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Amtlicher Reformbedarf

Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 28. März 2018

Reformideen für das Außenministerium

File:2017-03-26 Heiko Maas by Sandro Halank–3.jpg

Er sieht doch noch recht jung aus, als Politiker. Man weiß nicht ob die Flasche schon voll oder doch noch leer ist.

Von Sahra Brockmeier

In Zeiten außenpolitischer Unsicherheit muss Heiko Maas seine Behörde strategischer organisieren: neues Personal, sicherere IT – die Akten digitalisieren!

Kann er das? Mit einem Putin oder Erdoğan verhandeln, ohne mit der Wimper zu zucken? Reformen in Europa anpacken? Immer mehr Krisen managen? Selten war Außenpolitik so entscheidend für Deutschland und Europa. Entsprechend viele Fragen haben Experten und Journalisten zu dem neuen Außenminister Heiko Maas.

Wenn Maas diese Herausforderungen nur ­annähernd effektiv angehen möchte, dann lautet eine weitere wichtige Frage: Hat er den Mut und den Weitblick für Reformen im eigenen Haus, an die sich seine Vorgänger nicht herantrauten?

Nicht dass es in den letzten Jahren keine Reformen gegeben hätte. So stellte etwa Frank-Walter Steinmeier in einer Reihe von Diskussionsveranstaltungen mit Experten, Bürgern und den eigenen Diplomaten im Jahr 2014 ganz offen die Frage: „Was ist falsch mit der deutschen Außenpolitik?“

Als sichtbarstes Ergebnis schuf das Auswärtige Amt eine neue Abteilung für Krisenprävention, Stabilisierung, Konfliktnachsorge und humanitäre Hilfe. Das war wichtig, denn damit hat das Amt die Voraussetzung geschaffen, Expertise und Projektgelder zu bündeln und systematisch zu lernen. Aber es war längst nicht genug. Denn wenn die außenpolitischen Debatten in den letzten Jahren eines gezeigt haben, dann dies: Geld und technische Unterstützung allein lösen keine politischen Probleme, ob in Krisenländern oder anderswo.

Was bislang fehlt, ist die andere Hälfte der Reformen: Die deutsche Außenpolitik muss strategischer und politischer werden. Diese Erkenntnis trugen auch Steinmeier und insbesondere zuletzt Sigmar Gabriel vor sich her. Doch die notwendigen Konsequenzen für den Umbau des Auswärtigen Amts zogen sie nicht. Höchste Zeit, dass sich das ändert: Dem Auswärtigen Dienst fehlen bis heute die Voraussetzungen, um vom loyalen Mitläufer der Amerikaner, Briten und Franzosen zum europäischen Mitgestalter werden zu können.

Es braucht mehr Diplomaten

Anfangen müsste Heiko Maas bei der Personalpolitik. Die Welt sei „aus den Fugen“ – diese Feststellung fehlt derzeit in keiner Rede eines deutschen Diplomaten. Nur in der Personalabteilung des Auswärtigen Amts bleibt alles beim Alten. Dabei sind die Herausforderungen enorm.

Da fehlen zunächst die Diplomaten. Als Deutschland noch kaum eigene Beiträge zu Zielen und Strategien leisten musste, hat das Personal ausgereicht. Heute spielt Berlin eine Führungsrolle in der Ukraine, im Irak; auch bei der europäischen Haltung zu Iran, Russland, China oder ­Indien kommt es mehr denn je auf ­Deutschland an. Doch heute liegt die Zahl der Planstellen im Außenministerium um knapp 1.000 unter der von 1990. Seit 2006 hat sich der Etat des Auswär­tigen Amts von 2,3 auf 5,3 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, insbesondere wegen erhöhter Ausgaben für Projekte zu „Frieden und Stabilität“ – nicht zuletzt wegen der Flüchtlingskrise. Doch die Anzahl derer, die den Einsatz der zusätzlichen Gelder sinnvoll steuern sollen, stieg im gleichen Zeitraum um nur 5 Prozent.

Vor allem in Krisenländern macht sich das bemerkbar. Beispiel Irak: Dort engagiert sich die Bundesregierung nicht nur militärisch, sondern auch mit mehreren hundert Millionen Euro für komplizierte und politisch hochsensible Projekte zum Wiederaufbau, zur Versöhnung oder Rückkehr von Binnenflüchtlingen in ihre Heimatorte. Wie viele deutsche Diplomaten konnten in den letzten Jahren bei diesen Geldsummen und der hochkomplexen politischen Lage in Bagdad Gespräche führen? Genau zwei – neben dem Botschafter saß dort ein einziger politischer Referent. In vielen Botschaften in Afrika sieht es noch schlechter aus.

Darüber hinaus hält das Amt krampfhaft an den alten Rotations- und Generalistenprinzipien fest. Dass Diplomatinnen immer wieder zwischen Aus- und Inland wechseln müssen, ist grundsätzlich nicht schlecht. Nur müsste es dafür ein Wissensmanagement geben, das über ein paar Seiten Notizen des Vorgängers hinausgeht, damit die Kollegen nicht alle drei Jahre fast bei null anfangen müssen. Und dass sich Diplomaten nicht stärker spezialisieren können, ist im 21. Jahrhundert schlicht nicht mehr zeitgemäß. Während die Bundeswehr ihre Offiziere für Auslandsposten teilweise ein ganzes Jahr die lokale Sprache erlernen lässt, kann eine deutsche Diplomatin froh sein, wenn sie vor Antritt eines Jobs im Nahen Osten drei Wochen Arabisch lernen durfte. Und dass sie ihre gewonnenen Regionalkenntnisse danach jemals wieder anwenden kann, ist auch nicht garantiert.

Digitalisierung des gesamten Aktenwesens

Quelle   :   TAZ         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquelle     :     Heiko Maas (SPD; Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz)

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