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Erstellt von Redaktion am Freitag 7. Juni 2019

Trump ist doch kein Trottel

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Von Ulrike Herrmann

S-Präsident Donald Trump war bei seinem Staatsbesuch in Großbritannien schwer beschäftigt. Er musste die scheidende Premierministerin Theresa May demütigen, sich in die Tory-Nachfolge einmischen und Demonstranten ignorieren. Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er nicht ein paar Sekunden Zeit gefunden hätte, um sich einem seiner Lieblings­themen zu widmen: der Nato. Bei einer Pressekonferenz in London klagte Trump einmal mehr, dass die Lasten im Bündnis nicht fair verteilt seien: „Alle Mitglieder müssen ihre Verpflichtungen erfüllen.“ Doch einige Länder würden sich entziehen. Trump nannte zwar keine Namen, aber es war klar, wen er meinte: die Bundesrepublik.

In Deutschland hält man Trump gerne für einen Trottel. Diese Verachtung ist meist angemessen, aber ausgerechnet beim Thema Nato ist Trump in bester Gesellschaft. Auch seine Vorgänger Eisenhower, Kennedy und Johnson waren geradezu besessen von der bundesdeutschen Eigenwilligkeit, ständig Exportüberschüsse anzuhäufen und Dollar zu kassieren, die Verteidigung der westlichen Welt aber lieber den USA zu überlassen. Dieser Konflikt währte von 1960 bis 1976 und ging unter dem Titel „Truppendollar“ in die Geschichte ein. Heute ist diese Episode weitgehend vergessen, aber sie war für die Bundesrepublik sehr kostspielig. Die Truppendollar-Affäre kann als Lehrstück dienen, warum Exportüberschüsse kein Segen sind und Deutschland schaden.

Die Amerikaner verzeichneten damals wie heute ein riesiges Defizit in ihrer Zahlungs­bilanz, weswegen sie sehr empfindlich registrierten, wie ungleich die Nato-Lasten verteilt waren. 1960 gaben die USA 8,9 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung fürs Militär aus, während die Westdeutschen nur auf 4 Prozent kamen. Besonders bitter stieß den US-Präsidenten auf, dass die Westdeutschen gleichzeitig die größten Profiteure der amerikanischen Militärausgaben im Ausland waren: 1960 unterhielten die USA sechs Divisionen mit 233.000 Soldaten in der Bundesrepublik. Die ließ sich also von den Amerikanern verteidigen – und kassierte dafür auch noch Dollar!

Akribisch hatte man in Washington nämlich nachgerechnet, wie viele Dollar pro Jahr in der Bundesrepublik hängen blieben, weil die US-Kasernen westdeutsche Zivilangestellte beschäftigten und sich die GIs in den umliegenden Bars vergnügten. Ergebnis: 1956 hatte die Bundesrepublik dank der US-Army 316 Millionen Dollar zusätzlich eingenommen, 1959 waren es schon 686 Millionen. Diese westdeutschen „Truppendollar“ wollten Eisenhower und Kennedy wieder nach Hause holen. Trump erscheint daher geradezu als Re­inkarnation Kennedys: Derzeit sind zwar nur noch 35.000 US-Soldaten in Deutschland stationiert, aber auch Trump droht gern damit, das amerikanische Militär zu verlegen, falls die Bundesrepublik nicht bald zahlt.

Kanzler Adenauer konnte es sich damals nicht leisten, die Amerikaner dauerhaft zu verärgern, denn der Kalte Krieg erhitzte sich wieder: Der sowjetische Präsident Chruschtschow forderte, dass Westberlin zu einer „freien Stadt“ werden und die Westalliierten dort abziehen sollten. Wenig später, am 13. August 1961, wurde die Berliner Mauer gebaut. Die Bundesrepublik erklärte sich daher widerwillig bereit, Waffen im Wert von etwa 650 Millionen Dollar pro Jahr zu bestellen.

Quelle         :          TAZ         >>>>>             weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben      —        Donald John Trump, aka Donald Trump, is a businessman and is the 45th President of the United States.

This caricature of Donald Trump was adapted from a Creative Commons licensed photo by Gage Skidmore’s Flickr photostream and a photo in the public domain from The White House.

Source Donald Trump – Caricature
Author DonkeyHotey
 
w:en:Creative Commons
attribution share alike
This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic license.

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Unten     —        Kennedy meeting with Willy Brandt, 1961.

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