Böse, Dumme und Gemeine
Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 4. Dezember 2015
Debatte Islamistischer Terror
Georg Seeßlen
Auf dem Planet der Verdammten wird eine Zukunft verhindert, die auf Migration, Freiheit und Solidarität gebaut ist.
Gemeinsam sind sie so unausstehlich wie unbezwingbar: Die skrupellosen Karrieristen und Geldmenschen, die „Gewinner“ des stylishen Neoliberalismus, die nach Mord und Terror geifernden Neofaschisten, die hassbesoffenen Pegida-Marschierer und die blödsinnig vor ihren Fernsehern und Klatschblättern hängenden Schnäppchenjäger, nach Sensation und Idylle hungernden Gaga-Konsumenten.
Normalerweise haben die drei nicht sonderlich viel miteinander zu tun, abgesehen davon, dass jeder von ihnen in der anderen Hälfte seines Lebens einer von den jeweils anderen sein kann.
Wenn die einen als „besorgte Bürger“ auf die Straße gehen (oder auf die Straße gehen lassen), erzeugen sie das Klima, das schlecht für Menschen und gut für Investitionen ist; wenn die anderen wegen ein paar Steuerhinterziehungen oder Betrugsmanövern ein paar öffentliche Tränen vergießen, machen sie deutlich, was man sich hier eigentlich in die Tasche stopfen könnte, wenn man nur skrupellos genug wäre; wenn die Dritten zwischen Kätzchenvideos, Helene Fischer und Castingshows hin und her zappen, sichern sie die Prekarisierung der Arbeitsplätze in der Sinnindustrie und verhindern, dass „Kultur“ eine Option für Restistance wäre.
Es ist ein Planet der Verdammten, auf dem „Hunger Games“ die adäquate Unterhaltung sind. Kleiner, schäbiger, heldenloser als im Kino allerdings.
Aber wissen die Dummen, dass sie nur so dumm leben dürfen, weil sie dabei von den Gemeinen gefüttert und gemolken werden? Wissen die Gemeinen, dass sie nur so lange ihren Gelddrogenrausch leben können, solange die Bösen die Gedanken an Gerechtigkeit und Ausgleich verhindern und die Kräfte der Opposition binden oder lähmen? Und wissen die Gemeinen, wie sehr sie in die Krise geraten müssten, wenn sie nicht mehr von den Dummen (den immer nachwachsenden) unterstützt und gefüttert würden? Und die Bösen? Wissen sie, dass sie ein Instrument für die Gemeinen sind, das bei Bedarf auch wieder abgelegt oderumgebaut wird?
Trialektische Einheit
Etwas steht fest für alle, die nicht zu den Dummen, den Bösen und den Gemeinen gehören wollen: dass man sich nur zur Wehr setzen kann, wenn man die trialektische Einheit darin sieht. Und wer glaubt, sich mit den einen gegen die anderen verbünden zu können, verschiebt allenfalls Akzente.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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