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424 Millionen Datensätze:

Erstellt von Redaktion am Dienstag 2. Mai 2023

Deutlicher Anstieg bei der Fluggastdatenspeicherung

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Quelle          :        Netzpolitik ORG.

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424 Millionen Datensätze von 121 Millionen Passagieren in nur einem Jahr. So viele Fluggastdaten fielen 2022 beim Bundeskriminalamt an. Zu Treffern in polizeilichen Datenbanken führten nur wenige. Nach einem Gerichtsurteil muss das Bundesinnenministerium die Speicherung nun einschränken.

Die Daten von 121 Millionen Fluggästen landeten im zurückliegenden Jahr bei der Fluggastdatenzentralstelle im Bundeskriminalamt (BKA). Insgesamt übermittelten die Flugunternehmen 424 Millionen sogenannte Passenger Name Records (PNR). Ein Jahr zuvor waren es etwa halb so viele, 2020 noch rund 100 Millionen. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Martina Renner hervor.

Die Fluggastdatensätze enthalten neben Informationen zu Namen und Route der Reisenden unter anderem Anschrift, Telefonnummer und den gebuchten Sitzplatz. Die Daten gleicht das BKA automatisiert mit polizeilichen Datenbanken ab und sucht nach Mustern. Dabei kommt es zu vielen Fehlalarmen: 441.608 Datenbanktreffer und 7.446 Mustertreffer gab es im vergangenen Jahr. Doch nur 87.845 hielten einer abschließenden fachlichen Überprüfung stand und führten zu einer Fahndung – also etwa ein Fünftel.

Die entsprechenden Personen haben Zoll und Bundespolizei nur in 19.827 Fällen gefunden. In knapp einem Drittel der Fälle (7.367 Mal) ging es dabei um Aufenthaltsermittlungen. In 1.387 Fällen waren die Personen zur Festnahme ausgeschrieben.

Fluggastdatengesetz muss überarbeitet werden

In Deutschland ist die Fluggastdatenspeicherung im Fluggastdatengesetz geregelt, das die EU-PNR-Richtlinie umsetzt. Doch die geht teilweise zu weit, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juni 2022. Es brauche eine Beschränkung der Datensammlung und -auswertung auf das „absolut Notwendige“, urteilte das Gericht. So sei etwa die Speicherdauer der PNR-Daten von fünf Jahren zu lang.

Laut der Bundesregierung arbeite das Innenministerium derzeit an einem Entwurf für eine Überarbeitung des Fluggastdatengesetzes, einen konkreten Zeitplan nannte sie nicht. Ab Ende April sollen Datensätze jedoch in der Regel nur noch sechs Monate gespeichert werden – es sei denn, es handelt sich um verifizierte Treffer.

Ein weiterer Kritikpunkt der Richter:innen bezog sich auf die Datensammlung bei innereuropäischen Flügen. Die Richtlinie schreibt das zwar nicht vor, viele Staaten haben sie aber in ihren nationalen Gesetzen umgesetzt. Sofern jedoch keine „reale und aktuelle oder vorhersehbare“ terroristische Bedrohung bestehe, verstoße dies laut EuGH gegen EU-Recht. Sonst dürfe die Speicherung laut dem Urteil nur für „bestimmte Flugverbindungen, bestimmte Reisemuster oder bestimmte Flughäfen“ erfolgen, „für die es Anhaltspunkte gibt, die eine solche Anwendung rechtfertigen können“. Laut Bundesregierung wurde die deutsche Verarbeitungspraxis mittlerweile so umgestellt, dass eine Datenverarbeitung bei innereuropäischen Flügen „nur noch auf Grundlage entsprechender Einschätzungen erfolgt“.

“Grundproblem besteht weiter“

Angesichts der hohen Speicherzahlen schreibt Fragestellerin Renner gegenüber netzpolitik.org: „Das PNR-System funktioniert noch immer so wie ein Staubsauger der Daten von Millionen unbescholtener Bürgerinnen und Bürger.“ Es seien erste Ansätze zur Einschränkung und Löschung erkennbar, aber das Grundproblem bestehe weiter.

„Eine ernsthafte Beschränkung der Datenerhebung bei rein innereuropäischen Flügen scheint es bislang nicht zu geben. Die Ampel-Koalition hatte sich vollmundig zum Schutz der Bürger und ihrer Daten verpflichtet. Chatkontrolle, Vorratsdaten oder PNR zeigen, wie es wirklich ist“, kritisiert die Bundestagsabgeordnete.

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Grafikquelle :

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