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Archiv für Mai 21st, 2023

Gran Chaco, Paraguay

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Mai 2023

Grüne Zeiten, schlechte Zeiten

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Von Jürgen Vogt

Der Gran Chaco ist nach dem Amazonas-Regenwald das größte Waldgebiet in Süd­amerika. Doch immer schneller wird hier für die Viehzucht gerodet. Wird das Freihandels­abkommen mit der EU die Rodungen weiter beschleunigen? Ein Besuch bei Umwelt­schützern, Viehzüchtern und Indigenen

Sanft hebt der kleine Heli­kop­ter ab, dreht eine Schleife und schraubt sich nach oben. Der Flug geht über den Wald im Norden Argenti­niens. Aus der Höhe sind drei verschiedene Grüntöne zu erkennen. „Das dunkle Grün ist Wald, das hellere sind gerodete Flächen und das Hellgrün sind die künstlich angelegten Weiden“, sagt Noemi Cruz von der Waldkampagne Greenpeace Argentina.

Greenpeace Argentina fordert den sofortigen Stopp der Abholzungen und dokumentiert die Entwaldung im Norden des Landes. Mit Beobachtungen vor Ort und Satellitenbildern. „Was wir da unten sehen, ist das hier“, sagt Cruz und zeigt auf ihren Laptop. Auch hier sind die drei Schattierungen deutlich zu erkennen, wie mit der Rasierklinge gezogen unterteilen sie die Bilder in Wald-, Kahlschlag- und Weideflächen.

Der ursprüngliche Wald in Formosa ist Teil des Gran Chaco, ein Waldgebiet, das sich über Argentinien, Paraguay und Bolivien erstreckt. Mit mehr als 1 Million Quadratkilometer ist der Gran Chaco das zweitgrößte Waldökosystem in Südamerika. In Sachen Artenvielfalt steht er dem international weitaus bekannteren Amazonas-Regenwald kaum nach: 3.400 Pflanzenarten gibt es hier, 500 Vogel-, 150 Säugetier-, 120 Reptilien- und 100 Amphibienarten, so die neuesten Erhebungen.

Leicht gebeugt fliegt der Helikopter. Am Horizont schlängelt sich der Río Bermejo in braunen Kurven durch den Wald. Unten sind jetzt die scharfen Kanten zwischen den verschiedenen Grüntönen klar zu erkennen. Kleine braune Punkte bewegen sich auf dem Hellgrün. „Rinder, die auf den neu angelegten Weiden grasen“, sagte Noemi Cruz und deutet auf einen gelben Punkt im dunklen Grün: „Ein Bulldozer.“ Der Hubschrauber geht tiefer, zieht Kreise über dem Bagger, der mit seiner Stahlplatte voraus den Wald niederreißt. Der Lärm des Rotors übertönt das Krachen und Knacken der umgeknickten und fallenden Bäume.

30.000 Hektar werden pro Jahr abgeholzt

Argentinien gehörte einmal zu den zehn Ländern mit der größten Wald­fläche der Erde. Die seit 1976 erstellten Statistiken zeigen, dass immer mehr abgeholzt wird – im Gran Chaco noch schneller als im Amazonas-Regenwald. Um der Abholzung Einhalt zu gebieten, wurde 2007 ein viel gelobtes Waldschutz­gesetz in Kraft gesetzt. Die Provinzen sollten Bestandsaufnahmen ihrer noch vorhandenen Wälder machen und in drei Schutzzonen einteilen: eine rote, strenge Schutzzone, eine gelbe Zone für gemischte Nutzung von Forst- und Landwirtschaft, aber ohne Ab­holzung, und eine grüne Zone für weitgehend freigegebene Ab­holzung.

In Formosa erwies sich das Schutzgesetz als Bumerang. 45 Prozent der 7 Millionen Hektar Wald wurden als grün ausgewiesen, 65 Prozent davon dürfen gerodet werden. Anstatt sie zu bremsen, wurde die Abholzung des Walds legalisiert. Die Grundbesitzer in den grünen Zonen freuten sich über die stark gestiegenen Preise ihrer Waldflächen. Im Durchschnitt werden hier jedes Jahr 30.000 Hektar abgeholzt. Wenn diese Geschwindigkeit beibehalten wird, ist bald nicht mehr viel von einem zusammenhängenden Waldgebiet übrig.

Nachdem der Helikopter von seinem Flug zurückkehrt, werden die neuen Beobachtungen ausgewertet. „Wenn das Abkommen EU-Mercosur in Kraft tritt, wird der Abholzungsdruck auf die letzten ursprünglichen Wälder Argenti­niens immens steigen“, sagt Noe­mi Cruz. „Die Zerstörung des Walds ist ein Verbrechen und sollte als Straftat verfolgt werden.“

Am kommenden Donnerstag tagt der EU-Rat für Auswärtige Angelegenheiten in Brüssel zum Thema Handel. Dabei soll auch über den Stand der Dinge beim Freihandelsabkommen mit der lateinamerikanischen Wirtschaftsorganisation Mercosur gesprochen werden, über das seit mehr als 20 Jahren verhandelt wird. Vor drei Jahren wurde dabei eine Einigung erzielt, das Abkommen ist aber auch wegen fehlender Umwelt- und Klimaschutzbestimmungen noch nicht ratifiziert. Geht es nach dem Willen des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin, soll es mit entsprechenden Zusatzvereinbarungen schleunigst in Kraft treten.

Und unten, auf dem Boden der Tatsachen, sehen manche die Rodungen weniger dramatisch als Greenpeace.

„Das Einzige, was der Wald bringt, ist Armut, Elend und Unterernährung. Der Wald produziert keine Nahrungsmittel“, sagt Juan de Hagen. Produktionsleiter von „El Torro“. Mit seinem Pickup ist er auf dem Weg zur Rinderfarm. „Nach dem Waldschutzgesetz von 2007 haben wir in Formosa ein Abholzungspotenzial von 3 Millionen Hektar Wald“, sagt er und deutet auf den entlang der Landstraßen stehenden Wald. Davon könnten 2 Millionen in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt werden. Dieses Potenzial nicht zu nutzen, hieße, die Provinz und ihre Menschen zur Armut zu verurteilen.

Ginge es nach de Hagen, würde in Formosa der ganze Wald in Weideland verwandelt. „In-Produktion-Setzung“ nennt er das. „In Formosa kostet ein Hektar Wald zwischen 300 und 400 Dollar“, rechnet er vor. „Dazu kommen etwa 500 Dollar für Rodung und Umwandlung in Weideland.“ Das ist viel billiger als in Argentiniens Kernland, wo zwischen 10.000 und 14.000 Dollar pro Hektar Ackerland verlangt wird. Die Aussicht auf derartige Wertsteigerungen hat Immobilienunternehmen auf den Plan gerufen, die Waldflächen aufkaufen, entwalden lassen und auf einen profitablen Weiterverkauf hoffen.

De Hagen hat den Pickup am Straßenrand abgestellt und steigt über den Drahtzaun einer Weide. „Hier ist nichts abgeholzt. Die Rinder dort stehen auf der früheren Sandbank eines Flusses“, sagt er und deutet auf eine Herde brauner und schwarzer Bradford- und Brangus-Rinder. Bradford und Brangus sind Kreuzungen mit den aus Asien stammenden Zebu-Rindern. Sie können den extremen Temperaturen im Sommer standhalten.

Auf „El Torro“, benannt nach dem Stier, ist der Name Programm. Die Rinderfarm umfasst 5.200 Hektar Fläche. 1.900 Hektar sind Weideland, 560 Hektar Ackerland für den Anbau von Mais. Der Rest ist Wald – noch. Bis zu 3.600 Rinder werden pro Jahr produziert. „Jungrinder aus hundertprozentiger Weidewirtschaft für den Export“, sagt de Hagen. Erst vor ein paar Tagen hätten sie vier Lkws mit 200 jungen Ochsen beladen. Jeder mit etwa 500 Kilo, bestimmt für einen Schlachthof in Rosario mit dem anschließenden Exportziel EU.

Aber de Hagen ist wütend auf Europa. Was den 39-Jährigen aufregt, ist die neue EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten. Sie verbietet die Einfuhr und den Verkauf von Rindfleisch und Sojabohnen, deren Produktion mit Entwaldung in Verbindung stehen. Seit Anfang des Jahres müssen Importunternehmen nachweisen, wann und wo diese produziert wurden, und überprüfbare Angaben machen, dass sie nicht von Waldflächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurden.

Was für die EU dem Schutz des Walde und des Klimas dienen soll, ist für de Hagen eine Einmischung in die Angelegenheiten seines Landes. „In Europa haben sie seit den Zeiten der Römer alle Wälder abgeholzt, und jetzt wollen sie uns das verbieten.“ Die heutigen EU-Bürokraten und -Parlamentarier seien sicher nicht dafür verantwortlich, dass in Europa keine ursprünglichen Wälder mehr stünden, so de Hagen. Aber sie würden dafür dem Rest der Welt auch keine Bußgelder zahlen. „Wenn der Wald in Lateinamerika einen Umweltservice leisten soll, in dem er unangetastet bleibt, dann sollte die EU dafür auch eine Gegenleistung erbringen“, sagt er.

Seit dem Beginn des Soja- und Maisbooms in den Nullerjahren werden im Kernland der argentinischen Landwirtschaft zunehmend Flächen für deren Anbau genutzt. Der Anbau von Ölsaaten und Getreide garantiert weitaus mehr Rendite als die Rinderzucht. In den Provinzen Buenos Aires, Santa Fe und Córdoba wurde in großem Umfang Weideland in Ackerland umgewandelt. Inzwischen wird auf jedem noch so kleinen Zipfel Anbau betrieben. Viehwirtschaft dagegen ist mobiler als Ackerbau, lautet eine Produzentenweisheit. Und so drängt die Rinderzucht immer weiter nach Norden und erschließt neue Weideflächen. Einst marginale Provinzen wie Formosa mit ihren unrentablen Wäldern geraten in den Fokus, wenn es darum geht, neue Flächen für die Rinderzucht zu gewinnen.

Darauf, dass sich dieser Prozess entschleunigen könnte, deutet nichts hin. Im Gegenteil, die massive Steigerung der Produktion von Agrarerzeugnissen für den Export ist Staatspolitik, unabhängig davon, welchem politischen Lager die jeweilige Regierung angehört.

Wenn das Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und der Europäischen Union in Kraft treten sollte, dürften die Exporte aus den landwirtschaftlich hochentwickelten zentralen Regionen Argentiniens deutlich zunehmen. Die Produktion ohne Schutzklauseln für andere Abnehmerländer dürfte sich dagegen nach Norden verlagern, auch nach Formosa. Der Druck auf die Wälder wird steigen – und die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten droht ihr Ziel zu verfehlen. „Was den Wald gerade am meisten schützt, sind die weiten Transportwege“, sagt Juan de Hagen. Bisher muss das Vieh aus Formosa weite Strecken zu den Schlachthöfen und dann über 1.000 Kilometer zum Exporthafen in Rosario gebracht werden. Auch de Hagen hat heute noch einen weiten Weg vor sich, er verabschiedet sich, und fährt in seinem Pickup davon.

Lange war der Gran Chaco ein ungestörtes, zusammenhängendes Waldgebiet für die dort lebenden indigenen Völker. Die Sommer sind hier ex­trem heiß, während es im Winter sogar Frost geben kann. Europäische Kolonisatoren und Einwanderer bevorzugten deshalb andere Regionen. Der Name „Chaco“ stammt aus der indigenen Sprache Quechua. Das Wort cha bezeichnet eine ruhende Sache, und das Suffix cu drückt den Plural aus. Und „Chacu“ war auch eine Jagdmethode: Ein Ring von Jägern kreiste ein Waldstück ein und verengte den Kreis immer mehr.

„Wir Indigene haben existiert, bevor es den Nationalstaat gab und bevor Kolumbus und all die anderen kamen. Wir waren Nomaden und sind von Zeit zu Zeit weitergezogen“, sagt Noolé vom Volk der Pilagá. Für den Nationalstaat heißt sie Zipriana Palomo. „Als wir Personalausweise bekamen, wurde wir als weiblich oder männlich eintragen, unser Alter wurde geschätzt.“ Damals konnten viele weder lesen noch schreiben und schon gar nicht Spanisch verstehen. Auf den Ämtern hätten sie oft abwertende oder hässliche Namen bekommen. „Mir haben sie den Namen Zipria­na Palomo gegeben. Meine Mutter nannte mich Noolé“, sagt sie.

Noolé macht sich auf den Weg zum Kürbisfeld ihrer Chacra. Chacras werden in Argentinien die kleinen Farmen genannt. „Wir denken gar nicht darüber nach, wie viel Geld das Land wert ist“, sagt sie. Am Ende des Pfads öffnet sich der Wald zu ihrem Feld. Rinder muhen in der Ferne, nicht sichtbar, aber deutlich hörbar. „Dort hinten haben sie den Wald gerodet und Weiden angelegt“, sagt sie und zeigt in die Richtung, aus der das Muhen der Tiere kommt.

Quelle      :        TAZ-online          >>>>>      weiterlesen

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Entwaldung im Gran Chaco, Paraguay

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Gefährlicher Stimmenfang

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Mai 2023

CDU, FDP, AfD und die Wärmewende

Von Johanna Henkel-Waidhofer

Union und FDP setzen auf billige Geländegewinne, indem sie die Gesellschaft verunsichern, speziell bei Migration und Klimaschutz. Dafür nehmen sie nicht zum ersten Mal die Stärkung des rechten Rands kalt lächelnd in Kauf.

„In blanker Panik“, so der Schwäbisch Gmünder AfD-Abgeordnete Ruben Rupp neulich im baden-württembergischen Landtag, werde das Programm seiner Partei abgeschrieben. Die Behauptung hat leider einen wahren Kern. Denn einerseits kritisieren Christdemokrat:innen und Liberale die „Alternative für Deutschland“ als nicht an Lösungen und nur an Stimmungen interessiert. Andererseits aber haben sie etliche der Positionen tatsächlich übernommen: vom Grenzschutz samt -kontrollen bis zu Fragen von Abschiebung und Duldung. Aktuell wird sogar, mit angestoßen von der FDP, wieder darüber diskutiert, an Asylbewerber:innen nur noch Sachleistungen auszugeben.

Alle Vor- und Nachteile sind seit Langem gründlich untersucht und vielerorts weite Teile der Versorgung ohnehin bereits umgestellt. Wenn die Betroffenen aber gar kein eigenes Bargeld mehr bekommen, muss bis hin zum ÖPNV-Fahrschein oder der Empfängnisverhütung der Staat als Beschaffer auftreten und jede Kleinigkeit individuell aushändigen. 2015 hatte der damalige CDU-Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine erste Ausweitung des Sachleistungsprinzips auf den Weg gebracht. Unter anderem der Deutsche Kinderschutzbund lief Sturm dagegen, weil es nicht integrationsfördernd sei, wenn Eltern keine Chance hätten, mit ihren Kindern wenigstens im Ansatz ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Annelie Buntenbach (Grüne), bis 2020 im DGB-Bundesvorstand, kritisierte solche Ideen als „Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten und Rechtsextremen“. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warf dem Minister „gefährliche Stimmungsmache“ vor und verwies auf das Bundesverfassungsgericht, das klare Vorgaben gemacht habe.

Wie die AfD: Gefühle statt Fakten

Die Situation 2023 ist aber auch deshalb speziell, weil die Themen Asyl und Flucht vorsätzlich vermengt werden. Den rund 33.000 Asylbewerber:innen, die seit März 2022 in Baden-Württemberg aufgenommen wurden – etwa 9.000 davon in den vergangenen vier Monaten –, stehen 162.000 geflüchtete Ukrainer:innen gegenüber. Selbst bei den Letzteren würde CDU-Landtagsfraktionschef Manuel Hagel gern die Geldleistungen „an das europäische System angleichen“, spricht von einem „deutschen Sonderweg“ und davon, dass dieser Ukrainer anzieht, die bereits in anderen europäischen Ländern untergekommen seien. Belastbare Zahlen dafür gibt es nicht. Sein Bundesvorsitzender Friedrich Merz hatte ukrainischen Geflüchteten schon im Herbst „Sozialtourismus“ unterstellt, sich später entschuldigt, aber der Stein war ins Wasser geworfen. Und zieht seither seine Kreise. „Wir haben die falschen Anreize – Bürgergeld, hohe Asylleistungen –, und das ist der Magnet“, sagt der Schwäbisch Haller AfD-Abgeordnete Udo Stein im Stuttgarter Patlament. Justizministerin Marion Gentges (CDU) widerspricht nicht.

Dabei läuft vor allem die Union Gefahr – nicht zum ersten Mal –, in die Falle falscher Inhalte und einer allzu populistischen Tonlage zu tappen. Der Duden präsentiert übrigens eine leicht zu erfassende Lektüre zum Thema. Populismus sei eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (…) zu gewinnen“. Baden-Württembergs Landeszentrale für politische Bildung wird besonders deutlich: „Populismus verkürzt, dramatisiert und emotionalisiert bewusst komplizierte gesellschaftliche Fragen und behauptet, dass die Lösung dieser Fragen im Grunde ganz einfach wäre.“ Der damalige Spitzenkandidat Guido Wolf (CDU) hatte 2016 jedenfalls mit seinem rabiaten Kurs in der Flüchtlingspolitik der noch im Herbst 2015 bei drei Prozent darniederliegenden AfD mit zu neuem Auftrieb verholfen.

„Wo können wir gegen Ausländer unterschreiben?“

Die Lektion hätte schon in den Neunziger Jahren sitzen müssen, als die aufgeheizte Debatte um die Änderung des Grundrechts auf Asyl die rechten Republikaner in die Parlamente schwemmte. Statt innezuhalten und nachzudenken, reagierten die beiden Parteien mit dem C im Namen mit einem weiteren Rechtsruck. Sogar Günther Oettinger, damals CDU-Landesfraktionschef, warnte seine Partei, sich nach rechts zu öffnen, weil Populisten und Nationalisten mit immer noch schärferen Parolen („Das Boot ist voll“) Stimmen holen könnten. Er hatte recht.

Bis heute hängt Deutschland insbesondere bei der Suche nach Fachkräften die damalige Kampagne der CDU in den Kleidern. Vor der hessischen Landtagswahl 1999 war mit einer bundesweiten Unterschriftensammlung die Stimmung angeheizt worden gegen die eigentlich schon lange überfällige Einführung der doppelten Staatbürgerschaft durch die neue rot-grüne Landesregierung. Der Coup gelang: Roland Kochs CDU, noch kurz zuvor demoskopisch deutlich hinter der mit den Grünen koalierenden SPD, drehte den Trend und gewann mit gut 43 Prozent und vier Punkten Vorsprung. Und regiert bis heute. „Wir wollen“, so damals der neue Ministerpräsident, „dass in Deutschland weiter Kirchenglocken läuten und nicht Muezzine rufen.“ Gut ausgebildete Türk:innen gingen zurück in die Heimat ihrer Eltern. Und hierzulande ist eine neue Klassengesellschaft entstanden, in der sich immer neue Jahrgänge aus Milieus mit nichtdeutschen Wurzeln immer weniger integrieren wollen.

Vier Millionen Unterschriften wurden schlussendlich bundesweit gesammelt, an vielen Ständen bildeten sich lange Schlangen. Nur zu oft mündete die vielleicht gerade noch akzeptable Abwägung der Pros und Contras für zwei Pässe in die schlicht falsche und zudem bösartige Frage: „Wo können wir gegen Ausländer unterschreiben?“

„Und wo gegen Klimaschutz?“

Fast ein Vierteljahrhundert danach werden wieder Unterschriften gesammelt: gegen die Erneuerbare-Wärme-Pläne der Bundesregierung, personalisiert und zugespitzt auf Robert Habeck. 16 Jahre lang hat die Union zentrale Entscheidungen im Kampf gegen die Erderwärmung gescheut. Nun stilisiert die Union diejenigen, die jetzt handeln, zum Feind des Volkes und sammelt Unterschriften gegen das geplante Wärmewendegesetz. Diese Kampagnen der Union im Saarland, in Sachsen, in Bayern und auf der Bundesebene könnten zu ähnlichen Reflexen Unterschriftswilliger führen wie bei denen gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, nämlich: „Wo können wir gegen den Klimaschutz unterschreiben?“

Schließlich spricht die stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp aus Waiblingen von einer „Mobilisierungskampagne“, nicht nur Spaltung und Desinformation in Kauf nehmend, sondern sogar munter vorantreibend: „Wir brauchen eine Wärmewende ohne soziale Kälte.“ Jetzt auf einmal, nachdem sich die Schere zwischen Arm und Reich in der Republik seit vielen Jahren durch politisches Nichtstun immer weiter öffnet. Erst recht mobilisieren will Markus Söder (CSU), hat er doch im Herbst bayerische Landtagswahlen zu bestehen. Unter dem Motto „Lassen Sie sich nicht von der Ampel kaltstellen“ werden hier ebenfalls Unterschriften gesammelt. Unter anderem für den „Schutz des Privateigentums“ und dafür, „dass Eigentümer selbst entscheiden können, wie sie heizen wollen“.

Acht Jahren später sind diese Argumente alles anders als entkräftet. Gerade Liberale hindert das aber nicht daran, die alte Leier anzuschlagen. „Wir müssen auch darüber nachdenken, den Flüchtlingen weniger Geld, sondern mehr in Sachleistungen zu geben“, sagt der Böblinger Landtagsabgeordnete Hans Dieter Scherer, seines Zeichens migrationspolitische Sprecher. Christian Dürr („Wir dürfen nicht blauäugig sein“), FDP-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, wird noch deutlicher und fabuliert vom immer und immer wieder bemühten Pull-Faktor. Gut könne sein, dass Menschen wegen der Geldleistungen in die sozialen Sicherungssystem einwandern, lässt er die Republik über „Bild“ wissen und dass zur Entlastung der Kommunen in den Erstaufnahmen Kleidung, Nahrung und Hygieneartikel ausgegeben werden könnten. Sein zu kurzer Schluss: Deutschland müsse weniger attraktiv für Asylbewerber werden. Wie ein schlechter Witz liest es sich da, dass dieselben Liberalen die Ausbildungssituation und den Fachkräftemangel beklagen. Wäre 2015, 2016, 2017 und danach der Umstieg von der Duldung hin in Ausbildung und Arbeit ermöglicht worden, müssten Unternehmen oder Wirtschaftsverbände heute nicht jammern und klagen.

Quelle          KONTEXT: Wochenzeitung-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben       —   Impresionen aus der Fraktionssitzung der CDU des Landtages Baden-Württemberg

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Unten     —       “Without food, our family would not survive. I thank the UK for helping me and my children in our time of need. Many, many thanks!” Hawa Maiga, 45, is just one of thousands of people that have been directly affected by this crisis. Britain and others countries are working hard to ensure everyone that needs help receives it. Hawa comes from Gao, one of Mali’s northern towns that has been acutely affected by conflict in recent times. Even in February this year, violent clashes occurred between rebel fighters and French and Malian forces, making life in Gao unbearable. “I really want to return to my home but I cannot“, she says. Fighting is continuing, even to this day – it is too dangerous. The protection of my loved ones is my only priority.” Out of approximately 61,000 internally displaced people (IDPs) that are currently registered in Bamako, WFP is helping support 12,000 of the most vulnerable. Photo: Derek Markwell/DFID

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Fünf Jahre silence-ein O.Ton

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Mai 2023

Die Stimme von Julian Assange ist wieder zu hören

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Craig Murray, 7. Mai 2023  (übersetzt von Daniela Lobmueh)

Obwohl er wegen nichts verurteilt wurde und sich lediglich in „Verwaltungshaft“ befindet, für die die Unschuldsvermutung gilt, ist Julian Assanges Stimme seit fünf Jahren praktisch zum Schweigen gebracht worden.
Der Ort des Schreckens und der unmenschlichen Haft, das Londoner Belmarsh-Gefängnis, in dem Terroristen inhaftiert werden, hat verhindert, dass die Welt seine Stimme hören kann. Journalisten dürfen ihn nicht besuchen – selbst Nichtregierungsorganisationen wurden daran gehindert, mit der fadenscheinigen Begründung, sie seien Journalisten und könnten seine Gedanken an die Außenwelt weitergeben.
Ich weiß nicht wie, aber irgendwie hat Julian es geschafft, einige Gedanken unter dem Vorwand eines Appells an König Karl wegen der Haftbedingungen zu verschicken. Der Text ist natürlich stark sarkastisch, und das Thema ist begrenzt, aber zumindest kann er die Welt an Julians schreckliches Schicksal erinnern.
Ich kenne die furchtbare, sinnlose Unmenschlichkeit, von der er spricht, die dummen Regeln, die Isolation, die völlige Verschwendung von Geld und menschlichem Potenzial ohne nützliches Ergebnis. In der Woche, in der ich das Gefängnis von Saughton verließ, starben zwei Menschen. Wenn Sie die Augen schließen, können Sie vielleicht die schöne Tenorstimme von Julians Freund hören, der Selbstmord beging.

An Seine Majestät König Charles III,
Anlässlich der Krönung meines Lehnsherrn hielt ich es für angemessen, Euch herzlich einzuladen, diesen bedeutenden Anlass mit einem Besuch in Eurem eigenen Königreich im Königreich zu begehen: dem Gefängnis Seiner Majestät in Belmarsh.
Sicherlich erinnern Sie sich an die weisen Worte eines berühmten Dramatikers: „Die Qualität der Barmherzigkeit ist nicht angestrengt. Sie tropft wie der sanfte Regen vom Himmel auf den Ort darunter.“
Aber was wüsste dieser Barde von Barmherzigkeit angesichts der Abrechnung, die zu Beginn Eurer historischen Herrschaft ansteht? Schließlich kann man das wahre Maß einer Gesellschaft daran erkennen, wie sie ihre Gefangenen behandelt, und Euer Königreich hat sich in dieser Hinsicht sicherlich hervorgetan.
Das Gefängnis Belmarsh Eurer Majestät befindet sich an der prestigeträchtigen Adresse One Western Way, London, nur eine kurze Fuchsjagd vom Old Royal Naval College in Greenwich entfernt. Wie reizvoll muss es sein, dass eine so angesehene Einrichtung Ihren Namen trägt.
Hier sind 687 Ihrer treuen Untertanen inhaftiert, die das Vereinigte Königreich als die Nation mit der größten Gefängnispopulation in Westeuropa ausweisen. Wie Ihre edle Regierung kürzlich erklärt hat, erlebt Ihr Königreich derzeit „die größte Erweiterung von Gefängnisplätzen seit über einem Jahrhundert“, wobei ihre ehrgeizigen Prognosen einen Anstieg der Gefängnispopulation von 82.000 auf 106.000 innerhalb der nächsten vier Jahre vorsehen. Das ist in der Tat ein großes Erbe.
Als politischer Gefangener, der nach dem Willen Eurer Majestät im Auftrag eines beschämten ausländischen Souveräns festgehalten wird, ist es mir eine Ehre, in den Mauern dieser erstklassigen Einrichtung zu leben. Wahrlich, Euer Königreich kennt keine Grenzen.

Während Ihres Besuchs werden Sie Gelegenheit haben, sich an den kulinarischen Köstlichkeiten zu laben, die für Ihre treuen Untertanen mit einem großzügigen Budget von zwei Pfund pro Tag zubereitet werden. Genießen Sie die gemischten Thunfischköpfe und die allgegenwärtigen rekonstituierten Formen, die angeblich aus Huhn hergestellt werden. Und keine Sorge, anders als in weniger bedeutenden Anstalten wie Alcatraz oder San Quentin gibt es kein gemeinsames Essen in einer Kantine. In Belmarsh speisen die Gefangenen allein in ihren Zellen, was die größtmögliche Intimität der Mahlzeit gewährleistet.
Abgesehen von den geschmacklichen Genüssen kann ich Ihnen versichern, dass Belmarsh Ihren Untergebenen reichlich Gelegenheit zur Bildung bietet. In Sprüche 22:6 heißt es: „Erziehe ein Kind in dem Weg, den es gehen soll, und wenn es alt ist, wird es nicht davon abweichen.“ Beobachten Sie die Warteschlangen an der Medikamentenausgabe, wo die Insassen ihre Rezepte nicht für den täglichen Gebrauch, sondern für die horizonterweiternde Erfahrung eines „großen Tages“ sammeln – und das alles auf einmal.
Sie werden auch die Gelegenheit haben, meinem verstorbenen Freund Manoel Santos die letzte Ehre zu erweisen, einem schwulen Mann, dem die Abschiebung nach Bolsonaros Brasilien drohte und der sich nur acht Meter von meiner Zelle entfernt mit einem kruden Seil aus seinem Bettlaken das Leben nahm. Seine exquisite Tenorstimme ist nun für immer verstummt.
Wenn Sie weiter in die Tiefen von Belmarsh vordringen, werden Sie den isoliertesten Ort innerhalb der Mauern finden: Das Gesundheitswesen, oder „Hellcare“, wie es seine Bewohner liebevoll nennen. Hier werden Sie sich über vernünftige Regeln wundern, die der Sicherheit aller dienen, wie z. B. das Verbot von Schach, während das weit weniger gefährliche Spiel Dame erlaubt ist.
Tief im Inneren von Hellcare befindet sich der herrlichste Ort in ganz Belmarsh, ja im ganzen Vereinigten Königreich: die Belmarsh End of Life Suite mit ihrem erhabenen Namen. Wenn Sie genau hinhören, werden Sie vielleicht die Schreie der Gefangenen hören: „Bruder, ich werde hier drin sterben“, ein Zeugnis für die Qualität des Lebens und des Todes in Ihrem Gefängnis.
Aber keine Angst, in diesen Mauern gibt es auch Schönes zu entdecken. Erfreuen Sie sich an den malerischen Krähen, die im Stacheldraht nisten, und an den Hunderten von hungrigen Ratten, die Belmarsh ihr Zuhause nennen. Und wenn Sie im Frühjahr kommen, können Sie vielleicht sogar einen Blick auf die Entenküken erhaschen, die von verirrten Stockenten auf dem Gelände des Gefängnisses als Eier abgelegt wurden. Aber zögern Sie nicht, denn die gefräßigen Ratten sorgen dafür, dass ihr Leben nur von kurzer Dauer ist.
Ich beschwöre Euch, König Charles, das Gefängnis seiner Majestät Belmarsh zu besuchen, denn es ist eine Ehre, die einem König gebührt. Möget Ihr Euch zu Beginn Eurer Regentschaft immer an die Worte der King James Bibel erinnern: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (Matthäus 5:7). Und möge die Barmherzigkeit die Richtschnur Deines Reiches sein, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Mauern von Belmarsh.
Ihr ergebenster Untertan,
Julian Assange (A9379AY)

Ich denke, dass meine eigene Aussage, als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, hier einen weiteren Blick wert ist, da ich ähnliche Dinge über die Haftbedingungen gesagt habe. Ich habe damals auch erklärt: „Ich werde mich erst dann wirklich frei fühlen, wenn auch mein Freund und Kollege Julian Assange frei ist“.
Das ist nach wie vor absolut der Fall.

Craig Murray (übersetzt von Daniela Lobmueh mit Deepl.com)
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Siehe auch:

Assange: 3sat verschweigt Menschenrechtsverletzung

Warum der Assange-Unterstützer Craig Murray in Haft sitzt

Assange-Ankäger Kromberg in der Kritik

Zeuge der Anklage gegen Assange gesteht Falschaussage

Solidarität mit Julian Assange

Assange-Schauprozess-Chronik

(meist nach Craig Murray von Hannes Sies & Daniela Lobmueh)

Snowden: Es ist ein Schauprozess gegen Assange -Bericht von Craig Murray 8.9.2020

http://scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews[pointer]=14&tx_ttnews[tt_news]=74949&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=3f2a117e6b

Assange-Schauprozess: Unrechtsstaat wirft Nebelkerzen  09.09.20

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[pointer]=14&tx_ttnews[tt_news]=74963&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=21478b711c

Assange-Prozess Mittwoch: Friedensforscher und Presse-Experte pro Assange 11.9.20

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[pointer]=12&tx_ttnews[tt_news]=74996&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=151cc821c0

Assange-Prozess: Daniel Ellsberg und John Goetz („Spiegel“) vernommen  17.09.20

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[pointer]=9&tx_ttnews[tt_news]=75063&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=a256a7078e

Assange-Schauprozess: CableGate & Geheimnisverrat -aber von wem?  23.09.20

http://scharf-links.de/45.0.html?&tx_ttnews[pointer]=6&tx_ttnews[tt_news]=75131&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=67845c3b8e

Assange-Schauprozess: Jakob Augstein pro Assange 27-9-2020

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[pointer]=4&tx_ttnews[tt_news]=75173&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=b9ea801c43

Assange-Schauprozess: Unrechtsjustiz leugnet Psycho-Folter, John Young (Cryptome), Chris Butler (blog.archive) 28.09.20

http://scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews[pointer]=4&tx_ttnews[tt_news]=75182&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=2bad4a88cb

Assange-Schauprozess: Unrechtsjustiz, Folterhaft und aufgedeckte CIA-Verbrechen 02.10.20

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[pointer]=1&tx_ttnews[tt_news]=75227&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=a04f56fde9

Julian Assange ist Träger des Karlspreises 2020 7.10.20

http://scharf-links.de/45.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=75266&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=453b78ef46

Assange-Schauprozess: Nahost-Korrespondenten packten aus 8.10.20

http://scharf-links.de/44.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=75282&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=7ac3327ffb

Assange-Schauprozess: Weitere Beweisaufnahme verweigert, Schlussplädoyer

http://www.scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews[swords]=lobmueh%20murray&tx_ttnews[tt_news]=75294&tx_ttnews[backPid]=65&cHash=d89b649ef9

Freiheit für Julian und Roman!

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Grafikquellen       :

Oben       —   Londres (Reino Unido), 18 de Agosto 2014, Canciller Ricardo Patiño y Julian Assange ofrecieron una rueda de prensa con presencia de medios internacionales. Foto: David G Silvers. Cancillería del Ecuador.

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KOLUMNE * Red Flag

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Mai 2023

Stichwahl in der Türkei: Wahlkampf gegen Geflüchtete

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Kolumne von Fatma Aydemir

Auch die Opposition betreibt in der Türkei Hetze auf Geflüchtete. Kemal Kılıçdaroğlu hofft auf diese Weise, in der Stichwahl besser abzuschneiden.

Können in einem undemokratisch regierten Land demokratische Wahlen abgehalten werden? Bei den am nächsten Wochenende in die Stichwahl gehenden Präsidentschaftswahlen in der Türkei gibt es immer noch Hoffnungen auf einen Regierungswechsel – auch wenn die Voraussetzungen für die Kandidaten alles andere als gleich sind. Im April sollen laut einer Erhebung im Staatsfernsehen TRT dem Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan rund 32 Stunden Sendezeit gewidmet worden sein – dem Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu dagegen 32 Minuten.

Dass die Pressefreiheit im Land seit Jahren schon dramatisch eingeschränkt wird, hat zur Folge, dass es zudem kaum Zugänge gibt zu kritischen, faktenbasierten Nachrichten in der eigenen Sprache über die politische Realität im Land. Wie überall auf der Welt wirken sich natürlich auch in der Türkei vor allem Social-Media-Bubbles auf das Wahlverhalten vieler Bürger_innen aus.

Doch im Gegensatz zu manchen anderen Ländern, existiert so gut wie keine unabhängige Presse mehr, an der Fake News und Propaganda abgeglichen werden könnten. Sprich: Fake News sind die News. Kritische Berichterstattung ist dagegen – sobald sie ein größeres Publikum erreicht – ein Fall fürs Gericht.

Dass Propaganda sich am besten durch dokumentierte Zahlen und Fakten zerlegen lässt, daran glaubt in der Türkei also niemand mehr. Und so verstrickt sich auch die Opposition zunehmend in frisierten Wahrheiten im Zuge plumper Wahlversprechen, die bei der Stichwahl am 28. Mai ins Gewicht fallen könnten.

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In einer Rede am Donnerstag etwa versprach Kı­lıç­dar­oğlu, er werde, sollte er im zweiten Wahlgang gewählt werden, „alle Flüchtlinge nach Hause schicken. Punkt.“ Im Satz vorher behauptete er, Erdoğan habe 10 Millionen Geflüchtete ins Land gelassen, eine Zahl, die die ohnehin rassistische Stimmung in der Gesellschaft weiter anheizen soll. Fakt ist: Die ­UNHCR geht von derzeit 3,9 Millionen Geflüchteten aus, die in der Türkei leben sollen, allein 3,6 Millionen von ihnen aus dem Nachbarland Syrien. Sicherlich wird es eine Dunkelziffer undokumentierter Geflüchteter geben, 10 Millionen erscheint aber unrealistisch.

Seit Jahren schon wendet sich der Unmut der Bevölkerung über Wirtschaftskrise, Korruption und Arbeitslosigkeit mehr gegen geflüchtete Menschen, als gegen die politisch Verantwortlichen für diese Probleme. Die Rhetorik der Opposition verbindet nun das Potenzial dieser rassistischen Grundstimmung mit der Kritik an der AKP-Regierung: Erdoğan hat euch die Flüchtlinge gebracht, ich werde euch von ihnen befreien, geht der Duktus.

Es geht um 5,1 Prozent

Quelle         :         TAZ-online       >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Eine wehende rote Fahne

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Unten      —   Ein 80 km von Aleppo entferntes Flüchtlingslager in der Türkei (September 2012)

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DL – Tagesticker 21.05.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Mai 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Deutschland hat endlich ein Whistleblower-Gesetz  – . –  2.) Industrieländer warnen China und werben um Brasilien und Indien  – . –  3.) Luftabwehr ja, Kampfflugzeuge nicht  – . –  4.) Warum Präsident Recep Tayyip Erdoğan verliert, auch wenn er die Stichwahl gewinnt  – . –  5.) Wie im Kalten Krieg:  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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Wer braucht so ein Gesetz, wenn niemand den Mut aufbringt den Whistleblower zu spielen, da hoch dotierte Positionen in der Politik, lange zuvor an runden Tischen ausbaldowert wurden ?

Um Jahre zu spät setzt Deutschland die EU-Richtlinie um und bietet Hinweisgebern nun notwendigen Schutz. Das war höchste Zeit, ist ein Anfang, reicht aber nicht.

1.) Deutschland hat endlich ein Whistleblower-Gesetz

Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sind keine Denunziantinnen und Denunzianten. Sie sind oft sehr mutige Menschen, die entscheidend dafür sind, ob Missstände aufgedeckt werden oder nicht – selbst dann, wenn ihre Motive – was vorkommen kann – nicht ausschließlich uneigennützig sein sollten. Was Whistleblower mitteilen, muss natürlich geprüft, gewichtet, eingeordnet werden. Aber ohne Hinweisgebende gibt es keine Hinweise. Ohne diese aber – wer wüsste das besser als Journalisten – werden Missstände seltener aufgedeckt, wird seltener bekannt, was die Öffentlichkeit interessieren sollte – und was dann gegebenenfalls zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, Strafprozessen, rechtskräftigen Urteilen und im Idealfall zu mehr Gerechtigkeit führt.  Es ist deshalb zunächst eine gute Nachricht, dass Deutschland endlich ein Whistleblower-Gesetz hat. Auch wenn dieses längst schon, nämlich am 17. Dezember 2021, hätte vorliegen sollen. Bis dahin wäre Zeit gewesen, die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die alte Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hatte es nicht hingebracht, der blaue Brief aus Brüssel folgte prompt. Die Ampel-Regierung legte dann relativ zügig einen Entwurf vor, der aber in den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat musste. Inzwischen hatte die Europäische Kommission Deutschland und sieben weitere Staaten verklagt. Hinweisgeberschutz ist von überragendem öffentlichem Interesse.

Ausgsburger-Allgemeine-online

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Jetzt blasen sich die Zwerge der G7 Länder aber gewaltig auf. Wurden nicht ein großer Teil der einmal Einheimischen Industrien in den letzten Jahren verscherbelt, um hier die Lohnspirale auf niedrigen Level zu halten ? Glaubt eine EU wirklich mit Ländern wie China oder Indien Katze und Maus spielen zu können?

Der G7-Gipfel im japanischen Hiroshima ist zu Ende, und Bundeskanzler Olaf Scholz zufrieden. Die demokratischen Industrienationen haben eine härtere Gangart gegenüber China angekündigt, wollen aber keine ökonomische Abkopplung. Auch beim Werben um die Schwellenländer ist man laut Scholz auf einem guten Weg – obwohl dabei noch nicht alles nach Plan läuft.

2.) Industrieländer warnen China und werben um Brasilien und Indien

Olaf Scholz ist zufrieden. Mit sich selbst, was allein noch keinen Neuigkeitswert hätte, aber auch mit allen anderen. „Wir haben hier sorgfältig miteinander beraten und gute Entscheidungen getroffen“, sagt der Kanzler am Sonntagmorgen zum Ende des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima. Auf eine gemeinsame Haltung in vielen Fragen zur Zukunft des Planeten hätten sich die wichtigsten demokratischen Industrienationen verständigt – Hunger, Klimawandel, Sicherheit, Gerechtigkeit. „Die Entscheidungen sind ein klares Bekenntnis zu einer besseren Welt, getragen von den wirtschaftsstarken Demokratien“ sagt Scholz. „Deshalb ist das hier ein sehr erfolgreicher Gipfel.“ Scholz kann mit den Gipfelergebnissen sehr gut leben. Die Sorge der Bundesregierung, dass die USA und Japan das Treffen zu einem Anti-China-Gipfel machen könnten, hat sich nicht erfüllt – auch weil die Europäer dagegengehalten haben. Von einer Abkopplung der westlichen Volkswirtschaften von China, wie sie manchen Hardlinern in Washington vorschwebt, ist in den Gipfeldokumenten keine Rede. Stattdessen geht es um die Reduzierung von Abhängigkeiten und Risiken.So wollen die Staaten des Westens ihre Versorgung mit Rohstoffen und Vorprodukten breiter aufstellen, um sich von Peking weniger erpressbar zu machen. Auch sollen Investitionen westlicher Unternehmen in der Volksrepublik strenger überprüft werden, damit es nicht zu einem illegalen Wissenstransfer kommt. Doch dabei geht es vor allem um militärische nutzbare Technologien. Ansonsten soll es keine großen Investitionshemmnisse geben, zumal der Gipfel das Interesse der Welt an einem „wachsenden China“ ausdrücklich festhält. G7-Wut in Peking.

Ostsee-Zeitung-online

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War es nicht immer das Ziel, so ziemlich aller Kriege der Welt-Geschichte, sich neue Gebiete einzuverleiben? Aber – wenn es um eigene Vorteile geht, scheint nicht nur in Deutschland der eigene Kragen näher zu sein, als das Hemd und so spielt Politik dann lieber mit gezinkten Karten!.

Neue Rüstungslieferungen an die Ukraine. Die geplante Rüstungslieferung an die Ukraine ist generell zu begrüßen. Langstreckenwaffen und Kampfflugzeuge sollten besser zu Hause bleiben.

3.) Luftabwehr ja, Kampfflugzeuge nicht

Wenn man wie ich 25 Kilometer von der Linie entfernt lebt, wo der russische Angriff vor der Stadtgrenze von Kiew gestoppt wurde, wenn man den Klang von in der Luft vorbeiziehenden Flugkörpern, das Krachen ihrer Explosionen kennt, wenn man von ebendiesen Raketen zerstörte Wohnungen gesehen hat, kann man der ukrainischen Armee nur dankbar sein, dass sie Kyjiw verteidigt und ein weitgehend funktionierendes Luftabwehrsystem hat.Doch Verteidigung war gestern. Heute wird in der Ukraine viel von Angriff gesprochen. Auf großen Plakattafeln wirbt eine „Garde des Angriffs“ um kampfbereite Männer und Frauen. Mit einer groß angelegten Offensive plant die Ukraine, von Russland eroberte und annektierte Ortschaften und Gebiete zurückzuerobern. Wenn man, wie ich, zwischen Charkiw und der ukrainisch-russischen Grenze liegende Ortschaften, die erobert und zurückerobert, erobert und zurückerobert wurden, gesehen hat, fragt man sich, was die Menschen, die dort nicht mehr leben können, von diesen militärischen Erfolgen haben. Man fragt sich auch, warum immer mehr Waffen geliefert werden, während gleichzeitig andere Möglichkeiten, der Ukraine zu helfen, nicht ausgeschöpft wurden. Warum schließen fast alle Anrainerstaaten der Ukraine ihre Märkte für landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine? Warum bereichert Deutschland den russischen Atomkonzern Rosatom? Dieser Konzern war am Überfall auf das größte Atomkraftwerk Europas, das AKW Saporischschja, beteiligt. Warum darf ebendieser Konzern in Lingen atomare Brennstäbe herstellen? Zur Erinnerung: Dieser Konzern ist auch an der Entwicklung neuer Atomwaffen beteiligt. Warum darf Rosatom mit der in Alzenau ansässigen Firma Nukem Technologies ungehindert Geschäfte machen? Mit jeder russischen Rakete, die in eine ukrainische Wohnung einschlägt, wächst der Hass der UkrainerInnen auf Russland und alle RussInnen.

TAZ-online

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Es sollte hier aber nicht vergessen werden, das sich Erdogan in eine solche Haltung, bewusst oder unbewusst, von der EU hineingetrieben wurde, um nicht als ewiger, und vergeblicher Bittsteller gesehen zu werden? 

Wenn sie weiterregiert, wird die AKP das Erbe ihrer Politik auskosten müssen. Dies gilt vorrangig für die Wirtschaft, bei der sich keine Erholung abzeichnet, sodass die Bevölkerung nur abwarten kann.

4.) Warum Präsident Recep Tayyip Erdoğan verliert, auch wenn er die Stichwahl gewinnt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verfehlte bei der Präsidentenwahl knapp die 50 Prozent-Mehrheit und muss sich am 28. Mai einer Stichwahl stellen. Seine Regierungspartei AKP sackte um sieben Prozentpunkte ab. Dass in den Reihen der Opposition dennoch Enttäuschung und Resignation herrscht, liegt an dem Optimismus vor der Wahl, die schon zwei Jahrzehnte dauernde Regentschaft Erdoğans beenden und einen grundlegenden Politikwechsel herbeiführen zu können. In den meisten Wahlumfragen lag der Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu vorn, Präsident Erdoğan schien sein Kredit verspielt zu haben. Mehr noch: Die innenpolitische Situation hätte für den Regierungsblock ungünstiger nicht sein können. Die türkische Wirtschaft schwächelte, der anhaltende Währungsverfall hatte die Energiepreise angefeuert, die Inflation lag bei 50 Prozent, die Arbeitslosigkeit war zweistellig und der Wohlstandsverlust war in allen Schichten spürbar. Zudem hatte das verheerende Erdbeben vom Februar unermessliches Leid gebracht, Wohnsiedlungen zerstört und Hunderttausende über Nacht zu Obdachlosen gemacht. Das staatliche Katastrophenmanagement war alles andere effektiv. Trotz dieser wirtschaftlichen Misere und Führungsschwäche der Regierung konnte sich die Opposition für ihren Spitzenkandidaten Kılıçdaroğlu keine günstige Ausgangslage für die Stichwahl schaffen. Was sind die Gründe dafür?

Freitag-online

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So zeigt sich uns die NATO: Hochbezahlte Soldaten halten sich krampfhaft an ihren im Wind wehenden Fahnen fest. So etwas wird auch Beschäftigungstherapie genannt.

Das Verteidigungsbündnis Nato will offenbar streng geheime Militärpläne ausarbeiten, was im Falle eines russischen Angriffs zu tun ist.

5.) Wie im Kalten Krieg:

Beim kommenden Gipfel der Nato-Mitgliedsländer im Juli in Vilnius will das Verteidigungsbündnis einer altbewährten Taktik aus der Vergangenheit neues Leben einhauchen. Zum ersten Mal seit Ende des Kalten Krieges will die Allianz umfangreiche Verteidigungspläne ausarbeiten, in denen die Reaktion der Nato auf einen russischen Angriff detailliert beschrieben wird. Das geht aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters hervor. Nato-Bündnis will Verteidigungspläne wie aus Zeiten des Kalten Krieges. Der Nordatlantikpakt Nato war im Jahr 1949 während der frühen Jahre des Kalten Krieges gegründet worden. Mehr als 30 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges sind die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen infolge des Ukraine-Kriegs dauerhaft beschädigt. Russland sieht sich Angaben des früheren russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zufolge in einem nicht offiziell erklärten Krieg mit dem Westen und die Welt am Rande des Dritten Weltkrieges. Immer wieder drohte Moskau zuletzt auch mit Atomwaffen. In diesem Klima hat das Nato-Bündnis nun beschlossen, tausende Seiten umfassende geheime Pläne für den Fall eines russischen Angriffs auf Nato-Gebiet auszuarbeiten.

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tun haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia

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