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Ahmet sagt die Wahrheit

Erstellt von Redaktion am Samstag 11. März 2017

Yonca Şık über inhaftierte Journalisten

File:Ship to Gaza by Latuff.gif

Ahmet Şık sitzt wie Deniz Yücel im Gefängnis von Silivri, Block 9. Seine Frau Yonca Şık im Gespräch über Journalismus, Folter und Hoffnung.

taz.am wochenende: Frau Şık, in einem Interview nach seiner Haftentlassung im März 2012 erzählte Ihr Ehemann einmal von einem 60-jährigen Journalisten, mit dem etwas nicht stimmen könne, weil er schon drei Putsche erlebt hätte, aber nie vor Gericht stand. Das kann man bei Ihrem Mann – Ahmet Şik – nicht sagen. Er hatte bereits mehrere Verfahren und sitzt gerade zum zweiten Mal im Gefängnis. Haben Sie sich schon daran gewöhnt?

Yonca Şık: Daran gewöhnt man sich nicht. Man wird nur erfahrener. Die Bedingungen sind nun auch wesentlich härter als 2011.

Inwiefern?

Die Isolation war nicht so hart wie jetzt im Ausnahmezustand. Damals konnten wir Ahmet Bücher und Briefe mitbringen. Die Anwälte durften täglich mit ihm sprechen, auch die ganze Familie und drei nicht verwandte Personen konnten ihn besuchen. Heute dürfen ihn nur der Anwalt und ich ein Mal in der Woche für eine Stunde sehen. Nichts dürfen wir ihm geben, keine Briefe, keine Bücher, außer Lehrbüchern, und nur alle zwei Monate darf ich mit ihm ohne Trennscheibe sprechen. Das sind die Regeln in Block 9, der Block, in dem vor allem die Leute sitzen, denen vorgeworfen wird, die Gülen-Sekte zu unterstützen. Da sitzt auch Deniz Yücel. Die Bedingungen dort sind die härtesten im ganzen Gefängnis.

Ahmet Şık kam bei der ersten Verhaftung in Untersuchungshaft, weil er recherchiert hatte, wie die Gülenisten den türkischen Staat in Polizei und Justiz unterwandern. Jetzt sitzt er im Gefängnis, weil er angeblich Propaganda für die Gülenisten betrieben hat. Können Sie über die Absurdität der türkischen Justiz noch lachen?

Natürlich. Einerseits. Andererseits nicht. An Ahmets Fall zeigt sich, was für ein Horror das Absurde ist und dass von einem Rechtsstaat nicht mehr die Rede sein kann.

Weil das, was die Behörden gegen Ihren Mann als Beweis vorlegen, willkürlich ist?

Ja. Es handelt sich bei allen diesen Texten, die der Richter zitiert, um journalistische Arbeiten, die sowohl von der Europäischen Menschenrechtskonvention und der türkischen Verfassung geschützt sind. Die Behörden wollten Ahmet übrigens auch noch Propaganda für die kommunistische DHKPC unterschieben. Aber die Anwälte mussten dem Staatsanwalt mitteilen, dass man für eine Sache, wegen der man schon mal vor Gericht stand und freigesprochen wurde, nicht nochmal angeklagt werden kann.

Vor der ersten Verhaftung Ihres Mannes hatte es eine Rufmordkampagne in den AKP-nahen Zeitungen gegeben. Haben Sie damals damit gerechnet, dass er verhaftet wird?

Ahmet wurde zu einem Anhänger der vermeintlichen Ergenekon-Verschwörung gegen die AKP erklärt. Da sagte er mir: „Ich glaube, die holen mich auch bald ab“, und wir haben darüber gelacht. Weil, wenn jemand so was sagt, dann klingt es immer ein bisschen wichtigtuerisch. Bis eines Morgens um sieben Uhr Pablo, unser Hund, bellte, weil die Polizei vor der Tür stand, die dann sieben Stunden unsere Wohnung durchsuchte und Ahmet mitnahm.

Wie steht man das alles psychisch durch?

Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen

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