Aus tiefschwarzer Hölle
Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 31. März 2017
Sigmund Gottlieb, Chefredakteur des Bayrischen Rundfunks, geht in Rente
Sein zuverlässig erzkonservatives Dahermeinen wird uns fehlen – oder auch nicht.
von Andreas Rüttenauer
Die nächste Flutkatastrophe wird sich gut überlegen, ob sie wirklich kommen soll. Welchen Sinn haben Überschwemmungen noch, wenn sie nicht von Sigmund Gottlieb in einem Brennpunkt gewürdigt werden? Der langjährige Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks geht in Rente. Der Wackeldackel des deutschen Fernsehens mit seiner unverwechselbaren Chow-Chow-Frisur, der immer so schön genickt hat bei jedem Wort, das ihm wichtig war, verlässt den Bildschirm. Es ist ein Jammer.
Gottlieb war es, der die Erinnerung daran wachgehalten hat, aus welch tiefschwarzer Hölle der Bayerische Rundfunk kommt. Seine, nun ja, höflichen Interviews mit CSU-Größen waren wie ein Trip mit der Zeitmaschine in jene Epoche, als der Bayerische Rundfunk noch mit Fug und Recht als öffentlich-rechtlicher Arm der bayerischen Staatsregierung bezeichnet werden durfte. „Ist es nicht so, sehr verehrter Herr Ministerpräsident, dass …“ – Im deutschen Fernsehen gab es keinen besseren Stichwortgeber als Gottlieb.
Auf die Spitze getrieben hat er diese Kunst, als ihm die Ehre zuteil wurde, nach dem Putschversuch in der Türkei für die ARD ein ausführliches Interview mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdoğan führen zu dürfen. Die Säuberung im Justiz- und Bildungswesen war da längst im Gange und die ersten Journalisten aus dem Verkehr gezogen. „Aber müssen Sie nicht dafür sorgen, dass es eine gute Bildung in der Türkei gibt?“ So Fragen halt.
Schon bevor das Interview ausgestrahlt wurde, meinten nicht wenige, bei der Meldung, Sigmund Gottlieb werde dem türkischen Präsidenten auf den Zahn fühlen, könne es sich nur um einen schlechten Scherz handeln. Irgendwie war es dann ja auch einer. Der Gottlieb hat gemacht, was er eben kann. Wir haben sehr gelacht. Und da war sie wieder, die Erinnerung an den liebedienerischen bayerischen Propagandakanal. Alte Schule eben.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle : Studio Unterföhring des Bayerischen Rundfunks in Unterföhring, Landkreis München, Regierungsbezirk Oberbayern, Bayern.
Author | Rudolph Buch / Own work |
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