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RENTENANGST

Butterwegge zur SPD-Spitze

Erstellt von Redaktion am Sonntag 8. Dezember 2019

„Hysterische Reaktionen“

File:Bundesarchiv B 145 Bild-F039404-0012, Hannover, SPD-Bundesparteitag, Schmidt, Brandt.jpg

Von Martin Reeh

Christoph Butterwegge im Interview über die neue SPD, Ulf Poschardts Kritik der hässlichen Bonner Republik und sein Buch „Die zerrissene Republik“.

taz: Herr Butterwegge, Sie wollten am Montag in Frankfurt mit Norbert Walter-Borjans Ihr neues Buch „Die zerrissene Republik“ vorstellen. Am Ende mussten sie es aber ohne ihn machen, weil er jetzt SPD-Vorsitzender wird und keine Zeit mehr hatte. Wie nehmen Sie die Debatte um die neue SPD-Führung war?

Christoph Butterwegge: Sowohl innerhalb der SPD als auch von den Mainstream-Medien gibt es massiven Druck auf die neue Spitze – verbunden mit dem absurden Vorwurf, Linksradikale übernähmen die Partei. Vielleicht tragen aber gerade die hysterischen Reaktionen auf eine demokratische Wahl dazu bei, dass in der SPD eine Aufbruchstimmung entsteht, vom „Agenda“-Kurs abzurücken. Schließlich ist mit Olaf Scholz derjenige Minister gescheitert, der als letzter Spitzenrepräsentant für diesen Kurs steht.

Mein Kollege Jörg Wimalasena von Zeit-Online hat getwittert: „Mir hat die Zeitungslektüre der vergangenen Tage noch einmal vor Augen geführt, in welcher intellektuellen und medialen Atmosphäre die Agenda 2010 gedeihen konnte.“

Das gesamte Establishment ist durch die Entscheidung der SPD-Mitglieder merklich aufgeschreckt und verunsichert. Dabei macht eine Schwalbe ja noch keinen Sommer, auch wenn sie als Pärchen auftritt. Schließlich ist die SPD keine andere Partei, als sie es vor vier Wochen war, nur weil Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken an der Spitze stehen. Die Befürworter der Schwarzen Null, der neoliberalen Reformen und des Sozialabbaus werden aber ungehalten, wenn ihr Kurs in Frage gestellt wird. Als Kritiker bekommt man sofort den Unmut jener zu spüren, die von der wachsenden Ungleichheit in Deutschland profitieren.

Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt hat vor wenigen Tagen ein „Lob der Ungleichheit“ geschrieben. Da kommen Sie auch drin vor …

… auf kuriose Weise.

Prof Dr Christoph Butterwegge.jpg

In Medien“ – also auch jetzt von uns – „werden Leute als Experten hofiert, die schon als Bundespräsidenten-Kandidaten der Linkspartei gescheitert sind“, schreibt Poschardt und meint damit Sie. 2017 sind Sie gegen Frank-Walter Steinmeier angetreten.

Es war kein Scheitern, weil ich zu den 94 Stimmen der Linken in der Bundesversammlung weitere 34 Stimmen auf mich vereint habe. Ich bin in diese Wahl ja nicht mit dem Ziel gegangen, mehr Stimmen als der gemeinsame Kandidat von SPD, CDU, CSU, FDP und Grünen zu bekommen, sondern wollte ein dreistelliges Ergebnis schaffen. Sämtliche Kommentatoren haben mein Abschneiden als persönlichen Achtungserfolg gewertet. Poschardts gehässiger Satz zeigt nur, wie verschnupft Konservative und Neoliberale reagieren, wenn sich jemand um das höchste Staatsamt bewirbt, der einen Finger in die Wunde der Armut und Ungleichheit legt.

Eine globale Oberschicht blickte schon damals entsetzt auf die bundesdeutsche Eleganzarmut, in der die Jacobs-Kaffee-Reklame und die Drombuschs die Speerspitzen bürgerlicher Arriviertheit repräsentierten“, schreibt Poschardt über das Nachkriegsdeutschland. Wenn ich das richtig verstehe, heißt das: Die Reichen hatten Geschmack, durften das aber wegen des Gleichheitsanspruchs in Deutschland nicht zeigen – und deshalb sah Deutschland einfach schrecklich aus.

Quelle         :         TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen         :

Oben     —       Hannover, 04. 1073  –  SPD-Bundesparteitag, Schmidt, Brandt Info non-talk.svg

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Attribution: Bundesarchiv, B 145 Bild-F039404-0012 / CC-BY-SA 3.0

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Unten          —          Prof. Dr. Christoph Butterwegge during panel discussion „Armes – reiches Deutschland?“ at Haus am Dom (Caritas), Frankfurt am Main 2013.03.15

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