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Bankenlobby wetzt Messer

Erstellt von Redaktion am Freitag 14. April 2023

Licht ins Dunkel bringt nur eine UBS/CS-PUK

Quelle      :        INFOsperber CH.

Urs Schnell /   

Der Nationalrat hat die Staatsgarantien abgelehnt. Das bleibt wirkungslos. Die eigentliche Arbeit für das Parlament fängt erst an.

Einer der zentralen Punkte nach der Übernahme der CS durch die UBS ist die Frage, was die CS noch wert ist. Und wie sich der Zustand der CS auf die UBS auswirken wird. Wüsste die Öffentlichkeit mehr darüber, könnte seriöser über die Too-big-to-fail-Problematik diskutiert werden. Die UBS ist gegenwärtig daran, mit internen und wohl auch externen Prüfstellen rasch Antworten zu finden. In der Öffentlichkeit hört man nichts darüber.

Einer der Schwerpunkte ist die Beurteilung der Derivate, in denen die CS engagiert ist. Infosperber hat in einer Artikelreihe auf die Bedeutung dieser Papiere hingewiesen. Gemäss Finanzprofessor Marc Chesney belief sich der Nominalwert der Derivate bei Credit Suisse im Jahr 2017 auf 29,9 Billionen Franken. Diese Zahl überstieg das Bruttoinlandprodukt der Schweiz um das 36-Fache.

Dieser Wert oder Unwert der CS-Derivate bildet eines der grossen Risiken, welches der Bund mit seiner Staatsgarantie von 109 Milliarden Franken abdecken muss. Wieweit sich Bundesstellen Einblick in die Prüfung der CS gesichert haben, ist nicht bekannt.

Die Analyse ist eine Herkulesaufgabe. Im Wallstreet-Krisenjahr 2008 hatten die US-Behörden für die analytische Arbeit Blackrock beiziehen müssen, den heute grössten Finanzkonzern der Welt. Nur mithilfe von Blackrock-Topteams waren die US-Behörden imstande, Rettungspläne für die fallenden Investmentbanken Bear Stearns und Citigroup sowie den Finanzversicherungsgiganten AIG zu zimmern.

Die Grossbanken spekulieren mit hoch abstrakten Produkten im Milliardenbereich. Die Geschäfte sind äussert komplex und verlangen modernste Rechenleistungen. Doch sie sind weitgehend intransparent. Ein grosser Teil des Derivatenhandels haben Grossbanken in Schattenbanken ausgelagert, die ausserhalb der nationalen und internationalen Regulierungsvorschriften spekulieren. Kommt eine Bank ins Trudeln, springt der Staat ein.

Für Bankencrashs wurde in den letzten siebzig Jahren immer irgendwie eine Lösung gefunden. Doch zu welchem Preis? Der letzte Supercrash von 2008 führte zu grossen sozialen Verwerfungen. Viele Länder leiden immer noch darunter.

PUK jetzt

In der Schweiz fragen sich Politik und Wirtschaft nun, ob die neue UBS das Land nicht überfordern wird. Die Ratlosigkeit liest sich zwischen den Zeilen und macht sich bemerkbar auch in Fernsehen. Damit sind wir bei der Frage nach einer PUK.

Ja, eine PUK braucht es. Sie muss die CS wie den toten Körper eines Ertrunkenen sezieren, um herauszufinden, wie die intransparenten Geschäfte liefen. Gerade bei den Derivaten. Und beim CS-Eigenhandel. Eine PUK muss Zugriff auf die Resultate der laufenden Analyse durch die UBS bekommen. Die PUK muss ihre Untersuchungen so weit treiben, dass sie der Öffentlichkeit anschliessend Auskunft geben kann, ob die exorbitanten Spekulationsgeschäfte überhaupt einen volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Oder ob der grösste Teil der Derivategeschäfte – was bereits ziemlich klar ist – nur den Boni-Empfängern und Aktionären nützt.

Umso dringender stellt sich die Frage, wie eine (Gross-)Bank aussehen soll, damit der Staat sie aus der Vollkasko-Haftung entlassen kann.

Die Bankenlobby wetzt die Messer

Bereits wärmt die Bankenlobby das Uralt-Argument des Wettbewerbsnachteils auf und bringt es unter die Leute. Scharfe Regulierungen würden dem Finanzplatz Schweiz schaden. Andere Banken würden in Mitleidenschaft gezogen und und und. Wie nach 2008 in den USA, Grossbritannien, Frankreich oder Deutschland, als sich besorgte Politiker und Politikerinnen (Merkel war auch dabei) einschüchtern liessen und Angst um ihre Bankenplätze bekamen.

Eines der schönsten Lobby-Beispiele dazu ist die über Jahre geführte Durchlöcherung des Dodd-Frank-Acts von 2010 durch die US-Grossbanken. Neue Regulierungen sollten ein «Too big to fail» in der Zukunft verunmöglichen. Der Chef von JP Morgan Chase hatte mehr als ein Dutzend Kongressabgeordnete höchstpersönlich kontaktiert, um das gewünschte Gegensteuer zu geben. Und Citicorp schrieb eine wichtige Passage der vermeintlichen Wall-Street-Gesetzgebung gleich selber um. Dies, nachdem die Bank im Sturm 50 Milliarden an Rettungsgeldern bekommen hatte.

Auch in der EU wurden vor fünfzehn Jahren Hunderte von Milliarden an Steuergeldern in die Rettung angeschlagener Banken gepumpt. Dafür sollten im Gegenzug deren hochspekulative Geschäfte gesetzlich eingeschränkt und besteuert werden. Doch die Finanzlobby verhinderte das Vorhaben weitgehend – dank dem Internationalen Bankenverband IIF unter Vorsitz des Schweizers Josef Ackermann.

Lief es in der Schweiz bisher anders? Nein. Die Parlamentsprotokolle der entsprechenden Debatten in den letzten Jahren können allesamt nachgelesen werden. Besonders peinlich ist die Lektüre für die FDP. Die gegenwärtigen Kommmunikationsverrenkungen passen dazu. Devise: «Möglichst abwarten und nichts überstürzen.»

Die Schweizer Bankenlobby kann sich freuen.

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Grafikquellen        :

Oben      —     Monte Carlo, Monaco 23rd May 2013 Nico Rosberg, Mercedes W04. World Copyright: Charles Coates/LAT Photographic ref: Digital Image _N7T1433

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