DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Aus der Linkspartei

Erstellt von Redaktion am Samstag 16. April 2022

Stellungnahme zur Berichterstattung des SPIEGEL

Janine Wissler (Rede auf dem 7. Parteitag).jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Janine Wissler

Zur heutigen Berichterstattung des SPIEGEL (Nr. 16 / 15.04.2022) über den Vorwurf sexueller Übergriffe in der Partei DIE LINKE, erklärt die Parteivorsitzende Janine Wissler in einer persönlichen Stellungnahme:

Ich nehme Vorwürfe von sexueller Belästigung, sexueller Gewalt und Missbrauch sehr ernst und habe sofort gehandelt, als mir derartige Vorwürfe bekannt wurden. Der Parteivorstand hat im Oktober 2021 eine Vertrauensgruppe eingesetzt für derartige Vorfälle, als Hilfsinstanz für Betroffene. Unabhängig und zusätzlich zu den Schiedskommissionen auf Landes- und Bundesebene.

Zu den Vorgängen in Wiesbaden:

Ich bekam am 25.11.2021 einen Instagram-Screenshot zugeschickt, in dem eine junge Frau (im Spiegel Michelle Rau genannt), deren Namen ich bis dahin nicht kannte und die mir nicht persönlich bekannt ist, schilderte, dass sie vor einigen Jahren durch ein Mitglied der Wiesbadener LINKEN sexuell missbraucht und durch ein Mitglied der Wiesbadener SPD sexuell belästigt worden sei. Ich habe direkt am nächsten Tag den Landesvorstand über die Vorwürfe gegen das Mitglied der LINKEN informiert und deutlich gemacht, dass wir diesen Vorwurf sehr ernst nehmen und dem nachgehen müssen. Das wurde auf Seiten des Landesvorstands genauso gesehen und das Thema war dann kurz darauf Thema im geschäftsführenden Landesvorstand. An dieser Sitzung nahm ich nicht teil. Dort wurde besprochen, dass man in Absprache mit dem Kreisverband Wiesbaden ein Gesprächsangebot unterbreiten wolle, um den Vorwürfen nachzugehen. Zudem wurde vereinbart, dass ein Verhaltenskodex erarbeitet und eine Awarenessstruktur geschaffen werden soll. Dem Spiegel-Artikel ist nicht zu entnehmen, dass ich von diesen Vorgängen vor dem 25.11. keine Kenntnis hatte.

Zum Jahreswechsel 2021/2022 habe ich ebenfalls über Instagram von Vorwürfen einer weiteren jungen Frau (vom Spiegel Hannah Maas genannt) erfahren, die mir persönlich bekannt ist. Auch darüber habe ich den Landesvorstand zeitnah informiert. Zudem habe ich am 12. Januar 2022 die Bundesgeschäftsstelle der LINKEN informiert und sie gebeten, die genannten Vorwürfe an die Vertrauensgruppe weiterzugeben, damit sie mit den Betroffenen Kontakt aufnehmen können. Das ist belegbar. Ich habe dabei darauf hingewiesen, dass es eine persönliche Verknüpfung zu mir gibt, und dass ich gerne mit der Vertrauensgruppe rede, sollte es Fragen an mich geben. Die Vertrauensgruppe hat daraufhin den Kontakt mit den Betroffenen gesucht und Gespräche geführt, deren Inhalt mir nicht bekannt ist.

Ich weise die Unterstellung, ich hätte bereits vor November 2021 bzw. dem Jahreswechsel 2021/2022 Kenntnis über Vorwürfe von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch gehabt, entschieden zurück. Es gibt nichts, was das belegt, weil es nicht so war. Hätte ich Kenntnis von derartigen Vorwürfen gehabt, wäre ich tätig geworden. Und ich bin sofort tätig geworden, als ich davon erfahren habe.

Der Kreisverband Wiesbaden hat im Januar Gesprächsangebote an die betroffenen Frauen verschickt und sich – gemeinsam mit dem Landesvorstand – in mehreren Terminen Rat bei einer externen Beratungsstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt geholt. Eine der beiden betroffenen Frauen nahm zudem im März an einer Sitzung des Landesvorstandes zu diesem Thema teil, ich war bei dieser Sitzung nicht anwesend.

Ich kenne bis heute weder die konkreten Vorwürfe, noch weiß ich, was die Gespräche der Vertrauensgruppe ergeben haben.

Das alles habe ich dem SPIEGEL im Vorfeld der Veröffentlichung auf ihre Fragen mitgeteilt.

Zur Berichterstattung:

Ich bin bestürzt darüber, dass in einem Artikel zu Vorwürfen von sexueller Belästigung und Übergriffen, die Männer begangen haben sollen, mir unterstellt wird, ich hätte irgendjemanden geschützt.

Zutreffend ist, dass ich eine der beiden betroffenen Frauen kenne und sie mich 2018 kontaktiert hat. Einmal am 16. Mai 2018, am 23. August 2018 und am 7. September 2018. Sie schrieb mich an, das ist belegbar, die Kommunikation habe ich noch. Sie teilte mir am 16. Mai mit, dass sie ein sexuelles Verhältnis zu meinem damaligen Partner hatte. Ich war darüber zutiefst bestürzt. Am 23. August 2018 leitet sie mir eine E-Mail weiter, die belegte, dass dieses Verhältnis entgegen anderslautender Versicherungen meines damaligen Partners fortbesteht. Daraufhin telefonierten wir miteinander. In keinem dieser Kontakte wurde der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Gewalt erhoben. Sie hat mich auch nicht um Hilfe gebeten. Das letzte Mal hatten wir am 7. September 2018 Kontakt, seitdem hatte ich bis zum Jahreswechsel 2021/2022 nie wieder von ihr gehört. Nach dieser Offenbarung habe ich meine Beziehung zu meinem damaligen Partner beendet. Meinem heutigen Wissen nach dauerte die Verbindung zwischen Frau Maas und dem Mann noch weit ins Jahr 2019 hinein.

Ich hielt diese Verbindung – insbesondere durch den großen Altersunterschied – für höchst problematisch und äußerte das auch beiden gegenüber. Beide waren zum Zeitpunkt, als ich davon erfuhr, volljährig, worauf beide hinwiesen. Dass es dabei zu Belästigungen oder Unfreiwilligkeiten gekommen ist, wurde mir gegenüber nie dargestellt (bis zum Jahreswechsel 2021/2022). Ich selber war durch diese Vorgänge zutiefst verletzt und hatte nicht den geringsten Anlass, meinen ehemaligen Partner nach alledem zu schützen.

Soweit ich in dieser Erklärung zu meinen persönlichen Verhältnissen Stellung genommen habe, tue ich das zur Verteidigung gegen die Vorwürfe des Spiegels der Untätigkeit und Mitwisserschaft. Ich bleibe dabei, meine Privatsphäre nicht der Öffentlichkeit preiszugeben.

Urheberrecht
Die unter www.scharf-links.de angebotenen Inhalte und Informationen stehen unter einer deutschen Creative Commons Lizenz. Diese Lizenz gestattet es jedem, zu ausschließlich nicht-kommerziellen Zwecken die Inhalte und Informationen von www.scharf-links.de zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Hierbei müssen die Autoren und die Quelle genannt werden. Urhebervermerke dürfen nicht verändert werden.  Einzelheiten zur Lizenz in allgemeinverständlicher Form finden sich auf der Seite von Creative Commons http://de.creativecommons.org/was-ist-

Janine Wissler (@Janine_Wissler) / Twitter

********************************************************

Grafikquellen      :

Oben       —      Janine Wissler hält ihre Rede zum Parteivorsitz auf dem 7. Parteitag von DIE LINKE im Februar 2021.

4 Kommentare zu “Aus der Linkspartei”

  1. Hannah66 sagt:

    Werden nun vielleicht auch noch die sexistischen Sprüche der Obermarionette von Olaf ausgegraben?

  2. Dhr. Jimmy Bulanik sagt:

    https://www.youtube.com/watch?v=MKMsI3fF7L8

    Die Glaubwürdigkeit ist in der Politik eine Währung. Diese ist bei dieser Frau Wissler nicht gegeben. Viel mehr ein möchte toxischer gern Elite Habitus. Frau Wissler kann mittels ihrem Austritt der Die Linke einen letzten Dienst erweisen.

    Die Linke wird bedingt durch Parteiaustritte und Verluste bei den Wahlen stellvertretend den Preis für das Fehlverhalten bezahlen.

    Der Preis wird hoch ausfallen. Es gibt im Jahr 2022 keinen Einzug in einen Landtag.

    Im Jahr 2023 gibt es die Landtagswahlen im Frühjahr in Bremen, im Herbst in Hessen, im Herbst im Freistaat Bayern.

    Meine Einschätzung laute wie folgt.

    Die Linke wird in Bremen erhebliche Verluste leiden. Bedingt durch den geringen zeitlichen Abstand.

    In Hessen wird Die Linke aus dem Landtag ausscheiden.

    Im Freistaat Bayern hat Die Linke keine Chance auf einen Einzug in den Landtag.

    Dhr. Jimmy Bulanik

    https://wirsindmitmenschen.de/jimmy-bulanik

  3. Regenbogenhexe sagt:

    Genosse Harald W. Juergenson ist nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Im Mai wäre er 67 Jahre alt geworden. Harald war Gruendungsmitglied des Kreisverbandes DIE LINKE Ahrweiler.

  4. Regenbogenhexe sagt:

    Volker Schneider
    3 Std. ·
    Was DIE LINKE von Google lernen könnte
    Jeff Jarvis schreibt in seinem Buch „Was würde Google tun?“, dass im Zeitalter schneller Informationen im Internet, Ehrlichkeit die wichtigste Währung für Unternehmen und Medien sei und sie sich insoweit keine Lügen mehr leisten können. Er beschreibt zur Veranschaulichung den Fall des Journalisten Dan Rather, der 2004 in der Nachrichtensendung „60 Minutes“ einen Beitrag zum Militärdienst von George W. Bush präsentierte. Kurz darauf zweifelt man online daran, ob die für den Beitrag benutzten Dokumente authentisch waren. Charles Johnson vom Blog LittleGreenFootballs bewies schließlich, dass es sich um Fälschungen handelte. Als Reaktion ignorierte Rather seine Kritiker zunächst für elf Tage. Und schließlich warf er ihnen eine politische Agenda vor – kein kluger Schachzug. Die Generation Internet ist schließlich mit dessen schonungsloser Ehrlichkeit und Direktheit aufgewachsen. So erwartet sie mittlerweile dieselbe Wahrheit und Offenheit auch von anderen Medien.
    Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das, was hier für Unternehmen und Medien beschrieben wird, nicht genauso auch für politische Parteien gelten würde. Höchstens dauert es dort etwas länger, bis nennenswerter Kredit verspielt ist, weil die Bindung an eine Partei doch einen anderen Charakter hat, als die Bindung an ein Unternehmen (von Hardcore Apple-Fans vielleicht mal abgesehen 😉).
    Was hat das mit der LINKEN zu tun? So wie Jarvis es beschreibt, hält sich eine Partei, wenn Fehler passieren, am besten an ehrliche Kommunikation. Fehler zugeben und dazu stehen, erscheint glaubwürdiger und souveräner. Als Beispiel nennt Jarvis die Agentur Reuters. Einer ihrer Fotografen veröffentlichte 2006 ein Bild von Beirut während eines israelischen Bombenangriffs. An diesem hatte er mit digitaler Bildbearbeitung nachgeholfen. Zahlreichen Bloggern fiel dieser Schwindel aber auf. Reuters entfernte das Bild von seiner Website. Er entließ den Fotografen und dankte den Bloggern für ihre Mithilfe bei der Aufklärung. In Deutschland wurde etwa der Spiegel hart wegen des Fälschungsskandals um den einstigen Star-Reporter des Magazins, Claas Relotius kritisiert, aber es wurde auch gelobt, mit welcher Transparenz das Magazin danach an die Öffentlichkeit gegangen ist.
    Und DIE LINKE? Fehler zugeben? Fehlanzeige! Immer kommt alles zuerst auf den „Prüfstand“, was aber wenig mit Prüfung, sondern mehr mit dem Versuch der Entsorgung von Problemen zu tun hat. Im Vorfeld gibt es dann schon mal einige relativierende Aussagen (Stellungnahmen der Parteigremien oder der Betroffenen), die zur Erklärung wenig und zur Entschuldigung überhaupt nicht taugen. Und dass es einfach nur dämlich ist, Kritikern nur mit dem Vorwurf einer politischen Agenda zu antworten, ist offensichtlich bei den handelnden Akteuren der Partei bis heute nicht angekommen.
    Der Umgang mit den LINKEN MeToo-Vorwürfen zeigt einmal mehr die Unfähigkeit der Partei im Umgang mit solchen Problemen. Hinsichtlich der Frage der Glaubwürdigkeit zieht es einem fast schon die Schuhe aus, wenn man ausgerechnet von Personen, die in der Vergangenheit bei MeToo-Vorwürfen beinahe schon hysterisch reagierten, jetzt relativierende Aussagen hört. Dass ein nächtlicher Einstieg eines 40jährigen über den Balkon in die Wohnung einer 16jährigen, um mit dieser Sex haben zu können, als ein scheinbar noch normaler Vorgang angesehen wird, während von den gleichen Personen in der Vergangenheit bereits das Legen einer Hand auf eine weibliche Schulter als sexuelle Belästigung angesehen wurde, löst nicht nur außerhalb der Partei, sondern auch in Teilen der Partei nur noch Kopfschütteln aus. Bei allem Verständnis für das private Dilemma der Parteivorsitzenden, sie hatte damals als Fraktionsvorsitzende und Arbeitgeberin auch eine politische Verantwortung, der sie nicht gerecht geworden ist, weshalb sie auch persönliche Konsequenzen ziehen müsste. Macht sie aber nicht und wenn doch noch, wird es viel zu spät kommen.
    Mit einem derartigen Agieren fällt leider die Prognose für die Landtagswahlen im Jahr 2023 nicht positiv aus. Aber das kennen wir ja. Probleme ignorieren, verschleppen, unter den Teppich kehren, das ist im Saarland lange gut gegangen, bis die Geduld der Wähler:innen überreizt war. Das Ergebnis konnte am 27.3. im Debakel bei der Landtagswahl bewundert werden. Die Partei steht aktuell im Focus, in Hessen werden die Wähler:innen nicht mehr 10 Jahre warten, bis sie ihr eine Quittung ausstellen.

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>