koç (Ko-Vors. Kongress der Gesellschaft Demokratischer Kurden in Europa)
20. Ergun Babahan (Journalist)
21. Mustafa Sar?sülük (Familie des Verstorbenen beim Gezi-Aufstand)
22. Güler Y?ld?z (Journalist)
23. Engin Sustam (Akademiker)
24. Önder Çakar (Filmemacher)
25. Bar?? Pirhasan (Drehbuchautor)
26. Ohannes K?l?çda?? (Akademiker, Schriftsteller )
27. Ferhat Tunç (Künstler)
28. Veysi Sar?sözen (Journalist)
29. A. Mahir Ofcan (ALTERNATIF/Initiative der Menschen vom Schwarzen Meer in Europa))
30. Fatih Y?ld?z (Volkshaus-Angehörige in Europa)
31. Prof. Cengiz Aktar (Akademiker)
32. Sayat Tekir (Ko-Vorsitzender Nor Zartonk)
33. Mehmet K?l?ç (Rechtsanwalt, ehem. MdB Die Grünen)
34. Gökay Akbulut (MdB)
35. Demir Çelik (Ko-Vorsitzender FEDA/Föderation demokratischer Aleviten-Vereine)
36. Mehmet Cengiz (Europavertreter der Grün-Linken Partei)
37. ESU . Union Der Assyrer in Europa
38. Tuncay Y?lmaz (Gründungsmitglied und Ko-Vors. Sozialistische Partei)
39. Nazan Üstünda? (Akademikerin)
40. Selim Eskiizmirliler (Akademiker)
41. Tuna Alt?nel („Akademiker für Frieden“)
42. Yektan Türky?lmaz (Akademiker)
43. Hazel Ba?köy (Akademikerin)
44. Mehmet Bayrak (Forscher, Schriftsteller)
45. Çetin Gürer (Akademiker)
46. Giyas Sayan (UNA-Kurd/Vors. Kurd. Verein für die UN, ehem. Abgeord. Berliner Senat)
47. Ali Atalan (Jesidischer Politiker, ehem. MdL NRW)
48. Yavuz Baydar (Journalist)
49. Osman Okkan (Sprecher KulturForum TürkeiDeutschland, Dokumentarfilmer)
50. Yi?it Aksako?lu (Menschenrechtsaktivist)
51. Fuat Ate? (Journalist)

Die Democracy and Freedom Conference-II wird über alle Kanäle der digitalen Medien veröffentlicht.
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Urheberrecht
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Oben       —   Korrektionsbrille

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Internationaler Frauentag :

Erstellt von Redaktion am 1. März 2022

Geschlechtergerechtigkeit und Frieden!

1100 Internationaler Frauentag - Frauenkampftag 2021 Berlin.jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Edith Bartelmus-Scholich

2022 findet der Internationale Frauentag unter historischen Bedingungen statt. Die Pandemie fordert nach wie vor Opfer und belastet Frauen* um ein Vielfaches mehr als Männer. Gleichzeitig sind in den letzten Monaten die Preise für Lebensmittel und Energie stark gestiegen. Wohnungen sind schon lange überteuert. Mit Sorge verfolgen viele Frauen die untauglichen politischen Versuche, den Klimawandel einzudämmen. Und nun herrscht in Europa auch noch Krieg. Die militärische Offensive Russlands in der Ukraine droht sich zu einem Weltenbrand auszuweiten.

Nie war es deshalb wichtiger zum Internationalen Frauentag auf die Straße zu gehen. Nie war es wichtiger Frauenpower in die Politik zu tragen.

Die multiple Krise trifft Frauen besonders hart

Krisen verstärken alle Ungleichheiten, das gilt besonders in unserer profitorientierten Gesellschaft und trifft auch auf die Corona-Krise zu. Frauen und Mädchen zählen zu benachteiligten Gruppen. Es sind vor allem Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Deutlich über 70 Prozent der Beschäftigten im Lebensmitteleinzelhandel, bei Sozialversicherungen und in Krankenhäusern sind weiblich. In Kitas und Vorschulen sind es über 90 Prozent. Da Frauen sich vermehrt um Kranke kümmern, sei es beruflich oder unbezahlt innerhalb der Familie, tragen sie ein hohes Infektionsrisiko. Die Pflege von Familienmitgliedern, die Kinderbetreuung, Homeschooling und Haushaltstätigkeiten lasten überwiegend auf den Schultern von Frauen.

Durch die Coronapandemie wird die klassische Rollenverteilung weiter zementiert. Während Männer zu rund 80 Prozent einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeit-Beschäftigung nachgehen, sind es bei Frauen nur 43 Prozent. In Minijobs sind 17,5 Prozent aller Frauen beschäftigt. Die Entlassungswellen im Zuge der Pandemie betrafen vor allem Sektoren, in denen Frauen überrepräsentiert sind. Ca. 29 Prozent mehr Frauen als Männer wurden entlassen. Fast jede dritte Frau arbeitet zu einem Niedriglohn – also unter 11,21 Euro die Stunde. Für sie führt Kurzarbeit häufig ins Jobcenter.

Existentielle Sorgen, Quarantäne und eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit führen zu einem deutlichen Anstieg von häuslicher Gewalt. Die Leidtragenden sind meist Frauen. In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2020 insgesamt 29.155 Fälle häuslicher Gewalt erfasst. Das ist ein Anstieg von 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 22.905 Opfer (70 Prozent) waren Frauen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Opferzahl um 7,9 Prozent.

Im vergangenen Jahr sind die Preise Produkte des alltäglichen Lebens explodiert. Die Inflationsrate lag im Januar 2022 bei 4,9 Prozent. Das ist der höchste Stand seit 28 Jahren. Besonders verteuert haben sich Heizöl und Benzin, Gemüse, Strom und Gas. Frauen spüren die Inflation besonders deutlich.

Schon seit Jahren steigen in den Städten die Mieten. Wie kaum eine andere Gruppe sind Frauen von den steigenden Mieten betroffen, vor allem wenn sie alleinerziehend sind. Steigende Mieten bei gleichzeitig steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen führen dazu, dass immer mehr Frauen von Obdachlosigkeit bedroht sind.

Frauen und Mädchen leiden besonders unter Folgen des menschengemachten Klimawandels und zwar nicht nur im globalen Süden. Ungefähr 80% der Menschen, die aufgrund von klimabedingten Katastrophen fliehen, sind Frauen. Auf der Flucht sind sie häufiger von körperlicher und sexualisierter Gewalt, Zwangsprostitution und Ausbeutung betroffen. Frauen und Kinder sterben bei einer Katastrophe mit 14-mal höherer Wahrscheinlichkeit als Männer. Auch bei der großen Hitzewelle in Europa 2003 starben mehr Frauen als Männer. Gleichzeitig machen sich viele Frauen große Sorgen zum die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder.

2021.03.08 Frauendemo Hannover 02.JPG

Und nun wird in Europa wieder Krieg geführt. Der russische Einmarsch in die Ukraine ist nicht bloß ein regionaler Konflikt, sondern droht sich zu einem Krieg der Atommächte auszuweiten. Auch hier sind Frauen die Leidtragenden, ob als direkte Opfer des Krieges, als Flüchtende oder als Mütter, die um das Leben ihrer Kinder bangen.

Aber auf allen Feldern der Auseinandersetzung sind Frauen nicht nur Opfer, sondern auch Akteurinnen für den Wandel und Trägerinnen gesellschaftlicher Visionen.

Widerstand gegen Patriarchat, Kapitalismus und Krieg!

Die Bestandsaufnahme zeigt: Es kann so nicht weiter gehen. Die multiple Krise setzt allen Frauen zu und das Ziel einer geschlechtergerechten Gesellschaft geht dabei verloren.

2022 rücken diese Forderungen in den Mittelpunkt:

  • Die Aufwertung der Arbeits- und Lebensleistung von Frauen, auch und besonders in den systemrelevanten Berufen! Care-Arbeit muss besser entlohnt werden. Die Beschäftigten in den Pflegeberufen müssen entlastet werden.
  • Bessere Bedingungen Erwerbs- und Familienarbeit zu verbinden – für beide Geschlechter! Die wöchentliche Erwerbsarbeitszeit muss auf 30 Stunden gesenkt werden, bei vollem Lohnausgleich.
  • Wirksame Maßnahmen gegen häusliche Gewalt! Die Anzahl der Frauenhausplätze muss dauerhaft erhöht werden.
  • Inflationsausgleich für alle Beschäftigten und Bezieher:innen von Transferleistungen!
  • Ein kostenfreies Grundkontingent an Strom und Heizenergie!
  • Mietendeckel und Neubau von bezahlbaren (Sozial-)Wohnungen und besondere Berücksichtigung von Frauen bei der Vergabe!
  • Vorsorge gegen die Folgen des Klimawandels und politische Maßnahmen gegen die Erderwärmung! Deutschland muss bis 2035 klimaneutral werden.
  • Friedenspolitik statt Eskalation und Aufrüstung! Der Krieg in Europa ist nur durch Demilitarisierung zu stoppen.

Für diese Forderungen wird 2022 nicht nur am 8. März, sondern in verbindenden Kämpfen jeden Tag zu streiten sein.

1 „Frauen“ schließt trans* und/oder inter* Frauen mit ein.

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Oben       —   Das Internationaler Frauentag 2021 (Tag des Kampfes der Frauen) fand wegen Covid-19 nicht als zentrale Veranstaltung in Berlin statt, sondern in Form mehrerer dezentraler Aktionen und Veranstaltungen.

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Krieg in der Ukraine

Erstellt von Redaktion am 28. Februar 2022

Freiheit, du Traum der 90er Jahre

Friede! ... Michail Gorbatschow und seine Frau Raisa.jpg

Von  : Thomas Gerlach

Einst glaubte unser Autor, dass auch in der ehemaligen Sowjetunion Aufbruch und Freiheit möglich sind. Er fühlt sich getäuscht.

Das weiß ich jetzt: Die Sowjetunion, sie war nie tot. Sie hielt sich verborgen, in den Schädeln von Putin und Lukaschenko, in den Hirnen von „Patrioten“ und denen von Wirrköpfen im Donbass.

Ein einziges Mal war ich in der Sowjetunion. Das war im Oktober 1991. Ich wollte das Land von Gorbatschow kennenlernen. Der KPdSU-Generalsekretär hatte mein Leben verändert. Seit 1985 lagen so viele Hoffnungen auf diesem Mann. Er hatte das sowjetische Imperium in einen Ort der Hoffnung verwandelt. Das Politbüro mit seinen Greisen hatte keine Macht mehr. Die Jahre der Stagnation, unterbrochen nur von Terror nach innen und Einmärschen in benachbarte Länder, waren vorüber. Die KP-Greise wurden beerdigt. Der Spuk war vorbei. „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen!“, hatten uns unsere Geschichtslehrer eingebläut. Jetzt gaben wir es ihnen lachend zurück.

Es war eine wunderbare Reise. Wir sausten mit der Raketa, einem Tragflächenboot, über den ­Dnjepr, wir herzten Babuschkas, tranken aus Brunnen und sangen, beseelt vom Wodka, „Abende an der Moskwa“. Der Himmel über Belarus leuchtete jeden Abend tiefrot. Wir waren übermütig, wollten bis zum Reaktor von Tschernobyl vordringen. Gott sei Dank hat man uns gestoppt. Und wir brummten mit unserem spärlichen Schulrussisch ewige Schwüre.

Fast hätte der Augustputsch unsere Reisepläne durchkreuzt. Noch einmal waren die Greise zurückgekehrt. Nach drei Tagen war alles vorbei. Als wir in Minsk am Lenindenkmal vorbeifuhren, wehte über der Stadt die weiß-rot-weiße Fahne des neuen Belarus. Es war aber noch die Sowjetunion. Ich hatte mit ihr kurz vor ihrem Ende, wie mit der DDR auch, meinen Frieden geschlossen.

Ein Jahr später kehrte ich als Austauschstudent nach Minsk zurück. Ich wollte das Land kennenlernen, die Sprache, die Leute. Was habe ich für Menschen kennengelernt! Die Eltern von Oleg haben mich wie ihren Sohn aufgenommen. Eines Abends erzählte mir Olegs Vater Grigorij, wir hatten schon viel getrunken, dass seine Schwester von deutschen Soldaten erschossen wurde. Sie war beim Gänsehüten. Später erzählte mir mein Vater, dass er 1941 in Minsk war. Es macht mich heute manchmal noch fassungslos, was ich in Belarus erlebt habe.

Wir Jüngeren machten Pläne. Dima wollte seine Keramik in Leipzig verkaufen. Oleg seine Bilder. Jurij handelte mit Autoteilen. Artur bekniete mich, in Deutschland eine Importfirma zu gründen, und ich träumte davon, in Belarus ein Holzhaus zu kaufen. Unsere Augen leuchteten, die Welt war offen. Die Zukunft auch. Ihr Name hieß Freiheit.

Im August 1999, ich war wieder einmal in Minsk, tauschte Boris Jelzin seinen Ministerpräsidenten aus. Der neue hieß Putin. Oleg zuckte mit den Schultern. „Nie gehört.“ Das belarussische Fernsehen zeigte ein schmales, blasses Gesicht. Der Mann würde nicht lange bleiben. Jelzin, alt und unberechenbar geworden, hatte seine Regierungschefs zuvor immer schneller gefeuert.

Alexander Lukaschenko hatte da sein Land schon in die Spur gebracht. 1994 demokratisch gewählt, ließ er als Erstes die weißrussische Flagge einholen. Die neue sah der sowjetischen täuschend ähnlich. Zwei Jahre später gab er sich Vollmachten, die er in einem Referendum ab­nicken ließ. Einige meiner Freunde, sie waren Geschäftsleute geworden, hatten das Land verlassen. Nach ihnen wurde gefahndet. Gespräche mit ihnen, wenn es sie gab, waren ernst.

Dann lächelte Putin

Am 25. September 2001 hielt Wladimir Putin im Bundestag eine Rede. Eine Chance sei damals vertan worden, heißt es jetzt. Im vorigen Jahr habe ich sie noch einmal gehört. Wladimir Putin beeindruckte mit seinem Deutsch, sprach von Freiheit und europäischer Kultur, pries die Ressourcen seines Landes, auch das Verteidigungspotenzial, und sagte: „Russland ist ein freundliches europäisches Land.“ Dann lächelte er.

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Schon ein Jahr zuvor gab es einen anderen Putin zu sehen. Im August 2000 war das Atom-U-Boot „Kursk“ gesunken, alle 118 Matrosen starben. Putin reiste wenig später zur UN-Vollversammlung. In einer Talkshow in New York antwortete er auf die Frage von CNN-Talkmaster Larry King: „Sagen Sie mir, was ist mit dem Unterseeboot passiert?“ – „Es ist untergegangen.“ Dann lächelte er.

Damals war Wladimir Putin wenige Monate Präsident, inzwischen sind es mehr als 22 Jahre. Ich überblicke die Zahl der politischen Morde und Anschläge nicht mehr, die inzwischen in Russland verübt wurden, die Blutspur zieht sich bis nach Berlin. Ich kenne auch die Zahl der Toten nicht, die Lukaschenkos Geheimdienst auf dem Gewissen hat.

2007 schlenderte ich mit meiner Frau Daria, einer Russin, die ich in Berlin kennengelernt habe, durch Moskau. Vorbei an der Tretjakow-Galerie, weiter zum Roten Platz. Der Kreml strahlte kalt in seiner Pracht. Im Unterschied zu 1992 war alles an der Fassade restauriert. Im Inneren allerdings auch.

Als Wladimir Putin 2014 die Krim annektierte, schrieb ich einen wütenden Kommentar. Ich hatte die Krim 2011 mehr als zwei Wochen lang bereist, viele Krimtataren kennengelernt und war begeistert von ihrem Elan, ihre alte Heimat wiederaufzubauen. Seit der Annexion verfolgen Putins Geheimdienste genau diese Menschen.

Quelle     :       TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Oben        —   Meine Fotokarriere begann mit diesem Bild, das kurz nachdem sie aus dem Auto gesprungen waren, um Gratulanten in Wash.D.C zu begrüßen. 1. Juni. 1990

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Widerspruch gegen Grüne

Erstellt von Redaktion am 27. Februar 2022

„Wir sind kein Vorbild für Rechtsextreme“

Aufstand der Letzten Generation - Strassenblockade 02.jpg

Das Interview mit Josef März führte Jost Maurin

Autobahnblockaden gefährden nicht Mehrheiten für mehr Klimaschutz, sagt Tobias März von der „Letzten Generation“. Damit widerspricht er den Grünen.

taz: Herr März, Ihre Initiative „Letzte Generation“ blockiert seit einigen Wochen immer wieder Autobahnen und jetzt auch Zufahrtsstraßen von See- und Flughäfen. So wollen Sie die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz und einer Verpflichtung für Supermärkte zwingen, übrig gebliebene Lebensmittel zu spenden. Müssen wir damit rechnen, dass auch Querdenker oder Rechtsradikale bald Einrichtungen blockieren, die wenig mit ihrem Anliegen zu tun haben?

Tobias März: Das ist unwahrscheinlich, weil wir sehr gewaltfrei vorgehen und die Menschen, die sich daran beteiligen, viel auf sich nehmen. Die werden ja von Autofahrern geschlagen oder von der Straße gezerrt. Oder sie sitzen stundenlang in der Kälte oder im Regen auf dem Asphalt und kommen dann in Polizeigewahrsam für Stunden. Da braucht man schon eine sehr große Entschlossenheit. Das halte ich für unwahrscheinlich, dass das in großem Stil übernommen wird.

Querdenker und Rechtsradikale sind allerdings auch sehr überzeugt von ihren Zielen. In Kanada haben Impfgegner ebenfalls schon Straßen blockiert.

Aber wir grenzen uns ab von solchen Leuten: Wir respektieren Rechtsstaatlichkeit. Wir wehren uns nicht gegen die Polizei, sondern lassen uns wegtragen und einsperren. Wir fordern auch nicht irgendwas, das vom Himmel gefallen ist. Wir berufen uns auf den Bür­ger­rat Klima, in dem 2021 zufällig ausgewählte Bürger unter Beratung von Experten demokratisch Beschlüsse gefasst haben – nur diese fordern wir ein. Wir sagen nicht, dass die Regierung abgeschafft werden oder eine Anarchie entstehen soll. Wir sind kein Vorbild für Rechtsextreme.

Vielen erschließt sich nicht, was Blockaden auf Autobahnen mit Lebensmittelverschwendung zu tun haben. Warum blockieren Sie nicht das zuständige Agrarministerium oder Supermärkte?

Es gab ja eine Aktion auch im Landwirtschafts- und im Justizministerium. In andern Aktionen retten wir auch Lebensmittel aus der Tonne bei Supermärkten und verteilen sie dann. Aber damit bekommen wir nicht die nötige Aufmerksamkeit. Das allein bringt nicht schnell genug eine neue Klimapolitik, die wir jetzt brauchen. Wir haben nur 3 bis 4 Jahre, um den schlimmsten Klimakollaps aufzuhalten. Sonst erwärmt sich die Erde stärker als 2 Grad und wegen der Kipppunkte im Klimasystem sind wir schnell bei 3 und 4 Grad. Dann können wir die heutige Zahl Menschen gar nicht mehr ernähren. Das zeigen wissenschaftliche Studien. Wegen dieser Dringlichkeit halten wir diese Art von Protestform als Weckruf für angemessen.

Stimmt der Vorwurf von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne), Ihre Aktionen würden es schwieriger machen, Mehrheiten für mehr Klimaschutz zu bekommen?

Das glaube ich nicht. Natürlich regen sich viele über die Aktionsform auf. Aber das wird sie nicht langfristig gegen Klimaschutz aufbringen. Im Gegenteil: Bei ihnen wird ankommen, dass Menschen so viel für diesen Kampf in Kauf nehmen, und dann werden sich die Leute mehr damit beschäftigen.

Die CDU/CSU-Fraktion hat kritisiert: „Mit der Blockade von Straßen und Häfen werden unbeteiligte Bürger gefährdet. Krankenwagen müssen Umwege fahren.“ Was ist an dem Vorwurf dran?

Wir schauen immer, dass wir eine Rettungsgasse freihalten. Es kommt immer wieder vor, dass Krankenwagen im Stau stehen. Das kann man jetzt nicht auf diese Blockaden zurückführen. Umgekehrt sagen wir halt: CSU und CDU sind die, die uns die letzten Jahrzehnte in diese Situation geführt haben. Wenn die eine anständige Klimapolitik gemacht hätten in den letzten drei Legislaturperioden, dann bräuchten wir diese Aktion jetzt vielleicht gar nicht.

Können Sie erklären, welchen Sinn es ergibt, bei einer Aktion gegen Lebensmittelverschwendung große Mengen Brot und andere Lebensmittel auf den Autobahnasphalt zu kippen?

Das waren ja Lebensmittel, die aus der Tonne gerettet worden waren. Das heißt, sie waren sowieso schon im Müll, weil das momentan eben so Praxis ist. Darauf wollten wir hinweisen und das bildlich machen.

Sie haben auch versucht, den Schiffsverkehr zu blockieren. Sind Sie wirklich gegen Schiffe, die pro Tonne klimafreundlicher sind als Lastwagen?

Verteilung von weggeworfenen Lebensmitteln durch den Aufstand der letzten Generation, Kaufland, Residenzstraße, Berlin (51808549528).jpg

Dabei geht es uns nicht per se um den Schiffsverkehr, sondern um das System, wie es jetzt läuft. Also zum Beispiel, wie viele Güter derzeit von China nach Europa verschifft werden. Das ist auf Dauer nicht tragbar. Verkehr insgesamt muss sich ändern, nicht nur in Richtung E-Mobilität, sondern der Verkehr und auch der Konsum muss reduziert werden. Jedenfalls, wenn wir nicht wollen, dass unsere Kinder, Enkel oder vielleicht auch wir selbst noch große Hungersnöte, Dürren, Unruhen und so weiter erleben.

Die durch Lebensmittelverluste verursachten Treibhausgasemissionen betragen nach Angaben des Umweltbundesamts von 2017 nur etwa 4 Prozent des gesamten deutschen Ausstoßes. Warum fokussieren Sie sich auf dieses Detail?

Wir wollten eine Frage in den Mittelpunkt stellen, bei der die Regierung direkt handeln kann. Die Energie- und die Verkehrswende sind super wichtig. Aber da redet sich die Regierung raus, das sei so schwierig und dauere. Deshalb haben wir Emissionen herausgegriffen, die halt von heute auf morgen eingespart werden können, ohne dass es wirklich jemandem schadet. Der Gesetzesentwurf liegt vor und kann direkt in den Bundestag eingebracht werden.

Aber laut Bundesagrarminis­terium fallen in Deutschland nur 4 Prozent der gesamten Lebensmittelabfälle im Handel an­. Vergeuden Sie da nicht Ihre Energie für einen nachrangigen Teilaspekt?

Quelle       :        TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Aufstand der Letzten Generation – Strassenblockade in Freiburg für eine Agrarwende, 7. Februar 2022

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„Absichtlich rechtswidrig“

Erstellt von Redaktion am 22. Februar 2022

Philosoph zu Autobahn Blockierer – In­nen

Aufstand der Letzten Generation - Strassenblockade 02.jpg

Das Interview mit Robin Celikates führte Ruth Lang Fuentes

Klimaaktivisten blockieren Autobahnen und wollen Flughäfen stilllegen. Ist das noch legitim? Der Sozialphilosoph Robin Celikates sieht genauer hin.

taz: Herr Celikates, durch Kohlebaggerblockaden, Waldbesetzungen und Schulstreiks vonseiten der Klimabewegung hat der Begriff des „zivilen Ungehorsams“ erneut an Aufmerksamkeit gewonnen. Seit Ende Januar blockieren Ak­ti­vis­t:in­nen der „letzten Generation“ fast täglich Autobahnen und nun auch Straßen im Hamburger Hafen. Was definiert zivilen Ungehorsam?

Robin Celikates: Zivilen Ungehorsam zeichnen vor allem zwei Elemente aus: Er hat im Unterschied zu legalen Formen des Protests einen absichtlich rechtswidrigen Charakter. Und er ist nicht bloß symbolisch, sondern greift auf eine disruptive Art und Weise in die tägliche Ordnung ein. Er soll Aufmerksamkeit generieren und die Dringlichkeit des Anliegens unterstreichen. Es handelt sich nicht um rein kriminelle Taten oder unmotivierte Randale, sondern um einen prinzipienbasierten Protest. Die Akteure berufen sich auf anerkannte moralische, politische, zum Teil rechtliche Prinzipien und wollen bestimmte Veränderungen erreichen. Im Unterschied zu einem militanten Aufstand sind die Aktionsformen dabei, auch wenn sie vielen radikal erscheinen, ziemlich gemäßigt und verzichten auf organisierte Gewalt.

Ricarda Lang findet zivilen Ungehorsam legitim, solange es friedlich ist. Ihrer Definition zufolge ist er doch immer friedlich?

Das Wort „zivil“ wird manchmal so interpretiert, dass ziviler Ungehorsam gewaltlos oder friedlich sein muss. In Deutschland kann eine Sitzblockade – eigentlich ein paradigmatisches Beispiel für gewaltfreien Ungehorsam – jedoch als eine gewaltsame Nötigung aus Sicht des Strafrechts erscheinen. Moralische Helden wie Martin Luther King oder Gandhi, die heute für friedlichen Ungehorsam stehen, wurden zu ihrer Zeit als gewaltsame Terroristen diffamiert. Heute sieht man ähnliche Dynamiken. Für mich ist eine Blockade auf der Autobahn zunächst einmal eine friedliche Form des Protestes. Nur weil Leute auf zum Teil natürlich sehr unangenehme Weise in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, ist das nicht per se gewaltsam. Man muss also genau prüfen, was mit „friedlich“ und „zivil“ jeweils gemeint ist.

Henry David Thoreau, Begründer des heutigen „zivilen Ungehorsams“, sagte: „Nur eine einzige Verpflichtung bin ich berechtigt einzugehen und das ist jederzeit zu tun, was mir gerecht scheint.“ Der „Aufstand der letzten Generation“ besteht aus vielleicht höchstens 100 Leuten in ganz Deutschland. Welche Legitimation hat ihr ziviler Ungehorsam?

Dieses Thoreau-Zitat ist bedenklich und weist auf die Gefahren eines individualistischen zivilen Ungehorsams hin, bei dem es egal ist, ob man sich auf geteilte Prinzipien bezieht oder andere überzeugen kann. Auch Hannah Arendt kritisierte das scharf: „Woher weiß ich, dass du ein moralischer Held und kein Fanatiker bist? Du musst deine Prinzipien auch im Dialog mit anderen erläutern.“ Die Ak­ti­vis­t:in­nen tragen die Verantwortung, ihre Gründe darzulegen und zu erklären, warum ziviler Ungehorsam der einzige Weg ist, dafür einzustehen. Der Ungehorsam kann sich ja sogar auf Prinzipien berufen, die im Grundgesetz verankert sind, wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, soziale Gerechtigkeit oder die Verantwortung für zukünftige Generationen. Über diese Prinzipien besteht erstmal kein Dissens. Nur haben die Protestierenden eine viel weitergehende Interpretation, zu was uns diese Prinzipien konkret verpflichten, und weisen darauf hin, dass die aktuelle rechtliche Lage und die politischen Verhältnisse weit hinter diesen Selbstverpflichtungen zurückbleiben.

Zu sagen: Wir blockieren Autobahnen, bis das Essen-Retten-Gesetz steht. Ist das nicht Erpressung?

Der Vorwurf trifft nicht. Erpressung heißt, anderen durch Androhung von Gewalt oder tatsächliche Gewalt etwas abzunehmen, um sich selbst zu bereichern. Die Ak­ti­vis­t:in­nen wollen ja kein Lösegeld von Olaf Scholz. Sie wollen, dass im allgemeinen Interesse der jüngeren Generationen gehandelt wird. Die Diffamierung als Erpressung, die man aus der Bild-Zeitung oder konservativen Kreisen kennt, geht an der Realität des Protestes vorbei. Die Ak­ti­vis­t:in­nen wollen die Politik zum Handeln bewegen, indem die Kosten durch Blockaden in die Höhe getrieben werden. Wenn man keine zusätzliche Überzeugungsarbeit leistet, riskiert man aber den Vorwurf der Nötigung. Deswegen muss man auch versuchen, zu überzeugen. Das wird bei den Leuten in den Autos natürlich schwer sein, auch wenn deren Reaktionen sicher gemischt sind. Es geht um die breite Öffentlichkeit.

Kann ziviler Ungehorsam, der in der Gesellschaft zu viel mehr Unmut führt als Überzeugung, überhaupt effektiv sein, um seine Ziele zu erreichen?

Der Aufstand der Letzten Generation blockiert Straße am Hauptbahnhof (51848567803).jpg

Die Frage ist: Was ist das Ziel, und bringt dieses Mittel uns dem Ziel näher? Bringt man die Autofahrer auf die eigene Seite? Eher nein. Bekommt man viel mediale Aufmerksamkeit? Ja. Insofern ist die Strategie aufgegangen. Allerdings wird zu wenig über das gerechtfertigte Ziel gesprochen. Alle reden über den Krankenwagen, der nicht durchkommt und über die schwangere Frau. Das liegt auch daran, dass der genaue Zusammenhang zwischen der Blockade der Autobahn und dem Anliegen nicht auf der Hand liegt, wie es zum Beispiel bei einer Castor-Blockade der Fall ist. Wenn es bei der Diskussion nur noch um die Skandalisierung der Mittel geht, muss man sich überlegen, ob es andere bessere Adressaten für Blockaden gäbe, etwa Lebensmittelkonzerne oder Ministerien.

Darf die Regierung überhaupt nachgeben? Besteht nicht die Gefahr, dass trotz gerechtfertigter Forderungen bei Erfolg der Aktionen je­de:r anfängt, für seine individuellen Überzeugungen und Ziele zu solchen Mitteln zu greifen und unsere Infrastruktur kollabiert?

Es braucht schon eine sehr starke moralische Überzeugung, um die Risiken des Ungehorsams in Kauf zu nehmen und sowas auch durchzuziehen. Viele Errungenschaften der Demokratie, die wir heute für gegeben halten, sind Ergebnis genau solcher Kämpfe. Sie haben dazu geführt, dass heute Frauen gleiche Rechte haben wie Männer oder Mi­gran­t:in­nen mehr Rechte als vor ein paar Jahrzehnten. Sowas passiert meistens nicht aus Eigeninitiative des politischen Systems heraus, sondern muss auf den Straßen erkämpft werden. Daher ist ziviler Ungehorsam ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie, ja der Demokratisierung der Demokratie. Die Regierung soll ja auch nicht einfach nachgeben, sondern auf die inhaltlich richtige Argumentation eingehen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Das ist kein Eingeständnis von Schwäche. Frankreich ist auch nicht untergegangen, nur weil es dort ein Gesetz gibt, das das Wegwerfen von Lebensmitteln verbietet.

Eigentlich möchte man meinen, dass man gerade in Demokratien eben keinen zivilen Ungehorsam braucht. Ist er ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt an der Demokratie?

Quelle         :      TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Oben       —   Aufstand der Letzten Generation – Strassenblockade in Freiburg für eine Agrarwende, 7. Februar 2022

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Rinks gegen Lechts ?

Erstellt von Redaktion am 21. Februar 2022

Verbietet die „Hammerskins“!

Von: Jimmy Bulanik

Die neue Bundesministerin für Inneres, Nancy Faeser kündigt an den Rechtsextremismus als größte Gefahr in der Bundesrepublik Deutschland zu bekämpfen. Ein Aktionsplan soll zeitlich gegen Ostern der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Beim Kampf gegen den Rechtsextremismus gibt es eine Zeit zu verschwenden.

Die Geldbeschaffung als auch die Bewaffnung von Rechtsextremisten wird aktiv bekämpft werden. Gewiss wird dies Auswirkungen auf die Strukturen von Rechtsextremisten haben. Gleichwohl ist dies nicht genug.

Die Hammerskins erachten sich als eine Kaderorganisation innerhalb der Rechtsextremen Strukturen im Land. Sie agieren konspirativ und meiden die Öffentlichkeit. Auch die Hammerskins in der Bundesrepublik Deutschland ist international vernetzt.

Die Funktionäre der Hammerskins in der Bundesrepublik Deutschland sind den Fachleuten zum Thema Rechtsextremismus bestens bekannt. Die Hammerskins agieren nach dem Muster der organisierten Kriminalität. Mitunter profitieren die Hammerskins aus den Segmenten wie Musikbands, Veranstaltungen wie Konzerte.

Diese Musik der Hammerskins mit ihren ebensolchen Organisationen stehen in Verbindung mit dem Rechtsterrorismus wie dem NSU im organisatorischem Kontext von Blood & Honor, Combat 18. Nach den Kapitalverbrechen des Rechtsterrorismus wie dem NSU, Halle, Hanau darf die Verbindung zur rechtsextremen Musik nicht vernachlässigt werden. Dies ist ein Auftrag an die gesamte Zivilgesellschaft.

Sämtliche Innenminister des Bundes haben bisher die Hammerskins nicht verboten. Dabei stellt ein Verbot der Hammerskins eine Schwächung der Szene aus Rechtsextremisten, Rechtsterroristen in der Wirklichkeit dar. Trotz das die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Entdecken der Serie von Kapitalverbrechen durch Rechtsterrorismus.

Innerstaatliches Handeln hat dazu zu führen die Hammerskins zu verbieten

Was alle Menschen für sich selber bewerkstelligen können ist sich in schriftlicher Form an die Bundesinnenmisterin Nancy Faeser wenden um das Verbot der Hammerskins zu verlangen.

Bundesministerium für Inneres
Bundesministerin Nancy Faeser
Bundesallee 216-218

10719 Berlin
Deutschland / Germany
<25>poststelle@bmi.bund.de

Auf jeden Brief, jede Email kommt es an. Die Bundesministerin für Inneres Nancy Faeser ist an ihren Handlungen zu beurteilen. Die Bundesministerin Faeser hat das Potential die Bekämpfung des Rechtsextremismus besser anzugehen in einer Vergleichbarkeit als ihre Vorgänger wie Horst (CSU) Seehofer, Thomas de Maizère (CDU), Hans-Peter Friedrich (CSU), Wolfgang Schäuble (CDU), Otto Schily (SPD), Manfred Kanther (CDU), Rudolf Seiters (CDU).

Auch müssen aus den Strukturen des Rechtsextremismus die Personen mittels Aussteigerprogramm deutlich vermehrt als zuvor aus diesen Organisationen gelöst werden. Die Geldmittel zur Bekämpfung des Rechtsextremismus müssen deutlich erhöht werden. Jede Form des Einsatzes gegen den Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland ist geeignet weitere Menschen davor zu bewahren Mordopfer von Rechtsterroristen in der Wirklichkeit in allen Bundesländern zu werden.

Die breit aufgestellte demokratische Zivilgesellschaft ist geeignet die Politik auf der Ebenen der Kommune, Landtag, Bundestag zu bewegen. Schriftliche Kontaktaufnahmen zu Personen wie Mitglied dies Landtages, Mitglied des Bundestages zu bewegen. Es bedarf als erstes die eigene Ernsthaftigkeit. Darüber hinaus die Politikerinnen und Politiker die Kontinuität des Anliegens der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland wissen zu lassen.

Das wird sowohl innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und in Übersee uns als demokratisch gesinnte Zivilgesellschaft sehr gut zu Gesicht stehen. Wir unilateral geeignet sind eigene Zeichen zu setzen. Lichter ausstrahlen welche unübersehbar sind.

Nützlicher Links im Internet:

Es muss sich personell vermehrt von den rechtsextremen Organisationen gelöst werden

Anne Peichert mit dem Lied Je vole

www.youtube.com/watch?v=McF-ZsJi9Qo

Die Ärzte mit „Schrei nach Liebe“

www.youtube.com/watch?v=6X9CEi8wkBc

Eine Auflistung der Mordopfer von Rechtsterroristen in der Bundesrepublik Deutschland

de.wikipedia.org/wiki/Todesopfer_rechtsextremer_Gewalt_in_de

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Oben       —       Neonazis als Autonome Nationalisten im Schwarzen Block mit antikapitalistischen und nationalsozialistischen Parolen

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Von Genossen und Banken

Erstellt von Redaktion am 16. Februar 2022

Die Genossenschaften als sichere und seriöse Wertanlage

Milliarden aus dem Fenster werfen? Kita-Plätze statt Betreuungsgeld Aktion mit Sylvia Löhrmann, Cem Özdemir und Stefan Engstfeld.jpg

Von Jimmy Bulanik

Immer mehr Menschen befassen sich mit den Gedanken um ihr Vermögen. Die Genossenschaften stellen eine sinnige Modalität dar. Es gibt keine Spekulation.

Dafür Planungssicherheit. Die Genossenschaften sind demokratisch. Die Ausrichtung sind ethisch. Schneller Profit, schneller Verlust gehen nicht mit den Werten einer Genossenschaften einher.

Kriminelle in Geschäftskleidung wie Banksterinnen und Bankster, Versicherungsgesellschaften bleiben dabei außen vor. Lediglich das Geld für den Anteil, die Anteile werden von dem Girokonto abgebucht. Ein Wertverlust der Anteile, die Anzahl der Anteile ebenfalls nicht.

Die Genossenschaften zeichnen sich mitunter dadurch aus, daß sie Ziele verfolgen welche der Gesellschaft zuträglich sind. Unabhängig von Zeit und Raum brauchen alle Energie wie Strom, Gas. Deshalb benenne ich als ein Beispiel die genossenschaftlich organisierte Gesellschaft Green Planet Energie aus Hamburg.

Alle Menschen dürfen darin Genossenschaftsanteile zeichnen. Selbst wenn sie noch keine Kunden von der Genossenschaft sind. Der Betrag für einen Anteil bei Green Planet Energy kostet 55 Euro.

Wer es mag darf sogar einen Anteil oder mehr an eine natürliche Person des privaten Rechtes oder mehre Personen verschenken. Es bleibt bei der Höhe von 55 Euro. Sie sind berechtigt an der internen Willensbildung der Genossenschaft teilzunehmen.

Ob ein Mensch einen Anteil hat oder mehrere. Alle haben das gleiche Recht an der Mitsprache, Wahlrecht bei der Versammlung. Dadurch das die Menschen ihr gutes Geld den ethischen Genossenschaften anvertrauen wird das Geld konkret dafür aufgewendet vermehrt regenerativen Strom eigenständig mit ebensolchen Anlagen zu produzieren.

Je mehr Menschen in einer Genossenschaft organisiert sind, desto mehr Erfolg hat die Genossenschaft gegenüber Dritten wie Industrie oder Politik

Eine Steigerung an sauberen Strom kann die Bundesrepublik Deutschland nicht genug haben. Es gibt keine Zeit zu verlieren. Das Klima verändert sich.

Wir Menschen können nicht mit der Natur wie über die Höhe der Temperatur, den Stand des Wasserspiegels, die Stärke des Windes verhandeln. Lediglich auf die Veränderung der Natur zu reagieren. Je mehr innerhalb der wichtigsten Volkswirtschaft der Europäischen Union, die viert einflussreichste Volkswirtschaft auf der Welt uns der sauberen und nachhaltigen Gewinnung von Energie widmen, desto besser für alle von uns.

Denn sie alle wollen Leben anstatt zu ertrinken, oder am Wohnort die Straßen mit den Häusern zu verlieren und ihre Existenz zu verlieren. Es ist ohne Zweifel das wenn im Inland vermehrt heimischer, regenerativer Strom gewonnen wird die Menschen immer weniger abhängig werden. Abhängig von Strom durch kapitalistische Unternehmungen welche nichts mit der Ethik und der Nachhaltigkeit im Sinn haben.

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Gewerkschaftsfeindliche Karikatur, die eisenbahnerische Handwerksgewerkschaften zeigt, die zusehen, wie Arbeiterführer sich gegenseitig bekämpfen.

Menschen in Nordrhein-Westfalen wie am Hambacher Forst den Ort ihrer Geburt, Familie, Freunde, Existenz und Identität verlieren. Ob Gaslieferungen aus Fracking wie den Vereinigten Staaten von Amerika oder aus dem Osten wie Russland, es bleibt Abhängigkeit wie ein kranker, drogensüchtiger Mensch. Mit der auswärtigen Abhängigkeiten von Energie wie Gas geht Erpressbarkeiten des Lieferanten auf uns als zahlende Kundschaft einher.

Betroffen werden davon private Haushalte, Betriebe der heimischen Produktion, unmittelbare Dienstleistungen an den Menschen. Durch den Ausbau von grünen Strom können alle Haushalte und juristische Personen des privaten Rechtes ein, ihr Mandat für ihre Souveränität in der Wirklichkeit erteilen. Keine kalten oder heißen Konflikte importieren.

Mit ebensolchen Auswirkungen wie die Ursachen von Flucht wie durch Krieg. Die Bundesrepublik Deutschland weiß um die Dauer der historischen Auswirkungen durch Kriege. Kein klarer Mensch will dies in der Gegenwart, entkoppelt von Zeit und Raum.

Jimmy Bulanik

Nützliche Links im Internet:

Bodo Wartke mit Hambacher Wald

www.youtube.com/watch?v=tTKcnlp0x_Y

Green Planet Energy eingetragene Genossenschaften

green-planet-energy.de/genossenschaft.html

Beitritt zur Genossenschaft
green-planet-energy.de/fileadmin/docs-genoportal/formulare/formulare_portal/gpe-beitrittsformular-092021.pdf

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Grafikquellen          :

Oben     —         Aktion der Grünen gegen das Betreuungsgeld im NRW-Landtagswahlkampf 2012

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KOLUMNE * MATERIE

Erstellt von Redaktion am 13. Februar 2022

Faszination Autobahnblockade: Alle Räder stehen still

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Eine Kolumne von Kersten Augustin

Eine Handvoll Menschen reicht, um eine Autobahn zu blockieren und Aufmerksamkeit zu erregen. Doch reicht das, um Wandel zu bewirken?

Räumen wir zu Beginn diesen schönen Sendeplatz für die KollegInnen des Spartensenders „Bild.tv“: Die saßen in dieser Woche wie üblich in trauter Runde zusammen, um sich gegenseitig ihrer Ressentiments zu vergewissern. Es ging um die Autobahnblockierer. Nach einigen Sätzen, in denen die Worte „Wohlstandsverwahrlosung“ und „spätrömische Dekadenz“ fielen, gaben mehrere Gäste zu, dass sie klammheimliche Sympathie mit der Aktion haben.

„Wie radikal muss man sein, um etwas zu verändern?“, fragte die Moderatorin in die Runde. „So radikal wie die“, sagt die Ex-Bunte-Chefin, und auch der „Bild.tv“-Chef erzählte von seiner Tochter, die ihm diese Frage stelle.

Wie kann es sein, dass so viele Menschen von den Blockaden der Autobahn fasziniert sind?

Es ist faszinierend, weil es so wenig braucht, um den Alltag zu unterbrechen, der sonst alternativlos erscheint. Weniger als zehn Menschen setzen sich auf die Straße – und der Verkehr bricht zusammen. Eine beeindruckende Effektivität, vor allem, wenn man sie mit dem Zustand vergleicht, in dem sich die Klimabewegung nach zwei Jahren Pandemie befindet.

Mit dem eigenen Körper

Wie misst man den Erfolg einer Bewegung? Es scheint, als sei weder die Zahl der DemonstrantInnen noch der Applaus, den sie bekommen, der entscheidende Gradmesser. Es hat der Klimabewegung nichts gebracht, von Olaf Scholz und Angela Merkel umarmt zu werden. Als 1,4 Millionen Menschen am 20. September 2019 auf die Straße gingen, bekamen sie ein Klimapaket, das seinen Namen nicht verdiente.

Für die Bewertung der Blockaden ist ein anderer Maßstab brauchbarer: Disruption.

Noch haben die Autobahnblockaden außer Aufmerksamkeit wenig erreicht. Aber Selbstwirksamkeit, also die Erfahrung, mit dem eigenen Körper einen Unterschied zu machen, ist eine bleibende Erfahrung, nicht nur für die Beteiligten. Und auch die ZuschauerInnen des Spektakels trennen sehr wohl zwischen Form und Inhalt. Man kann die Blockaden falsch finden, aber selbst die Statements von AutofahrerInnen im Stau beginnen oft mit der Einschränkung: „Ich find’s ja richtig, dass die demonstrieren, aber …“

Verteilung von weggeworfenen Lebensmitteln durch den Aufstand der letzten Generation, Kaufland, Residenzstraße, Berlin (51808549528).jpg

Meist wurde kritisiert, dass die Blockaden die Falschen treffen würden. Dabei wurde eine Strohpuppe aus dem Schrank geholt, die aus der Benzinpreisdebatte bekannt ist: Es ist die alleinerziehende Krankenschwester, die nun im Stau stehe (als würde sie normalerweise problemlos über die leere Berliner Stadtautobahn düsen). Auch SPD-General Kevin Kühnert berief sich auf sie und kritisierte die Aktion: Bei einem regulären Streik in einem Betrieb richte sich die Aktion gegen den Arbeitgeber, sagte er. Hier bestreike man sich gegenseitig.

Eine einfache Rechnung

Quelle      :         TAZ-online        >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —       Aufstand der Letzten Generation – Strassenblockade in Freiburg für eine Agrarwende, 7. Februar 2022

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Die junge APO Bewegung

Erstellt von Redaktion am 13. Februar 2022

Aufstand der letzten Generation verteidigen

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Hungerstreik der letzten Generation, Spreebogen, Berlin, 21.09.21

Von: Jimmy Bulanik

Es existiert eine verhältnismäßig neue Organisationseinheit. Sie bezeichnen sich als „Aufstand der letzten Generation“. Darin sind junge Menschen mit Idealen organisiert.

Diese junge Bewegung ist ihre Welt nicht gleichgültig. Sie haben Haltung. Haltung ist etwas was die Menschen nicht kaufen können.

Entweder ein juristische Person des natürlichen Rechtes hat Haltung und Charakter oder nicht. Sie befinden sich in einer Phase der Selbstfindung. Die Kreativität muss durchaus wohlwollend begleitet werden.

Ebenso die daraus resultierende Konnotation. Die Aktionsform des zivilen Ungehorsam wird von unserer jungen Generation angewendet. Der zivile Ungehorsam ist legitim.

Der zivile Ungehorsam kann durchaus juristisch legal zur Anwendung kommen. Eine mediale Aufmerksamkeit ist ein Zeichen von Erfolg zu bewerten. Die Motive der jungen Menschen sollte in der Mitte der demokratischen Zivilgesellschaft mittig erörtert werden.

Dazu zählt genuin die Kritik am Kapitalismus. Die Überproduktionen und die Verschwendung von wertvollen Mitteln zum Leben. Eine funktionale soziale Marktwirtschaft in der Wirklichkeit ist es wert erstrebt zu werden.

Die Thematik der Umwelt ist für die jugendliche Bewegung von Bedeutung. Darunter die Angelegenheit der Erwärmung der Erde, den globalen Wasserstand. Die Umstände des Fortbestehen der Menschheit auf der Welt.

Zum jung sein gehört das Träumen, proaktives, eigenes Streben nach verbesserten Verhältnissen des humanen, tierischen und pflanzlichen Lebens

Jede Generation bringt ihre Protestkulturen hervor. Das war bereits nach dem zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden der Fall gewesen. Der Marsch durch die Institutionen zeigt den Erfolg dessen.

Der Internationalismus war richtig, ist richtig und bleibt in der Zukunft richtig. Weil die Bewegung jung ist wird sie sich mit voranschreitender Zeit weiterentwickeln. Die erfolgreiche und charismatische Bewegung der Critical Mass in der Bundesrepublik Deutschland kann der jungen Bewegung, Aufstand der letzten Generation angeraten werden.

Diese besagte Bewegung, Critical Mass steht dem Kapitalismus ebenfalls kritisch gegenüber. Die Inhalte zwischen den Bewegungen, Aufstand der letzten Generation und Critical Mass ergänzen sich gut. Obendrein können sie sich quantitativ gegenseitig verstärken.

Die Kommunikationspolitik gegenüber den Politikerinnen und Politiker in den Verfassungsorganen wie dem Deutschen Bundestag, die Landtage ist anzuraten. In den Parteien wie den Bündnis 90 / Die Grünen, Die Linke, SPD werden sich gute Partnerinnen und Partner finden. Durch juristisch legales Verhalten bei den Protesten bleiben die Inhalte, natürliche Personen, juristische Personen unangreifbar.

Der Aufstand der Letzten Generation blockiert Straße am Hauptbahnhof (51848567803).jpg

Zu wünschen ist eine inhaltlich breitere Aufstellung auf Parteien wie die Klimaliste, die ÖDP, Die Partei. Die legitimen Inhalte haben das Potential das zu verschmelzen was von Erfolg gekrönt ist. Erfolge ziehen weiter Menschen an.

Die neoliberalen Zirkel mit ihren Erben im Geiste nach Wilhelm Röpke, Friedrich August von Hayek, Milton Friedman, August von Finck Junior und Co. mit ihren Flügeln wie der MPS, Friedrich -August von Hayek Stiftung, Friedrich – Naumann – Stiftung für die „Freiheit“ können den Versuch unternehmen sich Zeit zu erkaufen. Ihre Organisationen wie beispielsweise der AfD, CSU, CDU, FDP, Springer Konzern, Bertelsmann Konzern, Burda Konzern darauf anzusetzen die öffentliche Hetze zu betreiben. Nichts kann cachieren das deren Zeit abläuft.

Zur Aufklärung der Hintergründe ist dieser Artikel www.freitag.de/autoren/jimmybulanik/der-neoliberalismus-gefaehrdet-die-demokratie hilfreich. Wichtig ist durch Wissen gut ausgestattet zu sein. Es gibt für die Zukunft viel progressives zu erringen.

Jimmy Bulanik

Nützliche Links im Internet:

Kapitalismuskritik der künstlerischen Art aus der Republik Südafrika

Kahn Morbee (The Parlotones) –met Should we fight back

www.youtube.com/watch?v=5Ddr-OYHDJU

Zander Tyler en Francois Badenhorst met Dans Dans Dans

www.youtube.com/watch?v=1yWeMIALolY

Anri du Toit en Watkin Tudor Jones (Die Antwoord) met Rich Bitch

www.youtube.com/watch?v=8bdeizHM9OU

Critical Mass

criticalmass.de

Aufstand der letzten Generation

letztegeneration.de

Austand der letzten Generation auf YouTube

www.youtube.com/channel/UCBeUnC1ky0b_Hwpjf9bA_qw/videos

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Grafikquellen          :

Oben      —       Arztbesuch bei Henning Jeschke vom Hungerstreik der letzten Generation, Spreebogen, Berlin, 21.09.21

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Zeit für Notwehr ?

Erstellt von Redaktion am 12. Februar 2022

„Wenn man denkt, dass Militanz jemals in der Geschichte ethisch gerechtfertigt war, dann sind es auch diese Proteste“

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Auch eine sich Selbsternannte Demokratie regiert nur mit Gewalt ihrer Söldner.

Von Susanne Schwarz

Die Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ sorgt mit Straßenblockaden für große Aufregung. Die Diskussion über die Legitimität radikaler Protestformen gegen Klimaschädigung ist in vollem Gange.

Meistens ist es ziemlich einfach: Sie laufen bei Rot auf die Straße und gehen nicht mehr runter. Keine große Sache eigentlich. Aber kein Auto kommt mehr durch. Was ist das für eine Gruppe, die sich „Aufstand der letzten Generation“ nennt und über die sich gerade alle aufregen?

Gegen den Berufsverkehr, den sie blockieren, haben die Aufständischen erst einmal nicht viel. Sie wollen ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung. Und weiter noch eine Politik gegen den Klimakollaps. Darauf bezieht sich auch der Name der Gruppe. Sie sieht sich als Teil der letzten Generation, die noch etwas bewirken kann, bevor die Menschheit durch die Klima­krise völlig ihrem Untergang geweiht ist. Aus dieser Dringlichkeit heraus haben die Ak­ti­vis­t:in­nen ihre Aktionsform gewählt. Sie wollen Druck machen, sodass es wehtut. Eine Massenbewegung ist der „Aufstand“ allerdings nicht gerade. Pro Aktion sind es vielleicht ein, zwei, drei Dutzend. Die kommen aber eben immer wieder. Die Polizei steckt Ak­ti­vis­t:in­nen in Gewahrsam, entlässt sie, sie kommen wieder. Angefangen haben sie in Berlin, weitere Aktionen gibt es in Hamburg, Frankfurt am Main, Stuttgart und München.

Und plötzlich liefert eine Gruppe mit zweistelliger Mitgliederzahl die Gesichter der Klimabewegung in Deutschland. Es ist nicht die Zeit für große Demos, auch aus Infektionsschutzgründen. Fridays for Future haben zwar für Ende März den nächsten globalen Klimastreik angemeldet. Ob sich aber wie 2019 irgendwann wieder jeden Freitag die Marktplätze mit Schulstreikenden füllen, die eine lebenswerte Zukunft für sich einfordern, steht in den Sternen.

Die Straßenblockaden der „Letzten Generation“ sorgen für Empörung, auch wenn die Polizei sie jeweils recht schnell auflöst. Es kursieren Videos, in denen Au­to­fah­re­r:in­nen die Ak­ti­vis­t:in­nen beschimpfen, in Selbstjustiz eigenhändig von der Straße schleifen. In einem Fall schlägt ein hysterisch brüllender Mann einer Aktivistin gar ins Gesicht. Auch in der Politik stoßen die Aktionen nicht unbedingt auf Gegenliebe. „Unangemeldete Demos auf Autobahnen sind und bleiben rechtswidrig“, twitterte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Und nachdem Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) diese Woche zivilen Ungehorsam in einer Diskussionsrunde zunächst „absolut legitim“ genannt hatte, sprang sie Buschmann auf Twitter bei: „Alle, die darauf warten, dass es endlich einen saftigen Koalitionskrach geben möge, enttäusche ich jetzt mal“, schrieb sie. „Ich stimme mit meinem Kollegen Marco Buschmann überein.“ Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (auch Grüne), der von Amts wegen für Fragen der Ernährung zuständig ist, sagte in der taz bereits, „dass Straßenblockaden unserem gemeinsamen Ziel schaden“.

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Noch ein Gesicht der Klimabewegung in der Öffentlichkeit ist derzeit Tadzio Müller. Er gehört keiner bestimmten Organisation mehr an, war aber Mitgründer der Gruppe „Ende Gelände“ und Klimagerechtigkeitsreferent für die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Selbst Blockaden wie die der „Letzten Generation“ gehen ihm nicht mehr weit genug. Müller empfiehlt der Bewegung die Erweiterung ihrer Aktionsformen: Fossile Infrastruktur zerstören, ohne Menschen zu gefährden. „Friedliche Sabotage“ hat er das schon in zahlreichen Interviews genannt, in der taz, im Spiegel, zuletzt auf dem „Heißen Stuhl“ bei Stern TV. „Alles andere hat nichts oder nicht genug gebracht“, argumentiert er. „Und wenn man merkt, eine Strategie funktioniert nicht, dann ist es doch Quatsch, immer wieder dasselbe zu machen.“

Was Müller vorschlägt, ist im Kleinen schon Realität. Anonyme ließen in mehreren Städten Luft aus SUV-Reifen und hinterließen klimapolitische Botschaften an den Autos sowie auf der Online-Plattform Indymedia. Dort wurde kurz zuvor ein Bekennerschreiben publiziert, in dem anonyme Personen behaupten, für das Klima auf dem Gelände des Lausitzer Kohlekonzerns Bagger und andere Gerätschaften beschädigt zu haben. „Polizei und LKA ermitteln“, bestätigte ein Unternehmenssprecher der taz. Ist das nur die Radikalisierung einer Nische oder treiben diese Ak­ti­vis­t:in­nen als Pioniere die Klimabewegung vor sich her?

Wenn man Tadzio Müller fragt, ob friedliche Sabotage nicht ein Widerspruch in sich sei, redet er sich schnell in Rage. „Natürlich ist das friedlich, wie soll man denn Gegenständen Gewalt antun? Die haben keine Seele und kein Schmerzempfinden“, meint er. „Da von Gewalt zu sprechen, ist absurd.“

Das sieht die Philosophin Eva von Redecker anders. Die Wissenschaftlerin, die sich unter anderem mit Fragen des Eigentums und des sozialen Wandels beschäftigt, meint: „Ich würde sogar sagen, dass unsere gesamte Lebensweise auf Gewalt gegenüber Sachen begründet ist.“ Sie führt die Ausbeutung der Natur als Beispiel an, die weitaus größere Gewalt natürlich, die in vielen Fällen auch noch legal ist.

Vor zwei Jahren ist von Redeckers Buch „Revolution für das Leben“ erschienen, in dem sie sich auch mit der Klimabewegung auseinandersetzt. „Ich würde die aktuelle Diskussion leider eher als Zeichen der Schwäche der Bewegung werten“, sagt sie. „Die Kapazität zur Mobilisierung und Massenbegeisterung hat sich reduziert, zum einen durch die Pandemie, aber auch durch ausbleibende politische Erfolge, Repressionsmaßnahmen und Erschöpfung im neoliberalen Alltag.“

Verteilung von weggeworfenen Lebensmitteln durch den Aufstand der letzten Generation, Kaufland, Residenzstraße, Berlin (51808546243).jpg

Es stelle sich eine Art Wille der Verzweiflung ein, der zu der Überzeugung führe, die Bewegung müsse drastischer, militanter und effektiver werden, meint von Redecker. Grundsätzlich überzeuge es sie zwar nicht, dass man zur Bekämpfung von größerer Gewalt auch selbst gewalttätig sein dürfe. Aber: „Wenn man denkt, dass Militanz jemals in der Geschichte ethisch gerechtfertigt war, dann sind es auch diese Proteste.“

Von Notwehr spricht Tadzio Müller. Ob diese Argumentation vor Gericht Bestand hat? Die Lage ist kompliziert: Juristisch gesehen setzt Notwehr eigentlich voraus, dass man einem Verbrechen ausgesetzt ist. Nun kann man die Verursachung der Klimakrise für ein solches halten, die nötigen Genehmigungen vorausgesetzt ist es derzeit aber legal, dass Autos fahren und Kohlebagger baggern. Erkundigt man sich bei Jurist:innen, die mit derartigen Fällen zu tun haben, erfährt man von vielen juristischen Diskussionen um diese Frage.

Quelle     :          TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —  Ultras des Fußballvereins de:Eintracht Frankfurtanlässlich eines Lokalderbys (gegen Offenbach, August 2009). Die Polizei greift ein, nachdem es Verletzte gab.

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Unten     —       Aktivisten vom Aufstand der Letzten Generation retten weggeworfene Lebensmittel. Da Containern in Deutschland unter Strafe steht, schreitet die Polizei ein. Hinten links Henning Jeschke, rote Jacke Carla Hinrichs, vorn Lina Eichler, Berlin, Lager der Gorillas, Schwedenstraße, 08.01.21

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Gewalttätig sind Konzerne

Erstellt von Redaktion am 3. Februar 2022

Der Druck muss erhöht werden:

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Von Tino Pfaff

Sabotageakte gegen klimaschädliche Produktionsformen sind legitim – nicht aber Zerstörungen von Privateigentum. Der Mythos vom grünen Kapitalismus als Lösung aller Probleme wird weiter aufrechterhalten.

Brauchen die Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegungen neue Strategien? Darüber wird gerade kontrovers diskutiert. Im Fokus steht unter anderem der Akt der friedlichen Sabotage. Nach meinem Verständnis stellt das eine Aktionsform dar, die darauf abzielt, zerstörerische Vorgänge von fossilen, agroindus­triellen und sonstigen ressourcenraubenden Konzernen zu sabotieren. Stets, ohne Menschen dabei in Gefahr zu bringen.

Was genau friedliche Sabotage meint, ist diskutabel. Das können Gruppen oder ganze Menschenmassen sein, die die Mittel des zivilen Ungehorsams ausweiten. Blockaden und Besetzungen werden länger als ein paar Stunden oder Tage gehalten und so Prozesse der Zerstörung zum Erliegen gebracht. Ebenso kommen kleinere Aktionsformen in Frage, in denen Gleisbette nutzungsuntauglich gemacht oder Gerätschaften wie Gasterminals, Kohlebagger oder -förderbänder demontiert oder abgeschaltet werden. Auch das Sabotieren von Tiermastanlagen, Produktionsstätten und Lieferstrukturen – etwa von Verbrennungsmotoren oder giftigen Pflanzenschutzmitteln – ist vorstellbar.

Kürzlich hallte eine öffentliche Empörung auf, als ein Klimaaktivist mit einer Warnung für Aufsehen sorgte: Tadzio Müller meinte in einem Spiegel-Interview, wenn die Regierung nicht endlich adäquate Maßnahmen zur Bekämpfung der menschengemachten Klimaerhitzung vollziehe, gebe es ab dem kommenden Sommer „brennende Autos“ in deutschen Innenstädten. Im selben Interview warnt er schließlich vor der Entstehung einer grünen RAF. Das Ergebnis war eine reißerische Debatte, die an den Anliegen und Entwicklungen innerhalb des breiten Spektrums der deutschen Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegung vorbeigeht, indem sie diese mit gefährlichen Straftaten in Verbindung bringt. Denn was mit der RAF verbunden ist, sind Gewalt, Terrorismus, Entführungen und Mord.

Die Medienresonanz darauf war bezeichnend. Von „Klimaschutz heiligt keine terroristischen Mittel“, „Sabotageakte[n] im Sinne einer grünen RAF“, einer „selbsterfüllende[n] Prophezeiung“ oder „Fridays for Terror“ war die Rede, ebenso von „zerdepperte[n] Autoshowrooms, zerstörte[n] Autos …“. Das Zerstören von Privatautos oder Showrooms jedoch hat wenig mit friedlicher Sabotage zu tun. Individuelles Privateigentum zu zerstören, ist individuelle Konsumkritik, mehr nicht. Der Produktionsprozess ist längst abgeschlossen. Was bliebe, wäre eine weitere Spaltung der Gesellschaft – Autofahrende gegen Aktivist*innen. Die Maschinerien des zerstörenden Kapitals laufen im Hintergrund eifrig weiter. Dass Außenstehende oder konservative und rechte Kräfte nun das friedliche Vorgehen gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen mit einer terroristischen Vereinigung in Verbindung bringen, war zu erwarten. Doch diese Debatte lenkt vom eigentlichen Thema ab. Einige Inhalte des neuen Koalitionsvertrags sind das Verdienst von Klima- und Um­welt­ak­ti­vis­t*in­nen. Ins Auge fallen besonders der Kohleausstieg und der Bürger*innenrat. Doch das Versprechen eines früheren und sozialverträglichen Kohleausstiegs bleibt so lange eines, bis es tatsächlich Realität geworden ist. Ein Bür­ge­r*in­nen­rat ist erst gelungen, wenn seine Forderungen erfüllt sind.

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Damit aber nicht genug: Von einer tiefgehenden sozialökologischen Transformation sind wir noch meilenweit entfernt. Weder steht eine ernsthafte Verkehrswende oder der Ausstieg aus der fossilen Verbrennung bevor, noch gibt es adäquate Maßnahmen gegen das Massensterben der Arten oder die Vernichtung natürlicher Böden. Der Mythos vom grünen Kapitalismus als Lösung aller Probleme wird weiter aufrechterhalten.

Es ist daher wichtig, den Druck zu erhöhen. Friedliche Sabotage kann dabei ein weiteres Instrument sein – basierend auf der Analyse, dass es fossile Konzerne sind, die für die menschengemachte Klimaerhitzung und Ökosystemzerstörung verantwortlich sind. Friedliche Sabotage eröffnet die Möglichkeit, lebensfeindlichen Konzernen auf direktem Wege das Handwerk zu legen und ihre zerstörenden Praktiken zum Investitionsrisiko zu machen.

Quelle         :          TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle :

Oben      —     Steinkohlekraftwerk Moorburg in Hamburg-Moorburg.

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Unten      —   Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: – Totschlagargument Arbeitsplätze (Stichworte: Globus, Erde, Klima, Kohle, Energie, Umwelt)

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Daten als Schnäppchen ?

Erstellt von Redaktion am 3. Februar 2022

Verhindert den Ausverkauf der Schufa-Daten!

Schufa –  ein privater Konzern im Auftrag  der Staats-Räson ?

Von Jimmy Bulanik

Ein gefährlicher Vorgang ist im Gang. Eine kapitalistische Heuschrecke will die Schufa Holding AG kaufen. Wozu braucht es noch die Tätigkeit von Auslandsgeheimdiensten, wenn man innerhalb der Privatwirtschaft an die sehr sensiblen Daten von über 67,5 Millionen Menschen in der EU und Welt zugleich gewinnen kann durch einen Kauf der gesamten Unternehmung ?

Allein das Hacken und die Computersabotage à la „Evil Maid Attac“ ist preiswerter

Der Gedanke das die Daten verwendet werden können zwecks Missbrauch, Manipulation ist zwangsläufig naheliegend. Dem kann durch eine weit aufgestellte aufmerksame Zivilgesellschaft etwas entgegenstellen. Respektive dessen gibt es auf der Webseite von Campact eine aktuelle Petiton welche ich selber am 31. Januar 2022 selber unterzeichnet habe.

Quelle: aktion.campact.de/datenschutz/schufa-deal/teilnehmen

Der Inhalt lautet:

Der Finanzinvestor EQT Private Equity will die Wirtschaftsauskunftei Schufa kaufen und sich Milliarden von Daten sichern – verpasste Rechnungen, Kredite und Verträge von Millionen Bürger*innen. Noch gehört die Schufa einer Gruppe von Sparkassen, Genossenschaftsbanken und anderen Kreditinstituten. Sie haben ein Vorkaufsrecht. Nutzen sie das, platzt der Deal.

Unterzeichnen Sie jetzt den Appell an die Schufa-Eigentümer!

Appell – Empfänger Schaft:

Helmut Schleweis (Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes)
Marija Kolak (Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken)
Christian Sewing (Vorstand der Deutschen Bank)
Manfred Knof (Vorstand der Commerzbank AG)

Die Schufa Holding AG besitzt sensible Finanzdaten von fast 70 Millionen Deutschen. Die Investitionsgruppe EQT hat deutlich gemacht, dass sie in diesen Daten vor allem eins sieht: eine Goldgrube. Dem schwedischen Konzern geht es um Gewinne, Wachstum und mehr Rendite für seine Investoren. Wir fordern Sie auf:
• Nutzen Sie Ihr Vorkaufsrecht und sorgen Sie dafür, dass keine Schufa-Anteile an EQT Private Equity und ähnliche Investoren verkauft werden.

• Machen Sie Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Zukunft für die Schufa zur Priorität. Dazu gehört auch, die Berechnungsformel für die Bonitätsbewertung – den Schufa-Score – transparent zu machen.

5-Minuten-Info

Was ist die Schufa?

Die Schufa Holding AG ist die bekannteste und größte deutsche Wirtschaftsauskunftei. Sie ist ein privater Konzern – und sammelt für ihre Vertragspartner*innen Informationen über die Kreditwürdigkeit von Verbraucher*innen. Schufa steht für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung”.

Die Auskunftei besitzt Daten von 67,5 Millionen Menschen in Deutschland und erstellt Prognosen über ihre Zahlungsfähigkeit. Jede*r Verbraucher*in erhält eine Bewertung – den sogenannten Schufa-Score.

Wer will die Schufa kaufen?

Der schwedische Finanzinvestor EQT möchte die Schufa übernehmen – das hat er beim Kartellamt angemeldet. Damit hätte der Konzern vollen Zugriff auf unsere Daten. EQT erklärt, dabei Datenschutzinteressen „konsequent“ zu verfolgen und verbraucher*innenfreundliche Produkte anbieten zu wollen. Internen Dokumenten zufolge steht für den Investor aber letztlich die Rendite im Mittelpunkt – ihm geht es um Wachstum, Wertsteigerung und die Erhöhung der Gewinne. EQT sieht in der Schufa ein gutes Geschäft; schon jetzt wirft die Auskunftei jährlich 200 Millionen Euro Umsatz ab. Insgesamt wird der Wert der Schufa Holding auf 2 Milliarden Euro geschätzt.
Lässt sich der Verkauf noch verhindern?

Die Schufa macht nicht öffentlich, welchem Eigentümer wie viele Anteile gehören. Bekannt ist aber, dass zahlreiche Banken und Handelsgesellschaften an der Schufa beteiligt sind. Dazu gehören Kreditbanken wie Deutsche Bank und Commerzbank, Sparkassen, Genossenschaftsbanken sowie Handelsunternehmen.

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Heuschreckenschwärme sind nicht nur als Insekten in Afrika unterwegs

Zuerst will EQT jetzt die Anteile der französischen Société Générale für 200 Millionen Euro erwerben – weitere sollen folgen. Die anderen Anteilseigner haben jedoch ein Vorkaufsrecht: Wenn sie die Millionen aufbringen, platzt der Deal für EQT. Besonders wichtig sind dabei die Sparkassen und Genossenschaftsbanken; sie halten gemeinsam 47 Prozent der Anteile. Sie haben bereits anklingen lassen, dass die Neutralität der Schufa für sie wichtig ist. Noch ist aber nicht klar, ob die Banken die Anteile tatsächlich übernehmen.

Warum muss die Schufa verbraucherfreundlicher und transparenter werden?

Ein guter Schufa-Score ist oftmals Voraussetzung für einen Mietvertrag, einen Handyvertrag oder einen Bankkredit. Ein schlechter Score kann also schwerwiegende Auswirkungen haben. Dennoch sind Verbraucher*innen meist gezwungen, sich von der Schufa bewerten zu lassen – zum Beispiel, damit sie auf dem Wohnungsmarkt überhaupt eine Chance haben.

Das Scoring-Verfahren ist jedoch höchst intransparent. Die Schufa weigert sich, Informationen zum Verfahren preiszugeben und stuft es als Geschäftsgeheimnis ein. Viele Menschen erklärte die Auskunftei ohne jegliche Negativeinträge zum Risikofall – das ergab eine Recherche des Bayerischen Rundfunks und des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Den Grund erfahren die Verbraucher*innen nicht. Auch werden offenbar junge Männer generell als höheres Risiko eingestuft. Fest steht: Die Prognosen der Schufa beruhen auf teilweise höchst fragwürdigen Annahmen. Hier muss das Unternehmen dringend nachbessern.

Dass sie lernfähig ist, hat die Schufa vor zwei Jahren schon einmal gezeigt. Nach großem Protest unserer Bürgerbewegung begrub sie ihre Pläne, mithilfe eines „Konto-Checks” an noch mehr Daten von Verbraucher*innen zu kommen, die dringend auf eine positive Bewertung der Schufa angewiesen sind.

Es ist von Bedeutung das diese Petition so zahlreich als überhaupt möglich unterzeichnet werden wird. Deshalb ist es ratsam die Petition zu verbreiten. Das Internet liefert dazu mobil und stationär die technischen Möglichkeiten dafür.

Jimmy Bulanik

Nützliche Links im Internet:

Campact

aktion.campact.de/datenschutz/schufa-deal/teilnehmen

Geraint Anderson in „The City Boy Song“

www.youtube.com/watch?v=P1-NSWnOUXc

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Grafikquellen          :

Oben     — Hauptverwaltung der SCHUFA Holding AG in Wiesbaden-Schierstein

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Unten     —       Vaste essaim dense du criquet migrateur, Madagascar (auteur Michel Lecoq)

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Covid-Politik – Proteste

Erstellt von Redaktion am 30. Januar 2022

Das ganz normale Denken von Demonstranten gegen die Covid-Politik

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Meinhard Creydt 

Manche Kommentare zu den Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie heben die Teilnahme von Rechtsradikalen, die Gewaltaufrufe und Hetze in sozialen Medien hervor. Wir konzentrieren uns auf die Auffassungen der ganz „normalen“ Teilnehmer. Der Artikel befasst sich mit denjenigen, die alle Maßnahmen ablehnen und sie hochstilisieren zum Anlass, in den „Widerstand“ gegen eine „Corona-Diktatur“ zu treten. Ein anderes Thema sind diejenigen, die

Einwände gegen einzelne Maßnahmen und einzelnes staatliches Vorgehen haben, aber insgesamt zum Schluss kommen: Maske, Impfung, Kontakteinschränkungen und ähnliches sind das sehr viel kleinere Übel als alles, was ohne diese Maßnahmen droht. Beide Gruppen sind zu unterscheiden. Ein Vergleich kann das verdeutlichen. Es gibt Leute, die staatliche Steuern generell ablehnen, und andere, die bei einzelnen Steuervorgaben meinen: „Hier wird mir im Vergleich zu anderen Gruppen unverhältnismäßig viel abverlangt. Andere werden bevorzugt!“ Da lässt sich endlos über das Für und Wider streiten sowie Belastungen gegeneinander ausspielen.

Die Kritik an einzelnen Schritten in der Covid-Bekämpfung führt zu nicht beabsichtigten Effekten.

In der öffentlichen Debatte über die Politik gegen die Covid-Epidemie profilieren sich viele im Politikbetrieb und aus den Medien in der Manöverkritik an einzelnen Schritten. Damit geben sie

denen ständig Futter, die Ernst machen wollen mit „alles Scheiße, was die Regierung macht“. Schnell lässt sich ein Mangel zu DEM Mangel erklären oder eine kleine Ungereimtheit aufblasen zu „die wissen nicht, was sie tun“.

In der Opposition gegen die Maßnahmen findet sich eine Koalition von Vetogruppen.

Sie lehnen etwas aus untereinander völlig verschiedenen und teils unvereinbaren Motiven ab. Die einen verarbeiten ihre schlechten Erfahrungen mit dem herrschenden Gesundheitswesen zu dessen pauschaler Ablehnung und schwören z. B. auf homöopathische Mittel. Andere haben Vorbehalte gegen die Impfung von Kindern. Wieder andere stören sich auf einmal an den Vorschriften, ohne bisher gegen Ampeln und Verkehrsregeln rebelliert zu haben. Andere nutzen die Demonstrationen, um es „den etablierten Parteien“ mal „so richtig zu zeigen“. Alle diese Gruppen eint nur das Anti. Eine konsistente Vorstellung, wie sich die Covid-Epidemie bekämpfen lässt, haben sie nicht. Und das stört sie auch nicht. „Permanente Aufregung ist Kennzeichen der Ignoranz. Wut ist dumpf, aber entschieden. Sie weiß alles, wovon sie nichts versteht. Ihre Empörung ist ihr heilig. Darunter macht sie es nicht. Und über sie kann sie sich nicht erheben. Der eigene Affekt erscheint nicht verdächtig, er ist vielmehr dieses Bürgers feste Burg. Er setzt sich in Gang, ohne von sich wissen, geschweige denn sich erforschen zu wollen. Er tritt auf als Lösung, nicht als Problem“ (Franz Schandl: Die Wut und ihre Bürger. In: Streifzüge, Wien, Nr. 54, S. 42).

Egozentrismus

„Der Staat darf mir nicht verbieten, ins Restaurant zu gehen und meine Freunde zu treffen“ (Teilnehmerin an Demonstration, Tagesschau 15.1.22). Ihre Bewegungs- und Konsumfreiheit steht der Dame an erster Stelle. Vom Grundgesetz ist bekannt, dass es sich für die freie Entfaltung der Persönlichkeit ausspricht. Beflissen sehen viele davon ab, dass in Artikel 2 die Grenze dieser freien Entfaltung genau dort gezogen wird, wo die individuelle Ausübung der Freiheit die Rechte anderer verletzt. Das schließt den Schutz der Gesundheit und des Lebens anderer ein. Ein Grundrecht, andere anstecken zu dürfen, gibt es nicht. Nicht überall, wo „Einschränkung der eigenen individuellen Freiheit“ drauf steht, ist Schützenswertes im Spiel. Jedenfalls beklagen auch die Gegner des Tempolimits, die Freunde des privaten Waffenbesitzes und der Kinderpornographie bitterlich so manche harte Einschränkung, der sie unterliegen. Marius Müller-Westernhagens Schlager-Parole „Freiheit, Freiheit ist das einzige, was zählt“ ist – vorsichtig gesagt – etwas zu kurz gedacht.

„Es muss jeder wissen, wie er sich persönlich schützt.“ So sprechen Egozentriker. Was die Folgen des eigenen Verhalten für andere sind, ist ihnen gleichgültig. Maskentragen als Schutz davor, andere anzustecken – das mag ihnen nicht einleuchten. Ebensowenig die Impfung als Maßnahme, um dem Virus möglichst wenig neue Gelegenheiten zur Ausbreitung und Mutation zu geben. Die Gegner aller Maßnahmen zur Einschränkung der Covid-Epidemie achten sehr auf ihre eigenen Grundrechte. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit anderer und das Recht auf Leben von Covid-Risikogruppen meinen sie damit nicht.

„Menschen müssen für sich selbst sorgen. Wenn jemand Angst hat, soll er eben zu Hause bleiben“ (Wolfgang Kubicki (FDP) in der Sendung „Anne Will“ vom 10.5.2020). Die heilige Dreieinigkeit dieses Individualismus lautet: Selbstbestimmung – Selbstverantwortung – Selbstbeschuldigung. Die Propaganda ist bekannt: „Wirst Du krank, dann bist Du selbst schuld. Du hast zu wenig für Dein Immunsystem getan.“ Umgekehrt denken viele Covid-Ignoranten: Ich bin jung, ich bin stark, mich triffts schon nicht. Und wer sich stark fühlt, tritt unbekümmert für das Recht des (vermeintlich) Stärkeren ein.

Der maßlose, aber selektive Verdacht und seine Vorbehalte

Pharmaunternehmen machen mit Medikamenten Profit. Viele Covid-Demonstranten verbinden diese „Information“ mit der Erinnerung daran, dass manche Medikamente sich als gefährlich erwiesen haben und vom Markt genommen wurden. Wie hoch dieser Anteil an allen Medikamenten ist, können Impfverweigerer, wenn man sie danach fragt, nicht angeben. Vor dem Gebrauch eines Autos schrecken dieselben Personen nicht zurück. Dabei können sie nicht mit 100%iger Sicherheit ausschließen, dass ein in ihrem Fahrzeug vorliegender Fehler sie möglicherweise in Gefahr bringt. Den Covid-Impfstoffen wird angelastet, sie seien relativ schnell auf den Markt gekommen. Das genügt Impfskeptikern für ihre Ablehnung. Sie beruhigt nicht, dass die „in Deutschland zugelassenen Impfstoffe das übliche Prüfverfahren der EU durchlaufen haben und die hohen europäischen Sicherheitsstandards erfüllen. Das heißt, die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe wurden […] überprüft […] – nur, dass es diesmal schneller ging, weil alle relevanten Schritte parallel statt – wie sonst üblich – hintereinander stattfanden“ (https://www.zusammengegencorona.de/impfen/aufklaerung-zum-impftermin/10-gruende-sich-jetzt-gegen-das-coronavirus-impfen-zu-lassen/)

Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie haben ein unbestimmtes Misstrauen. Ein vager Verdacht lässt sich nicht ausräumen. Er sichert dem, der ihn hat, das Selbstbewusstsein, nicht naiv zu sein. Das hindert die Betroffenen in vielen Fällen sonst nicht daran, Medikamente mit massiven Nebenwirkungen einzunehmen. Beim Covid-Impfstoff wird die Angst vor Impfschäden aber auf einmal zum Ausschlussgrund. Dabei liegt „das Risiko einer schwerwiegenden Nebenwirkung nach einer Covid-19-Impfung bei gerade einmal 0,02 Prozent. Deutlich größer ist dagegen die Gefahr, dem Coronavirus ungeimpft zu begegnen: Jede zehnte Person, die sich infiziert, muss mit einem schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung rechnen (rund 10 Prozent)“ (Ebd.).

Der Alles-oder-nichts-Logik entspricht auch das Argument: „Es gibt Impfdurchbrüche, also schützt die Impfung nicht“. Wenn z. B. der Impfstoff von BioNTech eine Wirksamkeit von 95 Prozent aufweist, dann reicht das den Impfgegnern nicht aus. Auf die medizinische Erklärung lassen sich diejenigen nicht ein, denen es genügt, irgend etwas Negatives gegen die Impfung zu hören, ohne sich selbst ein umfassendes Bild von der Problematik zu machen. „Um bei einer Atemwegsinfektion komplett geschützt zu sein, brauche ich viele Antikörper direkt auf den Schleimhäuten. So gelingt es dem Organismus direkt am Eintrittsort gegen das Virus vorzugehen. Die Menge an Antikörpern nimmt aber mit der Zeit ab und so kann man sich nach einer gewissen Zeit vielleicht nicht mehr direkt gegen die Infektion wehren. Und dennoch ist man wegen der Gedächtniszellen, die sich zwischenzeitlich gebildet haben, weiterhin vor einer schweren Erkrankung geschützt. Insgesamt infizieren sich Nicht-Geimpfte sechs- bis zehnmal so häufig wie Geimpfte. Über 90 Prozent der Patienten, die mit einem schweren COVID-Verlauf im Krankenhaus liegen, sind ungeimpft“ (Prof. Dr. Carsten Watzl, zit. in https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/infektionskrankheiten/coronavirus/covid-19-was-experten-zu-impfzweifeln-sagen-821933.html).

Dass sich auch Geimpfte anstecken können, ist ein anderes gern geäußertes Argument. Wer es gegen die Covid-Impfung vorbringt, macht diesen Vorbehalt aber in anderen Situationen nicht geltend. Wenigstens ist die These „Wenn es stark regnet, spann ich den Schirm nicht auf, weil durch Wind oder Richtungswechsel des Regens ich trotz Schirm einen Tropfen abbekommen könnte“ selten zu hören.

Bei den Gegnern aller Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie ist viel Verdacht anzutreffen, wer alles „eigentlich“ „wirklich“ hinter dieser Politik stecke und „uns“ an der Nase herumführe. Dieser phantasievollen Betätigung des Verstand geht aber einher mit einem Mangel an Vorstellungskraft bei einer naheliegenden Frage: Wie würde es heute aussehen, wenn man vor Jahren nicht die Zwangsimpfung gegen die lebensgefährlichen Pocken mit Erfolg durchgesetzt hätte? Bei Impfungen gegen Covid werden die gleichen Leute rebellisch, die bei jeder Flugreise z. B. nach Afrika sich selbstverständlich impfen lassen. Wenig war bislang davon zu hören, dass Touristen zu Fachleuten in Sachen Impfstoff-Gefahren wurden und sich zu Demonstrationen gegen „die Impf-Diktatur“ zusammenschlossen.

Souveränitätssimulation

Auf einem Plakat bei einer Demonstration war zu lesen: „Gehorsamszeichen wie Hitlergruß, Genossengruß und Alltagsmasken gehören verboten!!!“ Wie ein Kind in der Trotzphase befolgen viele ein Gebot schon deshalb nicht, weil es von außen oder von oben kommt. „Ich kann doch machen, was ich will.“ Zwangsmaßnahmen werden notwendig, weil immer noch über 20 % der Bundesbürger trotz vieler guter Argumente für die Impfung diese unterlassen. Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Covidpolitik sehen das genau umgekehrt: Weil es eine Kampagne gibt, deshalb wittern sie einen fremden Willen und Inhalt. Weil konzentriert für ein bestimmtes Verhalten mit Argumenten geworben wird, fühlt sich der selbsternannte Freigeist bevormundet: „Ich lasse mir von niemand reinreden!“ Dass man mir eine Veränderung meines Verhaltens nahelegt, daran nehme ich Anstoß und lasse mich erst gar nicht auf die sachliche Prüfung der vorgebrachten Argumente ein. Autonomie wird mit Trotz verwechselt. Das ausgestellte Freiheitsverständnis ähnelt einem Vulgär-Existenzialismus. Für ihn „ist nicht so entscheidend, w a s ich wähle, als vielmehr dass i c h es bin, der wählt“. Das gleicht einer „Art pubertärer Ethik“ (Terry Eagleton: Die Illusionen der Postmoderne. Stuttgart 1997, S. 114).

Die Bullen, die Bullen – die helfen ihren Staat beim Schummeln

In einem Interview mit einer Sozialpsychologie-Professorin zu den Demonstrationen heißt es: „Wir stellen auf jeden Fall fest, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gibt, die bei den Protestierenden gehäuft auftreten. Dazu gehören auch Macchiavellismus, also ein hohes Misstrauen gegenüber anderen Menschen und Institutionen und der Glaube, dass man angelogen wird und nichts von sich selbst preisgeben darf. […] Narzissmus spielt ebenfalls eine Rolle, also das Gefühl, man sei etwas Besonderes und die allgemeinen Regeln gelten nicht für einen selbst“ (Julia Becker, Tagesspiegel 1.9.2020).

Es handelt sich bei der großen Mehrheit der Demonstrationsteilnehmern um Leute, die sonst keineswegs protestieren angesichts der Zwänge, denen sie unterliegen. Viele sind lohnabhängig oder als kleine Selbständige abhängig von Bankkrediten und Auftraggebern. Viele sehen die kapitalistische Marktwirtschaft und die Kapital-Akkumulation bei aller Manöverkritik im Einzelnen im Großen und Ganzen als „alternativlos“ an. Sie akzeptieren das Privateigentum an Wohnungen und finden nichts dabei, die Miete und die Steuern zu zahlen. Nur bei Corona wollen sonst fügsame und „verständige“ Untertanen auf einmal sich und anderen beweisen: „ICH lasse mit MIR nicht ALLES machen.“ Dabei meinen sie häufig nur: Wenigstens an einem Punkt soll sich mal etwas nicht ändern. An allerhand Zumutungen des Erwerbs- und Geschäftslebens sind sie gewohnt. In den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Epidemie bemerken sie etwas, das ihre Gewohnheiten stört und das zu verweigern sie sich zutrauen. „Widerstand“ erscheint hier auf einmal ganz einfach: Die Maske nicht tragen und die Impfung verweigern – das kann jede(r). Dazu gehört nicht viel. Während die meisten sonst keine Möglichkeit sehen, wie sie sich wirksam wehren können, ist das individuelle Unterlassen hier leicht möglich. In dem Maße, wie die „Spaziergänge“ an Zulauf gewinnen, werden sie interessant. Auch viele, die sich bislang nicht sonderlich mit dem Sachthema befasst haben, bemerken: Wir haben endlich mal ein Ventil, unseren diffusen Frust abzulassen, und eine Chance, „denen da oben“ es mal „zu zeigen“. So blind ist dieser Protest, dass er nicht bemerkt, wen die Verweigerung der Impfung durch eine Minderheit tatsächlich trifft.

Auf der Berliner Demonstration am 29.8.2020 sind einige ältere Männer zu sehen mit weißen T-Shirts und dem Slogan: „Ich habe meine Eier wiedergefunden.“ Vielen geht es offenbar mehr um Symbolpolitik und Souveränitätssimulation als um eine sachgerechte Einschätzung der Lage. Corona bildet den Anlass für Leute, die meinen, sich selbst und anderen unbedingt wenigstens einmal demonstrieren zu müssen, wie eigenständig sie seien. Wer daran Gefallen findet, offenbart zugleich die Meinung, seine oder ihre Autonomie bestehe darin, … eine Mund-Nasen-Maske n i c h t aufzuziehen. Das Missverhältnis zwischen dem Engagement für die große Freiheit und der kleinen Maske fällt Corona-Demonstranten nicht auf. Vielmehr lautete – in Anlehnung an Ronald Reagans Parole „Tear down this wall“ in seiner Rede am 2.6.1987 vor dem Brandenburger Tor – eine Parole am 29.8.2020: „Tear down the masks!“ Im Berliner Dialekt hört sich der Einwand zu solch exzentrischen Exaltationen so an: „Hamm ses nich ne Numma kleena?“

Das Freiheitsverständnis

Teilnehmer an der Marktwirtschaft sehen ihre Freiheit darin, ihrem speziellen Privatinteresse, das anderen Privatinteressen entgegensteht, zu folgen. Sie wollen sich dafür die eigene Arbeit, das eigene „Investment“ und die „Geschäftspartner“ aussuchen. In der Marktwirtschaft ist immer der Übergang angelegt von einem individuellen Gebrauch der eigenen Freiheit, der die Interessen anderer bei der Durchsetzung des eigenen Interesses wohl oder übel taktisch-instrumentell berücksichtigt, zu einem Freiheitsverständnis, das sich von dieser Beachtung anderer Interessen löst. Einige Maximen der Marktwirtschaft lauten: „Jeder ist sich selbst der Nächste. Mir hilft niemand, warum sollte ich jemand helfen? Wer sich auf andere verlässt, ist verlassen. Verschon mein Haus, zünd andere an (St. Florians-Prinzip). Wenn andere die Gesetze einhalten, soll’s mir sehr recht sein; meine Ausnahme gönn’ ICH mir!“ Die Auffassungen vieler Demonstranten gegen die Covid-Politik stellen eine Variante dieser ganz normalen ideologischen Auffassungen dar.

Urheberrecht
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Oben       —       Fahrradprotest der Initiative #LeaveNoOneBehind in Berlin

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40 Jahre unter Druck

Erstellt von Redaktion am 26. Januar 2022

Atommüllzwischenlager Gorleben

Von Reimer Paul

Am 26. Januar 1982 begann der Bau des Gorlebener Atommüllzwischenlagers. AKW-Geg­ne­r:in­nen reagierten mit Besetzung.

Das Wort Zwischenlager nehmen die Atom­kraft­geg­ne­r:in­nen im Wendland nicht in den Mund, wenn sie über die wuchtige Betonhalle sprechen, die zwei Kilometer hinter dem Dorf Gorleben auf einer gerodeten Fläche im Kiefernwald liegt. „Kartoffelscheune“ – so nennen sie den fensterlosen Bau. Doch wird darin kein Gemüse gelagert, sondern hochradioaktiver Atommüll.

113 Castorbehälter warten auf den Weitertransport in ein Endlager, das noch nicht gefunden ist. Vor 40 Jahren, am 26. Januar 1982, begann der Bau des Gorlebener Atommüllzwischenlagers. Unter starkem Polizeischutz fuhren am Morgen jenes Tages die ersten Lastwagen auf das mit Stacheldrahtrollen umzäunte zehn Hektar große Gelände.

„Die Atomwirtschaft stand mächtig unter Druck, denn der Betrieb der Atomkraftwerke wurde damals an einen Entsorgungsnachweis gekoppelt“, erklärt die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. „Mit dem Baubeginn war dieser Nachweis erfüllt – zumindest auf dem Papier.“

Der Lüchow-Dannenberger Kreistag, die Samtgemeinde Gartow und die Gemeinde Gorleben hatten den Bau im Sommer 1981 durchgewunken. Schließlich brachte die Zustimmung zum Zwischenlager „Infrastrukturhilfen“ in Millionenhöhe. Bereits kurz nach der Umzäunung des Geländes erhielten die Kommunen eine Zuwendung von fünf Millionen Mark, anschließend jährlich eine Million Mark. Zwar hatten 2.000 Einwohner Einwände gegen den Flächennutzungs- und der Bebauungsplan erhoben, diese blieben aber unberücksichtigt.

BGS durfte nicht einschreiten

AKW-Gegner:innen aus dem Wendland reagierten einen Tag nach dem Baubeginn und sorgten bei Polizei und Behörden in der Bundesrepublik und der DDR für eine veritable Überraschung. Bewaffnet mit Transparenten und bunten Fahnen überquerten rund 80 Frauen, Männer und Kinder nahe der Ortschaft Kapern die Demarkationslinie und liefen weiter auf das Territorium der DDR.

Direkt vor der Grenzfestigung ließen sie sich auf mitgebrachten Strohballen nieder und entzündeten ein Lagerfeuer. Der etwas später eintreffende Bundesgrenzschutz (BGS) konnte nur zuschauen. Er durfte das Gebiet der DDR nicht betreten, um die De­mons­tran­t:in­nen abzuräumen. Die Aufforderung der BGS-Beamten, das Areal zu verlassen, konterten die Grenz­be­set­ze­r:in­nen mit der Parole „Erst Baustopp – dann kommen wir zurück!“ Gegenüber den Grenztruppen der DDR stellten sie per Megafon klar, dass ihr Protest „nicht gegen die DDR gerichtet“ sei, sondern gegen die Atomenergie. Einige sangen „Die Internationale“.

Erste Antikernkraftdemo auf Boden der DDR

Die DDR-Grenzer ihrerseits wussten offensichtlich nicht, wie sie reagieren sollten. Jedenfalls schritten sie nicht gegen die Atom­geg­ne­r:in­nen ein. Und lehnten das Angebot des BGS ab, die Besetzung zu beenden, wenn unbewaffneten Beamten aus dem Westen Zugang zu dem besetzten Territorium gewährt würde. Einen Tag später beendeten die Be­set­ze­r:in­nen von sich aus ihre Aktion. Sie hatten „die erste Antikernkraftdemonstration auf dem Boden der DDR“ veranstaltet, wie der Deutschlandfunk berichtete.

Der Coup hatte Gorleben mal wieder in die großen Nachrichten gebracht. Der Bau des Zwischenlagers aber ging weiter, weitere Proteste konnten die Arbeiten nur kurzzeitig stoppen. Am 4. September 1982 folgten 10.000 Menschen dem Aufruf zum Musikfestival „Tanz auf dem Vulkan“. Im Wald hinter der Baustelle kam es zu stundenlangen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Durch den Einsatz neuer Hochdruckwasserwerfer wurden mehrere Menschen schwer verletzt, harte Polizeiknüppel verursachten etliche Knochenbrüche und Prellungen.

Castor-Proteste in den 1990ern

Ende 1983 war das Zwischenlager fertig. Es ist 189 Meter lang, 38 Meter breit und 22 Meter hoch und hat 420 Stellplätze für Castorbehälter. „Der Name ‚Kartoffelscheune‘ ist damals schnell entstanden“, erinnert sich BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. „Die Halle heißt so, weil sie lediglich Schutz vor schlechtem Wetter bietet.“ Nur die Castorbehälter selbst sollten Schutz vor der Strahlung oder Flugzeugabstürzen und Terroranschlägen garantieren. Die Wände des Zwischenlagers seien zum Teil dünner als 50 Zentimeter.

Im April 1995 rollte der erste Castortransport nach Gorleben – er traf auf seinem Weg ins Zwischenlager auf heftigen Widerstand. Rund 15.000 Einsatzkräfte von Polizei und BGS sicherten die Fuhre, Schlagstöcke und Wasserwerfer kamen zum Einsatz – Szenen, die sich so oder ähnlich bei allen späteren Transporten wiederholen sollten.

Mehr als 100 Blockaden

Quelle        :       TAZ-online           >>>>>        weiterlesen 

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Grafikquellen          :

Oben     —     Standbild aus einem Super 8-Film mit einem Fahrzeug mit dem Schild „Whyl grüßt Gorleben“ vor dem Bahlsen-Gebäude an der Podbielskistraße

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Der Signal Messenger

Erstellt von Redaktion am 20. Januar 2022

Der Signal Messenger ist weltweit der sicherste

Signal-Ultramarin-Symbol.png

Das ist eine private Meinung aus den Bauchladen von Jimmy Bulanik

Der Signal Messenger ist weltweit der sicherste

In der Gegenwart und in der Zukunft werden wir nicht mehr ohne das Internet leben. Damit geht einher die digitalen Programme der mobilen Kommunikation. Die Anbieter dessen können dabei ihre Epoche haben.

Der Signal Messenger kann auf allen Endgeräten verwendet werden. Dabei ist intersubjektiv zu erkennen das dieser ein sehr hohes Maß an Zustimmung hat. Details kann ich aus dem App Store von Apple entnehmen.

Der Vorteil von Apple mit seinem App Store besteht darin, daß von dem Anbieter Apple die Endgeräte und das Betriebssystem kommt. Der Hersteller Apple mit seinen Vertretungen und zertifizierten Partnern die Kundschaft niemals im Stich lässt. Gewiss hat der Eintritt in die internationale Gemeinschaft von Apple seinen Eintrittspreis.

Alle Apps welche über Apple im App Store bezogen werde können sind von dem Hersteller Apple vollständig kontrolliert worden. Ohne einen Schaden für die Kundschaft. Es ist der Unternehmung Apple Inc nicht vorzuhalten, daß die Europäische Union, die Bundesrepublik Deutschland mit der EU-DSGVO nicht eigene Dienstleistungen wie GPS Produkte, YouTube, Apple, Fratzenbuch, Twitter den Menschen anbietet.

Das darf als einen Auftrag im Rahmen der Digitalisierung auf dem europäischen Kontinent verstanden werden. Es obliegt der Politik und der Industrie innerhalb der Bundesrepublik Deutschland die Initiative in die eigene Hände zu nehmen. Dafür ist der Einsatz von Steuermittel gänzlich sinnig, nachhaltig sowie sozial obendrein.

An dieser Stelle die Details zum Signal Messenger aus dem vertrauenswürdigen App Store. Es existieren aktuell 202.552 Bewertungen. Die Bewertung insgesamt liegt bei 4,5 was eine gute Bewertung darstellt. Allein die Kontaktinformationen werden nicht mit der Kundschaft identifizierbar erfasst.

Die Nutzung des Signal Messenger ist eine Modalität der aktiven Solidarität mit den Menschen in unfreien Ländern

Das Laden und betreiben des Signal Messenger ist frei von Kosten für die Menschen. Gleichwohl ist eine Spende an die gemeinnützige Signal Stiftung sinnig, weil die Software weiterentwickelt werden muss. Als auch die Kosten für die Server finanziert werden müssen.

Ich selber habe mehrfach eine Spende in zweistelliger Höhe zum Erhalt und Verbesserung des Signal Messenger gespendet. Reden ohne Handeln ist unrecht. Eine wahrhaftige Erkenntnis der verstorbenen, evangelischen Pfarrerstochter und studierte Geisteswissenschaftlerin aus Bartholomä in Baden-Würrtemberg, Gudrun Ensslin.

Eine Transformation hin zu dem Signal Messenger ist mit gutem Gewissen zu empfehlen. Sei es für die rein private Kommunikation. Auch für politische Parteien, außerparlamentarische basisdemokratische, zivilgesellschaftliche Organisationen wie Fridays For Future, Ende Gelände, Extinction Rebellion, Black Lives Matter, journalistische Tätigkeiten ist die Nutzung des Signal Messengers wegen seiner Datensparsamkeit, dem Zero Knowlege Prinzip empfehlenswert zu Zwecken der Organisation und Übermittlung von Daten.

Gegenwärtig wird der Signal Messenger von mehr als 40 Millionen Menschen verwendet mit stetig steigender Tendenz. Menschen welche in demokratisch verfassten Rechtsstaaten leben verwenden den Signal Messenger zu ihrer Sicherheit. Die Werbeindustrie findet darin keine Anwendung.

In Staaten ohne Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geht es für die Menschen mit einer demokratischen Gesinnung um sicher zu bleiben von staatlicher Folter und (öffentlicher) Hinrichtungen. Diese Menschen benötigen die Sicherheit des Signal Messenger mehr als wir selbst. Ein Grund selber den Signal Messenger zu laden und verwenden, sowie eine vertretbare Summe zu spenden.

Hier in unserem Teil der Welt können die Spenden an die gemeinnützige Signal Stiftung gegenüber der Finanzverwaltung geltend gemacht werden. Deshalb gibt es nur zu gewinnen. Denn die Welt ist eine verbundene Schicksalsgemeinschaft.

Nützlicher Link im Internet:

Die gemeinnützige Signal Stiftung:

signal.org

signal.org/donate

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Grafikquellen      :

Oben       —     

Symbol der App Signal. März 2020 – heute.

Copyright © 2007 Free Software Foundation, Inc. <https://fsf.org/>

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Wer bist du, Ella?

Erstellt von Redaktion am 19. Januar 2022

Anonyme Aktivistin im Gefängnis

Von Katharina Schipkowski

Eine junge Frau sitzt in Haft. „Ella“, wie sie sich nennt, ist wegen des Angriffs auf zwei Polizisten verurteilt worden. Was ist da geschehen?

lla“ heißt auf spanisch „sie“ und auf Deutsch rückwärts gelesen „alle“. Das ist auch schon alles, was über „Ellas“ Identität bekannt ist. Die von der Justizbehörde „UWP 1“, also „unbekannte weibliche Person 1“ genannte junge Frau sitzt an einem Tisch hinter einer Plexiglasscheibe im Besucherraum der Justizvollzugsanstalt III Frankfurt am Main. Ihre Hände liegen auf dem Tisch, die Finger sind ineinander gefaltet. Sie trägt eine graue Sweatshirtjacke und dunkle Jeans, ihre Haare werden von einem Tuch zusammengehalten. Eine Corona-Schutzmaske verdeckt die Gesichtszüge der zierlichen Frau. Zur Begrüßung führt sie ihre Handflächen vor der Brust zusammen und deutet eine Verneigung an, wie zu einem hinduistischen „Namasté“, dem Willkommensgruß.

Die Bild-Zeitung hatte im Mai vergangenen Jahres ein Foto von ihr veröffentlicht, dazu der Titel: „Das ist die Polizisten-Treterin aus dem Dannenröder Wald“. Aber wer ist die Person wirklich, die absolut nichts über sich verraten will? Und warum hält sie so eisern an ihrer Anonymität fest? Das Gericht rechnete ihr das Schweigen über ihre Identität strafverschärfend an.

Die junge Frau, die auf dem Stuhl im hintersten Teil des Besucherraums Platz genommen hat, wirkt auf den ersten Blick zurückhaltend, fast schüchtern. Das Gespräch findet in englischer Sprache statt. Auf die Frage, warum sie anonym bleiben will, sagt sie: „It’s about principles“, auf Deutsch: „Es geht ums Prinzip.“ Welche Sprache ihre Muttersprache ist, sagt sie nicht, Deutsch ist es jedenfalls nicht. „Ella“ erklärt ihre radikale Verweigerung: Sie lehne es ab, sich vom Staat in Kategorien wie Geschlecht, Alter oder Herkunft einteilen zu lassen. Wichtiger sei, was die Menschen verbinde.

Wer bist du, „Ella“? Die Aktivistin neigt den Kopf leicht zur Seite, ihre Augen blicken mild und deuten ein Lächeln unter der Corona-Schutzmaske an. „Ein Mensch einfach“, sagt sie leise. Mehr ist dazu von ihr nicht zu erfahren.

Ein drakonisches Urteil

Das Amtsgericht im hessischen Alsfeld hat „Ella“ im Juli 2021 zu zwei Jahren und drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Richter Bernd Süß sah es als erwiesen an, dass „Ella“ am 26. November 2020 bei der Räumung des Dannenröder Walds einem Poli­zisten mit dem Fuß gegen den Kopf und einem anderen mit dem Knie ins Gesicht getreten habe – beides in 15 Metern Höhe, während sie auf einem Seil stand, das zwischen zwei Bäumen gespannt war, und die Polizisten sich ihr von unten, an einem Baum hochkletternd, näherten.

„Versuchter Totschlag“, lautete der Vorwurf zunächst. Davon rückte die Staatsanwaltschaft jedoch wieder ab und stufte die Anklage auf „Tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Widerstand und gefährlicher Körperverletzung“ herab. Dafür verurteilte der Amtsrichter sie schließlich.

Aktivistinnen protestieren gegen den Ausbau der A49 und die Rodung des Dannenröder Forstes in Zeiten des Klimawandels (50323016098).jpg

Die Politik der Sprechblasen bietet immer wieder Gelegenheiten für die Gesellschaft, ihre Märtyrer, genau wie in den Märchenbüchern der Religionen zu finden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nicht nur „Ellas“ Verteidigung, sondern auch die Staatsanwaltschaft haben Berufung eingelegt. Doch wie kam es zu der hohen Strafe? Und was ist am 26. November 2020 im nordhessischen Dannenröder Wald beim Protest gegen den Bau einer Autobahn geschehen?

Was geschah am 26. November 2020 im Wald?

„Am Tag von ‚Ellas‘ Räumung herrschte große Anspannung im Wald“, sagt Gábor Fekete. Er hat die Räumung des „Danni“, wie der Wald unter den Aktivisten genannt wurde, von Anfang bis Ende mit einer Kamera begleitet und fast die ganze Zeit live bei Twitter übertragen. Die Stimmung habe sich schon einige Tage vor der Räumung von „Ella“ hochgeschaukelt, berichtet Fekete.

Drei Tage zuvor war ein Gestell aus Baumstämmen eingestürzt und fast auf einen Polizisten gefallen – die Polizei wertete dies als einen gezielten Angriff. Vier Tage vorher hatten rund 30 Personen eine Gruppe Polizisten mit Pyrotechnik beworfen. Am gleichen Tag stürzte eine Aktivistin bei der Räumung aus sieben Meter Höhe ab und verletzte sich schwer.

Die Hütten der Baumhäuser „Nirgendwo“, aus denen „Ella“ geräumt wurde, stellten das Herz der Waldbesetzung gegen den Autobahnbau dar: knapp 30 Holzbauten in 20 bis 30 Metern Höhe, darunter das Technikzentrum des Waldes, eine große Küchenplattform sowie ein Anlaufpunkt für neue Waldbewohner*innen. Hier wurde überwiegend Englisch gesprochen, viele Be­woh­ne­r*in­nen kamen aus dem Ausland. Einige hatten vorher schon im rheinischen Hambacher Forst gelebt und gegen den dort geplanten Ausbau der Braunkohlegrube protestiert – unter ihnen wahrscheinlich auch „Ella“.

„Ausgebaut wie eine Festung“

„‚Nirgendwo‘ war ausgebaut wie eine Festung“, sagt Fekete. Die Baumhäuser lagen in der Mitte des besetzten Waldes, hinter Barrikaden, dreibeinigen hölzernen Türmen, Tripods genannt, und Plattformen, die mit Baumstämmen und Stacheldraht die Wege versperrten. Um die Hüttensiedlung herum war ein Seil gespannt, an der in zwölf Meter Höhe eine „Suicide-Box“ hing: ein Kasten, in dem ein Mensch saß. Die Ak­ti­vis­t*in­nen veröffentlichten vor der Räumung Pläne dieser Konstruktion, damit die Polizei informiert sei: Würde sie mit großen Räumfahrzeugen in das Hüttendorf hoch in den Bäumen eindringen, würde dieses Seil reißen, der Mensch hinabstürzen.

„Ella“ stand auf einem anderen Seil, doch auch ihre Räumung beschreibt Fekete als „schwierig und gefährlich“ – gefährlich aber hauptsächlich für sie. Ein Polizist habe wiederholt an ihrer Sicherung gezerrt und sie damit in Gefahr gebracht.

Feketes Video, auf dem der Fußtritt zu erkennen sein soll, der „Ella“ den größten Teil ihrer Haftstrafe einbrachte, dauert sieben Minuten. Vom Waldboden aus, wo seine Kamera stand, kann man erkennen, wie sich eine schlanke Person mit schwarzer Adidas-Jacke geschickt an mehreren Seilen zwischen den Bäumen bewegt. Sie steht auf einem Seil zwischen zwei Bäumen, ist an der Hüfte mit einem anderen Seil gesichert und hält sich mit den Händen an einem dritten Seil über ihrem Kopf fest. Im Hintergrund sind Holzfällarbeiten zu hören, einige Ak­ti­vis­t*in­nen rufen, die Polizei solle sie in Ruhe lassen oder lieber das Klima schützen, anstatt den Wald abzuholzen.

Als „Ella“ sich in der Adidas-Jacke auf dem Seil entlanghangelt, wirkt sie ruhig, hat aber keinerlei Möglichkeit mehr, der Polizei zu entkommen. An der einen Seite des Seils, auf dem sie steht, warten zwei Polizisten eines Sondereinsatzkommandos (SEK) auf einer Plattform. An der anderen Seite, wo „Ella“ sich einem Baum nähert, steigt ein SEK-Kletterer langsam, aber stetig ebenjenen Baum hinauf. Ein gelber Helm schützt seinen Kopf, an seinem Gürtel hängen Haken, Seile, Ohrenschützer und andere Ausrüstungsgegenstände.

Als er sich „Ellas“ Fußhöhe nähert, beginnt ein Gerangel: Er zieht an ihrem Sicherungsgurt, sie hält dagegen, von unten rufen Ak­ti­vis­t*in­nen „Ey, lass sie los“. „Ella“ versucht, seine Hand wegzuschlagen, er greift ihre Hand und zieht daran, sie reißt sich los, klettert um den Baum herum. Er zerrt wieder an ihrem Gurt, sie tritt nach seinem Kopf, aber er weicht offenbar nach hinten aus, sie trifft ihn nicht. Oder doch?

Alles gelogen?

Sie habe ihn sehr wohl getroffen, urteilte der Richter in erster Instanz. „Um seinem Griff zu entkommen, trat die Angeklagte in Richtung des Beamten. Dabei traf sie seinen Kopf, welcher aufgrund dessen ruckartig nach hinten geschleudert wurde“ – so steht es im Alsfelder Urteil.

Dannenrod forest occupation 2020-10-08 11.jpg

Die zweite Tat, für die „Ella“ verurteilt wurde, ist ein Stoß mit dem Knie gegen das Gesicht eines anderen SEK-Beamten. Zwar räumt der Richter ein, dass der Kniestoß auf den Videos nicht zu sehen ist. „Jedoch spricht dies nicht dagegen, dass der Beamte tatsächlich von der Angeklagten getreten worden ist“, so Richter Süß. Der Polizist sei in den Videos „entweder verdeckt oder zu weit weg von der Kamera gewesen, sodass die Videos einen Tritt nicht ausschließen können“. Auch auf Feketes Videos, die die ganze Interaktion zwischen „Ella“ und den drei beteiligten Beamten zeigen, ist ein solcher Stoß nicht zu sehen.

„Alles, was die Polizisten vor Gericht über die Räumung gesagt haben, ist gelogen“, sagt Jörg Bergstedt. Er hat den Prozess als Mitarbeiter der Kanzlei von „Ellas“ Anwalt begleitet, saß mit ihr und ihrem Verteidiger gemeinsam auf der Anklagebank. „Der Richter war nicht an einer Aufklärung interessiert. Das ist Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung, eine lancierte politische Justiz.“ Bergstedt hat das so wütend gemacht, dass er „Ella“ am liebsten selbst verteidigt hätte, als Laienverteidiger, wie er es oft für andere Ak­ti­vis­t*in­nen oder sich selbst macht. Aber das Gericht hat das nicht zugelassen.

Die Behörden kennen den 57-jährigen Bergstedt gut. Überall, wo in der Mitte Deutschlands eine Autobahn blockiert oder ein Wald besetzt wird, hat er seine Finger im Spiel. In der Nähe von Gießen betreibt er ein autonomes Zentrum. Dort haben er und andere Aktivisten einen Film über „Ellas“ Räumung gemacht. Er heißt „Ella – Von den Lügen einer Staatsanwaltschaft, die verschleiern und einschüchtern will“, und wurde bereits an über einhundert Orten in Deutschland aufgeführt, man kann ihn auch bei Youtube sehen. Sowohl die Filmaufnahmen der Polizei als auch Gábor Feketes Videos sind in den Film eingeflossen. Anhand ihrer und eines Theaterstücks, in dem Ak­ti­vis­t*in­nen die Räumung nachspielen, versucht Bergstedt die Räumung zu rekonstruieren.

Als die Polizeivideos im Gerichtssaal gezeigt wurden, hätten der Richter und die Staatsanwältin zum Teil gar nicht richtig hingeschaut, beschwert sich Bergstedt verärgert. Mit der hohen Haftstrafe hätten bis zum Tag des Urteils auf Seiten von „Ellas“ Verteidigung niemand gerechnet. Für die Angeklagte sei es ein Schock gewesen. Sie sei aufgesprungen und habe dem Richter entgeistert zugerufen „What happens to you?“, auf Deutsch: „Was ist los mit Ihnen?“. Im Zuschauerraum brach Tumult aus, der Richter räumte den Saal.

Ella, „eine zurückhaltende Person“

„Ella ist eine ruhige, zurückhaltende Person.“ So beschreibt Anja Kraus ihre Freundin. Die 60-jährige Heilpraktikerin ist eine von „Ellas“ wenigen Kontakten zur Außenwelt, sie hat als eine von zwei Personen eine Besuchserlaubnis und fährt alle zwei Wochen in die Justizvollzugsanstalt nach Frankfurt am Main. Während der Monate im Dannenröder Wald kam „Ella“ oft zum Duschen und Wäschewaschen zu Kraus, die in der Region wohnt. Kraus wiederum ging oft in den Wald, um den Protest mit einer Musikgruppe zu unterstützen, in der sie mitsingt.

Quelle         :          TAZ-online           >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Proteste gegen die Rodungsarbeiten im Dannenröder Forst (2020)

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2.) von Oben     ––         Die Rebel Riders von Extinction Rebellion fahren per Rad zur Montagsdemo Klimamontag von Berlin4Future. An verschiedenen Stellen gibt es Reden. Hier sprechen Aktivistinnen gegen den Bau der A49 und die Rodung des Dannenröder Forstes. Berlin, 07.09.20

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Flyer-Aktion in Saarbrücken

Erstellt von Redaktion am 14. Januar 2022

Offene Info auch an alle Bürger der Stadt Saarbücken

Rathaus Saarbrücken.jpg

Von Dr. Nikolaus Götz Saarbrücken, den 13. Januar 2022

nic.goetz@gmx.net

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An alle Fraktionen

im Stadtrat Saarbrücken

zu Händen der Fraktionsvorsitzenden

Sehr geehrte Damen und Herrn,

die durch die sogenannte Corona-Pandemie ausgelöste Krise im politischen System der BRD erfasst nach Angaben kompetenter Politikbetrachter inzwischen (Vgl. ZDF: Markus Lanz vom 6. 1. 2022) mehr als 30% der deutschen Gesamtbevölkerung. Und auch in Saarbücken gehen mehr und mehr Menschen demonstrierend auf die Straßen (Sonntag vom 2. Januar 2022 über 20 000 Teilnehmer), ohne dass sich bisher eine Korrektur der laufenden Politikmaßnahmen andeuten würde. Bedauerlicher Weise reagiert die politische Klasse, zu der auch Sie gehören, überwiegend repressiv auf diesen immer lauter ertönenden ’Volksaufschrei’. Auch das „Ordnungsamt in Saarbücken“ versendet seine „Strafbefehle“, weswegen ich als engagierter Demokrat alle aktuellen Fraktionen im Stadtrat um Auskunft bitte.

Um eine politische Analyse auf der Basis von Faktenmaterial schreiben zu können, würde ich, Politikwissenschaftler und Romanist, von Ihnen Auskunft benötigen zu den Fragen:

Wer hat das Ordnungsamt ermächtigt, solche sanktionierende ’Bescheide’ und wegen welcher ’Vergehen’ gegen die ’Ordnung’ zu erlassen?

Hat sich der Stadtrat Saarbücken mit dem Thema „Sanktionen gegen die Saarbrücker Bürger“ im Rahmen der Corona-Pandemie und mit welchem Ergebnis eigens befasst?

Seit wann sanktioniert das Ordnungsamt Saarbrücken Bürger, die ihr Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit wahrnehmen?

Wie viele Bürger der Stadt Saarbrücken haben jeweils 2020 und 2021 einen solchen Bescheid erhalten?

Wie viele Bürger der Stadt Saarbrücken haben jeweils 2020 und 2021 Einspruch gegen den Bescheid eingelegt?

Wie hoch war jeweils 2020 und 2021 die Akzeptanz der Maßnahme durch die betroffenen Bürger?

Wie viele Verfahren wurden jeweils 2020 und 2021 mit welchem Ergebnis abgeschlossen?

Wie hoch war das erzielte zusätzliche Geldaufkommen durch die Bescheide jeweils im Jahr 2020 und 2021?

Wie hoch ist die Mehrbelastung der Verwaltung jeweils im Jahr 2020 und 2021?

Wurden im Ordnungsamt zusätzliche Arbeitskräfte eingesetzt?

Sind die Maßnahmen ökonomisch vertretbar oder gar finanziell mit einem Defizit verbunden?

Wie viele Verfahren wurden jeweils 2020 und 2021 an das Amtsgericht Saarbücken weitergeleitet.

Wie bewertet Ihre Fraktion im Stadtrat SB die zusätzlichen Disziplinierungsmaßnahmen gegen die Saarbrücker Bürger?

Bei Betrachtung der Gesamtsituation vor den Landtagswahlen: Werden die erlassenen Maßnahmen Ihrer Partei eher zum Vorteil oder eher zum Nachteil sein?

Soviel an Werbung in eigener Sache, welche die meisten Politiker wohl nicht lesen können.

Denken Sie, dass die Disziplinierungsmaßnahmen das Wahlverhalten der Bürger bei der kommenden Landtagswahl verändern wird?

Über welches neu erlerntes medizinisches Fachwissen zu ’Viren’ verfügt Ihre Fraktion inzwischen und wie beurteilen Sie heute deshalb die vor knapp zwei Jahren erlassenen Schutzmaßnahmen für den Einzelbürger gegen die Corona-Pandemie?

Gedenkt Ihre Fraktion eine Einstellung der Corona Sanktionen durch das Ordnungsamt Saarbücken? Hat Ihre Fraktion schon eine Vorstellung über ein zeitliches Auslaufen der Corona Sanktionen entwickelt?

Hier ist Platz für einen freien zusätzlichen, abschließenden Kommentar Ihrer Fraktion zum Thema:

An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen und Ihrer Fraktion für Ihr Engagement in der Sache ausdrücklich bedanken. In Erwartung Ihrer zeitnahen Antwort bin ich

mit freundlichen Grüßen

Dr. Nikolaus Götz

Grafikquellen          :

Oben     —   Rathaus Saarbrücken mit einem Tilt-Shift-Objektiv von der Johanneskirche aus fotografiert.

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Unten      —       Die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes, die Grundrechte (Ursprungsfassung), am Jakob-Kaiser-Haus in Berlin

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Zum Jahreswechsel 2022

Erstellt von Redaktion am 1. Januar 2022

EIN FROHES NEUES JAHR

New Year 2014 celebration at the Warsaw National Stadium 6.JPG

wünschen wir allen  Mitmacher – Innenn – und Lesern – Innen

Red.  DL / im Auftrag IE

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Grafikquelle      :        New Year 2014 celebration at the Warsaw National Stadium

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Frohe Festtage 2021

Erstellt von Redaktion am 25. Dezember 2021

Allen Mitarbeiter-Innen und Leser-Innen wünschen wir frohe Weihnachtstage  2021

File:Keine frohe Weihnachten.jpg

Red. – DL / i.A. / I.E – Das gilt natürlich auch für die politisch-Nichts-schaffenden der Regierung und Opposition welche, sich gerade in ihren wahren Pandemie-Rausch neu erleben. 

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Grafikqielle     :       Keine frohen Weihnachten. Cartoon über eine Familie, die kein Geld für Weihnachtsgeschenke hat.

Transkription:

Weihnachten 2002 – Walter hatte gerade seine Stelle verloren, und wir mußten unsere Geschenke mit dem Haushaltsgeld kaufen. Dieses Jahr gab’s Erbsen und Möhren, Bohnen und Tomaten.

Author Gaspirtz     /  Own  work

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

 

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Unsere Weihnachtsmärchen

Erstellt von Redaktion am 21. Dezember 2021

Es gibt nur eine Lüge, die sich lohnt

Santa Claus-SL.jpg

Von Benjamin Weber

Wir leben mit einer Lüge, meine Freundin, unsere Tochter und ich. Zwei von uns wissen das, eine nicht.

Dieses Weihnachten wird das letzte sein, an dem unsere Tochter glaubt, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Das vermute ich zumindest. Sie ist sechs Jahre alt, und in der Schule kursiert eine unglaubliche Geschichte: „Der Weihnachtsmann, das sind in Wirklichkeit die Eltern.“ Die Theorie kommt immer mal wieder auf, und wir widersprechen auch nicht, wenn sie davon erzählt. Wir bleiben eher vage. Sollte sie konkret fragen, sind wir bereit, die Wahrheit zu sagen. Doch das hat sie noch nicht getan, und bis es so weit ist, halten wir die schöne Illusion aufrecht

Oder die Lüge. Denn, wenn man ehrlich ist, ist die Geschichte vom Weihnachtsmann nichts anderes. Ein großer Betrug, an dessen Ende womöglich eine große Enttäuschung steht. Wir Menschen lügen oft. Etwa zweimal pro Tag, sagen aktuelle Studien. Manchmal aus Höflichkeit, manchmal mit böser Absicht, manchmal liegt die Motivation zur Unwahrheit irgendwo dazwischen. Die Weihnachtslüge passt da nicht rein: Sie ist eine vorsätzliche falsche Erzählung mit dem Zweck, Kindern eine Freude zu machen. Ist das richtig so?

Wir haben lange diskutiert, vor fünf Jahren. Eigentlich war uns klar, dass wir in der Erziehung nicht mit Unwahrheiten agieren wollen. Religiös sind wir auch nicht – gute Argumente gegen den Weihnachtsfake.

Lebkuchen für den Weihnachtsmann

Andererseits hätte das bedeutet, dass unser Kind jedes Jahr um Weihnachten herum eine schwere Bürde hätte tragen müssen. Die Herausforderung nämlich, es besser zu wissen als die vielen Kinder, die an Weihnachten glauben, und dennoch nichts zu verraten. Oder am Ende das unbeliebte Kind zu sein, das die Wahrheit erzählt und die magischen Träume der anderen zerstört. Sehr viel Verantwortung für ein kleines Mädchen und ein gutes ­Argument für die Weihnachtslüge, fand ich damals.

Denn das andere große Argument liegt ja eh auf der Hand: die Freude. Das leichte Schaudern angesichts des großen Unbekannten, der einmal im Jahr vorbeikommt, weiß, wo das Kind wohnt und Geschenke dabei hat. Unsere Tochter malt ihm Bilder, schreibt ihm Briefe, stellt ihm Wasser und Lebkuchen vor die Tür. Denn da legt der rücksichtsvolle Weihnachtsmann die Geschenke ab, weil er gehört hat, dass unsere Tochter die Vorstellung unheimlich findet, wie er allein durch die Wohnung tappt. Es ist eine große Freude, bei all dem zuzuschauen. Ein Gänsehaut verursachender Zauber, auch für mich als Vater.

Neulich hat mich ein kürzlich Vater gewordener Bekannter um Rat gefragt. Weder er noch seine Freundin sind religiös. Was erzählt man, wer die Geschenke bringt? Soll man Weihnachten überhaupt feiern? „Ich weiß nicht, ob ich es übers Herz bringe, meinem Kind etwas zu schenken, weil Jesus an dem Tag geboren wurde und auch was bekommen hat“, schrieb er, und das konnte ich gut verstehen. Außerdem: Wenn man jetzt Weihnachten einführe, fand er, müsse man ja so konsequent sein und die großen Feste der anderen Religionen genauso feiern, Chanukka zum Beispiel oder das Opferfest oder Buddhas Geburt. Ich schrieb ihm, dass ich das grundsätzlich für eine gute Idee halte, bloß stressig in der Umsetzung vielleicht?

Der Vorteil vom Weihnachtsmann sei, so schrieb ich, dass er auch ohne den christlichen Hintergrund und so losgelöst von Religion funktioniere. Wenn jetzt jemand einwenden möchte, dass die Figur des Weihnachtsmanns, wie wir ihn heute kennen, auf den Coca-Cola-Konzern zurückgeht und unser Umgang mit dem Kapitalismus quasireligiöse Züge trägt, dann kann ich nur sagen: Touché.

File:SantasOnSteps.jpg

So ähnlich argumentiert hat letzte Woche ein katholischer Bischof auf Sizilien. „Den Weihnachtsmann gibt es nicht“, rief er während einer Messe, er sei nur ein Symbol für die Konsumgesellschaft. Blöd nur: In der Basilika waren auch Kinder anwesend. Träume zerplatzten. Viele der Eltern beschwerten sich anschließend über den unerwarteten Geheimnisverrat, sodass sich die Kirchengemeinde gezwungen sah, sich öffentlich dafür zu entschuldigen.

Gern wird gesagt, mit der Lüge vom Weihnachtsmann, die irgendwann auffliegen wird, sorge man dafür, dass die Kinder früh in ihrem Leben eine große Enttäuschung erleben, die sie in ihrem Grundvertrauen erschüttern kann.

Ich frage mich: Muss man es nicht andersherum betrachten?

Kinder sind nicht dumm, sie bekommen viele Sachen mit. Klimawandel, Rassismus, Ungleichheit, all das sind Themen, über die ich schon öfter mit meiner Tochter gesprochen habe. Nichts davon habe ich von mir aus angesprochen, nein, sie hatte Fragen. Von sich aus. Auch zur Pandemie: Natürlich bekommen die Kinder mit, dass Erwachsene längst geimpft sind und wieder in die Kneipe, zu Konzerten und ins Stadion dürfen, während ihre Geburtstage ausfallen, der Laternenumzug abgesagt wird und sie erst jetzt so langsam mit Impfstoff versorgt werden.

Quelle        :       TAZ-online           >>>>>            weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben          —       Santa Claus

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Der Verfassungsschutz

Erstellt von Redaktion am 21. Dezember 2021

Bayerisches Verfassungsschutzgesetz

Dienstgebäude in Milbertshofen-Am Hart im Münchner Norden

Quelle    :     FF – Gesellschaft für Freiheitsrechte

GFF-Klage gegen uferlose Befugnisse des Bayerischen Inlandsgeheimdienstes wird jetzt beim Bundesverfassungsgericht mündlich verhandelt

Die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) über die letzten vier Jahre koordinierte Klage gegen eine Vielzahl von Regelungen des neuen Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) wurde am am 14. Dezember 2021 endlich in Karlsruhe mündlich verhandelt. Die Verhandlung zeigt: Die Verfassungsrichter*innen sehen die aktuellen Befugnisse des Bayrischen Verfassungsschutzes kritisch. Besonders das Verschwimmen der Zuständigkeiten von Polizei und Geheimdiensten warf einige Fragen auf. Finanziell unterstützt wird das Vorgehen der GFF in diesem Verfahren durch die Stiftung Erneuerbare Freiheit.

  • Einen detaillierten Bericht der Verhandlung in Karlsruhe finden Sie hier
  • Das in der Verhandlung gehaltene Eingangsstatement unseres Vorsitzenden Ulf Buermeyer finden Sie hier

Die am 1. August 2016 in Kraft getretene Novelle des BayVSG gibt dem bayerischen Inlandsgeheimdienst erweiterte Überwachungsbefugnisse, die im Dienste der „Inneren Sicherheit“ noch breiter und tiefer in die Grundrechte der Bevölkerung eingreifen, als dies in den übrigen Verfassungsschutzgesetzen der Länder und des Bundes der Fall ist.

Engagement für die Freiheit braucht einen langen Atem: Unterstützen Sie die GFF mit Ihrer Fördermitgliedschaft!

Wer klagt?

Die Beschwerdeführer sind mehrere Personen, die als Funktionsträger bzw. Mitglieder von im Bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnten Organisationen glaubhaft machen können, Gegenstand der geheimdienstlichen Überwachung zu sein. Zu diesen Organisationen gehört insbesondere der Landesverband Bayern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA).

Einer der Beschwerdeführer ist der Augsburger Oberarzt Dr. Harald Munding, Landessprecher der VVN-BdA. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung bezeichnete er sein langjährige Beobachtung durch den Bayerischen VS als “Stigmatisierung” und die Erwähnung einer Organisation im Verfassungsschutzbericht als “Einschüchterungspolitik, die wirkt”.

Die Verfassungsbeschwerde wurde verfasst von Prof. Dr. Matthias Bäcker (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) und ist seit Ende Juli 2017 beim Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts anhängig (Aktenzeichen: 1 BvR 1619/17). Der Experte im Informationsrecht und Datenschutzrecht arbeitet bereits im “G 10”-Verfahren als Prozessvertreter mit der GFF zusammen.

Wogegen wendet sich die Verfassungsbeschwerde?

Zu den Befugnissen im Bayrischen Verfassungsschutzgesetz (BayVSG), die aus Sicht der GFF unverhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen sind, gehören:

Diese und weitere Maßnahmen greifen unzulässig in mehrere Grundrechte ein, insbesondere in die Menschenwürdegarantie, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Grundrecht auf Gewährleistung der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme (das sogenannte “Computer-Grundrecht”), das Fernmeldegeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Recht auf effektiven Rechtsschutz.

Unterstützen Sie die Arbeit der GFF zum Schutz der Grund- und Menschenrechten!

Verfassungsrechtliche Angriffspunkte

Aus Sicht der GFF sind die angegriffenen gesetzlichen Befugnisnormen aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich unhaltbar. Der in Deutschland präzedenzlose Zugriff eines Geheimdienstes auf die bei den Providern gespeicherten Telekommunikations-Vorratsdaten verstößt bereits gegen Bundesrecht. Denn nach § 113c Abs. 1 Nr. 2 Telekommunikationsgesetz (TKG) dürfen die „Vorratsdaten“ nur an eine „Gefahrenabwehrbehörde“ eines Landes übermittelt werden. Ein Inlandsgeheimdienst ist aber gerade getrennt von der Polizei und eben keine Gefahrenabwehrbehörde. Die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten ist eine Lehre aus dem Nationalsozialismus.

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Hinzu kommt, dass etwa beim „Großen Lauschangriff“ eine automatisierte Dauerüberwachung ermöglicht wird. Das Bundesverfassungsgericht fordert hier aber eine hinreichende Sicherung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung – diese fehlt hier völlig. Auch die verfassungsrechtlich gebotenen Schutzregeln zugunsten von Berufsgeheimnisträgern wie Ärztinnen oder Rechtsanwälten fehlen im BayVSG für die meisten Überwachungsmaßnahmen. Teils unterscheiden sie unzulässig zwischen Strafverteidigern und sonstigen Rechtsanwälten und Rechtswanwältinnen.Das Gesetz stellt außerdem vielfach keine Voraussetzungen für den Datenzugriff auf. Damit fehlt es an einer Garantie dafür,  dass die Überwachungsmaßnahmen nicht schon aus viel zu geringem Anlass selbst gegen selbst unbeteiligte Kontaktpersonen eingesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht verlangt für personengerichtete Überwachungsbefugnisse, dass die gesetzliche Grundlage einen hinreichend gewichtigen Anlass für die jeweilige Maßnahme klar regelt  und dass die betroffene Zielperson in einem hinreichenden Näheverhältnis zu dem Anlass der Maßnahme steht. Verfassungsrechtlich unzulässig sind damit geheimdienstliche Überwachungsmaßnahmen, die schon vor jeder konkretisierten Gefahrenlage und / oder gegenüber Nichtverantwortlichen tief in Freiheitsrechte eingreifen. Diesen Anforderungen genügen viele der neuen Befugnisse im BayVSG nicht: Sie ermöglichen stattdessen schon bei diffusen Bedrohungslage eine breit gestreute Überwachung, die auch völlig Unverdächtige betrifft.

Bei verdeckten Überwachungsmaßnahmen wie dem Einsatz von V-Leuten sieht das BayVSG keine Vorabkontrolle durch eine unabhängige Stelle vor. Auch werden die von der geheimdienstlichen Überwachung betroffenen Personen nachträglich nicht ausreichend benachrichtigt, ihr eigener Auskunftsanspruch ist übermäßig stark beschränkt. Ohne Transparenz wird aber ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz unmöglich gemacht; damit können Grundrechte im Einzelfall nicht wirksam durchgesetzt werden. Viel zu weit geht schließlich die Befugnis des Bayerischen Verfassungsschutzes, erhobene Daten an in- und ausländische öffentliche Stellen oder an nicht-öffentliche Stellen weiterzugeben.

Konsequenzen des Verfahrens

Dieses Verfahren um das BayVSG hat aus Sicht der GFF Signalwirkung: Zum Schutz der Grundrechte gilt zu verhindern, dass sich die übrigen Verfassungsschutzämter ein Beispiel am „Vorreiter“ Bayern nehmen.

Auch über den geheimdienstlichen Bereich hinaus ist es der GFF wichtig, gegen verfassungsrechtliche zweifelhafte Freiheitseingriffe nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in den Ländern vorzugehen.

Spenden und Fördermitgliedschaften für die GFF ermöglichen unsere Unterstützung und Beratung bei diesem Verfahren. Unsere Arbeitet kostet Geld. Freiheit und Gerechtigkeit brauchen viele Freundinnen und Freunde – unterstützen Sie die GFF!

Hier finden Sie die Beschwerdeschrift der GFF.

Photo credit: “Kopfhörer” by JouWatch auf Flickr (CC BY-SA 2.0

Pressemitteilungen

Weitere Informationen

Medienberichte (ausgewählt):

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Nach dem Fest-der Rest

Erstellt von Redaktion am 19. Dezember 2021

Alträcherin im Regierungsviertel

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Von Mark-Stefan Tietze

Was macht Angela Merkel jetzt eigentlich? Und wer ist diese maskierte Ninja-Kämpferin aus der Uckermark, die nachts in Berlin unterwegs ist?

Es war alles wunderbar und ein ganz fantastisches Ablenkungsmanöver, dachte Angela Merkel belustigt, während der Wurfstern ihre Hand mit Schwung verließ und im Licht der Abendsonne zitternd in der Holzwand steckenblieb – genau dort, wo sie mit Kreide ein Herz in den Umriss einer Person gemalt hatte. Zack! Typisch Altkanzlerin.

Als solche hatte sich Angela Merkel tatsächlich selbst zu bezeichnen vorgenommen, also tatsächlich als „die Altkanzlerin“, die jetzt triumphal die Faust gen Himmel schwang, als in ihrer Vorstellung einer ihrer ältesten Feinde gurgelnd sein Leben aushauchte. Haha, nein, nicht Söder; der war noch lange nicht dran!

Diese Altkanzlerin würde sich jederzeit hinter der öffentlichen Figur Merkel verschanzen können, dachte Merkel listig, während sie das scharfe Metall vorsichtig aus dem Holz zog. Und diese Altkanzlerin würde viel Zeit hier in Hohenwalde verbringen, in ihrer Datsche in der Uckermark, ihrer gottverlassenen alten Heimat, wo sie aus Sicherheitsgründen polizeilich abgeschirmt und beim Üben mit dem Wurfstern nahezu unsichtbar war. Merkel winkte ihrem Fahrer. Vielleicht könnte sie mit ihm jetzt kurz mal Verfolgungsjagd üben?

Auf dem Heimweg nach Berlin grinste Merkel im Fond ihrer Dienstkarosse vergnügt in sich hinein, während der Mann am Steuer überholte, was nur ging, und die Reifen quietschen ließ, wo es nur ging. Anlässlich der Amtsübergabe an ihren drögen Nachfolger Olaf Scholz vor Tagen hatte sie noch betont harmlos erzählt, als Kanzlerin habe sie morgens beim Aufstehen nie gewusst, was bis zum Abend alles passiert sein würde.

Für all die Leute hatte sie so getan, als ob sie nun in einen langweiligen und durchgeplanten Ruhestand gehen würde, aber Scholz hatte beinahe einen Herzinfarkt bekommen. Hehe! Mochte die Welt ruhig denken, dass sie sich von nun an in einer täglichen Routine aus Kuchenbacken, Eintopfkochen und Wohltätigkeitsanlässen bewegen würde und das Wochenende für Wanderungen und chemisch-physikalische Experimente mit ihrem Gatten Joachim zur Verfügung hätte. O, wie würde sie alle täuschen!

Die Politpensionärin würde ganz sicher kein stilles Dasein fristen

Merkel keckerte laut los und löste ihren Sicherheitsgurt, damit sie bei den gewagten Überholvorgängen des Fahrers tüchtig auf der Rückbank hin- und hergeschleudert würde. Hui! Haha! Die Altkanzlerin dachte gar nicht daran, als Politpensionärin ein stilles Dasein zu fristen. Was sie sich dagegen viel eher vorstellen konnte: Ihre Fähigkeiten in der edlen Ninja-Kunst des Wurfstern-Werfens zu vervollkommnen. Mit guter Vorbereitung und ein bisschen Glück würde sie es bis zur Superheldin bringen und eines Tages eine wichtige Rolle im Marvel Cinematic Universe spielen!

Mütterchen Uckermark.JPG

Mütterchen gemacht  aus Holz – was solls ? Die Stasi passt auf ihre Denkmale auf,

Denn das war Merkels große Sehnsucht. Auch wenn es später wieder niemand glauben würde, da man sich bei ihr ja mit einer Handvoll Klischees zufriedengab: Kohls Mädchen, die Raute, der Hosenanzug, „Wir schaffen das“. Im Juli hatte sie in Washington verkündet, nach dem Ende ihrer Regierungszeit eine Pause einlegen und über ihre Interessen nachdenken zu wollen. Die Trottel hatten ihr alle aus der Hand gefressen, als sie ihren Spruch vom „Lesen, Augenzufallen, Schlafen“ aufgesagt hatte. Hihi! Das war die liebe Merkel, wie sie sich alle Welt wünschte. So süß!

Die Altkanzlerin fletschte die Zähne. Die Leute würden eine andere, getriebenere, rachsüchtigere Merkel kennenlernen, die keine Herabsetzung, keine Demütigung je vergessen hatte; aber halt, Stopp, nein, eben nicht als Merkel, sondern als vielschichtige, dunkle Figur hinter einer Maske, bei der man viele Jahre lang rätseln müsste, wer denn dahinterstecke. Und nur einige Leute würden im Lauf der Zeit hinter das Geheimnis kommen und sogleich als Helfer rekrutiert. Joachim Sauer, der Professor. Peter Altmeier, der Adjutant. Beate Baumann, die Büroleiterin und Freundin …

Quelle          :         TAZ-online        >>>>>         weiterlesen 

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Grafikquelle :

Oben      —       Regierungsviertel Berlin

Verfasser Martin Kirchgessner       /       Quelle   : Berlin      /       Datum    :  8. August 2013, 00:55

Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic Lizenz.

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Unten      —     Mütterchen Uckermark

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Die Grauen Wölfe

Erstellt von Redaktion am 18. Dezember 2021

Petition zum Verbot von Symbolen der Grauen Wölfe

Von Jimmy Bulanik

Aktuell besteht durch den liberalen Tobias Christoph Huch bei der bremische Bürgerschaft eine Petition zum Verbot Symbole der „Grauen Wölfe“. Es handelt sich um eine extrem rechte politische Bewegung mit Bezug zu der Republik Türkei. Deren Inhalte stehen den Nationalsozialisten in nichts nach.

Die „Grauen Wölfe“ werden mit Gruppierungen der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht. So die im Juni 2018 verbotenen „Osmanen Germania BC“, „Turkos MC“, „Turan“. Ferner bestehen organisatorische Bezüge zu „Ülkücü-Spektrum“, islamistischen „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş e.V.“ (IGMG). Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung, 19. Wahlperiode vom 14. Juli 2020 mit der Drucksache 19/21060 hervor.

Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse zu Verbindungen der „Grauen Wölfe“ zu salafistischen oder dschihadistischen Organisationen vor. Einzelne „Ülkücu“ Anhänger sind in Strukturen der Organisierten Kriminalität eingebunden.

Das wofür diese Bewegung steht widerspricht sowohl in der Republik Türkei den Werten des Staatsgründers und ersten Staatspräsidenten, Mustafa Kemal Atatürk, als auch interkontinental den universell humanistischen Werten in den demokratisch verfassten Ländern und Segmente der Zivilgesellschaften. Alle Menschen welche in der Bundesrepublik Deutschland leben, dürfen bis zum 31. Dezember 2021 diese Petition unterzeichnen.

Quelle:

petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsdetails&s=1&c=date_public&d=DESC&b=10&l=10&searchstring=&pID=3750

„All tyranny needs to gain a foothold is for people of good conscience to remain silent.“ Edmund Burke

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Erich Kästner

In der Republik Frankreich sind die Symbole der „Grauen Wölfe“ bereits verboten. Auch in Österreich sind die Symbole der „Grauen Wölfe“ bereits verboten. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es parlamentarische Bestrebungen die Symbole der „Grauen Wölfe“ ebenfalls zu verbieten.

Es gibt keine gute Modalität der Menschenfeindlichkeit
Diese Verantwortung obliegt jetzt der neu eingesetzten Bundesregierung unter dem Bundeskanzler, Olaf Scholz.

Respektive dieser Petition:

Wortlaut wie eingereicht:

Der Innensenator des Landes Bremen wolle beschließen:

1. Es ist mit sofortiger Wirkung verboten und innerhalb des Bundeslandes Bremen untersagt, Symbole der faschistischen Gruppierung „Graue Wölfe (Bozkurt)“ in der Öffentlichkeit (auch unter Zuhilfenahme elektronischer Kommunikationsmittel) darzustellen, zur Schau zu stellen, zu tragen oder zu verbreiten.

2. Als Symbole sind auch Abzeichen, Embleme, Handzeichen und Gesten anzusehen. Konkret betrifft dies die gezeigten Symbole, Handzeichen und Abzeichen der Organisation „Graue Wölfe (Bozkurt)“ sowie ihrer Tarnorganisationen. Namentlich: Wolfsgruß mit der Hand, Wolfskopfflagge, brüllender Wolf im Halbmond, TURK-Runen (Köl Türk/Göktürk), drei Halbmonde.

3. Von dem Verwendungsverbot sollen auch grafisch veränderte Darstellungen der bezeichneten Symbole (insbesondere farbliche Abweichungen) erfasst werden.

Das Verbot solle durch den Bremischen Innensenator in Entsprechung zu geltenden Strafvorschriften bezüglich anderer verbotener verfassungswidriger Organisationen im Wege der Rechtsverordnung durchgesetzt werden. Die analogen Strafbestimmungen sollten denen der jeweiligen Verbotsregelungen entsprechen, etwa im Fall von Rockergruppierungen wie den „Hell’s Angels“.

Diese könnten in etwa wie folgt lauten:

„Wer die verbotenen Abzeichen, Embleme und Gesten der „Grauen Wölfe (Bozkurt)“ zur Schau stellt, trägt oder verbreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, mit Geldstrafe bis zu 4.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu bestrafen. Wer bereits einmal rechtskräftig nach dieser Bestimmung bestraft wurde, ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.“

Begründung:

Die Symbole der Grauen Wölfe

(Selbstbezeichnung: „Bozkurtlar“) stehen für eine faschistische, ultranationalistische und gewaltverherrlichende Ideologie, die auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschlands und des Bundeslandes Bremen keine Daseinsberechtigung haben darf. Der türkische Rechtsextremismus stellt eine Gefahr für die innere Sicherheit dar. Die Grauen Wölfe folgen einer Weltanschauung, die im Widerspruch zur Bremischen Landesverfassung sowie zum Grundgesetz steht. Ihre Selbstbezeichnung als “Ülkücüler“ („Idealisten“) kaschiert einen Fanatismus, der versucht, insbesondere durch Einwirkung auf türkische und türkischstämmige Mitbürger an politischem Einfluss zu gewinnen, um auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland antisemitische, armienier- und kurdenfeindliche Stereotypen zu verbreiten. Die Terminologie der „Idealisierung“ bezieht sich hierbei insbesondere auf die türkische Nation und islamistische Werte, die gegenüber westlichen Wertvorstellungen als überlegen angesehen werden. Die Ülkücüler- (Idealisten)-Ideologie zielt mit ihren „rassisch“, kulturell und teils auch strengreligiös-islamistisch geprägten Zielen und Überlegenheitsvorstellungen auf eine bewusste Beeinflussung der türkischen Diaspora in Deutschland ab, die sie in einem türkisch-nationalistischen und islamistischen Geist zu indoktrinieren versucht, und wirbt für deren Unterstützung an der Wahlurne.

Die Grauen Wölfe entstanden in den 1960er-Jahren als militanter Arm der rechtsextremen türkischen Partei MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung, die heute in der Türkei mit der AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan koaliert). Ihre ersten Mitglieder wurden in Trainingslagern paramilitärisch ausgebildet, um sie zunächst gegen politische Gegner aus dem linken Spektrum im Straßenkampf einzusetzen. Geschützt durch das im Jahr 1971 von einer nationalistischen türkischen Regierung verhängte Kriegsrecht und mit verdeckter Behördenunterstützung wandten sie –zunehmend dann auch mit Ablegern im Ausland – konspirative bis terroristische Methoden an. Seit Ende der 1960er Jahre werden den Grauen Wölfen bis zu 5.000 Morde und hunderte Anschläge – darunter unter anderem eine Beteiligung am Attentatsversuch auf Papst Johannes Paul II im Jahr 1981 – angelastet.

Neben einem türkisch-nationalistischen und islamistischen Extremismus vertreten die „Bozkurtlar“ einen Rassismus, in dessen Mittelpunkt die „Überlegenheit der türkischen Rasse“ und Betonung eines angeblich alle Turkvölker verbindenden „göttlichen“ Elements steht. Politisch strebt die Bewegung die Errichtung einer „Großtürkei“ in den Grenzen des Osmanischen Reichs an und fordert die „Wiedervereinigung“ aller Turkvölker vom Balkan bis Zentralasien in einem Staat. Bezogen auf die innenpolitische Situation in der Bundesrepublik sind die Handlungen der Grauen Wölfe explizit antiintegrativ und auf eine kulturelle und politische Verbundenheit der hier lebenden Türken, Deutschtürken und türkischstämmigen Deutschen mit der „alten Heimat“ ausgerichtet. Die Grauen Wölfe versuchen so, die Loyalität des Bevölkerungsanteils mit türkischem Migrationshintergrund nicht gegenüber der Bundesrepublik, sondern zum türkischen Erdogan-Regime zu stärken und sie so als „fünfte Kolonne“ zu einem politischen Machtinstrument der Regierung in Ankara zu machen, quasi als Außenposten der eigentlichen türkischen Heimat in einem Fremdstaat.

Auf dem Boden der Bundesrepublik treten die Grauen Wölfe unter der Tarnorganisation „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V.“ (ADÜTDF) auf. Bei diesen „Idealistenvereinen“, von denen rund 170 Lokalableger in Deutschland existieren, handelt es sich um die inoffizielle Vertretung der türkischen nationalistischen Partei MHP in Deutschland. Gegründet wurde die ADÜTDF im Jahr 1978; sie ist auch unter der Bezeichnung „Türk Federasyon“ bekannt ist. Oft wird sie aber auch als Alias für die Grauen Wölfe verwendet. Laut Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg umfasst das aktive Umfeld dieser Szene etwa 11.000 Personen. Der Sozialwissenschaftler Kemal Bozay, Autor einer umfangreichen Studie zum türkischen Rechtsextremismus in Deutschland, die im Auftrag des AKC Berlin Ramer Institute erstellt wurde, schätzt ihre Zahl sogar auf 18.500.

Damit wären die Grauen Wölfe eine der stärksten rechtsextremen Strömungen hierzulande und zahlenmäßig rund mehr als dreimal so groß wie aktuell die NPD. Der Bundesverfassungsschutzbericht 2019 stellt über die Grauen Wölfe fest: „Die unterschiedlichen Ausprägungen reichen von klassischem Rassismus bis hin in den Randbereich des Islamismus“.

In Bremen wird die Zahl der aktiven Grauen Wölfe – ungeachtet eines womöglich größeren Dunkelfeldes – auf 200 Personen geschätzt, die zumeist unter dem Deckmantel von Kulturvereinen oder Clubs in Erscheinung treten. So organisiert der ADÜTDF auch in Bremen regelmäßig „Feste“, bei denen jedoch nach Einschätzung des Verfassungsschutzes die ideologische Ausrichtung und Verbreitung des Gedankenguts allgegenwärtig und spürbar ist.

Wie überall in Deutschland, ist auch in der Hansestadt seit dem Jahr 2000 eine vergleichsweise junge neue Organisationsform innerhalb von Jugendgruppen zu beobachten: Türkische ultra-nationalistische Vereine im Rockermilieu sorgten vor allem in den letzten Jahren vermehrt für öffentliches Aufsehen. Ein bekanntes Beispiel war der – inzwischen durch das Bundesinnenministerium verbotene – sogenannte „Boxclub“ „Osmanen Germania“. Dieser wurde 2015 in Deutschland als türkisch-nationalistische Rockergruppe gegründet wurde und versuchte bereits im Namen eine Assoziation zwischen türkischer Nation und Machtanspruch herzustellen. In seinen Internetbotschaften ging es zumeist um Begrifflichkeiten wie Macht, Blut, Nation, Ehre und Gewalt. Nach eigenen Angaben hatten die Osmanen Germania in Deutschland über rund 2.500 (von weltweit 3.500) Mitgliedern. Auch in Bremen waren sie, wenn auch in unbekannter Personenzahl, aktiv. Wiederholt betätigten sich die Anhänger der Osmanen Germania als Ordner auf Demonstrationen der Grauen Wölfe sowie als „Security“ auf Pro-Erdoğan-Demonstrationen.

Ob bei „Kulturfesten“ der ADÜTDF oder unter der Maskerade von Sportvereinen oder Motorclubs: Bei allen Veranstaltungen und Zusammenkünften der Grauen Wölfe wurden und werden ihre Symbole zur Schau gestellt und ganz ungeniert gezeigt. Dies dient zum einen, wie in allen geschlossenen Vereinigungen, als Ausdruck eines Zusammengehörigkeitsgefühls. Mit Blick auf die weltanschaulich-politische Ausrichtung der „Bozkurtlar“ sind sie jedoch auch eindeutig als Botschaften der Bedrohung und Einschüchterung von Außenstehenden und Feinden zu verstehen. Dies umso mehr, als sich die Mitglieder der Organisation zunehmend auch im öffentlichen Raum durch Handzeichen, Kutten und Abzeichen auf Fahrzeugen zu erkennen geben.

Insbesondere betrifft dies den „Wolfsgruß“, der in Deutschland zwar bislang nicht unter die Bestimmungen der §§86a oder 130 Strafgesetzbuch fallen, jedoch als aggressive Geste kaum zu missverstehen ist. Er geht, wie die ebenfalls häufig gebrauchte Darstellung des grauen Wolfes (wörtlich „Bozkurt“, eigentlich ein Symbol aus vorislamischer Zeit), auf die gewalttätigen Anhänger der ersten ultranationalistischen Partei der Türkei Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Daneben finden auch noch sogenannte Orchon- oder Turk-Runen aus Zentralasien als Symbole Verwendung. Auch das historische Siegel des Osmanischen Reiches oder einzelne Elemente daraus erfreuen sich bei den türkischen Rechtsextremisten einer konstanten Beliebtheit, um damit an Ruhm und die lange vergangene Größe der eigenen Nation zu erinnern.

Die Verwendung der vorgenannten und abgebildeten Symbole durch bekennende und/oder aktive „Bozkurtlar“ stellt, insbesondere für die große kurdische Diaspora und kurdische Gemeine auf bremischem Staatsgebiet, eine erhebliche Bedrohung, eine permanente Provokation und -mit Blick auf das leidvolle Schicksal ihres Volkes in der modernen Türkei –eine andauernde Schmähung dar. Angesichts des zunehmend selbstbewussteren und militanteren Auftretens von Grauen Wölfen im öffentlichen Raum sieht sich kurdisches Leben in Bremen zunehmend bedroht und gefährdet. Durch das damit einhergehend wachsende Konfliktpotential steigt das öffentliche Sicherheitsrisiko auf ein innenpolitisch alarmierendes Niveau.

Im Kontext ihrer Verwendung bei antikurdischen Kundgebungen, bei gewaltsamen Ausschreitungen und während militanter Selbstinszenierungen stehen die vorgenannten Symbole der Grauen Wölfe für eine eindeutig gewaltverherrlichende und verfassungsfeindliche Ideologie. Sie sind geeignet, Hass zu transportieren, und richten sich explizit gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Sie fordern die verfassungsmäßige Grundordnung heraus und gefährden die innere Sicherheit. Da sie in einer wieder zunehmend türkisch-nationalistisch orientierten Jugendkultur in der Bundesrepublik verstärkte Popularität erfahren, immer wieder aufgegriffen werden und beispielsweise auf diversen Bildern, in Rap-Videos, in den sozialen Medien oder im realen Leben (etwa auf Kleidungsstücken, Schmuckstücken und Aufklebern) Verbreitung finden, bedarf es dringend eines robusten und entschlossenen staatlichen Handelns.

Die Organe des Rechtsstaates stehen deshalb gerade in Bremen in der Pflicht, dieser Entwicklung entschlossen entgegenzutreten. Das Verbot der in den Abbildungen gezeigten Symbole der Grauen Wölfe wäre ein geeignetes und überfälliges Signal des Rechtsstaats, der gewaltverherrlichenden, verschwörungsaffinen und menschenverachtenden Ideologie der Grauen Wölfe entgegenzutreten und deren Präsenz im öffentlichen Raum zumindest einzuschränken. Auf diese Weise wird ein konkreter Beitrag zum friedlichen interkulturellen Zusammenleben geleistet.

Als rechtliches Instrument kommt hierbei das Zweite Gesetz zur Änderung des Vereinsgesetzes (VereinsG) vom 10. März 2017 (BGBl I S. 419) in Betracht, mit dem der Gesetzgeber das Verbot der Verwendung von Kennzeichen in § 9 Abs. 3 VereinsG sowie die damit verbundene Strafnorm in § 20 Abs. 1 Satz 2 VereinsG dahingehend verändert hat, dass auf diese Weise insbesondere Vereinigungen im Bereich der kriminellen Rockergruppierungen bekämpft werden können. Dies schließt die effektive Verbannung von deren Kennzeichen aus der Öffentlichkeit ein (vgl. BTDrucks 18/9758, S. 7).

Wünschenswert wäre prinzipiell auch ein Verbot der Ülkücüler-Bewegung und ihrer untergeordneten Organisationen insgesamt, wie es in Deutschland seit Jahrzehnten gefordert wird; bislang erwies sich dieses aber als politisch nicht durchsetzbar. 2020 kam dann, im europäischen Kontext, eine neue und konkrete Initiative für ein Verbot und die Auflösung der Grauen Wölfe – und zwar von der französischen Regierung, in Reaktion auf das Schüren von Diskriminierung und Hass der Grauen Wölfe auch im Nachbarland gegen kurdische und armenische Aktivistengruppen; eine Gefahr, die übrigens hinsichtlich der großen Zahl hier lebender Kurden auch in Deutschland akut ist. Im November 2020 stimmte der Deutsche Bundestag dann unter dem Motto „Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten – Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen“ einem parteiübergreifenden Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zu, in dem die konsequente Bekämpfung aller Formen von Rechtsextremismus in Deutschland gefordert wird. Hervorgehoben wurde hierin insbesondere der immer stärker werdende Einfluss der Ülkücü-Bewegung, die in den letzten Jahren sowohl in der Türkei als auch in Deutschland und Europa durch ihr militantes und gewaltbereites Auftreten für besonderes Aufsehen gesorgt habe.

Gefordert wird in dem angenommenen Antrag – neben einer Reihe weiterer Maßnahmen -insbesondere auch die Prüfung eines Verbots aller Vereine der Ülkücü-Bewegung in Deutschland, um allen menschenverachten den und demokratiefeindlichen Einstellungen entgegenzutreten. Dies schließt konkludent auch die Grauen Wölfe ein.

Doch auch wenn sich der Bund diesbezüglich noch zu keiner Verbotsentscheidung durchringen konnten, so wäre ein Verbot zumindest der Symbole der Grauen Wölfe auf dem Boden des Landes Bremen eine deutliche Botschaft, gerade an die vielen in Bremen lebenden Kurden und an andere von der türkischen Regierung verfolgte Gruppen – und eine deutliche Kampfansage des freiheitlichen Rechtsstaats. Dieses würde zudem an die Entschließung des Deutschen Bundestages vor einem Jahr inhaltlich anknüpfen.

Ich erwarte, dass Senat und Bremische Bürgerschaft ihre zivilgesellschaftliche und rechtsstaatliche Pflicht wahrnehmen und das überfällige Verbot der Symbole der Grauen Wölfe schnellstens umsetzen.

Namentlich: Wolfsgruß mit der Hand, Wolfskopfflagge, brüllender Wolf im Halbmond, TURK-Runen (Köl Türk/Göktürk), drei Halbmonde

Jimmy Bulanik

Nützliche Links im Internet:

Graue Wölfe – Pluspedia

de.pluspedia.org/wiki/Graue_W%C3%B6lfe

Partei der Nationalistischen Bewegung – Wikipedia

de.wikipedia.org/wiki/Milliyet%C3%A7i_Hareket_Partisi

Deutscher Bundestag

dserver.bundestag.de/btd/19/210/1921060.pdf

Wahltrends und aktuelle Sonntagsfragen für die Republik Türkei

politpro.eu/de/tuerkei

Oben        —  Konkurrenzverhalten mit Drohgebärden wie gesträubtem Fell, gekräuselter Schnauze, Blecken der Eckzähne und aufgerichtetem Schwanz (Wölfe im Parc Omega, Quebec, Kanada).

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Unten       —   Die Symbole der Grauen Wölfe auf einem Auto in München, 2019

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Analyse der Coronaproteste

Erstellt von Redaktion am 17. Dezember 2021

Virus gegen Geschichtsbewusstsein

Verschwörungsprotest Berlin 2021-04-21 21.jpg

Verschwörungstheoretiker haben noch keine Kriege vom Zaun gebrochen – das haben Politiker und Religionen immer unter sich ausgemacht.

Von Micha Brumlik

Die Pandemie verwirrt den Sinn für Geschichte. Das zumindest lassen die Coronaproteste vermuten. Sie zeigen auch schräge Allianzen.

Die jüngsten Berichte bestätigen es: Spätestens seit den Mord­drohungen gegen die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping sowie den Ministerpräsidenten von Sachsen, Michael Kretschmer, ist es unübersehbar, dass die Szene der Impfgegner sich zu einer in der Geschichte der Bundesrepublik bisher unbekannten rechtsradikalen Massenbewegung entwickelt. Das ist verwunderlich, weil die Impfgegnerinnen einem ganz anderen Milieu entstammten. So jedenfalls die von Oliver Nachtwey und Nadine Frei erstellte empirische Untersuchung „Quellen des Querdenkertums. Eine politische Soziologie der Corona-Proteste in Baden-Württemberg“.

Dieser nicht streng repräsentativen, aber auf einer zureichenden Fülle von Interviews beruhenden Studie ist zu entnehmen, dass die typischen QuerdenkerInnen gerade keine abgehängten, politisch eher rechts eingestellten Provinzler sind. Im Gegenteil, die Studie ergab, dass es sich um den Idealtyp der grünen Wählerin handelte: in aller Regel um eher weibliche, höher gebildete, der gehobenen Mittelschicht zugehörige Personen.

Zudem wurden vier mögliche Herkunftsmilieus dieses Personenkreises untersucht: 1. das Alternativmilieu, 2. das anthroposophische Milieu, 3. das christlich-evangelikale Milieu sowie 4. das bürgerliche Protestmilieu, das in den Auseinandersetzungen um „Stuttgart 21“ führend war. Tatsächlich gab es kaum Überschneidungen mit dem evangelikalen beziehungsweise dem bürgerlichen Protestmilieu, nein, die meisten Befragten ordneten sich dem alternativen oder anthroposophischen Milieu zu.

Gleichwohl habe man – so Oliver Nachtwey bei der Vorstellung der Studie – eher vernünftige Personen erreicht und keine harten Verschwörungstheoretiker oder gar Reichsbürger. Vor allem aber seien im Südwesten doppelt so viele ehemalige Grünen- und Linke-Wähler unter den Protestlern als im Osten, wo – zum Beispiel in Sachsen – die Proteste stärker von der extremen Rechten und deutlich weniger esoterisch geprägt seien.

Linke und rechte Eckpunkte

Nun fragt sich, ob man es hier mit Phänomenen zu tun hat, die sich am besten mit der von Politologen gering geschätzten Hufeisentheorie erklären lassen: einer Theorie, die die politische Landschaft nicht als horizontale Gerade, sondern als hufeisenförmig darstellt: ein unvollständiger Kreis mit einander naheliegenden rechten und linken Endpunkten. Aber sogar, wenn diese Theorie zu schlicht ist, bleibt dennoch die Frage, warum in der Impfgegnerschaft Menschen und Milieus zusammenfinden, die ansonsten weiter entfernt nicht sein könnten.

Manfred Kriener hat in der taz vom 13. 12. darauf hingewiesen, dass Epidemien seit jeher Verschwörungstheorien und Antisemitismus provoziert haben – wie der tschechische Historiker František Graus mit seiner bereits 1994 erschienenen Studie „Pest, Geißler, Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit“ penibel belegt hat.

File:Bundesarchiv Bild 183-H08449, Quedlinburg, Heinrichs-Feier, Heinrich Himmler.jpg

Mit  Fahnen, Fackeln und Uniformen im Geleit, erinnert Politik an ihre tolle Vergangenheit ?

Und tatsächlich ist die Szene der Impfgegner und Querdenker – auch dort, wo sie nicht der extremen Rechten zuzurechnen ist – keineswegs frei von Antisemitismus. So berichtet der Direktor der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel: „In ein Seminar mit 30 von mir geschätzten Teilnehmern kam ein Student sichtlich aufgebracht. Ihn störte die Uni-Regel mit zwei Bändchen, einem für 3G und einem weiteren, länger gültigen für Studierende, die freiwillig mehr Angaben machen. Das Bändchen sei ‚wie der Judenstern in der Nazizeit‘. Es ist etwas anderes, ob das jemand denkt oder das selbstsicher vor einer Gruppe ausspricht. Das hatte ich noch nicht erlebt.“

Andere – nicht zuletzt junge, gebildete Frauen – verweigerten die Impfung und verglichen sich sogar mit Anne Frank oder Sophie Scholl. Tatsächlich belegen diese anekdotischen Mitteilungen die Stimmigkeit der Untersuchung von Oliver Nachtwey. Ist doch nicht davon auszu­gehen, dass sich Reichsbürger und Neonazis mit Anne Frank oder Sophie Scholl vergleichen.

Judenhass als Chiffre für alle Übel der Welt

Die empirische Forschung zum Geschichtsbewusstein hat gezeigt, dass die in einer Bevölkerung vorhandene Erinnerung an historische Ereignisse in dem Ausmaß schwindet, in dem das Ereignis weiter zurückliegt. So auch die deutsche Erinnerung an Nationalsozialismus und Judenmord, die ohnehin frühestens mit dem Frankfurter Auschwitzprozess in den 1960er Jahren begann.

Quelle         :         TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —     Protest von Verschwörungsgläubigen gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes während der Abstimmung im Bundestag am 21. März 2021. Die Kundegebung wurde wegen Missachtung der Hygieneregeln aufgelöst, woraufhin versucht wurde an das Brandenburg Tor zu gelangen und den Tiergarten zu besetzen.

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Alle für Julian Assange!

Erstellt von Redaktion am 15. Dezember 2021

Angriff auf die Meinungsfreiheit: Lasst die Anklagen gegen Julian Assange fallen!

Reporters Sans Frontières manifeste à Londres en Soutien de Julian Assange.jpg

Von Jimmy Bulanik

action.amnesty.at

Schütz das Recht auf freie Meinungsäußerung!

Die Behörden in den USA müssen alle Anklagepunkte gegen Julian Assange fallen lassen, die sich auf seine seine Arbeit mit Wikileaks beziehen. Die USA haben Assange jahrelang unnachgiebig verfolgt – das ist ein Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung!

Am 4. Januar 2021 hat ein Londonder Gericht den Auslieferungsantrag der USA zurückgewiesen. Doch die USA verlangen weiterhin seine Auslieferung und werden das Urteil anfechten. Julian Assange ist weiterhin im Gefängnis und in Gefahr. Die USA verfolgen ihn, weil er auf seiner Plattform Wikileaks Dokumente veröffentlicht hat. Diese zeigen möglicherweise Kriegsverbrechen, die das US-Militär begangen hat.

Die aktuellen Vorwürfe gegen Assange beziehen sich ausschließlich auf die Veröffentlichung offengelegter Dokumente im Rahmen seiner Arbeit mit Wikileaks – Aktivitäten, die per se nicht unter Strafe gestellt werden dürfen!

In den USA könnte Assange Folter drohen

Amnesty International lehnt eine Auslieferung – und jede andere Form der Überstellung – von Julian Assange an die USA entschieden ab. Denn dort besteht die Gefahr, dass Assanges Menschenrechte schwer verletzt werden – ihm drohen u. a. Folter und andere Misshandlungen wie etwa längere Einzelhaft.

Assange war das Ziel einer negativen öffentlichen Kampagne von US-Beamt*innen auf höchster Ebene. Dadurch wurde sein Recht auf Unschuldsvermutung untergraben. Ihm könnte ein unfairer Prozess drohen.

Julian Assanges Veröffentlichung interner US-Regierungsdokumente auf Wikileaks darf nicht bestraft werden. Das ist investigativer Journalismus. Eine strafrechtliche Verfolgung von Julian Assange könnte andere Journalist*innen abschrecken, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen.

Fordern wir jetzt gemeinsam: Alle Anklagepunkte, die dem Auslieferungsersuchen der USA zugrunde liegen, müssen fallen gelassen werden, um die unverzügliche Freilassung von Julian Assange zu ermöglichen.

Fordere jetzt vom US-Justizminister: Lassen Sie alle Anklagepunkte, die dem Auslieferungsersuchen der USA zugrunde liegen, fallen, um die unverzügliche Freilassung von Julian Assange zu ermöglichen! Das Recht auf Meinungsfreiheit muss geschützt werden!

Nützlicher Link im Internet:

Ein lyrisch zusammengereimtes gleichwohl humoristisches Lied:

Oktoberklub – Lied vom CIA

www.youtube.com/watch?v=tLEEthZeH0s

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Grafikquellen          :

Bild aufgenommen, als Assange in London mit einem Auslieferungsersuchen konfrontiert war

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Briefmarathon 2021

Erstellt von Redaktion am 12. Dezember 2021

Schreib für die Freiheit beim Amnesty –

Ballonrennen. - Flickr - Elsie esq.. jpg

Von:  Jimmy Bulanik

Es geht los: vom 26.11. bis 22.12. kannst du dich hier wieder für 10 Menschen in Not und Gefahr einsetzen!

Wie? Schreibe E-Mails an Regierungen gemeinsam mit Tausenden anderen Menschen auf der ganzen Welt: Eine einzelne Mail kann ungelesen im Spam-Ordner landen, aber Tausende Nachrichten, die die Einhaltung der Menschenrechte fordern, lassen sich nicht ignorieren!

www.amnesty.de/schreib-fuer-freiheit-briefmarathon-2021

Das sind die Online-Aktionen dieser Kampagne:

China: Zhang Zhan ist in Lebensgefahr

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet. Von oberen Rand in der Mitte verläuft ein dicker roter Balken, der schräg nach links verläuft. Er wird von einem anderen Balken gekreuzt der aus einem Foto-Ausschnitt besteht mit Personen mit Schutzanzügen. Über dem Hintergrund ist mittig das Porträt von einer Frau. Sie schaut Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links steht „Zhang Zhan frei- lassen!“ auf drei grünen, blauen

Schreibe dem chinesischen Präsidenten: Fordere ihn auf, Zhang Zhan umgehend und bedingungslos freizulassen.

Appell Text

Sehr geehrter Herr Präsident,

Zhang Zhan zeichnet sich durch den Mut investigativer Journalist_innen aus, die die Mächtigen mit der Wahrheit konfrontieren. Bürgerjournalist_innen wie sie boten als einzige unzensierte, unabhängige Informationen aus erster Hand über den Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Trotz ständiger Schikanen und Repressionen veröffentlichten sie Berichte in den sozialen Medien und im Internet. Doch anstatt sie dafür zu loben, wurde Zhang Zhan zu vier Jahren Haft verurteilt, dabei hat sie nur über das berichtet, was sie in Wuhan sah. Wenn die chinesischen Behörden Covid-19 wirklich ernsthaft bekämpfen und ähnliche Ausbrüche in Zukunft verhindern wollen, müssen sie die Zensur stoppen und das Recht auf freie Meinungsäußerung respektieren.

Ich fordere Sie deshalb auf, Zhang Zhan unverzüglich und bedingungslos freizulassen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Zhang Zhans Leben ist in Gefahr. Die Bürgerjournalistin führt ihren eingeschränkten Hungerstreik aus Protest gegen ihre Inhaftierung fort. Sie wiegt weniger als 40 kg und schwebt in akuter Lebensgefahr. Die Sorge ihrer Familie, dass sie diesen Winter nicht überlebt, nimmt täglich zu. Am 14. Oktober erfuhren ihre Angehörigen durch einen Videoanruf, dass Zhang Zhan erneut zwangsernährt wurde. Sie war elf Tage lang gefesselt, um so zu verhindern, dass sie ihre Ernährungssonde entfernt. Diese Maßnahme verstößt gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Formen der Misshandlung in Haft.

Die chinesische Regierung muss Zhang Zhan unverzüglich freilassen, damit sie ihren Teil-Hungerstreik beenden und eine angemessene medizinische Behandlung erhalten kann. Diese benötigt sie dringend, um am Leben zu bleiben.

Als im Februar 2020 das Corona-Virus in Wuhan wütet, ist die Bürgerjournalistin eine der wenigen unabhängigen Stimmen, die von dort berichten. Für diese Berichterstattung ist sie zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Um gegen das Urteil zu protestieren und zu zeigen, dass sie unschuldig ist, trat Zhang Zhan in einen Hungerstreik.

„Wir sollten die Wahrheit herausfinden – um jeden Preis“, so Zhang Zhan. Im Februar 2020 reist sie nach Wuhan, weil sie unbedingt in Erfahrung bringen möchte, was dort wirklich passiert. Sie veröffentlicht ihre Berichte über die Inhaftierung unabhängiger Reporter_innen und darüber, wie Staatsbedienstete Familienangehörige von Corona-Patient_innen schikanieren, auf Social Media-Plattformen. Im Mai 2020 verschwindet Zhang Zhan in Wuhan. Die chinesischen Behörden bestätigen später, sie sei in Shanghai in Haft. Nachdem sie im Juni 2020 aus Protest gegen ihre Inhaftierung in den Hungerstreik getreten ist, soll sie von Beamt_innen zwangsernährt worden sein. Sie muss Fußfesseln tragen, auch ihre Hände sind mehr als drei Monate pausenlos gefesselt.

Zhang Zhan ist Ende Juli 2021 wegen starker Mangelernährung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Ihr Gewicht liegt unter 40 kg. Die Behörden verweigern ihr Besuche ihrer Familie und den Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl – so bleibt sie dem Risiko weiterer Folter und anderer Misshandlungen ausgesetzt.
Wende dich auch direkt an Zhang Zhan

Schicke ihr eine Botschaft, die ihr zeigt, dass sie nicht allein ist. Du kannst ihr zum Beispiel schreiben:

„Zhang Zhan, Dein unermüdlicher Einsatz für die Wahrheit ist für viele Menschen eine Inspiration. Wir werden Dich weiterhin unterstützen und freuen uns auf den Tag, an dem Du Deine Freiheit zurückerhältst. Verliere nicht die Hoffnung!“

Schicke Deine Nachricht an: Zhang Zhan, No 1601, Zhangjing Road, Sijing Zhen, Songjiang Qu, Shanghai 201601, Volksrepublik China. (Amnesty International solltest Du auf keinen Fall erwähnen. Das erhöht die Chancen, dass Zhang Zhan Deine Nachricht erhält.)

In den sozialen Medien kannst Du folgende Hashtags benutzen: #ZhangZhan, #FreeZhangzhan
Twitterstorm für Zhang Zhan aus China am 29. November

Die Lage der chinesischen Journalistin Zhang Zhan ist sehr kritisch. Sie befindet sich im Hungerstreik, um gegen ihre Verurteilung zu vier Jahren Haft zu protestieren. Da sie in Lebensgefahr schwebt, möchten wir mit einem Tweetstorm Druck machen. Macht mit! Grafiken könnt ihr auch hier herunterladen.

Am 29.11. von 10-11 Uhr unter dem Hashtag #ZhangZhan. Taggt @HeikoMaas, @ABaerbock, @OlafScholz!

So könnte der Tweet aussehen:

Die Journalistin #ZhangZhan ist in Lebensgefahr! Für ihre Corona-Berichterstattung wurde sie in #China inhaftiert. Aus Protest ist sie im Hungerstreik. Bitte setzen Sie sich für ihre Freilassung ein: @HeikoMaas, @ABaerbock, @OlafScholz!

>> amnesty.de/zhang-zhan #W4R21

Thailand: Lebenslänglich für friedlichen Protest

Im Hintergrund der Collage ist ein Muster schwarz auf weiß angedeutet. Oben Mitte rechts ist ein orangener Halbkreis. Unten befindet sich von links in Richtung Mitte der Ausschnitt eines Fotos von Quietsche-Enten. Unten rechts ist ein dreieckiger Ausschnitt eines Fotos von einem Turm. Über dem Hintergrund ist mittig das Porträt von einer Frau. Sie schaut Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links steht „Anklagen gegen Rung fallen lassen!“ auf drei blauen und roten

Lies hier den vollständigen Petitionstext

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Rung Panasuya ist eine erfolgreiche Studentin, die sich wie viele andere junge Menschen an friedlichen Demonstrationen der thailändischen Demokratiebewegung beteiligt hat. Sie setzen sich für eine Gesellschaft ein, in der Anliegen der Öffent­lichkeit gehört und aufgegriffen werden, anstatt sie totzuschweigen. Weil Rung es wagte, öffentlich und friedlich Veränderungen zu fordern, ist sie nun mit zahlreichen Anklagen konfrontiert, die eine lebenslängliche Haftstrafe nach sich ziehen könnten. Die thailändischen Behörden sollten die Bevölkerung ermutigen und in die Lage versetzen, ihre Menschenrechte frei ausüben zu können – dazu zählt auch das Recht auf friedlichen Protest.

Aachener Rathaus.JPG

Ich fordere Sie daher dringend auf, alle Anklagen gegen Rung fallen zu lassen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Panusaya Sithijirawattanakul, genannt Rung, ist die Stimme der Student_innenproteste in Thailand. Nachdem sie öffent­lich soziale Verbesserungen sowie politische Reformen gefordert hat, droht ihr lebenslängliche Haft.

„Bescheiden und still“ sei sie gewesen, sagt die Studentin der Soziologie und Ethnologie Rung. Heute ist sie eine Wort­führerin der thailändischen Demokratiebewegung: Nachdem sie 2020 das ganze Jahr über mutig an Protesten für soziale und politische Reformen teilgenommen hatte, forderte sie im August 2020 bei einer Kundgebung Gleichheit und Meinungs­freiheit.

Im März 2021 ist sie von der thailändischen Polizei festge­nommen worden. Sie kam für 60 Tage in Haft und infizierte sich dort mit dem Coronavirus. Weil die Behörden ihre Anträge auf Freilassung gegen Kaution sechsmal ablehnten, trat Rung in einen 38­-tägigen Hungerstreik. Am 30. April kam sie auf freien Fuß.

Doch die Behörden haben Dutzende Anklagen gegen Rung erhoben. Sollte Rung schuldig gesprochen werden, droht ihr eine lebenslängliche Haft.

Wende dich auch direkt an Rung!

Schicke ihr eine Botschaft der Solidarität und Hoffnung. Füge ein gemaltes Bild oder ein Foto eines Regenbogens bei, denn ihr Name bedeutet Regenbogen. Schicke Deine Botschaft per Post an:

Amnesty International Thailand 139/21, Soi Lat Phrao 5, Chom Phon, Chatuchak, Bangkok 10900, Thailand

Verbreite sie auch in den sozialen Medien:

Facebook: www.facebook.com/panusaya.sithijirawattanakul

Twitter: @PanusayaS

Instagram: @overttherainbow

Mexiko: Auf Demonstration für Frauenrechte angeschossen

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet. Im rechten Bildabschnitt befindet sich das Porträt einer Frau und eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo oben rechts. Unten vor der Frau ist der Ausschnitt eines Fotos mit Demonstrierenden. Links oben steht „Gerechtigkeit für Wendy! auf einem roten und grünen Balken.

Appell Text

Sehr geehrter Herr Staatsanwalt,

Wendy Galarza ist Aktivistin für Frauenrechte und setzt sich als Erzieherin leidenschaftlich für Kinder ein. Mit ihrer Arbeit will sie zu einer humaneren Gesellschaft beitragen. In einem Umfeld, in dem Frauen oft nur deshalb misshandelt und getötet werden, weil sie Frauen sind, ist dieses Anliegen besonders wichtig. Am 9. November 2020 kostete diese Gewalt beinahe Wendy selbst das Leben.

Sie nahm an einer feministischen Demonstration in Cancún teil, bei der die Polizei Schüsse abgab und Wendy verwundet wurde. Sie erstattete Strafanzeige gegen die Polizei, doch die Verantwortlichen sind nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Beweisen Sie Wendy, dass Sie den Kampf gegen Gewalt an Frauen ernst nehmen.

Ich bitte Sie, die Menschenrechtsverletzungen, die Wendy erlitten hat, zügig, unparteiisch und gründlich zu untersuchen und sicherzustellen, dass die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Wendy Galarza ist Aktivistin für Frauenrechte. In Mexiko werden Frauen oft nur deshalb diskriminiert, angegriffen und getötet, weil sie Frauen sind. Weil Wendy diese Gewalt anprangerte, hat sie selbst beinahe ihr Leben verloren.

Am 9. November 2020 beteiligte sich Wendy an einer Demon­stration, die feministische Gruppen in Cancún organisiert hatten. Sie protestierten gegen den Femizid (Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts) an einer Frau namens Alexis und forderten Gerechtigkeit. Als einige der Demonstrierenden damit begannen, Absperrungen aus Holz niederzureißen und anzuzünden, schoss die Polizei zunächst in die Luft. Nach Angaben einiger Protestierender schoss sie später auch in die Menge. Die Polizei schlug mit Schlag­stöcken auf Wendy und ihren Begleiter ein. Später stellte Wendy fest, dass sie Schusswunden am Bein und im Unterleib hatte.

Zwei Tage später erstattete sie Strafanzeige gegen die Polizei. Sie beantragte außerdem, dass der Angriff auf sie als versuchter Femizid untersucht wird. Die Untersuchung dauert noch immer an – diejenigen, die für Wendys Schussverletzungen verantwortlich sind, wurden bisher nicht vor Gericht gestellt.

Doch Wendy gibt nicht auf: „Ich werde nicht zulassen, dass der 9. November vergessen wird“, sagt sie. „Ich werde weiter meine Stimme erheben und die Menschenrechte verteidigen – meine und die derjenigen, die mit mir diesen Kampf führen.“

Schreib Wendy direkt!

Zeige Dich solidarisch mit ihr und schreibe ihr, dass Du ihren Einsatz für Frauenrechte sehr bewunderst und ihren Kampf um Gerechtigkeit unterstützt.

Verbreite Deine Botschaft auf Twitter.

Erwähne dabei @ShoutForWendy und nutze die Hashtags #ShoutForWendy und #GritoPorWendy. Fotos handschriftlicher Botschaften sind persönlicher und eignen sich noch besser dafür, Wendy zu stärken.

Eritrea: 15-Jährige verschleppt und verschwunden

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet, mit einem transparenten lilanen Balken im oberen Bildabschnitt. Mitte-rechts befindet sich das Porträt einer Jungendlichen, das in ein Foto mit Vögeln und Sonnenuntergang übergeht, getrennt durch eine gelb-gestrichelter Linie. Sie schaut Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links steht „Ciham freilassen!“ auf einem roten und einem blauen Balken.

Lies hier den vollständigen Petitionstext

Sehr geehrter Herr Außenminister Blinken,

Ciham Ali ist eine US-Bürgerin, die in Los Angeles geboren und in Eritrea aufgewachsen ist. Sie wird seit dem 8. Dezember 2012 vermisst. Die Jugendliche ist im Alter von 15 Jahren an der eritreischen Grenze festgenommen worden. Es handelte sich mutmaßlich um eine Vergeltungsaktion, die sich gegen ihren Vater Ali Abdu richtete, der einen Putschversuch gegen die eritreische Regierung unterstützt haben soll.

Inzwischen sind neun Jahre vergangen – und von Ciham fehlt noch immer jede Spur. Eritrea ist dafür bekannt, Menschen in unterirdischen Frachtcontainern zu inhaftieren, in denen sie gefoltert, ausgehungert oder sogar getötet werden. Die US-Regierung muss umgehend handeln.

Bitte machen Sie Ihren Einfluss geltend und fordern Sie die eritreischen Behörden auf, Ciham sofort und bedingungslos freizulassen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Ciham Ali ist 15 Jahre alt, als sie im Dezember 2012 bei einem Fluchtversuch an der Grenze zum Sudan von den eritreischen Behörden fest genommen wird. Seitdem hat sie niemand mehr gesehen oder gesprochen. Seit neun Jahren weiß nicht einmal ihre Familie, wo Ciham ist, wie es ihr geht, ob sie noch lebt.

Eritrea ist dafür bekannt, Menschen in unter irdischen Fracht ­containern zu inhaftieren, in denen sie extremer Hitze und Kälte ausgesetzt sind. Es gibt Berichte darüber, dass viele Menschen in diesen Gefängnissen an Folter, Hunger, Infektionen und den furchtbaren Bedingungen sterben.

Ciham war ein Fan von Lady Gaga und Green Day. Ihr großer Traum: Modedesignerin werden. Doch während andere Jugend­liche in ihrem Alter zur Schule gingen, ließen die eritreischen Behörden Ciham verschwinden. Vermutlich handelte es sich um eine Vergeltungsaktion, die sich gegen ihren Vater richtete.

Cihams Vater Ali Abdu war Informationsminister in Eritrea und hatte sich kurz vor ihrer Festnahme ins Exil abgesetzt. Der eritreische Präsident Isaias Afwerki beschuldigte ihn der Unterstützung eines Militärputschversuchs. Obwohl Ciham neben der eritreischen auch die US­-Staatsbürgerschaft besitzt, hat sich die US­-Regierung bisher nicht um ihr Verschwinden gekümmert. Dabei hätte sie die Möglichkeit, auf die eritreischen Behörden einzuwirken.

Wende dich auch direkt an Cihams Familie!

Für den Jahrestag des Verschwindens von Ciham Ali ist ein weltweiter Twitterstorm an @SecBlinken geplant, denn sie besitzt die eritreische und amerikanische Staatsbürgerschaft. Bitte beteilige dich und fordere ihn auf, sich für Cihams Freilassung einzusetzen. Motiviere auch Familie, Freund_innen und Bekannte zur Teilnahme.

Auch bei Instagram kannst du mitmachen. Gemeinsam malen wir die Welt in Cihams Lieblingsfarbe Lila an. Mach ein Foto von dir, auf dem du ein Kleidungsstück in Lila trägst oder verwende das lila Herz-Emoji für einen Post. Verwende den Hashtag #Purple4Ciham und markiere Secretary Blinken (@SecBlinken).

So könnten Tweets aussehen:

Lila ist Ciham Ali Ahmeds Lieblingsfarbe: Ich zeige Solidarität mit Ciham. Mit 15 wurde sie in Eritrea inhaftiert. Seit 2012 weiß niemand etwas über ihren Verbleib. @SecBlinken – jetzt handeln.

#FreeCiham #Purple4Ciham (Link einfügen)

Oder:

Macht mit bei der 2012 Challenge für Ciham aus #Eritrea:

1. Teile ein Foto von dir in diesem Jahr und 2012

2. Schreib auf, was du seit 2012 gemacht hast

3. Tagge @SecBlinken & nutze #FreeCiham #Purple4Ciham 💜

➡️ (Link einfügen)

Guatemala: Im Gefängnis, weil er einen heiligen Fluss schützt

Lies hier den vollständigen Petitionstext

Sehr geehrte Frau Generalstaatsanwältin,

Bernardo Caal Xol setzt sich für die Rechte der Maya Q’eqchi’ ein. Er und die indigene Bevölkerungsgruppe sind ein lebendiger Teil des guatemaltekischen Erbes. Sie schützen auf friedliche Weise das Land und das Wasser und die umgebenden Ökosysteme, welche Guatemala so einmalig machen.

Die Regierung hat die Errichtung von zwei Wasserkraftwerken auf dem Gebiet der indigenen Gemeinden genehmigt, ohne zuvor deren Zustimmung einzuholen. Die Kraftwerke sind ein Fremdkörper in der Landschaft, sie unterbrechen den Fluss Cahabón, der den Q’echi’ als heilig gilt und zerstören die indigene Lebensweise.

Bernardo Caal Xol setzt sich dafür ein, das Land und das Wasser für künftige Generationen zu erhalten. Er wurde jedoch mit haltlosen Vorwürfen überzogen und auf der Basis konstruierter Anklagepunkte zu mehr als sieben Jahren Haft verurteilt.

Ich bitte Sie dringend, alle Anklagen gegen Bernardo Caal Xol fallen zu lassen und ihn umgehend freizulassen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Bernardo Caal Xol ist Lehrer, Gewerkschafter und Menschenrechtsverteidiger. Weil er sich für die Rechte der indigenen Maya Q’eqchi’ in Guatemala einsetzt, ist er auf Grund lage konstruierter Anklagen zu mehr als sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Der Cahabón, einer der längsten Flüsse Guatemalas, liegt im Gebiet der indigenen Gemeinschaft der Q’eqchi’ und gilt ihnen als heilig. Als die Regierung einem Unternehmen die Erlaubnis erteilte, den Fluss aufzustauen und zwei Wasser­kraftwerke zu bauen, begannen Bernardo Caal Xol und die Q’eqchi’ Widerstand zu leisten.

Für den Bau der Kraftwerke werden nicht nur ihre Wälder abgeholzt – sie verlieren auch das Wasser, das unabdingbar ist für ihr Überleben. Die betroffenen Q’eqchi‘-Gemeinden waren in den Ent­scheidungsprozess nicht einbezogen, obwohl Guatemala dazu völkerrechtlich verpflichtet ist. Deshalb forderte Bernardo im Namen von 56 Q’eqchi-Gemeinden, die Projekte zu stoppen.

Damit machte er sich bei dem Unter nehmen genauso unbeliebt wie bei den wirtschaftlichen und politi schen Eliten Guatemalas, die die Vorhaben unterstützen. Nach Verleumdungskampagnen in mehreren Medien nahmen die Behörden Bernardo Caal Xol fest und verurteilten ihn im November 2018 zu sieben Jahren und vier Monaten Haft auf Grundlage konstruierter Anklagen. „Warum bin ich im Gefängnis?“, fragt Bernardo. „Weil ich das, was sie unseren Flüssen antun, angeprangert und das bisschen verteidigt habe, was noch übrig geblieben ist.“

Wende dich auch direkt an Bernardo!

Schicke ihm eine Botschaft der Hoffnung und Solidarität, damit er erfährt, dass er in seinem Kampf zum Schutz des indigenen Landes nicht allein ist. Schicke Deine Nachricht an Amnesty in Mexiko, wir leiten sie dann weiter:

Oficina Regional de Amnistía Internacional

Bernardo Caal Xol

Luz Saviñón 519

Colonia del Valle

Alcaldía Benito Juárez

067100 Ciudad de México

Mexiko

Richte sie auch an

Twitter: @BernardoCaal2

Facebook: @bernardo caal xol

E-Mail: hrdamericas@amnesty.org
Schon dabei

Ägypten: Im Gefängnis weil er Menschenrechte verteidigt

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet, wieso Fotos einer Stadt. In der Mitte befindet sich das Porträt eines Mannes, der Richtung Betrachter_in schaut. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links oben steht „Mohamed freilassen!“ auf einem roten und blauen Balken.

Appell Text

Sehr geehrter Herr Präsident,

Mohamed al-Baqer hat als Menschenrechtsanwalt Personen unterstützt, die seine Hilfe besonders nötig hatten: benachteiligte Menschen, die ungerechtfertigt inhaftiert waren. Nun befindet er sich selbst auf Grundlage haltloser Anschuldigungen in Haft.

Man wirft ihm fälschlicherweise Terrorismus vor, hat ihn nie vor ein Gericht gestellt, sondern stattdessen ins Gefängnis geworfen. Dort halten ihn die Behörden rund um die Uhr in seiner Zelle fest und verweigern ihm grausamerweise ein Bett, eine Matratze, Bücher, Zeitungen und selbst Familienfotos. Die Freiheit anderer Menschen zu verteidigen, darf nicht dazu führen, die eigene Freiheit zu verlieren.

Ich bitte Sie dringend, Mohamed al-Baqer umgehend und bedingungslos freizulassen und jegliche Ermittlungen bezüglich der erfundenen Anschuldigungen gegen ihn einzustellen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Mohamed al-Baqer ist Anwalt. Er vertritt Menschen, die in Ägypten besonders stark benachteiligt werden oder zu Unrecht im Gefängnis sitzen. Wegen seiner Arbeit als Menschenrechtsanwalt halten die Behörden ihn willkürlich und ohne Verfahren unter Haftbedingungen fest, die gegen das absolute Verbot von Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung verstoßen.

„Zum ersten Mal bin ich in der Rolle des Opfers statt in der des Menschenrechtsverteidigers, der die Opfer unterstützt…“, sagt Mohamed al-Baqer. Seine Inhaftierung steht im Zusammenhang mit der größten Festnahmewelle seit dem Amtsantritt von Präsident Abdel Fattah al-Sisi: Seit September 2019 sind mehr als 3.900 Menschen festgenommen worden.

Die ägyptischen Behörden werfen Mohamed al-Baqer die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation“ sowie die „Teilnahme an einer kriminellen Vereinigung zur Begehung eines terroristischen Verbrechens“ vor. Er ist in einer engen stinkenden Zelle ohne Bett oder Matratze eingesperrt. Ihm werden Familienfotos, der Hofgang, warmes Wasser und der Zugang zu Büchern und Zeitungen verwehrt. Er wird in Haft bedroht und beleidigt. Selbst seinen im Sterben liegenden Vater durfte er nicht noch einmal sehen und auch nicht an seiner Beerdigung teilnehmen.

Doch Mohamed al-Baqer gibt die Hoffnung nicht auf: „Eines Tages werden wir unsere Arbeit fortsetzen, um eine freie Gesellschaft zu schaffen“, sagt er. Unterstütze ihn, damit dieser Tag bald kommt.

Setze dich auch in den sozialen Medien für Mohamed ein!

Verbreite eine Nachricht der Freundschaft und Solidarität mit Mohamed auf Twitter oder Facebook. Nutze dabei die Hashtags: #Free_Baker und

Du kannst ihn auch durch das Folgen oder Liken dieser Accounts unterstützen:

Twitter: @FreeBaker2

Facebook: @freebaker
Schon dabei

Belarus: Polizei misshandelt Jugendlichen

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet, mit einem Foto einer Winterlandschaft unten rechts. IMitte-links befindet sich das Porträt eines Jugendlichen, ausgeschnitten mit gelb-gestrichelter Umrandung Er schaut Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Rechts steht „Mikita freilassen!“ auf einem grünen und einem roten und Balken.

Appell Text

Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt,

Mikita Zalatarou wartete am 10. August 2020 auf einem Platz in Homel auf einen Freund, als er in eine Menschenmenge von Demonstrierenden geriet. Am nächsten Tag nahm die Polizei den 16-Jährigen, der unter Epilepsie leidet, fest und beschuldigte ihn, einen Molotowcocktail geworfen zu haben. Im Polizeigewahrsam wurde Mikita geschlagen, mit einer Elektroschockwaffe traktiert und verhört, ohne dass ein Rechtsbeistand oder Elternteil anwesend waren. Dann musste er ein halbes Jahr in Haft verbringen, bevor er vor Gericht gestellt wurde. Obwohl keinerlei Beweise dafür vorlagen, dass Mikita an Gewalt beteiligt war, wurde er schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Ich bitte Sie, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, damit Mikita freigelassen wird und ein faires Verfahren erhält, das die internationalen rechtlichen Standards für Minderjährige erfüllt.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Mikita Zalatarou ist 16 Jahre alt, als die Polizei ihn fest­nimmt, schlägt und mit einer Elektroschockwaffe traktiert. Der Vorwurf: Er habe einen Molotowcocktail auf zwei Polizei­kräfte geworfen. Dafür hat ein Gericht ihn zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Mikita hört gern Rap und spielt das Computerspiel Minecraft. Inzwischen ist der heute 17­-Jährige in einer Welt gefangen, die schlimmer ist als die Unterwelt Nether in Minecraft. Nach Angaben seines Vaters begann alles, als Mikita, der unter Epilepsie leidet, am 10. August 2020 auf dem zentra­len Platz der belarussischen Stadt Homel auf einen Freund wartete. Ganz in der Nähe protestierten Menschen weit­gehend friedlich gegen das offizielle Ergebnis der Präsident­schaftswahl. Als die Polizei anrückte, rannten die Menschen davon – auch Mikita.

Am nächsten Tag nahm die Polizei Mikita fest und miss­handelte ihn während des Verhörs, bei dem weder ein Rechtsbeistand noch ein Elternteil anwesend war. Im Zuge der Proteste sind insgesamt mehr als 30.000 Personen willkürlich festgenommen worden; viele berichteten von über­mäßiger Polizeigewalt und Folter.

Im Februar 2021 verurteilte ein Gericht Mikita wegen „Massenaufruhr“ und „Verwendung illegaler Sprengsätze“ zu fünf Jahren Jugendhaft. Fast ein Jahr lang saß Mikita in einem Gefängnis für Erwachsene – teilweise sogar in Isolationshaft – bevor er in die Jugendstrafanstalt überstellt wurde.

Wende dich auch direkt an Mikita

Sende ihm eine Nachricht der Solidarität und Freundschaft. Wenn Du auch gerne Minecraft spielst, dann versuche, in dem Spiel ein Szenario zu schaffen, das Freiheit und Hoffnung zum Ausdruck bringt, drucke es aus und schicke es an ihn:

Educational Colony V.K – 2,

Batova 4, Bobruisk

213800 Mogilevskaya Obl.

Nigeria: Verschleppt und misshandelt, weil er gegen Polizeigewalt demonstrierte

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund ein Raster angedeutet. Oben liegt ein dicker blauer Balken, rechts der Ausschnitt eines Landschaftsfotos. Unten Links ist ein halbkreisförmiger Ausschnitt eines Fotos von einem Mann mit Palme im Hintergrund. Über dem Hintergrund ist mittig das Porträt von dem Mann, der schon im Hintergrund ist. Er schaut Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links steht „Anklagen gegen Imoleayo fallen lassen!“ auf vier

Appell Text

Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt,

Imoleayo Michael ist ein junger Computerprogrammierer, der sich für ein gerechteres Nigeria einsetzt. Im Oktober 2020 nahm er gemeinsam mit anderen jungen Menschen an Protesten gegen die Polizeieinheit Special Anti-Robbery Squad (SARS) teil, die berüchtigt ist für Gewalt, Erpressung und Tötungen.

Zwei Wochen später entführten ihn bewaffnete Männer aus seinem Haus und hielten ihn 41 Tage lang in einer unterirdischen Zelle fest. Jetzt ist er mit konstruierten Anklagen konfrontiert, die zu jahrelanger Haft führen könnten, nur weil er der Meinung ist, dass sich Nigerias Polizei besser um ihre eigentliche Aufgabe kümmern sollte: nämlich den Schutz der Bevölkerung.

Ich fordere Sie daher dringend auf, alle Anklagen gegen Imoleayo umgehend fallen zu lassen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Imoleayo Michael war dabei, als junge Menschen im Oktober 2020 in Abuja gegen Gewalt, Erpressung und Tötungen durch eine Spezialeinheit der Polizei demonstrierten. Weil er sein Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wahrgenommen hat, drohen ihm drei Jahre Haft.

In Nigeria ist die Spezialeinheit gegen Raub unter dem Kürzel SARS bekannt. Die Demonstrationen richteten sich gegen Gewalt, Erpressung und Tötungen durch diese Spezialeinheit der Polizei. Der junge Programmierer Imoleayo Michael unterstützte die Proteste gegen SARS auf Twitter und Facebook mit dem Hashtag #EndSARS. Zwei Wochen später, in der Nacht des 13. November, stürmten 20 bewaffnete Männer das Haus von Imoleayo. Sie schlossen seine Frau, seine Mutter und seinen sieben Monate alten Sohn in ein Zimmer ein und beschlag- nahmten seine Handys und seinen Computer. Dann brachten sie Imoleayo in die Zentrale des Geheimdienstes und hielten ihn dort 41 Tage lang in einer unterirdischen Zelle fest – ohne Kontakt zu einem Rechtsbeistand oder zu seiner Familie. Während dieser Zeit unterzog ihn der Geheimdienst fünf Verhören. Imoleayo war die gesamten 41 Tage lang in Hand- schellen, mit verbundenen Augen an einen Stahlschrank angekettet. Das einzige, was er zu essen bekam, war etwas Brei, der Steine enthielt. Außerdem musste er auf dem blanken Fußboden schlafen und erkrankte an einer Lungenentzündung. Im Dezember 2020 wurde Imoleayo endlich freigelassen.

Doch die Behörden haben konstruierte Anklagen gegen ihn erhoben: Sie werfen ihm vor, er habe „den öffentlichen Frieden gestört“ und sich „mit anderen verschworen, um den öffentlichen Frieden zu stören“.

Wende dich auch direkt an Imoleayo!

Unterstütze ihn mit einer Botschaft der Freundschaft. Fotografiere sie und verbreite sie in den sozialen Medien mit dem Hashtag #FreeImoleAyo.

Richte Deine Botschaft auf Twitter auch an @imoleayomichael und @AmnestyNigeria und auf Facebook an www.facebook.com/adeyeun und an @ainigeria.ND
Schon dabei

Ukraine: In Gefahr, weil sie sich für Frauen und LGBTI einsetzen

Im Hintergrund der Collage sind in schwarz auf weißen Hintergrund mehrere Piktogramme von Briefmarken angedeutet. In der Mitte ragt von oben nach unten ein Dreieck in Pink-Lila. Unten rechts ist im Hintergrund noch eine Regenbogen-Flagge angedeutet. Rechts ist der dreieckige Ausschnitt eines Landschaftsfotos. Über dem Hintergrund ist mittig das Porträt von zwei Personen. Sie schauen Richtung Betrachter_in. Rechts oben ist eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo. Links steht „Angriffe gegen LGBTI+ aufklären!“

Appell Text

Sehr geehrter Herr Innenminister,

die Nichtregierungsorganisation Sphere in Charkiw ist eine der ältesten Organisationen in der Ukraine, die sich für Frauenrechte und für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI) einsetzt. Im ganzen Land gibt es immer mehr Gruppen, die LGBTI angreifen. Auch Sphere hat bereits Dutzende von diskriminierenden Angriffen erlebt – sowohl körperliche Attacken als auch Schäden an Eigentum und homofeindliche Parolen, die Unterstützer_innen nachgeschrien wurden.

Die Ukraine sollte auf ihre jüngsten Fortschritte in Bezug auf LGBTI-Rechte aufbauen und die Straflosigkeit für Hassverbrechen beenden.

Ich möchte Sie dringend bitten, sicherzustellen, dass die Angriffe auf Sphere und die Hassmotive untersucht werden und die dafür Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

Die Organisation Sphere setzt sich für die Rechte von Frauen sowie von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI) ein. Wegen dieser Arbeit ist die Organisation Opfer von fast 30 Angriffen geworden. Die Polizei ermittelt jedoch nur in drei Fällen – bisher ohne Ergebnis.

Was die Rechte von LGBTI angeht, zählt die Ukraine zwar zu den fortschrittlichsten Nachfolgestaaten der Sowjetunion, doch gibt es im ganzen Land immer mehr Gruppen, die LGBTI angreifen. Mitglieder dieser Gruppen lauerten Unterstützer_innen von Sphere Dutzende Male auf und beschimpften sie mit homofeindlichen Parolen. Sie pinkelten gegen die Wand des Sphere-Büros, beschmierten Türgriffe mit Fäkalien und warfen Fensterscheiben ein. Obwohl Anna und Vera von Sphere die Angriffe bei der Polizei anzeigten, ist bislang niemand dafür zur Verantwortung gezogen worden.

2019 organisierte Sphere die erste Pride Parade (Christopher Street Day) in der Stadt Charkiw – eine sehr erfolgreiche Veranstaltung mit etwa 3.000 Teilnehmer_innen. Doch anstatt die Demonstrierenden vor Angriffen zu schützen, beteiligte sich die Polizei daran, homofeindliche Parolen zu skandieren.

Laut Anna und Vera leben die Unterstützer_innen von Sphere in permanenter Angst, weil die Polizei nichts gegen die ständigen Angriffe unternimmt. „Ich möchte, dass diejenigen, die uns angreifen, zur Rechenschaft gezogen werden, wie es das Gesetz vorschreibt“, sagt Anna.

Wende dich auch direkt an Sphere!

Nimm ein Foto auf, das Dich zeigt, wie Du vor einer Sehenswürdigkeit Deiner Stadt ein Schild hältst, das Deine Solidarität mit Sphere zum Ausdruck bringt. Schicke das Foto an:

Sphere, PO Box 10399, Kharkiv, 61005 Ukraine. Verbreite Dein Foto auch in den sozialen Medien und erwähne dabei @spherewa auf Facebook und @KharkivPride auf Twitter und Instagram. Du kannst auch Deinen Namen und Deinen Wohnort auf eine Regenbogenflagge schreiben und sie per Post an Sphere schicken. Sie können damit dann ihre Räume schmücken.
Lovestorm für die NGO Sphere am 20. Dezember

Zeig der NGO Sphere in der Ukraine deine Solidarität und beteilige dich am Lovestorm: Poste ein Foto oder Video von dir und deinen Freund_innen mit deinem/eurem schönsten Pride-Outfits und/oder der Regenbogenflagge mit eurer Soli-Botschaft direkt an Sphere. Die Aktion soll vor allem auf Instagram stattfinden. Markiert uns (@amnestydeutschland) und SPHERE (@KharkivPride). Natürlich kannst du auch twittern oder bei Facebook posten.

Alternativ hast du z.B. die Möglichkeit, über Twitter direkt Druck auf den ukrainischen Innenminister (@MVS_UA) auszuüben. Fordert: „Schutz für Sphere!“

So könnte dein Tweet aussehen:

Keinen Platz für Hassverbrechen gegen #LGBTI in der #Ukraine! @MVS_UA wir fordern Sie dazu auf, sicherzustellen, dass die Verantwortlichen für die Angriffe gegen Sphere zur Rechenschaft gezogen werden. #hatecrime #IStandWithSphere @KharkivPride

(Link einfügen)

Israel/OPT: Todesdrohungen, weil sie Gewalt dokumentiert

Im Hintergrund der Collage ist in schwarz auf weißen Hintergrund eine Landkarte angedeutet, wieso Fotos von Siedlungen. Im rechten Bildabschnitt befindet sich das Porträt einer Frau und eine gelbe Briefmarke mit Amnesty-Logo oben rechts. Links oben steht „Janna vor Diskriminierung schützen!“ auf roten, blauen und grünen Balken.

Appell Text

Sehr geehrtes Mitglied der Knesset,

Janna Jihad wünscht sich eine ganz normale Jugend. Doch die 15-Jährige lebt in dem von Israel besetzten Westjordanland, wo systematische Diskriminierung und Unterdrückung Alltag sind. Nachdem die israelische Armee Jannas Onkel vor ihren Augen tötete, begann sie, sich als Bürgerjournalistin zu betätigen. Sie dokumentiert die Unterdrückung und Gewalt der israelischen Armee gegenüber der palästinensischen Bevölkerung, einschließlich der Minderjährigen, die regelmäßig zu Todesopfern führt. Israel hat zwar das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes unterzeichnet, die Schutzmaßnahmen gelten bisher aber nicht für die palästinensischen Kinder und Jugendlichen im Westjordanland. Weil Janna weiterhin engagierten Journalismus betreibt, wird sie schikaniert und mit dem Tode bedroht.

Ich fordere Sie auf, die Diskriminierung von Janna zu beenden und Ihre Verpflichtungen gemäß dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes zu erfüllen, indem sie Janna und andere palästinensische Minderjährige schützen.

Hochachtungsvoll,
Hintergrundinformationen

„Ich möchte so leben wie alle anderen Jugendlichen auch“, sagt Janna Jihad. Die 15-Jährige berichtet mit journalistischen Mitteln über ihren Alltag im Westjordanland, das von Israel besetzt ist. Wegen dieser Arbeit wird Janna schikaniert und erhält sogar Todesdrohungen.

Ballons place de Jaude.JPG

Als Janna sieben Jahre alt ist, tötet die israelische Armee ihren Onkel. Etwa zu dieser Zeit beginnt sie ihre Arbeit als Reporterin: Mit einem Handy zeichnet Janna Repressionen auf, Tötungen und Kollektivstrafen, die sie und ihre Gemeinschaft erleben. Über ihre Social Media-Kanäle zeigt sie der Welt, wie das Leben in den besetzten Gebieten ist.

Kinder und Jugendliche sind besonders hart betroffen – viele werden traumatisiert oder sogar getötet. Die israelischen Sicherheitskräfte führen zum Beispiel nächtliche Razzien durch, setzen willkürlich Waffen wie Tränengas ein, zerstören Wohnhäuser und Schulen und schlagen Proteste von Palästinenser_innen nieder, die für ihre Rechte auf die Straße gehen. Unter den Palästinenser_innen, die festgenommen und vor Militärgerichte gestellt werden, sind regelmäßig Kinder und Jugendliche. Denn für palästinensische Kinder und Erwachsene wird das drakonische Militärrecht angewandt.

„Ich möchte in meinem Heimatland Freiheit erleben. Ich möchte Gerechtigkeit, Frieden und Gleichberechtigung erleben und nicht mehr systematischem Rassismus ausgesetzt sein“, sagt Janna. Du kannst ihr helfen, dieses Ziel zu erreichen.

Wende dich auch direkt an Janna!

Schicke ihr eine Botschaft der Solidarität und Hoffnung. Fotografiere Deine Nachricht und poste sie auf Jannas Facebook-Seite: www.facebook.com/Janna.Jihad

Schicke sie auch an folgende Adresse: Amnesty International, 6 Ibn Jubair Street, Shiekh Jarrah, PO BOX 42626 Jerusalem, Israel

Oben        —     Sieht nach einem guten sauberen Start aus.

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2.) von Oben        —     Tag der Begegnung zwischen Gerhard Schröder und Jacques Chirac in Aachen. Ballons fliegen vor dem Rathaus.

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Über Care-Tätigkeiten

Erstellt von Redaktion am 7. Dezember 2021

Geschlechterverhältnis und Stellenwert von Care-Tätigkeiten in der Gesellschaft

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Meinhard Creydt

Auch eine Kritik an feministischen Missverständnissen

Von der Qualität von Care-Tätigkeiten für Kinder, Kranke und Senioren hängt viel ab. In der modernen und kapitalistischen Gesellschaft kommt ihnen jedoch ein nachgeordneter Stellenwert zu. Spezialisierung und Zweck-Mittel-Rationalität haben in modernen Betrieben und Organisationen Priorität. Klar bezifferbare Leistung und Produktivitätssteigerung sowie die Verlagerung von Kompetenzen in Maschinen und Apparate stehen im Mittelpunkt. Care-Tätigkeiten vertragen sich schlecht mit der effizienten Bearbeitung von Objekten und der sachlichen Distanz zu ihnen. Kein Wunder, dass bei diesen Maßstäben das Sich-Kümmern um Kinder, ihre Erziehung durch ihre Eltern sowie die Betreuung kranker Angehöriger oder Freunde ins Hintertreffen geraten.

Eine andere Ursache für die Nachrangigkeit von Care-Tätigkeit ist der Vergleich, in den sie durch die kapitalistische Ökonomie eingestellt wird. Arbeit, die Mehrwert schafft, bildet hier den herrschenden Maßstab. Für die Verwertungserfordernisse der Kapitale stellen viele gesellschaftliche Bereiche (Bildung, Gesundheit) zwar notwendige Bedingungen dar. Sie ermöglichen aber nur ausnahmsweise (Privatkliniken, Privatschulen) profitables Geschäft. Meistens werden sie öffentlich finanziert aus Steuereinnahmen und erfordern also kostspielige Abzüge zulasten der profitablen Wirtschaft. An ihnen gilt es dann so weit wie möglich zu sparen. Die schlechten Arbeitsbedingungen (Personalschlüssel in Kliniken, Klassengröße in Schulen) bilden eine Konsequenz.

Insofern, jedenfalls bislang, faktisch vor allem Frauen kleine Kinder umsorgen, wirkt sich das nachteilig auf ihre Stellung im kapitalistischen Erwerbsleben aus. „Solange das Erwerbsleben zugeschnitten ist auf den Vollzeiterwerbstätigen, der weitestgehend frei von Familienverpflichtungen dem Betrieb mit ganzer Arbeitskraft zur Verfügung steht, werden Personen, die dies nicht können oder nicht wollen oder von denen nur erwartet wird, dass dies irgendwann der Fall sein könnte, Nachteile im Beruf in Kauf nehmen müssen“ (Krombholz 1991, 226).

Bei Schwangerschaft ist eine neue Arbeitskraft zu suchen und einzuarbeiten. Kleine Kinder sind für Krankheiten anfällig. Arbeitskollegen haben dann Mehrarbeit zu leisten.„Eben mal“ Überstunden oder eine plötzlich anberaumte Zusatzarbeit sind für Mütter häufig nicht möglich. Bei ihnen können leichter Störungen des effizient geregelten Arbeitstages anfallen, wenn der Kindergarten plötzlich anruft, weil das Kind fiebert, oder wenn die Tagesmutter überraschend absagt. Mütter kleiner Kinder unterliegen Einschränkungen in der Verfügung über ihre Arbeitskraft. Frauen stellen insofern ein „unternehmerisches Risiko“ dar, solange sie gebärfähig sind. Auch Frauen, die sich aktuell keine Kinder wünschen, könnten es sich ja noch anders überlegen. Die Einstellungskriterien beziehen sich auf Maßstäbe, die nicht daraus resultieren, dass die Unternehmer Männer sind. Auch Unternehmerinnen müssen so handeln, um ihr Kapital zu erhalten, und das heißt, es zu vermehren.

Nachteile für diejenigen, die Care-Tätigkeiten ausüben

Wenn jemand unter den gegebenen Bedingungen bei der Versorgung des Nachwuchses die Arbeit aufgibt, dann eher die Person, die weniger an Einkommen nach Hause bringt. Frauen haben durch Unterbrechung ihrer Erwerbsbiographie infolge von Schwangerschaft erstens durchschnittlich geringere Chancen zum Aufstieg in Betrieben bzw. Organisationen. Ein Kreislauf bildet sich heraus, in dem die Nachteile, die Frauen mit Kindern in der Erwerbsarbeit haben, diese Frauen in die innerfamiliäre Arbeit drängen.

Zweitens existiert eine geschlechtsspezifische Unterteilung des Arbeitsmarkts. Männer bilden eine winzige Minderheit unter Sprechstundenhilfen und eine kleine Minderheit unter Erziehern und Krankenpflegepersonal. Frauen sind unter Mechanikern, Elektrikern und Ingenieuren selten. Frauen wählen im Durchschnitt faktisch eher Arbeitsstellen, die schlechter bezahlt sind. Hinzu kommen als sekundäre Ursachen für die Ungleichheit der Arbeitseinkommen, dass die Tätigkeiten eher in Klein- als Großbetrieben erbracht werden, der gewerkschaftliche Organisationsgrad dort gering ist und es entsprechend schwer fällt, kollektiv für die eigenen Interessen einzutreten.

Auch der Altersunterschied zwischen Partnern in einer gemischtgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft spielt eine Rolle. Immerhin bei 23,7% betrug im Jahre 2019 in Deutschland der Unterschied 4-7 Jahre, bei 14,2% 7-11 Jahre.1 Und dann heißt es leicht: „Alle Frauen, die ich kenne, die Kinder bekommen, kommen gar nicht mehr auf die Idee, dass die Erziehung und Arbeit auf beide verteilt werden könnte. Denn immer verdienen die Männer mehr (weil sie meistens vier, fünf Jahre älter sind, das ist in dem Alter entscheidend), oder weil sie besser bezahlte Berufe haben“ (Faller 2006).

Für die moderne und kapitalistische Gesellschaft ist die Unterordnung der selbst nicht an Kapitalverwertung orientierten Bedingungen der Mehrwertproduktion unter ihre Imperative charakteristisch. Um ein Resultat von Frauenfeindlichkeit oder „Männerherrschaft“ handelt es sich dabei nicht. Wir haben es vielmehr mit indirekten Konsequenzen zu tun, die aus den allgemein geltenden Maßstäben des Geschäfts- und Erwerbslebens resultieren. Wirkungen mit Zwecken zu verwechseln ist ein Fehler.2

Der „unökonomische“ und „ineffiziente“ Anteil von Care-Tätigkeiten und Arbeiten in der Familie

Die in der eigenen Familie erbrachte Hausarbeit, die Erziehung und Care-Tätigkeiten unterscheiden sich nicht nur von Arbeit in modernen Betrieben und Organisationen mit ihren Maßstäben der Effizienz und der Zweck-Mittel-Rationalität, sondern auch von mehrwertproduktiver Arbeit. „Die Trennung Arbeit/Hobby/Freizeit lässt sich bei der Hausarbeit nicht per definitionem lösen. So ist Kochen mit Sicherheit Hausarbeit, Wäsche waschen auch; aber wie ist das mit einem Pullover für den Mann stricken, einen schönen Blumenstrauß hinstellen, mit den Kindern spielen?– die Grenzen sind flüssig. […] ‚Verzettelung’“ muss „als wesentliches Merkmal der Hausarbeit“ gelten, insofern „ständig kurzfristig die Tätigkeiten gewechselt werden und, auf der andern Seite, auch häufig verschiedene Tätigkeiten gleichzeitig verrichtet werden. (Die Frau übt beim Abwasch mit dem Kind ein Diktat.)“ (Keil 1978, 97f.). „Das Umfeld kann gestaltet werden, äußerlich, akustisch. Pausen können individuell genommen und gestaltet werden. Solche Privilegien sind in Betriebshierarchien erst auf einer hohen Ebene möglich. Und ein Teil der zu leistenden Arbeit kann auch noch lustbetont sein: ‚die verspielten, verschmusten, verplemperten Nachmittage zusammen mit dem Kind’ (Dilloo 1992)“ (Stach 1993, 268). „Familienarbeit bedeutet die Gestaltung eines vielschichtigen, in der Realität eben nicht quantifizierbaren Prozesses“ (Gesterkamp, Schnack 1998, 138).

In den Diensten der Frau innerhalb der Familie oder Paarbeziehung wird keine Ware erzeugt, die die Frau infolge ihrer Hausarbeit oder ihrer emotionale Unterstützung auf den Markt bringt. Anders verhält es sich dort, wo Personen Dienstleistungen (als Reinigungskraft, als Koch, als Pflegekraft) auf dem Markt anbieten und diese Offerten auf zahlungsfähige Nachfrage nach ihnen treffen. Die Arbeit, die unter Voraussetzung der kapitalistischen Marktwirtschaft, als Dienst einer Person für eine andere Person innerhalb einer Paarbeziehung oder einer Familie geleistet wird, „ist ökonomisch wertlos, da ihr Gebrauchswert, der ja, von der Nützlichkeit […] her betrachtet, ohne Zweifel ein außerordentlich großer ist, auf dem Markt nicht gefragt ist und von daher auch keinen Tauschwert besitzt. Für die Logik des Kapitals, die Gebrauchswerte nur als Träger von Wert kennt, liegt nichts Widersprüchliches darin, dass die für die gesellschaftliche Lebenserhaltung ganz unentbehrliche, nützliche Arbeit der Kinderaufzucht wertlos ist, während für die Existenz der Gesellschaft überflüssige und schädliche Gebrauchswerte Profit versprechen und daher produziert werden“ (Müller 1976, 22). Die in der kapitalistischen Marktwirtschaft gegebene ökonomische Wertlosigkeit sowohl von Diensten im eigenen Haushalt als auch von der Erziehung von eigenen Kindern stellt keinen Verstoß gegen das Wertgesetz dar, sondern seine Konsequenz. (Zur Kritik an der feministischen These, die Kapitalismuskritik (speziell ihre Bestimmung des Werts der Ware Arbeitskraft) ignoriere den „Wert“ der Hausarbeit, vgl. Seccombe 1974, Beer 1983, insbes. S. 30f., Rohwer 1985, Schlosser 1982, 43-73.) Wer es normativ darauf absieht, alle Arbeit als produktiv anzusehen, sieht von zwei realen Unterschieden ab. Erstens dem Unterschied zwischen dem Gebrauchswert und dem Tauschwert von Arbeitsprodukten oder Dienstleistungen. Zweitens dem Unterschied zwischen Arbeiten und Dienstleistungen, die produktiv für die Kapitalverwertung sind und solchen, die dies nicht sind.

Viele Feministinnen vertreten die These, die von Frauen geleistete Arbeit senke die Kosten für die Arbeitskraft. „Wenn der (männliche) Arbeiter auswärts essen oder vorgepackte Mahlzeiten kaufen, seine Wäsche zum Waschsalon bringen müsste usw., würde er mehr ausgeben, als wenn eine Frau für ihn zu Hause kocht und wäscht. Dank der unbezahlten Tätigkeit dieser Frau spart der Chef Geld. Er profitiert von dieser Arbeit, da sie die Kosten für Unterhalt und Großziehen der männlichen Lohnarbeiter auf die Frauen abwälzt. Hausarbeit, so die These, ist wie ein kostenloses Geschenk an den Kapitalisten und eine der wesentlichen permanenten Quellen der Kapitalverwertung. […] Wäre das wahr, würde der allein lebende männliche Arbeiter mehr kosten, als sein verheirateter Kollege, und er sollte mehr Geld erhalten, da der Lohn die Kosten für die Produktion von Arbeitskraft deckt. […] Dies ist nicht der Fall. […] Ob die Hausarbeit gleichmäßig verteilt wird […] oder ob der Mann seine Frau ausnutzt, ändert nichts an der Reproduktion des Kapitals. Männer ‚profitieren’ sicherlich von Frauen, aber das hat nichts mit einem Unternehmensprofit zu tun“ (Dauvé 2019, 60).

Feministische Missverständnisse

Der Titel eines feministischen Buches (von Claudia Pinl) lautet: „Das faule Geschlecht. Wie Männer es schaffen, Frauen für sich arbeiten zu lassen.“ (Frankfurt M. 2000). Bei manchen Feministinnen ist das Bild eines Eisbergs beliebt. Die über dem Wasserspiegel befindliche Spitze verhalte sich so zur großen, für die Beobachter unsichtbaren Masse unterhalb des Wasserspiegels wie die bezahlte zur unbezahlten Arbeit. Zeitbudgetuntersuchungen bestätigen solche Vorstellungen nicht. Männer und Frauen leisten eine durchschnittlich gleiche Zahl von (bezahlten plus unbezahlten) Arbeitsstunden. Frauen leisten im Durchschnitt mehr Haushalts- und Sorgearbeit, Männer mehr Erwerbsarbeit. Feministen heben häufig hervor, dass Männer in Familien weniger Hausarbeit und Care-Tätigkeiten übernehmen, übergehen aber gern das von Männern geleistete höhere Ausmaß an Erwerbsarbeit.

Einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom Juni 2012 zufolge arbeiteten 2010 weibliche Erwerbstätige im Durchschnitt 30,6 Stunden und damit 9,5 Stunden weniger als ihre männlichen Kollegen. 1991 betrug die Differenz knapp sieben Stunden.

2015 lag die durchschnittliche Arbeitszeit von erwerbstätigen Frauen in Deutschland bei 30,1 Stunden, die von erwerbstätigen Männern bei 38,3 Stunden [https://www.boeckler.de/51977.htm; 10.07.2017]. 2016 waren 69,8% der Frauen und 77,8% der Männer erwerbstätig. 9,3% der Männer und 46,7% der Frauen arbeiten in Teilzeit (Eurostat 2019). Althaber (2018) zufolge „arbeitet fast jede zweite erwerbstätige Frau in sozialversicherungspflichtiger Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung (46%), ein Großteil davon sind Mütter. Bei Männern sind es lediglich 9%. […] Diese ausgeprägten Unterschiede in der Teilzeitbeschäftigung von Frauen und Männern haben sich in den letzten 30 Jahren kaum verändert. […] Das ist insofern erstaunlich, als in derselben Zeit andere Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern abgebaut wurden: Frauen und Männer haben heute vergleichbare Qualifikationen und damit ähnliche Startbedingungen für den Arbeitsmarkt“.

Männer in Partnerschaften teilen ihr Einkommen mit dem der Frauen. Wer in einer Partnerschaft oder Ehe ein höheres Arbeitseinkommen nach Hause bringt, ermöglicht der jeweils anderen Person insofern einen höheren Lebensstandard. Frauen in Partnerschaften trugen 2013 ein gutes Drittel zum gemeinsamen Haushaltseinkommen bei (Frankfurter Rundschau 23.6.2017). Dass im Durchschnitt immer noch Frauen mehr Haus- und Erziehungsarbeit in einer Paarbeziehung oder einer Familie leisten als Männer, heißt dann nicht, dass sie unbezahlte Arbeit leisten, wenn der Mann mehr Erwerbsarbeit leistet und aus dem damit erzielten Einkommen die Frau mit unterhält.

Die durchschnittlich sieben Jahre kürzere Lebenszeit von Männern in Deutschland bildet ein weiteres Moment, das bei der Frage nach den unterschiedlichen Lasten, die Frauen und Männer zu tragen haben, eine Rolle spielt. Die meisten Feministinnen klammern das aus. Viele fordern von ihnen Quoten. Bereiche wie den Straßenbau oder die Bauwirtschaft meinen sie damit nicht. Die höheren gesundheitlichen Risiken, denen Männer unterliegen, sind zum großen Teil nicht selbstgemacht, sondern hängen mit längeren Arbeitszeiten in der Erwerbsarbeit, gefährlicheren Arbeitsaufgaben und höherem Arbeitsstress zusammen (vgl. Brandes 2002, S. 227f.). „In den USA hat sich der weibliche Vorsprung (an Lebenserwartung – Verf.) seit dem Jahr 1900 vervierfacht: von damals zwei auf heute rund acht Jahre. In Deutschland ist er nicht ganz so stark gewachsen, aber immer noch von knapp drei Jahren zum Zeitpunkt der Reichsgründung 1871 auf gegenwärtig annähernd sieben. Die Kluft ist also großenteils das Werk des 20. Jahrhunderts und hat insofern eher gesellschaftliche als natürliche Ursachen“ (Traub 1997, S. 23).

Wer die Erziehungs- und Sorgetätigkeit ausschließlich als Domäne privater Dienste ansieht, klammert eine massive historische Veränderung aus. Die Proportion zwischen innerfamilialen bzw. privaten Diensten und öffentlichen Institutionen, die zur Erziehung und Gesundheit beitragen (öffentliche Kinderbetreuung, Schule, Gesundheitswesen), hat sich zugunsten letzterer verschoben. Zudem unterscheiden sich Ideologie („ein guter Partner macht alles wieder heil und bewahrt vor allen Unbilden der Welt“) und Realität ums Ganze. Die nicht (oder in geringerem Umfang) erwerbstätige Person A, die die erwerbstätige Person B unterstützt und ihr manches „an der Heimatfront“ bzw. im Privaten vom Halse hält, tut einiges dafür, dass B es leichter hat in der Arbeit. Dem Verschleiß der Arbeitskraft und den Schädigungen des Individuums B durch die Erwerbsarbeit kann A aber nur in engen Grenzen entgegenwirken.

Die Perspektive

Eine Aufgabe der Gesellschaft des guten Lebens besteht darin, den nachgeordneten Stellenwert von Care-Tätigkeiten zu überwinden. Hinzu kommen Maßnahmen, um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Care-Tätigkeiten so zu ermöglichen, dass es nicht zur überfordernden Mehrfachbelastung kommt. Zu dem, was für die Kapitalverwertung nicht zählt, gehört das Interesse von Frauen, Erwerbsarbeit und Mutterschaft auf eine Weise zu verbinden, die sie gegenüber den Männern nicht schlechter stellt. Geschädigt wird auch das Interesse von Männern an einer Erwerbsarbeit, die einen intensiven Umgang mit Kindern nicht behindert.

Väter sind in der Rolle des Haupternährers der Familie infolge langer Arbeits- und Wegezeiten den größten Teil der wachen Zeit ihrer Kinder abwesend. Man kann den Vater „mit Recht lieblos und desinteressiert finden; in seiner eigenen Geschichte erscheint er hingegen als ein Mann, der um seine Liebe betrogen worden ist.“ Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer ein Problem dar. „Mütter sind in der Gefahr, die Verankerung im Berufsleben zu verlieren. Väter sind in der Gefahr, die Verankerung in ihrem eigenen Privatleben zu verlieren“ (Gesterkamp, Schnack 1998, 107). „Die wenigsten Männer trauen sich zuzugeben, dass die alltägliche Erziehungskompetenz weitgehend in den Händen ihrer Frau liegt. […]Sie […] wissen nicht, welche Konflikte in der Schulklasse ihres Kindes bestehen. Sie kennen sich einfach zu wenig aus, um qualifiziert mitsprechen zu können“ (Ebd., 108).

Praktisch erforderliche Schritte sind:

  • eine Arbeitszeitverkürzung, die es den Arbeitenden erlaubt, neben der Erwerbsarbeit sich um Kinder sowie kranke und alte Verwandte und Freunde zu kümmern,

  • mehr Mittel für Kindertagesstätten, Horte und Ganztagesschulen,

  • die Gestaltung von Erwerbsarbeit nach Maßgabe ihrer Vereinbarkeit mit den Wechselfällen des Zusammenlebens mit Kindern und Senioren. Das erfordert einen weniger knappen Stellenschlüssel bzw. eine großzügigere Vertretungsreserve,

  • eine Gestaltung der Erwerbsarbeit, in der die diskontinuierliche Teilnahme an ihr nicht auf Stellen mit weniger Arbeitseinkommen verweist.

  • eine Überwindung jener Erwerbsarbeit, in der aus jungen Arbeitskräften besonders viel herausgeholt wird. Sie unterliegen hohen Leistungsanforderungen gerade dann, wenn sie am dringendsten Zeit bräuchten für das Zusammensein mit Kindern,

  • eine gesellschaftliche Kompensation der mit Kindern verbundenen Ausgabensteigerung, sodass sie nicht mit Überstunden und Nebenjobs auf eine Weise aufgefangen werden muss, die die „Erwerbsperson“ der Familie zusätzlich entfremdet.

Wer einen höheren Stellenwert von Care-Tätigkeiten in der gesellschaftlichen Prioritätenhierarchie will, muss die modernen Maßstäbe von Effizienz und instrumenteller Rationalität in ein sie übergreifendes Paradigma des guten Lebens einordnen (vgl. Creydt 2017, 2019) und die Imperative der kapitalistischen Ökonomie überwinden. Um die beschriebenen Maßnahmen durchzusetzen, dafür „braucht es keine Nachweise, dass da irgendwas an sich wertproduktiv ist, durch gesellschaftliche und individuelle Notwendigkeiten und Bedürfnisse ist es genügend legitimiert“ (Klaus Braunwarth). Manche Feministinnen wollen die Nachteile, die Frauen infolge der kapitalistischen Marktwirtschaft erleiden, dadurch aus der Welt schaffen, dass sie allen von ihnen geleisteten Diensten ein Preisschild anheften. Das ist ungefähr so sinnvoll wie der Vorschlag, die Schädigung ökologisch für die Menschen gedeihlicher Lebensbedingungen dadurch zurückzudrängen, dass nun auch in der Natur alles wie eine Ware behandelt wird. Von diesen Ideen unterscheidet sich die Frage, was dafür erforderlich ist, eine Wirtschaft zu überwinden, die nur funktioniert mit der Trennung zwischen der Mehrwertproduktion und ihren selbst unprofitablen Bedingungen sowie mit der gesellschaftlichen Rangfolge, in der die Kapitalverwertung an erster Stelle steht.

Literatur

Althaber, Agnieszka 2018: Die Suche nach Gemeinsamkeiten. Strukturelle Gründe für die Teilzeitarbeit von Frauen und Männern. In: Wissenschaftszentrum Berlin: WZB-Mitteilungen, Nr. 161, S. 17-20

Beer, Ursula 1983: Marx auf die Füße gestellt? Zum theoretischen Entwurf von Claudia v. Werlhof. In: Prokla, Nr. 50 https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1487/1419

Brandes, Holger 2002: Der männliche Habitus. Band 2: Männerforschung und Männerpolitik. Opladen

Creydt, Meinhard 2017: Die Armut des kapitalistischen Reichtums und das gute Leben. München

Creydt, Meinhard 2019: Was kommt nach dem Kapitalismus? Berlin

Dauvé, Gilles 2019: Federici versus Marx. In: Wildcat, Nr. 104. Köln

Eurostat 2019: Beschäftigungsstatistik. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Archive:Employment_statistics/de&oldid=456269

Faller, Heike 2006: Haben wir die Emanzipation verspielt? In: Die Zeit, Nr. 17, 20.4. 2006, S. 61

Gesterkamp, Thomas; Schnack, Dieter 1998: Hauptsache Arbeit – Männer zwischen Beruf und Familie. Reinbek bei Hamburg

Huisken, Freerk 2002: z. B Erfurt. Was das bürgerliche Bildungs- und Einbildungswesen so alles anrichtet. Hamburg

Keil, Gertraude 1978: Zur geschlechtsspezifischen Verteilung von Produktions- und Zirkulationsarbeit. In: Mehrwert, Nr. 15/16. Berlin

Krombholz, Heinz 1991: Arbeit und Familie. In: Bertram, Hans (Hg.): Die Familie in Westdeutschland. Opladen

Müller, Ludmilla 1976: Die Wertlosigkeit der Arbeit der Kinderaufzucht im Kapitalismus. In: Prokla, Nr. 22

https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/article/view/1730/1673

Rohwer, Götz 1985: Zur politischen Ökonomie der Hausarbeit. In: Leviathan, Jg. 13, H. 2

Schlosser, Robert 1982: Zusammenhänge. Manuskript. https://mao-archiv.de/Scans/BRD/NRW/ORG/KGBE/KGBE_Zusammenhaenge_1982.pdf

Seccombe, Wally 1974: The Housewife and her Labour under Capitalism. In: New Left Review, Nr. 83. Dt. Übersetzung in: Die Internationale, Nr. 7, 1975 (Theoretische Zeitschrift der Gruppe Internationaler Marxisten)

Stach, Meinhard 1993: Frauenunterdrückung als Tat beider Geschlechter. In: Ethik und Sozialwissenschaften. Streitforum für Erwägungskultur, Jg. 4, H. 2

Traub, Rainer 1997: Adams Fall. In: Spiegel-Special Nr. 7: Der deutsche Mann. Hamburg

1https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1004551/umfrage/altersunterschied-der-paare-in-lebensgemeinschaften-in-deutschland/.

2Robert Steinhäuser, der 2002 in Erfurt einen Amoklauf an seiner früheren Schule veranstaltete, interpretiert seinen Ausschluss von der Schule mutmaßlich so, als wollten die Lehrer ihn „fertig machen“. Er verfährt damit nach der Logik „Die Sache ist das, als was sie mich trifft“ (Huisken 2002, 112). „Und das stimmt eben nicht. Die Schule verfolgt ihren Auftrag, organisiert dafür den Leistungsvergleich und exekutiert ihn. Die Betroffenheitslogik, der immer ein Schuss Größenwahn innewohnt, macht daraus: Die Schule hat mich auf dem Kieker, der geht es um meinen Ruin!“ (Ebd.).

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Grafikquellen :

Oben      —   Kinderbetreuung ist Care-Arbeit

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Der Pfad der Tugend

Erstellt von Redaktion am 5. Dezember 2021

Ampelpläne gegen die Klimakrise auf Kollisionskurs ?

Makati intersection.jpg

Von Bernhard Pötter

Bringt der Koalitionsvertrag Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad? Wir schaffen das, sagt die Ampelregierung in spe. Mogelpackung, sagen KritikerInnen.

Wenn bis zum nächsten Montag die 125.000 Parteimitglieder der Grünen entscheiden, ob sie den Koalitionsvertrag der Ampel annehmen, spielt eine Zahl eine zentrale Rolle: 1,5 Grad ­Celsius. Um nicht mehr als diesen Wert soll idealerweise die ­globale Temperatur bis zum Jahr 2100 steigen, und Deutschland soll dafür ­seinen Anteil leisten.

1. Warum ist die Zahl wichtig?

Weil die KoalitionärInnen und allen voran die Grünen selbst diesen Maßstab vorgeben: Die neue Ampelregierung werde ihre „Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik am 1,5-Grad-Pfad ausrichten“, heißt es im Koalitionsvertrag. Schließlich haben vor allem die Grünen im Wahlkampf betont: Diese Regierung sei die letzte, die die Klimakrise noch abwenden könne. Deshalb könnten sie nur mitmachen, wenn die „auf den 1,5-Grad-Pfad kommt“, hieß es vor Wahl und Koalitionsbildung.

2. Was ist das überhaupt, ein „1,5-Grad-Pfad“?

Vor allem ein semantischer Trick, den die Grünen vor einem Jahr für den Wahlkampf aus dem Hut zauberten. Er garantiert nicht die Einhaltung des Ziels oder auch nur den deutschen Anteil daran, was in vier Jahren ohnehin unmöglich ist. Aber der Begriff legt nahe, dass man alles tun werde, um den Spagat zu schaffen zwischen den Ansprüchen der Klimabewegung, das 1,5-Grad-Ziel langfristig zu halten und den Realitäten der Regierungsverantwortung, kurzfristig nicht reihenweise Betriebe und Kraftwerke zu schließen.

3. Wie rechnet sich die Ampel grün?

Für Robert Habeck, den designierten grünen Vizekanzler und Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, geht die Rechnung so: „Wir haben Maßnahmen beschlossen, die dazu führen werden, dass wir über den minus 65 Prozent Emissionen in 2030 liegen werden“, der Vertrag sei „nicht um Symbole, sondern um Maßnahmen“ herum entworfen. Die Grünen haben immer kritisiert, das Klimaziel der Großen Koalition (Klimaneutralität bis 2045, minus 65 Prozent Emissionen 2030 und 65 Prozent Anteil Ökostrom am Strombedarf) sei zu lasch, um langfristig die 1,5 Grad zu halten. Jetzt wollen sie keine neuen Ziele, sondern effektive Maßnahmen, die zu besseren Zielen führen: klimaneutral möglichst bereits vor 2045, 80 Prozent Ökostrom bis 2030, ein Kohleausstieg „idealerweise“ 2030, das faktische Aus für Verbrennungsmotoren und fossile Heizungen bis 2030/2025. So sollen die Ziele der Groko übertroffen werden – und das Land auf den Weg zu 1,5 Grad kommen. So argumentiert auch die SPD.

4. Was meint die Klima­bewegung?

Sie ist gespalten. Der BUND sieht den Vertrag bei den 1,5 Grad „mit großer Skepsis“, weil konkrete Ausbauziele für Erneuerbare fehlen und 2045 zu spät für die grüne Null sei. Die Umweltorganisation E3G meint, mit dem Vertrag „dürfte das 1,5-Grad-Ziel nicht zu erreichen sein“. Für die Stiftung Klimaneutralität sagt Rainer Baake, ehemals grüner Staatssekretär im Umwelt- und Wirtschaftsministerium und Architekt der Energiewende, die Maßnahmen seien „richtig und wichtig“, reichten aber nicht einmal für die gesetzlichen 2030er-Ziele. Für Fridays for Future ist die Vereinbarung eine Mogelpackung. „Die Ampel ist nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad“, schimpft Sprecherin Carla Reemtsma, „dafür bräuchte es einen Gasausstieg bis 2035, ein Verbrennerende bis 2025, einen höheren CO2-Preis, eine komplett dekarbonisierte Wirtschaft bis 2035.“ Grundsätzlich fordert FFF von jeder Regierung ein CO2-Budget, das angibt, wie viel CO2 Deutschland in einer weltweiten Pro-Kopf-Rechnung noch zustehen würde. So hat es ein Beratungsgremium der Bundesregierung, der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), vorgeschlagen. Beim jetzigen Stand der Emissionen wäre dieses Budget etwa 2027 aufgebraucht.

FridaysForFuture protest Berlin 2021-10-22 demonstration 106.jpg

5. Was sagt die Wissenschaft?

Viele Thinktanks sind bislang zurückhaltend. Am Freitag legte das Consultingunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW Econ im Auftrag der Klima-Allianz, einem Bündnis von Umwelt- und Sozialverbänden, eine erste Analyse vor. Fazit: Mit einem ehrgeizigen „Klimasofortpaket“ könnte Deutschland seine Ziele aus dem Klimaschutzgesetz für 2030 schaffen. Aber: „Der Koalitionsvertrag enthält nicht ausreichend konkrete Maßnahmenpläne, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.“

Quelle     :        TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —  A photo of the intersection of Ayala Avenue and Buendia Avenue in Makati City, taken from somewhere up in Tower 1 of The Columns.

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Unten        —   Demonstration von FridaysForFuture im Rahmen des globalen Klimastreiks zu den Koalitionsverhandlungen im Rahmen der „Gerechtigkeit Jetzt“ Aktionswoche.

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NRW – Proteste gegen Kohle

Erstellt von Redaktion am 6. November 2021

Drosselung des Kohlekraftwerks Neurath!

Kraftwerk Neurath - Bestandskraftwerk 03.JPG

Ein Stinker der aus Neurath – RWE

Quelle:    Scharf  —  Links

Von „BockNeurath“

Die Kohlezufuhr zum Kraftwerk Neurath ist seit heute morgen, 7 Uhr, von Klimaaktivist:innen blockiert. Kurz nachdem die Aktivist:innen geräumt wurden, haben sich weitere Menschen auf den Schienen fest gekettet. Seit 10 Stunden konnte kein Kohlezug im Kraftwerk Neurath eintreffen, was zu einer Drosselung der Kraftwerksleistung geführt hat.

„RWE ist mitverantwortlich für die Zerstörung der Lebensgrundlage sehr vieler Menschen. Vor allem für Menschen, die seit vielen Jahrzehnten im Klammergriff des globalen Kolonialismus stecken. Die Ressourcen dieser Länder werden strukturell ausgebeutet und gewinnbringend in andere Länder transportiert. Das alles ist angetrieben durch den fossilen Kapitalismus“, sagt Nora Radwer, eine der Pressesprechenden der Aktionsgruppe „Block Neurath“.

Diese Aktion ist Teil der Aktionstage „Copy & Waste“, welche auf Kritik an den unzureichenden Maßnahmen der Conference of the Parties (COP) aufmerksam machen möchte. Die 26. Klimakonferenz, die zur Zeit in Schottland stattfindet, werde nicht die maßgeblichen Schritte unternehmen, um die Klimakatastrophe abzumildern. So lautet es auf der Internetseite der Aktionstage.

Kraftwerke RWE Neurath und Frimmersdorf. Vorne Neuenhausen und Gustorf - panoramio.jpg

Recht und Links ein Stinker – Nirgendwo ein Rotlichtblinker ?

Isabella Lehnfeld sagt dazu: „Eine radikale Kehrtwende ist notwendig, um Menschen vor Hunger und Armut und unsere Ökosysteme vor dem Kollaps zu schützen. Diesem Anspruch wird die COP in keinster Weise gerecht. Seit 26 Jahren verschlechtert sich die Lage! Viele der teilnehmenden Länder profitierten finanziell von den ausbeuterischen Praktiken des globalen Wirtschaftssystems. Mit der Drosselung des Kraftwerks tragen wir aktiv zur Minderung der Treibhausgasemissionen bei.“

Das Dorf Lützerath soll für den Tagebau Garzweiler und das Kraftwerk Neurath abgerissen werden. Der letzte Anwohner des Ortes, Eckhardt Heukamp, wird dadurch sein Zuhause verlieren. So wie ihm geht es vielen Menschen, die wegen der Ausbeutung natürlicher Ressourcen ihre Lebensgrundlage verlieren. Ein Protest Camp von Klimaakvist*innen befindet sich im Ort, um die Räumung zu verhindern.

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Oben     —     Power station Neurath, Germany. Existing station without new „BoA“ part

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Der Tor Browser

Erstellt von Redaktion am 28. Oktober 2021

Unterstützt das Tor Projekt

The Tor Browser Showing The main Tor Project page.png

Von Jimmy Bulanik

Das Tor Projekt trägt zur Privatsphäre der Menschen bei. So wird ein Tor Browser für Laptops, PC‘s, Pads hergestellt. Das Tails als ein live Linux Betriebssystem für Laptops und PC‘s. Der Onion Browser ist für Smartphones hergestellt worden.

Das Tor Projekt braucht Spenden von Nutzerinnen und Nutzer, um die Technologie weiter zu entwickeln. Das Spenden an das Tor Projekt ist bequem. Mittels einem Endgerät und dem Einsatz einer Kreditkarte. Optional einer Überweisung via dem Girokonto.

All die Software braucht im Tor Netzwerk mehr Geschwindigkeit, als auch mehr Tor Knotenpunkte. Dies kann bewerkstelligt werden. All jene welche bereits ein Tor Knotenpunkt durch eine Hosting Gesellschaft betreiben, mögen einen schnelleren Server buchen.

Das Tor Netzwerk braucht sehr viel mehr Geschwindigkeit

Bei der Heimanwendung durch die Einstellungen an der Hardware mehr Geschwindigkeit dem Tor Netzwerk zur Verfügung stellen. In der Gegenwart haben die Menschen Zuhause höhere Geschwindigkeiten zur Nutzung des Internets. Neue und schnelle Tor Knotenpunkte sind willkommen.

Gerade die Exit Knotenpunkte sind dabei von Bedeutung. Die verschlüsselten Datenpakete müssen die gewünschten Webseiten erreichen. Was die Knotenpunkte im Tor Netzwerk anbetrifft haben die Menschen auf dem nördlichen Teil der Welt es einfacher einen Tor Server zu betreiben.

Sehr gering ist die Anzahl und die Geschwindigkeit der Tor Server auf dem südlicheren Teil der Welt. Diese Menschen benötigen die Sicherheit des Tor Netzwerkes mindestens genau so sehr, wie die Menschen welche in nördlichen Ländern leben. Alle welche Geld aufwenden um das Tor Projekt, das Tor Netzwerk unterstützen können ihre Rechnungen entweder der Steuerberatung überreichen oder selber gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen.

Nützliche Links im Internet:

Das Tor Projekt / The Tor Project

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Grafikquellen          :

Oben     —   The Tor Browser Showing The main Tor Project page in Ubuntu 12.04. Tor Browser Bundle Version 2.2.37-1 – Linux, Unix, BSD (64-Bit).

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„Gerechtigkeit Jetzt !“:

Erstellt von Redaktion am 24. Oktober 2021

Blockade der Autobahn-Baustelle A100 in Berlin

B-Wilmersdorf Nov12 Schlangenbader Tunnel.jpg

Oben wohnen Menschen – darunter rauscht der vergiftende Dreck – der Mensch kennte seine Grenzen – Politik leider immer noch nicht !

Quelle:    Scharf  —  Links

Von „Gerechtigkeit Jetzt !“- Es braucht gerechte Mietenpolitik und echte Verkehrswende

Zur Stunde blockieren 500 Aktive von Ende Gelände, dem Bündnis gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung, Extinction Rebellion und Sand im Getriebe den Ausbau der Stadtautobahn A100 in Berlin. Die Blockade befindet sich auf der Baustelle der A100 bei der Anschlussstelle Sonnenallee in Neukölln. Die Aktion ist Teil der Aktionstage „Gerechtigkeit Jetzt!“, zu denen anlässlich der Koalitionsverhandlungen verschiedene soziale Bewegungen aufrufen.

„Dieses Projekt ist ein Sinnbild für das Scheitern der Politik: Trotz eskalierender Klimakrise und grassierender Ungleichheit werden hier 700 Millionen Euro in ein Verkehrssystem von vorgestern investiert. Bei den Ampel-Parteien sieht das nicht anders aus: Statt auf bezahlbaren und flächendeckenden ÖPNV zu setzen, sollen jetzt knapp 50 Millionen neue E-Autos in Deutschland vom Band gehen. Das ist mit massivem Ressourcenaufwand, Umweltzerstörung und Ausbeutung verbunden. Der Kapitalismus bleibt neokolonial und ungerecht – auch wenn er grün angestrichen ist“, so Ronja Weil, Sprecherin von Gerechtigkeit Jetzt!.

Die Stadtautobahn A100 soll vom Bezirk Neukölln durch Treptow und Friedrichshain bis nach Lichtenberg verlängert werden. Für den Ausbau müssten zahlreiche Wohnungen, Parks und Freiräume abgerissen werden. Die Kosten des Ausbaus belaufen sich auf eine dreistellige Millionensumme pro Kilometer. In dem Sondierungspapier für den Berliner Senat halten SPD, Linke und Grüne am Ausbau der A100 fest.

„Während Menschen in Berlin durch den Mietenwahnsinn aus ihren Wohnungen getrieben  werden, soll hier Wohnraum abgerissen werden, um noch mehr Platz für Autos statt für Menschen zu schaffen“, so Ronja Weil.  Carmel Fuhg von der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen ergänzt: „Die zukünftige Berliner Regierung muss stattdessen konkrete Schritte zur Umsetzung des Volksentscheides einleiten. Auch auf Bundesebene braucht es jetzt Maßnahmen wie einen Mietendeckel. Gerechte Mietenpolitik ist nicht verhandelbar.“

Für Sonntag sind weitere Aktionen von Gerechtigkeit Jetzt! angekündigt. Ab 11:30 Uhr mobilisiert das Bündnis „Solidarisch geht anders“ am Platz der Republik zu einer Demonstration. Im Anschluss findet eine „Konferenz der Visionen“ mit über 60 Veranstaltungen zu Themen wie gerechter Landwirtschaft, Organisation von Arbeit oder sicheren Fluchtwegen statt. Gerechtigkeit Jetzt! kritisiert das Unvermögen der Parteipolitik, Gerechtigkeitskrisen wie die Klimakatastrophe, den Mietenwahnsinn und die massive Ungleichheit in Deutschland und auf der Welt anzugehen. Das Bündnis setzt sich für eine solidarische, antirassistische und ökologische Gesellschaft ein.

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Oben      —   Berlin-Wilmersdorf Schlangenbader Str. Autobahnüberbauung («Schlange»). Südliche Einfahrt.

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Die neue soziale Frage

Erstellt von Redaktion am 30. September 2021

Erst das Essen, dann die Miete

Mietenwahnsinn demonstration Berlin 2021-05-23 113.jpg

Von Inga Jensen und Felix Syrovatka

Die Wohnungsfrage ist so alt wie der Kapitalismus. Aktuell kämpfen Mie­te­r:in­nen darum, das Wohnen dem Markt zu entziehen.

Mit dem Wahlwochenende steht in Berlin die Entscheidung an: Sollen die Bestände der großen Immobilienunternehmen vergesellschaftet werden?

Im Vorfeld des Volksentscheids sprachen sich mehr als 350.000 Ber­li­ne­r*in­nen dafür aus, die Bestände der großen Immobilienunternehmen wie Vonovia, Deutsche Wohnen & Co in Gemeineigentum zu überführen. Das waren mehr Stimmen als jede Partei im Abgeordnetenhaus bei den letzten Wahlen erhalten hatte, wie Mieterinitiativen feststellten. Gleichzeitig gehen Zehntausende für bezahlbare Mieten auf die Straße, kämpfen dafür, ihre Häuser dem privaten Wohnungsmarkt zu entziehen oder protestieren gegen Zwangsräumungen. Der wesentliche Kern des Protests ist die Infragestellung des Warencharakters von Wohnraum und die Frage, wie dieser abseits des Marktes organisiert werden kann.

Die Wohnungsfrage ist dabei kein neues Phänomen, sondern so alt wie der Kapitalismus selbst. Bereits zu Beginn der kapitalistischen Expansion konnte die Zuspitzung der sozialen Frage in Form der Wohnungsnot beobachtet werden. Die Industrialisierung und die Verdichtung von Warenströmen in den Städten beförderten einen Zuzug von Arbeitskräften. Viele zogen in die Stadt und in Wohnungen, die oft den Fabrikbesitzern gehörten, die sie zu einem hohen Preis an ihre Beschäftigten vermieteten. Friedrich Engels stellt in seiner frühen Schrift über die arbeitende Klasse in England mit Blick auf die Wohnungsfrage fest, dass Wohnraum im Kapitalismus die Form einer normalen Ware annimmt, deren Tauschwert in letzter Instanz durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Dies führt allerdings dazu, dass der Tauschwert in Widerspruch zu ihrem Gebrauchswert gerät und eine zunehmende räumliche und soziale Polarisierung in den Städten entsteht.

Dementsprechend gibt es seit jeher Bestrebungen von Mieter*innen, sich zu organisieren und Wohnraum den Warencharakter zu entziehen. So kämpften bereits in der Weimarer Republik Mie­te­r*in­nen um den Erhalt ihrer Wohnungen und gegen Zwangsräumungen. Die ohnehin kargen Löhne und knappen Haushaltseinkommen wurden oftmals von der Miete aufgefressen, sodass insbesondere unter den Arbeitern nicht selten die Frage „Miete oder Essen“ im Raum stand. Die damalige Mieterbewegung beantwortete diese Frage deutlich: „Erst das Essen, dann die Miete“.

In der Nachkriegszeit bestimmten dann andere wohnungspolitische Fragen die gesellschaftspolitische Debatte. Der Klassenkompromiss der Bonner Republik, der das „deutsche Wirtschaftswunder“ ermöglichte, befriedete temporär auch die soziale Zuspitzung. Durch eine sozialstaatliche Politik der Wohnungsversorgung, einen stark regulierten Wohnungsmarkt und starke Gewerkschaften blieben soziale Aspekte des Wohnens weitgehend nachgeordnet, während Fragen der Stadtplanung in den Vordergrund traten.

So protestierten etwa in den 1960er Jahren Mie­te­r*in­nen in Westberlin gegen die geplante Kahlschlagsanierung und den Abriss ihrer Häuser zugunsten der autogerechten Stadt. In den 1970er Jahren besetzten in vielen großen Städten Jugendliche leerstehende Häuser, um selbstorganisierten Wohnraum und Jugendzentren zu schaffen, wobei etwa in Berlin die leerstehenden Wohnungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen im Zentrum der Auseinandersetzungen standen. Die Thematisierung des Leerstandes und der Zustand der Wohnungen wurde zum zentralen Thema der Mie­te­r*in­nen­be­we­gung in ganz Westdeutschland.

Mit der Aufkündigung des Klassenkompromisses der Nachkriegszeit verschärften sich zunehmend die sozialen Missstände auf dem Wohnungsmarkt. Die Aufhebung der Mietpreisbindung in Westberlin im Jahr 1988, die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit ein Jahr später und die daraus resultierenden, rasant steigenden Mieten verschärften die soziale Ungleichheit. Sie führten zur Beschleunigung jenes Prozesses, den Engels im 19. Jahrhundert bereits als die Verdrängung der Arbeiterklasse aus den Städten beschrieb und den wir heute als Gentrifizierung kennen. Die soziale Wohnungsfrage kam zurück in die gesellschaftliche Debatte.

Angeheizt wurde sie durch die Privatisierungen der öffentlichen Wohnungsbestände ab den 1990er Jahren. Sie führten bundesweit zu einem Rückgang der kommunalen Wohnungsbestände von etwa 20 Prozent am Gesamtwohnungsmarkt in den 1980er Jahren auf unter 6 Prozent Mitte der 2000er Jahre. Dabei stellt der Stadtstaat ­Berlin ein besonders negatives Beispiel dar: Allein durch den Verkauf der damals größten landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW im Jahr 2004 wurde der Wohnungsbestand im Besitz des ­Landes auf einen Schlag um 65.000 Wohnungen verringert. Die umfassende Privatisierungsstrategie der Landesregierung und die Umstrukturierung der Wohnungspolitik ab den 1990er Jahren führte nach Angaben des Stadt­soziologen Andrej Holm zwischen 1991 und 2008 zu einer ­Reduzierung des landeseigenen Berliner Wohnungs­bestands um nahezu 50 Prozent. Auch die Liegenschaftspolitik wurde in dieser Zeit entlang marktwirtschaftlicher Kriterien ausgerichtet. Das Land Berlin versuchte seinen chronisch überschuldeten Landeshaushalt dadurch auszugleichen, dass es sein Tafelsilber höchstbietend verkaufte.

Eine Vielzahl der damals veräußerten Wohnungen befinden sich mittlerweile im Eigentum der börsennotierten „Deutsche Wohnen“ beziehungsweise in absehbarer Zeit im Besitz des größten deutschen Immobilienunternehmens Vonovia. Die sogenannte Finanzialisierung des Wohnungsmarktes, das heißt, das Eindringen großer börsennotierter Unternehmen in den Wohnungsmarkt, verschärfte die Situation weiter, da die Renditeerwartungen des Finanzmarktes eine Strategie der Kostenoptimierung bei gleichzeitigen Mietsteigerungen erzwingen. Der Rückzug des Landes aus der Wohnungspolitik, die Deregulierung und Finanzialisierung des Wohnungsmarktes und die Diversifizierung der Eigentümerstruktur: All dies führte schließlich zu einem drastischen Anstieg der Miet- und Immobilienpreise, bei dem die Einkommen nicht mehr Schritt halten konnten.

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —       Mietenwahnsinn Demonstration durch Tiergarten und Schöneberg am 23. Mai 2021.

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Unten       —       Mietenwahnsinn Demonstration durch Tiergarten und Schöneberg am 23. Mai 2021.

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Deutschland nach der Wahl

Erstellt von Redaktion am 30. September 2021

Warum politisch jetzt das 21. Jahrhundert beginnt

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Eine Kolumne von Sascha Lobo

Die Ära Merkel war spektakulär misserfolgreich, wenn man die wichtigsten Maßstäbe der jüngeren Generationen anlegt – etwa Klima, Digitalisierung und soziale Gerechtigkeit. Nun gibt es endlich Hoffnung.

Die Ära Merkel ist zu Ende, und jetzt, endlich, endlich beginnt in Deutschland das 21. Jahrhundert auch politisch. Die 16 Jahre zuvor werden von vielen Menschen als erfolgreiche Jahre gesehen, selbst von nicht konservativen. Das stimmt – wenn man Stabilität als quasi einzigen Maßstab anlegt. Das ist nicht nichts. Im Gegenteil. Wenn die eigene Erwartung ist, dass Politik möglichst wenig verändern, sondern unauffällig die Gegenwart wegverwalten soll, dann ist der Merkel-Style aus purem Gold.

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Revolutions-, Frauen- &

Erstellt von Redaktion am 30. September 2021

 Arbeiter-Innenlieder in der Langen Nacht der Museen in St. Pölten

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Quelle:    Scharf  —  Links

Von Sacher & Bergmaier

Angelika Sacher & Klaus Bergmaier sorgen im „Museum zur Geschichte der Arbeiterbewegung und Sozialdemokratie im Raum St. Pölten – Museum im Hof“ für den passenden musikalischen Rahmen während der Langen Nacht der Museen, die der ORF alljährlich Anfang Oktober veranstaltet. Heuer findet sie am Samstag, 2. Oktober, ab 18 Uhr statt. Das Museum liegt im Steingötterhof am Frauenplatz 1, also in der St. Pöltner Innenstadt, nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt und beherbergt derzeit die Sonderausstellung „Bewegte Zeiten“.

Im wunderschönen Hof eines Barockhauses gelegen, vermittelt das Museum einen anschaulichen Überblick über die Geschichte und die Kämpfe der Arbeiterbewegung mit besonderer Berücksichtigung der Ereignisse in Stadt und Bezirk St. Pölten. Neben umfangreichem Bild-, Text- und Videomaterial befinden sich wertvolle Originalexponate in der Ausstellung. Besondere Highlights: ein originaler Anzug von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky und eine von Rosa Jochmann im KZ Ravensbrück selbst hergestellte Puppe, für die sie mangels anderer Möglichkeiten ihr eigenes Haar verwendete.

Sacher & Bergmaier machen bereits seit 1999 mitsdammen Musik. Zunächst war es nur die gemeinsame Liebe zur Jazzmusik, der die beiden im Duo und auch in größerer Besetzung (www.big-apple.at.tt) frönten, bald gesellten sich andere Stilrichtungen dazu, mit politischen Liedern traten die beiden erstmals 2004 bei der Enthüllung eines Gedenksteins für den von den Austrofaschisten ermordeten Koloman Wallisch auf. Seither haben sie sich auf Revolutions- Frauen- & ArbeiterInnenlieder spezialisiert, aber auch einen umfangreichen Fundus an Friedensliedern und – dem wird sich das nächste Album speziell widmen – Liedern zum Thema Kaffee.

Angelika Sacher hat Opern (Titelpartie in Dido und Aenaeas), Arien und Lieder genauso gesungen wie sie regelmäßig in Kirchen singt. Bergmaier hat als Pianist bereits mit Größen wie Dagmar Koller, Hollywood- & Broadway-Diva Betty Garrett, Waltraut Haas, Erwin Strahl u.v.a. gearbeitet, spielt(e) in diversen Jazz-, Blues- & Rockbands, unter anderem mit Ronnie Urini, Drahdiwaberl, Boris Bukowski, Birgit Denk, Minze, Georgij von Russkaja, Gaby Stattler, Eva Wannerer, Tamtam de Luxe, Soul Kitchen, mit Mitgliedern der Schmetterlinge, der Bluespumpm und der EAV, und ist seit 20 Jahren in Europa und darüber hinaus erfolgreich unterwegs mit Österreichs bedeutendster Tribute-Band „The Doors Experience“ (www.thedoors.at).

Alle mittlerweile sechs Alben von Angelika Sacher & Klaus Bergmaier sind bei Preiser Records erschienen, das aktuellste davon nennt sich „Wann, wenn nicht jetzt?“. Sie sind im Fachhandel, im Online- und Versandhandel sowie auf allen Downloadplattformen erhältlich bzw. bestellbar.

Informationen, aktuelle Termine und Hörproben auf der offiziellen Seite www.arbeiterinnenlieder.at.tt

Urheberecht
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Oben        —       Rathausplatz St. Pölten bei Nacht

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Welt von morgen ist heute

Erstellt von Redaktion am 17. September 2021

Pho-Suppe mit Falafel-Nudeln und Tofu-Currywurst

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Zukunft –  Von Wladimir Kaminer

Wir sitzen mit Mama und den Kids auf dem Balkon, ­Vorderhaus, erster Stock. Das Wetter ist perfekt, nicht zu kalt und nicht zu heiß. Das vegane nepalesische Restaurant im Erdgeschoss ist knackevoll, der Geruch von gekochten Teigtaschen, Ananas und Desinfektionsmitteln drängt in die Wohnung. Lustige Gesichter lächeln uns von den Straßenlaternen und Bäumen zu, sie wollen uns in die Zukunft führen, die nebelig ist. Deswegen formulieren sie auf ihren Plakaten möglichst undeutlich: Respekt, Kompetenz, Sicherheit, aber normal, sozial gerecht aufstocken, zurück zur Normalität, gemeinsam in die Zukunft. Direkt vor meinem Balkon steht etwas über die Autobahn 100. Wollen sie den Ausbau beschleunigen oder verhindern?

Meine Kindheit und Jugend fand unter solchen nichtssagenden Plakaten statt. Sie waren eine immer präsente Requisite, die uns im Alltag begleitete. Sie hingen das ganze Jahr über an den Geschäften und Hausfassaden: mutig in die Zukunft, unser Ziel ist Kommunismus, Streichhölzer sind kein Kinderspielzeug, Fünfjahresplan in vier Jahren. Niemand hat sie kritisch hinterfragt, niemand regte sich auf: Warum sollten wir diesen mysteriösen Fünfjahresplan in vier Jahren schaffen, und was machen wir dann das ganze fünfte Jahr? Autobahn ausbauen? Allen war klar, unsere Regierenden taten nur so als ob. Sie wollten die Welt nicht wirklich umbauen, vor allem aber mussten wir, Bürger, nichts tun, nur loyal sein und optimistisch grinsen. Es war nicht alles gut damals, aber irgendwie entspannter war es schon.

Heute leben wir in einer sehr komplexen Welt, die Angst macht. Die industrielle Ökonomie mit ihrem vorgegebenen Lebenslauf („Du gehst einmal studieren und arbeitest bis zum Rentneralter“) liegt im Ruin. Alte politische Parteien stecken in der Krise, die Familie wird umstrukturiert. Die Jugend zieht es vor, alles Mögliche gleichzeitig zu studieren, in Projekten zu arbeiten und in Kollektiven zu leben. Beinahe täglich entstehen neue Identitäten, neue Gender, neue soziale Rollen.

Millionen Menschen sind unterwegs, sie vermuten ausgerechnet in Deutschland einen besseren Ort, bringen ihre Kulturen, ihre Religionen, Bakterien, Viren mit. Dazu spielt das Klima verrückt. Die Menschen von den Plakaten wollen beruhigend wirken: Lehnt euch zurück in den Sessel, ihr braucht uns nur zu wählen, wir schaffen das, niemand bleibt im Regen stehen, vorausgesetzt, wir werden Minister. Natürlich sind das leere Versprechen. Die Plakate kennen die Zukunft nicht – aber die Kids. Immerhin werden sie diese Zukunft aufbauen.

Hey Kids, wie sieht die Zukunft aus? Wird die Autobahn aus- oder abgebaut?, fragte ich auf dem Balkon. Du wirst dich wundern, Papi, lachten sie. Wir werden die Autobahn 100 um die Stadt mächtig ausbauen, mit zehn Fahrradstreifen in beiden Richtungen, Autos müssen raus aus der Stadt auch die selbstfahrenden Elektroautos werden sich nicht durchsetzen, sorry, so viel Strom haben wir nicht. Die Parteien werden abgeschafft, tut uns leid für die Menschen auf den Plakaten, die Bürgerinnen und Bürger werden das Regieren übernehmen.

Quelle       :       TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Danziger Straße, Ecke Dunckerstraße, Berlin Prenzlauer Berg

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Über das TOR Netzwerk

Erstellt von Redaktion am 5. September 2021

Betreibt schnelle TOR-Knotenpunkte!

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Von Jimmy Bulanik

Das TOR Netzwerk hat Eigenschaften. Eines davon ist, das es nicht kommerziell ist. Es beschützt Menschen in unfreien Ländern damit sie frei von Repression am Leben bleiben können.

Ein fundamentaler Grundsatz in der Rechtswissenschaft, „In dubio pro reo“ findet darin keine Anwendung. Beispiele für diese Länder auf der Welt gibt es bedauerlicherweise zu genüge. Dazu braucht ein Mensch lediglich die Nachrichten seriöser Medien zu verfolgen.

Auch in westlich orientierten Ländern benötigen Menschen eine digitale Privatsphäre damit Menschen sich frei und gesund entfalten können. Denn die global agierenden Konzerne maximieren ihren Profit durch das digitale kultivieren von persönlichen Daten um präzise Profile zu erstellen und weiter zu verarbeiten. Das TOR Netzwerk ist mit seinen TOR Knotenpunkten, TOR Server mitunter ein sicherer Verbraucherschutz auf Weltniveau.

Der im Exil lebende Edward Snowden warnte die Weltöffentlichkeit vor seinen ehemaligen Arbeitgeber wie dem US amerikanischen Militärnachrichtendienst NSA. Diese Behörde monetarisiert ihre Daten nicht. Global operierende Konzerne welche mittels Strukturen der Verschachtelungsgeschäfte die rücksichtslose Vermeidung von rechtmäßiger, demokratischer Steuerzahlung betreiben und für inhumane Arbeitsbedingungen bekannt sind wie beispielsweise Facebook Inc., Alphabet Inc. (Google) und Amazon.com, Inc. allerdings schon.

An dieser Stelle rekurriere ich gegenüber meiner Leserschaft gerne auf weltweit öffentlich bekannte Datenskandale. Deren Historie ist leider ziemlich lang. Das britisch – US amerikanische Unternehmen Cambridge Analytica ist solch ein Beispiel dafür.

Mind Control, Social Engineering, Social Manipulation, Social Hacking als Geschäftsmodell ist eine reale und ernsthafte Gefahr für alle Menschen auf der Welt. Sie sind der Traum jeder Diktatur.
Für ihre Gier nach Profiten stellen sich oben genannten Konzerne gegen die Natur, wie freie und klare Menschen mit einem gesunden Menschenverstand.

Durch das nicht bezahlen von Steuern nutzen die Konzerne wo sie vor Ort operieren das Bildungssystem eines Landes und deren öffentliche Infrastruktur gnadenlos aus. Durch deren Bekämpfung von demokratischen Strukturen wie Gewerkschaften, gewerkschaftliche Orientierung an den Standorten ihrer Betriebe sind diese autoritär, antidemokratisch und wegen ihrer Haltung des Machtanspruch mannigfaltig ein nachhaltig, ernsthafter Fall für jede demokratische Politik und öffentlicher Verbraucherschutzorganisatione
Alle Menschen welche ein TOR Knotenpunkt betreiben finanzieren dies selbst.

So gut sie können. Die persönlichen Kosten dafür dürfen selbstverständlich bei der zuständigen Finanzverwaltung geltend gemacht werden.Das TOR Netzwerk ist dezentral.

Die Daten fließen verschlüsselt durch drei, bzw. sechs Kontenpunkte. Beispielsweise beim Aufrufen der Webseite wie der sichersten Suchmaschine der Welt aus den Niederlanden Startpage,  oder der ebenfalls EU basierte Suchmaschine aus Frankreich welche für ihren strengen (EUDSGVO) Datenschutz bekannt ist.

Im Fall das Aufrufen einer Webseite mit der Endung .onion wie der Suchmaschine DuckDuckGo Onion,  sind es sogar sechs Knotenpunkte. Das ist gegenwärtig das Maximum an digitaler Sicherheit. Dazu benötigt ein Mensch den weltbekannten TOR Browser oder noch sicherer das Linux Live Betriebssystem TAILS.

Das TOR Netzwerk benötigt so bezeichnete TOR Knotenpunkte, bzw. TOR Server. Der erste verschlüsselte Knotenpunkt ist ein Guard. Er ist ein im digitalen Sinne einer blinden Postdurchleitung welcher von einem Zugang zum Internet wie freien, öffentlichen WLAN, Wi-Fi die Daten unverschlüsselt annimmt, als erstes verschlüsselt und weiterleitet.

Der zweite verschlüsselte Knotenpunkt wird als Relay bezeichnet. Der das ist eine blinde Postdurchleitung. Dieser nimmt blind die verschlüsselte Daten des Guard an und leitet sie verschlüsselt und blind weiter.

Der dritte verschlüsselte Knotenpunkt ist ein Exit Knotenpunkt. Diese dritte blinde Postdurchleitung nimmt die verschlüsselten Daten des Relay an und leitet diese unverschlüsselt an die gewünschte Webseite. Daher ist die Quantität der TOR Exit Knotenpunkte, Server von Bedeutung.

Dabei weiß keiner der drei, bzw. sechs blinden Postdurchleitungen wer in welcher Reihenfolge die verschlüsselten Daten transferiert hat.
Sofern eine Webseite aufgerufen wird welche keine Metadaten speichern, eine null Speicher Politik betreiben, bleibt der digitale Besuch einer Webseite gänzlich anonym. Vertrauenswürdig obendrein.

Webseiten welche Daten speichern erkennen lediglich die Metadaten des dritten, Exit TOR Knotenpunkt, bzw. Server. Diese Metadaten, digitale Verkehrsdaten sind selbstverständlich nicht die eigenen. Die Standorte der TOR Knotenpunkte, TOR Server erstrecken sich auf die ganze Welt.

Jeder Datenfluss im TOR Netzwerk von Knotenpunkt, bzw. Server sind willkürlich. Das TOR Netzwerk benötigt eine Erhöhung an verschlüsselten Knotenpunkten, blinden Postdurchleitungen. Die gegenwärtige Anzahl an TOR Knotenpunkten, Server auf der Welt beträgt derzeit in etwa 7.000.

Das bedeutet es gibt mehr Millionärinnen und Millionäre als Knotenpunkte auf der Welt. Dabei sind die Kosten pro Monat für ein TOR Knotenpunkt, bzw. TOR Server sozialadäquat. In etwa 20 Euro. Soziokulturell entspricht dies außer Haus einer bekömmlichen Pizza, normaler Größe in Verbindung mit einem bunten, mediterranen Salat.

Es steht absolut außer Frage das die Rechtsgüter, Menschenleben, Gesundheit, Freiheit wertvoller sind. So wie die Soziokulturelle Teilhabe, ist das Betreiben eines TOR Knotenpunkt, Server im Kern lediglich eine Frage der persönlichen Räson. Wer ein TOR Knotenpunkt betreiben will, findet einen Weg dazu.

Wer das nicht will erfindet sich dafür eine Ausrede. Es steht allen Menschen frei jene natürlichen Personen, juristischen Personen welche die monetäre Kapazitäten haben, darauf proaktiv hinzuweisen einen TOR Knotenpunkt, TOR Server zu betreiben. Vor dem Hintergrund das diese über Steuerkanzleien verfügen, haben diese keinerlei Nachteile daraus.

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„Jake“ Appelbaum (* 1983) ist ein US-amerikanischer Internetaktivist und Spezialist für Computersicherheit.

Deshalb können diese das in ihrer Werbung verwenden. Als Autor dieses Artikels betreibe selbst einen TOR Knotenpunkt, Server. Dieser kann und darf öffentlich eingesehen werden.

metrics.torproject.org/rs.html#details/8E76F1F6E8499CCE975C451560586A5F8BF0BFDB

Um einen TOR Knotenpunkt, TOR Server zu betreiben kann ein Mensch sich externe Hilfe konsultieren. Wie dem Chaos Computer Club. Dieser ist bundesweit bekannt.

Ebenfalls hilfreich ist Andreas Bley, Inhaber der Gesellschaft Polypodis UG, sowie der Verein Zwiebelfreunde e.V. In Absprache mit einem Menschen in der Eigenschaft als Unterstützerin, Unterstützer des TOR Netzwerkes in Form von einem TOR Knotenpunkt, TOR Server wird bei einer Hosting Gesellschaft den Ort für den TOR Knotenpunkt, TOR Server auf dem Globus frei ausgesucht, programmiert, online gestellt.

Es ist sinnig das ein TOR Knotenpunkt, TOR Server immer mit der aktuellen Software Version online ist.

Die Gesellschaft als Dienstleiter bewerkstelligt das stellvertretend für einen selbst. Die Weihnachtszeit ist günstig zur Besinnung. Das unilaterale treffen der Entscheidungen im Anschluss ist nur konsequent, richtig und wichtig obendrein.

Tatsache ist das jeder TOR Knotenpunkt, TOR Server mehr im TOR Netzwerks hilfreich ist. Es verbessert die Sicherheit, Qualität des Netzwerkes als auch die notwendige Internetgeschwindigkeit innerhalb des TOR Netzwerkes für alle Menschen auf der Welt. In Anbetracht der volatilen und disruptiven Zeiten für alle von uns auf dem Globus bleibt die Bedeutung des TOR Netzwerkes mit seinen TOR Knotenpunkten, TOR Server, sowie die Weiterentwicklung des TOR Browsers, dem aus dem TOR Netzwerk Live Linux Betriebssystem TAILS sinnig, nützlich und im wahren Sinne des Wortes wertvoll.

Auf unabsehbarer Zeit jeden Tag und überall auf das neue. Mit der bevorstehenden 5G können die Standorte der Mobilfunktelefone präziser, auf den Meter genau geortet werden. Ein Laptop kann bereits jetzt mit 4G mittels einem internetfähigen Mobilfunktelefon gekoppelt werden, zwecks dem Zugang in das Internet.

Nach 5G ist zu erwarten das das Internet der Zukunft in hoher Geschwindigkeit von Satelliten aus die Menschen versorgen werden wird in Verbindung mit Bodenstationen. Dies vereinfacht die globale Möglichkeiten Menschen digital zu überwachen, evtl. kontrollieren und steuern. Dies widerspricht den universellen Werten des Humanismus.

Quellen:

Chaos Computer Club

www.ccc.de

Polypodis UG

www.polypodis.de

Zwiebelfreunde e.V.

www.zwiebelfreunde.de

The TOR Project

torproject.org

TAILS

tails.boum.org

Startpage.com

startpage.com

Qwant

www.qwant.com

DuckDuckGo .onion

3g2upl4pq6kufc4m.onion

Dein IP Check

www.dein-ip-check.de

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Grafikquellen :

Oben        —       Presentación de Contribuciones a Tor (Fernando Fernandez) en la Fase Final del Concurso Universitario de Software Libre 2018. Salón de Grados de la Escuela Técnica Superior de Ingeniería Informática de la Universidad de Sevilla.

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RWE – Student vor Gericht

Erstellt von Redaktion am 19. August 2021

Student wegen Vorwurf des Hausfriedensbruch bei RWE vor Gericht

Bundesarchiv Bild 183-1990-0328-019, Berlin, Oberstes Gericht, Kassationsverfahren.jpg

Niemand hatte doch gesagt das die DDR gekauft worden wäre.

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Ende Gelände

Wenn die Klimakrise eine echte Krise ist, dann darf Klimaschutz kein Verbrechen sein.

Am 19.8.21, 10 Uhr, findet in Erkelenz eine Gerichtsverhandlung wegen des Vorwurfs Hausfriedensbruch nach §123 StGb statt. Angeklagt ist ein junger Student, der im Juni 2019 an den Protesten gegen den Kohle-Tagebau Garzweiler teilgenommen hat. Der Tagebau bedroht mehrere Dörfer deren Einwohner*innen sich gegen die Zerstörung ihrer Gemeinschaften und die drohende Enteignung durch den Betreiber RWE wehren.

„Die Bundesregierung muss der Klimakrise die gleiche Dringlichkeit einräumen wie der Corona-Krise, sonst verspielt sie ihre Legitimität“, sagt der Angeklagte Gordian Kerner.

Schon heute lässt sich statistisch ermitteln, dass es in Deutschland durch die steigenden Temperaturen zu mehr Hitzetoten kommt. Im Jahr 2018 waren es ca. 20000 im Zusammenhang mit vermehrten Hitzewellen. Vor allem ältere Teile der Bevölkerung, Menschen über 65 Jahren, sind davon betroffen. Auch Starkregen-Ereignisse wie die katastrophale Flut an Ahr und Erft im Juli 2021, von denen auch die Gemeinde Erkelenz direkt betroffen war, nehmen durch den globalen Anstieg der Temperaturen an Intensität zu, und treten häufiger auf.

Mit dem geplanten Kohleausstieg bis 2038 zeigt die Regierung, dass ihr der Profit von Unternehmen wichtiger ist, als effektive und greifende Maßnahmen gegen den Klimawandel durchzusetzen. Damit setzt sie die Gesundheit der Bürger*innen sowie ihre Legitimität aufs Spiel, Entscheidungen für das Gemeinwohl zu treffen. Klimatolog*innen sind sich einig, dass es drastischere Maßnahmen braucht, damit die Zahlen runtergehen. Mit einem jährlichen Ausstoß von 130 Millionen Tonnen CO2, ist die Kohle-Industrie einer der größten Hotspots, wenn es um klimaschädliche Gase geht. Der am 9.8.2021 veröffentlichte neue Report des Weltklimarats IPCC zeigt deutlich das jetzt die Zeit zu Handeln ist.

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Laut Berechnungen ist ein früherer Kohle-Ausstieg technisch machbar und würde die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gefährden. Dafür braucht es jetzt den nötigen Willen in der Politik. Stattdessen werden Braunkohlebetreiber wie RWE bis 2038 mit Milliarden an Steuergeldern entschädigt, obwohl die Kohleverstromung sich nach marktwirtschaftlicher Logik wegen des steigenden Co2-Preises sich sowieso nicht mehr rentieren würde.

„Und einzelne Bürger, die die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um der Klimakrise zu begegnen, werden vor Gericht gebracht“, so der Angeklagte Gordian Kerner.

Um den Angeklagten zu unterstützen findet am 19.8.21 ab 09.30 Uhr vor dem Gerichtsgebäude (Konrad-Adenauer-Platz 3 41812 Erkelenz) eine kleine Kundgebung, natürlich unter Beachtung der geltenden Infektionsschutz-Regeln, statt.

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Oben      —   Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. ADN/Reiche-28.3.90-Berlin – Vor dem Obersten Gericht hat die öffentliche Hauptverhandlung im Kassationsverfahren für die vor genau 33 Jahren zu hohen Zuchthausstrafen verurteilten Bürger Dr. Wolfgang Harich (r.) , Bernhard Steinberger und Manfred Hertwig (2.v.l.) begonnen. Als sogenannte konspirative Harich-Gruppe waren die drei Mitarbeiter des Aufbau-Verlages 1957 „wegen des Tatbestandes und der Schuld des Staatsverrats“ zum angeblichen Sturz der DDR-Regierung angeklagt und mit Strafen von zehn, vier und zwei Jahren belegt worden. Links: Dr. Wolf Friedrich, Vertreidiger von Manfred Hertwig. 3.v.l.: Prof. Ulrich Dähn, Verteidiger von Dr. Wolfgang Harich.

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„Defender Kurdistan“ Demo

Erstellt von Redaktion am 14. August 2021

Bundesweite „Defender Kurdistan“-Demonstration am 14. August in Düsseldorf

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Quelle:    Scharf  —  Links

Von Civaka Azad 

Die Initiative „Defend Kurdistan“ lädt am morgigen Samstag (14. August) zu einer bundesweiten Demonstration in Düsseldorf gegen die türkische Invasion in Südkurdistan (Nordirak) ein. Die Initiative wurde am 14. Juni 2021 von über 150 PolitikerInnen, MenschenrechtlerInnen, JournalistInnen, AkademikerInnen, Parlamentsabgeordnete, politische AktivistInnen, ÖkologInnen und FeministInnen aus ganz Europa ins Leben gerufen. Die zentrale Forderung der Initiative ist ein sofortiger Stopp der türkischen Angriffe auf Südkurdistan und einen Abzug aller türkischen Truppen. Seit bald vier Monaten führt die Türkei dort unter Zuhilfenahme von NATO-Mitteln und islamistischen Söldnern eine Invasion in den Regionen Zap, Avasîn und Metîna durch.

„Im Ringen um Frieden und Demokratie im Mittleren Osten rufen wir auf zur breiten zivilgesellschaftlichen Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung, damit auch die Forderung an die Bundesregierung, die Unterstützung für das türkische Regime einzustellen und mit kurdischen PolitikerInnen in einen Dialog zu treten, gestärkt wird. Im Falle der Türkei und den KurdInnen kann die Bundesregierung zeigen, ob sie sich wirklich an Menschenrechten und Frieden in der Außenpolitik orientiert, wie sie es so oft gerne darstellt“, heißt es im Aufruf der Initiative.

Die Zusammenkunft beginnt um 11 Uhr vor dem Düsseldorfer Hauptbahnhof (Karlstraße) mit einer Auftaktkundgebung. Ab 12 Uhr startet die Demonstration durch die Innenstadt zu den Rheinwiesen. Dort wird es bis zum späten Nachmittag ein kulturelles und politisches Bühnenprogramm geben. Auf dem Plan stehen Redebeiträge von VertreterInnen verschiedener zivilgesellschaftlicher Vereine und Organisationen sowie PolitkerInnen an. Für Musik sorgen die kurdischen KünstlerInnen Hozan Canê, Hozan Dîyar und Sîvan Perwer.

Bei Presseanfragen zu der Demonstration stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Gerne vermitteln wir Ihnen Pressegespräche mit den VertreterInnen verschiedener zivilgesellschaftlicher Vereine und Organisationen sowie PolitkerInnen und KünstlerInnen. Civaka Azad und die Initiative „Defend Kurdistan“ werden auf Twitter (@civaka_azad / @DefendKurd) live über die Demonstration berichten.

Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.

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Oben      —     Kurdistan

Hamagelarai – Own work

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No-Go für die Demokratie

Erstellt von Redaktion am 13. August 2021

Die Kriminalisierung parlamentarischer Beobachter*innen

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Nur die Politiker-Innen welche sich in den Hängematten des Volkes  schaukeln reden von einer Demokratie – welche aber nicht Richtet – sondern regiert!

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Ende Gelände

Demonstrationsbegleitung durch Abgeordnete führt zur Einleitung von Strafverfahren

Abgeordnete unterschiedlicher Parteien begleiten immer wieder Protest- und Blockadeaktionen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Sie beobachten, dokumentieren Fehlverhalten von Werkschützern und polizeilichen Einsatzkräften, stellen vor Ort die parlamentarische Kontrolle polizeilichen Handelns sicher und versuchen zu vermitteln. Als parlamentarischer Beobachter hat Lorenz Gösta Beutin, Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke für Energie- und Klimapolitik, im Februar 2020 die Proteste gegen die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen begleitet. Der Betreiber Uniper wirft ihm nun Hausfriedensbruch vor und hat Strafanzeige gestellt. Der Bundestag hat im März 2021 den Weg für die Strafverfolgung frei gemacht, indem er Beutin die Immunität entzog. In Recklinghausen beginnt jetzt der Prozess gegen den Bundestagsabgeordneten.

Dazu Joli Schröter, Pressesprecherin von Ende Gelände:

„Kriminell ist es, wenn mitten in der Klimakrise ein Steinkohlekraftwerk ans Netz geht, wenn der Konzern Uniper unsere Zukunft verspielt, um mit dreckiger Energie Gewinne zu machen. Weil Ende Gelände sich diesem Wahnsinn immer wieder entgegenstellt, werden wir regelmäßig zur Zielscheibe von Polizeiwillkür und Repression. Umso wichtiger ist es, dass parlamentarische Beobachter*innen den Kohle-Polizeistaat vor Ort in seine Schranken verweisen. Dass mit Lorenz Gösta Beutin jetzt ein Bundestagsabgeordneter im Auftrag eines Energiekonzerns kriminalisiert wird, weil er sein parlamentarisches Kontrollrecht ausgeübt, ist ein No-Go für eine Demokratie.“

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Am 02. Februar 2020 hatten etwa 150 Aktivist*innen von Ende Gelände und DeCOALonize das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 blockiert. Neun Stunden lang hielten sie die Blockade der Verladeanlagen und Förderbänder aufrecht. Der Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin hatte die Aktion als parlamentarischer Beobachter begleitet. Der Energiekonzern Uniper, auf dessen Initiative die Strafverfolgung von Beutin erfolgt, ließ das umstrittene Kraftwerk noch im selben Jahr ans Netz gehen und will es trotz dem beschlossenen Kohleausstieg bis 2038 weiter betreiben.

Die parlamentarische Kontrolle polizeilichen Handelns gilt als wichtiges Instrument von Rechtsstaatlichkeit und als Element der Versammlungsfreiheit. Ende Gelände erwartet daher eine Einstellung des Strafverfahrens gegen den Bundestagsabgeordneten. Mit einer Kundgebung zum Prozesstermin will das Aktionsbündnis Solidarität mit Lorenz Gösta Beutin und allen parlamentarischen Beobachter*innen zum Ausdruck bringen und deren wichtige Rolle in einer lebendigen Demokratie unterstreichen.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 4. August 2021

Plädoyer für plumpes Denken

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Durch die Woche führt Robert Misik

Ohne Team und Coach gelang der Niederösterreicherin Kiesenhofer der Olympiasieg beim Radrennen. Bald unterrichtet sie wieder Differentialgleichungen.

Es sind ja gerade Olympische Sommerspiele, und ich muss gestehen, dass mich das nicht sonderlich elektrisiert, was aber an Sportarten wie Tauziehen, Pistolenschießen, Dressurreiten oder Golf liegt. So erfuhr ich von der Existenz Anna Kiesenhofers mit ihrem fulminanten Ritt zum Olympiagold im Fahrradstraßenrennen erst, nachdem es schon – nun ja, die Metapher hinkt etwas – „gelaufen“ war.

Kiesenhofer ist 30 Jahre alt, stammt aus Niederösterreich und ist schon eine extrem bemerkenswerte Person. Wahrscheinlich ist sie auch ein wenig ein Nerd. Es sind ja gerade Olympische Sommerspiele, und ich muss gestehen, dass mich das nicht sonderlich elektrisiert, was aber an Sportarten wie Tauziehen, Pistolenschießen, Dressurreiten oder Golf liegt.

Kiesenhofer fährt in keinem Team, hat keinen Coach, ist im allerengsten Sinne eine „Amateursportlerin“. Sie fährt noch nicht einmal bei internationalen Rennen mit, weil sie sich das ohne Sponsoren wohl auch gar nicht so leicht leisten könnte. Daher hatten sie ihre Konkurrentinnen auch nicht auf dem Zettel. Sie kannten sie schlichtweg nicht.

Alleingang einer Gewinnerin

Kiesenhofer fuhr bei dem Rennen zunächst im Führungspulk, setzte sich dann aber sehr schnell ab, eilte allein davon und fuhr den Sieg heim. Das hatte sie wahrscheinlich alles penibel berechnet, denn in ihrem anderen Leben ist sie Spitzenmathematikerin, beschäftigt sich mit undurchschaubaren Differentialgleichungen, bei denen wir Durchschnittsleute wohl nicht einmal die Fragestellung verstehen würden. Sie hat an der Technischen Universität in Wien studiert, in Cambridge und Barcelona Master und PhD gesammelt.

Gegenwärtig forscht und lehrt sie in Lausanne. Sie gibt auf Englisch fantastisch gute und sympathische Interviews. Die Frage, wie sie ihren Triumph jetzt feiern werde, beantwortet sie lachend mit dem Hinweis, dass sie sich jetzt in Niederösterreich in ihrem ehemaligen Kinderzimmer intensiv auf die Vorlesungen des Herbstes vorbereiten müsse, da sie im Vorfeld zu Olympia keine Zeit dafür hatte. Eine Frau, die alles schaffte – und das komplett auf sich allein gestellt.

Megan Dunn.jpg

Es ist natürlich kein Wunder, dass dieser Sieg sogleich als Metapher für den Triumph von Frauen benützt wird, die es immer noch sehr viel schwerer haben als Männer. Wie Olympia junge Frauen inspirieren kann: „Setzt euch vom Hauptfeld ab“, „reißt aus“, verlasst euch auf niemanden, kommentierte anderntags der konservative Wiener Kurier.

Meine erste, spontane Reaktion war: „Herrlicher Titel“. Aber dann kam ich ins Grübeln. Dass wir uns alle – nicht nur Frauen – vom Hauptfeld absetzen sollen, wir uns niemals auf andere verlassen sollen, als Einzelne zu Höchstleistungen streben, auf keine Einbettungen in Kollektiv und Solidarität bauen sollen – das wird uns doch allen seit dreißig Jahren eingebläut.

Es ist dagegen auch nicht grundsätzlich etwas einzuwenden, wenn Menschen etwas Besonderes sein wollen, denn gerade dieser innere Antrieb führt zu Höchstleistungen, nicht nur beim Sport, auch in der Kunst, Literatur, und im Geistesleben. Aber damit geht auch Druck einher, den man sich selbst macht, ein Getriebensein, dieser Stress, der sich in unsere Gesellschaften hineinfrisst, und diese existenzielle Alleinheit.

Komplex macht schlau

Quelle        :            TAZ-online        >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben        —             Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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Unten         —     Megan Dunn of Dubbo leading the peloton at the 2011 Renditions Homes Santos Cup in Adelaide.

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USA Gräben vertiefen sich

Erstellt von Redaktion am 31. Juli 2021

Sturm aufs Kapitol – im U-Ausschuss

Von Bernd Pickert

Der US-Untersuchungsausschuss zum Sturm aufs Kapitol könnte Fakten klären. Doch es geht nicht darum, der Wahrheit auf den Grund zu gehen.

Diese Woche hat er begonnen – der Untersuchungsausschuss des US-Repräsentantenhauses zu den Ereignissen des 6. Januar. Hunderte An­hän­ge­r*in­nen des noch amtierenden Präsidenten Donald Trump hatten an dem Tag das Kapitol gestürmt, waren in Sitzungssäle und Abgeordnetenbüros eingedrungen. Ihr Ziel: die endgültige Bestätigung des Wahlsieges von Joe Biden zu verhindern.

Es ist das zweite Mal, dass sich der Kongress mit dem Sturm aufs Kapitol beschäftigt. Schon beim Impeachmentverfahren gegen den dann schon nicht mehr amtierenden Trump waren die Ereignisse des Tages aufgerollt worden. Die Verfahren sind denkbar unterschiedlich, aber eines ist ihnen gemeinsam, auch wenn die De­mo­kra­t*in­nen das Gegenteil behaupten: Es geht nicht darum, die Wahrheit herauszufinden.

Die Aussagen der vier Polizisten beim Auftakt am Dienstag über ihre traumatischen Erlebnisse bei der Verteidigung des Kapitols gegen den wütenden Mob waren hochemotional und selbst in ihrer Überzogenheit glaubwürdig. Aber zur Klärung der politisch und juristisch tatsächlich offenen Fragen rund um den 6. Januar trugen sie nichts bei. Warum war die Polizei nicht vorbereitet? Warum dauerte es viele Stunden, bis Verstärkung durch die Nationalgarde anrückte?

Hier spaltet sich die politische Bewertung. Für die De­mo­kra­t*in­nen hat Trump einen Aufstand provoziert und sich dann geweigert, die adäquaten Maßnahmen gegen die eigenen Leute einzuleiten. Für die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen ist das Quatsch: Wenn überhaupt, dann sei es Repräsentantenhaus­chefin Nancy Pelosi selbst, die für den Schutz hätte sorgen müssen. Und jetzt stelle sie – durch ihre Ablehnung mehrerer republikanischer Abgeordneter als Mitglieder des Untersuchungsausschusses – sogar noch sicher, dass ihre eigene Rolle nicht thematisiert werde.

Keine bis wenig neue Erkenntnisse

Im Ergebnis all des Hickhacks ist von vornherein völlig klar, dass der Untersuchungsausschuss keine bis wenig neue Erkenntnisse zutage fördern wird. Vor allem aber wird er nichts dazu beitragen, dass die gespaltene Öffentlichkeit sich auf eine gemeinsame, faktenbasierte Version dessen einigt, was am 6. Januar wirklich passiert ist.

Niemand hat die Protestierenden nach Europa geladen, um auch hier nach der verkauften Demokratie zu suchen ?

Genau wie vor dem Beginn der Anhörungen werden die De­mo­kra­t*in­nen auch hinterher von einem organisierten Aufstand sprechen, einem Putschversuch. Für die Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen wird es ein Riot am Rande einer friedlichen Demonstration bleiben – schlimm, ja, aber nicht so schlimm wie das Niederbrennen ganzer Stadtteile am Rande von Black-Live-Matter-Demos nach dem Tod von George Floyd.

Quelle       :       TAZ-online     >>>>>       weiterlesen

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Oben     —     Rioters outside the Capitol shortly after Congress was evacuated

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Brunsbüttel statt Braunkohle

Erstellt von Redaktion am 29. Juli 2021

Geplanter Protest von Ende Gelände

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Von Katherina Schipkowski

Ein geplantes Terminal für Erdgas zieht die Ak­ti­vis­t*in­nen von Ende Gelände nach Norddeutschland. Zudem wollen sie mit einem Mythos aufräumen.

 Nach sechs Jahren regelmäßigen Protests im rheinischen Braunkohlerevier haben sich die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen von Ende Gelände ein neues Ziel gesucht: Liquefied Natural Gas (LNG). Ab Freitag wollen sie im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel den Bau eines geplanten Terminals blockieren, an dem zukünftig Erdgas in flüssiger Form angeliefert, regasifiziert und verladen werden soll. Gleichzeitig plant Ende Gelände, mit einer zweiten Massenaktion in Hamburg auf die globale Dimension der Klima­kri­se und das Fortbestehen kolonialer Ausbeutung in den Ländern des globalen Südens durch europäische Konzerne aufmerksam machen.

„Die Klimakrise und neokoloniale Ausbeutung gehen Hand in Hand“, sagt die Ende-Gelände-Sprecherin Elia Nejem. Das zeige sich am dem geplanten LNG-Terminal besonders, weil ein großer Teil des dort zukünftig angelieferten Erdgases aus Regionen kommen soll, in denen es durch unkonventionelles Fracking gewonnen wird, wie etwa den USA oder Argentinien. Beim in Deutschland verbotenen unkonventionellen Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein gepresst, sodass Risse entstehen und Öl und Gas gehoben werden können.

In Deutschland erlaubt ist derzeit nur konventionelles Fracking, bei dem im tiefer liegenden Sandstein gebohrt wird, also weiter weg von der Oberfläche und den Grundwasserreservoirs. Die 2017 erlassene Frackingregelung endet jedoch in diesem Jahr, der Bundestag muss das Verbot dann neu prüfen. Für die Ak­ti­vis­t*in­nen ist das ein Anlass, das Thema vor der Bundestagswahl auf die Agenda zu setzen. Auch beim konventionellen, in Deutschland erlaubten Fracking ist der Wasserverbrauch enorm, betroffene Regionen leiden zudem oft unter Erdbeben und erhöhten Krebserkrankungsraten.

Die Planungen für das erste deutsche LNG-Terminal laufen seit Jahren. Im Gespräch waren mehrere Standorte, darunter neben Brunsbüttel auch Wilhelmshaven und Stade. In Wilhelmshaven liegt das Projekt mittlerweile auf Eis.

Das Problem mit dem Methan

Die Landesregierungen in Hannover (SPD und CDU) und Kiel (CDU, Grüne, FDP) haben die Projekte jeweils in ihrem Koalitionsvertrag verankert. In Schleswig-Holstein sprach sich ein Parteitag der Grünen jedoch dagegen aus. Be­für­wor­te­r*in­nen versprechen sich von der „Brückentechnologie“ einen geringeren Ausstoß von Kohlenstoffdioxid sowie weniger Schwefel, Feinstaub und Stickoxide als bei konventionellen Treibstoffen. Später könne das Terminal für Wasserstoff genutzt werden, so die Kalkulation.

„LNG ist die größte Klimalüge unserer Zeit“, sagt der argentinische Aktivist Esteban Servat, der sich bei Ende Gelände engagiert. Die durch Erdgas verursachten Emissionen seien ähnlich hoch wie die von Kohle, zudem zerstöre der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall in seiner Heimatregion Mendoza im Westen Argentiniens durch Fracking die Natur und sei verantwortlich für Vertreibungen, Krankheiten und Menschenrechtsverletzungen.

„Durch den Bau von LNG-Importterminals wie in Brunsbüttel unterstützt die Bundesregierung diese Ausbeutung und fördert im Ausland das, was zu Hause verboten ist.“ Die Heuchelei und der Klimakolonialismus müssten beendet werden, sagt er. Die Ak­ti­vis­t*in­nen weisen auch darauf hin, dass das bei der Förderung, dem Transport und Verbrauch von Erdgas freigesetzte Methan ein schädlicheres Treibhausgas ist als CO2.

Ende Gelände wollen auch an sich selbst arbeiten

Quelle       :     TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

„Bei Gas gibt es eine koloniale Komponente“

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Das Interview führte Susanne Schwarz

Klimakrise und Rassismus hängen für Aktivistin Elia Nejem zusammen. Deshalb will sie bei Ende Gelände einen migrantischen Protest starten

taz: Frau Nejem, zeitgleich zu einer Blockade von Ende Gelände am Flüssiggasterminal in Brunsbüttel rufen Sie auch zu einer „Anti-Kolonialen Attacke“ in Hamburg auf. Was kann man sich denn darunter vorstellen?

Elia Nejem: Das wird auch eine Aktion des zivilen Ungehorsams für Klimagerechtigkeit. Und sie wird vor allem von Menschen of Colour getragen. Blockaden wird es geben, aber zum genauen Konzept und Ort kann ich noch nichts sagen.

Weiße Ak­ti­vis­t:in­nen sind „auch eingeladen“, sollen sich aber nicht in den Vordergrund drängen. Haben Sie da böse Mails bekommen?

Nein, zumindest habe ich davon nichts mitbekommen. Es gab in der Klimagerechtigkeitsbewegung in der letzten Zeit viel Kritik an der nicht vorhandenen Rassismus-Reflektion. Ich denke, dass sich Menschen vermehrt damit auseinandergesetzt haben, dass wir solche Räume brauchen.

Schwarze Menschen und ­People of Colour haben vor ein paar Jahren extra das Kollektiv Black Earth gegründet, um so einen eigenen Raum zu haben. Warum ist die Klimabewegung in Deutschland so weiß?

Ein Grund dafür, dass Menschen of Colour sich in weißen Räumen häufig unwohl fühlen, ist auf jeden Fall die rassistische Dynamik. Wenn man ständig gefragt wird, wo man herkommt oder gleich auf Englisch angesprochen wird, bekommt man das Gefühl, dass man da nicht hingehört.

Also liegt es am Verhalten der weißen Klimaaktivist:innen?

Ja, aber nicht nur. Ein weiterer Grund ist strukturelle Ungleichheit. Aktivismus ist für weiße Menschen tendenziell einfacher. Sie haben eher Zugang zu Bildung und Studium. Sie müssen sich seltener damit rumschlagen, wie sie nun Geld verdienen, weil Reichtum sich eben eher in weißen Familien sammelt. Und dann muss man auch sagen: Speziell Aktionen zivilen Ungehorsams sind für Menschen of Colour riskanter. Wir leben in einer Gesellschaft, die rassistisch geprägt ist, mit einem Polizeiapparat, der auch rassistisch geprägt ist.

Sie sind ja selbst als Person of Colour zur Klimabewegung gestoßen, wie haben Sie das erlebt?

Quelle      :            TAZ-online       >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Ceremony of opening of gasoline Nord Stream. Among others Angela Merkel and Dmitry Medvedev

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Wir fordern: Verkehr sparen

Erstellt von Redaktion am 28. Juli 2021

Die fünf Säulen der Verkehrswende

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Quelle     :     Untergrundblättle – CH 

Von Aktion Automarder

Was geschehen muss, damit der Umstieg von Auto auf Fuß, Fahrrad und ÖPNV klappt. Wir fordern: Verkehr sparen, Flächen umverteilen!

Viele Jahrzehnte völlig einseitige Orientierung auf den Personen- und Gütertransport per PKW und LKW haben eine verheerende Abhängigkeit von dieser Art der Fortbewegung geschaffen. Die vielen Nachteile der Toten und Verletzten, der Zuasphaltierung von Stadt und Land, der Luft- und Lärmbelastung sowie dem gigantischen Bedarf an Rohstoffen für Bau und Betrieb wurden ausgeblendet. Bahnstrecken verödeten, während gigantische Arbeitskraft und Geld in den Ausbau der Autoinfrastruktur gesteckt wurden. Die Wende hin zu menschen- und umweltfreundlichen Verkehrssystemen braucht daher vielerorts erhebliche Kapazitäten. Vielfach lassen sich die geschaffenen Systeme aber auch gut umnutzen.Was jetzt schnell und konsequent geschehen muss, lässt sich in vier Worten zusammenfassen: Verkehr sparen, Flächen umverteilen! Aktionen für eine Verkehrswende sollten zu den konkreten Forderungen passen, die PKW- und LKW-Verkehr reduzieren und die von diesem eingenommenen Flächen für mehr Lebensqualität in den Orten, andere Formen der Fortbewegung oder eine Renaturierung frei werden lassen.

Die fünf Säulen der Verkehrswende

Im Folgenden soll benannt werden, was nötig ist, um vom gefährlichen und umweltzerstörenden Autoverkehr zu sinnvollen Alternativen zu kommen. Bis heute hat Verkehrspolitik nämlich zwei Macken. Zum einen werden weiterhin Strassen und Stellplätze gebaut. Mitunter geschieht das mit dem Versprechen, Menschen von Lärm- und Luftbelastung zu entlasten. Doch jede neue Autoinfrastruktur für zu mehr Verkehr. Zudem sind die kleinen Massnahmen für andere Verkehrsmittel fast immer Stückwerk. Es geschieht viel zu wenig und viel zu langsam, zudem ist vieles nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Verkehrswende muss konsequent geschehen, sonst gibt es am Ende nur Verlierer*innen. Hier mal ein Radwegchen und da mal eine etwas längere Grünphase für Fussgänger*innen reicht nicht. Die echte Verkehrswende besteht aus fünf Bausteinen. Aktionen und Verkehrswendevorschläge sollten darauf abzielen.

1. Verkehr vermeiden – für eine Politik der kurzen Wege!

Verkehr wird erzwungen, wenn die Lebensbereiche der Menschen auseinandergerissen werden – und er verringert sich, wenn zusammenwächst, was zusammengehört. Wenn Menschen in Stadtteilen und Dörfern (wieder) Einkaufsmöglichkeiten, Kulturangebote, Arbeitsplätze, Arztpraxen usw. finden, fallen viele Wege weg oder werden so kurz, dass Fuss und Fahrrad viel attraktiver sind als ein eigenes Auto, welches Geld kostet, Platz wegnimmt und durch die Parkplatzsuche bei kurzen Wegen auch nicht schneller ist.

Eine Politik der kurzen Wege besteht zum einen aus der Verhinderung weiterer Zentralisierungsprozessen und verkehrsintensiver Märkte auf der grünen Wiese, zum anderen müssen dezentrale Angebote entsprechend gefördert und unterstützt werden. Regional- und kommunale Planung müssen darauf ebenso ausgelegt werden wie entsprechende Förderprogramme von Bund und Ländern.

2. Autofreie Ortszentren und sensible Zonen als Anfang … und dann ausdehnen!

Der Autoverkehr (motorisierter Individualverkehr) muss zurückgedrängt werden, zunächst aus den Innenstädten. Ortszentren und um Schulen, Kindergärten, Kliniken usw., dann aus Wohngebieten, am Ende überall. Die freiwerdenden Flächen werden dringend für andere Verkehrssysteme, Aufenthalts- und Spielflächen und Begrünung gebraucht. Vor allem aber steigert das Fernbleiben des PKW-Verkehrs aus dem unmittelbaren Umfeld verkehrsintensiver Orte die Chance, dass Menschen auf andere Weise dorthin gelangen können und wollen. Erst wenn der tägliche Horror vieler Elterntaxis von Kindergärten und Grundschulen Abstand hält, ist gefahrloses Ankommen zu Fuss oder mit dem Fahrrad wieder möglich. Wenn Geschäfte oder Bildungseinrichtungen mit dem Fahrrad oder ÖPNV direkt und gefahrlos anfahrbar sind, aber vom Park&Ride-Platz noch ein Umstieg oder ein Fussmarsch nötig sind, werden sich die umwelt- und menschenverträglichen Verkehrsmittel durchsetzen.

3. Schienenverkehr stärken, Busse als Zubringer und Nulltarif einführen!

Mobilität muss für alle gleichermassen möglich sein. Dafür bedarf es eines flächendeckenden, dichten Netzes an Bus- und Bahnlinien – und das zum Nulltarif, also der Abschaffung des Fahrkartenwesens. Die Einsparung durch einen Wechsel vieler Menschen vom Auto auf Rad und ÖPNV ist höher als die Kosten des fahrscheinlosen Fahrens.

Ausgebaut werden sollen vor allem die fussgänger*innenfreundlichen und barrierefreien Strassenbahnen. Sie bewegen zudem auf ihrem Querschnitt mehr Menschen bewegen als Autos und Busse und sind einfacher einzurichten und zu betreiben als unterirdische Bahnen. Zudem ist vielerorts möglich, die Tramgleisnetze in der Stadt mit den Eisenbahnlinien der Umgebung zu verknüpfen. Diese sogenannten RegioTrams bringen dann die Menschen aus der Peripherie direkt zu den wichtigen Orten der Metropolen. Viele Städte haben einen Anteil von 60 bis 80 Prozent des PKW-Aufkommens aus der Umgebung, so dass diese Verknüpfung sehr wichtig ist.

Busse mit klimafreundlichem Antrieb dienen als Zubringer von Haustür zu den Bahnhaltestellen mit direkten, überdachten und barrierefreien Übergängen zum Bahnverkehr. Wo der Platz für Strassenbahnen fehlt oder Hindernisse zu überwinden sind, können auch Seilbahnen eine Lösung innerhalb von Orten oder zu ausgewählten Zielen sein.

4. 50 Prozent und mehr des Verkehrs aufs Fahrrad – mit einem Netz von echten Fahrradstrassen!

IAA Verkehrswende Demo 16.JPG

Etliche Städte in den Niederlanden, in Dänemark und auch einige in Deutschland zeigen, dass es möglich ist, über die Hälfte der zurückgelegten Wege mit dem Fahrrad zu bewältigen. Solche Fahrradstädte sind attraktiv, nicht nur für die Menschen auf dem Rad, sondern auch bei denen, die dort wohnen, einkaufen, sich erholen oder Geschäfte betreiben. Denn Fahrräder nehmen viel weniger Platz weg und brauchen kein Parkticket, so dass ihre Nutzer*innen entspannter in der Stadt unterwegs sind.

Um das Radfahren systematisch zu fördern. Um Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen, braucht es vor allem ein Netz von Fahrradstrassen, die gar nicht von Autos oder höchstens von Anlieger*innen befahren werden. Um neue Flächenversiegelung zu vermeiden, sollten bevorzugt bisherige Autostrassen umgewandelt werden. Durchgangsverkehr ist durch Polder oder gegenläufige Einbahnstrassen ganz zu unterbinden.Fahrradstrassen müssen zu allen wichtigen Mobilitätspunkten verlaufen, zum Beispiel Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Kultureinrichtungen, Einkaufsmärkte, Ortszentren und Bahnhöfe. Kreuzungen mit Autostrassen sind sicher zu gestalten und möglichst oft die Fahrradstrasse mit Vorfahrt auszustatten. Neben dem Fahrradstrassennetz sind überdachte und sichere Abstellanlagen, Leihradsysteme und gute Ausschilderung wichtig.

5. Fusswege und autofreie Plätze schaffen und verbessern

Nicht vergessen werden dürfen die Wege zu Fuss, die im Nahbereich und zu den Haltestellen stets Teil der Mobilität sind. Wichtig ist genug Platz, verbunden mit angenehmen Aufenthalts- und Spielplätzen, sowie eine barriere- und lärmfreie Gestaltung. Hilfreich sind gute Ausschilderung und Unterstellmöglichkeiten bei Regen. An Ampeln erhöht das Rundum-Grün (alle Ampeln für Fussgänger*innen gleichzeitig auf Grün, alle anderen gleichzeitig rot) nicht nur die Sicherheit, sondern ermöglicht auch das zügige Überqueren in der Diagonalen.

Für all diese Teile einer konsequenten Verkehrswende lohnt es sich, Forderungen zu stellen, Pläne zu entwickeln und Aktionen durchzuführen. Darüber hinaus gilt: Keine Strassen mehr! Sofortiger Baustopp überall! Denn: „Wer Strassen baut, wird Verkehr ernten!“ Deutlich zeigte das der Fertigbau der A94 östlich von München. Kaum fertig, stiegen die Menschen von der Bahn aufs Auto um. Das ergab eine erste Untersuchung des durch den Autobahnbau veränderten Mobilitätsverhalten.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.
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Oben      —       Protest against IAA in Frankfurt. #aussteigen

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Der Regenmacher aus NRW

Erstellt von Redaktion am 22. Juli 2021

Maßlos und ohne Anstand

Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel gibt es nicht O12816.jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Armin Laschet, die rheinische Frohnatur, kann es nicht lassen und liefert gleich selbst und nicht zum ersten Mal den Beweis, dass er für das angestrebte Kanzleramt völlig ungeeignet ist. Nachdem er auf die Flutkatastrophe erst mit einem Tag Verspätung reagierte, also zu spät, plappert er jetzt betmühlenartig bei jeder auch unpassenden Gelegenheit davon, wie gut seine Regierung in NRW Klimaschutz-Politik betreibe. Einerseits will er mehr Tempo beim Klimaschutz, andererseits kanzelt er eine Interviewerin im WDR batzig ab, dass man nicht wegen eines Tages die Politik ändert, um dann später im Rücken des Bundespräsidenten bei dessen Rede zu den Betroffenen und bei deren unsäglichem Leid lachend mit seiner Begleitung zu plaudern. Pfui Deife! Schamlos, ohne jeden Anstand und politisch eine Idiotie! Laschet! Bilder sind stärker als Worte und können Karrieren ruinieren! Es ist nicht ausgeschlossen, dass damit seine Wahl für ihn gelaufen ist.

Für einen Mann, der Kanzler werden will, ist so etwas keine Lapalie, die man mit einer billigen Entschuldigung oder windigen Erklärungen abtun kann. Das ist ein eklatanter Beweis für total mangelnde Führungseigenschaft und Gemeinwohl-orientierung. Eine solche Entgleisung darf sich unser Volk nicht gefallen lassen, es sei denn, es verfällt in völlige politische Dumpfheit. Anstatt sich aktiv und initiativ in unserem föderalen Chaos und Kompetenz-Wirrwarr des Katastrophenschutzes einzubringen, nutzt er jede sich nur bietende Gelegenheit, sich mit anderen, höheren Representanten aus der Politk und mit nichtssagenden Phrasen in Gummistiefeln zu präsentieren und gegen politische Gegner zu sticheln. Die von der Flutkatastrophe Betroffenen brauchen jetzt wirklich keinen Wahlkampf! Nachdem die unendlich mühevollen Aufräumarbeiten 6 Tage nach dem Ereignis immer noch überwiegend von den Menschen vor Ort und von sonstwoher unter größten Anstrengungen vorangetrieben werden, braucht es jetzt endlich massive Hilfe vom Staat mit Spezialisten und Gerät. Versprochene Steuerstundungen und 200 € auf die Hand sind da blanker Hohn.

Ende Gelände Demonstration 27-10-2018 30.jpg

Natürlich ist der Klimawandel global und die Natur immer stärker als der Mensch, aber bei einer intakten Natur kommen solche Schäden kaum vor. Seit Jahrzehnten fördert die Regierung in NRW z.B. die schamlose Ausbeutung in ihren Braunkohlerevieren. Dabei geht es nicht nur um wertvolles Ackerland und Wälder, sondern um ganze Dörfer voller Menschen, die brutal vertrieben worden sind. Jetzt ist der Ausstieg aus der Kohle zwar bundesweit beschlossen, Strahlemann Laschet und BlackRock-Jünger Merz spreizen sich aber mit Händen und Füßen gegen einen Ausstieg, der die Industrie zu Verzichten zwingen könnte. Dabei müssen wir alle verzichten, wenn wir unseren Nachkommen eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Maßloses Politgedöns und von Laschet auch noch ohne Anstand vorgetragen hilft keinem weiter, schon gar nicht den von der Flutkatastrophe Betroffenen. Unsere bereits stark schwächelnde Demokratie darf nicht durch narzisstische Frohnaturen vollends erwürgt werden. Wir dürfen uns nicht total verblöden lassen und müssen ein Mindestmaß an Anstand für das Gemeinwohl fordern!

Urheberecht
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Oben        —   Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel

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Flüchtlinge in Libyen

Erstellt von Redaktion am 3. Juli 2021

Mit Maschinengewehren gegen Flüchtlinge

Listening to the experiences of migrants from Libya.jpg

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von Red. / 

 In libyschen Flüchtlingslagern nehmen Hunger und Gewalt erschreckende Ausmasse an. Auch die EU trägt eine Mitverantwortung.

Hilfsorganisationen schlagen wegen der katastrophalen Verhältnisse in libyschen Internierungslagern für Flüchtlinge zum wiederholten Mal Alarm. Die Lager sind stark überbelegt, weil die von der EU trainierte und ausgerüstete libysche Küstenwache immer mehr Flüchtlinge aufgreift – dank systematischer Zuarbeit der EU-Flüchtlingsabwehrbehörde Frontex. Allein in den ersten sechs Monaten 2021 wurden bereits mehr Migranten von der Küstenwache festgesetzt als im Gesamtjahr 2020. Der Europäische Auswärtige Dienst lobt, die Küstenwache, die unerwünschte Flüchtlinge von der EU fernhält, erziele «exzellente Ergebnisse».

Prellungen, Schnittwunden, Knochenbrüche

Die Hilfsorganisation Médecins sans frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) teilte kürzlich mit, dass sie ihre Arbeit in zwei Lagern in Tripolis wegen des gewalttätigen Vorgehens des Lagerpersonals vorübergehend einstellen müsse. So berichtet MSF, am 17. Juni hätten Mitarbeiter der Organisation das Lager Mabani in Tripolis besucht – und mitansehen müssen, wie Flüchtlinge willkürlich verprügelt wurden, wenn sie ihre Zellen zur ärztlichen Visite verlassen wollten. Letztlich konnte MSF 19 Migranten behandeln, die Prellungen, Schnittwunden und Knochenbrüche erlitten hatten. Wie MSF erfuhr, hatte es in der Nacht zuvor heftige Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Wächtern gegeben, welche die Internierten zuvor verbal und körperlich misshandelt hatten. Im Lager Mabani seien mindestens 2000 Menschen eingesperrt, berichtet MSF.[1]

In einem weiteren Lager in Tripolis, Abu Salim, seien Besuche ab dem 13. Juni für eine Woche nicht zugelassen worden. MSF fand heraus, dass Wächter dort mit automatischen Schusswaffen auf Lagerinsassen gefeuert hatten. Die Zahl der Verletzten war beträchtlich. Umso schwerer wog es, dass Ärzte der Hilfsorganisation sieben Tage lang keine Chance erhielten, die Opfer ärztlich zu versorgen. Wegen der eskalierenden Gewalt und aus Sorge um die Sicherheit der Ärzte sah sich die Organisation Médecins Sans Frontières schliesslich gezwungen, Besuche in Mabani und Abu Salim ab sofort bis auf weiteres einzustellen. Damit erhalten kranke und verletzte Flüchtlinge in den Lagern vorerst keine ärztliche Hilfe.

Hunger, Enge, Gewalt

Laut MSF sind die Lebensbedingungen in den Lagern ohnehin desolat. So erhalten die internierten Flüchtlinge nur eine oder zwei Mahlzeiten pro Tag – «gewöhnlich ein kleines Stück Brot mit Käse oder einen Teller Nudeln, den sich viele teilen müssen».[2] Mitarbeiter von MSF haben beobachtet, dass manche Lagerinsassen ihren Hunger zuweilen mit Medikamenten zu stillen suchen. Zudem sind die Internierungslager unzulänglich belüftet und haben oft kaum natürliches Licht, ein verlässlicher Zugang zu sauberem Wasser und zu sanitären Einrichtungen fehlt.

Weil die libysche Küstenwache immer mehr Flüchtlinge auf dem Meer aufgreift, sind die Lager mittlerweile dramatisch überfüllt. In manchen von ihnen teilen sich bis zu vier Migranten einen Quadratmeter; das hat zur Folge, dass sie nur in Schichten schlafen können. Die katastrophalen Verhältnisse sowie körperliche Übergriffe des Lagerpersonals führen dazu, die ohnehin stets vorhandenen Spannungen in den Einrichtungen anschwellen zu lassen. Sie entladen sich seit Anfang 2021 zunehmend in Gewalt.

Sexualisierte Gewalt

Gleichzeitig werden neue Berichte über sexuellen Missbrauch in libyschen Internierungslagern bekannt. Demnach werden seit Monaten mehrere junge Frauen aus Somalia im Alter zwischen 16 und 18 Jahren in dem Lager Shara al Zawiya in Tripolis vom Lagerpersonal vergewaltigt. Das Lager ist – wie Mabani oder Abu Salim – eines derjenigen, die das libysche Department for Combating Illegal Immigration (DCIM) betreibt. Dieses wiederum ist unmittelbar dem libyschen Innenministerium unterstellt, mit dem die EU offiziell kooperiert.

Menschenrechtsorganisationen versuchen seit Wochen, die Entlassung der jungen Frauen aus dem Lager zu erreichen, haben aber bislang keinen Erfolg.[3] Dabei wird seit Jahren von systematischem sexuellem Missbrauch an Flüchtlingen berichtet. «Sexualisierte Gewalt» werde «straflos von Menschenhändlern entlang den Migrationsrouten verübt», aber auch in Polizeigefängnissen und in Internierungslagern, hiess es beispielsweise in einem Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2019.[4] Menschenrechtler weisen darauf hin, dass in den Lagern zwar meistens Frauen, zuweilen aber auch Männer und Jungen sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind.[5]

Demonstration signs - Shut Down FRONTEX Warsaw 2008.jpg

Mit Hilfe von Frontex

Auf die Berichte über die Vergewaltigung junger Frauen in Shara al Zawiya hat eine Sprecherin der EU-Kommission mit der Forderung reagiert, die Internierungslager müssten «schliessen».[6] Diese Forderung steht allerdings in bemerkenswertem Kontrast zu der Tatsache, dass die EU massgebliche Verantwortung für die stetige, zuletzt sogar rasch zunehmende Internierung von Flüchtlingen in den Lagern trägt. Dies zeigen Recherchen über aktuelle Praktiken der EU-Flüchtlingsabwehrbehörde Frontex.

Frontex überwacht das Mittelmeer zwischen Libyen und Italien respektive Malta nicht mit Schiffen, sondern mit Flugzeugen, die Flüchtlingsboote aufspüren. Frontex informiert dann sämtliche Seenotleitstellen – die italienische, die maltesische, aber auch die libysche –, doch den Recherchen zufolge bleiben die italienischen wie auch die maltesischen Stellen immer wieder untätig, bis schliesslich die libysche Küstenwache die Flüchtlinge aufgreift. Dies geschieht auch in Gewässern, für die eindeutig die europäische Seite zuständig ist.[7] Von der libyschen Küstenwache zurück nach Libyen gebracht, landen die Flüchtlinge regelmässig in Internierungslagern, darunter solche wie Mabani oder Abu Salim.

EU: «Exzellente Ergebnisse»

Dabei ist die libysche Küstenwache immer wieder von der EU unterstützt worden, jüngst etwa im Rahmen eines Pilotprojekts, das die Such- und Rettungsfähigkeiten der Küstenwache systematisch verbessern sollte. In diesem Zusammenhang sind Berichten zufolge mehr als hundert Mitglieder der libyschen General Administration for Coastal Security (GACS) trainiert worden; zudem trägt mittlerweile die Türkei zur Ausbildung sowie zur Ausrüstung der Küstenwache bei.[8]

Ein interner Bericht des Europäischen Auswärtigen Diensts stuft die Massnahmen als äusserst erfolgreich ein: «Die Effektivität der libyschen Küstenwache», heisst es mit Blick auf die Entwicklung im zweiten Halbjahr 2020, «konnte gesteigert werden und exzellente Ergebnisse erzielen».[9] In der Tat ist die Zahl der Flüchtlinge, die libysche Küstenwächter von ihren Booten holten sowie zurück nach Libyen brachten, von 9000 im Jahr 2019 auf fast 12’000 im Jahr 2020 gestiegen; allein zwischen dem 1. Januar und dem 19. Juni dieses Jahres belief sich ihre Anzahl laut Médecins sans frontières bereits auf mehr als 14’000.[10] Die Mitwirkung von Frontex stuft die Völkerrechtlerin Nora Markand von der Universität Münster als «mit dem Völkerrecht unvereinbar» ein: Es handle sich «im Grunde» um «Beihilfe zu schwersten Menschenrechtsverletzungen».[11]

Die zweite Berliner Libyen-Konferenz

An der zweiten Berliner Libyen-Konferenz vom 23. Juni spielte die Lage der Flüchtlinge keine Rolle. Die Konferenz beschloss, sämtliche ausländischen Truppen und Söldner müssten umgehend aus Libyen abziehen; zudem müssten die für den 24. Dezember angekündigten Parlaments- und Präsidentenwahlen pünktlich abgehalten werden. Der deutsche Aussenminister Heiko Maas feierte die Konferenz als einen Erfolg. Allerdings fehlen Berlin – wie schon nach der ersten Libyen-Konferenz vom Januar 2020, die faktisch scheiterte – die Machtmittel, um die Forderungen durchzusetzen. Wie Berliner Experten bestätigen, fungieren bei den verfeindeten Parteien in Libyen als «Sicherheitsgaranten» in Wirklichkeit nicht Deutschland und die EU, sondern die Türkei und Russland [12]. Daran hat das Berliner Treffen nichts geändert.

Dieser Beitrag ist auf german-foreign-policy.com erschienen.

Fussnoten:
[1], [2], [10] Libyen: Ärzte ohne Grenzen muss aufgrund massiver Gewalt in Internierungslagern von Tripolis Hilfe vorübergehend einstellen. msf.org 24.06.2021
[3] Minors accuse guards at Libya detention centre of sexual assault. aljazeera.com 20.06.2021.
[4], [5] Women migrants reduced to sex slaves in Libya ‹hell›. euractiv.com 23.06.2021.
[6], [8] Nikolaj Nielsen: Libyan detention centres must end, EU says. euobserver.com 22.06.2021.
[7], [9], [11] Frontex und die libysche Küstenwache: Tödliche Kollaboration. tagesschau.de 29.04.2021.
[12] S. dazu «Die zweite Berliner Libyen-Konferenz».

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Oben        —   UK International Development Secretary, Andrew Mitchell, talks to migrants at a transit camp near the Tunisian border with Libya. More than 100,000 people have crossed the border from Libya in the past week.

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Unten      —       Shut Down FRONTEX demonstration 2008 in Warsaw

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Mururoa-Atoll im Südpazifik

Erstellt von Redaktion am 1. Juli 2021

Erfolgreicher Protest gegen französische Atomwaffentests auf Mururoa

Mururoa lagon.jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein

Wie der BUND am Nördlichen Kaiserstuhl vor 25 Jahren die französischen Atomtests in Polynesien stoppte…

Ich geb´s ja zu. Die vollständige Überschrift über diesem Beitrag müsste lauten: „Wie der BUND am Nördlichen Kaiserstuhl, gemeinsam mit Millionen von Menschen und Tausenden von Gruppen weltweit, vor 25 Jahren die französischen Atomtests in Polynesien stoppte.“ Aber jede einzelne dieser unglaublich vielen Gruppen könnte heute mit Recht auf ihren großen-kleinen Anteil am erfolgreichen Protest von 1995-1996 hinweisen. Es geht nicht um Überheblichkeit, sondern um das Wissen der Macht des kleinen Rädchens im großen Weltgetriebe. Und die selbstbewusst-freche Überschrift soll allen Aktiven heute Mut machen, sich vor Ort und dennoch global zu engagieren und einzumischen für Mensch, Natur, Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit…

Vor 25 Jahren: Erfolgreicher Protest gegen französische Atomwaffentests auf Mururoa

Eines der unrühmlichsten Kapitel der jüngeren französischen Geschichte waren die Atomwaffentests in Polynesien und die darauffolgende radioaktive Verstrahlung. Von 1960 bis 1996 führte die Kolonialmacht Frankreich in Nordafrika und im Pazifik insgesamt 210 Atomtests durch. Davon waren 50 besonders verheerende oberirdische Atomtests. Die enorme Zahl aller Atomexplosionen, insbesondere die Testserien der Großmächte USA und Sowjetunion, führten zu einer globalen Belastung mit radioaktiven Stoffen und zu weltweiten Protesten. 1963 trat der von den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und Großbritannien unterzeichnete Atomteststoppvertrag in Kraft und bedeutete das Ende aller Tests in der Atmosphäre. Doch Frankreich führte selbst nach dem Abschluss des partiellen Atomteststoppvertrags weiterhin oberirdische Atomtests durch. Auf Proteste reagierten die unterschiedlichen französischen Regierungen teilweise sehr aggressiv, etwa als 1985 das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“ vom französischen Geheimdienst versenkt wurde. Alle oberirdischen Atomtests haben zu einer weltweiten Strahlenbelastung der Erde geführt, was die Gesundheit der Menschen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beeinträchtigte und beeinträchtigen wird. In der Nähe der Testgelände führten die atmosphärischen Tests häufig zu einem intensiven radioaktiven Fallout, zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der lokalen Bevölkerung und zu Verseuchungen der Umwelt. Die gesundheitlichen Folgen für die Menschen in Polynesien waren verheerend. Wasserproben zeigten eine Nachweisbarkeit des Fallouts bis nach Südamerika. Neuseeländische Milch enthielt hohe Dosen an radioaktivem Jod. Die Ureinwohner auf Mururoa wurden durch diese Kolonialverbrechen teilweise dauerhaft aus ihrer Heimat vertrieben. Eine neu gestartete Testserie Frankreichs führte 1995-1996 zu schweren Unruhen auf Tahiti und internationalen Protesten. Am 27. Januar 1996 zündete Frankreich auf dem Mururoa-Atoll im Südpazifik die sechste und letzte Atombombe einer Unterwasser-Testreihe. Erfolgreicher Protest ist wie ein selbstspielendes Klavier mit vielen Tasten. Da gab es die „Greenpeace-Taste“, die „Boykott-Taste“, die „Protest-Taste“ und die kritischen Pressekommentare. Auch die grenzüberschreitende Umweltbewegung am Oberrhein reagierte mit gemeinsamen Demos und Aktionen (nicht nur) in Freiburg, Mulhouse und Straßburg. Hier zeigte sich die jahrzehntelang geübte gute Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Eine von weltweit tausenden Protestaktionen organisierte der BUND am Nördlichen Kaiserstuhl. Unterstützt von französischen Umweltaktiven gab es am Grenzübergang Sasbach-Marckolsheim regelmäßige Demos, Mahnwachen und Aktionen mit Bannern und Transparenten und viel Zuspruch aus der Bevölkerung. Das „Protest-Klavier“ funktionierte und es spielte immer lauter, während die teure PR der Rüstungslobby immer weniger wirkte. Zermürbt von diesem anschwellenden weltweiten Protest, Boykott-Aufrufen, juristischen Klagen und von dieser erfolgreichen globalen Zusammenarbeit erklärte der französische Staatspräsident Jacques Chirac 1996, also vor 25 Jahren, das offizielle Ende der französischen Kernwaffentests. Jetzt werden die französischen Explosionen am Computer simuliert. Im Jahr 2000 zogen die Franzosen von dem Atoll ab.

Mururoa lg.jpg

Bis heute ist Mururoa ein Sperrgebiet und in rund 140 Bohrschächten lagern große Mengen langlebiger radioaktiver Abfälle. Seit 1996 hat die Anzahl der atomaren Sprengköpfe weltweit zwar abgenommen, doch im neuen Kalten Krieg „modernisieren“ die Atommächte die verbliebenen Arsenale, und nicht nur im Nahen Osten versuchen immer mehr Staaten durch den Bau von neuen AKW in den Besitz von Atomkraftwaffen zu kommen. Auch wenn die atomaren Gefahren durch Atomwaffen, zum Beispiel durch die US-Bomben in Büchel, weiter existieren, zeigt der erfolgreiche Protest vor einem Vierteljahrhundert, dass Umwelt- und Friedensbewegung gemeinsam erfolgreich sein können und dass kleine, örtliche Proteste, eingebunden in weltweite Aktionen durchaus auch wirksam sind. Es ist ein wenig verwunderlich, dass diese Erfolge heute, ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der französischen Tests vergessen sind und nicht gefeiert werden. Axel Mayer, Mitwelt am Oberrhein, (Alt-) BUND-Geschäftsführer und Mitorganisator der damaligen Proteste

Urheberecht
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Oben        —     The lagoon of Mururoa

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Der Staat legt seine Saat

Erstellt von Redaktion am 25. Juni 2021

Ella/UP1 wird verurteilt zu 2 Jahren, 3 Monaten Haft

Dannenrode forest occupation 2020-08-21 140.jpg

Hatte sie versucht an einen Gebäude des Staat zu zündeln ?  Oder wollten Richter die Wahlwerbung der CDU unterstützen ?

Sei es in China, Hongkong, Myanmar, Türkei oder jetzt auch in Schland. Auf der ganzen Welt werden Aktivist-Innen hinter Schloss und Riegel gesetzt wenn sie sich für Ihre Rechte einsetzen. Letztendlich kann sie aber froh sein der, wie sie selbst beklagte,  Gewalt von  Uniformierten vor Ort, überlebt zu haben. 

Quelle:    Scharf  —  Links

Von AktivistInnen im Danni

Ella/UP1 war bei den Protesten im Dannenröder Forst wie tausende andere Menschen aktiv und wurde gestern, am Mittwoch, den 23. Juni, überraschend vor angesetztem Prozessende in Alsfeld zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft forderte noch drei Monate mehr Haft, für den Vorwurf des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, basierend allein auf den Aussagen der ohne Identitätsnachweis aufgetretenen SEK-Beamten.

Ella gehörte zu den vielen, die bei den Protesten im Danni von der Polizei von den Bäumen geholt und mitgenommen wurden, aber nur zu den wenigen, die nicht zurückgekehrt sind. „Wir sind alle geschockt, wütend und fassungslos. Das ist eine politisch beziehungsweise wirtschaftspolitisch motivierte Farce. Ella wurde Opfer davon, aber genauso könnte es alle Menschen treffen, die auch nur eine widerständige Haltung zeigen“, sagte eine enge Begleiterin von Ella gestern nach dem Urteil.

Direkt am nächsten Verhandlungstag, nachdem eigentlich fünf weitere vom Gericht verfügt wurden, fiel das Urteil. Das Gericht ließ keinen Einzigen der Beweisanträge der Verteidigung zu. Das als unbrauchbar erklärte Beweisvideo, auf dem kein gefährlicher Tritt oder ähnliches zu sehen war, zeigte vor allem das geschulte und sichere Vorgehen der SEK-Beamten, die durchgängig gesichert waren, so eine Prozessbeobachterin.

Grundlage des Urteils waren somit in erster Linie die Zeugenaussagen der zwei SEK-Beamten, die wie Ella vermummt und ohne Identitätsnachweis auftraten. Kann somit die unbekannte Identität von UP1 wirklich von so entscheidender Bedeutung sein?

Auch der Status einer politischen Versammlung wurde dem Dannenröder Forst nicht zugebilligt, obwohl durchgängig mehrere Mahnwachen und politische Versammlungen angemeldet waren. Dadurch, dass das Gericht somit das Waldgesetz geltend machte, wird Ellas Prozess als ein politischer nicht anerkannt.

Die Waldbesetzung im Seehausener Forst, auch bekannt als der „Moni“, wurde dagegen gerade als politische Versammlung vom Verwaltungsgericht akzeptiert. Begleitende des Prozesses in Alsfeld sehen eine höhere gerichtliche Instanz in der Pflicht, dies auch für den „Danni“ anzuerkennen und Ellas Urteil somit zu revidieren. Revision einzulegen, ist in jedem Fall unverzüglich geplant.

Dannenrod forest occupation 2020-10-08 82.jpg

„Will das Gericht hier ein Exempel statuieren? Auf welcher Grundlage? Wir sind eigentlich zuversichtlich, dass ein höheres Gericht dieses Urteil als nichtig ansehen muss!“, meinte eine Aktivistin vor dem Amtsgericht Alsfeld und weiter: „Ellas Protest und Prozess betrifft die gesamte Klimagerechtigkeitsbewegung. Heute ist ein Tag, der uns alle zum Nachdenken bringen sollte, was und wer uns da wie regieren will.“ Ella, nun wieder in der JVA Frankfurt-Preungesheim, sagte am Ende des Prozesses zum Richter, dass auch er Opfer der Klimakrise sei.

„Wir sind alle UP1“ stand auf Pappschildern und mit Kreide gemalt auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude. Wir sind eben auch alle Opfer der Klimakrise, und somit in diesem Sinne auch alle gefordert, uns für einen lebenswerten Planeten einzusetzen.

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Oben        —       Besetzung des Dannenröder Forsts bei Marburg mit Baumhäusern als Protest gegen den Bau der A49 durch den Wald am 21. August 2020.

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Unten    –– Besetzung des Dannenröder Forsts bei Marburg mit Baumhäusern als Protest gegen den Bau der A49 durch den Wald am 8. Oktober 2020.

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„Sinn“ + Gesellschaftskritik

Erstellt von Redaktion am 17. Juni 2021

Sinnvolle Existenz als Maßstab des eigenen Lebens und der Gesellschaft

Über den Sinn seines Lebens sollt jeder selbst entschieden !! Politik oder Religion arbeiten hier höchst zerstörend.

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Meinhard Creydt

Immer wieder verlieren wir vor lauter dringlichen To-do-Listen die Frage „Was wollen wir eigentlich?“ aus den Augen. Dieser Artikel stellt Argumente vor, die „Sinn“ von Sonntagsreden, Religion und Esoterik unterscheiden.

Wer eine sinnvolle Arbeit oder Tätigkeit will, kann sich nicht allein an den unmittelbaren Bezug von Mensch zu Mensch halten. Bspw. wird Lehrern deutlich, dass sie keinem Kind gerecht werden können, wenn die Schülergruppe zu groß ist. Beschäftigte im Gesundheitswesen bemerken, dass Personalknappheit und die herrschenden Vorgaben zur Vergütung medizinischer Leistungen ihnen häufig die Arbeit schwer machen. Für sinnvolle Arbeiten und Tätigkeiten bedarf es geeigneter gesellschaftlicher Bedingungen, Formen und Strukturen.

„Sinn“ und Kritik

Tätigkeiten (z. B. in Dienstleistungen) bewirken etwas, ohne ein gegenständliches Produkt zu schaffen, wie dies bei Arbeiten der Fall ist. Sinnvolles Arbeiten oder Tätigsein setzt ein Bewusstsein voraus, das Ablehnenswertes ablehnt. Es orientiert sich an problemvermeidender Vorsorge und kritisiert Problemvermarktung. Bei ihr wird der Schaden des einen für den anderen zum Anlass, Reparaturdienste oder Kompensation anzubieten, ohne die Schadensursachen anzutasten. Arbeitende erleben die Kooperation mit Kollegen aus dem eigenen Bereich und aus Arbeitsgruppen aus anderen Bereichen als der eigenen Arbeit förderlich. Man möchte seine Arbeit „gut machen“, muss aber erfahren, dass dem durch die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Gruppen im Betrieb sowie durch die Konkurrenz zwischen Betrieben (z. B. in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit) Grenzen gesetzt sind. Sinnvolles Arbeiten oder Tätigsein orientiert sich an gesellschaftlichen Lösungen im Unterschied zur gesamtgesellschaftlich viel aufwendigeren Produktion von Waren für das Privateigentum. Der individuelle Autoverkehr ist teurer und unökologischer als ein Verkehrswesen, in dem die Bahn und der öffentliche Personennahverkehr, öffentlich subventionierte (Sammel-)Taxis, car-sharing u. ä. den Vorrang haben.

Sinnvolle Arbeit und Tätigkeit bilden ein Kriterium, das sich schlecht verträgt mit vielen Vorgaben moderner Arbeits-, Dienstleistungs- und Verwaltungsorganisationen. Die Zweck-Mittel-Rationalität drängt Eigenwerte an den Rand. Die Menschen werden dann als Arbeitskräfte eingespannt. Das widerspricht häufig der Entfaltung der Sinne, Fähigkeiten und Reflexionsvermögen als Moment des sinnvollen Arbeitens und Handelns. Eine große Länge der Handlungsketten führt zur „Distanz zwischen Handlungen und Handlungsfolgen“. Diese Distanz erreicht häufig ein Maß, das es nicht erlaubt, sie „kognitiv zu erfassen und wie auch immer politisch-moralisch zu beurteilen“ (Offe 1986, 114f.), von gesellschaftlicher Gestaltung ganz zu schweigen. Die hohe Arbeitsteilung und Spezialisierung führt zur Vereinseitigung der Individuen (Tunnelblick) und zu Scheuklappen der Aufmerksamkeit. Dass „‚immer jemand anders zuständig ist’“, hat zudem negative Effekte auf „Empathie, Vertrauen, Wohlwollen, Anteilnahme und Weitsicht“ (Offe 1996, 288). Vertikal wird es möglich, dass „jeder die Verantwortung nach oben abwälzen kann, auf höheren Ortes vorentschiedene Prämissen des eigenen Handelns“. Horizontal führt die Allgegenwart „abrufbaren Spezialisten- und Expertenwissens“ zur Verarmung eigener Kompetenzen (Ebd., 286).

Selbst ein bekannter Managementautor wie Reinhard Sprenger betont, wie wenig der Mangel an sinnvoller Arbeit durch Einkommen kompensierbar ist. Er berichtet, wie er nach 30 Jahren die Teilnehmer einer Managementausbildung, bei der er Trainer war, wieder traf. „Alle waren erfolgreich, verdienten ausnahmslos viel, im Einzelfall sehr viel Geld – aber keiner war richtig glücklich. Jedenfalls nicht über sein Berufsleben. […] Die Jobdesigns fokussieren sich fast ausschließlich auf eine Binnen-Rationalität, sind an Effizienz, Finanzzielen und Benefits orientiert. […] Niemand soll glauben, dass Unternehmen so etwas wie Arbeitsfreude entstehen lassen, wenn sie am liebsten ohne den ‚Umweg’ über den Kunden ihren Kapitalmarktwert erhöhen wollen […]. Wie einer der Teilnehmer sagte: ‚Dass wir wussten, dass wir mit unserer Arbeit das Leben unserer Kunden verschönern […] mein Gott, ist das lange her!’“ (Sprenger 2019).

„Sinn“ und Aufmerksamkeit für indirekte Folgen

„Die Frage nach dem ‚Sinn’ unseres Tuns, namentlich unseres Arbeitens“ ist zu beziehen auf „die antizipierende Frage: Was ist der Effekt des Effektes des Effektes der Verwendung des Produktteils, den ich mit-herstelle“ (Anders 1988, 389). Die zugrunde liegende Gesellschaftsdiagnose lautet: „Unser Arbeitsprodukt geht uns nichts mehr an. […] die unendlich breite Kluft zwischen unserer Tätigkeit und dem, was durch diese irgendwann irgendwo bewirkt wird, macht nun unser Leben […] tatsächlich sinnlos“ (Ebd., 364). Demgegenüber geht es darum, „aus dem Jetzt herauszutreten und uns in einen sehr breiten, oft unwahrnehmbaren, nur vorstellbaren, oft noch nicht einmal vorstellbaren, sondern nur denkbaren, Raum der Voraussicht und der Verantwortung hinein zu begeben“ (Ebd., 389).

Problematisch ist ein Handeln, das vermeintlich nur anderen dienen und ihnen etwas geben will, dann, wenn das so handelnde Individuum auf die Entwicklung eigener, es selbst erfüllender Sinne, Fähigkeiten und Reflexionsvermögen verzichten muss. Gegenfixiert auf einen Altruismus, der die eigene Entfaltung zurückstellt, konzentrieren sich viele darauf, im Handeln ja „ihr Ding“ machen zu können – ohne Rücksicht auf Verluste für andere. Ein Beispiel dafür bilden solche Ingenieure, die sich gleichgültig gegenüber Zweck und Grund des Produktes und der sozialen Abwicklung der Produktion (z.B. Entlassungen) verhalten, wenn es ihnen nur selbst gelingt, eine für sie interessante Arbeitsaufgabe zu bekommen. Selbst bei der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen schafften es die sie entwickelnden Techniker und Wissenschaftler, sich auf den Reiz ihrer Arbeit zu konzentrieren. So z.B. Oppenheimer: „Wenn man etwas sieht, was einem ‚technically sweet’ erschein, dann packt man es an und macht die Sache, und die Erörterungen darüber, was damit anzufangen sei, kommen erst, wenn man seinen technischen Erfolgt gehabt hat. So war es mit der Atombombe“ (zit. n. Jungk 1963, 490).

„Sinn“ und die Aufmerksamkeit für problematische Voraussetzungen

Sinnvoll ist Arbeiten und Handeln nur dann, wenn es mit einem Bewusstsein davon verbunden ist, dass die Freude des Kunden oder Adressaten des Produkts oder der Dienstleistung über sie sich nicht gesellschaftlich problematischen Ursachen verdankt. In der bürgerlichen Gesellschaft mit kapitalistischer Ökonomie verdienen Anbieter daran, dass Missstände nicht behoben werden, sondern unter Fortbestand der jeweiligen Mängel eigene Güter oder Dienste angeboten werden, die Kompensation versprechen. Viele Produkte setzen einen problematischen Zustand von Fähigkeiten, Sinnen, Sozialbeziehungen und Reflexionsvermögen voraus und bestätigen und befördern ihn ihrerseits. Beispiele dafür sind die Bildzeitung, Zeitschriften, die sich den Schicksalen von Personen aus dem Hochadel und dem Showbusiness widmen, ein großer Anteil der Computerspiele, Pornographie u.a. Autofans genießen selbstbezogene Empfindungen, die ihnen infolge der Fahrgeschwindigkeit, dem Sound des Motors, dem Gefühl des Schwebens und Gleitens möglich sind. Nicht sinnvoll ist die Koalition von Arbeitenden, die auf die von ihnen verfertigten Hochleistungsautos stolz sind, mit Konsumenten, die an diesem technischen Spielzeug Freude finden, gegen ein anderes Verkehrssystem. (Vgl. zur Autokultur Creydt 2017, 98-101).

„Sinn“ und das Bewusstsein von den Verhältnissen zwischen Allgemeinem und Besonderen

Der Spezialist fokussiert sich darauf, die Schwierigkeiten seiner Aufgabe zu bewältigen. Damit meint er übergenug zu tun zu haben. Er blendet aus, was die gesellschaftlichen Ursachen und Gründe für die Nachfrage nach seiner Leistung und was deren soziale Konsequenzen sind. Jede Person solle sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Zudem gebe es ja auch Spezialisten für das Allgemeine: Politiker, Philosophen u. a. „Man hat gewisse Fragen den Menschen aus dem Herzen genommen. Man hat für hochfliegende Gedanken eine Art Geflügelfarm geschaffen, die man Philosophie, Theologie oder Literatur nennt, und dort vermehren sie sich in ihrer Weise immer unübersichtlicher, und das ist ganz recht so, denn kein Mensch braucht sich bei dieser Ausbreitung mehr vorzuwerfen, dass er sich nicht persönlich um sie kümmern kann“ (Musil 1981, 358f.)

Sinnvoll ist eine gesellschaftliche Ordnung, in der von den Zusammenhängen zwischen Allgemeinem und Besonderem ein angemessenes Bewusstsein existiert und die Gesellschaft entsprechend eingerichtet ist. Erforderlich wird ein Bewusstsein davon,

  • wie das jeweilige besondere Moment zur gesellschaftlichen Welt und zur für sie charakteristische Lebensweise und Lebensqualität beiträgt,

  • wie im Besonderen der positive oder negative Bezug auf anderes Besondere enthalten ist,

  • wie die allgemeinen, gesellschaftlich übergreifenden Inhalte und Strukturen im Besonderen anwesend sind,

  • wie die allgemeinen, gesellschaftlich übergreifenden Inhalte und Strukturen günstigenfalls das Besondere in einer Weise ermöglichen, derzufolge es nicht nur Mittel für anderes, sondern in sich selbst erfüllt ist und für sich gelingt.

Not-wendig ist die öffentliche Beratung und Erwägung. Sie hat eigene Institutionen zur Voraussetzung: Informationsinfrastrukturen, qualitative Indikatoren, Organisationen zur Beobachtung von Unternehmen und gesellschaftlichen Bereichen (wie Foodwatch, Lobbycontrol u.a.), eigene Formen der Bilanzierung der Wirkungen von Betrieben und Organisationen auf die Entwicklung der Lebensqualität.

Eine sinnvolle Existenz ist zu unterscheiden von einem Leben, das sich auf den Nahraum fixiert und keine Anliegen kennt, die über den Beruf, die Partnerschaft, die Familie, das Hobby und ähnliches hinausgehen. Der Dienst für die eigene Familie oder die eigene Gemeinschaft überwindet den individuellen Egoismus, nicht aber den kollektiven Egoismus sowie die Trennung zwischen der partikularen Binnenmoral und den über die eigene Gruppe hinausreichenden Belangen.

Sinnvolles Leben unterscheidet sich von einer Aufmerksamkeit, die im Horizont von Um-zu-Begründungen verbleibt. „Wir arbeiten, um Geld zu verdienen und uns und vielleicht unsere Familie zu ernähren. Wir essen, weil wir hungrig sind, schlafen, weil wir müde sind, gehen spazieren oder rufen einen Freund an, weil wir Lust dazu haben, lesen die Zeitung, um herauszufinden, was auf der Welt passiert“ (Nagel 1990, 80). All diese Rechtfertigungen und Erklärungen unseres Tuns betreffen Relationen zwischen Tätigkeiten und Zwecken, ohne nach dem Sinn dieser Zwecke zu fragen. Ein solches Bewusstsein verbleibt in der Pragmatik des Alltagslebens. In ihr reicht es, „dass es sinnvoll ist, wenn ich am Bahnsteig bin, bevor der Zug abfährt, oder wenn ich die Katze nicht vergesse. Mehr brauche ich nicht, um in Gang zu bleiben“ (Ebd., 81).

Therapeutische oder quasireligiöse Sinnangebote

Diejenigen therapeutischen oder quasireligiösen Sinnangebote, die die Wahrnehmung der objektiven Sinnleere überspielen, machen nicht deren Ursachen zum Gegenstand, sondern „behandeln statt die effektive Sinnlosigkeit nur das Gefühl der Sinnlosigkeit“ (Anders 1988, 367), „so als wäre dieses Gefühl das eigentliche Unglück, nur dessen Beseitigung erforderlich; so als wäre der Zahnschmerz die Krankheit“ (Ebd., 365). Es geht dann darum, ein Sinn-Gefühl auch dort zu schaffen, wo faktisch der Sinn fehlt. Ignoriert wird, dass die „Sinnlosigkeit ein völlig berechtigtes Gefühl, ein Zeichen von unbeschädigter Wahrheitsbereitschaft, um nicht geradezu zu sagen: ein Symptom von Gesundheit“ darstellt (Ebd., 369f.).

Schon Lessing hat in seiner Ringfabel, „an die Stelle der Wahrheit des Geglaubten die subjektive Wahrhaftigkeit des Glaubenden gesetzt.“ Entsprechend ist für viele „alles schon in Ordnung, wenn nur überhaupt geglaubt wird, gleich ob die Dogmen ‚Trinität’ oder ‚klassenlose Gesellschaft’ heißen. Das bedeutet: statt Glauben an bestimmte Inhalte bejaht er den Glauben an den Glauben. Nämlich den Glauben an dessen Überleben fördernde Leistung“ (Ebd., 370f.). Es handelt sich um den „Sieg des Glaubens als seelischer Tätigkeit über den Glauben als inhaltliches Credo“ (Ebd., 371). Wir haben es dann zu tun mit einem „Glauben, dessen wir zu sehr bedürfen, um ihn den Chancen eines Examens zu unterwerfen“ (Nestroy, Notizen aus dem Nachlass). Leicht zieht man es dann vor, den „Unbegreiflichkeiten des Lebens […] einen Sinn beizulegen“, als sich darum zu bemühen, deren „Unsinn“ zu überwinden (Brecht, zit. n. Grimm 1979, 176).

Manche Sinnangebote bieten einen höheren Trostgrund auf, um mit der schlechten Lage zu versöhnen. „Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie“ (Nietzsche II, 944). Nicht sinnvoll ist es jedoch, aus Protest dagegen das Kind („Sinn“) mit dem Bade auszuschütten. „Wo die Menschen der Gleichgültigkeit ihres Daseins versichert sind, erheben sie keinen Einspruch; solange sie nicht ihre Stellung zum Dasein verändern, ist ihnen eitel auch das Andere. Wer das Seiende unterschiedslos und ohne Perspektive aufs Mögliche der Nichtigkeit zeiht, leistet dem stumpfen Betrieb Beihilfe“ (Adorno 1975, 390).

„Sinn“ und Helfersyndrom

Sinn kann sich nicht auf etwas beziehen, das in sich widersprüchlich ist. Ein Beispiel dafür ist das Vorhaben, Sinn durch Hilfe für andere zu erreichen. Erstens dienen die Bedürftigen nun als Mittel für die Sinnstiftung des Helfenden. Um die Bedürftigen geht es dann nur indirekt bzw. vermittelt. Die Hilfe für sie soll der Existenz des Helfenden Sinn verleihen. Gewiss hat tatsächliche effektive Hilfe für Bedürftige ihren Wert. Eine solche Hilfe bezieht sich auf die Hilfsbedürftigen jedoch „nicht allein um der Wohltätigkeit willen, sondern um ihnen zu nutzen“ (Baggini 2009, 81). Ein zweites Problem besteht darin, dass bei mancher Hilfe der Hilfeempfänger nicht unabhängig vom Helfenden werden darf. Sinnvolles Leben im Horizont der Sinnstiftung durch Hilfe für andere ist nur dem Helfenden, nicht dem Hilfeempfänger möglich. Drittens fordert der moralische Imperativ „Hilf den Armen“ zu Spenden auf und nicht dazu, die Armut selbst zu überwinden.

„Wir sind unglücklich aus Enttäuschung darüber, dass Freiheit und Wohlstand unserem Leben keinen Inhalt und kein Ziel geben. […] Inmitten von Überfluss führen wir ein unerfülltes Leben“

(Bruno Bettelheim 1964, 7). Gewiss erfreut sich die große Mehrheit der Bevölkerung gegenwärtig nicht materieller Sorglosigkeit. Gleichwohl gehört der Mangel an Sinn nicht zu dem, was wir ein Luxusproblem nennen können. Er stellt die Lebensqualität auf andere Weise als sog. materielle Sorgen in Frage und ist nicht gegen sie auszuspielen.

„Sinn“ und relevante soziale Auseinandersetzungen der Gegenwart

Viele Arbeitende wollen mit ihren Fähigkeiten und Qualifikationen etwas gesellschaftlich Sinnvolles schaffen. Mit der Landwirtschaft Befasste merken, dass die Vorgaben der Kapitalverwertung der Landwirtschaft nicht gut tun. Die jährliche Demonstration zur grünen Woche in Berlin mit 25.000 Teilnehmern bildet ein auffälliges Zeichen dafür, wie sich dieser Gegensatz bereits heute politisch artikuliert. Ärzte nehmen Anstoß daran, an den Folgen einer Wirtschaftsweise herumdoktern zu müssen. Sie verursachen eine solche Schwächung und Belastung der menschlichen Physis und Psyche, welche mit deren natürlicher Anfälligkeit und Endlichkeit keineswegs zu verwechseln sind. Ökonomiekritik findet sich dann auch in den Programmen von kritischen Fraktionen in den Ärztekammern (z.B. in Berlin die „Fraktion Gesundheit“). In der Bevölkerung ist die Aufmerksamkeit groß für den Unterschied, ob jemand seine Arbeit primär deshalb macht, weil er sich für sie interessiert oder weil er finanziell an ihr interessiert ist.

Kritische Debatten über den Sinn von Produkten betreffen z. B. das Auto in privatem Eigentum. Auch breite Abschnitte der Unterhaltungs- und Tourismusindustrie werden von einer Minderheit der Bevölkerung kritisiert. Die Produkte der Lebensmittelindustrie und der Landwirtschaft sind Thema einer breiten kritischen Öffentlichkeit. Viele Menschen haben ein Bewusstsein davon, dass die Lebensmittelindustrie Lebensmitteln gezielt Salz, Zucker und Fett zusetzt, damit künstlich die Verzehrneigung aktiviert und massiv gesundheitsschädliche Stoffwechselstörungen begünstigt.

Unter den Erwerbstätigen gibt es bei einer starken Minderheit ein Bewusstsein für den Gegensatz zwischen den Motiven dafür, die eigene Arbeit gut zu machen, und Zeit und Energie vergeudenden Hierarchien und Machtspielen.1 Für das Aufgezählte gilt frei nach Wilhelm Busch: „Sinn, und dieser Satz steht fest, ist der Unsinn, den man lässt“ (Marquard 1986, 33).

Sinnvoll ist eine Arbeit oder Tätigkeit, in der die arbeitende oder tätige Person in der Arbeit bzw. Tätigkeit ihre Sinne, Fähigkeiten und Reflexionsvermögen entfaltet und mit ihrem Produkt oder ihrer Dienstleistungen sich so auf deren Abnehmer oder Adressaten bezieht, dass sie damit dazu beiträgt, deren menschliche Vermögen zu entwickeln.

„Sinn“ und Gesellschaftskritik

Grob lassen sich drei verschiedene Ansätze der Gesellschaftskritik unterscheiden. Ein funktional argumentierender Ansatz arbeitet heraus, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem bestimmte von ihm selbst beanspruchte Funktionen nicht erfüllt, also „intrinsisch dysfunktional und notwendig krisenhaft“ ist (Jaeggi 2013, 323). Eine „moralische oder gerechtigkeitsorientierte“ Kritik fokussiert sich auf die ungleiche Weise, in der Individuen am Reichtum partizipieren. Die ethische Gesellschaftskritik thematisiert das jeweilige „Welt- und Selbstverhältnis“ in einer Gesellschaftsform (Ebd., 341). Sie arbeitet heraus, dass das Leben in der modernen bürgerlichen Gesellschaft mit kapitalistischer Ökonomie trotz aller materiellen Vorteile verarmt, „sinnlos oder leer ist“ (Ebd.). Das haben wir in diesem Artikel skizziert.

Literatur

Adorno, Theodor W. 1975: Negative Dialektik. Frankfurt M.

Anders, Günter 1988: Die Antiquiertheit des Menschen. Bd. 2. München

Baggini, Julian 2009: Der Sinn des Lebens. München

Bettelheim, Bruno 1964: Aufstand gegen die Massen. Die Chance des Individuums in der modernen Gesellschaft. München

Creydt, Meinhard 2017: Die Armut des kapitalistischen Reichtums und das gute Leben. München

Grimm, Reinhold 1979: Brecht und Nietzsche. Frankfurt M.

Jaeggi, Rahel 2013: Was (wenn überhaupt etwas) ist falsch am Kapitalismus? In: Rahel Jaeggi, Daniel Loick (Hg.): Nach Marx. Philosophie, Kritik, Praxis. Berlin

Jungk, Robert 1963: Die Zukunft hat schon begonnen. Reinbek bei Hamburg

Marquard, Odo 1986: Apologie des Zufälligen. Philosophische Studien. Stuttgart

Musil, Robert 1981: Der Mann ohne Eigenschaften. Reinbek bei Hamburg

Nagel, Thomas 1990: Was bedeutet das alles. Eine ganz kurze Einführung in die Philosophie. Stuttgart

Nietzsche, Friedrich: Werke in drei Bänden. Ed. Schlechta. Darmstadt 1997

Offe, Claus 1986: Die Utopie der Null-Option. In: Peter Koslowski u.a. (Hg.): Moderne oder Postmoderne. Weinheim

Offe, Claus 1996: Moderne ‚Barbarei’. Der Naturzustand im Kleinformat. In: Max Miller, Hans-Georg Soeffner (Hg.): Modernität und Barbarei. Frankfurt M.

Sprenger, Reinhard 2019: Warum Sie Ihren Job verachten. In: Wirtschaftswoche, H. 18, 26.4.2019, S. 93

1Die Überschrift einer Titelgeschichte in der Illustrierten Stern (H. 40/2010) lautete: „Karriere? Das tue ich mir doch nicht an! Warum gut ausgebildete Frauen das Spiel der Männer um Macht und Status nicht mitmachen.“ Die Antworten auf diese Frage beschränken sich bei den im Artikel vorgestellten Frauen nicht auf einen Ausstieg aus der Erwerbsarbeit zu„gunsten“ einer durch den Partner bezuschussten Existenz. Vielmehr geht es um Frauen, die weiter erwerbstätig sind. Ihren Karrierevorbehalten lassen sich Motive entnehmen, die zu einer Dissidenz passen, an die sich politisch anknüpfen lässt. „Wirklich genießen konnte Beate Ramsauer ihre Führungsposition trotzdem nicht. Sie fand die ständigen Machtspiele der Kollegen zermürbend. Zu diesen Spielen gehörte es, Termine beim Vorgesetzten zu überziehen, damit der des Kollegen platzte. Oder zu spät ins Meeting zu kommen, um dann die Diskussion an sich zu reißen. ‚50% meiner Zeit gingen für Politik drauf, dabei wollte ich doch inhaltlich arbeiten’, sagt Beate Ramsauer“ (Ebd., 58).

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Oben  —   Hamlet, auf Sinnsuche mit Yoricks Schädel

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Unten        —       Engel begleiten die Seelen ins Jenseits (Gemälde von Hieronymus Bosch, Anf. 16. Jh.)

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Wer ist Hanna?

Erstellt von Redaktion am 17. Juni 2021

Aufstand der Akademiker-Innen

Politiker-Innen: „Morgen, Morgen nur nicht Heute – sagen immer faule Leute“

Von Nicole Opitz

Unter dem Hashtag #IchbinHanna ist eine Debatte über prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft entbrannt. Drei Wissenschaftlerinnen erzählen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erklärte in einem Video, was das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) ist. Ein Gesetz, das dafür sorgt, dass vor allem Promovierende und Postdocs befristete Stellen unterschreiben. Damit das „System nicht verstopft“ werde, wie es in dem Video heißt. Die Protagonistin in dem Erklärvideo heißt Hanna.

Wis­sen­schaft­le­r:in­nen initiierten deshalb den Hashtag #IchbinHanna, unter dem sie berichteten, was die dauerhaften Befristungen für sie bedeuten: Druck, Planungsunsicherheit, unerfüllte Kinderwünsche und das Verlassen der Wissenschaft gehören dazu. Für einige ist auch klar: Sie sind nicht Hanna, weil sie auf ein Visum angewiesen sind oder als BPoC Diskriminierungsstrukturen ausgesetzt sind, die auch andere Auswirkungen haben als prekäre Arbeitsverhältnisse. Mittlerweile wurde das Video vom BMBF offline genommen und per Stellungnahme auf die Kritik reagiert.

„Ich habe schon Videokonferenzen aus dem Krankenhaus heraus gemacht“

Ich schreibe meine Doktorarbeit über Zeitlichkeit und Behinderung in der zeitgenössischen amerikanischen Literatur. Ich habe Mukoviszidose, eine chronische Stoffwechselerkrankung. Mit Mukoviszidose hat man eine reduzierte Lebenserwartung. Als ich angefangen habe zu studieren, war es teilweise so, dass ich gesagt habe: „Ich erreiche das Rentenalter ja gar nicht.“ Und dachte mir: „Na ja, was soll’s, dann habe ich halt nicht so die Mega-Kar­rierechancen, ich weiß eh nicht, wie alt ich werde. Dann kann ich auch in die Wissenschaft.“ Ich habe Glück, dass es ein neues Medikament gibt, mit dem es mir viel viel besser geht. Das normalisiert meine Lebenserwartung ein Stück weit, aber jetzt muss ich mich doch mit diesem schrecklichen Arbeitsmarkt auseinandersetzen.

Gerade arbeite ich in meinem dritten Vertrag, der im Juli ausläuft. Ich weiß, dass die Verlängerung beantragt ist, aber die ist noch nicht durch. Meine Chefin will mich zwar weiterbeschäftigen, aber dass ich nicht weiß, ob und wann mein Arbeitsvertrag verlängert wird, nimmt mir die Motivation.

Es erzeugt diese völlig paradoxe Situation: Natürlich will ich schnell fertig werden mit der Diss, aber in dem Moment, wo ich mit der Diss fertig werde, habe ich keinen Job mehr. Das ist eine Qualifikationsstelle und die muss ich wieder freimachen. Das hat einen Einfluss auf die Lebensplanung. Und der Druck macht total was mit einem. Du vergleichst ständig Lebensläufe mit anderen, die viel veröffentlicht haben und hier noch mal eine Konferenz organisiert haben. Dadurch entsteht ein Zwang zur totalen Hyperproduktivität. Du musst immer noch ein bisschen besser sein als die anderen.

Manchmal kollidiert dieser Zwang zur Überproduktivität aber mit meinem Körper: Ich muss regelmäßig ärztlich kontrolliert werden, Medikamente nehmen, ich muss inhalieren. Das kostet alles Zeit. Und oft habe ich einfach nicht so viel Kraft. Weil: für meinen Körper ist alles – das ganz normale Funktionieren, rumlaufen, Treppensteigen, Essen – anstrengender. Und ich kann mich nicht immer rausziehen: Ich habe schon Videokonferenzen gemacht aus dem Krankenhaus heraus, um den Anschluss nicht zu verlieren. Und klar, das ist noch mal ein extra Druck, ich muss es eben auch besonders gut machen, um zu beweisen, dass ich ja trotz und wegen der Behinderung immer noch hier mitreden darf.

Dorothee Marx (32) promoviert an der Uni Kiel zu chronischen Erkrankungen und Behinderungen in Comics und Literatur

„Zurück an eine deutsche Uni möchte ich nie mehr“

Ich habe meinen Magister in Deutschland gemacht und bin nach einem Jahr als wissenschaftliche Hilfskraft weggegangen. Meine Erfahrung ist die, wie es für jemanden mit einer sozialen Herkunft in der Ar­bei­te­r:in­nen­klas­se und mit „Migrationshintergrund“ an der Uni war. Das ist nur ein Faktor, warum ich mich entschieden habe, nicht in Deutschland an der Uni zu bleiben, aber auch Finanzen und mein Forschungsinteresse hängen damit zusammen. 2017 habe ich in Edinburgh promoviert über die postkoloniale Situation der Stadt Brüssel. Jetzt arbeite ich als Wissenschaftlerin in den Postcolonial und Decolonial Studies. Zurück an eine deutsche Uni möchte ich nie mehr.

Meine Sicht ist eine privilegierte: Ich hatte eine großartige Mentorin. Dazu kommt, dass ich keine Kinder oder keine Pflegeverantwortung für irgendjemanden habe. Ich konnte gehen. Das ist selbst, wenn man in Deutschland bleibt, ein Problem mit den sehr kurzfristigen Verträgen. Dass man immer in der Position sein muss, seine Koffer zu packen und nächstes Jahr woanders zu arbeiten. Das ist für viele unmöglich.

Was mich so wahnsinnig daran frustriert, ist diese Vorstellung: Wer ist diese Person, für die diese Stellen geschaffen werden? Wenn das Bildungsministerium sagt, dass dass Wissenschaftszeitgesetz tatsächlich in irgendeiner Weise eine gute Sache sein soll, dann kann sie ja nur eine gute Sache sein für jemanden, der:­die total unabhängig ist, der:­die keine Verpflichtungen in irgendeiner Art hat. Ich kann ja auch diese Kurzfristigkeit psychisch nur aushalten, wenn ich ein Sicherheitsnetz habe. Wenn ich weiß: Ach, wenn ich keinen Job kriege, dann zieh ich einfach wieder bei Mama und Papa ein.

Was in der Debatte um das Wissenschaftszeitgesetz untergeht, ist auch das System der deutschen Uni. Dok­to­ran­d:innen, vor allem die, die mit einem Arbeitsvisum an einer deutschen Uni angestellt sind, haben ein problematisches Abhängigkeitsverhältnis zu ih­­re­r:ih­rem Gutachter:in. Es kommt in diesem System zu vielen Situationen, die ich auch so nicht mehr erlebt habe, seitdem ich in Großbritannien arbeite. Zum Beispiel wie Lehrende in höher gestellten Positionen sich über Studierende äußern, über deren Hintergrund, Interessen, Ausdrucksfähigkeit, und auf sie eingehen. Äußerungen, die latent rassistisch, klassistisch, sexistisch sein können. Momente, in denen ich mir gedacht habe: Das ist kein Umfeld, in dem ich mich wiederfinden will. Wo ich das Gefühl hatte, dass ich wahnsinnig viel erklären muss – auch meine Existenz in diesem Raum ständig erklären muss.

Dann kommt hinzu, was und wie in Deutschland unterrichtet wird. Gerade in so recht traditionsverwurzelten Fächern wie der Romanistik. Es ist ein relativ weißer Kanon – es findet wenig statt, was Dekolonialisierung angeht. Es gibt zwar positive Ausnahmen, aber wir brauchen einen langfristigen Wandel. Wenn sich jemand denkt: Okay, bin ich drin, aber fühle mich als Ar­bei­ter:­in­kind und/oder als nichtweißer Mensch trotzdem fehl am Platz. Ich denke, das ist das Hauptproblem.

Sarah Arens (35) hat in Saarbrücken Romanistik studiert, in Edinburgh ihre Promotion in Postcolonial und Decolonial Studies verfasst und arbeitet heute als Wissenschaftlerin in St. Andrews, Großbritannien

„Gerade arbeite ich auf meinem elften Vertrag“

Quelle        :        TAZ         >>>>          weiterlesen

Arbeitsbedingungen an Hochschulen:

Sie wollen nicht mehr Hanna sein

Auch zu faul seine Benennungen auszuschreiben Beispiele ? BAFIN – WissZeitVG 

Kommentar von Ralf Pauli

Die Arbeit an Unis ist prekär. Um das zu ändern, braucht es für alle qualifizierten Wis­sen­schaft­le­r:in­nen Aussicht auf eine unbefristete Stelle.

Das Video, das seit Tagen Wis­sen­schaft­le­r:in­nen in Rage bringt, ist hübsch gemacht. Darin ist eine animierte Doktorandin im weißen Kittel und mit Brille zu sehen – Hanna, eine Biologin. Vor rund drei Jahren hat das Bundesbildungsministerium das Video veröffentlicht, um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz – kurz WissZeitVG – zu erklären.

Mit dem Gesetz wollte die Bundesregierung die prekäre Arbeitssituation von Nach­wuchs­wis­sen­schaft­le­r:in­nen verbessern. In dem Erklärvideo hört sich das jedoch ganz anders an. Befristete Verträge werden dort als innova­tions­fördernd gelobt, Entfristungen als unsozial gebrandmarkt. Wer schon während oder nach der Promotion eine Stelle auf Lebenszeit erhält, so kann man das Video verstehen, verbaut der nachfolgenden Generation die Karrierechancen.

Für Nachwuchswissenschaftler:innen, die sich über Jahre von Vertrag zu Vertrag hangeln, muss das wie blanker Hohn klingen. Unter dem Hashtag #IchBinHanna berichten sie von Zukunftsängsten, Leistungsdruck und unmöglicher Lebensplanung. Viele von ihnen sind 35 Jahre oder älter.

Quelle          :         TAZ       >>>>>        weiterlesen

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Oben     —   Gruppe der Scientists for Future am 15. März 2019 (InvalidenparkBerlin-Mitte)

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Gefahr im Verzug

Erstellt von Redaktion am 8. Juni 2021

Sachsen-Anhalt nach der Landtagswahl

Aerial view of Magdeburg.jpg

Von Sarah Ulrich

Was bedeutet der CDU-Sieg bei der Wahl in Sachsen-Anhalt für die Teilhabe im Land? Die Initiative am Magdeburger Hasselbachplatz ist skeptisch.

Mit freundlicher Gemütlichkeit öffnen Kyra Sukup und Tilman Kloss den kleinen Erdgeschossladen auf der geschäftigen Magdeburger Sternstraße. Die beiden sind ehrenamtlich bei dem Verein „platzmachen“ aktiv, der vor einem Jahr seinen Stadtteilladen eröffnet hat, inmitten der Magdeburger Altstadt, nur wenige Meter vom Hasselbachplatz entfernt. Es ist ein belebtes Viertel: Junge Familien spazieren die Straße entlang, an der Ecke verkaufen Händler Spargel, Jugendliche sitzen an der Ecke und hören Musik, ein paar Trinker stoßen mit ihrem Bier an.

Kyra Sukup, Aktivistin bei „platzmachen“

„Das Ergebnis ist ein Schock, auch wenn wir damit gerechnet haben“

„Das Ergebnis ist schon ein Schock, auch wenn wir damit gerechnet haben“, sagt Sukup, wenn man sie nach der Landtagswahl vom Vortag fragt. Es ist Montagmorgen, am Tag zuvor wurde in Sachsen-Anhalt ein neues Landesparlament gewählt. Die CDU hat mit 37,1 Prozent einen deutlichen Sieg errungen, zweitstärkste Kraft ist die in Sachsen-Anhalt besonders rechte AfD mit 20,8 Prozent. Die Linken, jahrelang eine führende Kraft im Bundesland, liegen nur noch bei dürftigen 11 Prozent, die SPD bei unter 10. Die Grünen erreichten nur knapp 5,9 Prozent.

Es ist ein herber Verlust für diejenigen, die sich selbst als progressiv sehen. Denn: Auch, wenn die CDU betont, dass sie nicht mit der AfD koalieren werde, so haben doch fast 60 Prozent der Wäh­le­r:in­nen für einen konservativen bis rechtsradikalen Kurs gestimmt. Die CDU in Sachsen-Anhalt ist bekannt dafür, nur wenige christlich-soziale Mitglieder zu haben und eher am nationalkonservativen Rand zu fischen.

Tilman Kloss, Student und Aktiver bei der Magdeburger Stadtteilinitiative „platzmachen“

„Diese Polarisierung zwischen AfD und CDU trägt nicht dazu bei, dass es bei inhaltlichen Problemen in Sachen-Anhalt wirklich vorangeht“

Kloss, 25, groß gewachsen, in grauem Pulli und schwarzer Jeans, redet mit Bedacht. Er ist unaufgeregt, aber ernüchtert vom Wahlausgang. Kloss ist in Magdeburg geboren, studiert hier Soziale Arbeit, er kennt die Politik im Land. „Diese Polarisierung zwischen AfD und CDU trägt nicht dazu bei, dass es bei inhaltlichen Problemen im Land wirklich vorangeht.“ Was er meint: Mit dem Wahlergebnis bleibt vieles beim Alten. Die Hoffnung auf einen neuen demokratischen Aufbruch im Parlament von Sachsen-Anhalt ist für sie zerschlagen.

Sternstraße 3-11 (Magdeburg-Altstadt).ajb.jpg

Es geht bei dieser Landtagswahl nicht nur um parlamentarische Mehrheiten Es geht auch um die Frage, welchen Einfluss eine demokratische Zivilgesellschaft in der Politikgestaltung des Landes in Zukunft haben wird.

In den Schaufenstern des Stadtteilladens von „platzmachen“ hängen bunte Kärtchen, Plakate werben in vier Sprachen für ein Begegnungscafé, ein QR-Code weist auf eine Umfrage der Initiative hin: „Hassel für alle. Zusammen den Kiez bewegen.“ Und: „Was wünschst DU dir vom Hassel?“ Gemeint ist damit der Hasselbachplatz.

Bei der Landtagswahl ist es die CDU, die das Direktmandat im Stadtteil holt. Tobias Krull kann mit 28,1 Prozent der Stimmen seinen Platz verteidigen. Seit 2016 ist er Abgeordneter im Landtag. Tilman Kloss sagt von Krull, dieser sei immerhin einer der wenigen in der Partei, die sich gegenüber dem Verein gesprächsbereit zeigten. In seinem Wahlkampf hat Kloss immer wieder die Bedeutung von Ehrenämtern betont. Glück im Unglück also, dass er das Mandat für den Wahlkreis erneut erobert hat – auch, wenn man sich bei „platzmachen“ mit den Kandidatinnen von Grünen und Linken mehr Unterstützung erhofft hätte.

Der Stadtteilladen, ein Ort der Begegnung

Die Idee des Stadtteilladens ist es, einen Begegnungsort zu schaffen für alle Menschen im Viertel. Ein bisschen sieht es hier aus wie in einer alten, charmanten Kneipe in Prag. Kaminrot gestrichene Wände mit goldenen Ornamenten, eine große Holztheke, hinter der die Gläser vor einem Spiegel aufgereiht sind, alte DDR-Sessel mit löchrigen Polstern. In der oberen Etage steht ein Kickertisch, an der Wand hängt eine Dartscheibe. In einem Kühlschrank wird Essen für ein Food­sharing-Projekt gesammelt.

Über fünfzig Menschen arbeiten bei „platzmachen“ mit, alle ehrenamtlich an einzelnen Projekten. Es sind zum Großteil jüngere Menschen zwischen 20 und 30, viele studieren noch oder machen eine Ausbildung.

Fragt man die Aktiven, was ihnen wichtig ist, nennen sie Themen wie Antirassismus, Empowerment, Klimagerechtigkeit und Demokratieförderung. Partizipation und Selbstermächtigung stehen im Mittelpunkt, Teilhabemöglichkeiten bilden das Fundament. An manchen Tagen teilen sie in Kooperation mit der Bahnhofsmission Essen an Bedürftige aus oder betreuen einen Kältebus für Wohnungslose, an anderen organisieren sie Gespräche zum Tag der Nachbarschaft, führen Diskussionsrunden zur Integration oder befragen Anwohner:innen, was sie sich von dem Stadtteil wünschen.

So gesehen sind die Landtagswahlen für „platzmachen“ zweitrangig. Für sie steht Politik von unten, aus dem Stadtteil heraus, im Fokus. Und doch sind sie nicht losgelöst von jenen Entscheidungen, die im nur einige Gehminuten entfernten Landtag getroffen werden.

Das SOG LSA und der Hasselbachplatz

Das ist zum Beispiel das Gesetz zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung, SOG LSA genannt. Es bietet die Grundlage für erweiterte Befugnisse der Polizei am Hasselbachplatz. Für den Verein ist es die Ursache vieler Probleme hier im Viertel. Kyra Sukup ist eine derjenigen, die mit einer Kampagne gegen das Gesetz angehen will. Sukup, 22, trägt rotbraun gefärbte Haare und eine Jeansjacke. Sie studiert Rehabilitationspsychologie in Stendal, ist erst vor einem halben Jahr nach Magdeburg gezogen. Sie sagt, das Gesetz würde vor allem Minoritären kriminalisieren, Schwarze, Wohnungslose, Personen of Colour. Teilhabemöglichkeiten hingegen gebe es für diese Menschen nicht.

Magdeburg Hasselbachplatz 2006-11-18.jpg

Es geht für Sukup und den Verein um nicht weniger als die Frage: Wem gehört das Viertel?

Der Hasselbachplatz am Rande der Altstadt Magdeburgs ist ein umkämpfter Ort. Folgt man der Lokalpresse, gilt er als Problemfall der Stadt, als kriminalitätsbelastet, als Schandfleck. Dabei ist der „Magdeburger Kiez“, wie das Kneipenviertel rundherum genannt wird, eigentlich nicht unattraktiv. Insbesondere für Jugendliche gibt es hier viele Möglichkeiten der Begegnung, vom Dönerladen an der Ecke bis hin zur Cocktailbar.

Sukup sagt, die Diskurse seien aufgeladen, es gebe viele rassistische Projektionen. Für sie ist der Ort so etwas wie das „Wohnzimmer Magdeburgs“. Jemand habe die Melange am Platz mal als „ehrliche Vielfalt“ beschrieben. „Das finde ich sehr schön“, sagt sie und lächelt. „Es ist immer viel los.“

Es ist diese Vielfalt, die der AfD ein Dorn im Auge ist. Für die Partei ist es ein Ort „organisierter Kriminalität“, an den Bürger sich nicht mehr hintrauen würden. Ein „Spielplatz aggressiver Ausländer und alkoholisierter Jugendlicher“, formuliert es der AfD-Stadtrat Ronny Kumpf. Für die Rechten, bei denen die Ablehnung Geflüchteter im Parteiprogramm verankert ist, ist es der perfekte Symbolort für die vermeintliche „Ausländerkriminalität“, der mit einer harten sicherheitspolitischen Hand zu begegnen sei.

Aber ist der Ort wirklich so viel gefährlicher als andere Kneipenviertel Deutschlands? Ist der Hasselbachplatz so sehr anders als St. Pauli, Berlin-Kreuzberg oder die Feierbanane in München?

Quelle      :         TAZ       >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Aerial view of Magdeburg, seen from above Stadtpark

2.) v0n Oben        —     This is a photograph of an architectural monument. It is on the list of cultural monuments of Magdeburg

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Freiheit für Gerd !

Erstellt von Redaktion am 19. Mai 2021

Solidarität gegen Erzwingungshaft – Abrüstung statt Krieg

File:JVA Bielefeld-Senne.jpg

Quelle     :     Untergrundblättle CH

Von  Gruppe lebenslaute

Am 18.5.2021 wird sich der lebenslaute-Aktivist Gerd B. zur JVA Bielefeld begeben, um dort auf Weisung der Staatsanwaltschaft Bonn eine 19-tägige Erzwingungshaft anzutreten.

Er ist nicht bereit, 400 Euro Geldstrafe zu zahlen, zu der er rechtskräftig verurteilt wurde. Gerd hatte sich im Rahmen einer musikalischen Aktion zivilen Ungehorsams am Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letzlinger Heide (Altmark / Sachsen -Anhalt) beteiligt. Hier befindet sich das Bundeswehr- Übungsgelände „Schnöggersburg“, eine komplette „Stadt“, in dem Bundeswehrsoldaten und andere Militärs den Häuserkampf üben, bevor sie das mörderisch Gelernte dann in Auslandseinsätzen real tun, so zum Beispiel in Afghanistan.

Gerd wurde vor wenigen Monaten verurteilt, weil er „Schnöggersburg“ widerrechtlich betreten habe. Er weigert sich, diese Strafe zu zahlen und geht deshalb in Haft. Dafür hat er unsere volle Solidarität und Sympathie – Danke für Deinen Einsatz, Gerd!

Seit der Gründung des Netzwerks lebenslaute 1986 sind wir immer wieder auch antimilitaristisch aktiv geworden. Im Rahmen von Aktionen gegen das Raketenlager bei Mutlangen, den Fliegerhorst Jagel, das Bombodrom in der Heide, das Atomraketendepot in Büchel und mehrfach gegen Truppenübungsplätze, gegen musikalische Militärverherrlichung bei Adventsgottesdiensten z. B. in Ulm oder gegen Verkaufsmessen von militärischen Kampfdrohnen – wir mischen uns ein, wir blockieren mit unseren Mitteln und bemühen uns, Sand im Getriebe des deutschen Militarismus zu sein. Daran beteiligt sich Gerd immer wieder. Menschen wie er sind deshalb ein Vorbild.

Der aktuelle Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan zeigt: Selbst zwanzig Jahre Kriegseinsatz unter anderem auch durch das deutsche Militär konnten in diesem Land nicht für eine dem „Westen“ genehme „Ordnung“ sorgen. Was jedem denkenden und fühlenden Menschen schon zuvor klar wurde, zeigt sich jetzt, nach ungezählten Toten und irrsinnigem Mitteleinsatz: Wie die Menschen in Afghanistan leben wollen, können nur sie selbst entscheiden.

Konzert von Lebenslaute in Schnöggersburg

Alle Soldat*innen der Bundeswehr, die dort aktiv waren, dort unter Umständen das Leben, ihre körperliche und psychische Gesundheit verloren, haben zuvor in „Schnöggersburg“ trainiert – in einer gigantischen Simulationsanlage, erstellt unter anderem von „Rheinmetall“, gegen die wir 2020 eine mehrstündige Blockadeaktion durchgeführt haben.

Wer hat am Ende Recht behalten?

Müsste das Geld für „Schnöggersburg“ und den Kriegseinsatz in Afghanistan nicht zwingend für friedensstiftende und solidarische Ziele eingesetzt werden? Brauchen wir etwa nicht bezahlbaren Wohnraum statt Simulationsanlagen für das Training von Mord und Totschlag? Wir finden: Gerd hat Recht! – genau wie alle, die so handeln wie er. Und da er nicht von seinem Geld Todes-Strukturen wie „Schnöggersburg“ mitfinanzieren möchte, ist er so konsequent, lieber in Haft zu gehen. Sehr gut!

Wir rufen zu Solidarität mit Gerd auf!

Er freut sich sicherlich darüber, wenn wir seinen Einsatz weiterverbreiten.
Und er ist bestimmt froh über Post und Päckchen in seine Zelle.
Adresse: JVA Bielefeld-Brackwede I, Umlostr. 100, 33649 Bielefeld

Gerd und wir alle werden uns auch in Zukunft bemühen, musikalisch und aktionistisch unsere Einsätze zum richtigen Zeitpunkt zu erbringen – gegen alle Kriegseinsätze, gegen Naturvernichtung und menschenverachtende Zustände.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquelle      :

Oben      —       Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne, Senner Straße 250, 33659 Bielefeld

Author Vinaceus       /      Source     Own work
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Unten          —       Konzert von Lebenslaute in Schnöggersburg

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Alles Feinde der Verfassung?

Erstellt von Redaktion am 8. Mai 2021

Corona: Ein Trend zur Gleichschaltung der Öffentlichkeit

Conspiracist protest Berlin 2021-04-21 05.jpg

Quelle      :        INFOsperber CH.

Helmut Scheben / 

Über den Beschluss, Querdenker vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen, informierten manche Medien ohne Pflicht zur Sorgfalt.

Die ARD-Tagesschau am Mittwoch, 28. April, um 20 Uhr: Aufmacher ist die Meldung, die Corona-Protestbewegung Querdenker werde nun vom Verfassungsschutz beobachtet. Grund sei die «gestiegene Gewaltbereitschaft» bei Demonstrationen.

Zur Illustration der Lage beginnt der Filmbericht mit einer verwackelten Handyaufnahme, die sich «in Schmalkalden in Thüringen» zugetragen habe:  Man sieht ein paar Sekunden lang Handgreiflichkeiten zwischen Polizisten und Demonstranten.

Bundesinnenminister Seehofer sagt dazu: «Immer dann, wenn die Extremisten die Bühne betreten und versuchen, sich solcher Bewegungen zu bemächtigen oder wenn Gewalt im Spiel ist, gilt unser Grundsatz: null Toleranz.» Der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser spricht von einer ganz neuen Art von Extremismus: «Dort sammeln sich unter der Überschrift ‘Demokratieverächter aller Lager vereinigt euch’ Rechtsextremisten, Antisemiten und Esoteriker.»

Auf der Tonspur des Kommentars erfährt der überraschte Zuschauer aber etwas ganz anderes: die Akteure liessen sich eben «nicht dem Links- oder Rechtsextremismus zuordnen». Deshalb habe der Verfassungsschutz eine «neue Beobachtungskategorie» schaffen müssen, welche da lautet: «Demokratiefeindliche oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates.»

Wer nun erwartet, die Querdenker, die auf diese Weise als Feinde der Demokratie erklärt werden, könnten ihre Meinung dazu äussern, sieht sich getäuscht. Der ARD-Beitrag schliesst kurz und bündig mit dem Stand-up eines Kommentators in Berlin, welcher nochmal Seehofer zitiert: Es sei nun Bundestagswahlkampf, und da sei der Schutz von Rechtsstaat und Demokratie besonders wichtig.  Die Sendung «Heute» im ZDF hatte eine Stunde vorher ähnlich einseitig berichtet. Auch dort erachtete man es als überflüssig, eine Person der beschuldigten Protestbewegung, die wohl bei mehreren Millionen Menschen in Deutschland Rückhalt hat, auch nur für ein paar Sekunden zu Wort kommen zu lassen.

Früher sprach man von «journalistischer Sorgfaltspflicht»

In Zeiten, die offenbar der Vergangenheit angehören, kannte man den Ausdruck «journalistische Sorgfaltspflicht». Darunter verstand man unter anderem das Hinterfragen von Aussagen der Regierung, die sorgfältige Prüfung der Informationsquellen, das Recht Beschuldigter auf eine Stellungnahme, kurz die Abbildung der verschiedenen Meinungen.

Jener Grundsatz römischen Rechts «audiatur et altera pars», man höre auch die andere Seite, ist das Prinzip und Wesen dessen, was wir Politik nennen. Es ist Voraussetzung jeder abwägenden Vernunft und letztlich das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft und Zivilisation gründen. Dieses Prinzip sollte bislang nicht nur für die Justiz, sondern auch für die Medien gelten, die wichtigsten Erzeuger politischer Öffentlichkeit.

Nun sind wir offensichtlich so weit gekommen, dass sogar die führenden deutschen TV-Anstalten des öffentlichen Rechts solche Kriterien eines professionellen Journalismus als Quantité Negligeable beiseiteschieben. Es herrscht, um den Innenminister zu zitieren, ja Wahlkampf in Deutschland, und da gilt offenbar das neue, in Covid-19-Zeiten eingeführte journalistische Ethos: Wir melden, was die Regierung sagt, und Punkt. Da überzeugt es kaum, wenn die genannten Anstalten später merken, was sie da fabriziert haben, und auf ihrer Netzseite nachschieben, man habe die Querdenker um eine Stellungnahme gebeten und keine Antwort erhalten. Das dürfte ihnen kaum jemand abnehmen.

Es ist offensichtlich, dass in Deutschland versucht wird, die Querdenker-Bewegung zu kriminalisieren. Wer vom Verfassungsschutz beobachtet werden muss, weil er unter Verdacht steht, rechtsextrem, linksextrem und gewalttätig zu sein, der steht in der öffentlichen Wahrnehmung schon mit einem Bein im Gefängnis. Die derart Verdächtigten sehen sich im Handumdrehen isoliert und ausgeschlossen aus der bürgerlichen Wertegemeinschaft. Sie werden beargwöhnt, als befänden sie sich bereits ausserhalb von Rechtsordnung und Legalität.

Die Querdenker

Red. Bei den «Querdenkern» handelt es sich weder um einen Verein noch eine Partei. In Deutschland sind die «Querdenker» eine heterogene Bewegung, die Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen organisiert, welch sie für unverhältnismässig halten. «Rechtsextreme sowie ‹Reichsbürger› versuchen, sich die Corona-Krise zu Nutze zu machen und beteiligen sich an Demos», erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Doch an den grossen Demos in Stuttgart und in anderen deutschen Städten sind Rechtsextreme und Reichsbürger zahlenmässig eine unbedeutende Minderheit. Doch diese würde «extremistische und verschwörungsideologische Narrative» verbreiten, sagte Baden-Württembergs CDU-Innenminister Thomas Strobl. Allerdings will der Verfassungsschutz jetzt nicht nur diese Rechtsextremen und Reichsbürger überwachen, sondern die ganze Querdenker-Bewegung und die Organisatoren der Protestversammlungen.

Conspiracist protest Berlin 2021-04-21 72.jpg

Der Querdenker-Bewegung kann man vorwerfen, sich nicht deutlich genug von rechtsextremen Mitläufern und Verschwörungsphantasierern zu distanzieren. Dies ist mit ein Grund, weshalb unterdessen viele Leute unter «Querdenkern» solche verstehen, welche die Existenz des Corona-Virus leugnen und behaupten, alles sei eine orchestrierte Inszenierung von «oben». Die «oben» wollten auch mit Hilfe von 5G und von Chemtrails die Menschheit bewusst als Marionetten verblöden.

Alles Feinde der Verfassung?

Das Frappierende ist, mit welcher Fahrlässigkeit da Fake-News verbreitet werden. Wer die grosse Demonstration der Querdenker und Lockdown-Kritiker in Stuttgart am 4. April erlebt hat, und dann behauptet, er habe dort Neonazis, Rechtsextreme und Antisemiten gesehen, der sagt die Unwahrheit. Jeder konnte sich vor Ort davon überzeugen, dass diese friedlichen Demonstranten aller Altersklassen und aller sozialen Schichten nichts mit Neonazis oder Gewalttätern zu tun hatten. Da werden diejenigen, die für ihre Verfassungsrechte demonstrieren, von derselben Regierung, die Verfassungsrechte ausser Kraft setzt, als Feinde der Verfassung eingestuft.

Michael Ballweg, einer der Sprecher der Querdenker, sagte einem Reporter: «Nach einem Jahr Leitmedien-Beschuss stehe ich ja in einer Ecke, in der man mit mir eigentlich gar nicht mehr reden dürfte. Aber trotzdem reden noch viele Oberbürgermeister mit mir.»

Ballweg ist in der Tat eine Gefahr für die Corona-Gendarmen, weil er seine Meinung entspannt, ruhig und souverän vertritt, und weil immer mehr Leute sich von seinen Argumenten überzeugen lassen. Ballweg ist eine Bedrohung für die Verfechter der totalen Viren-Sicherheit, weil er Leute in ihrer Meinung bestätigt, dass man Menschen nicht einsperren kann, um sie vor einem Virus zu schützen.

Im Hintergrund die deutschen Wahlen

Tatsache ist, dass die deutsche Regierung mit ihrem Auf und Ab von Lockdown, Halb-Lockdown Notbremsen-Lockdown, Impfstoff-Debakel und einem widersprüchlichen Zahlensalat zunehmend an Glaubwürdigkeit verliert. Die Sorge um drohende Stimmenverluste im Wahlkampf ist also verständlich.

Ein Barometer für den Stimmungsumschwung im Volke sind die Satire-Videos #allesdichtmachen, welches am 22. April von mehr als 50 bekannten Schauspielerinnen und Schauspielern publiziert wurde. Sie machen sich über flächendeckende Zwangsmassnahmen lustig und führen sie in einer übersteigerten Dimension ad absurdum: «Atmen Sie nur ihre eigene Luft, und wenn die alle ist, bestellen Sie neue bei Amazon!» Auch wird die Forderung erhoben, nur noch in runden Zimmern zu filmen, denn dann könne man nicht «in die rechte Ecke gestellt werden».

Seither steht Deutschland Kopf. Da es sich um das Who is Who der deutschen Schauspielszene handelt (viele bekannt aus der Sendung «Tatort») ist es nicht leicht, ihnen in bewährter Manier Rechtsextremismus, Antisemitismus, Ignoranz, Dummheit und Esoterik zu unterstellen. Folglich hat Deutschland ein Problem. Entsprechend heftig war der Shitstorm, der sich erhob. Der «Berliner Tagesspiegel» titelte, dass Video sei «so schäbig, dass es weh tut». Ein früherer Minister der SPD in Nordrhein-Westfalen forderte, man müsse diese Schauspieler aus den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern rauswerfen. In Corona-Deutschland kocht das glühende Magma der Empörungsbereitschaft unter einer dünnen Kruste. Als Konsequenz davon haben einige Schauspielerinnen und Schauspieler ihre Videobeiträge gelöscht. (Schauspieler Jan Josef Liefers begründet hier die Aktion der Schauspieler.)

Intelligente Politiker wie CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sehen indessen genau, wie in Deutschland die Stimmung kippt. Auf dem Grunde der Donau, da wandern die Steine, schrieb Bert Brecht, und so dürfte es mit der schweigenden Menge sein, welche die Zwangsmassnahmen nicht mehr erträgt und täglich grösser wird. Laschet zieht daraus im Wahlkampf-Modus die Konsequenzen. In einem Talk von Radio Bremen, bei dem auch der Tatort-Schauspieler Jan Josef Liefers zugeschaltete war und erklären durfte, warum er bei diesem Video mitgewirkt hat, stellt Laschet lapidar fest:

«Man darf das sagen in einem freien Land (…) muss man diese Meinung vertreten können. Und was ganz schlimm ist: Wenn jemand sowas sagt, immer gleich sagen: Das ist rechts. Von diesen fünfzig ist keiner AfD, ist keiner rechts. Die haben eine andere Meinung als die Mehrheit. Aber gerade in Krisensituationen ist auch die Minderheitsmeinung, gerade von Künstlern und Intellektuellen, wichtig. Ich verstehe was gemeint ist, ich teile sie nicht, aber es muss möglich sein.» 

Zurzeit ist das Gegenteil zu beobachten. Nicht mehr Vernünftigkeit und Qualität eines Argumentes zählen, sondern nur noch, von wem es kommt und wer applaudiert. Wenn «Beifall von rechts» kommt, ist ein Gedanke unakzeptabel. Man kann Gedanken zwar nicht verbieten. Aber man versucht, ihre Veröffentlichung und Verbreitung zu unterbinden. Für die neue Santa Inquisición besteht der Schuldbeweis in Beifall von rechts. Wer den erhalten hat, gilt als überführter Ketzer.

Der besorgniserregende Trend, Widerspruch und abweichende Meinungen aus der Öffentlichkeit zu entfernen, zeigt sich derzeit in vielfältiger Weise. YouTube-Videos, auf denen renommierte Wissenschafter den Corona-Lockdown und seine Begründungen kritisch unter die Lupe nehmen, werden kurzerhand abgeschaltet. Was noch vor wenigen Jahren unvereinbar schien mit den hehren Grundsätzen der «westlichen Wertegemeinschaft», ist Realität geworden: politische Zensur. In einem Tal südlich der San Francisco Bay in Kalifornien sitzen mächtige Tech-Konzerne, die vieles eigenmächtig löschen, was nicht gesagt, nicht gehört und nicht gesehen werden darf. Und in Deutschland erklärt der Staat eine basisdemokratische Protestbewegung zur eventuell staatsbedrohenden Gefahr und gibt ihre Mitglieder frei zur geheimdienstlichen Beobachtung. Dass der CDU-Kanzlerkandidat Laschet in einer Radiosendung der ARD dagegenhält, gibt immerhin Hoffnung, dass noch nicht Hopfen und Malz verloren ist.

Viele verstehen nicht, dass beispielsweise der italienische Philosoph Giorgio Agamben die behördlich verordnete Gesichtsverhüllung sogar als «sanitären Terror» bezeichnen darf. Doch in einer Demokratie muss man damit leben, dass solche Meinungen öffentlich geäussert werden, und dass Menschen Massnahmen der Regierung unsinnig finden und dagegen protestieren.

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Oben        —     Protest von Verschwörungsgläubigen gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes während der Abstimmung im Bundestag am 21. April 2021. Die Kundegebung wurde wegen Missachtung der Hygieneregeln aufgelöst, woraufhin versucht wurde an das Brandenburg Tor zu gelangen und den Tiergarten zu besetzen.

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Kampf den Diskurswächtern

Erstellt von Redaktion am 5. Mai 2021

Der Raum des Sagbaren, logisch, schrumpft. 

Ein Schlagloch von Georg Seeßlen

Immer enger sind die Grenzen für den politischen und kulturellen Diskurs. Er ist langweilig geworden. Vor der Erneuerung steht das Überwinden der Zwänge

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Texte, Features, Filme, Debatten – sie werden immer langweiliger. Oder anders gesagt: Das, worüber wir uns noch erregen können, wird immer belangloser. Hier über ein Stöckchen der Empörungsstrategien springen, da mit Wortkanonen auf Spatzenhirne schießen (wie jüngst gegen ein paar besserverdienende Medien-Routiniers, die ihren soziophoben Narzissmus auch noch „humorvoll“ verbreiten müssen), das ändert nichts daran, dass Langeweile die Grundstimmung der politischen und kulturellen Diskurse geworden ist. Der Blick verengt sich auf einen schrumpfenden Konsens. Und so sieht das aus:

Schau links. Da stehen zwei Diskurswächter, die sich zugleich zoffen und ergänzen. Der eine hält Wacht über Identitätsrespekt und politische Korrektheit, fest überzeugt, dass wir es ohne ihn nicht hinkriegen, in Sprache und Bild achtsam zu sein. Das andere ist der soziale Anspruch. Das donnernde „Zwischentöne sind nur Krampf, im Klassenkampf“. (Mist, und ich habe doch so ein Faible für Zwischentöne!)

Schau rechts. Da stehen wiederum zwei Diskurswächter. Das eine ist der stramme Nazi oder Coronaleugner, der schlicht mit Gewalt droht. Wir wissen, wo du wohnst! Volksverräter. Lügen­pressler. Und der andere ist ein „konservativer Liberaler“, der behauptet, dass man doch alles noch mal ­sagen dürfen muss, damit eine Freiheit ist. Im T-Shirt (rot auf braun): „Beifall von der falschen Seite“.

Schau nach vorn. Die Diskurswächter haben hier zwei schwere Grenzmarkierungen eingeschlagen. Die eine sagt, dass man gefälligst nicht „utopistisch“ sein darf, sondern ans Machbare denken. Die andere sagt, dass man keinen Alarmismus betreiben und keine Weltuntergangsstimmung verbreiten soll. Wenn man schon kritisiert, dann soll man gefälligst „Lösungsvorschläge“ machen.

Schau zurück. Hier lauern die Wächter, von denen einer sich energisch jede Nostalgie verbittet. Jaja, früher war alles besser. Wir waren schon mal weiter? Verschone uns damit! Der andere verbittet sich diese abscheuliche negative Dialektik. Was soll diese Suche nach langen historischen Wurzeln, heute geht es ums Rechthaben, nicht um Dia­lektik!

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Schau nach unten. Doch hier lauert schon der Diskurswächter mit der Keule „Klassismus“. Elitär oder anbiedernd, falsch ist beides. Und dann gibt es „Leute, für die das Recht, in der Scheiße zu leben, höher rangier als das, nicht in der Scheiße zu leben – für manche ist es schlimmer, wenn man sie von oben herab behandelt, als dass man sie verrohen lässt“. So jedenfalls sieht es Taylor Parkes im Hinblick auf linksliberale Patronage. Und der zweite Diskurswächter? Mach dich mal locker, Alter. So’n bisschen Regression und Entertainment, das wirste doch noch liefern können.

Schau nach oben. Je genauer du dorthin schaust, desto deutlicher wird, dass da Leute sind, die wirklich Macht über den Medienmarkt haben. Wenn du einigermaßen über die Runden kommen willst, leg dich nicht mit ihnen an. Und auch dieser Diskurswächter hat einen Begleiter, das ist der Glamour. Du kannst etwas abbekommen, vom Reichtum und von der Macht, dabei sein wenigstens, wenn sich das feiert. Ein Häppchen Kaviar hier, ein Schritt in der Sonne der Wichtigkeit?

Okay. Wir sind umzingelt von Diskurswächtern, die mit sehr unterschiedlichen Mitteln klar machen, was gesagt werden kann und was nicht. Der Raum des Sagbaren, logisch, schrumpft. Und der primäre Impuls, ihn zu begrenzen, ist nicht mehr die Kritik, sondern das Verbot oder mehr noch: ein Verschwinden-Machen, ein Zum-Schweigen-Bringen.

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Grafikquellen       :

Oben          —           DL / privat  – CC BY-SA 3.0

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Unten      —       Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin am 29. August 2020.

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CDU und Klimaschutz :

Erstellt von Redaktion am 4. Mai 2021

Und schon steigt Merz auf die Bremse

Bei rechtzeitiger Beachtung des Klimaschutz wäre das Corona-Virus mit großer  wahrscheinlich zu Hause geblieben und wäre  einer total versagenden Regierung vieles erspart geblieben. Aber wo der Verstand nicht reicht, der hat auch die Konsequenzen dafür zu tragen !

Quelle:    Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher

Die schallende Ohrfeige des BVerfG für die Klima-Politik in unserer Republik, wie sie im Klimaschutzgesetz zum Ausdruck kommt, hallt noch kräftig nach, da tritt der frisch gekürte Wahlkampfhelfer der CDU, Friedrich Merz, prompt auf die Bremse und zeigt damit, dass er ganz offenkundig dem Thema nicht gewachsen ist.

Großspurig, mit schiefem Hals, schrägem Blick und nichtssagend trivial verkündet er: »Ökonomie und Ökologie bedürfen nun noch einmal einer besseren und dann wirklich zukunftsfähigen Abstimmung zueinander«. Das heißt doch nichts anderes, als dass er bisher alles falsch gemacht hat. Recht hat der Tor und macht uns nicht klüger als zuvor (frei nach Goethe). Nein, munter schleimt der Wirtschaftsexperte des CDU weiter: »Gleichzeitig verbietet sich ein gesetzgeberischer Schnellschuss« aber auch im gleichen Atemzug, dass: »bereits heute mehr getan werden [müsse], um unser Klima zu schützen«. Also, was denn nun? Mit hin und her und hüh und hott will der Multimillionär scheinbar wieder in seine altbekannten Gebaren zurück, Hauptsache es ist gut für BlackRock und ähnliche Akteure.

Dabei schwebt er scheinbar derart über den Dingen, dass er den rasanten Zustimmungsverlust seiner Partei nicht sieht oder sehen will und wie das Wahlvolk ihn im Regen stehen lässt. Bei nur noch 24% Zustimmung bräuchte die CDU Anschieber und keine Bremser, und schon gar nicht in Sachen Klimaschutz. Alles immer nur auf die anderen abzuschieben, ohne selbst einen konstruktiven und zukunftsträchtigen Vorschlag zu machen, ist ein Armutszeugnis für Merz insbesondere aber auch für alle, die ihn wieder in eine Führungsrolle in der CDU gehievt haben.

Beim Klima drängt die Zeit ungemein. Die alten Spielchen mit kapitalistischen Tricks zur rücksichtslosen Ausplünderung von Mensch und Natur sind spätestens durch die Pandemie endgültig enttarnt. Und: Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind (A. Einstein). Also, weg mit den lobbygetriebenen Politikern, weg mit phantasielosen und inkompetenten Bremsern. Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will (schon wieder Einstein).

Gibt es eine  blamablere Bloßstellung für die Unfähigkeit einer Regierung, wenn ein Land seine Kinder an die Front schicken muss. um entsprechendes Gehör zu finden ? Politisches Pack – schämt euch. Ihr seit der Krokodilstränen nicht wert, welche ihr für die Verstorbenen jetzt vergießt !

In Frankreich sagt man da, dass man alten Affen keine neuen Grimassen beibringen kann. Junge Menschen haben unsere Wohlfühl-Politiker aus ihren Macht-Träumen aufgeweckt, nachdem diese trotz besseren Wissens die Zeichen der Zeit und Folgen ihres Handelns verschlafen haben. Heute und in Zukunft mehr denn je „muss man die Frösche fragen, wenn man einen Sumpf trocken legen will.“ Eine Marktwirtschaft auf der Basis von Turbo-Kapitalismus darf es nicht mehr geben, womit dem BlackRock-Mann der Teppich unter den Füßen weggezogen wird. Die Bremse beim Klimaschutz ist auch kein sicherer Standplatz, sondern eher ein Kniehebel am Hals eines Erstickenden. Jemandem, der keine Ahnung von Klima und ganz andere Interessen hat, hilft auch keine Bedenkzeit. Die hatte er seit über 20 Jahren immer wieder und überdeutlich. Jetzt beim Klimaschutz auf die Bremse treten ist schlicht verantwortungslos. Solche Ansinnen gehören energisch ausgemerzt.

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Oben         —    „Stadt für alle statt für Instone. Grüne Lunge muss bleiben!“ – Frankfurt am Main, 8. März 2019

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Die Akte „Red Rudi“

Erstellt von Redaktion am 4. Mai 2021

Wie die USA Rudi Dutschke beobachteten

Anti Amerikaanse demonstratie in Amsterdam, Bestanddeelnr 921-1002.jpg

Von Stefan Reinecke

Von 1967 an spähte das FBI Studentenführer Rudi Dutschke aus, um seine Übersiedlung in die USA zu verhindern. Nun sind die Akten teils öffentlich.

Am 11. Januar 1967 meldet das US-Außenministerium eine besorgniserregende Neuigkeit. Man habe aus mehreren Quellen erfahren, dass der deutsche Studentenführer Rudi Dutschke in San Diego oder Berkeley studieren wolle. Er sei der „bekannteste linke Agitator“ in Westberlin und habe Demonstrationen initiiert, die gewaltsam endeten. Der „demagogische Redner“ verfüge bedauerlicherweise auch noch über „beträchtlichen persönlichen Charme“. Dutschke, so die Warnung, sei von „aufrichtigem Hass auf das Establishment und missionarischem Eifer für eine utopische sozialistische Revolution“ angetrieben.

Damit beginnt eine intensive, zwei Jahre währende Beobachtung von „Red Rudi“ durch das FBI, die US-Botschaft und das Außenministerium.

Die US-Behörden sind gut informiert. Dutschke spielt 1967 mit dem Gedanken, in die USA umzuziehen. Er ist der Star der bundesdeutschen Studentenbewegung – und zweifelt, ob diese Rolle ihm nicht langsam über den Kopf wächst und der antiautoritären Bewegung in Wahrheit schadet.

Der US-Bürger Rich Jones hat schon 2017 die Freigabe des FBI-Dossiers über „Alfred Willi Rudolf Dutschke“ beantragt und die Dokumente am letzten Samstag auf dem Netzportal reddit veröffentlicht. Die Akten umfassen rund 300 Seiten und reichen über sechs Jahre – von Januar 1967 bis Juni 1973. Die meisten Namen sind geschwärzt. Obwohl die Geheimhaltungsfrist für die Akten laut Freedom of Information Act abgelaufen ist, sind viele entscheidende Dokumente unkenntlich gemacht. Bei der Löschung der Namen nahm es das FBI sehr genau. Auch in einem ins Englische übersetzen Spiegel-Artikel vom Mai 1968 wurden die Namen unkenntlich gemacht. Sicher ist sicher.

Spitzel in Dutschkes Nähe?

Trotzdem zeigt auch das sorgsam gefilterte und nur zu etwa zwei Drittel lesbare Dossier, wie akribisch FBI, das Außenministerium und die US-Botschaft fast jeden Schritt des Manns vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) verfolgten und deuteten. Eigentlich ist die CIA für Kommunisten- und Aufstandsbekämpfung im Ausland zuständig. Doch bei Dutschke, der die Weltrevolution in die USA zu bringen droht, fühlte sich auch das FBI verantwortlich.

Eine Frage drängt sich auf: Hatten US-Dienste Spitzel in der Studentenbewegung, oder sogar im nahen Umfeld von Dutschke? Eine schlüssige Antwort findet sich zwar nicht. Doch es gibt auch in der gesäuberten Fassung Hinweise in diese Richtung. So berichtet ein Memo des Außenministeriums an das FBI und die US-Botschaft am 28. Dezember 1967 von einem Informanten (dessen Name geschwärzt ist).

Die linke US-Studentenvereinigung Students for a Democratic Society habe Dutschke für den April 1968 in die USA eingeladen. Und Dutschke wolle „diese Einladung annehmen“, so der Informant. In einem Bericht an den FBI-Direktor am 28. Februar 1968 wird gemeldet, dass man in Westberlin über einige Informanten verfüge, die Dutschke hoffentlich „nahe genug stehen, um seine Pläne zu kennen“.

 

Im November 1967 schickt das US-Außenministerium einen Bericht an Stellen in San Diego, San Francisco, Sacramento, die US-Botschaft in Bonn und das Büro des FBI in der Hauptstadt. Das Ministerium ist noch immer alarmiert. Dutschke wolle in die USA reisen, um in Kalifornien zu studieren, wahrscheinlich bei Herbert Marcuse, dem linken Professor. Alle Stellen sollten „unverzüglich alle sachdienlichen Informationen“ weiterleiten. Am 16. November leitet das Außenministerium eine Überprüfung Dutschkes beim Auslandsgeheimdienst in die Wege.

Besonders beunruhigt die Behörden, dass Dutschke mit einer US-Bürgerin, Gretchen Klotz, verheiratet ist. Das macht es schwieriger, ihm die Einreise zu verwehren. Dutschke ist zudem nicht vorbestraft und verfügt über ein ordnungsgemäßes polizeiliches Führungszeugnis. Das FBI meldet im März 1967, dass Gretchen Dutschke im Januar ihren US-Pass hat verlängern lassen. Es gibt Grund zur Sorge.

Im November 1967 markiert das Außenministerium, was zu tun ist, wenn der Worst Case, den man unbedingt verhindern will, doch eintritt: Dutschkes Einreise in die Vereinigten Staaten. Alle örtlichen Behörden müssten dann sofort mit allen Hintergrundinformationen versorgt werden. „Red Rudi“ gilt als Gefahr.

Botschafter verschickt Brandbrief

Das FBI fürchtet zudem, dass die westdeutsche Studentenbewegung die militante schwarze Organisation Black Panther unterstützt. Für FBI-Chef J. Edgar Hoover, berüchtigter Kommunistenfresser und seit 1935 Chef des Inlandsgeheimdienstes, sind die Panther 1968 die größte Gefahrenquelle für die Sicherheit der USA. Dutschke, so ein Memo an den FBI-Direktor vom 29. Januar 1968, habe eine Europatour des bekannten Black-Panther-Aktivisten Stokely Carmichel „begeistert“ aufgenommen. Der Informant bezweifelt aber, dass der SDS die Panther organisiert unterstützen wird. Dutschke & Co würden sich mehr für die revolutionären Bewegungen in Lateinamerika erwärmen. Man werde die Kontakte des SDS zu den Panthern trotzdem weiterhin wachsam verfolgen.

Hektisch werden die Aktivitäten der US-Behörden im Februar 1968. Denn in Westberlin verdichteten sich Gerüchte, dass der Studentenführer bald mit der Fluggesellschaft Finnair in die USA reisen wolle. Zur Schlüsselfigur wird der US-Botschafter in der Bundesrepublik, George C. McGhee.

Voormalige Westduitse studentenleider Rudie Dutschke, geeft lezing op Katholieke, Bestanddeelnr 928-4129.jpg

Im März verschickt McGhee eine Art Brandbrief. Man müsse alles rechtlich Mögliche unternehmen, um Dutschkes Plan zu vereiteln. Dutschke agitiere vehement gegen den US-Krieg in Vietnam, unterstütze Deserteure und wolle die Nato zerschlagen. In Frankfurt habe er ein Go-in angeführt, bei dem im Amerika-Haus Sachschaden entstand – in Höhe von 2.400 Dollar. Das sei, so ­McGhee, ein rechtlich wetterfester Grund, um die Erteilung eines Visums und ein Studium in den Vereinigten Staaten zu verhindern.

Aus einer FBI-Personenskizze vom März 1968 über den Studentenführer :

Rudi Dutschke ist „häufig unrasiert“, hat eine habichtartige Nase und einen stechenden Blick – „very penetrating dark eyes“

Rudi Dutschke erscheint in manchen Memos als ein raffinierter, mit alle Wassern gewaschener Gegner. In einem Papier des Außenministeriums heißt es, er rufe zum Widerstand gegen die Regierung und zu Gesetzesbrüchen auf, sei aber so clever, dass er bislang in der Bundesrepublik nur wegen Beamtenbeleidigung verurteilt wurde. Das FBI zeichnet ihn im März 1968 in einer kurzen Personenskizze als fast diabolische Erscheinung. Er sei „häufig unrasiert“, habe eine habichtartige Nase und einen stechenden Blick – „very penetrating dark eyes“.

Eine Gefahr für die USA, so viel ist klar.

Quelle         :           TAZ          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —     Collectie / Archief : Fotocollectie Anefo Reportage / Serie : [ onbekend ] Beschrijving : Anti Amerikaanse demonstratie in Amsterdam Datum : 21 februari 1968 Locatie : Amsterdam, Noord-Holland Trefwoorden : demonstraties Fotograaf : Kroon, Ron / Anefo Auteursrechthebbende : Nationaal Archief Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit) Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.01.05 Bestanddeelnummer : 921-1002

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Hashtag-Bewegungen FFF

Erstellt von Redaktion am 3. Mai 2021

Das Zeitalter der #Viralpolitik

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Eine Kolumne von Christian Stöcker

Diese Woche gab es zwei Nachrichten über Bewegungen, die sich um Hashtags herum versammeln: #Querdenken wird vom Verfassungsschutz beobachtet, #FridaysForFuture siegt vor dem Verfassungsgericht. Es gibt da einen Zusammenhang.

Im 21. Jahrhundert ist das Internet der mächtigste Treiber gesellschaftlichen Wandels, den die Menschheit je gesehen hat. Die neuen sozialen Bewegungen sind ohne sozial-mediale Vernetzung nicht denkbar. Das gilt im Guten wie im Schlechten.

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Boom von Audio-Formaten

Erstellt von Redaktion am 22. April 2021

Das Goldene Zeitalter des Podcasts beginnt erst jetzt

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Eine Kolumne von Sascha Lobo

Die Zeit ist reif für eine neue Dimension sozialer Medien: Social Audio. Befeuert wird dieser Trend längst nicht nur von Clubhouse. Vor allem Apples Marktmacht bringt ihn nun entscheidend voran.

Im Januar 2021 entzündet die iPhone-App Clubhouse für ein paar Tage ein Strohfeuer der Aufmerksamkeit. Jedenfalls unter Medienschaffenden, Start-up-Leuten und der deutschen Twitter-Crowd. Sie werden angezogen vom Livegefühl, der großen Emotionalität, die in der medial vermittelten Stimme wohnt und der Tatsache, dass sich auch ein paar Dutzend Prominente und Influencer dort tummeln. Sie alle eint eine gewisse Begeisterungsfähigkeit, die aber in der Techsphäre eine Kehrseite hat: Wenn die eigene Begeisterung verfliegt, schaffen es die wenigsten Menschen, diese ganz persönliche Abkehr richtig zu deuten. Sie glauben zu oft, dass die Welt nicht interessiert, was sie selbst nicht interessiert.

Der Hype um Clubhouse markiert aus meiner Sicht den Beginn des Goldenen Zeitalters des Podcasts – diesmal wirklich (es wurde schon häufiger angekündigt). Und zwar ganz unabhängig davon, ob diese Live-Audio-App weiter besteht oder nicht. Da Clubhouse inzwischen aufgrund des internationalen Erfolges mit vier Milliarden Dollar bewertet wird, dürfte sie allerdings noch eine Weile existieren. Davon unabhängig hat sie den endgültigen Beweis erbracht, dass die Zeit für eine neue Dimension sozialer Medien reif ist: Social Audio.

Nicht, dass es nicht schon seit vielen Jahren bestimmte Formen sozialer Hörmedien gab. Die Gaming-Community nutzt verschiedene Audio-Chats fast von Beginn an, WhatsApp-Sprachnachrichten sind das soziale Basismedium einer ganzen Generation und über allem schwebt das Prinzip Podcast, das vor gut 20 Jahren mit dem namensgebenden iPod von Apple entstand. Aber retrospektiv handelt es sich nur um Puzzlestücke eines größeren Bildes, das jetzt entsteht: Der Zwischenraum zwischen Audiochat, Sprachnachrichten und Podcasts füllt sich, ein Teil davon als Livestream, ein anderer asynchron.

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5 Säulen der Verkehrswende

Erstellt von Redaktion am 20. April 2021

Wir fordern: Verkehr sparen, Flächen umverteilen!

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Quelle     :     Untergrundblättle CH

Von  Aktion Automarder

Was geschehen muss, damit der Umstieg von Auto auf Fuss, Fahrrad und ÖPNV klappt.

Viele Jahrzehnte völlig einseitige Orientierung auf den Personen- und Gütertransport per PKW und LKW haben eine verheerende Abhängigkeit von dieser Art der Fortbewegung geschaffen. Die vielen Nachteile der Toten und Verletzten, der Zuasphaltierung von Stadt und Land, der Luft- und Lärmbelastung sowie dem gigantischen Bedarf an Rohstoffen für Bau und Betrieb wurden ausgeblendet. Bahnstrecken verödeten, während gigantische Arbeitskraft und Geld in den Ausbau der Autoinfrastruktur gesteckt wurden. Die Wende hin zu menschen- und umweltfreundlichen Verkehrssystemen braucht daher vielerorts erhebliche Kapazitäten. Vielfach lassen sich die geschaffenen Systeme aber auch gut umnutzen.

Was jetzt schnell und konsequent geschehen muss, lässt sich in vier Worten zusammenfassen: Verkehr sparen, Flächen umverteilen! Aktionen für eine Verkehrswende sollten zu den konkreten Forderungen passen, die PKW- und LKW-Verkehr reduzieren und die von diesem eingenommenen Flächen für mehr Lebensqualität in den Orten, andere Formen der Fortbewegung oder eine Renaturierung frei werden lassen.

Die fünf Säulen der Verkehrswende

Im Folgenden soll benannt werden, was nötig ist, um vom gefährlichen und umweltzerstörenden Autoverkehr zu sinnvollen Alternativen zu kommen. Bis heute hat Verkehrspolitik nämlich zwei Macken. Zum einen werden weiterhin Strassen und Stellplätze gebaut. Mitunter geschieht das mit dem Versprechen, Menschen von Lärm- und Luftbelastung zu entlasten. Doch jede neue Autoinfrastruktur für zu mehr Verkehr. Zudem sind die kleinen Massnahmen für andere Verkehrsmittel fast immer Stückwerk. Es geschieht viel zu wenig und viel zu langsam, zudem ist vieles nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Verkehrswende muss konsequent geschehen, sonst gibt es am Ende nur Verlierer*innen. Hier mal ein Radwegchen und da mal eine etwas längere Grünphase für Fussgänger*innen reicht nicht. Die echte Verkehrswende besteht aus fünf Bausteinen. Aktionen und Verkehrswendevorschläge sollten darauf abzielen.

1. Verkehr vermeiden – für eine Politik der kurzen Wege!

Verkehr wird erzwungen, wenn die Lebensbereiche der Menschen auseinandergerissen werden – und er verringert sich, wenn zusammenwächst, was zusammengehört. Wenn Menschen in Stadtteilen und Dörfern (wieder) Einkaufsmöglichkeiten, Kulturangebote, Arbeitsplätze, Arztpraxen usw. finden, fallen viele Wege weg oder werden so kurz, dass Fuss und Fahrrad viel attraktiver sind als ein eigenes Auto, welches Geld kostet, Platz wegnimmt und durch die Parkplatzsuche bei kurzen Wegen auch nicht schneller ist.

Eine Politik der kurzen Wege besteht zum einen aus der Verhinderung weiterer Zentralisierungsprozessen und verkehrsintensiver Märkte auf der grünen Wiese, zum anderen müssen dezentrale Angebote entsprechend gefördert und unterstützt werden. Regional- und kommunale Planung müssen darauf ebenso ausgelegt werden wie entsprechende Förderprogramme von Bund und Ländern.

2. Autofreie Ortszentren und sensible Zonen als Anfang … und dann ausdehnen!

Der Autoverkehr (motorisierter Individualverkehr) muss zurückgedrängt werden, zunächst aus den Innenstädten. Ortszentren und um Schulen, Kindergärten, Kliniken usw., dann aus Wohngebieten, am Ende überall. Die freiwerdenden Flächen werden dringend für andere Verkehrssysteme, Aufenthalts- und Spielflächen und Begrünung gebraucht. Vor allem aber steigert das Fernbleiben des PKW-Verkehrs aus dem unmittelbaren Umfeld verkehrsintensiver Orte die Chance, dass Menschen auf andere Weise dorthin gelangen können und wollen. Erst wenn der tägliche Horror vieler Elterntaxis von Kindergärten und Grundschulen Abstand hält, ist gefahrloses Ankommen zu Fuss oder mit dem Fahrrad wieder möglich. Wenn Geschäfte oder Bildungseinrichtungen mit dem Fahrrad oder ÖPNV direkt und gefahrlos anfahrbar sind, aber vom Park&Ride-Platz noch ein Umstieg oder ein Fussmarsch nötig sind, werden sich die umwelt- und menschenverträglichen Verkehrsmittel durchsetzen.

3. Schienenverkehr stärken, Busse als Zubringer und Nulltarif einführen!

Mobilität muss für alle gleichermassen möglich sein. Dafür bedarf es eines flächendeckenden, dichten Netzes an Bus- und Bahnlinien – und das zum Nulltarif, also der Abschaffung des Fahrkartenwesens. Die Einsparung durch einen Wechsel vieler Menschen vom Auto auf Rad und ÖPNV ist höher als die Kosten des fahrscheinlosen Fahrens.

Ausgebaut werden sollen vor allem die fussgänger*innenfreundlichen und barrierefreien Strassenbahnen. Sie bewegen zudem auf ihrem Querschnitt mehr Menschen bewegen als Autos und Busse und sind einfacher einzurichten und zu betreiben als unterirdische Bahnen. Zudem ist vielerorts möglich, die Tramgleisnetze in der Stadt mit den Eisenbahnlinien der Umgebung zu verknüpfen. Diese sogenannten RegioTrams bringen dann die Menschen aus der Peripherie direkt zu den wichtigen Orten der Metropolen. Viele Städte haben einen Anteil von 60 bis 80 Prozent des PKW-Aufkommens aus der Umgebung, so dass diese Verknüpfung sehr wichtig ist.

Busse mit klimafreundlichem Antrieb dienen als Zubringer von Haustür zu den Bahnhaltestellen mit direkten, überdachten und barrierefreien Übergängen zum Bahnverkehr. Wo der Platz für Strassenbahnen fehlt oder Hindernisse zu überwinden sind, können auch Seilbahnen eine Lösung innerhalb von Orten oder zu ausgewählten Zielen sein.

4. 50 Prozent und mehr des Verkehrs aufs Fahrrad – mit einem Netz von echten Fahrradstrassen!

Etliche Städte in den Niederlanden, in Dänemark und auch einige in Deutschland zeigen, dass es möglich ist, über die Hälfte der zurückgelegten Wege mit dem Fahrrad zu bewältigen. Solche Fahrradstädte sind attraktiv, nicht nur für die Menschen auf dem Rad, sondern auch bei denen, die dort wohnen, einkaufen, sich erholen oder Geschäfte betreiben. Denn Fahrräder nehmen viel weniger Platz weg und brauchen kein Parkticket, so dass ihre Nutzer*innen entspannter in der Stadt unterwegs sind.

Um das Radfahren systematisch zu fördern. Um Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad zu bewegen, braucht es vor allem ein Netz von Fahrradstrassen, die gar nicht von Autos oder höchstens von Anlieger*innen befahren werden. Um neue Flächenversiegelung zu vermeiden, sollten bevorzugt bisherige Autostrassen umgewandelt werden. Durchgangsverkehr ist durch Polder oder gegenläufige Einbahnstrassen ganz zu unterbinden.

Verkehrswende Demo #aussteigen zur IAA in Frankfurt, September 2019.

Fahrradstrassen müssen zu allen wichtigen Mobilitätspunkten verlaufen, zum Beispiel Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Kultureinrichtungen, Einkaufsmärkte, Ortszentren und Bahnhöfe. Kreuzungen mit Autostrassen sind sicher zu gestalten und möglichst oft die Fahrradstrasse mit Vorfahrt auszustatten. Neben dem Fahrradstrassennetz sind überdachte und sichere Abstellanlagen, Leihradsysteme und gute Ausschilderung wichtig.

5. Fusswege und autofreie Plätze schaffen und verbessern

Nicht vergessen werden dürfen die Wege zu Fuss, die im Nahbereich und zu den Haltestellen stets Teil der Mobilität sind. Wichtig ist genug Platz, verbunden mit angenehmen Aufenthalts- und Spielplätzen, sowie eine barriere- und lärmfreie Gestaltung. Hilfreich sind gute Ausschilderung und Unterstellmöglichkeiten bei Regen. An Ampeln erhöht das Rundum-Grün (alle Ampeln für Fussgänger*innen gleichzeitig auf Grün, alle anderen gleichzeitig rot) nicht nur die Sicherheit, sondern ermöglicht auch das zügige Überqueren in der Diagonalen.

Für all diese Teile einer konsequenten Verkehrswende lohnt es sich, Forderungen zu stellen, Pläne zu entwickeln und Aktionen durchzuführen. Darüber hinaus gilt: Keine Strassen mehr! Sofortiger Baustopp überall! Denn: „Wer Strassen baut, wird Verkehr ernten!“ Deutlich zeigte das der Fertigbau der A94 östlich von München. Kaum fertig, stiegen die Menschen von der Bahn aufs Auto um. Das ergab eine erste Untersuchung des durch den Autobahnbau veränderten Mobilitätsverhalten.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.
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Grafikquelle      :

Oben      —     On 2005-06-12 Angela Merkel announced on occasion of a party convention of the Christian Democratic Party in Kiel (a town in northern Germany), one would have to roll down all brake shoes (German idiom for „obstacles“) which stand in the way of growth. Of course, in order to do that, she needs the Merkelroller

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Die Deglobalisierung

Erstellt von Redaktion am 14. April 2021

– Zeit Diagnose und Perspektive

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Quelle:    Scharf  —  Links

Von Meinhard Creydt

Begeisterte Befürworter der Globalisierung erlebten schon einmal bessere Zeiten. In einer Einschätzung der Commerzbank heißt es alarmistisch: „Der Welthandel zerfällt in regionale Blöcke“ (zit. n. Kaufmann 2019). Protektionismus ist weit verbreitet. Nicht nur die bekannten Instrumente (z. B. Zölle) finden Anwendung. Die Denkfabrik Eurasien-Group spricht von einem „kalten Technologiekrieg“. Die USA blockieren den Zugang von Huawai zum US-Markt und „reglementieren den Verkauf von High-Tech-Gütern ans Ausland. So brauchen Unternehmen wie Microsoft inzwischen staatliche Lizenzen, um Software an China zu verkaufen. ‚Technologische Vorherrschaft’, so US-Vizepräsident Mike Pence, ist eine Bedingung unserer nationalen Sicherheit’“ (Kaufmann 2019).

Gegenwärtig ist von Globalisierungs-Euphorie wenig zu spüren. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erklärte in einem Interview mit dem ‚Handelsblatt’ auf die Frage, wie die Covid-Seuche, die anders als SARS nicht regional begrenzt ist, sich auswirkt; „Es wird nicht so bleiben wie bisher, weil wir nicht mehr so stark auf internationale Lieferketten vertrauen werden“ (zit. n. Pezzel 2020). Dies verstärkt einen Prozess, der unabhängig von der Covid-Krise bereits im Gang war.

In der Zeitung „Die Welt“ heißt die Überschrift eines Artikels: „Zeitenwende: Die De-Globalisierung hat längst begonnen.“ Für die „rückläufige Globalisierung“ werden folgende Anzeichen genannt: Der globale Handel wächst seit 2008 langsamer als die Produktion. Und: „Seit 2011 ist die Fragmentierung der Produktion auf globaler Ebene rückläufig. Sie war nach dem Einbruch in 2008 nur marginal wieder angestiegen, um seitdem kontinuierlich zu sinken“ (Straubhaar 2016). Steffen Kinkel ist Wirtschaftsinformatiker an der Hochschule Karlsruhe. „Alle zwei bis drei Jahre fragt (er) […] mehr als 1400 deutsche Industrieunternehmen, ob sie Arbeit ins Ausland verlagert haben. Und ob sie Arbeit zurückgeholt haben. […] 1997 verlegten (Kinkels Umfrage zufolge – Verf.) z. B. 27% der Metall- und Elektronikhersteller Teile ihrer Produktion ins Ausland. 2003 waren es 25%. […] 2009 waren es nur noch 9, 2012 noch 8 %“ (Böhme 2019). „Viele haben Probleme mit den Partnerfirmen vor Ort. Oder die Logistik ist zu umständlich“ (Ebd.).

Zwei verschiedene Begriffe von Globalisierung

Ein enges Verständnis von Globalisierung bezieht sie auf das Ausmaß langer, verschiedene Kontinente umspannender Lieferketten und auf die Überwindung von Handelsschranken. Einem weiten Verständnis von Globalisierung entspricht die Feststellung: Selbst wenn die Lieferketten weniger international wären und es mehr Handelshemmnisse gäbe, bliebe der Konkurrenzdruck des Weltmarkts auf die Volkswirtschaften bestehen. Um in der Konkurrenz nicht unterzugehen, muss jedes Kapital seine Verwertung steigern. Das Fortkommen der Sieger wird auf dem Weltmarkt prämiert. In Ländern, die wirtschaftlich schlecht dastehen, unterbleibt die Förderung von Entwicklungspotentialen auf ‚niedrigerem’ Niveau. Wer in der internationalen Konkurrenz auf den unteren Plätzen steht, kann oft nicht einmal mehr im eigenen Land auf teurere Weise technisch weniger anspruchsvolle Produkte herstellen, sondern wird durch die Produkte der Gewinner überschwemmt. Die Kapitale der wirtschaftlich reicheren Länder beanspruchen einseitig häufig bestimmte Stoffe und volkswirtschaftliche Segmente der wirtschaftlich armen Länder. Das verhindert eine aufeinander abgestimmte und eine – bereits gemessen am Florieren einer kapitalistischen Nation – sich positiv rückkoppelnde Arbeitsteilung in der ‚zurückgebliebenen’ Ökonomie.

Negativfolgen internationaler ökonomischer Vernetzung

Bereits aus ökologischen Gründen werden sich Transporte zukünftig massiv verteuern. Kostenvorteile durch Außenhandel verlören schon damit stark an Bedeutung. Das Lob der langen Lieferketten setzt die billigende Inkaufnahme niedriger und niedrigster Löhne sowie schlechter Arbeitsbedingungen in anderen Ländern voraus. Viele Befürworter der Globalisierung sehen davon ab, weitere Negativwirkungen überhaupt umfassend wahrzunehmen. Ein Beispiel: Frachtschiffe laden „zwecks Stabilisierung in ihren Ballastwassertanks an einem Ende des Meerwasser, um es am anderen Ende wieder ins Meer zu lassen. Zehntausende Arten sollen dabei nach Schätzungen verschifft werden“ – und zwar in Gegenden, in denen sie nicht durch ein evolutionär gewachsenes Umfeld (inklusive natürlicher Feinde) gebändigt werden (Ulrich 2020). Die auch auf andere Art und Weise zustande kommende „Welthomogenisierung ist dabei, in hohem Tempo Tier- und Pflanzenarten auszurotten, und zwar ohne dass einem einzigen Tier oder einer einzigen Pflanze unmittelbar etwas angetan würde (was andernorts natürlich auch noch passiert, etwa um anstelle von Regenwald Soja für die deutschen Schweine anzubauen, die dann als Nackensteak nach China verkauft werden.)“ (Ebd.).

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Vielen wird bewusst, wie die Herrschaft des Weltmarkts den Druck der Konkurrenz auf die nationalen Ökonomien verschärft. Aus den Erfahrungen mit den Negativfolgen internationaler ökonomischer Vernetzung im Krisenfall wird auf so etwas wie Schotten im Schiff gedrängt. Dem entspricht das Votum für die „größere Unabhängigkeit von überregionalen Stoff-, Güter- und Finanzströmen, also die sukzessive Stärkung und Immunisierung der Region gegenüber zu großer Abhängigkeit von außen“ (Reinhard Loske). Diese verschiedenen Motive konvergieren im Plädoyer dafür, ökonomische Zusammenhänge zu dezentralisieren. Lokale und regionale Bereiche wären dann stärker miteinander verknüpft. National und international wäre der Vernetzungsgrad geringer.

Deglobalisierung

Walden Bello (2001) von der einflußreichen thailändischen Nichtregierungsorganisation ‘Focus on the Global South’ tritt für „Deglobalisation“ ein als Antwort auf die Probleme, die aus einer weit verstandenen Globalisierung oder aus den Zwängen des Weltmarkts entstehen. Die geforderte Regionalisierung unterscheidet sich vom Protektionismus oder der Formierung von Wirtschaftsblöcken, die sich auf die Konkurrenz am Weltmarkt ausrichten, sich also positiv auf ihn einstellen. Stattdessen geht es um eine weltweite Raumordnung, die den Rückbau und die Entmächtigung des Weltmarktes beinhaltet: „Die Dekonnexion bedeutet für mich die Unterwerfung der äußeren Beziehungen unter die Logik einer internen Entwicklung. Es ist das Gegenkonzept zu dem zur Mode gewordenen Weltbankmodell der Strukturanpassung. Die Strukturanpassung erfolgt stets einseitig, es ist die Anpassung der Schwachen an die Erfordernisse der Starken. […] Es wäre eine auto-zentrierte Entwicklung in einem mittelgroßen Rahmen vorstellbar, bspw. dem Zusammenschluss von mehreren Nationen oder Ländern der Dritten Welt. So große Länder wie China oder Indien und eine Reihe größerer Staaten des Südens könnten hier eine Vorreiterrolle spielen“ (Samir Amin). Zwar bedarf es internationaler Absprachen, ihr Ziel muss aber sein, die „Notwendigkeit übergreifender Entscheidungen und Regulierungen zu vermindern“ und „die eigenständige politische Kompetenz lokaler und regionaler Einheiten zu Lasten von Staaten und internationalen Organisation zu stärken“ (Christoph Görg, Joachim Hirsch). Wenn wir im Folgenden von Deglobalisierung sprechen, dann nicht im Sinne einer Abnahme von internationalen Geschäftsbeziehungen, sondern im Sinne einer Überwindung des Weltmarkts.

Missverständnisse über die Deglobalisierung

Den Weg der Deglobalisierung gilt es abzugrenzen gegen Versuche, die Globalisierung gerecht zu gestalten einerseits, Strategien der Lokalisierung andererseits. „Während die ‚Gerecht Gestalten’-Strategie die Dynamik der Globalisierung stärkt, indem sie sie reformieren will, erliegt die Lokalisierungsstrategie der Gefahr einer Nischenpolitik ohne durchgreifende Wirkung“ (Eckhard Stratmann-Mertens 2004). In der Konkretisierung dieser Deglobalisierung ist zu unterscheiden zwischen ‚passiv’ zu unterlassenden Maßnahmen und aktiven Schritten hin zu einer regionalen Orientierung. Zu unterlassende Maßnahmen sind z. B. die Exportförderung (Agrarsubventionen, Hermesbürgschaften, Flug- und Schiffstreibstoffsubventionierung u.a.) und die Förderung Transnationaler Konzerne. Aktive Maßnahmen orientieren sich daran, dezentrale Wirtschaftsstrukturen aufzubauen – von der Energieversorgung bis zum ökologischen Landbau, langlebige Produkte zu fördern und eine die Reduktion von Rohstoffimporten ermöglichende Recyclingwirtschaft. Diese Perspektive ist abzugrenzen von illusionären Plädoyers für ‚small is beautiful’ und „Eigenproduktion“ inklusive illusionären Erwartungen an den 3D-Drucker. (Vgl. zu diesen drei Themen Creydt 2018). Holger Görg, Leiter des Forschungszentrums Internationale Arbeitsteilung am Institut für Weltwirtschaft Kiel, weist hin auf den Adidas-Konzern, der „den 3D-Druck-Versuch mit einem Turnschuhmodell nach kurzer Zeit einstellte. ‚Die Möglichkeiten technologischer Entwicklung sind da, aber beim Ausschöpfen sprechen wir eher von Dekaden’ (Görg)“ (Pezzel 2020).

Notwendige Bedingung für das Primat der Binnenwirtschaft ist nicht die Abkopplung vom weiterhin dominanten Weltmarkt, sondern dessen Überwindung durch die Konzentration v. a. auch der wirtschaftlich am meisten entwickelten Länder auf die Binnenwirtschaft. Insofern ist es eine Themaverfehlung, die Deglobalisierung mit den bisherigen Versuchen nationaler Abschottung gegenüber dem Weltmarkt zu delegitimieren. Diese Versuche betrafen bislang ökonomisch unterlegene Regionen zu Zeiten einer Koexistenz von Wirtschaftsstrukturen, die einander gegenseitig ausschlossen. Der „freie Westen“ hat sich nicht damit abgefunden, dass ein Teil der Erde kapitalistischen Imperativen entzogen war. Zu den eigenen Problemen der Wirtschaft im Ostblock kam der ihm aufgezwungene militärischen Wettbewerb hinzu. Hier mit dem Westen mithalten zu können auf dem Gebiet der Hochtechnologien forderte der Sowjetunion und ihren Verbündeten einen Reichtumstransfer in den Rüstungsbereich ab, der überproportional größer war als im ökonomisch stärkeren Westen. Das Primat der Binnenwirtschaft und die gesellschaftliche Selbstgestaltung in einem bestimmten Raum können allein resultieren aus konvergierenden Prozessen, die die Mehrheit der ökonomisch führenden Nationen ergreifen. Ebenso wenig wie es „Sozialismus in einem Land“ gab, kann Deglobalisierung in einem vom weiter bestehenden Weltmarkt abgekoppelten Wirtschaftsraum existieren.

Deglobalisierung ist kein Spaziergang

Für eine Deglobalisierung stellt sich das Problem der Abhängigkeit je nach Bereich auf unterschiedliche Weise. In Bezug auf die Arzneimittelproduktion wurde manchen erst anlässlich der Covid-Seuche bewusst, dass z. B. ein großer Teil von Generika, also Nachahmungsprodukten von teuren Originalprodukten, in China hergestellt werden. Das lässt sich im Rahmen einer Deglobalisierung vergleichsweise leicht korrigieren. Gesa Busch vom Fachbereich Agrarökonomie der Uni Göttingen betont in Bezug auf den Lebensmittelbereich: Würde man sich auf Waren aus regionalem Anbau beschränken, so gäbe es weniger Auswahl bei Obst und Gemüse. „‚Mit der aktuellen Marktstruktur wäre auf keinen Fall eine größere Änderung zu Gunsten von mehr Regionalisierung möglich.’ (Busch). Anbieter mit regionalen Vermarktungsstrukturen seien oft schon gut ausgelastet und könnten ein mehr an Nachfrage gar nicht decken“ (Pezzel 2020). Die – faktisch brisantere – Abhängigkeit von Rohstoffen, die es exklusiv in bestimmten Weltgegenden gibt, fordert Forschungs- und Entwicklungsarbeiten heraus. Sie sollen den Ersatz dieser Stoffe ermöglichen. Kommt es dazu, verringert sich deren Import und Export massiv. Sollte die Abhängigkeit von wenigen fremden Rohstoffen fortbestehen, so unterscheidet sich der diesbezüglich notwendig bleibende Außenhandel ums Ganze vom gegenwärtigen Zustand: Unter der Herrschaft des Weltmarkts besteht flächendeckender Zwang zu Export und Import. Arme Länder müssen um jeden Preis exportieren. Und die Exportweltmeister wie Deutschland machen das Gelingen ihrer Wirtschaft von der anspruchsvollen Voraussetzung abhängig, dass auch in Zukunft deutsche Maschinen und hochwertige Autos nahezu konkurrenzlos bleiben.

Sich den großen Aufwand zu vergegenwärtigen, den eine Deglobalisierung erforderlich macht, spricht weniger gegen diese Veränderung als gegen weit verbreitete Denkfehler. Wer unter gutem Leben täglich frische Schnittblumen aus Lateinamerika und exotisches Obst versteht und diese Auswahlfreiheit als Moment seiner Vorstellung von postmoderner Vielfalt begrüßt, gewichtet auf recht spezielle Art zwischen den Vorteilen dieser Form von Genuss und den negativen Auswirkungen des Weltmarkts. Viele verdrängen, dass die Ausweitung des internationalen Angebots von zu konsumierendem Obst einherging mit der Verringerung der Vielfalt einheimischer Obstsorten. Wer nicht mehr die Geschmacksunterschiede zwischen den verschiedenen einheimischen deutschen Apfelsorten genossen hat, für den ist die Wahrnehmung des Verlustes schwierig. Die Fixierung auf die Sorge, bei massiver Reduktion internationaler Lieferketten würden manche Produkte teurer, sieht von der positiven Entwicklung der Lebensqualität ab, die durch einen Rückbau des Weltmarkts möglich wird.

Kosmopolitische Mentalitäten

Wer angesichts der Perspektive der skizzierten Deglobalisierung Provinzialismus assoziiert, verkennt, dass nicht Kleinstaaterei, sondern das Primat der Selbstversorgung in Wirtschaftsräumen gemeint ist, die mehrere Länder umfassen. Es geht darum, das Überbietungsrennen zwischen Ökonomien durch starke Ausdünnung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen verschiedenen größeren Räumen, die intern stark vernetzt sind, zu beenden. Dem in Gegenfixierung auf den Provinzialismus sich definierenden Kosmopolitismus fehlt das Bewusstsein für die Grenzen der von ihm favorisierten Raumordnung. „Das Entfernteste rückt näher, um den Preis, die Distanz zum Näheren zu erweitern“ (Georg Simmel). „Wenn das Ferne zu nahe tritt, entfernt oder verwischt sich das Nahe“ (Günther Anders). Über die Schauspielerin Sophie von Kessel heißt es: „Mexiko, Finnland, Österreich, USA: Wer seine Kindheit (in diesem Fall als Tochter eines Diplomaten) an so vielen Orten absolviert, für den ist Vielseitigkeit Programm. ‚Ich kenne kein Heimatgefühl, vermisse es auch nicht. Das macht mich flexibel’, bringt es die stilvolle Aktrice auf den Punkt“ (rtv – Das Fernsehmagazin Ihrer Zeitung, Nr. 38, 2010, S. 4). Die kosmopolitische Mobilität verstärkt die Ortlosigkeit und das „raumlose Überall“ (Dietmar Kamper). Für immer mehr Kosmopoliten gibt es nurmehr zeitweilige Durchgangsstationen. Einheimisch sind sie vor allem auf den Flugplätzen. Der beständige Ortswechsel untergräbt die lokale Verankerung und soziale Assoziation von Menschen. Sie kommen nicht auf die Idee, sich vor Ort zu engagieren.

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Einzutreten ist für die „Verkürzung der sachlichen, sozialen und zeitlichen Distanz zwischen Handlungen und Handlungsfolgen auf jenes Maß, das es überhaupt erst erlaubt, die Qualität jenes Zusammenhangs kognitiv zu erfassen und wie auch immer politisch-moralisch zu beurteilen“ (Claus Offe). Für die hier beschriebene Deglobalisierung sprechen ökologische und demokratische Gründe sowie der Wert einer Lebensweise mit weniger Konkurrenz und wirtschaftlichem Druck. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip („Suche nach möglichst großem Ertrag bei geringst möglichen Kosten!“) erweist sich auch hier als eine Orientierung, die von der Wirklichkeit abhebt. Im Preismedium lassen sich Belange der Nachhaltigkeit, der Demokratie und der Lebensqualität nur sehr selektiv ausdrücken. Wer es auf die Orientierung an Geldmengen absieht, muss von diesen Qualitäten absehen. Was im Radar der Preise nicht vorkommt, lässt sich im Schleiertanz des Geldes vernachlässigen und schädigen. „Abstraktionen in der Wirklichkeit geltend machen, heißt Wirklichkeit zerstören“ (Hegel).

„Der Niedergang antiker Städte vollzog sich über Jahrhunderte, der meiner Heimatstadt Detroit über zwanzig Jahre. So schnell passt sich unser Orts- und Heimatgefühl nicht an“ (Lilla 2019). Not-wendig wird es, Räume nicht länger als passives Resultat von Wirtschaftskonjunkturen, Handelsbeziehungen und Verkehrsströmen zu traktieren und den entsprechenden Zufällen zu überlasen. Stattdessen geht es um den Wert des konkreten Gefüges. Er besteht in der Gegenseitigkeit, Ergänzung und dem sinnvollen Aufeinander-bezogen-Sein der verschiedenen Aktivitäten in einem bestimmten Raum. Angesichts des Eigenwerts dieser raumbezogenen „Vernetzung“ wird der Preis fremder Waren und die Effizienz einzelner Techniken zweitrangig.

Der Weltstaat als Illusion

Die durch den Weltmarkt gegebene Situation besteht in einer Koexistenz von übermächtigen internationalen Wirtschaftsdynamiken und einer Politik, die national zersplittert und insofern der Internationalität der Kapitaldynamik nicht gewachsen ist. Angesichts der immens hohen Konsens- und Kooperationskosten internationaler Zusammenarbeit ist eine globale Weltrepublik ein illusionäres Ziel. Die Aufmerksamkeit dafür wächst, dass mit der Größe des zu regierenden Raums und der Zahl der Bevölkerung die Entfernung zwischen den Wählern und den Gewählten zunimmt. Dafür, dass die Bevölkerung Herr im Haus sein kann, bildet der massive Rückbau des Weltmarkts eine notwendige Bedingung. Es gilt sich von der Vorstellung zu verabschieden, einen entfalteten Weltmarkt politisch bändigen zu können. Diese Vorstellung hat illusionäre Erwartungen an die Politik. Es gibt „Objekte“, die wie der Weltmarkt zu groß, zu komplex und zu eigendynamisch sind, als dass sie sich regulieren lassen. Der Weltmarkt bildet eine objektive Fehlentwicklung, die zurückgebaut werden muss. Gewiss bildet der Weltmarkt nicht das alleinige Problem der bestehenden kapitalistischen Wirtschaft. Dessen Rückbau würde aber einen massiven Treiber der Konkurrenz und des Wirtschaftswachstums, das vorrangig der Kapitalakkumulation dient, überwinden.

Literatur:

Amin, Samir 1995: Interview. In: Kommune H. 12, Jg. 17

Anders, Günther 1980: Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1. München

Bello, Walden 2001: The global conjuncture: characteristics und challenges. In: International Socialism Journal, Issue 91

Böhme, Johannes 2019: Die Rückkehrer. In: brand eins, H. 1

Creydt, Meinhard 2006: Grenzen der Globalisierung. Kritik an der affirmativen und pseudokritischen Verwandlung des Weltmarktes in einen Popanz. In: Sozialismus, 33. Jg., Hamburg, H. 9/2006 und in Forum Wissenschaft, H. 4/2006

Creydt, Meinhard 2018: Auseinandersetzung um Konzepte für die nachkapitalistische Gesellschaft

In: labournet vom 16.4.2018 und in www.meinhard-creydt.de/archives/730

Görg, Christoph; Hirsch, Joachim 1998: Chancen für eine ‚internationale Demokratie’? In: Das Argument Nr. 225

Kamper, Dietmar 1998: von wegen. München

Kaufmann, Stephan 2019: Neue Machtwirtschaft. In: Neues Deutschland, 30. November, Wochenendbeilage, S. 4f.

Lilla, Mark 2019: Zugehörigkeit braucht Grenzen. In: Die Zeit, Nr. 12, 14.3.2019, S. 41

Loske, Reinhard 2014: Neue Formen kooperativen Wirtschaftens als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. In: Leviathan 42. Jg., H. 3

Offe, Claus 1986: Die Utopie der Null-Option. In: Peter Koslowski u.a. (Hg.): Moderne oder Postmoderne. Weinheim

Pezzel, Kristina 2020: Risse in der Kette. Die Pandemie hat eine Diskussion über die Rückverlagerung von Produktionsteilen neu belebt. In: Das Parlament, Nr. 30-32, S. 5

Simmel, Georg 1989: Philosophie des Geldes. Frankfurt M.

Stratmann-Mertens, Eckhard 2004: Entglobalisierung – Abschied vom Wachstum. Kritik der neo-keynesianischen Globalisierung. In: Biesecker, Adelheid; Büscher, Martin; Sauer, Thomas u. a. (Hg.): Alternative Weltwirtschaftsordnung. Hamburg

Straubhaar, Thomas 2016: Zeitenwende: Die De-Globalisierung hat längst begonnen. In: Die Welt, 3. 10. 2016

Ulrich, Bernd 2020: So nah ist zu nah. In: Die Zeit, 12. 3. 2020, S. 3

Urheberrecht
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Grafikquellen       :

Oben         —     Anti-globalization protesters in Edinburgh during the start of the G8 summit.

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Das Signal von Kassel :

Erstellt von Redaktion am 26. März 2021

 „Cogito ergo sum“: Ich denke quer, also bin ich!

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Dr. Nikolaus Götz

Der weltberühmte Satz des Philosophen René Descartes erlebt im Jahr 2021 eine unerwartete Renaissance. Die nämlich am vergangenen Freitag der letzten Woche in der nordhessischen Stadt Kassel gegen die aktuelle Corona-Politik der Bundesregierung protestierenden Bürger wurden von den Mainstream-Medien wiederholt als ’Querdenker’ charakterisiert (Siehe auch die aktuelle Berichterstattung!). Während noch im Dritten Reich die berichtenden Reporter der bezahlten „systemrelevanten und etablierten „Lügenpresse“ ihr ’Gebet’ von der Zensur durch die Nazis – nachträglich erst natürlich abspulen konnten, haben viele heutige JournalistenInnen, die von Descartes hinterfragte „eigene Erkenntnisfähigkeit“, gegen einen warmen Arbeitsplatz – mit wohl innerer Denkimmigration – eingetauscht. Und so beherrscht diese pandemische Viruserkrankung unausrottbar die angestellten Schreiberlinge, diese zu Systemkonformität zwingend. Selten nur bringt ein an Ort und Stelle durchgeführter Schnelltest die ’Klarheit der objektiv-kritischen Erkenntnis’ zurück.

So ist der mediale Versuch der Indoktrinierung der scheinbar unkritischen Volksmasse hin zum gewünschten offiziellen Regierungskurs, deutlich zu beobachten Die tagtägliche Manipulation der Berichterstattung bei den ’klassischen Medien’ mit inzwischen übertrieben Zahlen zur Corona-Neuinfektion – nämlich stets die Gesamtaddition von 2020 und 2021 unter Nichtberücksichtigung aller übrigen Mortalitätsursachen zum Vergleich – stinkt zu Himmel. Da hilft nur abschalten (sic!) wie in Zeiten der DDR oder umschalten zu den seriösen Kabarettisten Oliver Welke mit der ’Heute-show’ oder zu Jan Böhmermann mit seinem ’Magazine Royale’! Protest in der alten APO-Art gegen die ARD/ZDF/RTL usw. Fernsehanstalten erscheint zwecklos, ebenso wie die bekannten Rufe „BILD-raus!“, „BILD-raus!“, weswegen das Verlangen nach „Qualitätsjournalismus“ und der Ablösung dieser Fernseh-’Schönreder’ immer lauter wird. Furchtbar erscheint besonders Claus Kleber mit „seinen“ (?) ’Politik-Interpretationen’, ein Moderator, der eigentlich in Rente gehen könnte, um seinen Arbeitsplatz einem jüngeren, vielleicht dann moderateren ’FFFler’ zu überlassen.

Was aber war eigentlich in der norddeutschen Stadt Kassel los? Die deutsche Sängerin Nena scheint dort „irgendwie, irgendwo, irgendwann“ mit ihren „99 Luftballons“ gewesen zu sein, ebenso wie ein starkes, staatliches Truppenaufgebot von zahlreichen, auch prügelbereiten Polizisten. Ähnlich turbulent wie in Hongkong scheinen sich etwa 20 000 oder gar 30 000 Bürger für ihre verlorenen und weiter bedrohten Freiheitsrechte „auf die Straße“ begeben zu haben, um dabei laut gegen die undemokratischen Notverordnungen der deutschen Bundesregierung zu protestieren und ihre „Wut“ abzulassen. Eingebettet und komplett umzingelt waren alle diese Bürger von den Milliarden und Abermilliarden in Kassel heimischen Bakterien, Pilzen und Viren wie auch noch den ungezählten Feinstaubpartikeln, die alle für das menschliche Auge unsichtbar, ungebremst wie völlig lösgelöst von der irdischen Gravitation, frei in der Luft schwebten. Die seit Fukushima erhöhten zusätzlichen Radioaktivitätwerte waren schon gar kein Grund zur Sorge für die Kassler Spaziergänger.

Sind die vor Ort anwesend gewesenen Reporter jetzt auch alle noch zu „Demokratie-Leugnern, Bakterien- oder Radioaktivitätsverleugnern“ mutiert?, stellt sich nach Einsicht in die schmale, tendenziöse Berichterstattung zu der Kassel-Demo die Frage? Entscheidend und politisch bedeutend ist die Feststellung, dass diese Demonstration der überwiegend friedlich sich verhaltenden und ’mitdenkender Querdenker’ ein Schlüsselsignal für den aktuellen Bewusstseinszustand von so vielen Deutschen war. Selbst unsere französischen Nachbarn waren ob dieses „Signals von Kassel“ offen erstaunt! Und diese deutliche Warnbotschaft von Kassel änderte über Nacht die Einstellung der Bundeskanzlerin. Sie reagierte so entschieden wie nach der Atomkatastrophe von Fukushima, als sie nämlich deutsche Atomkraftwerke stoppte. Frau Merkel reagierte auch dieses Mal politisch clever, denn sie kennt noch die Warnsignale und Vorboten einer sich anbahnenden generellen Rebellion gegen die Staatsführung aus eigener Erfahrung. Deshalb mit Nena ausdrücklich „Herzlichen Dank“, liebe Kassler ’Querdenker’, denn allein euer DemoProtest – „Mit oder ohne Maske? Das ist hier nicht die Frage!“ – hat unsere deutsche Kanzlerin Angela Merkel wohl mehr und die Deutschen Ministerpräsidenten der Länder eher weniger zum ’Querdenken’ gebracht und hoffentlich zurück auf einen „Way-out-Corona“.

Jetzt ist an den Ostertagen keine Quarantäne mehr, wurde versprochen! Und im deutschen Südwesten will „das ’Saarland’ wenngleich erst Ostern sogar noch mehr Lockerungen“ erlauben (Siehe: gmx.net/magazine/ news/coronavirus/ntv-saarland-modellregion-ostern-massiv-lockern-35661144). Wau! Der Osterhase hat also endlich wieder Ausgang und erledigt seinen Job nicht im HomeofficeModus! Das mit den „..mehr Lockerungen..“ bedeutet wohl, dass unter dem saarländischen Ministerpräsidenten Hans auch die Kneipen, die Restaurants und die übrigen Geschäfte alle wieder geöffnet werden. Prima so, Herr Ministerpräsident! Dieser neue Saarländische-Grenzland-Corna-Sonderweg kann dann als neues coronamaßnahmenfreies „Modell Deutschland“ dienen!

Mit einer verstärkten Polizeigesetzgebung und mit nur ein paar Krankenhäuser weniger als vor der „Corona-Krise“ funktioniert dann das alte kapitalistische System der BRD wieder. Das Volk wird wie immer die Zeche zahlen müssen und die ewige Maloche der ausgebeuteten ‚Arbeiterklasse’ in einer sozial ungleichen Welt kann weitergehen. Na denn „Frohe Ostern Deutschland!“: Das selbstreflektorische und theoretische Gedankenmodell „Ich denke quer“ kehrt zurück in die praktische Realität des menschlichen Seins und der Moralpredigt: „Ora et labora! Betet und arbeitet! So geht sie eben schon immer, die „konservative Politik“ für das Volk. Zu dieser trivialpolitischen Erkenntnis braucht es dann auch keine globale Verschwörungstheorie! Auch der schon geäußerte Verdacht, dass sich das bisherige „Versammlungsverbot an Ostern vor allem gegen die geplanten Ostermärsche der Friedensbewegung“ richte, ist damit wohl vom Tisch.

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Grafikquellen       :

Oben         —   Protest gegen Corona-Beschränkungen in Frankfurt am Main, 16. Mai 2020

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Die kämpferische Christin

Erstellt von Redaktion am 26. März 2021

Nachruf : Uta Ranke-Heinemann ist tot

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Die Letzte : Wer jetzt noch an Religionen glaubt, sollte sich Bleistift und Papier holen um sich einen Gott zu malen! Solange es noch Papier gibt !

Von Jan Feddersen

Uta Ranke-Heinemann stritt gegen eine Kirche der Dogmen. Nun ist die erste katholische Theologieprofessorin Deutschlands mit 93 Jahren verstorben.

Ihre öffentliche Wirkung, beginnend mit den aufrührischen Jahren der Siebziger bis weit in die frühen Neunziger hinein, lässt sich gar nicht im klassischen, inhaltlichen Sinne allein ermessen. Sie, Uta Ranke-Heinemann, hochbegabte Tochter des Bundespräsidentenpaares Gustav und Hilda Heinemann, mischte sich ein: in Katholisches, dessen letzte Worte zu sagen nur dem Papst vorbehalten war. Religiöses war Männersache und ist es ja bei den Papsttreuen bis heute. Frauen – das buchstabierte und lebte sich in Frauen wie Mutter Teresa vor, aber eben nur dienend, helfend, stumm.

Uta Ranke-Heinemann kannte ihren Glauben und dessen theologisch verhandelte Verästelungen

Bei den Evangelischen gab’s ein paar mutige Frauen, Dorothee Sölle oder Luise Schottroff – und dann kam in deren nächster spiritueller Verwandtschaft, den Katholen, plötzlich sie. Kein Aschenputtel des Glaubens, kein bisschen nonnige Aura, dafür stets auf sehr Hochhackigen, kniefrei, ladylike – und oft, manche sagen: immer – im türkisgrünen Kostüm aus dünnstem Leder, dazu eine opulente Perlenkette stets. Das hatte Glam, und anderen, vor allem in ihrer Kirche der Bischöfe und ihren Zuträgern, machte es Angst: Ihre Art, auch körperlich sich nie zu ducken und Augenhöhe mit den Hierarchen herzustellen. Das war nichts für frömmlerische Gemüter.

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Zumal sie keine performative Mogelpackung war: Uta Ranke-Heinemann kannte ihren Glauben und dessen theologisch verhandelte Verästelungen, sie las die Bibel nicht wie eine Offenbarung des Wörtlichen, sondern eben, wie sie es verstand, heutig, biblisch aktualisiert. 1927 in Essen geboren, wollte sie immer schon Theologin werden, heißt es. 1969 habilitierte sie sich als erste Frau der Welt in ihrem Fach, später Professorin, zuletzt an der Universität Essen, in ihrer Heimatstadt.

1987 verlor sie ihren Lehrstuhl – auf Intervention der päpstlich angehaltenen Vorgesetzten, dem sich der dienstgebende Staat zu fügen hatte. So ist das kirchenrechtlich ja bis heute: Wer lehrt, darf der geltenden vatikanischen Lehre nicht fundamental widersprechen. Das tat Ranke-Heinemann nach eigener Auffassung aber auch nie. Okay, sie glaubte nicht an die Jungfrauengeburt Marias im realistischen Sinne, sondern hielt sie für eine phantasmatische Überlieferung, die als solche natürlich Geltung hat, doch eben auch nur in diesem Sinne.

Beliebt und streitbar

Quelle        :       TAZ         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben       —         Uta Ranke-Heinemann

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Unten        ––       Uta Ranke-Heinemann, World Youth Day 2005, Cologne, Germany

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Friedel54, Syndikat, Liebig34

Erstellt von Redaktion am 17. März 2021

Berlin: Wir haben die Räumungen nicht verhindert

Quelle     :     Untergrund-blättle CH

Von      ab

Die Verteidigung von Projekte und Squats in Nachbarschaften. Ein Problem der letzten Räumungen (Friedel54, Syndikat, Liebig34) und der angekündigten weiteren Angriffe auf Projekte, ist die Mentalität der im Grundbuch eingetragenen Besitzer dieser Grundstücke.

Die Verschleierung von Eigentumsverhältnissen sind eine Konsequenz aus dem teilweise erfolgreichen Kampf gegen Suitbert Beulker, ehemaliger „Besitzer“ der Rigaer94 und Liebig14, sowie weiteren illegalen Geschäftspraktiken in der Immobilienbranche. Inzwischen sind das Leute, die kaum greifbar sind, die sich hinter Briefkastenfirmen verstecken oder schon seit Jahren unter Polizeischutz stehen (Padovicz) und denen ihr Ansehen in dieser Stadt vollkommen egal ist.

Imagekampagnen gegen Firmen wie die „Pinehill S.à.r.l.“ mit Sitz in Luxemburg als Räumungskläger gegen die Friedel54, sind daher so aussichtslos wie andere Versuche geschäftsschädigend auf diese Personen einzuwirken. Zudem ist wenig über die Motive der Menschen bekannt, die hinter jahrelangen Rechtsstreits stehen, nur um ein weiteres Haus umgestalten zu können.

Ob das nur materielle Gründe sind? Braucht jemand wie Padovicz zu seinen 200 Häusern unbedingt noch die Liebig34, obwohl der Berliner Immobilienmarkt ausreichend Wege einfacherer Kapitalvermehrung hergibt? Bereits jetzt boomen in Wedding die Luxusobjekte für die zuziehenden Mittel – und Oberschichten, in wenigen Jahren wird auch das abgelegene Schöneweide und vergleichbare Gegenden gentrifiziert, warum muss vorher so ein Flecken wie der Köpi Wagenplatz dran glauben?

Es hat den Anschein, dass viele Investoren (die namentlich bekannten sind tatsächlich ausschliesslich weisse Männer) eine politische Agenda betreiben. Die grossen wie Christoph Gröner mit seiner CG Gruppe, aber auch die kleinen wie die Yuppies vom Bambiland in der Rigaer Strasse. Dort haben sich Pioniere zu einer Baugruppe zusammengetan, um ausgerechnet in dieser Gegend ihren Palast auf einer der letzten Brachen zu errichten. Und so tingeln sie seit Monaten durch alle Fernsehkanäle und Zeitungen, die Anwälte von Padowicz und Rigaer94 Pseudobesitzer, die Bewohner*innen von Bambiland und Gröner. Sie wollen weder nur diskret Geld scheffeln noch in Ruhe residieren, sondern sie wollen dabei rechtsfreie Räume und autonome Strukturen bekämpfen und dafür nehmen sie mehr in Kauf, als der Widerstand bislang ausrichten konnte.

Ein weiteres Problem sind die politischen Entscheidungsträger*innen. Nicht jede/r ist so kurzsichtig wie der vormalige Innensenator Frank Henkel (CDU), der Recht und Ordnung versprach aber neben brennenden Autos und Krawallen auch juristische Niederlagen erntete. Die aktuell Verantwortlichen ducken sich geschickter weg, warten Räumungsklagen ab und haben das Glück einer unglaublich dummen Opposition und einer Presse, die zwar redlich versucht den Kon ikt anzuheizen aber damit keine Meinungsumfragen beein ussen kann.

An diesem Punkt ist für einen Teil der autonomen Gruppen vor einiger Zeit die Strategie entstanden, mit materiellen Schäden ein Szenario aufzubauen, dass es irgendwann opportun erscheinen lassen könnte, die wenigen verbliebene nicht-kommerziellen Orte in der Stadt eher vertragen zu können. Die politisch Verantwortlichen sollten aus Angst um ihre Futtertröge auf der Regierungsbank, nach anderen Wegen als der Räumung suchen. Die Verantwortlichen im Sicherheitsapparat sollten sich vor Entscheidungen drücken, die ihre Unfähigkeit, die Stadt der Reichen zu schützen, offenbaren. Investoren sollten sich an den Futtertrog des Senats einladen lassen, um sich gemeinsam die Taschen zu füllen, als Kompensation für den Räumungsverzicht.

Dieses Konzept ist nicht aufgegangen, obwohl unglaublich viele diverse Aktionen passiert sind. Die Hauptstadtpresse beweist hier einen Funken Verstand, wenn sie sich von der Polizeipressestelle diktieren lässt, welche militanten Aktionen aufgeblasen werden – Zwillengeschosse in vermeintlichen Kinderzimmern, die in Wirklichkeit Fahrradräume mit Fingerfarbe an den Scheiben sind und ins Krankenhaus geprügelte Passanten, die laut späterem Gerichtsurteil besoffene Stresstypen waren – und welche Angriffe von keiner Agentur gemeldet werden, weil die Angst vor Nachahmung gross ist.

Wenn davon auszugehen ist, dass sich keine nennenswerte Stimmung in der Stadtgesellschaft bemerkbar macht, die den Verantwortlichen einen Stopp von Räumungen – nicht nur von Projekten sondern auch von normalen Mietwohnungen – abverlangt, könnte nur noch ein solidarischer Kiez Polizeieinsätze erschweren. In diese Phase sind Nachbar*innen, Teile des liberalen Bürgertums und autonome Gruppen im Februar 2013 mit dem Versuch, die Räumung der Lausitzer Strasse 8 in Kreuzberg zu verhindern, höchst möglich und danach unerreicht eingestiegen, letztlich auch erfolglos.

Des weiteren beruht die Durchsetzungsfähigkeit von Räumungen auf der materiellen Überlegenheit der Polizei. Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern und in Berlin wird die Frage der Verhinderung von solchen, nicht als militaristische Angelegenheit diskutiert.

Wenn wir die Anfänge des Häuserkampfs in der BRD in ihrer zyklischen Wiederholung betrachten, jeweils Anfang der 70er, 80er und 90er Jahre, dürfen wir Erfolge nicht nur als Verhinderung von Räumungen betrachten. Häuser wurden aus verschiedenen Gründen besetzt, weil man/frau tatsächlich Wohnraum brauchte, weil Gruppen Orte als Treffpunkte und strukturelle Basis suchten, und wohl auch lediglich als Sprungbrett zur Intensivierung von weiteren Kon ikten in Stadt und Gesellschaft.

Dementsprechend konnte von den Einen nur verhandelt werden, weil Andere durch ihr Nichtverhandeln die Drohkulisse erst aufbauten, unter der sich der Berliner Senat zu Verhandlungen genötigt sah. Das erhandelte Verträge keine Sicherheit bieten, haben schon viele Projekte erfahren müssen, letztendlich hatten alle der seit Ende des Jahrtausends hier geräumten Häuser zwischendurch Verträge. Retten konnten sich nur diejenigen, die sich selbst kauften.

Was das für deren politische Ausstrahlung bedeutet hat, mag jede/r selbst beurteilen. Die Häuserkämpfe der Vergangenheit entwickelten ihre Wirkung dadurch, dass sich mehrere Besetzungen in bestimmten Kiezen konzentrierten. Sie waren keine Fremdkörper in der Nachbarschaft und konnten sich gegenseitig bei Bullenangriffen unterstützen.

Wir verteidigen zur Zeit Projekte und Squats in Nachbarschaften, in denen wir heute kaum noch neue besetzen würden, weil sich die Zusammensetzung des Milieus dort völlig verändert hat. Diejenigen, die Räumungen durchziehen, Senat, Bullen, Investoren, räumen aus präventiven Gründen. Es soll in den Innenstadtbezirken keine Spur von einem anderen Leben sichtbar sein. Mit dieser wirtschaftlichen und strukturellen Macht kann es die autonome Szene nicht aufnehmen. Trotzdem und deswegen ist die Verteidigung der letzten Häuser ein notwendiger Schritt, um daraus weitere Kämpfe führen zu können. Kollektive, die in diesen Auseinandersetzungen entstehen, können darin fähig werden sich andere Räume anzueignen.

Womit sich das Ziel des Verteidigens eines Hauses verschiebt, weg von den Mauern des Hauses und hin zu einem Kollektiv, das sich durch diesen Kon ikt ndet und an anderen Orten weiter kämpfen und leben kann. Damit verbundene Ausschreitungen und Streit innerhalb des feindlichen Machtblocks sind wünschenswerte Erscheinungen, wenn sie Risse zwischen den Klassen produzieren können und eine Spaltung innerhalb der Gesellschaft und zwischen dieser und dem Staat, ausweiten.

Natürlich sind Räumungen doch zu verhindern, wenn …

… es mehr sein soll als ein Lippenbekenntnis. Dazu gehört nicht nur ein ständiges Verfestigen des Schreckensszenarios, um zu erfahren wie viele Räumungen diese Stadt aushält und ob dem Senat irgendwann ein Tolerieren von wenigen selbstorganisierten Räumen erträglicher ist. Vor allem müsste die Stimmung in den betro enen Kiezen sich eindeutiger gegen das Gewaltmonopol der blauen Abfallsäcke wenden. Nur für irgendwelche Nischen von Chaot*innen wie uns, gehen zu wenig Menschen auf die Strasse. Die Nachbarschaft sollte eine gewisse Notwendigkeit in unserer Existenz erkennen, damit es eben nicht auf die militarisierte Machtfrage mit den Bullen hinausläuft.

Dafür müssten unterschiedliche Widerstandsebenen verbunden werden und sich ergänzen. Elemente der Kiezkommune [1] können manchmal dem Schlagwort der solidarischen Nachbarschaft mehr Konturen geben als Steinwürfe auf Streifenwagen. Allerdings lassen sich beispielsweise Schutzräume für Obdachlose, die in der Rigaer Strasse häufig die Nähe zu Hausprojekten suchen oder regelrechte Favelas, wie sie mal an der Cuvrybrache in Kreuzberg oder der Rummelsburger Bucht entstanden, nur verteidigen wenn auch Steine gegen Streifen und Wannen iegen.

Womit wir dann beim leidigen Thema Bündnisse sind. Die Liebig34 wurde Monate vor ihrer Räumung in einem offenen Brief [2] von Menschen unterstützt, denen wegen ihrer kulturellen oder politischen Tätigkeit eine gewisse Bedeutung beigemessen wird. Danach haben sich diese Prominenten nicht wieder gemeldet und genutzt hat es nichts. Solidarisiert haben sich auch weitere Gruppen ohne damit messbares Zögern der Verantwortlichen zu bewirken.

Die Konsequenz daraus kann nur ein Entfunktionalisieren von Solidaritätsbekundungen sein. Wer wirklich in den Konflikt zwischen Staat/Investoren und besetzten Räumen eingreifen will, muss mehr dafür tun als eine symbolische Geste und muss auch mehr Resonanz darauf erfahren als eine twitter Meldung. Dazu empfiehlt es sich, dass bedrohte Strukturen eine Arbeitsgruppe unterhalten, die den fortlaufenden Kontakt und Austausch mit potentiellen Unterstützer*innen und Bündnistre en sicherstellen. Soweit ersichtlich, war es bei vielen geräumten Projekten ein Problem, dann nicht die notwendige Kontinuität zu besitzen um aus der bedrohten Lage einen gemeinsamen Kampf zu machen. Spätestens mit dem absehbaren Ende des juristischen Wegs, muss ein ständiger Informations uss und Diskussionsprozess zwischen dem bedrohten Projekt und „prominenten“ oder linken Supporter*innen, den anderen Häusern der Stadt und den autonomen Gruppen bestehen.

Mit der Interkiezionale [3] ist in Berlin wenigstens eine neue Struktur entstanden, aus der heraus sich theoretische und praktische Initiativen entwickeln lassen. Bevor das Rad neu erfunden wird, bietet sich eine Beschäftigung mit der eigenen Geschichte an. Viele aktuelle Fragen zum Besetzen und Verteidigen wurden bereits in der Vergangenheit gestellt und unterschiedlich erfolgreich beantwortet. Die durchsetzungsfähigen Phasen wurden immer von einer Gegenkultur begleitet, die schon lange einer identitätssuchenden und auf Abgrenzung basierenden Subkultur gewichen ist. Dieser Rahmen setzt gegenwärtig die Grenzen unserer Mobilisierungsversuche. Unverzichtbar sind auch offene Versammlungen, wenn sie nicht Vollversammlung oder noch schlimmer, AVV genannt werden. Ob die Versammlungen des letzten Jahres wirklich offen waren, ist eine andere Frage. Von den Kanälen der Mobilisierung und teilweise den Orten, wohl nicht für Alle. Besonders in Corona Zeiten, wohl der überwiegende Teil der Szene auf Tauchstation geht, müssen Diskussionen und Ereignisse mit Gesichtern in Verbindung gebracht werden und nicht nur aus dem home o ce geführt werden.

Zum Schluss stellen wir noch die Frage des Sinns von nicht wirklich auf Erhalt angelegten Neubesetzungen, wie sie in Berlin oft unternommen werden. Besetzen aus Bedarf an Wohnraum, bietet als stille Besetzung eine echte Alternative an. Auch rein symbolisch, um auf etwas aufmerksam zu machen, erschliesst sich ein Sinn. Viele Besetzungen der letzten Jahre eint aber die Bagatellisierung des Themas. Damit ist der typische Ablauf für viele Aktivist*innen gemeint; über irgendeinen Kanal kommt die Info über eine Besetzung, Leute fahren dahin, gucken ein Haus an, werden von Bullen angeglotzt. Dann wird geräumt, Leute fahren nach Hause. Wäre die Energie nicht besser in das Unterwandern vor sich hin dösender Hausprojekte gesteckt, um diese zu repolitisieren? Und braucht jede Gruppe ein eigenes Zentrum statt die bestehenden Orte mit mehr Leben zu füllen? In Zeiten wie diesen, bietet sich das Konzentrieren auf die letzten Räume an, statt sich weiter zu zerstreuen.

Fussnoten:

[1] https://kiezkommune.noblogs.org/

[2] https://www.tagesspiegel.de/berlin/besetzte-haeuser-kneipen-jugendclubs-86-prominente-solidarisieren-sich-mit-linken-projekten-in-ber-lin/25452086.html

[3] https://interkiezionale.noblogs.org/

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Oben       —    Anarchist demonstration of defense of Liebig34 an anarchist squat
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Unten      —       Liebigstraße 34 Ecke Rigaer Straße mit dem sogenannten Dorfplatz (Dezember 2018)

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Die Zeit umdrehen!

Erstellt von Redaktion am 12. März 2021

Krieg und Frieden in einer Welt am Abgrund

Quelle     :     Untergrundblättle CH

Von  Gefährt*innen aus der Antikriegsbewegung

„Der Militarismus lässt sich nicht ausblenden, ob es nun um Ökonomie geht oder um sozialen Aufruhr, um internationale Solidarität oder um Umweltzerstörung. Wer das nicht versteht, versteht eine der fundamentalen Rollen des Staates im Kapitalismus nicht.“ Sandra Rein, 2015

Es gibt aktuell so viele Bürgerkriege und so viele Geflüchtete wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Die fatalen Auswirkungen der Klimakatastrophe, die diese Verhältnisse noch zuspitzen, werden mehr und mehr sichtbar. Um den Horror zu stoppen, müssen wir handeln. Jetzt.

Das Militär, und damit immer eng verknüpft: das Patriarchat, hat eine zentrale Bedeutung in Politik und Wirtschaft. Die Staaten rüsten hoch und Deutschland vorne mit dabei. Die Militärhaushalte des Bundes und der EU steigen. Trotz anderslautender Vereinbarungen im offensichtlich wertlosen Koalitionsvertrag liefert die Bundesregierung Waffen unter anderem an die im Jemen kriegführende Allianz um Saudi-Arabien und an die Türkei, die Teile Rojavas besetzt und eine gelebte Hoffnung in Nahost auf Demokratie, Ökologie, Freiheit, Säkularismus und Frauenbefreiung zerstört. Das ganze Elend resultiert aus Bomben und Panzern u.a. aus deutscher Produktion.

Der Bundesregierung geht es dabei nicht um die verhältnismässig geringe, fast zu vernachlässigende Zahl von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie. Sie verfolgt damit geopolitische Interessen: Indem sie ausgewählte Staaten mit Waffen versorgt, kann sie Machtverhältnisse in der Welt mitbestimmen.

Mit den Waffen von Rheinmetall & Co wird Krieg gegen Millionen geführt. Mit der Herstellung und dem Export von Panzern, Geschützen und Bomben nehmen Politik und Konzerne diesen Massenmord in Kauf. Menschen flüchten, wenn sie überhaupt die Möglichkeit dazu haben. Menschen krepieren. Wir hören von der „grössten humanitären Katastrophe“.

Nein! Nicht mit uns! Schluss damit! Wir rufen unsere Freund*innen, Genoss*innen, Gefährt*innen auf, sich am Kampf gegen Krieg, gegen das Sterben und den Tod zu beteiligen – nicht um dagegen zu protestieren, sondern um es zu beenden.

In der Defensive lässt sich jedoch nicht gewinnen. Bevor deutsche Waffen Menschen töten und Rojava auslöschen, müssen wir einschreiten, die direkte Konfrontation und den Konflikt mit der Macht suchen. Es müssen Taten folgen.

Gegen Waffenproduktion und Rüstungsexporte sein, heisst für die Menschen sein. Und das lässt eine Perspektive einer anderen Welt aufscheinen, eine Welt, wie sie beispielsweise im Projekt der selbstverwalteten demokratischen Konföderation Nordostsyrien sichtbar wird.

Die Frage von Krieg und Frieden ist eine existenzielle Frage oder, wie man einmal sagte, die Systemfrage. Wir scheitern alle, wenn wir sie nicht stellen. Ihre Antwort lässt sich nicht systemimmanent finden und weisst damit über den Kapitalismus hinaus.

„Für die Strategie des antiimperialistischen Kampfes, für die Vermittlung antiimperialistischer und antikapitalistischer Strategie scheint uns hier jede Möglichkeit gegeben zu sein. Grosse Teile der Bevölkerung sind gegen die sinnlose Rüstung zu mobilisieren, besonders weil der BRD-Kapitalismus nicht mit der Rüstungsproduktion steht und fällt.“ Rudi Dutschke, 1968

Schafft zwei, drei, viele Camps

Das Rheinmetall-Entwaffnen-Camp in Unterlüss bei Celle in Niedersachsen fand 2019 in unmittelbarer Nähe der Panzer- und Bombenfabriken von Rheinmetall und des riesigen firmeneigenen Übungsgeländes statt, auf dem der Konzern mit Panzern und Geschützen Schiessübungen unternimmt, in den 1970ern übrigens auch mit Uranmunition.

Das Camp erinnerte – unter anderem mit der eindrücklichen Rede von Esther Bejarano – an die Schweinereien von Rheinmetall gestern und heute. Neben Antifaschismus war auch Klimagerechtigkeit ein Thema. Ein Schwerpunkt lag auf Feminismus. Verbunden war alles mit der gemeinsamen Klammer der internationalen Solidarität. So waren die Tage von zahlreichen Inhalten und Diskussionen bestimmt, die sich erfrischend von Althergebrachtem unterschieden und damit für viele eine starke Anziehungskraft besassen.

Praktisch wurden gut organisierte, aktionsfähige Strukturen und Kleingruppen sichtbar, die vielfältig und bunt waren: Rot, pink, grün, blau, lila und schwarz vermummt waren sie unterwegs. Das, so hiess es, seien die Farben einer neuen Antikriegsbewegung, die am Firmament aufgegangen ist.

Tatsächlich waren Ansätze erkennbar, die sich unterscheiden von der traditionellen Friedensbewegung, die zwar Unterschriften sammeln, aber weder Schlagkraft entwickeln noch Druck aufbauen kann. Während der Blockade der Rheinmetallfabrik mit Tripods und allerhand Material setzten die Teilnehmenden auch ihre Körper ein, um sich zwischen die mörderische Produktion und das Leben auf diesem Planeten zu stellen. Sie haben begonnen, sich zu wehren. Und sie haben Ort und Zeit dafür selbst bestimmt.

Insofern nahmen wir dieses Camp als einen Neuanfang wahr, der zugleich an einer Tradition anknüpft, die spätestens mit dem Internationalen Vietnamkongress 1968 in Berlin begann und an Schlaglichter militanter Interventionen ausserhalb der traditionellen Friedensbewegung erinnert: der Anschlag auf den NATO-Oberbefehlshaber in Europa und späteren Rüstungskonzernchef Alexander Haig 1979 in Belgien, das Rekrutengelöbnis im Bremer Weserstadion 1980, die Besuche von US-Präsident Reagan 1982 und 1987 in Berlin und seines Stellvertreters Georg Bush 1983 in Krefeld.

Das kommende Rheinmetall-Entwaffnen-Camp schien also sehr vielversprechend. Dann aber kam Corona und mit der Pandemie der grosse Rückzug der radikalen Linken, der auch an Rheinmetall Entwaffnen nicht spurlos vorbeizog. Statt Fortsetzung und Erweiterung von 2019 auf einem nächsten Camp, war 2020 nicht mehr möglich als eine eintägige Aktion am Rüstungsstandort Kassel.

File:Demo zentrale rheinmetall.JPG

Die Blockade in Kassel (die Teilnehmerzahl war erneut gestiegen – was wird dann erst nach Corona möglich sein?) hat jedoch auch Grenzen verdeutlicht, an die Rheinmetall Entwaffnen gekommen ist: Die Polizei begrüsst freundlich den Protest und beschränkt sich darauf, den Verkehr zu regeln. Das ist schwer auszuhalten, schliesslich will man den Konflikt und nicht eine von Polizei und Rüstungsindustrie geduldete Sitzblockade. Aktionistisch scheint – wie auch schon auf dem Camp – viel mehr möglich, die Chancen werden aber nicht genutzt.

„Die Rede von der Hoffnung auf den Menschen, die Rede von der Hoffnung auf eine bessere Welt, bleibt sentimentales Geschwätz, wird zum Betrug, solange wir uns weigern, von den machbaren materiellen Bedingungen zu reden, auf denen solcherlei Hoffnung verwirklicht oder nicht verwirklicht werden kann. Wer Besseres will, muss schon auch Falsches angreifen wollen!“ Christian Geissler, 1964

Aktionsbild aus der nahen Zukunft

Auf einem der Plakate, die 2017 zu den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg aufriefen, befanden sich Wale – unter als auch über der Wasseroberfläche. Dieses Bild greifen wir auf, indem wir beginnen wieder Wellen zu schlagen. Grosse Wellen. Dazu werden wir uns zunächst verbünden. Bestenfalls wird sich unser Widerstand zusammensetzen aus Laienschauspieler*innen, Stelzengänger*innen und Riesenpuppen, die die Breite der Bewegung symbolisieren; aus agilen Kleingruppen, die sich auf Sabotageaktionen vorbereitet haben; aus Musikgruppen, die sich vor die Fabriktore setzen und uns mit einem Konzert beglücken; aus Ungehorsamen, die entschlossen Polizeiketten durchfliessen und den Weg öffnen zu einer grossen Massenaktion; aus Steineschmeisser*innen, die bereit sind, Bullen anzugreifen und in Schach zu halten; aus Christ*innen, die auf das Gelände vordringen und die Produktion stoppen; aus Kletterer*innen, die neue Höhen erklimmen und die Fabrikgebäude in ein neues Ambiente tauchen; aus allen anderen, die zusammen kämpfen wollen und die denen zur Seite stehen, die kämpfen.

Schon Wochen vor dem nächsten Camp brennen eines Nachts in Oberndorf am Neckar Autos von Rheinmetall und einem seiner Dienstleister ab. Die auf Indymedia veröffentlichte Anschlagserklärung endet mit „Rheinmetall Entwaffnen!“ In einem Indymedia-Kommentar wird gefragt, ob das Abfackeln nicht nur von Firmenwagen, sondern auch des Privat-Pkw eines leitenden Angestellten das richtige Aktionsziel sei. Die Mehrzahl der Antwortenden bejaht diese Frage und teilt die Einschätzung, dass solche Aktionen zur Mobilisierung beitragen.

Schon kurz nach Campbeginn ist das Zeltlager tatsächlich gut gefüllt. Alle müssen zusammenrücken. Die Vorbereitung hat nicht mit so vielen Teilnehmenden gerechnet. Entsprechend passiert auch sehr viel. Als die zentrale Aktion des Camps startet, machen sich von überall her jeweils Hunderte auf den Weg zur Rheinmetall-Fabrik. Unvermummte sind darunter ebenso wie solche, die ihr Gesicht nicht zeigen wollen.

Nach noch nicht einmal einer Stunde ist das komplette Werk dicht. Die Blockaden an den Zufahrten und sämtlichen Eingängen stehen. Dazwischen hindern prächtige Materialblockaden Fahrzeuge am Vorbeikommen. Allein auf der zentralen Zufahrtsstrasse zum Haupttor der Fabrik stehen und sitzen etwa 1000 Menschen zusammen. Ein Beschäftigter schreit, er wolle durch. Um zur Arbeit zu kommen, stösst er Demonstrant*innen zur Seite, läuft in die Blockade, tritt auf Sitzende ein, um sich einen Weg zu bahnen. Die Blockierer*innen schreien vor Empörung, einzelne Getretene vor Schmerz. Erst entschlossenes Einschreiten der Umstehenden lässt den Arbeitnehmer von seinem Vorhaben abkommen. Er dreht resigniert um. Die Menge jubelt.

Mit der Zeit schwindet die anfängliche Hektik. Die Sonne scheint, die Stimmung ist ausgelassen, die Parolen kreativ. Die Situation wirkt stabil, schon fast statisch. Bald wird es manchen auch etwas langweilig. Als sich herumspricht, dass in den Fabrikhallen noch Betrieb ist, weil Rheinmetall die Produktion nicht ganz herunterfahren wollte, beginnt eine Diskussion. Rheinmetall hat offensichtlich alles dafür getan, um die Fabrikation mit einer Minimalbesetzung sicherzustellen. Ob die dafür notwendigen Beschäftigten auf dem Gelände nächtigen?

Nach ersten Gesprächen wird ein Delegiertenplenum einberufen, um mögliche Antworten auf diese Situation zu finden. Mehrere Vorschläge stehen im Raum. Der kollektive Entscheidungsprozess dauert mal wieder länger als erwartet, schliesslich überlegen die Aktivist*innen an einer Idee, die eine unkontrollierbare Situation auslösen könnte. Dann ziehen etwa die Hälfte der Aktivist*innen Richtung Fabrikgelände, reissen Zäune nieder, betreten das Gelände, laufen zügig in Richtung Produktionshallen und öffnen zielstrebig die Tore. Die Bullen werden äusserst unruhig, aber bevor sie ihre Kräfte zusammenziehen und die Eindringlinge ausfindig machen können, sind diese schon wieder verschwunden.

„Ich würde mir wünschen, dass es in den Metropolen Bewegungen gäbe, die diesen Krieg angreifen, unmöglich machen. Einfach den Nachschub kappen. Ich weiss, es ist angesichts des Zustands in den Metropolen utopisch. Auch auf längere Sicht wird es so bleiben. Schade, das wäre was. Eine militante Bewegung, die die Kriegsmaschine lahmlegt.“ Andrea Wolf, 1997

Das Böse darf nicht siegen, weil gute Menschen nichts tun

Als sich alle wieder auf dem Camp einfinden, meint man in den fröhlich strahlenden Gesichtern lesen zu können: „Wir wollten handeln und wir haben gehandelt.“ Die Entschlossenheit, die sich in den Aktionen der vergangenen Tage gezeigt hat, ist auf der ganzen Campwiese deutlich spürbar.

„Nach so langer Coronapause, in der wir uns einschränken mussten, aber Rheinmetall weiter tödliche Waffen produzieren und ihre Gewinne steigern konnte, haben wir gezeigt, zu was eine Antikriegsbewegung fähig ist.“ So eröffnet die Moderation das Abschlussplenum des Camps. Tatsächlich waren einige von der Vehemenz der vielen unterschiedlichen Aktionen überrascht oder, wie es auf dem Plenum formuliert wird: Die Aktionstage haben unsere Erwartungen übertroffen. Gerade die Spontanität, mit der auf aktuelle Situationen originell reagiert wurde, sei das bedeutende Neue gewesen.

Denjenigen gegenüber, die sich – vielleicht zum ersten Mal – an einer grossen gemeinsamen Aktion beteiligen, wollte man von Beginn an transparent darlegen, was sie erwartet. Dafür stehen der knackige Bündnisaufruf und andere Texte, die erschienen sind. Sie waren eine prononcierte Einladung an alle, sich mit vielfältigen Aktivitäten, die das menschliche Leben schätzen, zu beteiligen. Darin war von Widerstand und Blockaden, von Angriff und Sabotage, von möglicher Repression und Ingewahrsamnahme zu lesen. Und dass keinerlei Bedürfnis existiert, sich von Taten, die gegen Rüstung und Krieg zielen, zu distanzieren. Diese Sätze werden während des Plenums nochmals lobend hervorgehoben, die Geschlossenheit hätte massgeblich zur Mobilisierung und dem beeindruckenden Verlauf der Tage beigetragen. „Die Rüstungsindustrie steuert nichts zum Überleben der Menschheit bei, im Gegenteil. Wir hatten genug“, sagt eine junge Teilnehmerin, „und wir haben es gewagt, den Worten Taten folgen zu lassen.“

Bei der Auswertung ist man sich in einem Punkt weitgehend einig: Mit dem Verlauf der kreativen Aktionen sind alle sehr zufrieden. Einzelne Aktivist*innen aus der Region fragen sich jedoch, ob die „eindringliche“ Aktion mit unangekündigter Sachbeschädigungen eventuell negative Auswirkungen für ihre Bündnisarbeit und den Rückhalt aus dem wohlwollenden Teil der lokalen Bevölkerung haben wird. Nun, wenden andere ein, über ein Loch im Zaun und etwas Sabotage regen sich die Leute auf, aber über das Sterben der Menschen in Kriegen nicht. „Ja“, heisst es zustimmend, „die Angehörigen der Toten und die Menschen, die die Angriffe der türkischen Armee mit deutschen Waffen überlebt haben, werden sich nicht für die Formen unseres Widerstands interessieren. Sie werden fragen, warum wir Produktion und Export dieser Waffen nicht verhindert haben.“

Menschenkette gegen Atomwaffen (38499249211).jpg

„Die Kriegsindustrie weiter laufen zu lassen ist gewalttätiger als sie zu sabotieren“, ruft eine Gefährtin dazwischen. Eine andere meldet sich und erinnert – apropos Gewalt – an den inhaltlichen Workshop zum Thema bei Campbeginn: „Gewalt beinhaltet psychologische als auch körperliche Verletzungen. Wenn die Medien jetzt von ‚Ausschreitungen‘ und ‚Gewalt‘ sprechen, dann wollen sie uns nicht verstehen. Uns ging es doch nie um Gewalt oder Gewaltfreiheit, sondern um die Frage, ob wir dahinvegetieren und die Welt dem Sensenmann, dem personifizierten Tod, der die Menschen wie ein Feld dahin mäht, überlassen oder ob wir was tun!“ Zustimmendes Wendeln.

„Unsere Aktionen waren grossartig, aber sie reichen nicht aus“, kritisiert ein Redner. „Morgen, wenn wir weg sind, läuft die Produktion wieder an. Einmal im Jahr ist zu wenig, wir müssen unseren Kampf auf permanent stellen.“ „Wir brauchen mehr Biss“, ergänzt eine andere. „Wenn wir mehr riskieren, können wir auch mehr gewinnen.“ Und das gelte ja nicht nur für die Antikriegsbewegung, sondern für alle Kämpfe, die aktuell auf der Strasse präsent sind und zusammengenommen das ganze System infrage stellen.

Während der Abenddämmerung serviert die Küfa das Abendessen. Danach spielt auf der Bühne als Überraschungsgast eine Punkband ihre bekannten Songs. Wir sind alle erschöpft, aber alle sind in Bewegung und tanzen zur Musik. Die Erfahrungen dieser Tage werden wir in unseren Alltag, aber auch zum nächsten Rheinmetall-Entwaffnen-Camp mitnehmen.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquelle
Oben       —      Kriegsindustrie blockieren! Rheinmetall, KMW & Co entwaffnen! / rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/
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2.) von Oben     —      Vor der Zentrale der Rheinmetall AG, Düsseldorf am 26.10.2012 Kampagene „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“
Author Lunabonn      -/ –   Source Own work

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Unten         —       Rund 700 Menschen verbinden die Botschaften von Nordkorea und den USA in Berlin. Sie demonstrieren gegen atomare Aufrüstung und fordern von der Bundesregierung den Beitritt zum UN-Atomwaffenverbot und den Abzug der US-Atombomben in Büchel (Rheinland-Pfalz). Bei der Aktion haben als Donald Trump und Kim Jong-un verkleidete Friedensaktivisten zwei nachgebaute Atombomben in Originalgröße die Strecke entlang geschoben. Am Ende haben zwei Menschen mit Masken von Bundeskanzlerin Angela Merkel und UN-Generalsekretär António Guterres symbolisch eine Atomrakete zerstört und dann das Atomwaffenverbot unterschrieben. Berlin, 18. November 2017. Foto: Michael Schulze von Glaßer

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Rechte APO-mediale Macht

Erstellt von Redaktion am 11. März 2021

Die neueste Ideologieproduktion aus dem Hause »Springer«

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BILD – Julian Reichelt

von Albrecht von Lucke

Ein Jahr nachdem die Coronapandemie in ihrer ganzen Dramatik in Europa angekommen ist, hat die Seuchenlage auch in Deutschland ihren wohl gefährlichsten Punkt erreicht. Neue, infektiösere Mutationen drohen den alten Virustyp auf breiter Front zu verdrängen. Zugleich ist die Europäische Union unter deutscher Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 mit ihrer zögerlichen Einkaufspolitik bei der Impfstoffbeschaffung massiv in Rückstand geraten. Folglich kommt auch in Deutschland die Impfkampagne im ersten Quartal 2021 nur schleppend in Gang, wodurch die Regierungen in Bund und Ländern erheblich unter Druck stehen. Zugleich rächen sich die politischen Versäumnisse seit dem vergangenen Sommer, speziell in der Schulpolitik, beim Schutz der besonders vulnerablen Gruppen, insbesondere in Altersheimen, und beim Aufbau größerer industrieller Kapazitäten zur Herstellung von Impfstoffen. Damit erweist sich die regierende große Koalition zum ersten Mal in der Coronakrise als massiv angreifbar.

Normalerweise ideale Voraussetzungen für einen spannenden Wahlkampf in diesem Superwahljahr. Doch kaum mehr als ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl dümpelt die parteipolitische Auseinandersetzung weiter vor sich hin – auch mangels überzeugender Regierungsalternativen jenseits der nächsten, voraussichtlich schwarz-grünen Variante der großen Koalition. Zugleich fällt mit der AfD die stärkste Oppositionspartei als ernstzunehmende Kraft faktisch aus. Da sie seit Beginn der Coronapandemie deren Gefährlichkeit geleugnet hat, kann sie die populistische Klaviatur jetzt nicht derart brutal bespielen wie noch vor fünf Jahren in der Flüchtlingsfrage.

Eigentlich ein Glücksfall für die Gesellschaft, doch genau in diese populistische Lücke stößt jetzt ein anderer Akteur – nämlich der Springer-Konzern mit dem im medialen Raum wohl ambitioniertesten Projekt der vergangenen Jahre, dem neuen Sender-Format „Bild live“. Springer geht damit ganz gezielt in die Offensive, und zwar in einem bemerkenswerten medialen Dreiklang von „Bild live“, dem immer populistischeren Leitmedium „Bild“ und der radikalen Ideologieschmiede „Die Welt“. Dieses Trio infernale dient einem dreifachen Zweck: erstens, die mediale Hegemonie zu erlangen, um damit – zweitens – auf die geschwächte politische Klasse Druck auszuüben und so drittens das entstehende Machtvakuum mit den eigenen, dem Verlag genehmen Zielen und Inhalten zu füllen – und zwar dezidiert gegen jede progressive, auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik.

Zum Regieren braucht es – »Bild«, »BamS« und »Bild live«

„Zum Regieren brauche ich BildBamS und Glotze“, hatte der Medienkanzler Gerhard Schröder einst gesagt. Um selbst die mediale wie politische Hegemonie zu erlangen, hat Springer daraus offensichtlich seine eigenen Schlüsse gezogen. Da man mit „Bild“ und „BamS“ bereits über die beiden maßgeblichen Boulevard-Faktoren im eigenen Hause verfügt, widmet man sich jetzt dem dritten entscheidenden Faktor, der „Glotze“ – und zwar durch den Aufbau eines hauseigenen Senders als missing link für die Deutungshoheit im öffentlichen Raum. Dabei soll „Bild live“ etwas dezidiert anderes als der ebenfalls bei Springer produzierte klassische Nachrichtensender „Welt TV“, vormals N24, sein – nämlich weit aggressiver in Inhalt wie Form.

Vor fünf Jahren hatte das Projekt noch ausgesprochen überschaubar, ja fast amateurhaft begonnen. Doch schon damals propagierte „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt offensiv sein Ziel – den „Angriff aufs Fernsehen“ als eine Revolution, die weit über das lineare TV hinausgeht. „Mir geht es darum: Wann immer etwas passiert, ist Bild live.“[1]

Anfangs wurde Reichelt noch dafür belächelt. Heute dürfte den meisten das Lachen vergangen sein. Denn dank Corona als einem die Digitalisierung enorm beschleunigenden Ereignis ist der Aufbau von „Bild live“ inzwischen erstaunlich weit vorangeschritten. Kaum ein Politiker oder eine Politikerin, sieht man einmal von der Kanzlerin ab, der oder die sich den Anfragen von „Bild“ entzöge; alle rennen – auch mangels anderer Live-Möglichkeiten im Corona- und Superwahljahr – dem neuen Sender förmlich das Studio ein. So etwa nach dem jüngsten Corona-Gipfel am 10. Februar, als sich Kanzleramtschef Helge Braun den Fragen von „Bild“-Vize Paul Ronzheimer stellte – im Laufband untertitelt nicht, wie sonst üblich, mit „Gespräch“ oder „Interview“, sondern mit „Merkels wichtigster Mann im Verhör“. Ebenfalls kurz zuvor „im Bild-Verhör“: Gesundheitsminister Jens Spahn. Hier artikuliert sich die zugrundeliegende aggressive, fast schon inquisitorische Geisteshaltung – „Bild live“ als die Stimme des Volkes gegen die Politikerkaste.

Zugleich formuliert Reichelt ohne Umschweife seine medienpolitische Ambition – nämlich mit Bewegtbildern ins Kerngeschäft der öffentlich-rechtlichen Sender einzudringen. Und zwar nicht nur revolutionär in der Form, nämlich ohne eigenen TV-Kanal, sondern auch in der Sache: „Wir konkurrieren nicht mit anderen Nachrichtensendern darum, wer die dpa-Eilmeldung zuerst ins Laufband stellt“, so Reichelt. „Unser Anspruch ist, diese News zu generieren.“ Dabei sucht gezielt die Auseinandersetzung mit den Öffentlich-Rechtlichen: Der „Bild live“-Talk „Die richtigen Fragen“ sendet daher bewusst am Sonntag um 21:45 Uhr, als Frontalangriff auf das ARD-Flaggschiff „Anne Will“, die meistgesehene Talkshow im deutschen Fernsehen.

Was aber ist das – unternehmerische und politische – Ziel des Projekts? Rein unternehmerisch geht es in erster Linie um maximale Reichweite: Bis Ende 2021 solle „Bild live“ von möglichst vielen Menschen als ihr täglicher Newssender wahrgenommen werden, so Reichelt. Agiert man derzeit noch temporär und zudem auf einer Seite, die nicht extra für das Fernsehen gestaltet wurde, ist das eigentliche Ziel eine TV-geeignete Plattform mit durchgängigem Programm. Reichelt bezeichnet „Bild live“ denn auch als „Startup in der größten Nachrichtenlage aller Zeiten“ – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass hinter diesem „Startup“ ein medialer Milliarden-Konzern steht. Laut Pressemitteilung vom Dezember 2020 will Springer allein in diesem Jahr mehr als 22 Mio. Euro in den Ausbau der Bewegtbildstrategie von „Bild live“ investieren und 70 neue Stellen schaffen.

»Bild live« als deutsche »Fox News«?

Auch inhaltlich ist Reichelts Ziel klar: Mit „Bild live“ soll der „Modus Bild“ ins Fernsehformat übersetzt werden. In der Pionierzeit der 1950er Jahre kreierte der legendäre „Bild“-Chef Rudolf Michael das Konzept der „Vergröberung und Zuspitzung“ als gezieltes Emotionsmanagement. Um dieser Stärke von „Bild“ gerecht zu werden und so die Bindung an die Marke „Bild“ insgesamt zu erhöhen, soll nun auch „Bild live“ die „Geschichten, die das Land bewegen und die Menschen am dringlichsten betreffen“, anders, „empathischer“ und „sehr emotionalisiert“, erzählen. „Ich sehe zwei Säulen für unser Programm, die Double-O-Strategie, wie ich sie nenne: Ongoing und Opinion“, so Reichelt. Die Dramatik der Coronakrise liefert dafür den idealen Startpunkt: Die Pandemie wird für „Bild live“ zur perfekten Fortsetzungsstory, die man zugleich mit einer knallharten Kommentierung immer wieder anheizt.

Reichelt erhebt damit den Anspruch, direkt an den Gründungsvater des Verlages anzuknüpfen und dessen Projekt ins digitale Zeitalter zu übersetzen: „‚Bild‘ wurde ja von Axel Springer als gedruckte Antwort auf das Fernsehen konzipiert. Wir nutzen jetzt neue Technologien, um das, was Axel Springer nicht machen konnte – weil es keine Lizenz gab –, konsequent weiter zu denken“, so der „Bild“-Chef. Anders ausgedrückt: Was für Springer noch unmöglich war, nämlich ganz Deutschland auch mit bewegten Bildern zu bespielen, unternimmt jetzt Reichelt mit den neuen Möglichkeiten von „Bild live“.

Tatsächlich hat „Bild live“ bereits jetzt erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Medienlandschaft. So wird der Sender inzwischen regelmäßig vom „Deutschlandfunk“ – dem für die politischen Entscheider maßgeblichen Nachrichtenkanal – zitiert bzw. als O-Ton versendet, was eine immense Aufwertung bedeutet. Zeigt es doch, dass auch die Öffentlich-Rechtlichen an „Bild live“ trotz dessen derzeit noch nicht einmal sonderlich hohen Einschaltquoten offenbar nicht mehr vorbeikommen – oder es zumindest meinen.

Schon seit langem bestimmt die Bild-Zeitung mit ihrem Aufmacher als Agenda-Setter die morgendliche Lage und Debatte in den öffentlich-rechtlichen Sendern. Obwohl Springer-Chef Mathias Döpfner ARD und ZDF wegen deren kostenloser Textangebote auf den Online-Plattformen immer wieder massiv attackiert[2] und sogar verklagt, fungieren die Öffentlich-Rechtlichen so bereitwillig als Multiplikator für die „Bild“-Meinung. Dank dieses politisch-medialen Geschäftsmodells ist der Einfluss von „Bild“ trotz weit geringerer Kioskverkäufe als zu seinen Hochzeiten noch immer immens.[3] Und „Bild live“ verschafft dem Verlag jetzt einen weiteren strategischen Vorteil gegenüber seinen Mitkonkurrenten: Noch spät am Abend geführte „Bild-Verhöre“ können am nächsten Morgen schon in der Bildzeitung stehen. Denn die neuen live geführten und gesendeten Interviews ersparen „Bild“ die Autorisierung – und damit eine Menge Zeit. Ein wachsender Teil der gedruckten „Bild“ stammt daher mittlerweile aus Interviews von „Bild live“.[4] Das TV-Format hat so die Bild-Zeitung längst maßgeblich verändert – und damit zugleich den gesamten Mediendiskurs in Deutschland.

Faktisch bedeutet „Bild live“ – noch mehr Emotionalisierung und Polarisierung qua Konfrontation im Verhörstil. All das lässt den Verdacht aufkommen, dass der Springer-Konzern damit anstreben könnte, das deutsche Pendant des US-Senders „Fox News“ von Rupert Murdoch aufzubauen. Gegenüber dem Online-Medien-Magazin DWDL bezeichnet Reichelt dies als „eine gewaltige Fehleinschätzung“: „Das Geheimnis der Marke ‚Bild‘, der Erfolg und das Wachstum, ist nicht möglich geworden durch Spaltung, sondern durch Besinnung auf das, was uns eint. Auf ‚Fox News‘ kann sich nur die Hälfte des Landes einigen, wir haben den Anspruch, alle zu erreichen.“ Es gebe „keinen größeren Konsens in Deutschland als die Marke ‚Bild‘“, so Reichelt.[5]

Hinter diesem angeblichen Konsens und dem Willen von „Bild“ zur gesellschaftlichen Einheit verbirgt sich eine bemerkenswerte Selbstverharmlosung. Denn wenn eines „Bild“ – gerade in den vergangenen Jahren unter Julian Reichelt – dezidiert nicht ausgemacht hat, dann der Wunsch, dieses Land zu einen. „Spalten statt versöhnen“, lautet die Devise des „Bild“-Chefs. Keine Zeitung hat in den zurückliegenden Jahren derart Front gegen die Regierung gemacht wie „Bild“ – und mit der Coronakrise hat dieses Leitmotiv noch einmal eine ganz neue Dimension erreicht.

Die Bild-Zeitung selbst ist daher der zweite Pfeiler der neuen Springer-Offensive. Gewiss, das aggressive Gut gegen Böse war schon immer die Tradition von „Bild“. Zugleich war die Zeitung auch im Stil stets populistisch, also radikal vereinfachend und zuspitzend, weshalb ihr Erfinder Axel Cäsar Springer sie auch als seinen „Kettenhund“ bezeichnete. Das Neue der „Bild“-Strategie besteht nun allerdings darin, dass die Zeitung sich seit geraumer Zeit auch der Kernelemente des Populismus als Ideologie bedient: Auf der einen Seite gibt es das gute Volk, dessen Stimme und Vertretung „Bild“ sein will, und auf der anderen Seite die bösen oder jedenfalls rundweg versagenden politischen Eliten. Kreiert wurde diese mediale Strategie bereits unter Reichelts Vorgänger Kai Diekmann, der 2013 fast manifestartig gegen die Regierung Front machte: „BILD geht in die Opposition. Und wird Außerparlamentarische Opposition. APO! BILD wird der neuen Regierung bei jeder Gelegenheit auf die Finger hauen! Hart. Schmerzvoll. Und ohne Gnade.“[6]

Von Boenisch bis Diekmann – die Bild-Zeitung der Bonner Republik

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Oben       —       Julian Reichelt in der WDR-Sendung „Maischberger“ am 7.11.2018

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Spazieren als Beruf

Erstellt von Redaktion am 26. Februar 2021

Aus dem Haus, geradeaus

Ein Spaziergang unter Kirschbäumen (Japan, 2011)

Von Lea De Gregorio

Martin Schmitz ist Spaziergangswissenschaftler und damit Vertreter einer Disziplin, in der es nicht nur auf reflektiertes Herumlaufen ankommt.

Er trägt in der Hand einen eleganten Spazierstock, an den Füßen Wanderschuhe, auf dem Rücken einen Rucksack mit Büchern, die er selbst verlegt: Martin Schmitz, 1956 geboren, ist Spaziergangswissenschaftler. Sein großer Lehrer: Lucius Burckhardt. Der hat die Disziplin, die Schmitz heute an der Kunsthochschule Kassel unterrichtet, in den 1980er Jahren erfunden – als Ansatz für Stadt- und Landschaftsplaner. Er war ein „Universalgelehrter“, wie Martin Schmitz ihn beschreibt, ein Wissenschaftskritiker und umtriebiger Geist.

Spaziergangswissenschaft – das klingt unbedarft. Was soll es am Spazierengehen zu fachsimpeln geben? Doch hinter der Disziplin verbirgt sich ein kritischer Blick auf die Welt und ihre Macher*innen, politischer Impetus – und sanfte Ironie. Eine Einführung in die Spaziergangswissenschaft (auch Promenadologie oder Englisch „Strollology“) will Schmitz uns geben, quasi ein erstes kleines Seminar.

Anders als dem Philosophen Jean-Jacques Rousseau etwa, der den Spaziergang zum Ordnen der eigenen Gedanken propagierte, geht es Schmitz um die bewusste Wahrnehmung der Umwelt. Und um Bewegung. „Wenn man eine Aussage über einen Raum treffen möchte, dann muss man sich darin bewegen“, sagt Schmitz. „Unsere Wahrnehmung ist im Prinzip dann der Quotient aus unseren Milliarden von Eindrücken, die wir haben, und den Dingen, die wir gelernt haben.“ Er überquert den Zebrastreifen vor seiner Haustür in der Dresdener Straße in Berlin-Kreuzberg. Und dann geht es los.

Er spricht lieber im Gehen als im Stehen

Lektion eins: Wahrnehmen. „Das hier ist eine Stadtplanung, die natürlich was macht …?“, fragt Schmitz während er lehrermäßig mit dem Spazierstock auf eine Straßenbiegung zeigt, wo ein Fußgängergeländer steht. „Für jeden Autofahrer ist das hier die Versicherung: Da kann ich Gas geben“, antwortet er schließlich selbst. Schnee säumt die Straßenränder. Es riecht nach Abgasen. Die Ecke vor seinem Haus sei aus der Perspektive der Autofahrerinnen und Autofahrer geplant worden. Auch der Zebrastreifen an der nächsten Ecke sei unsinnig. „Das ist ein Alibi­zebrastreifen. Der ist da, damit man sagen kann: Berlin hat ja ganz viele Ze­bra­streifen.“

Lektion zwei: Zusammenhänge erkennen. Es lohne sich, zu hinterfragen, was sich hinter den Dingen verbirgt, die uns in der Stadt umgeben. Welche Zusammenhänge, welche Absichten. Warum ist dieses Schild an jener Stelle? „Das ist ja alles menschengemacht“, sagt Schmitz. Alles Gestaltung: „Stadtplanung ist das größte Ding, was zu gestalten ist. Aber man kann das runterbrechen bis zum Eierbecher.“

Schmitz spricht viel, aber lieber im Stehen als im Gehen. Er plädiert dafür, sich ein sonniges Plätzchen zu suchen, und hält das Gesicht in das warme Licht, das sich jetzt durch die Wolken bahnt; eine Hand in der Tasche seiner Kordhose, den Arm auf den Stock gestützt. „Hier ist es schön“, steht auf dem Stockwappen. Der Ausdruck ist für die Spaziergangswissenschaft Programm. „An jedem Ort hat er seine Gültigkeit, und dann kann man fragen: Ist es hier schön? Ja? Nein? Warum?“

Wertfrei auf das Gegenwärtige konzentrieren

Lektion drei: Wahrnehmungskonventionen hinterfragen – auch das tut die Spaziergangswissenschaft. „Warum ist Landschaft schön?“, heißt ein Buch des Schweizer Soziologen Lucius Burckhardt, das Schmitz verlegt. Schmitz verwaltet heute dessen Nachlass. Landschaft, so Burckhardt, entstehe in den Köpfen. Sie sei erlernt und konstruiert.

Carl Spitzweg:Der Sonntagsspaziergang (1841)

Schmitz erklärt, wer von einem Spaziergang wiederkäme, beschreibe häufig das Erwartete – nicht die Dinge, die das bekannte Bild stören, wie zum Beispiel den Müll. „Wir reden dann davon: ‚Das ist typische Berliner Gründerzeitbebauung‘ oder ‚ganz typische Brandenburger Landschaft‘. Das sind aber Dinge, die bringen wir mit, die haben wir gelernt.“ Wichtig beim Spazierengehen sei es, mit diesen Bildern zu brechen.

Die Spaziergangswissenschaft war zu Burckhardts Zeiten an der damaligen Gesamthochschule und heutigen Universität Kassel im Fachbereich Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung angesiedelt. Sie eint planungs- und bauwissenschaftliche, soziologische, kunst- und kulturwissenschaftliche Perspektiven. Erinnert aber auch an die Phänomenologie und das Konzept der Achtsamkeit: Das was ist, wahrzunehmen und sich wertfrei auf das Gegenwärtige zu konzentrieren, anstatt auf die Gedanken im Kopf.

Zwischendurch geht es um Geschichte. Die Spaziergangswissenschaft hat seit jeher auch etwas Politisches, etwas Aktivistisches (Lektion vier). Sie sei eine Fortführung der Städtebaukritik der 60er und 70er Jahre. Aber ihre Ursprünge reichen noch weiter zurück.

Warum ist Schnee schön?

Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die gotische Innenstadt in Basel autogerecht umgebaut und ganze Häuserzeilen abgerissen werden. Burckhardt habe sich 1949 als einer der wenigen früh dagegengestellt. Auch als Schmitz bei Burckhardt in Kassel studierte, sei es darum gegangen, sich zu engagieren: „Ich bin damals auch zum Retter der Straßenbahn in Kassel geworden“, sagt Schmitz. Es wirkt, als sei er immer noch stolz.

Quelle      :        TAZ       >>>>>      weiterlesen

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Oben     —     Ein Spaziergang unter Kirschbäumen (Japan, 2011)

松岡明芳 • CC BY-SA 3.0

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Bürgerräte in Deutschland

Erstellt von Redaktion am 22. Februar 2021

Retten sie die Demokratie?

Solange die Parteien nicht aufgelöst sind, werden auch Bürgerräte das System nicht verändern können, da die Intelligenz – Bolzen aus den Clans nicht auf sie hören werden. Diese könnten ja auch jetzt die Gesetze beschließen, machen es aber nicht, da es ihnen an Lebenserfahrung und Fachwissen fehlt. Dieses müssen sie sich erst teuer bei den Lobby – Experten erkaufen.

Von Hannes Koch

160 ausgeloste Bür­ge­r:in­nen diskutieren über Deutschlands Rolle in der Welt. Ein Experiment zwischen hitzigen Debatten und Einigungsversuchen.

Der Briefumschlag sieht aus wie Werbung, die Postkarte darin erweckt den Eindruck einer Unterschriftensammlung. Die Freiburger Politikstudentin Charlotte Felthöfer ist unsicher. Von der Organisation, die das Schreiben verschickt hat, hat sie noch nie etwas gehört.

Doch im Umschlag findet sie auch eine Einladung mit der Unterschrift von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Felthöfer recherchiert, ist begeistert und meldet sich bereits am nächsten Tag zu der in der Einladung genannten Bürgerversammlung an. Denn „die Demokratie braucht eine Ergänzung“, davon ist sie überzeugt.

Der Schülerin Maya Loewe, 17 Jahre alt, geht es ähnlich. Nach einigem Überlegen nimmt auch sie die Einladung zu der Versammlung an. „Die Politik hört teilweise nicht auf die Leute“, sagt sie, und hofft, dass eine solche Zusammenkunft stärker auf die Ansichten der Bevölkerung aufmerksam macht.

Felthöfer und Loewe gehören zu den rund 160 Bürger:innen, die Ende 2020 aus den Einwohnermelderegistern der Bundesrepublik ausgelost wurden, um in mehreren Sitzungen vom 13. Januar bis zum 20. Februar über „Deutschlands Rolle in der Welt“ zu debattieren – und um am Ende eine Empfehlung dazu an den Bundestag zu formulieren.

An diesem Wochenende kommt der Bürgerrat zu seinem Abschlusstreffen zusammen und beendet damit ein erstaunliches Experiment zur Renovierung der parlamentarischen Demokratie. Ein Experiment, das an die Wurzeln der Demokratie in der griechischen Antike erinnert. Vor über 2.000 Jahren kamen die freien, männlichen Bürger Athens regelmäßig auf einem großen Platz – der Agora – zusammen, um über anstehende politische Entscheidungen zu debattieren und abzustimmen.

Jetzt hat auch der Bundestag zu einer kleinen Volksversammlung zusammengerufen. Denn viele Abgeordnete merken gerade, wie stark der Boden unter ihren Füßen in Bewegung geraten ist: durch den Aufstieg des Rechtspopulismus, den Sturm auf das Kapitol in Washington und andere Krisensymptome, die die parlamentarische Demokratie nicht mehr so gefestigt aussehen lassen, wie sie noch vor einigen Jahren wirkte.

Vielleicht kann so ein Bürgerrat ja dazu beitragen, das wacklige Fundament wieder zu stabilisieren?

Die Teil­neh­me­r:in­nen des Bürgerrats begegnen sich während der zahlreichen Sitzungen nicht persönlich, sondern in riesigen Onlinekonferenzen mit über 200 Menschen, darunter etliche Tech­ni­ke­r:in­nen und drei Moderator:innen. Bür­ger­rä­t:in­nen sitzen zu Hause, der Computerbildschirm ist in viele Fensterchen unterteilt, in denen man die Diskutierenden im Kleinstformat sieht. Dennoch transportieren die Ausschnitte individuelle Eindrücke.

Mit großer Nerdbrille, fetten Kopfhörern und Kinnbart sitzt da ein Youngster vor seinem zerwühlten Bett. Eine andere Bürgerrätin präsentiert sich vor einer Wand mit Fahrradersatzteilen. Alpenkulissen, Ölgemälde und Bücherregale liefern weiter Hinweise darauf, wie die Menschen leben – oder wahrgenommen werden möchten.

Gesteuert werden die Sitzungen vom Alexanderplatz in Berlin aus. Hier, am Tresen des Clubs ASeven, holten sich die Gäste vor Corona ihr Bier. Nun sind die Barhocker zusammengeschoben, die Tische in den Ecken gestapelt, um Platz zu machen für ein Studio mit Kameras, Beleuchtung und Übertragungstechnik. Die drei Mo­de­ra­to­r:in­nen begrüßen die Teilnehmer:innen, leiten die Diskussionen und holen Ex­per­t:in­nen von außen dazu, die den Bürgerrat mit Fachinformationen versorgen sollen.

Um die Studiobühne herum sitzt ein Dutzend Tech­ni­ke­r:in­nen vor Bildschirmen und Mischpulten, um die aufwendige Konferenzsoftware am Laufen zu halten.

Ein Megathema ist das, Deutschlands Rolle in der Welt. Es in den Griff zu bekommen setzt Kenntnisse der Geschichte seit dem Mittelalter und der politischen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg voraus. Der britische Historiker Timothy Garton Ash ist an einem Samstag Mitte Januar dazu eingeladen, die Basis zu legen. Ein entscheidender Punkt seiner Analyse: Deutschland sei die „Zentralmacht Europas“, was bei den Nachbarn eine „Furcht vor Dominanz“ auslöse.

„Deutschland ist stärker als alle anderen, aber nicht stark genug“, um Hegemonie auszuüben, sagt Garton Ash. Er empfiehlt der Bundesrepublik eine Rolle als „Mittelfeldspieler Europas“. Das Land solle Regisseur, Koordinator, aber nicht Stürmer sein. Es solle sich verhalten wie Bastian Schweinsteiger auf dem Fußballplatz. Dieser Rat ist auch deshalb wertvoll, weil er Binnen- und Außensicht kombiniert.

Doch er passt nicht so recht zu den Vorstellungen, mit denen manche Bür­ger­rä­t:in­nen in die Diskussion gehen. Anfangs wünscht sich Maya ­Loewe, dass Deutschland als Vorbild handele, etwa in der Klima-, Umwelt- und Flüchtlingspolitik. Auch Charlotte Felthöfer plädiert für eine Vorbildfunktion: „Indem wir außenpolitisch mehr Verantwortung für die Klimagerechtigkeit übernehmen.“

Von allen geteilt wird so ein moralischer Optimismus aber nicht. Als die Teil­neh­me­r:in­nen die Rolle Deutschlands skizzieren sollen, stellt ein Bürgerrat aus Hessen das Land als Verkäufer dar, der alle möglichen Produkte feilbietet, ein Gesetzbuch unterm Arm trägt und mit erhobenem Zeigefinger droht.

Mehrheitlich allerdings gehen die Mitmachenden in die Richtung, die Garton Ash vorgeschlagen hat. Und am Ende des zweiten Tages sind Rollen­zuschreibungen wie „Vermittler“, „Mittelfeldspieler“ und „Partner“ die häufigsten Begriffe – wobei auch die Rolle des Vorreiters einige Unterstützung findet.

Der zeitliche Aufwand des Verfahrens ist enorm. Etwa 50 Stunden nehmen die ehrenamtlichen Be­ra­te­r:in­nen an den Onlinesitzungen teil – umgerechnet mehr als sechs normale Arbeitstage. In Charlotte Felthöfers Zeitplan passt das eigentlich nicht. Sie steht vor ihrer Masterprüfung, schreibt gerade eine Klausur nach der nächsten.

Auch Maya Loewe hat ohne den Bürgerrat mehr als genug zu tun. Bei ihr kommt bald das Abitur. Trotzdem nehmen sich die beiden Frauen wochenlang mittwochs und samstags Zeit, um an den Plenumsveranstaltungen teilzunehmen.

Zudem machen sie in einem von fünf als „Reisegruppen“ bezeichneten Fachausschüssen mit, die sich noch näher mit „Nachhaltiger Entwicklung“, „Wirtschaft und Handel“, „Europa“, „Frieden und Sicherheit“ sowie „Demokratie und Rechtsstaat“ befassen.

Ausgewählt wurden die Teil­neh­me­r:in­nen durch eine computergesteuerte „Zufallsstichprobe“ aus Gemeinden in ganz Deutschland. Die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen schrieben knapp 4.400 Bür­ge­r:in­nen an, die durch Wohnort, Alter, Geschlecht, Herkunft und Bildungsstand einen einigermaßen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung bilden. Einige Hundert sagten zu – gut 160 nehmen schließlich teil.

Quelle       :       TAZ         >>>>>          weiterlesen

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Oben        —     „Bürgerrat Demokratie“ in Leipzig

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Fleisch + Eigenheimverbot?

Erstellt von Redaktion am 18. Februar 2021

„Wenn die GRÜNEN Fleisch & Einfamilienhaus verbieten wollen“

Quelle       :      Scharf  —   Links

Von Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein

Ein politisches Lehrstück für die Bundestagswahl 2021

  • BILD-Zeitung 2013: „Die GRÜNEN wollen uns das Fleisch verbieten“

  • BILD-Zeitung 2021: „Grüne wollen neue Einfamilienhäuser verbieten“

Mit ihren Steuerplänen hatten sich die GRÜNEN im Bundestagswahlkampf 2013 mit den Mächtigen im Lande angelegt… Die darauffolgende Veggie Day-Kampagne der Einflussreichen und ihrer Lobbygruppen und die Macht von BILD, FOCUS, Welt, Dumpf-TV & Co. hatten sie allerdings ein wenig unterschätzt.
Es gibt deutliche Anzeichen für ähnliche Lobby-Kampagnen im Superwahljahr 2021.

„Grünen- Fraktionschef Anton Hofreiter hatte im Spiegel ein Interview zum Thema Baupolitik gegeben. Darin betonte er, dass die Grünen niemandem die eigenen vier Wände verbieten wollten. In Großstädten seien aber Flächen knapp; und da sei es nachvollziehbar, dass Verwaltungen auf Geschosswohnungsbau und nicht auf Einfamilienhäuser setzten. Hofreiter machte auch deutlich, dass er die Ausweisung neuer Baugebiete für Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese kritisch sieht. Das versiegele Flächen und führe zu mehr Verkehr. Sinnvoller sei es, Baulücken zu schließen, Brachflächen zu nutzen.
Die Forderung zum Verbot neuer Einfamilienhäuser gibt es nicht
Am nachrichtenarmen Wochenende wurden daraus ein zugespitzter – und später korrigierter – Tweet zur Vermarktung des Interviews sowie die Bild-Schlagzeile: „Grüne wollen neue Einfamilienhäuser verbieten“. In den sozialen Medien sah sich Hofreiter einem Shitstorm ausgesetzt. Für seine Gegner war erneut der Beweis erbracht, dass es sich bei den Grünen um eine Verbotspartei handele. Das Interview schienen die wenigsten Kritiker gelesen zu haben. Eine Forderung nach einem Verbot neuer Einfamilienhäuser gibt es jedenfalls nicht her.“
Quelle: Badische Zeitung

Im aktuellen Bundestagswahlkampf und Superwahljahr 2021

ist es notwendig, die Veggie Day-Kampagne des Jahres 2013 zu analysieren. Die Kampagne gegen den Veggie Day ist ein politisches Lehrstück, nicht nur für Parteien, sondern gerade auch für die Umweltbewegung und die sozialen Bewegungen in Deutschland. Wie war es damals möglich, ein ökologisches Fürzlein aus einer winzigen Nische des GRÜNEN Wahlprogramms zu einem bedrohlich-gigantischen Tornado aufzublasen und die Medienkampagne gegen einen vegetarischen Tag in Kantinen als „Kampf für Freiheit“ zu inszenieren?

Freiheit contra Veggie Day
Im Zusammenhang mit der gut organisierten Kritik am Veggie Day wurde häufig der Begriff „Freiheit“ genannt. Doch ging es bei diesem Kampf gegen einen fleischlosen Tag in Kantinen nicht eher um eine ganz andere „Freiheit“? Um die uneingeschränkte Freiheit, Gewinne auf Kosten von Menschen zu machen, Steuern zu vermeiden, Cum-Ex-Deals zu machen, um die Freiheit, AKW länger zu betreiben und mit Kohlekraftwerken das Klima zu verändern und um die Freiheit der Industrie, die Umwelt auszubeuten und zu zerstören?

Veggie Day: Journalistischer Selbstläufer oder organisierte Kampagne?

  • Ein rheinland-pfälzischer Bundestagsabgeordneter der CDU hatte Mitte Juli Berliner Journalisten zu einem Hintergrundgespräch eingeladen. Dabei wurde eine längere Liste von Verboten und Verbotsvorhaben der Grünen vorgestellt.
  • Die FAZ griff das Thema am 16. Juli 2013 auf, ohne jedoch große Resonanz zu erhalten und verwies namentlich auf den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU, Michael Fuchs als Urheber der Liste.
  • Am Folgetag kam die BILD-Zeitung mit einer ersten Meldung heraus, ohne jedoch besondere Resonanz zu erzielen.
  • Zwei Wochen später brachte die BILD-Zeitung das Thema am 5. August unter dem Aufmacher „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!“ erneut heraus und gab dies auch als Meldung an die Nachrichtenagenturen weiter.
  • „Die Tofu-Lawine lässt sich nicht mehr stoppen“ analysiert später die ARD-Journalistin Sarah Renner diesen Zeitpunkt der inszenierten Empörungswelle und schreibt weiter: „Der Empörungspegel steigt jetzt im Sekundentakt. Immer mehr Zeitungen, Radio- und Fernsehsender greifen das Thema auf.“
  • Die begleitende Internetkampagne des rechtslibertären Netzwerkes die „Achse des Guten“ verglich die „GRÜNEN-Idee“ mit dem „Eintopfsonntag“ der Nazis. „Alles für die Volksgemeinschaft“ lautet die Überschrift des entsprechenden Blog-Eintrags.
  • Einen ähnlichen Vergleich wie die „Achse des Guten“ hat auch der Berliner FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann gezogen. Der Gesundheitsexperte der Liberalen veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite eine Montage aus einem Grünen-Logo und einem NS-Propagandabild. Das Plakat zeigt eine Mutter, die ihren vier Kindern Stullen anbietet. „Eßt Vollkornbrot, denn es ist besser und gesunder“, steht darunter. Der Appell stammt aus einer Nazi-Kampagne zur Volksgesundheit. In der oberen rechten Ecke ist das Parteilogo der Grünen zu sehen.
  • Das als Initiative getarnte Sprachrohr der Industrie, die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) macht in ihrem Blog aus einem „GRÜNEN Vorschlag“ einen „zwangsverordneten Veggie Day“

Der Wirtschaftswoche zufolge wurde der „Veggie Day“ im August zu einem der fünf am häufigsten diskutierten Themen und ließ „Überwachung“ oder „NSA“ hinter sich. Die von Bild begonnene Kampagne war in einem von vielen Medien gezielt inhaltsleer gehaltenen Wahlkampf eine der erfolgreichsten politischen Kampagnen der letzten Jahre und dies spiegelte sich auch im schlechten Wahlergebnis der GRÜNEN wieder.

Es gibt für die Umweltbewegung keinen Grund zur Häme,
denn solche Kampagnen können auch die sozialen Bewegungen treffen. Wir brauchen eine kritische, engagierte Presse die uns auch widerspricht. Ein Beispiel für journalistische Übergriffigkeit sind die Rupert Murdoch-Medien die weltweit den Klimawandel leugnen und Politikern wie Trump zur Macht verholfen haben. Die Murdoch-Presse hat den Brexit nicht kritisch begleitet. Sie hat ihn organisiert. Nicht nur bei den GRÜNEN, auch bei den sozialen Bewegungen fehlt es an kritischer Analyse solcher Kampagnen und wer nicht analysiert, kann sich auch nicht wehren.

Die erfolgreiche Anti-Veggie Day-Kampagne 2013
zeigte, wer Medien macht und wer Medienmacht in Deutschland hat. Sie war Teil eines stillen, offensiv-aggressiven Kulturkampfes gegen Nachhaltigkeit, der auch heute noch gut organisiert geführt wird, ein Vorgeschmack auf kommende Konflikte, die in den USA schon lange an der Tagesordnung sind. Die Reaktion eines Teils der GRÜNEN auf diese Kampagne war leider nicht kluge Analyse, sondern verstärkte Anpassung.

  • BILD-Zeitung 2013: „Die GRÜNEN wollen uns das Fleisch verbieten“
  • BILD-Zeitung 2021: „Grüne wollen neue Einfamilienhäuser verbieten“

Selbstverständlich brauchen wir kritische Debatten um Fleischkonsum und Flächenverbrauch, doch die aktuelle Debatte ist der Versuch, die Kampagne aus dem Jahr 2013 zu wiederholen und die GRÜNEN noch angepasster zu machen. Klimakatastrophe, Artenausrottung, Cum-Ex-Betrug und steuervermeidende Großkonzerne zeigen, dass wir zu viele Ja-Sager-Parteien haben.

Ein persönlicher Meinungsbeitrag von Axel Mayer, Mitwelt am Oberrhein, (Alt-)BUND-Geschäftsführer, Kreisrat

Urheberrecht
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Oben        —       Reihenhäuser in einer Zechensiedlung in Gelsenkirchen

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Trumps große Lüge

Erstellt von Redaktion am 14. Februar 2021

Nach dem Putsch ist vor dem Putsch
Trumps große Lüge und der drohende Faschismus

von Timothy Snyder

Als Donald Trump am 6. Januar vor seinen Anhängern stand und sie drängte, zum Kapitol der Vereinigten Staaten zu marschieren, tat er, was er schon immer getan hatte. Denn nie hatte er die Wahldemokratie ernst genommen, geschweige denn die Legitimität ihrer amerikanischen Ausprägung akzeptiert. Selbst als Trump 2016 die Wahl gewann, beharrte er darauf, dass sie betrügerisch gewesen sei und seine Gegnerin Hillary Clinton Millionen falscher Stimmen erhalten habe. Und 2020 verbrachte er – wohlwissend, dass er in den Umfragen hinter Joe Biden zurücklag – Monate mit der Behauptung, dass es zu Wahlfälschungen kommen werde. Damit signalisierte Trump, er werde das Ergebnis nicht akzeptieren, sollte es nicht zu seinen Gunsten ausfallen. Am Wahlabend verkündete er fälschlicherweise seinen Sieg und verschärfte seine Rhetorik dann stetig: Mit der Zeit wurde aus seinem Sieg ein historischer Erdrutsch, und die verschiedenen Verschwörungen dagegen klangen immer ausgeklügelter und unglaubwürdiger.

Viele Menschen glaubten ihm, was überhaupt nicht überraschen kann. Es erfordert einen enormen Bildungsaufwand, damit Bürger dem mächtigen Sog widerstehen, zu glauben, was sie schon immer geglaubt haben oder was ihr Umfeld glaubt oder was ihren vorherigen Entscheidungen einen Sinn verleiht. Schon Platon sah ein besonderes Risiko für Tyrannen darin, dass sie am Ende von Ja-Sagern und Einflüsterern umgeben sein würden. Aristoteles wiederum sorgte sich, dass in einer Demokratie ein vermögender und talentierter Demagoge nur allzu leicht den Geist der breiten Masse beherrschen könne. Im Bewusstsein dieser und anderer Risiken schufen die Verfasser der US-Verfassung ein System der Checks and Balances. Dabei ging es nicht nur darum, dass kein Teil der Regierung die anderen dominieren sollte, sondern auch darum, verschiedene Sichtweisen in den Institutionen zu verankern.

In diesem Sinn muss eine sehr große Zahl republikanischer Kongressmitglieder ebenfalls für Trumps Anstrengungen, das Wahlergebnis zu kippen, verantwortlich gemacht werden. Statt ihm von Anfang an zu widersprechen, ließen sie sein Märchen von der gestohlenen Wahl gedeihen. Sie taten dies aus verschiedenen Gründen. Einer Gruppe von Republikanern geht es vor allem darum, das System so zu bespielen, dass sie an der Macht bleiben. Dabei nutzen sie verfassungsrechtliche Unklarheiten, Gerrymandering und geheime Wahlkampfspenden voll aus, um mit einer Minderheit motivierter Wähler Urnengänge für sich zu entscheiden. Sie haben kein Interesse am Zusammenbruch jener seltsamen Form der Repräsentation, die ihrer Minderheitspartei eine unverhältnismäßige Kontrolle über die Regierung gestattet. Der wichtigste unter ihnen, Mitch McConnell, ließ Trump mit seiner Lüge gewähren, ohne deren Konsequenzen zu kommentieren.

Spieler und Zerstörer – zweierlei Sorten Republikaner

Es gab jedoch auch Republikaner, die die Situation anders sahen – sie könnten tatsächlich das System zerstören und ohne Demokratie Macht ausüben. Der Riss zwischen diesen beiden Gruppen, den Spielern und den Zerstörern, trat am 30. Dezember 2020 scharf zu Tage, als Senator Josh Hawley ankündigte, er werde Trumps Anfechtung unterstützen und am 6. Januar die Gültigkeit der abgegebenen Stimmen infrage stellen. Ted Cruz versprach dann seinerseits Unterstützung, worauf sich ihm etwa zehn weitere Senatoren anschlossen. Mehr als einhundert republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses nahmen dieselbe Haltung ein. Vielen erschien das bloß als Show: Die Anfechtung der Wahlmännerstimmen würde zu Verzögerungen und Abstimmungen führen, aber nichts am Ergebnis ändern.

Doch der Kongress zahlte einen Preis dafür, dass er seine grundlegenden Aufgaben verleumdete. Eine gewählte Institution, die sich gegen Wahlen stellt, lädt zu ihrem eigenen Umsturz ein. Jene Kongressmitglieder, die Trumps Lüge trotz verfügbarer und unzweideutiger Beweise stützten, verrieten ihren verfassungsmäßigen Auftrag. Indem sie seine Märchen zur Grundlage ihres Handelns im Kongress machten, hauchten sie ihnen Leben ein. Nun konnte Trump verlangen, dass sich die Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses seinem Willen beugen. Er konnte Mike Pence, der für das formale Verfahren zuständig war, die persönliche Verantwortung auferlegen, dieses Verfahren zu pervertieren. Und am 6. Januar lenkte er seine Anhänger zum Kapitol, damit sie Druck auf diese gewählten Vertreter ausübten, was sie dann auch taten: Sie stürmten das Gebäude, suchten Menschen, die sie bestrafen konnten und plünderten die Räume.

Natürlich ergab das in gewisser Hinsicht Sinn: Wenn die Wahl wirklich gestohlen worden war, wie selbst Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses behaupteten, wie konnte man es dem Kongress dann erlauben, weiterzumachen? Für einige Republikaner muss die Invasion des Kapitols ein Schock oder gar eine Lehre gewesen sein. Den Zerstörern jedoch mag sie einen Vorgeschmack auf die Zukunft geboten haben: Nachdem die Sitzung wiederaufgenommen worden war, stimmten acht Senatoren und mehr als einhundert Mitglieder des Repräsentantenhauses für jene Lüge, aufgrund derer sie zuvor aus ihren Räumen fliehen mussten.

Post-truth, ein Zustand jenseits der Wahrheit, ist Prä-Faschismus, und Trump war unser Post-truth-Präsident. Wenn wir die Wahrheit aufgeben, überlassen wir die Macht jenen, die über genügend Reichtum und Charisma verfügen, um das Spektakel an ihre Stelle zu setzen. Ohne eine Übereinkunft über einige grundlegende Tatsachen können die Bürger nicht jene Zivilgesellschaft bilden, die es ihnen gestatten würde, sich zu verteidigen. Wenn wir die Institutionen verlieren, die uns mit relevanten Tatsachen versorgen, dann neigen wir dazu, in verlockenden Abstraktionen und Märchen zu schwelgen. Die Wahrheit zu verteidigen, ist besonders schwer, wenn sie kaum vorhanden ist, und die Trump-Ära – wie jene von Wladimir Putin in Russland – ist geprägt vom Niedergang der Lokalnachrichten. Die sozialen Medien bieten dafür keinen Ersatz: Sie überladen die geistigen Gewohnheiten, mit denen wir emotionale Stimulation und Trost suchen, wodurch der Unterschied zwischen dem, was sich wahr anfühlt und dem, was tatsächlich wahr ist, verloren geht.

Jenseits der Wahrheit wartet das Mythenregime

Post-truth höhlt den Rechtsstaat aus und beschwört ein Mythenregime herauf. In den vergangenen vier Jahren haben Wissenschaftler darüber diskutiert, ob es legitim und nutzbringend ist, mit Blick auf die Trumpsche Propaganda den Faschismus ins Feld zu führen. Eine bequeme Position bestand darin, all diese Bemühungen als direkten Vergleich abzustempeln und diesen Vergleich dann zum Tabu zu erklären. Produktiver ist demgegenüber die Herangehensweise des Philosophen Jason Stanley: Er behandelt den Faschismus als ein Phänomen, als eine Reihe von Mustern, die sich nicht nur im Europa der Zwischenkriegszeit beobachten lassen, sondern auch darüber hinaus.

Meiner Auffassung nach erlaubt uns eine genauere Kenntnis der – faschistischen oder anders gearteten – Vergangenheit, Elemente der Gegenwart zu bemerken und konzeptionell zu fassen, die wir ansonsten übersehen würden und in breiterem Rahmen über künftige Möglichkeiten nachzudenken. Mir war im Oktober 2020 klar, dass Trumps Verhalten einen Putsch verhieß, und ich schrieb damals darüber, denn die Gegenwart wiederholt zwar nicht die Vergangenheit, aber die Vergangenheit erhellt die Gegenwart.

Gleich den historischen faschistischen Anführern präsentiert sich Trump als einzige Quelle der Wahrheit. Seine Verwendung des Begriffs „fake news“ ist ein Echo der Nazi-Verleumdung „Lügenpresse“; wie die Nazis bezeichnete er Reporter als „Volksfeinde“. Wie Adolf Hitler kam er zu einer Zeit an die Macht, als die konventionelle Presse einen schweren Schlag einstecken musste: Die Finanzkrise von 2008 traf die amerikanischen Tageszeitungen so wie die Große Depression seinerzeit die deutschen. Die Nazis dachten, mit dem Radio den alten Pluralismus der Tageszeitungen ersetzen zu können; Trump versuchte dasselbe mit Twitter.

Dank technologischer Kapazitäten und persönlichem Talent log Donald Trump in einem Tempo, das wohl von keinem anderen Anführer in der Geschichte übertroffen wird. Größtenteils handelte es sich dabei um kleine Lügen, deren Haupteffekt kumulativ war: Sie alle zu glauben, hieß, die Autorität eines einzigen Mannes zu akzeptieren, denn sie alle zu glauben, hieß, alles andere nicht zu glauben. Sobald diese persönliche Autorität einmal etabliert war, konnte der 45. US-Präsident alle anderen wie Lügner behandeln. Er verfügte sogar über die Macht, jemanden mit einem einzigen Tweet von einem zuverlässigen Berater in einen unehrlichen Halunken zu verwandeln. Doch solange er keine wirklich große Lüge durchsetzen konnte – eine Fiktion, die eine alternative Realität schafft, in der Menschen leben und sterben können –, blieb sein Prä-Faschismus hinter der Sache selbst zurück.

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Oben       —     Teilnehmer der Erstürmung vor dem Kapitol in Washington

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Aus der Corona-Krise !

Erstellt von Redaktion am 9. Februar 2021

Oder waren die anderen Krisen schon alle vorher da?

File:Masken vom Maskenbrunnen (Flensburg 2014-10-28), Bild 02.jpg

Niemand hatte gesagt wir wollten ohne Masken den Zaun überwinden.

Von Anja Turkovic, 31.01.2021

Als deutsche „Normalo“-Bürgerin, 50 Jahre alt, von Beruf mobile Friseur -meisterin, hörte ich täglich auch „des Volkes“ Stimme. Heute will ich mich zu den politischen Geschehnissen der letzten Jahre, aus meiner persönlichen Sicht, öffentlich äußern. Im Laufe des ersten Corona -Jahres habe ich das Gefühl bekommen, mich Mucks – Mäuschen still verhalten zu müssen. Warum das denn?

Eine andere, eigene Meinung zu vertreten als von den Staats-Medien über Fernsehen, Funk und Medien verbreitet, ist zunehmend schwierig geworden. Die öffentliche Gehirnwäsche, verfasst durch die herrschenden Politiker Innen und deren „Handlager Innen“ in dem Medien hat vor meinen Kunden, Bekannten, Freunden, ja vor der eigenen Familie, nicht halt gemacht. Ich weigere mich, wie teilweise geschehen, mit Menschen wie Rechtsradikale, Reichsbürger, „Wir sind das Volk“ -Gruppen oder gar Terroristen und in eine Schublade gesteckt zu werden.

Den Merkel-Spruch: „Wir schaffen das“ kann man nicht glauben.
Die „Krisen-Merkel“ hat einst ein Journalist bei n-tv über „die Angela“ gesagt.

Die Krisen unter Frau Merkels Regierungen (2005-2021) sind für mich: Banken-Krise, Migrations-Krise, Infrastruktur-Krise, Fleischproduktions-Krise am Beispiel Tönnies, Erzieher Innen-Krise, Pflegekräfte-Krise, Renten- Arbeitslosen, Kranken- Pflegeversicherungs-Krise, so wie Armuts- insbesondere Altersarmuts-Krise, Lebensmittel-Krise, Umwelt-Krise, Corona- Krise, Grundrechte-Krise

Nachfolgend will ich, jeweils in wenigen Sätzen, begründen, wie ich die „Krisen-Symptome“ in ihren Ursachen und Wirkungen verstehe:

Banken-Krise

„Unser“ Geld sei sicher, – sagten Frau Merkel (CDU) und Herr Steinbrück (SPD) im Jahr 2008. Seit dem wird eine scheinbare Stabilität des Euro nur noch durch die Manipulationen der EZB vorgetäuscht. Dr. Markus Krall, einer von vielen seriösen Experten in den Gebieten des Geld- und Währungswesens, meint, dass unsere Währung vor dem Abgrund steht. Am Zins von annähernd Null merkt es auch der „einfache“ Sparer.

An den Börsen dieser Welt, wurde bereit kurz nach dem Crash von 2008 wie zuvor wahrlich um die Wette „gezockt“. – Die fast im jedem Haushalt vertretene ALLIANZ-Versicherung will jetzt den Verkauf von den bei den Bürgern beliebten Kapital-Lebensversicherungen einstellen, weil die Versicherung den Sparern nicht mehr die Einzahlungen, geschweige denn eine Verzinsung, nach Ablauf einer Lebensversicherung garantieren kann.

Migrations-Krise

Bei diesem Thema umfaßt Armuts-Flüchtlinge (Insbesondere aus Afrika), Kriegs-Flüchtlinge (z.B. Syrien, Lybien und andere z.B. Afghanistan, Pakistan), Politisch verfolgte Flüchtlinge (mit Anspruch auf Asyl in jedem Land der EU). Viel wurde bereits zu dem Thema gesagt und geschrieben, weshalb ich nur stichwortartig zusammenfassen will: Es hieß von der Politik, dass die Migration und Willkommenskultur folgende Ziele erreichen sollte: -Vermeidung eines dauerhaften Verbleibens in den Sozialsystemen. Den Flüchtlingen und Zuwanderern sollten eine reale Möglichkeit geboten werden, einen Beruf zu erlernen, ggfs. auf einer vorhanden Ausbildung aufbauend, um dem Fachkräftemangel in der alternden Gesellschaft „aufzufangen“. Was konnte man im Fernsehen beobachten? Das Handwerksmeister nach der erfolgreichen Ausbildung von Flüchtlingen den Ausweisungsbeschluss der deutschen Behörden für ihre „frischgebackene“ Gesellen in den Händen hielten. Die Ausbeutung der Menschen in den Ländern Afrika, Asiens durch die westlichen – sich selbst demokratisch nennenden und bei jeder Gelegenheit sich auf die Menschenrechte berufenden – Staaten Europas und Nordamerikas. Vorrangig zu nennen sind hier die europäischen Führungsmächte Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Durch die Menschen konkret erfahrbar wird die durch die bekannten „Marken-Hersteller“ für Textil-Produkte (Bangladesch) und der Sportartikel-Industrie (China, Vietnam u.s.w.). Gerade beim Thema Flüchtlinge und Migranten wird die Verlogenheit der westlichen Führungsmacht Deutschland innerhalb der Europäischen Union (EU) schlaglichtartig deutlich.

Menschenrechte bei jeder Gelegenheit im Munde führend, Willkommenskultur propagieren, aber andererseits über FRONTEX (Europäischer Grenzschutz) die Flüchtlinge über das Mittelmeer nicht nur „abzuwehren“, Seenot-Rettungsschiffe die Anlandung in Italien, Malta, Spanien zu verweigern, auch das Ertrinken im Meer („absaufen“) billigend in Kauf zu nehmen. Dann werden die lebensrettenden Kapitäne der Seenot-Rettungsschiffe noch juristisch verfolgt. Das ist die Europäische Union. Von Ungarns Orban mit seiner „Mauer“ aus NATO-Zaun und Stacheldraht rede ich hier einmal nicht.

Bochum - Alleestraße144 14 ies.jpg

Infrastruktur-Krise

Die Infrastruktur in Deutschland ist so marode, das diese Tatsache im Laufe der Jahre bundesweit durch Medienveröffentlichungen bekannt wurden. Marode Schulen, marode Straßen und Gehwege, marode Brücken, die Privatisierung von öffentlichen Aufgaben und Funktionen fordert ihren Tribut. Die Straßen werden geflickt (ausgebessert) und teilweise werden die anwohnenden Hauseigentümer noch zu erheblichen, fast existenz-gefährdenden Zahlungen gezwungen.Die Leidtragenden sind die Bürger Innen, ob Alte oder Junge. Die privaten Profiteure machen sich einen „schlanken Fuß“. Es sind nicht nur die sogenannten „abgehängten Regionen“, Lese auch Es sind die Folgen der Privatisierungen und der sogenannten „Schwarzen Null“ (Schuldenbremse, Grundgesetz geändert !!! von CDU-CSU-SPD).

Lebensmittel-Krise und Fleischproduktions-Krise am Beispiel Tönnies

Die Fleischproduzenten machen munter weiter. Die unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen (Wohnverhältnisse) hat man ausführlich im TV gesehen. Auch hier zeigt der Kapitalismus seine häßliche Fratze. Ausbeutung hoch zehn Das Arbeitsschutzkontrollgesetz, von Arbeitsminister Heil (SPD) eingebracht, soll die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie verbessern. Alles nur heiße Luft. Die Union blockiere die Gesetzespläne lamentiert die SPD. Was von sogenannten Kontroll-Gesetzen in Deutschland zu halten ist, haben die Bürger Innen schon oft in Fernseh-Sendungen Monitor, Kontraste u.s.w. sehen und hören können. Freiwillige „Selbstkontrolle“ ist das Stichwort der Politik in Berlin und Brüssel. Die Union ist aber doch der SPD-Partner in der Regierung !?! Also was denn???
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-10/arbeitsbedingungen-fleischindustrie-gesetz-arbeitskontrollgesetz-spd-cdu

Was von sogenannten Kontroll-Gesetzen in Deutschland zu halten ist, haben die Bürger Innen schon oft in Fernseh-Sendungen Monitor, Kontraste u.s.w. sehen und hören können. Freiwillige „Selbstkontrolle“ ist das Stichwort der Politik in Berlin und Brüssel.

Pflegekräfte-Krise und Erzieher Innen-Krise. Die Pfleger Innen in den Altenheimen, in den Krankenhäusern, auf den Intensiv-Stationen sind am Ende ihrer Kräfte und warten immer noch auf staatliche Unterstützung durch die zuständigen Minister von CDU und SPD.

Den Erzieher Innen geht es nicht viel anders.

Hartz IV – Empfänger müssen immer noch an die Tafel um die völlig unzureichenden Regelsätze (Lebenshaltungskosten) etwas „auszugleichen“, obwohl durch die Pandemie viele Tafeln geschlossen sind. Die Politiker Innen machen sich Gedanken, wie dieser Personenkreis die FFP2-Masken bezahlen kann. Zynisch wenn man weiß, das ein Hartz IV-Empfänger am sozialen Leben gar nicht teilnehmen kann und die meiste Zeit isoliert Zuhause sitzen muss.

Normal-Rentner

sind in immer größerem Ausmaß die Verlierer, insbesondere die Mütter, die potenzielle Steuerzahler großgezogen haben. Flaschen sammeln wurde für viele Hartz IV – Sozialhilfe-Empfänger und Klein-Rentner zu einem „Vollzeit-Job“. Wehe, man wird von den „falschen“ Leute gesehen, dann passiert es sogar, dass das Pfandgeld zur Einnahme erklärt und vom Hartz IV-Satz (Regelsatz) abgezogen wird.

Das Gesundheits-System

ist chronisch überlastet. Kein Wunder, wenn Krankenhäuser jahrelang von CDU und SPD geschlossen oder privatisiert wurden und „rentabel“ sein müssen. Die Krankenkassen-Beiträge werden immer teurer und vieles muss manin der Apotheke selbst bezahlen. Die „Schere“ zwischen Reich (Privatversichert) und Arm (Sozialversichert) wird auch im Krankenversicherungs- und Pflegebereich immer größer.

Die minderwertigen Lebensmittel

die es in allen Supermärkten in Hülle und Fülle zu kaufen gibt, machen mittel- und langfristig krank. Die Inhaltsstoffe sind kaum zu erahnen, weil viel zu klein gedruckt. Um das Gedruckte zu verstehen, muss man ein Chemiestudium absolviert haben. Ebenso verschleiernd sind die neuen „Tierwohl“-Kennzeichnungen. Gerade heute war die ZDF-Sendung Kontrollverlust – Wer prüft unsere Lebensmittel?

https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-kontrollverlust—wer-prueft-unsere-lebensmittel-100.html zu hören und sehen.

Die Greta !

Greta Thunberg urges MEPs to show climate leadership (49618310531).jpg

Das ehemals kleine Mädchen saß einst ganz alleine auf die Straße ihrer schwedischen Hauptstadt Stockholm und damit letztlich etwas ausgelöst und damit mehr bewirkt, als die ganze Weltpolitik in 25 Jahren. „Unsere“ Politiker setzen auf das falsche Pferd. Impfstoffe gegen das gefährliche Corona – Virus ist der Frau Merkel zu teuer. Sie lässt das billigere Produkt bestellen, mit dem „Erfolg“, dass jetzt zu wenig Impfstoff geliefert wird.

Geht die Impfstoff-Krise so weiter,

braucht sich die deutsche Regierung keine Gedanken mehr machen, ob sehr viele von uns am Corona-Virus sterben oder an den Folgen der unaufhaltsamen Klimaerwärmung und der dadurch folgenden Klima-Katastrophe zu Grunde gehen. Hinter jeder Fassade bröckelt es.. Es würde mich wundern, wenn es „unseren“ Politikern wirklich um die sogenannten „Hochbetagten“ geht, da die Regierenden die letzten 20 Jahre, den von der Regierung Schröder (SPD) – Fischer (GRÜNE) begonnen Sozialabbau ständig fortgeführt haben. Ich verstehe auch die Menschen nicht, dass sie sich so wahnsinnig in ihrer Freiheit erst jetzt beraubt oder eingeschränkt fühlen. Mich hat das Arbeitsamt zu einem sogenannten „Solo-Selbständigen“ erklärt. Seit Jahren tue ich nichts anderes wie arbeiten, essen ,duschen, schlafen, um den Mietwucher noch bezahlen zu können. Das hat herzlich wenig mit der Corona-Krise zu tun, aber dann könnte ich sagen: Ich lebe seit Jahren in einer Pandemie. In der Pandemie der letzten 20 Jahre. Wo sind unsere Grundrechte geblieben? Darf ich noch atmen? Die Demokratie die seit Neuestem so verteidigt wird, sollte umgewandelt werden in eine direkte Demokratie! Damit die Politiker nicht mehr vergessen, dass sie Stellvertreter des Volkes sein sollen. Es muss endlich Schluss sein, mit dieser unmenschlichen Politik. Frau Merkel muß aufhören uns allen eine DDR 2.0 aufstülpen zu wollen und das Corona-Virus für alle Krisen verantwortlich zu machen.

Viele Grüße aus dem Exil

Mobile Friseurmeisterin aus dem Arbeitsverbot

Anja Turkovic

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Grafikquellen    :

Oben        —       Masken vom Maskenbrunnen (Flensburg 2014-10-28), Bild 02

Author Soenke Rahn     /      Soirce      —     Own work

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2.) von Oben      —       Graffiti „Destroy Capitalism!“ auf einer Fabrikmauer

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Ist das noch links :

Erstellt von Redaktion am 5. Februar 2021

„Gegen die derzeitige #Corona-Politik“

Quelle       :      Scharf  —   Links

von Detlef Georgia Schulze

#ZeroCovid mobilisiert für „diesen Freitag (05.02.)“ zu digitalen und Straßen-Protesten „gegen die derzeitige #Corona-Politik“ (https://twitter.com/zeroCovid_DACH/status/1356994250676842499). Kann das richtig sein – wo diese Politik doch gerade unter massivem Druck von rechts steht (nicht nur seitens AfD und FDP, sondern – anders als die Flüchtlingspolitik 2015 – auch seitens relevanter Teile des Kapitals)?

Würden nicht auch die tatsächlichen Forderungen von #ZeroCovid (jedenfalls soweit sie konkretisiert und nicht nur vage Floskeln sind) vielmehr dafür sprechen, den Pro­test unter die Überschrift „Für Infektionsschutz, der die Erwerbsarbeit nicht ausspart“ oder „Gegen Verminderung des Infektionsschutzes im Kapital-Interesse“ zu stellen? Zwar heißt es in dem Folge-Tweet von ZeroCovid halbwegs zutreffend: „Die bisherige Lockdownstrategie der Regierung tut so, als seien alleine unsere Kontakte im Privatle­ben schuld an der Verbreitung von #COVID19. Gleichzeitig bleiben Betriebe offen, #HomeOffice wird nicht konsequent umgesetzt, ÖPNV und Kitas sind viel zu voll.“

Aber:

  • Zum einen übertreibt, den Regierungen die Auffassung zu unterstellen, es „seien alleine unsere Kontakte im Privatleben schuld an der Verbreitung von #CO­VID19“ (meine Hv.). Es gibt ja inzwischen wieder Geschäfts- und Schulschlie­ßungen, es gibt Arbeitsschutzmaßnahmen und es gibt seit kurzem Verbesserun­gen bezüglich Home Office. Das mag als unzureichend kritisiert werden, und es ändert auch nichts daran, daß die Pandemie-Bekämpfung auf die „‚Freizeit‘ – und jene Sektoren der Wirtschaft, die damit unmittelbar zusammenhängen“konzentriert ist – aber sie ist auf diesen Bereich nicht reduziert.

Es ist ein hilfloser Versuch, in den trüben Gewässern des Populismus zu fi­schen, wenn die Regierungspolitik nicht für ihre tatsächlichen (fachlichen) Fehler und (politischen) Fehlorientierung kritisiert, sondern schwärzer gemalt wird als sie ist: „Es bedarf einer Analyse des Kapitalismus statt der vielfach üblichen Schwarz-Weiß-Malerei. Wer die kapitalistischen Gesellschaften schwärzer macht, als sie sind – meistens um sich und andere zu agitieren –, macht sie da­durch nur stärker. Die ‚Stärken‘ denen er seine Massenloyaliät verdankt müssen mitthematisiert werden, weil sie sonst gegen uns – die Kritiker – funktionieren.“[1]

  • Zum anderen impliziert die Formulierung „gegen die derzeitige #Corona-Politik“ das Risiko, daß Leute (insbesondere oberflächliche LeserInnen, die nur den An­fang des Threads, aber nicht die Folge-Tweets lesen) die vermutlich nicht einge­laden sind – m.E. jedenfalls nicht eingeladen sein sollten –, sich sehr wohl ein­geladen fühlen. „[G]egen die derzeitige #Corona-Politik“ sind (auch) AfD, FDP, Streeck und KonsortInnen.

Ein weiteres Problem kommt hinzu – in einem weiteren Tweet des Threads heißt es: „Wir wollen die Aufmerksamkeit auf noch laufende systemirrelevante Betriebe, leere Hotels oder andere Orte die für unsolidarische Pandemiebekämpfung stehen, lenken! Sperrt die Orte symbolisch ab, malt Plakate, lasst Slogans mit Sprühkreide da, lasst Banner droppen!“

Zwar spricht nichts dagegen, sondern alles dafür, mittels Sprühkreide und Plakaten die Öffnung von leerstehenden Hotels zur Unterbringung von Obdachlosen und Menschen aus aufzulösenden, beengten Gemeinschaftsunterkünften zu fordern.[2]

Problematisch ist dagegen, in „noch laufende systemirrelevante Betriebe“ von außen zu intervenieren und sie – wenn auch nur symbolisch – abzusperren, wenn die dorti­gen Beschäftigten selbst gar keine Produktionseinstellung fordern. Der Unterschied zwischen der Verteilung eines Flugblattes – die auch sinnvoll sein kann, wenn sie durch Betriebs-Externe erfolgt – und einer (wenn auch nur symbolischen) Absperrung des Betriebes durch Externe bedeutet in diesem Zusammenhang einen Unterschied ums Ganze.

Hier spielt der – bereits bei früherer Gelegenheit kritisierte – Umstand eine Rolle, daß die ZeroCovid-Petition nicht den tatsächlichen Bewußtseinsstand der Lohnabhängigen in der BRD reflektiert[3]. Zwar zeigen verschiedene Meinungsumfragen, daß relevante Teile der Bevölkerung – darunter sicherlich auch Lohnabhängige – für eine Verstär­kung des Infektionsschutzes sind[4]. Dies erlaubt aber nicht den Schluß, daß alle diese Menschen – die von mir geteilte – ZeroCovid-Forderung, „die gesellschaftlich nicht dringend erforderlichen Bereiche der Wirtschaft […] still[zu]legen“, für richtig halten. Vielmehr dürften darunter auch eine ganze Reihe von Leuten sein, die statt dessen für stärkere Einschränkungen im privaten Bereich bzw. die stärkere polizeiliche Durchset­zung der ohnehin schon geltenden Regeln sind.

Angesichts des irgendwo zwischen SozialpartnerInnenschaft und Ko-Management schwankenden Bewußtseinsstandes der meisten Lohnabhängigen dürften viele von ih­nen in der Tat eher zu Beschränkungen im Freizeit-Bereich als zur Gefährdung ihres bescheidenden Wohlstands durch Betriebsstillegungen im Interesse des Infektions­schutzes bereit sein. Und dieser Bewußtseinsstand ist – zumal im vorliegenden Fall – (anders als spät-68er Frankfurter Schule-Fans und lukácsianische MarxistInnen sagen würden) auch nicht nur „falsches“ oder „verdinglichtes Bewußtsein“. Er hat seine mate­rielle Grundlage in der Banalität, daß nur das konsumiert werden kann, was vorher produziert wurde: „Wie der Wilde mit der Natur ringen muß, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muß es der Zivilisier­te, und er muß es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktions­weisen. […]. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehn, daß der vergesell­schaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Na­tur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den, ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn. Aber es bleibt dies immer ein Reich der Notwendigkeit.“ (MEW 25, 838 – Das Kapital. Dritter Band ? MEGA II.15, 794 f.)

Theater District, New York, NY, USA - panoramio (10).jpg

Dies schließt temporäre Produktionseinstellungen zum Zwecke des Infektionsschutzes zwar nicht aus[5], aber macht sie – auch für die Lohnabhängigen – zunächst einmal kontraintuitiv.

In dem Zusammenhang ist noch einmal an den Unterschied zwischen einem üblichen Streik und der Forderung nach Betriebsstillegungen für den Infektionsschutz zu erin­nern:

  • Beim üblichen Streik ist die temporäre Betriebsstillegung das (Druck)mittel zum Zweck, bei Wiederaufnahme der Arbeit besser bezahlt zu werden oder mehr Ur­laub zu bekommen o.ä.
  • Im vorliegenden Fall soll die Arbeit zwar nach der Pandemie auch wieder aufge­nommen werden; aber Infektionsschutz liegt hier schon in der Betriebsstillegung selbst – und ist nicht etwas erst nachträglich Hinzukommendes. Die Betriebs­stillegung durch Streik wäre im vorliegenden Fall nicht Mittel zum Zweck, son­dern der Infektionsschutz würde unmittelbar durch Nicht-Erscheinen am Arbeits­platz realisiert. Hinzukommen sollte m.E. zwar während der Betriebsstillegung eine Lohnfortzahlung[6](in der ZeroCovid-Petition heißt es dagegen nur vage und klassen-indifferent: „Menschen können nur zu Hause bleiben, wenn sie finanziell abgesichert sind. Deshalb ist ein umfassendes Rettungspaket für alle nötig.“ [meine Hv.])

Letzteres verweist nun aber auf das spezifische Durchsetzungsproblem in Bezug auf die Lohnfortzahlung – der Tausch „Arbeitsaufnahme gegen Lohnfortzahlung“ wäre ja im vorliegenden Falle sinnlos[7]. Statt „noch laufende systemirrelevante Betriebe“ durch Betrieb-Externe symbolisch abzusperren, müßte daher eher der – wenn auch von Li­beralen und AnarchistInnen viel geschmähte[8] – Staat der Adressat der Forderung sein, Lohnfortzahlung bei infektionsschutz-bedingten Betriebsstillegungen anzuordnen[9].

Zwar stören sich auch KommunistInnen an der Staatsform überhaupt und am bürgerli­chen Staat insbesondere – aber sie wissen auch, daß die Staatsform unter herrschaft­lichen und ausbeuterischen Bedingungen eine historisch-transitorische Notwendigkeit ist[10] – und sind sich daher auch nicht zu schade, Forderungen an den Staat zu richten[11].

Zu kritisieren ist die ZeroCovid-Initiative also nicht, weil sie Forderungen an den Staat richtet, sondern weil sie deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben scheint – und vielleicht deshalb meint, ihre Forderungen möglichst unkonkret formulieren und mit blu­mig-euphorischer Bewegungsrhetorik garnieren zu sollen.

Zu kritisieren ist, wenn betriebs-externe Linke „noch laufende systemirrelevante Betrie­be“ (wenn auch nur symbolisch) absperren wollen, statt sich auf Protest vor den (oder meinetwegen auch: in den) Büros der

  • Lobbyorganisationen des Kapitals,
  • deren akademischen IdeologInnen, die – statt Wissenschaft zu betreiben – PR-BeraterInnen engagieren, um ihre „Lockerungs“-Ideologie viaBild-Zeitung und anderen Tröten zu verbreiten,

und

  • den Arbeitsministerien und Parlamenten, von denen die Anordnung von Lohn­fortzahlung für infektionsschutz-dienliche Arbeitseinstellungen zu verlangen ist,

zu konzentrieren.

[1] „Das Dumme bei Euch ist, daß Ihr Haltungen ‚belohnt‘, die absolut substanzlos sein können, wenn sie Euch in Euren gedankenlosen Wünschen entgegen kommen.“ PROWO-Interview mit Michael Stamm (PDS), in: PROWO. Projekt Wochenzeitung Nr. 8, 23.11.1990, 8 – 9 (8).

[2] Vgl.

  • einerseits (etwas vage): „Die Menschen, die von den Auswirkungen des Shutdowns besonders hart be­troffen sind, werden besonders unterstützt – wie Menschen mit niedrigen Einkommen, in beengten Wohn­verhältnissen, in einem gewalttätigen Umfeld, Obdachlose. Sammelunterkünfte müssen aufgelöst, ge­flüchtete Menschen dezentral untergebracht werden.“ (https://weact.campact.de/petitions/zerocovid-fur-einen-solidarischen-europaischen-shutdown)

und

  • andererseits (konkreter): „fordern wir sofort: […]; 7. die Sammelunterkünfte für Geflüchtete aufzulösen und Rest-Freiheitsstrafen von weniger als einem halben Jahr zu amnestieren; 8. die Beschlagnahmung leerstehender Hotels und Ferienwohnungen, um zügig Geflüchtete und Strafentlassene mit mehr Platz pro Person unterbringen zu können und Infizierten und eventuell Infizierten – auf Wunsch – ermöglichen zu können, sich getrennt von ihren Haushaltsangehörigen in Quarantäne begeben zu können, sodaß letz­tere nicht gefährdet werden; […]“ (https://weact.campact.de/petitions/dem-gesundheitsschutz-vorrang-geben-betriebe-schliessen-spaziergangsverbote-ad-acta-legen).

[3] http://www.trend.infopartisan.net/trd0121/Preis_d_Popularisierung_I_II.pdf, S. 7, 11 (FN 9 am Ende), 12 unten / 13 oben.

[4] „Anfang Dezember erklärten im ARD-Deutschlandtrend nur 16 Prozent der Befragten, sie seien für eine Ver­schärfung der Corona-Maßnahmen, Anfang Januar waren es bereits 30 Prozent. Eine YouGov-Befragung vom 15. bis 18. Januar mit einer sehr ähnlichen Fragestellung zeigt: 40 Prozent sind für eine Verschärfung“ (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1147228.zerocovid-mit-zerocovid-kann-die-linke-in-die-offensive-gehen.html).

[5] Dafür muß allerdings zunächst einmal die Kurzsichtigkeit überwunden werden, die übersieht, daß das Aufschie­ben von Lockdowns die Pandemie-Bekämpfung nur schwierig macht und damit am Ende auch den ökonomischen Schaden nur vergrößert.

[6] „fordern wir sofort:

  1. die Schließung aller Produktionsstätten und ähnlichen Betriebe, in denen nicht für den täglichen Bedarf gearbei­tet wird;
  2. die Verpflichtung der Unternehmen zur Lohnfortzahlung (im Falle des Konkurses der Unternehmen hat eine staatliche Entschädigung an Stelle der Lohnfortzahlung zu treten); […].“ (https://weact.campact.de/petitions/dem-gesundheitsschutz-vorrang-geben-betriebe-schliessen-spaziergangsverbote-ad-acta-legen)

[7] Die vorliegende Konstellation ist auch eine andere als sie im Fall eines Streiks von gesunden Beschäftigten für (längere) Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestünde. Im letzteren Falle wird – im Erfolgsfalle – die Lohnfortzah­lung nicht für den aktuellen Streik gezahlt, sondern im späteren eventuellen Krankheitsfall.

Lohnabhängige, die dagegen erst im Krankheitsfalle – d.h.: wenn sie eh nicht arbeiten können – für Lohnfortzah­lung ‚streiken‘ würden, hätten dagegen ziemlich schlechte Karten.

[8] Siehe

sowie

  • speziell zur These, die ZeroCovid-Initiative sei „autoritär“ https://twitter.com/HohoholdenK/status/1356600491950682119 ff.: „Linke, die @ZeroCovid_DACH als au­toritär angreifen, fallen auf den ideologisch verkürzten Freiheitsbegriff der Liberalen herein. […]. Alle Maß­nahmen des Staates sind als solche autoritär. Eine Erhöhung des Hartz4-Satzes auf 2000€ wäre es ge­nauso wie seine Halbierung; eine Ausbau des Gesundheitswesen genauso wie seine völlige Abschaffung. Die Forderungen von #ZeroCovid abzulehnen, weil sie autoritär sind, bedeutet, keinen Unterschied zu machen zwischen ihrem (lebenrettenden, solidarischen) Inhalt und ihrer (autoritären) Form. Wer so argu­mentiert, verkürzt den Begriff der Freiheit auf die Abwesenheit staatlicher Reglementation und blendet die gesellschaftliche Macht der herrschenden Klasse aus, die in vielem ganz ohne den Staat auskommt. Libe­rale tun das, weil die Reduktion staatlichen Handelns die Macht der Kapitalisten vermehren kann – näm­lich dann, wenn der Abbau von Regulierung Hindernisse, die der Entfaltung dieser Macht im Weg stehen, beseitigt. Freiheit in ihrem Sinne bedeutet einfach: mehr Macht für die ohnehin schon Mächtigen. Natür­lich bedienen staatliche Maßnahmen für gewöhnlich Kapitalinteressen. Wie man an der permanenten libe­ralen Forderung nach „weniger Staat“ sieht, können sie sie aber auch beschneiden. Alle Forderungen von #Zerocovid richten sich gegen die Interessen der herrschenden Kapitalfraktionen und der vorherrschen­den Politik. Ihre gleichwohl selbst autoritäre Umsetzung würde deshalb die Macht des Kapitals und damit auch die Grundlage des autoritären Staates aushöhlen. Linke, die sie als autoritär angreifen, fallen auf den absichtsvoll, ideologisch verkürzten Freiheitsbegriff der Liberalen herein.“ (Einzelne Stellen würde ich meinerseits etwas anders formulieren; aber grundsätzlich stimme ich zu.)

[9] Realistischerweise dürfte davon auszugehen sein, daß ein Staat, dem ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bei in­fektionsschutz-bedingten Betriebsstillegungen abgerungen werden kann, – ähnlich wie in Italien im Frühjahr (s. unten) – auch gleich eine Liste der vorläufig zu schließenden Betriebe festlegen würde. Ergänzend könnte aber – quasi analog zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen (Art. 12a Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) – auch ein individuelles Recht auf Arbeitsverweigerung (bei Lohnfortzahlung) aus Infektionsschutz­gründen gefordert werden.

Vgl. zu Italien

  • Thomas Sablowski, Autos bauen, Menschen opfern? Eine Kritik der deutschen Coronapolitikhttps://kommunisten.de/rubriken/meinungen/8098-zerocovid-pro-kontra-teil-2: „In Italien hat die Regierung im Frühjahr 2020 anhand der Klassifikation der Wirtschaftszweige einfach dekretiert, welche Betriebe schließen müssen. Das war natürlich kein wirtschaftsdemokratischer Prozess. Wären die Entscheidungen auf der Basis betrieblicher, demokratischer Diskussionen von unten getroffen worden, so wäre sicherlich eine viel feingliedrigere Schließung von Betrieben möglich gewesen. Das Regierungshandeln war demge­genüber relativ grob, aber es erwies sich auch als praktikabel.“ (Ich würde meinerseits den Akzent darauf setzen, daß auch eine solche Regierungsliste „praktikabel“ ist. Die Forderung nach „Wirtschaftsdemokra­tie“ ist dagegen zum einen eh mißverständlich [August Thalheimer, Über die sogenannte Wirtschaftsde­mokratiehttps://archiv.arbeiterpolitik.de/Broschueren/Ueber%20die%20sogenannte%20Wirtschaftsdemokratie.pdf]; zum anderen ist sie in der BRD – auch in den meisten Betrieben in Italien – heute eine Forderung jenseits von Zeit und Raum.)

sowie

[10] „Die marxistische These lautet: weil die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse Ausbeutungs- und antago­nistische Verhältnisse, ist ein bestimmtes Organ, der Staat, zu ihrer Reproduktion notwendig; […].“ / „The Marxist thesis says: it is because the social relations of production are relations of exploitation and antagonism that a spe­cial organ, the State, is necessary for their reproduction; […]“ (Étienne Balibar, Über die Diktatur des Proletariats. Mit Dokumenten des 22. Parteitages der KPF [Reihe Positionen 2 hrsg. von Peter Schöttler], VSA: Hamburg/Westberlin [frz. Originalausgabe: Paris, Maspero, 1976], S. 52; engl.: http://www.marx2mao.com/Other/ODP77ii.html, page 75)

[11] Wichtig ist nur beim Stellen von Forderungen an den Staat den Unterschied zwischen Reformen und Revoluti­on nicht zu verwischen: „Die Sozialisten“ (gemeint: Die KommunistInnen [*]) „verzichten keineswegs auf den Kampf für die Durchführung von Reformen. […]. Es ist aber ein bloßer bürgerlicher Betrug, wenn man Reformen predigt für Fragen, die die Geschichte und die ganze politische Situation nur als durch die Revolution zu lösende stempelt.“ (LW 22, 172 – 183 [175] – Vorschläge des Zentralkomitees der SDAPR an die zweite Sozialistische Konferenz)

[*] Der zitierte Text wurde vor der Gründung der Kommunistischen Internationale geschrieben – und damit auch, bevor sich eine konsequente begriffliche Differenzierung zwischen SozialdemokratInnen/SozialistInnen einerseits und KommunistInnen andererseits durchsetzte.

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Oben      —      Photos taken during the 2020 coronavirus pandemic in Baliuag, Bulacan Timeline of the 2020 coronavirus pandemic in the Philippines 2020 coronavirus pandemic in the Philippines Bayanihan to Heal as One Act (RA 11469) Bayanihan Act of 2020. Signed on March 24, 2020 7,958 Covid-19 cases in Philippines April 28; 12,933 as of May 19, 2020; 14,669 Covid-19 cases in Philippines May 26; 886 deaths; Covid-19 cases in Philippines June 2 – 18,997 and 966 deathsJune 23 1,150 single-day rise in COVID-19 cases; total now 31,825; June 25- 32, 295, 1,104 deaths; June 26- 33, 069, 1,112 deaths; June 27 Confirmed 34,073 Recovered 9,182 Deaths 1,124; June 28 35,455 Deaths 1,244 June 29 Confirmed 36,438 and 1,255 deaths June 30 – 37,514 COVID cases Category:Sitios and puroks of the Philippines Subdivisions of the Philippines Barangay Poblacion 14°57’17″N 120°54’2″E, Bagong Nayon and Pagala, Baliuag, BulacanBulacan province (Note: Judge Florentino Floro, the owner, to repeat, Donor FlorentinoFloro of all these photos hereby donate gratuitously, freely and unconditionally Judge Floro all these photos to and for Wikimedia Commons, exclusively, for public use of the public domain, and again without any condition whatsoever).

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Die Corona-Zentrifuge

Erstellt von Redaktion am 31. Januar 2021

Corona Krawalle in den Niederlanden

Marechaussee ingezet bij heftige avondklokrellen.jpg

Von Tobias Müller

Die Gewalt in den Niederlanden offenbart Bruchlinien einer Gesellschaft, die in der Pandemie drastisch zutage treten.

Dass sich in einer Krise wie dieser bestimmte Probleme potenzieren, etwa die Verschlankung des öffentlichen Gesundheitssektors, haben die letzten Monaten überall gezeigt. In den Niederlanden, wo man ums Millennium herum besonders lautstark das Credo „Mehr Markteffekt im Pflegebereich“ anstimmte und nicht lange vor dem Ausbruch der Coronaviruse noch unrentable Kliniken geschlossen wurden, wird dies in der Pandemie besonders deutlich.

Die aktuelle Zuspitzung der Lage im Nachbarland – Querfront-Tendenzen, sich radikalisierende Proteste gegen coronabedingte Maßnahmen und die Welle nihilistischer Zerstörung zu Wochenbeginn – offenbart die Bruchlinien einer Gesellschaft, die unter dem Druck von elf Monaten nieuw normaal“ (der „neuen Normalität“) besonders drastisch zutage treten.

Umfang und Eigendynamik der jüngsten Gewaltausbrüche verstellen den Blick darauf, dass diese vor genau einer Woche ihren Anfang in Urk nahmen. Das winzige Fischerstädtchen am IJsselmeer, streng calvinistisch und konsequent gegen die EU eingestellt, ist geprägt von der Mentalität, sich gegen die feindliche Außenwelt behaupten zu müssen. Schon länger gibt es hier Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei, zuletzt als wegen der Coronakrise das Feuerwerk verboten wurde.

Die derzeitigen Spannungen in den Niederlanden sind nicht zuletzt eine Revolte der Peripherie. So fügen sich die Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen ins Muster der jüngsten Proteste ein, die ebenfalls vom platteland kommen oder dort stark unterstützt werden: Bauernbewegung, Gelbwesten, Klimawandelleugner. Es gibt nicht nur personelle Schnittmengen, sondern auch solche in Inhalt und Symbolik: die umgedrehte Landesfahne, die in der Seefahrt einst „Blau-Weiß-Rot, Schiff in Not“ bedeutete und heute eine Notlage des Landes ausdrücken soll, die feindliche Einstellung zu Medien, der Hang zum Komplottdenken.

Bijstand KMAR Eindhoven januari 2021 01.jpg

Das Zerstören, Plündern und die Attacken auf Polizisten in dieser Woche wiederum schließen an zahlreiche Vorfälle der vergangenen Jahre an, bei denen auch Feuerwehrleute oder Sanitäter von Jugendlichen angegriffen wurden. Die Symbolik einer, Uniform, egal welcher, ist dabei offenbar Anlass genug, um ins Visier zu geraten. Ein simples Reaktionsschema, doch Ausdruck einer tiefen Entfremdung zwischen dem Staat und einem Teil seiner zivilen Bevölkerung..

Quelle     :        TAZ        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben     —   De Koninklijke Marechaussee moest deze week vol aan de bak voor bijstand aan de politie bij het handhaven van de openbare orde, naar aanleiding van de avondklokrellen. Sinds het verbod zaterdag inging, werden de bijstandseenheden (BE) ingezet in vrijwel het hele land.

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Unten      —       De Koninklijke Marechaussee heeft deze week elke avond/nacht bijstand geleverd aan de politie voor het handhaven van de openbare orde. Sinds het ingaan van de avondklok stonden elke avond maar liefst 85 marechaussees van de Landelijke Bijstandsorganisatie (LBO) paraat om de politie bij te staan bij onlusten of overige handhaving van de avondklok. Meestal was hun robuuste aanwezigheid al voldoende om de rust te doen wederkeren, maar soms moesten ze daadwerkelijk ingrijpen. Zoals in Eindhoven, waar het er hevig aan toe ging. “Eindhoven leek een war zone.”

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Zum Jahreswechsel 2021

Erstellt von Redaktion am 1. Januar 2021

EIN FROHES NEUES JAHR

New Year 2014 celebration at the Warsaw National Stadium 6.JPG

wünschen wir allen  Mitmachern- und Lesern-Innen

Red.  DL / im Auftrag IE

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Grafikquelle      :        New Year 2014 celebration at the Warsaw National Stadium

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