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Archiv für Mai 27th, 2023

Fünf Fragen zur Ampel

Erstellt von DL-Redaktion am 27. Mai 2023

Streit um das Heizungsgesetz

File:Ampel Beschimpfung.svg

Von Sabine am Orde, Jasmin Kalarickal, Anna Lehmann und Stefan Reinecke

Die Koalition in Berlin ist in ihrer bisher schwersten Krise. Es geht um mehr als um ein paar alte Ölheizungen.

Ist die Fortschritts­koalition eine Gurkentruppe?

Weit ist es nicht mehr bis dahin. Von der selbst ernannten Fortschrittskoalition, die mehr sein wollte als ein Bündnis des kleinsten gemeinsamen Nenners, ist beim Klimaschutz wenig zu sehen. Gerade kann sie sich nicht mal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, nämlich ein gemeinsam im Kabinett beschlossenes Gesetz auch tatsächlich dem Bundestag zu übergeben. Und das, obwohl die Ampel im Koali­tions­ausschuss – diesem Kreis aus ­Partei- und Fraktionschefs, der sich auf Einladung von Olaf Scholz ab und an am Wochenende im Kanzleramt trifft und auch mal die Nacht durchmacht – zweimal verabredet hat, dass der Heizungstausch von fossil zu nichtfossil schon im nächsten Jahr starten soll. Von „Wortbruch“ sprach Robert Habeck, ein Grüner bezeichnete die FDP als „des­truk­ti­ve Clique“.

Der Verlust an Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern wiegt dabei schwerer als der inhaltliche Streit. So grundsätzlich sind die Einwände der FDP gegen das Gesetz von Robert Habeck (Grüne) und Klara Geywitz (SPD) nämlich gar nicht. Dass es mehr Alternativen zur Wunderheizung Wärmepumpe geben muss, ist allen klar, und dass keine Häuslebesitzerin nach einer Heizungshavarie Privatinsolvenz anmelden soll, ebenfalls. Differenzen kann man mit Kompromissen überbrücken, verloren gegangenes Vertrauen ist schwerer zu ersetzen.

Die Gespräche gehen weiter. Aber selbst wenn man sich noch vor der Sommerpause auf ein Gesetz einigt, wird sich am Modus Operandi der Regierung wenig ändern. Denn dieses Muster – man verabredet sich, und im letzten Moment meldet die FDP ihr Veto an – schien ja schon beim Atomausstieg und beim Verbrenner-Aus auf.

„Gurkentruppe“ ist übrigens kein Kosename für die Grünen, damit beschimpfte CSU-Generalsekretär ­Alexander Dobrindt den liberalen Koalitionspartner vor 13 Jahren im Streit über die Gesundheitspolitik. Nach vier Jahren war Schluss mit der schwarz-­gelben Koalition.

Warum zündet die FDP das Dach an?

Weil sie es kann. Und weil sie der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte. Wirtschaftsminister Robert ­Habeck, Antagonist von Christian Lindner, ist angeschlagen, und weite Teile der Bevölkerung stehen dem Heizungs­gesetz skeptisch gegenüber. Beflügelt von dieser Antistimmung und Seit’ an Seit’ mit der Bild kann sich die FDP als Katalysator für den Unmut im Volk ­aufspielen und sich nebenbei am ­populistischen Grünen-Bashing beteiligen.

Sinnbildlich dafür stehen die 101 Fragen, die die FDP-Fraktion erst vom Wirtschaftsministerium beantwortet haben wollte, bevor es weitergehen kann im Gesetzgebungsprozess. Mal sprachen FDP-Politiker*innen von 100 Fragen, mal von 101, es kursierten Listen, die aber nicht im Ministerium ankamen. Offiziell trudelten dann 77 Fragen ein. Fragen sind normal im Gesetzgebungsprozess, sie als PR-Nummer zu inszenieren ist es nicht. Es geht der FDP nicht darum, die dringend benötigte Wärmewende hinzubekommen. Sie möchte die Verunsicherung in der Bevölkerung in politisches Kapital ummünzen und agiert wie eine Oppositionspartei. Wie schrill sie dabei klingt, wird vor allem an den Tönen der Union und AfD gemessen. Das kann ihr kurzfristig Aufwind verschaffen, aber nicht langfristig. Nach etlichen verlorenen Landtagswahlen agiert die Partei affektgetrieben. Gestärkt aus diesem Bündnis kann sie aber nur gehen, wenn sie Antworten für eine bessere Zukunft liefert. Die schafft man nicht mit Nischenkämpfen für E-Fuels und H2-ready-Heizungen. Die Grünen machen Öko, die SPD macht Soziales. Und die FDP? Eben. Nur (Schulden-)Bremse reicht nicht.

Wieso lassen sich die Grünen das bieten?

Weil die Grünen eigentlich keine Alternative haben, wenn sie die Ampel nicht ernsthaft in Gefahr bringen oder gleich in die Luft jagen wollen. Und das wollen sie nicht. Aus staatspolitischer Verantwortung in krisengeschüttelten Zeiten. Und weil sie trotz allem Ärger sowohl auf die FDP als auch auf den Bundeskanzler wissen: Ein besseres Regierungsbündnis gibt es derzeit nicht. Denn dass mit der Union unter Friedrich Merz, der bei Neuwahlen ziemlich sicher der Kanzlerkandidat wäre, beim Klima und anderen wichtigen Themen für die Grünen mehr zu erreichen und das Regieren leichter wäre, glaubt in der Partei kaum jemand.

Hinzu kommt: Die Grünen verhandeln aus einer Position der Schwäche heraus. Robert Habeck hat bei der Erarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes Fehler gemacht. Als ein Entwurf bei der Bild landete, hatte er kein Konzept für den sozialen Ausgleich, und eine Kommunikationsstrategie fehlte auch. Für die Geg­ne­r*in­nen des GEG war das eine Steilvorlage, die sie zu nutzen wussten. Inzwischen ist die Verunsicherung in der Bevölkerung groß. Die Trauzeugenaffäre um den inzwischen entlassenen Energie-Staatssekretär Patrick Graichen kam noch obendrauf.

Dreimal haben die Grünen das Gebäudeenergiegesetz in der Ampel bereits verhandelt, jedes Mal haben sie Zugeständnisse gemacht. Jetzt erhöhen sie den öffentlichen Druck auf den Koalitionspartner und blockieren im Gegenzug Vorhaben wie die Planungsbeschleunigung bei den Autobahnen, ein Herzensthema der FDP. Jetzt verhandeln sie mit der FDP noch einmal mehr, damit das GEG in den Bundestag geht. Weitere Zugeständnisse inklusive.

Wo ist eigentlich Olaf Scholz?

Habeck holzt gegen die FDP, die FDP holzt gegen Habeck. Die Ampel macht derzeit die Opposition arbeitslos. Manche mögen fragen: Was macht Olaf Scholz eigentlich beruflich? Denn der Kanzler hält sich recht vornehm zurück. Aber das ist kein Wunder, auch kein Versagen. Es entspricht dem Grundgesetz, Artikel 65. Der Kanzler hat die Richtlinienkompetenz. Die Arbeit aber machen die MinisterInnen selbstständig. Und wenn die sich zerlegen, ist guter Rat immer teuer.

Quelle      :        TAZ-online         >>>>>        weiterlesen    

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Die »Zukunftskoalition« ?

Erstellt von DL-Redaktion am 27. Mai 2023

Bis zur Kenntlichkeit entstellt

Von Albrecht von Lucke

Manche Gesichter werden im Streit bis zur Kenntlichkeit entstellt. Bei Koalitionen gilt das gleiche in Krisen. Wenn daher eines Tages gefragt werden sollte, wann aus der angeblichen Zukunftskoalition eine Koalition der Vergangenheit geworden ist, dann dürften die nächtelangen Koalitionsausschusssitzungen von Ende März 2023 dabei eine ganz entscheidende Rolle spielen.

Wer noch irgendeinen Zweifel daran hatte, wie die Machtverhältnisse in dieser Koalition wirklich aussehen, ist seitdem eines Schlechteren belehrt. Die von der FDP kreierte Vorstellung, hier stünden zwei Linksparteien gegen sie, den letzten Hort der bürgerlichen Vernunft, entpuppte sich endgültig als Chimäre: Faktisch agieren zwei Parteien, nämlich FDP und SPD, strikt in Verteidigung der materiellen Gegenwartsinteressen, während die Grünen versuchen, auch die Interessen der zukünftigen Generationen zu vertreten – genau wie es das Bundesverfassungsgericht jeder Regierung mit seinem historischen Urteil vom März 2021 ins Stammbuch geschrieben hat.

Das Dilemma der Grünen wie der Klimabewegung: Die ganz jungen wie die kommenden Generationen haben bei Wahlen keine Stimme. Dadurch gibt es eine strukturelle Dominanz der Älteren und ihrer Interessen. Dieses Dilemma wird noch dadurch verstärkt, dass die Grünen strategisch ungeschickt agierten und zudem ihre Gesetzesvorhaben immer wieder frühzeitig an die Medien durchgestochen wurden – insbesondere der nur halbfertige Entwurf zum Einbau von Wärmepumpen.

Zum ersten Mal wurde hier dramatisch deutlich, dass die Transformation keineswegs eine reine Gewinnangelegenheit für alle sein wird, sondern dass viele Bürgerinnen und Bürger erhebliche Opfer für das Gemeinwohl werden bringen müssen. Opfer, die nun ganz ausschließlich dem grünen Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck angelastet werden. Die Konsequenz ist ein massiver Backlash – zulasten der ökologischen Anliegen wie auch der grünen Partei, der sich auch in den Ergebnissen der schon heute historisch zu nennenden Koalitionsausschusssitzungen manifestierte.

Offensichtlich waren die grünen Änderungswünsche vom Kanzleramt gar nicht mehr berücksichtigt und eingearbeitet worden, weshalb das Papier letztlich erst nach Verhandlungen von 30 Stunden beschlossen werden konnte.[1] Mit dennoch fatalen Folgen: Ausgerechnet beim Verkehrssektor wird nun nicht mehr Jahr für Jahr geprüft, wieviel CO2 er eingespart hat, wie noch im alten, bereits zu schwachen Klimagesetz der großen Koalition vorgesehen. Damit wäre das von der FDP verantwortete Verkehrsministerium von der Pflicht für ein Sofortprogramm zum Klimaschutz befreit und die Einhaltung der Zielvorgaben für 2030 in weite Ferne gerückt.

Hier zeigte sich einmal mehr: In dieser Koalition wedelt der Schwanz mit dem Hund. Obwohl die FDP prozentual klar der schwächste Koalitionspartner ist, gibt sie in der Regierung allzu oft den Ton an. Und zwar dank bewusster Duldung des Kanzlers: Von einem „sehr, sehr, sehr guten Ergebnis“ sprach denn auch Olaf Scholz. Aus rein parteitaktischer Perspektive ist dies auch durchaus der Fall: Der Kanzler braucht aus zwei Gründen eine starke FDP – erstens, um damit CDU/CSU zu schwächen, und zweitens, weil nur eine zufriedene FDP ihm 2025 die Chance auf eine zweite Ampel-Legislatur eröffnet. Dagegen hat er weit weniger Interesse an starken Grünen, die ihm als Führungspartei der linken Mitte Konkurrenz machen könnten.

Nach dieser ur-neoliberalen Devise – „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ – kann jedoch keine Koalition auf Dauer funktionieren. Derzeit existiert in der Ampel keinerlei Vorstellung, wie sich die Zukunft gemeinsam gestalten lässt. Und, fataler noch, die FDP sieht sich in ihrer rein destruktiven Logik nach diesem Koalitionsausschuss noch bestärkt. Folgerichtig hat FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner bereits die nächste Oppositionsoption in der Regierung ausgemacht und per Twitter das Ende „der Zeit der reinen Verteilungspolitik in unserem Land“ verkündet.[2]

Anstatt die gemeinsam gefällten Beschlüsse der Koalition auch offensiv zu vertreten, macht sich die FDP auch bei der Atomkraft einen schlanken Fuß: „Würde es nach mir gehen, würden wir bestehende Kernkraftwerke in der Reserve behalten & den Rückbau verhindern“, teilte Lindner am Tag des Atomausstiegs[3] mit, um auf diese Weise seine Hände in Unschuld zu waschen und mit der Drohung eines zukünftigen Energiemangels auch weiter gegen die Grünen als angebliche Verbotspartei agitieren zu können. „Die Zeit des Appeasements ist vorbei“, lautet denn auch die unsägliche Ansage von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der nicht einmal davor zurückschreckte, Robert Habeck mit Wladimir Putin zu vergleichen.[4]

FDP-Egoismus von Döpfners Gnaden

Massiv unterstützt wird die FDP durch eine seit Monaten anhaltende Kampagne der „Bild“-Zeitung, die den Klimaminister Tag für den Tag wie eine Sau durchs mediale Dorf treibt – offenbar nicht zuletzt auf Weisung von Springer-Chef Mathias Döpfner, dessen Geisteshaltung soeben offengelegt wurde.[5] Beredter noch als dessen unsägliche Entgleisungen zu Ostdeutschen und Migranten sind dessen Einlassungen zum Klimaschutz.

„Umweltpolitik – ich bin sehr für den Klimawandel. Zivilisationsphasen der Wärme waren immer erfolgreicher als solche der Kälte. Wir sollten den Klimawandel nicht bekämpfen, sondern uns darauf einstellen“, so der Springer-Chef. Wenn es eines gebe, was er hasse, dann seien es Windräder. Die einzige Kraft zur Zurückdrängung des ökologischen Ungeistes sind für ihn die Liberalen. „Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird – und das kann sein – wird das grün rote Desaster vermieden. Können wir für die nicht mehr tun. […] It’s a patriotic duty“, so Döpfner im Wahlkampf 2021 in einer Rundmail an die verantwortlichen Redakteure seines Verlags. Noch zwei Tage vor der Wahl schrieb er seinem (damaligen) „Bild“Chef Julian Reichelt: „Please Stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind können sie in Ampel so autoritär auftreten dass die platzt. Und dann Jamaika funktioniert.“

FDP und Springer-Verlag treffen sich in einem entscheidenden Punkt: ihrer Staatsablehnung bis hin zur Staatsfeindschaft. „Staatsgläubigkeit geht einher mit einem Menschenbild, das vor allem kollektivistischen, latent oder akut unfreiheitlichen Systemen eigen ist: Der Bürger brauche Aufsicht – einen Vormund. In diesem Fall, den vormundschaftlichen Staat“, so Döpfner bereits 2021 in seinem Buch „Die Freiheitsfalle“ über die angeblich nach wie vor herrschende deutsche Untertanenmentalität.[6] Im Verständnis des Springer-Chefs wie dem seiner leitenden Angestellten, am ausgeprägtesten bei „Welt“-Chef Ulf Poschardt, ist Freiheit immer nur gegen den Staat zu denken.[7] Aus dieser Staatsverachtung resultiert letztlich auch Döpfners absolute Diskreditierung der Ostdeutschen: „Von Kaiser Wilhelm zu hitler zu honnecker ohne zwischendurch us reeduction genossen zu haben. Das führt in direkter Linie zu AFD.“ Diese Ablehnung jedes Kollektivgedankens – und seines angeblichen Agenten, sprich: des Staats – geht einher mit einer narzisstisch grundierten Vergötzung des als großartig imaginierten Individuums (und des eigenen Egos). Mit dieser Verachtung jeglicher Autorität jenseits des Ichs stehen die neuen Superegos vom Schlage Döpfner, Poschardt oder Kubicki keineswegs allein: Wie die Studien von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey zeigen, wächst in dieser Gesellschaft ein „libertärer Autoritarismus“ mit einer enorm narzisstischen Seite heran, der nur eine Autorität anerkennt, nämlich sich selbst.[8]

Der anhaltende Koalitionsstreit zwischen FDP und Grünen verläuft also vor allem entlang zweier großer Konfliktlinien: Individual- versus Gesellschaftsinteresse und Gegenwart versus Zukunft – wobei sich die Scholz-SPD fatalerweise zumeist auf die Seite der FDP schlägt. Wenn aber die angekündigte große sozial-ökologische Transformation tatsächlich gelingen soll, dann braucht es eine materielle wie eine „geistig-moralische Wende“ im Verhältnis von Öffentlichem und Privatem, von Zukunft und Gegenwart. Dann gilt es, von der rein individual-egoistischen Haltung Abschied zu nehmen, die mindestens die letzten 30 Jahre, seit der Zäsur von 1989/90, dominiert hat – nämlich von der neoliberalen Devise: „Privat vor Staat“.

Mehr Investitionen in die Zukunft

Quelle       :       Blätter-online           >>>>>          weiterlesen

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Oben           —         Signing of the coalition agreement for the 20th election period of the Bundestag (Germany) at 7 December 2021

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#Missingmails : Der EU

Erstellt von DL-Redaktion am 27. Mai 2023

Wie die EU-Kommission ihr Transparenzversprechen bricht

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von              :         

Das große Löschen nimmt seinen Anfang mit einer knappen Mitteilung. Am 16. Januar 2015 geht ein Brief an Führungskräfte in der Europäischen Kommission. Es dauere oft zu lange, wichtige Dokumente zu finden, klagt darin Catherine Day, da diese nicht ordentlich abgelegt und archiviert würden.

Die damals höchste Beamtin der Kommission kündigt in der Mitteilung auf einer Seite Maßnahmen an, die das Chaos beim Aktenmanagement beenden sollen. Ab Juli 2015 werde die Kommission alle E-Mails automatisch nach sechs Monaten löschen. Seither gilt: Was nicht zuvor veraktet wird, ist weg.

In derselben Mitteilung ordnet Day an, den Zugriff Außenstehender auf Dokumente einzuschränken. Bei Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz der EU dürften nur Akten herausgegeben werden, die zuvor im Dokumentenverwaltungssystem Ares oder einem anderen Kommissionsarchiv abgelegt wurden. Days Mitteilung steht durch eine Informationsfreiheitsanfrage schon längere Zeit im Internet, außerhalb der Kommission ist sie jedoch so gut wie unbekannt.

Das massenhafte Löschen von E-Mails ist Teil einer Reihe fragwürdiger Praktiken, mit denen die Kommission und EU-Regierungen systematisch die öffentliche Kontrolle ihrer Arbeit behindern. Das Recherchekollektiv #Missingmails hat gemeinsam zu diesen Praktiken recherchiert. Daran beteiligten sich neben Alexander Fanta von netzpolitik.org Journalist:innen von Follow the Money in den Niederlanden, Le Monde in Frankreich, De Tijd und Apache in Belgien, Deo.dk in Dänemark, Die Welt in Deutschland, Context in Rumänien, The Journal & Noteworthy in Irland.

Unsere Recherchen zeigen, wie der schlampige Umgang mit E-Mails und Chatnachrichten den Informationszugang auf rechtlich zweifelhafte Art behindert. Die Verantwortlichen brechen dadurch ihre eigenen Transparenzversprechen und erschweren die Aufarbeitung von Skandalen.

Absprachen mit Uber

Wie das zu einem Problem werden kann, macht der Fall von Neelie Kroes deutlich. Die Niederländerin war zehn Jahre lang EU-Kommissarin, zunächst zuständig für Wettbewerb, dann für digitale Themen. Als Uber 2014 in Europa darum kämpft, seine Taxi-App anbieten zu dürfen, springt die liberale Politikerin für den US-Konzern in die Bresche. Dass ein Brüsseler Gericht Uber das Fahren ohne Taxi-Lizenz verbiete, sei eine „verrückte Entscheidung“. Sie twittert den Hashtag #Uberiswelcome.

Eineinhalb Jahre später, im Mai 2016, verkündet Uber, dass Kroes den Konzern künftig in politischen Fragen berate. Interne Dokumente zeigen, dass die Politikerin schon Monate vor Ende ihrer Amtszeit heimlich mit Uber in Kontakt stand. Der Konzern bot ihr dabei offenbar einen Job an. „Wir holen Neelie Kroes in unser Advisory Board (streng geheim)“, schreibt ein Uber-Manager in einer Mail. Ihre Existenz wird durch die UberFiles-Enthüllungen unseres Recherchepartners Le Mondedes Guardian und weiterer Medien öffentlich. Die Mail datiert auf 25. September 2014, gut ein Monat vor Kroes‘ Ausscheiden aus der Kommission.

Ob Kroes dem Konzern zusagte, geht aus den Dokumenten nicht eindeutig hervor. Dennoch sind die Enthüllungen rechtlich delikat. Sie legen nahe, dass die niederländische Politikerin direkt nach Ende ihrer Amtszeit heimlich für den Konzern lobbyiert hat. Dies wäre ein klarer Verstoß gegen die Ethikregeln der Kommission. Denn für EU-Kommissar:innen ist nach dem Ausscheiden aus dem Amt für die folgenden 18 Monate eine bezahlte Lobby-Tätigkeit untersagt. Die EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF ermittelt deshalb.

Neelie Kroes NOG Brussel.jpg

Erst Kommissarin, dann Lobbyistin: Neelie Kroes

Der Fall wirft jedenfalls Transparenzfragen auf. Die UberFiles enthüllten E-Mails und Chatnachrichten zwischen dem Konzern, Kroes und ihrem Kabinett. Eigentlich hätten diese Unterlagen im Kommissionsarchiv landen müssen – doch dort sind sie unauffindbar. Gegenüber der Lobbytransparenzorganisation Corporate Europe Observatory erklärte die Kommission, ihr lägen keine E-Mails oder andere Korrespondenz zwischen Kroes und Uber vor.

Hat die Kommissarin ihre Nachrichten mit Uber einfach gelöscht? Auf unsere Anfrage heißt es von der Kommission, sie prüfe die Sache und tausche sich dazu mit OLAF aus.

Interne Kritik an „vagen“ Regeln

In ihren Leitlinien für die Dokumentenverwaltung hat die Kommission festgelegt, dass Dokumente aufbewahrt werden müssen, wenn sie „wichtige Informationen enthalten, die nicht flüchtig sind oder die zu Maßnahmen oder Folgemaßnahmen der Kommission führen können“.

Doch wer entscheidet, was wichtig ist und aufbewahrt werden muss? Selbst innerhalb der Kommission herrscht Verwirrung. Als eine Nachfolgerin von Catherine Day, die amtierende Generalsekretärin Ilze Juhansone, vor zwei Jahren intern um Feedback für eine mögliche Neufassung der Regeln für die Dokumentenverwaltung bat, bezeichnete eine Rückmeldung die geltenden Leitlinien für die Aufbewahrung von Dokumenten als „vage“. Das geht aus internen Diskussion hervor, über die unser niederländischer Recherchepartner Follow the Money berichtet hat. Der juristische Dienst der Kommission hinterfragte demnach insbesondere das Wort „kurzlebig“ in den Leitlinien. „Ist dieser Begriff irgendwo definiert?“

Welche Dokumente in der EU-Kommission archiviert werden, bleibt den handelnden Personen bislang selbst überlassen, sagt Sofia Heikkonen. Die finnische Juristin forscht an der Universität Helsinki zur Dokumentenverwaltung der EU-Kommission. Ihren Recherchen zufolge gibt es keinerlei Kontrolle darüber, ob wichtige Dokumente tatsächlich archiviert werden – eine „problematische“ Aufsichtslücke, sagt Heikkonen.

Heikkonens Chefin Päivi Leino-Sandberg hält die verschwundenen Nachrichten von Neelie Kroes nicht für einen Einzelfall. Die Jura-Professorin spricht aus eigener Erfahrung. Vor einigen Jahren bat sie die Kommission um interne Rechtsgutachten über die Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft. Zunächst wurde ihr gesagt, es gäbe keine solchen Gutachten, doch später „fand“ die Kommission auf Nachfrage zehn Dokumente. Leino-Sandberg sagt, das Dokumentensystem der Kommission sei unzureichend und müsse überarbeitet werden.

Auf unsere Anfrage betont ein EU-Kommissionssprecher, die Archivierung von Dokumenten stehe „im Einklang mit der langjährigen Praxis in allen europäischen öffentlichen Verwaltungen und mit internationalen Standards für die Archivverwaltung“. Demnach müsse weg, was nicht mehr bedeutend sei. „Die automatische Löschung von E-Mails, die keinen oder einen geringeren Wert haben und oft sehr flüchtige Informationen enthalten, geschieht daher sowohl aus archivarischen als auch aus IT-Management-Gründen.“

E-Mails von Scholz schwer auffindbar

Massenhafte Löschung von E-Mails gibt es nicht nur in den EU-Institutionen. Deutsche Ministerien und das Bundeskanzleramt tilgen Mail-Konten von ihren Servern, wenige Monate nachdem der oder die Benutzer:in aus dem Amt scheidet – egal, ob es sich um die Kanzlerin oder einen kleinen Beamten handelt. Das Postfach von Angela Merkel dürfte demnach Mitte 2022 gelöscht worden sein, ebenso jenes von Olaf Scholz aus seiner Zeit als Finanzminister. Eine gesetzliche Regelung oder Entscheidung, die die massenhafte Löschung vorschreibt, gibt es nicht. Eine solche ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums auch nicht nötig, da sich in Postfächern ausgeschiedener Mitarbeiter:innen „keine aktenrelevanten Informationen mehr befinden“.

Politisch heikel ist das im Fall des Mailverkehrs von Scholz im Zuge der Cum-Ex-Affäre. Die Nebenrolle des damaligen Hamburger Bürgermeisters und heutigen Kanzlers in dem gigantischen Steuerbetrugsfall ist nicht restlos geklärt. Es geht um die Frage, ob Scholz sich zugunsten einer umstrittenen Privatbank politisch eingemischt hatte. Während seiner Zeit im Bundesfinanzministerium schickte sein Büro E-Mails und Faxe, die seine Rolle in dem Fall erklären sollen.

Könnten die Mails aus Scholz‘ Büro Licht ins Dunkel bringen? Das ist zumindest theoretisch möglich. Nachfragen unseres Recherchekollektivs ergaben, dass in Scholz’ früherem Ministerium selbst gelöschte Mails noch jahrelang auf Speicherbändern verwahrt werden. Von dort sind sie grundsätzlich wieder herstellbar. Jedoch ist das laut dem Bundesinnenministerium, wo eine ähnliche Technologie verwendet wird, sehr aufwändig und sei „tatsächlich kaum durchführbar“. Genauer erläutern, warum das so schwierig sein soll, will das Ministerium aber nicht.

Tote Nerze und ein altes Nokia-Handy

Für Skandale sorgen nicht nur gelöschte E-Mails, sondern auch verschwundene Chat-Nachrichten. In Dänemark ließ die Regierung zu Beginn der Coronapandemie 15 Millionen Nerze töten. Damit sollte eine Ausbreitung des Virus in Zucht-Farmen verhindert werden.

Für die Massentötung der Tiere fehlte allerdings die rechtliche Grundlage, befand später eine vom Parlament eingesetzte Untersuchungskommission. Regierungschefin Mette Frederiksen habe die Öffentlichkeit wissentlich in die Irre geführt.

„Lösch-Mette“ Frederiksen

Chatnachrichten, die den Fall aufklären hätten können, ließ die Regierungschefin automatisch löschen. Der Fall trug Frederiksen in dänischen Medien den Spitznamen „Slette Mette“ ein, die „Lösch-Mette“. Die Affäre ist sogar Vorbild für ein Jump-n-Run-Spiel. Eigentlich müssten wichtige Nachrichten nach dänischem Recht aufbewahrt werden – das gilt auch für SMS und Chats. Doch Frederiksen kommt in der Nerz-Affäre mit einer Rüge des Parlaments davon.

Ähnlich ungeschoren bleibt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Vor einem Jahr enthüllte eine niederländische Zeitung, dass Rutte seit Jahren täglich seine SMS löscht. Sein altes Nokia-Handy habe einfach nicht genügend Speicher, erklärte Rutte. „Nokiagate“ nennen das niederländische Medien. Ein Untersuchungsbericht kommt zu dem Schluss, dass Rutte rechtswidrig gehandelt habe. Dennoch perlt die Affäre an Rutte ab.

An der Relevanz der Nachrichten gibt es unterdessen wenig Zweifel. Selbst auf höchster politischer Ebene sind E-Mails und Chatnachrichten zum Standardkommunikationsmittel geworden. Das verdeutlicht ein Bericht über einen EU-Gipfel im Sommer 2015, bei dem über einen weiteren Schuldendeal für Griechenland gestritten wurde.

Nach stundenlangen, ergebnislosen Verhandlungen habe der niederländische Premier Rutte spätnachts einen Kompromissvorschlag geschickt. Er habe die Gespräche – und damit womöglich den Euro – gerettet, meldete damals die Nachrichtenagentur AP. Was Rutte schrieb, ist bis heute unbekannt

In Deutschland hat Angela Merkel 16 Jahre lang praktisch per SMS regiert. „Handy-Jahre einer Kanzlerin“, fasst ein Bericht im Magazin der Süddeutschen Zeitung ihre Vorliebe für direkte Kommunikation zusammen. Dennoch landete bis heute keine ihrer Nachrichten im Bundesarchiv.

Die eigenwillige Logik der Kommission

Die Bedeutung des direkten Austausches unterstreicht auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der New York Times erzählt sie in einem Interview von ihren Telefonaten und Nachrichten mit dem Konzernchef von Pfizer, Albert Bourla. Mit diesem habe sie persönlich einen Deal über 1,8 Milliarden Dosen Covid-Impfstoff eingefädelt. Doch auf eine Anfrage von netzpolitik.org sagt die Kommission, dass sie die Nachrichten nicht herausgeben könne.

Die Begründung folgt einer eigenwilligen Logik der Kommission. Demnach seien SMS und Chatnachrichten „kurzlebig“ und landen daher grundsätzlich nicht ein einem Archiv der Kommission. Zugleich besagen die internen Regeln, wie oben beschrieben, dass nur Dokumente herausgegeben werden, die zuvor archiviert wurden. Im logischen Zirkelschluss bedeutet das: Zu unwichtig fürs Archiv, ergo irrelevant für die Öffentlichkeit. Das soll selbst für Chats gelten, in denen nach eigenen Angaben ein milliardenschweres Geschäft vereinbart wurde.

Im Wege steht dieser Logik allerdings der Buchstabe des Gesetzes. In der EU-Verordnung über den Dokumentenzugang heißt es wörtlich: „Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs“. Also nicht bloß für die, die auch im Archiv liegen. Die Europäische Ombudsfrau Emily O’Reilly erklärt nach einer Beschwerde von netzpolitik.org, die Kommission müsse die Herausgabe der Nachrichten Von der Leyens prüfen, selbst wenn diese nicht archiviert seien. Doch die Kommission weigert sich – und gibt weiterhin keine einzige Chatnachricht heraus.

Ob Von der Leyen und ihre Beamten damit durchkommen, entscheidet bald das Gericht der Europäischen Union. Die New York Times und ihre Brüsseler Bürochefin Matina Stevis-Gridneff klagen dort auf Herausgabe der Chats. „Amtsträger sollten nicht in der Lage sein, die Gesetze zur Informationsfreiheit zu umgehen, indem sie einfach von E-Mails auf Textnachrichten umsteigen“, sagt eine Pressesprecherin der Zeitung. Die Öffentlichkeit müsse in der Lage sein, „demokratische Kontrolle über die Regierung“ auszuüben.

Abgeordnete: Regeln an Realität anpassen

Obwohl der Spiegel bereits Ende 2021 über die umstrittene Löschpraxis der Kommission berichtete, hat sie bislang kaum Proteste ausgelöst. Doch inzwischen machen einige EU-Abgeordnete Druck auf die Kommission, transparenter zu werden. Die Weigerung der Kommissionschefin, sich an die Transparenzgesetze zu halten, zeigten „eine tiefe Verachtung für Demokratie und Rechenschaftspflicht“, kritisiert die niederländische Liberale Sophie in ‚t Veld gegenüber dem Recherchekollektiv #Missingmails. Die Kommission stehe nicht über dem Gesetz.

Die aktuellen Regeln stammten aus einer Zeit vor dem Internet, sagt der Grünenpolitiker Daniel Freund. „Wir müssen uns hier den Realitäten anpassen. Wenn heute per SMS oder WhatsApp über Milliardenverträge verhandelt wird, dann kann man sich nicht rausreden und behaupten, das seien keine relevanten Dokumente.“

Dass das Dokumentenmanagement der Kommission nicht auf der Höhe der Zeit ist, gesteht selbst Vizepräsidentin Věra Jourová ein. Ihr sei spätestens während der Covidpandemie klar geworden, „dass die Art, wie wir kommunizieren, sich verändert hat“. Die Kommission werde ein neues Gesetz vorschlagen, oder zumindest interne Regeln schreiben, verspricht Jourová. Darin werde sie klarstellen, welche Nachrichten archiviert werden müssen.

Dieses Versprechen Jourová liegt inzwischen eineinhalb Jahre zurück. Getan hat sich bislang wenig. Auf unsere Anfrage hin verweist der Pressesprecher auf das Arbeitsprogramm der Kommission für 2023. Darin steht, die EU-Behörde werde sich mit „Instrumenten zur Stärkung ihres Transparenzrahmens befassen, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten“. Was konkret geplant ist, lässt er offen.

Von der Leyen schweigt

Jourovás Chefin Von der Leyen schweigt inzwischen. Als sie wegen ihrer Rolle in den milliardenschweren Impfstoffkäufen Europäischen Parlament vorgeladen wird, setzen ihre Verbündeten durch, dass ihre Befragung hinter verschlossenen Türen stattfindet.

Für Von der Leyen sind Ausweichmanöver in Sachen SMS nichts Neues. Noch als deutsche Verteidigungsministerin gerät sie wegen Rüstungskäufen unter Druck. Als ein Untersuchungsausschuss im Bundestag die freihändige Vergabe von Beratungsverträgen kritisiert und Einblick in ihre SMS fordert, lässt sie bei ihrem Diensthandy eine „Sicherheitslöschung“ vornehmen. Ob Kriegswaffen oder Impfdosen, Von der Leyen lässt sich nicht in die Karten schauen. Kritik lässt sie, wie Rutte oder Frederiksen, an sich abperlen.

Als Von der Leyen Kommissionspräsidentin wird, veröffentlicht sie „politische Leitlinien“ für ihre Amtszeit. Ein Satz daraus sticht heute besonders hervor: „Wenn die Europäer Vertrauen in unsere Union haben sollen, müssen ihre Institutionen offen und über jeden Vorwurf in Bezug auf Ethik, Transparenz und Integrität erhaben sein.“

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben           —     202* 9.30 delovna seja članov in članic Evropskega sveta; stavba Evropa, BRUSELJ Foto: Nebojša Tejić/STA

NOG Brussel: Neelie Kroes

Unten           —         Danmarks statsminister Mette Frederiksen (S) håller sitt partiledartal vid Folkemødet i Allinge på Bornholm. Photo: News Øresund – Johan Wessman © News Øresund – Johan Wessman (CC BY 3.0). Detta verk av News Øresund är licensierat under en Creative Commons Erkännande 3.0 Unported-licens (CC BY 3.0). Bilden får fritt publiceras under förutsättning att källa anges. .The picture can be used freely under the prerequisite that the source is given. News Øresund, Malmö, Sweden News Øresund är en oberoende regional nyhetsbyrå som är en del av det oberoende dansk-svenska kunskapscentrat Øresundsinstituttet.. <a href=“http://www.newsoresund.org“ rel=“noreferrer nofollow“>www.newsoresund.org</a>. <a href=“http://www.oresundsinstituttet.org“ rel=“noreferrer nofollow“>www.oresundsinstituttet.org</a>

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KOLUMNE-Fernsicht-China

Erstellt von DL-Redaktion am 27. Mai 2023

Symbolschwere Gruppenbilder mit und ohne Dame

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Kolumne Fernsicht von  :  Shi Ming

Das erste Fotopaar der Tage rund um den 19. Mai 2023: In Hiroshima posieren Staatsoberhäupter der sieben Industrienationen für ein Gruppenfoto. Im Hintergrund ein Blick auf einen ruhigen See.

In Xi’an tun die Staatsoberhäupter der fünf zentralasiatischen Staaten mit Chinas Parteichef Xi Jinping in der Mitte dasselbe; auf einer Bühne, gesäumt von Staatsfahnen, im Hintergrund eine traditionelle chinesische Malerei, die schroffe Bergketten im Wolkenmeer zeigt. Steht das symbolisch für sieben maritime Na­tio­nen plus die EU gegenüber einer neuen Weltmacht mit fünf kontinentalen Nachbarn als potenziellen Verbündeten?

Das zweite Fotopaar: Die G7- SpitzenpolitikerInnen, zwei Frauen sind dabei, sitzen um einen runden Konferenztisch, dicht an dicht, auf Holzstühlen. Drei Männer, Joe Biden, ­Fumio Kishida und Emmanuel Macron, drehen sich zur Kamera und spenden so alle zusammen einem imaginären Publikum hinter der Kamera ihr pflichtbewusstes Lächeln.

Zum Vergleich: eine geräumige runde Tischreihe mit sechs schweren, wohlgepolsterten Sofas, ebenso geräumig voneinander getrennt. Frontal in die Kamera, also in eine imaginäre Weltöffentlichkeit, blickt nur Xi Jinping, Chinas starker Mann. Alle fünf Staatsführer sitzen mit dem Rücken zum Publikum. Niemand sieht ihre Mimik, vielleicht nur angedeutet, wie sie ihren Blick auf Xi richten. Steht das symbolisch für ein demokratisch gleichberechtigtes Miteinander gegenüber einem ehrerbietigen Audienzkreis?

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Das dritte Fotopaar: hier ein Arbeitsessen zu Abend – jede und jeder hat seine und ihre Portion vor sich, zu sehen sind noch Mikrofone –, da eine lange Tischreihe, reichlich gedeckt, Blumengesteck und allerlei Leckerbissen, im Hintergrund ein weitläufiger Vorhof, wo für die Tischgäste Tänze und Lieder dargeboten werden. Wie der chinesische Begleittext berichtet, sind die Darbietungen allemal in der Pracht der Tang-Dynastie, die nach offizieller Geschichtsschreibung die Blütezeit der chinesischen Zivilisation repräsentiert – mit blühendem Handel durch die Seidenstraße, deren Anrainer alle zentralasiatischen Staaten heute sind. Sie sind Geldempfänger aus Peking für das Projekt der chinesischen Weltstrategie One Belt One Road. Auch diesmal klingelte es wieder vielversprechend in der Kasse: 26 Milliarden Dollar als Darlehen, wenn die fünf in Zentralasien Pekings Willen Folge leisten.

Was die Fotos erzählen, mag der Fantasie eines jeden Einzelnen überlassen bleiben. Und: Peking will offiziell noch nicht gelten lassen, der Gipfel in Xi’an sei eine Gegendarstellung zu Hiroshima. Dennoch ist der Kontrast unübersehbar: In Hiroshima dreht sich alles darum, Russlands Aggressionskrieg bald zu beenden. Der Verlierer ist Moskau. Kein Wort davon in Xi’an. In Hiroshima betonten die G7 den Entschluss, auch Chinas erpresserischem Vorgehen gegen wirtschaftlich schwächere Staaten entgegenzutreten. Genau das wird in Xi’an dargeboten, wenn auch versüßt mit feudalem Prunk. Mit einer vielsagenden Fußnote: In Xi’an ist Chinas Verbündeter Russland abwesend. Moskau hat bis dato nie gefehlt, wenn es um Zentralasien, also um Russlands Hinterhof ging. Nutzt China Russlands Schwäche aus, um die eigene Einflusssphäre auszuweiten als ein neuer Hegemon, dem sich der Westen stellen will?

Quelle         :        TAZ-online            >>>>>           weiterlesen

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DL – Tagesticker 27.05.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 27. Mai 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Sicherheitspanne in Frankfurt vor Scholz Abflug  – . –  2.) Das Virus beendete die Pandemie, die Impfung half  – . –  3.) Wer gefährdet hier die Demokratie? 4.) Wenn Bullerbü-Kai eine Metropole erbt  – . –  5.) Wieder ignoriert der Westen eine rote Linie Putins  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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Es ist sollte doch eine große Ehre sein, von völlig Unbekannten erkannt und begrüßt zu werden. So etwas könnte unseren Gruß Onkel niemals widerfahren. Aber vielleicht war es ja auch ganz anders als es der Presse berichtet wurde ? Sie könnten ja Beiden in der Warteschleife schon etwas zusammen geraucht haben ?

Ungeplante Umarmung – Scholz bezeichnet Situation als »nicht dramatisch«.  Ein Mann schmuggelte sich in die Entourage des Kanzlers und umarmte Scholz auf dem Frankfurter Flughafen. Der gibt sich nun entspannt. Dass ihn Leute begrüßen wollen, beeindrucke ihn nicht besonders.

1.) Sicherheitspanne in Frankfurt vor Scholz Abflug

Eine schwere Panne beim Schutz des Bundeskanzlers versetzt Sicherheitskreise in Aufregung – lässt Olaf Scholz (SPD) aber nach eigenen Angaben unbeeindruckt. Ein Mann hatte sich in die Wagenkolonne des Kanzlers geschmuggelt und war mit ihr in den Sicherheitsbereich des Frankfurter Flughafens gekommen. Dort folgte er Scholz, schüttelte ihm die Hand und umarmte ihn. Der Kanzler hat sich nun betont gelassen über den Zwischenfall geäußert. »Was die Frage betrifft, dass mir Leute guten Tag sagen und mich begrüßen, ist das nie etwas, was mich besonders beeindruckt«, sagte Scholz. Und: »Ich hab auch diese Situation nicht als dramatisch empfunden.« Auf die Frage nach möglichen Konsequenzen antwortete der Kanzler: »Die Polizei leistet gute Arbeit, ich fühle mich in sicheren Händen.« Scholz äußerte sich in einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit den Regierungschefs der drei baltischen Staaten in Tallinn.

Spiegel-online

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Kann ein Staat nicht immer nur das vorzeigen, was die zur der Zeit in dieser Regierung sitzenden Politiker-innen dem Volk auch mitteilen wollen? Wer hatte denn immer von einer Herden Immunität gefaselt, um alte einst gelernte Weisheiten in die Neuzeit einzubringen ?

Nach Corona. – Der wichtigste Faktor zum Eintritt in das endemische Geschehen war die Ausbildung einer breiten Immunität gegen Covid. Unverhältnismäßige Maßnahmen des Staates und die Diffamierung von Ungeimpften erzeugten massive soziale Kollateralschäden.

2.) Das Virus beendete die Pandemie, die Impfung half

Die Covid-19-Pandemie – einschließlich der Maßnahmen mit dem Ziel ihrer Kontrolle – hat in den letzten drei Jahren gravierend in unser Leben eingegriffen. Wer aus den Erfahrungen dieser drei Jahre nicht lernen möchte, wird bei möglichen nächsten Epidemien oder Pandemien durch neue Krankheitserreger die gleichen Fehler begehen; zumal dann sehr wahrscheinlich eine neue Generation von Akteuren verantwortlich sein wird. Deshalb muss jetzt ehrlich festgestellt werden, welche Maßnahmen sinnvoll und welche unnötig oder schädlich waren. Und wodurch kam es zur Beendigung der Pandemie? Wie war das bei Aids? Vielleicht hilft es bei der Einordnung, zunächst eigene Erfahrungen aus der Bewältigung einer anderen Pandemie zu erwähnen. In den 1980er-Jahren brach eine deutlich bedrohlichere Viruspandemie aus: Aids. Die Sterblichkeit der Infizierten betrug vor der späteren Einführung der wirksamen Chemotherapie fast 100 Prozent (!), eine Schutzimpfung existiert bis heute nicht. Wie jede zuvor unbekannte Infektionsgefahr führte diese Erkrankung in einigen Kreisen der Bevölkerung zu Angst und auch Hysterie; Politik und Medien eingeschlossen. So gab es in der Bundesrepublik Vorstellungen zu Zwangstestungen von Risikopersonen sowie zur Zwangsquarantäne von Infizierten. Ein Gesundheitsminister, der derartige „vorsorgliche“ Stimmungen zur Infektionsbekämpfung aufgenommen oder sogar von sich aus aktiv angeheizt hätte, würde sicherlich einigen Schaden für das Land verursacht haben.

Cicero-online

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Haben es die für diesen Staat Verantwortlichen Politiker-inne vielleicht versäumt die Spitzenplätze ihrer Behörden mit den entsprechenden Fachpersonal zu besetzen um die auf den Hinterbänken ihrer Clan-Parteien sitzenden für ihre Wahlstimmen zu belohnen ? Dies Probleme sehen die Bürger-innen schon seit vielen, vielen Jahren.

Großrazzien bei der „Letzten Generation“, Rausschmiss einer antirassistischen Polizei-Dozentin: Deutsche Behörden bekämpfen lieber Aktivist_innen als Missstände. Wer bereit ist, für eine bessere Welt – sei es für Klimaschutz oder gegen Rassismus – zu kämpfen, erfährt Hass und Repression. Statt mutige Menschen zu schützen, bekämpft der Staat sie mit überzogenen Mitteln

3.) Wer gefährdet hier die Demokratie?

Man kennt es nur aus dem Film. Plötzlich wacht man auf, weil gegen deine Tür gedonnert wird. Und plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Weste vor deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich.“ So schildert die Klimaaktivistin Carla Hinrichs in einem Video die Durchsuchung ihrer Wohnung durch die Polizei am Mittwoch in Berlin-Kreuzberg. Sie habe noch geschlafen als die 25 Beamt_innen ihre Wohnungstür aufgebrochen haben. „Sie machen mir Angst“, sagt sie dann noch. Law-and-Order-Methoden im Umgang mit der Letzten Generation sind kein Novum. Doch der Großschlag im Auftrag des bayerischen Landeskriminalamts und der Generalstaatsanwaltschaft München am Mittwochmorgen hatte eine neue Qualität: 15 Hausdurchsuchungen in sieben Bundesländern, zwei beschlagnahmte Konten und sichergestellte Vermögenswerte, eine beschlagnahmte und auf die Adresse der Polizei Bayern umgeleitete Webseite sowie mehrere gesperrte E-Mailadressen. Auf der Seite der Generalstaatsanwaltschaft wurde die Großaktion wie folgt begründet: „Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß §129 StGB dar!“ Doch das ist eine Lüge. Denn auch für linke Aktivist_innen gilt die Unschuldsvermutung, und bislang laufen lediglich Ermittlungsverfahren. In Bayern und Brandenburg wird der Vorwurf einer kriminellen Ver­einigung nach Paragraf 129 geprüft.

TAZ-online

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Ja so ist das mit dem Tun und dem Sagen in der Politik. Vielleicht reden Politiker-innen darum auch immer so viel, da sie nie gelernt haben etwas sinnvolles zu Schaffen  ? 

Berlins Regierender: – Die deutsche Hauptstadt ist wieder eine Metropole. Die Wirtschaft boomt. Der Grund dafür ist ein Klima, das die Union nicht versteht. Wie geht es jetzt weiter an der Spree?

4.) Wenn Bullerbü-Kai eine Metropole erbt

In der Politik kommt es mehr auf das Tun als auf das Sagen an. Dennoch ist die Regierungserklärung des neuen Berliner Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) bemerkenswert. Seine Vision passt in die Boulevard-Zeile, Berlin sei eine „Welt-Metropole und kein Bullerbü“. Wer das ein wenig sacken lässt, bekommt ein ungutes Gefühl. Als spräche hier nämlich jemand, der den Status Berlins gefährdet, weil er von „Metropole“ wenig versteht – wie übrigens auch von Bullerbü. Stammt nämlich nicht viel eher als die „Linksgrünen“, die er meint, Kai Wegner selbst aus Astrid Lindgrens heiler Welt, wo die Gartenzäune noch stehen, die Hierarchien intakt sind und unartige Kinder in den Schuppen kommen? Was weiß er von der „Welt-Metropole“, die Berlin zuletzt vor hundert Jahren war? Von seinen Kulturavantgarden, anarchistischen Umtrieben, organisiertem Verbrechen, von der Libertinage und dem Nachtleben, das schon immer Müll, Urin und Kotze hinterließ? Ja, Berlin hat seit etwa 15 Jahren wieder internationale Strahlkraft, trotz der kaputten Infrastruktur. Versteht aber Wegner, woran das liegt? Spürt er das Klima, dass etwa jene jungen Leute mit den „kreativen“ Berufen aus aller Welt in die Stadt strömen lässt. Kreuzberg schlägt Mariendorf.

Freitag-online

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Der Westen müsste eigentlich in den letzten Jahren erfahren haben, wie Schmerzvoll ein Versagen in Fremden Länder ist! Da wurden die Mäuler weit aufgerissen um dann auf die Schnelle einen  Schmachvollen  Rückzug angetreten. Die Herrschaft der Sklaverhalter ist endgültig abgelaufen !

Experten warnen : „Zeichen der Eskalation“ ! Die USA liefern der Ukraine F-16-Kampfjets, obwohl Moskau einmal mehr mit der „roten Linie“ droht. Experten warnen vor einer möglichen Konsequenz Russlands.

5.) Wieder ignoriert der Westen eine rote Linie Putins

Jetzt also doch: Die USA haben der Ukraine die Lieferung von F-16-Kampfjets zugesagt. Inflationär droht Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato mit der „roten Linie“. So tat er es auch, kurz bevor die nächste Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Joe Biden in Washington zum Ukraine-Krieg, in diesem Fall zu den Kampfflugzeugen, bekannt wurde. Nach F-16-Zusage an Ukraine: Stellt Russland den Westen erneut als Aggressor hin? Wann wie viele F-16 „Fighting Falcons“ kommen sollen; und wann die Ausbildung der Piloten überhaupt abgeschlossen sein wird – völlig offen. Dennoch gehen Experten schon jetzt davon aus, dass Russland die mutmaßliche Provokation nicht auf sich sitzen lassen wird. Zumindest verbal nicht. Den Analysten zufolge könnten Moskau-Machthaber Wladimir Putin und sein Regime die neuerliche Waffenlieferung, die mit den Kampfflugzeugen eine neue Kategorie erreicht hat, erneut dazu nutzen, den Westen als vermeintlichen Aggressor hinzustellen. „Rote Linie“ für Wladimir Putin? Ukraine bekommt von Nato F-16-Kampfjets „Putin könnte die Lieferung von Kampfflugzeugen durchaus als eine rote Linie betrachten, obwohl abzuwarten bleibt, ob, wann und wie Russland reagieren wird“, erklärte etwa Tom Roberts, Assistenzprofessor am Smith College in Massachusetts dem US-amerikanischen Nachrichtenmagazin Newsweek.

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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