QAnon – AFD – Reichstag?
Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 27. Dezember 2022
Was QAnon und AfD mit sexueller Frustration und Videospielen zu tun haben
Eine Kolumne von Christian Stöcker
Wer die bizarrsten Strömungen der Gegenwart verstehen will, muss 20 Jahre zurückschauen. Zentral ist eine bei uns wenig bekannte, ursprünglich harmlose Website. Sie wurde zu einem Quell der Finsternis.
Dieser Text enthält jede Menge Querverbindungen, die Ihnen äußerst abseitig, ja zum Teil unglaubwürdig erscheinen werden.
Es geht um Brüste in Videospielen, sexuell frustrierte junge Männer, Internethumor, live gestreamte Massenmorde, aggressiven Rassismus, Antisemitismus, Frauenhass. Um eine Ideologie des Untergangs und abseitige Geschichten über mächtige Verschwörer, die Kindern Blut abzapfen. Es gibt Bezüge zu sogenannten Reichsbürgern und AfD. Alles ist mit allem verbunden. Und alles mit einer knapp 20 Jahre alten Website.
Diese Verbindungen zu kennen hilft, wenn man verstehen will, was gerade mit Teilen der Öffentlichkeit in den westlichen Industrienationen passiert.
Aber von vorn.
Die Geschichte beginnt mit einer Internetplattform, die in Deutschland jenseits der Internet-Auskenner bis heute eher unbekannt ist, trotz ihrer überragenden popkulturellen und politischen Bedeutung. Damit meine ich 4chan, ein sogenanntes Imageboard. Der Begriff bezeichnet eine Website, auf der man nichts anderes tun kann als Bilder (keine Videos) zu posten und solche Posts zu kommentieren. Ein Prinzip aus der Frühzeit des World Wide Web, optisch unverändert seit 20 Jahren.
Origami und Hardcore-Pornografie
Bei 4chan gepostete Inhalte verschwinden irgendwann wieder, meistens binnen Minuten : Wenn ein Posting keine Interaktionen anzieht, wird er automatisch gelöscht. Aktive Posts mit vielen Antworten bleiben etwas länger. Die Flüchtigkeit erleichtert enthemmte Kommunikation. Am Leben bleiben Inhalte nur, wenn sie jemand vor ihrem natürlichen Verschwinden digital archiviert. Die verschwindenden Posts und Storys moderner Social-Media-Plattformen sind also keine neue Erfindung.
Von seinem Gründer Christopher Poole wurde 4chan ursprünglich als Klon einer japanischen Seite namens 2channel (eigentlich »2Blatt«, für ein zweiblättriges Kleeblatt, das Logo der Seite) geschaffen. Das war ein Ort, an dem sich Anime- und Mangafans über ihr Hobby austauschten, sich gegenseitig aus Comics kopierte oder selbst gezeichnete Bilder zeigten, über Anime-Reihen und Zeichner sprachen.
In der US-Version 4chan, die der damals 15-jährige Poole 2003 mit der kostenlosen Software aufbaute, auf der auch 2channel basierte, ging es auch um Anime und Manga. Es gibt dort aber schon lang auch zahlreiche Unterforen zu anderen Themen, von Business bis Waffen, von Origami bis Hardcore-Pornografie.
Manche machen es nach
Das Unterforum /b/ oder »random« nannte Pool selbst »das Irrenhaus« . Dem Board ohne konkrete thematische Ausrichtung entsprang im Jahr 2008 die Protestmarke »Anonymous«, ursprünglich als Anti-Scientology-Bewegung. Binnen kurzer Zeit wurde Anonymous mit seinen Guy-Fawkes-Masken und anonymisierten Protest- und Sabotageformen zu einem Netz- und Offlinephänomen völlig neuer Art. Meine Kollegen Ole Reißmann, Konrad Lischka und ich haben darüber 2012 ein ganzes Buch veröffentlicht. Hier finden Sie eine Ultrakurzfassung.
Anonymous kämpfte gegen Internetsperren in Australien, für Spenden für WikiLeaks, gegen mexikanische Drogenkartelle, mischte sich in den Arabischen Frühling ein. Manche Aktive landeten im Gefängnis.
Bei 4chan, insbesondere bei /b/ existiert ein seltsamer, von der sehr speziellen Nutzerschaft geschaffener Diskurs. Er ist geprägt von ständigen Tabubrüchen und gegenseitigen, halb scherzhaften Beleidigungen – eine Umgangsweise, die Menschen kennen, die öfter mal mit Gruppen männlicher Teenager zu tun haben.
Bei 4chan werden aber auch Massenmörder als Helden gefeiert, von manchen als pseudoironischer Tabubruch, von anderen völlig im Ernst. Es gibt eine eigene Scherz-Chiffre für Suizid, die sich über einen grammatikalisch fehlerhaften MySpace-Kommentar lustig macht . Seit 18 Jahren wird sie immer wieder eingesetzt, um anderen nahezulegen, sich umzubringen.
Eine bei 4chan besonders aktive Gruppierung war von Anfang an eine bestimmte Sorte von männlichen Nerds im Grenzbereich von Internet-, Gaming- und Anime-Kultur. Das ist in etwa der Menschenschlag, der heute ein Bitcoin-Logo ins eigene Social-Media-Profil einbaut. Leute, die sich als irgendwie außerhalb des Mainstreams betrachten, gern aggressiv rechthaberisch, beseelt von der Vorstellung, ihre popkulturelle Nische und die (digitale) Welt besser zu verstehen als andere. 4chans Wirkung hinein in die Offlinewelt begann mit bösen Streichen etwa gegen verachtete »Normies«, also allzu normale Leute. Harry-Potter-Fans zum Beispiel. Dann kam Anonymous.
Und es kamen dunklere, aggressivere Organisationsformen dazu. 4chan hat bis heute mindestens fünf realweltlich relevante Bewegungen hervorgebracht: Anonymous, die schwer bewaffneten »Boogaloo«-Bois, die einen Bürgerkrieg herbeisehnen, QAnon, die Alt-Right-Bewegung – und deren Vorläufer, Gamergate.
Der erfundene Skandal
Die Kurzform der Gamergate-Geschichte geht so: Eine offenbar große Menge an überwiegend jungen männlichen Videospielern fühlte sich durch Kritik am Medium Videospiel und seinen sexistischen, rassistischen und anderen Auswüchsen offenbar bedrängt und bedroht. Daraufhin wurde ein »Skandal« konstruiert, dessen Basis persönliche Beziehungen zwischen kaum bekannten Entwicklerinnen und Entwicklern von Low-Budget-Computerspielen und ebenso wenig bekannten Videospielbloggerinnen und -bloggern war. Das Kunstwort #Gamergate sollte diesen »Skandal« über »Korruption« in der Videospielbranche markieren.
Als jemand, der viele Jahre lang über Videospiele berichtet hat, kann ich sagen: Es gibt durchaus versuchte Einflussnahme und bedenkliche Verquickungen in dieser Branche. Das hat aber wenig bis nichts mit feministischen Spieleentwicklerinnen zu tun – und viel mit knallharten, profitorientierten Großkonzernen.
In seinen extremeren Ausprägungen war Gamergate von Anfang an eine Hasskampagne gegen Menschen, die, wie die Sozialwissenschaftlerin Anita Sarkeesian, sexistische Klischees und Absurditäten in Videospielen kritisierten. Sarkeesian und diverse ihrer Kolleginnen wurden mit Hassbotschaften, Mord- und Vergewaltigungsdrohungen gequält. Veranstaltungen mussten abgesagt werden , weil die Gewaltandrohungen den Organisatoren Angst machten. Aus Besserwisserei und Überlegenheitsgefühl war etwas anderes, Böseres geworden.
Irgendwann wurde es selbst Poole zu viel
Das Narrativ des Gamergate-Mobs begegnet einem heute in viel größerer gesellschaftlicher Breite wieder: Da sind diese gemeinen Intellektuellen aus den Kultur- und Geisteswissenschaften, die uns Vorschriften darüber machen wollen, was wir zu mögen haben. Der Kern von Gamergate ist der gleiche wie der der heutigen Kritik an einer angeblich dominierenden »woken Linken«, inzwischen markiert mit Kampfbegriffen wie »Sprachpolizei« und »Gender-Gaga«. Damals sprach man eher von »Social Justice Warriors« (abgekürzt SJW). Gemeint ist damit die gleiche Gruppe: Leute, die den Status quo in Sachen Diskriminierung nicht für akzeptabel halten.
Gamergate radikalisierte sich zunehmend. Irgendwann begann man selbst beim anarchischen, kaum moderierten 4chan, gegen Posts aus dieser Richtung vorzugehen. Christopher Poole warf Gamergate hinaus und erklärte das Vorgehen in einem Video, das leider nicht mehr verfügbar ist.
Die Leute, die gern weiterhin Morddrohungen und Vergewaltigungsfantasien verbreiten wollten, brüllten »Zensur«. Man versuche, sie zum Schweigen zu bringen, Poole sei ein Verräter. Kurze darauf gab Poole die Verantwortung für 4chan ab. Er hatte genug von Gamergate und davon, die »zentrale Bruchstelle« der Seite zu sein.
Der Streit erinnert an aktuelle Entwicklungen. Wie bei Twitter, wo nun wieder bekennende Neonazis vertreten sind, der neuen »zentralen Bruchstelle« Elon Musk sei Dank.
Über allem thront das allsehende Auge
Mit Gamergate wurden nun auch Memes, also wiederverwendbare, modifizierbare, remixfähige Bilder oder Videoschnipsel mit kurzen Texten zu einem politischen Phänomen. 4chan ist auch der Geburtsort der »Lolcats«, also von Katzenbildern mit Sprüchen in schlechtem Englisch. Viel von dem, was heute einfach als Internethumor gilt, wurde auf 4chan erfunden.
Viele Gamergater schlossen sich im US-Wahlkampf den informellen Wahlkampfhelfern von Donald Trump an – und setzten diese Mittel nun für neue Zwecke ein. Mittlerweile gibt es reihenweise Fachbücher zu diesem Themenkomplex, die »Meme Wars« oder »Network Propaganda« heißen. Hierzulande tauchten, sehr weit rechts, schon kurz darauf die ersten Nachahmer auf.
Ein typisches Gamergate-Meme von 2014 oder 2015 zeigt, dass damals schon die gleichen Verschwörungsideen im Hintergrund standen, die heute nicht nur rechtsradikale Kreise, sondern bereits die Parlamente erreicht haben.
Eine Abbildung mit der Bildunterschrift »Pyramide des modernen ›kapitalistischen‹ Systems« zeigt ganz unten die »unterdrückten« Gamer, darüber »Games-Journalisten«, in der nächsten Schicht grinsende »Social Justice Warriors«, einschließlich Anita Sarkeesian, als Karikaturen. Darüber stehen Marx, Engels und Lenin mit der Legende »kulturmarxistische Akademiker« – und ganz oben die Pyramide mit dem Auge vom Dollarschein, garniert mit einem Stapel Geldsäcke und der Beschriftung »FAFSA Loans« – das ist eine geförderte Form der Studienfinanzierung in den USA. Die Pyramide mit dem Auge verweist selbstverständlich auf eine sinistre, gut finanzierte Verschwörung.
Quelle : Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — QAnon im roten Hemd
Verfasser | Marc Nozell aus Merrimack, New Hampshire, USA / Quelle : QAnon im roten Hemd / Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic Lizenz.Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic Lizenz.Datum : 15.08.19 |
Dieses Bild wurde ursprünglich auf Flickr von marcn at https://flickr.com/photos/37996583933@N01/48555421111 (Archiv) gepostet. Es wurde am 22. August 2019 von FlickreviewR 2 überprüft und als lizenziert unter den Bedingungen der cc-by-2.0 bestätigt.
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2.) von Oben —
Vice-President Mike Pence posing with members of the Broward County, Florida SWAT team, one of whom is wearing a patch of the „QAnon“ far-Right conspirationist movement.
Sonntag 29. Januar 2023 um 8:26
Das Rechtsextremisten mitunter Frauenfeindlich sind, ist eine alte Erkenntnis. Wichtig ist das die Politik auf allen Ebenen sich dafür einsetzt das die Wahlbeteiligung steigt. Das geht besser mit einer Wählerschaft welche zufrieden ist. Das drückt die Prozente für die AfD runter. Dafür muss die Öffentlichkeit mit Steuermittel vernünftig umgehen.
Selbst in aktueller Musik wird dies in Flandern inhaltlich benannt.
Pommelien Thijs – Zilver
https://www.youtube.com/watch?v=AnZ4wntwcBY
Silber, Silber
Es hängt etwas in der Luft
Jedes Jahr immer etwas wärmer
Die Reichen werden reicher darum die Armen werden ärmer
Sie verwenden täglich Zahnseide
Denn sie lügen durch Ihre Zähne
Wer gab ihnen jemals die Seile an die weiß gewaschenen Händen
Der Konsument bleibt beim Konsumieren
Eisbären bleiben Eisbären
Sofern davon nog was Eis übrig bleibt
Alle schauen hoch nach oben
Wenn sie nicht nach Öl bohren
Was davon dann übrig bleibt
Silber, Silber
Silber, Silber
Silber
Wo ist der silberne Rand ?
Kinder entfremden in den Straßen voller Gefechte
Alte Männer machen Gesetze über neue Frauenrechte
Und Sie sehen keine Farbe
Dann ist er auch nichts mehr zu lernen
Die alleinige Schuld kriegen jene die Protestieren
Das Licht geht aus und die Fernsehschirme leuchten auf
Weil wir viel und aufrecht schauen
Und vergleichen ist simpel aber hört nie auf
Oh Silber, Silber
Silber, Silber
Silber
Wo ist der silberne Rand?
Oh, Oh, Oh, Oh
Oh, Oh, Oh, Oh
Silber, Silber
Silber, Silber
Silber
Wo ist der silberne Rand?
Silber, Silber
Silber, Silber
Silber
Wo ist der silberne Rand?
Alle schauen auf nach Oben
Hallo, Hallo kannst Du uns hören ?
Sie greifen nach Gold aber wir suchen nach Silber.
Die Mehrsprachigkeit bleibt ein Vorteil zu begreifen was wo gedacht wird.
Allerdings sollten hier die Menschen ihren MdL, MdB schreiben und darin vermitteln das ihre Lebensqualität erhöht werden wird, damit sie nicht im Segment der Nichtwählerschaft zu veroten sind. Das gilt ebenso für die Redaktionen von öffentlich – rechtlichen Medien, welche einen Bildungsauftrag haben.
Denn jene Personen in der Wirtschaft und Politik interessieren sich rund um die Uhr respektive der Befindlichkeiten der Gesellschaft um ihre Macht zu sichern.
Jimmy Bulanik