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RENTENANGST

Archiv für März 2nd, 2023

Tyrannei der Mehrheit

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

Umbau von Israels Justiz

Ein Debattenbeitrag von FANIA OZ-SALZBERGER und ELI SALZBERGER

Demokratie ist Teil von Israels Sicherheit. Deutschland ist aufgerufen, Angriffe auf Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und Bürgerrechte zu kontern.

Benjamin Netanjahus zwei Monate alte Regierung – eine Koalition aus extremen nationalistischen und ultraorthodoxen Kräften – ist das erste durchgängig rechte Kabinett unseres Landes. Es könnte auch dessen letzte demokratische Regierung sein. Ihre Mitglieder sind entschlossen, nicht nur Gesetze und Politik zu verändern, sondern auch das Wesen Israels als Staat. Keine liberale Demokratie mehr, stattdessen wird geschickt ein nationalistisch-religiöses, autoritäres Regime etabliert.

Netanjahu war einmal ein lautstarker Unterstützer des Obersten Gerichts und stolz auf das internationale Ansehen der Unabhängigkeit israelischer Rechtsprechung – doch nur so lange, bis er sich wegen Korruption vor Gericht verantworten musste. Seit zwei Jahren arbeitet er faktisch auf einen Staatsstreich hin, inspiriert von Viktor Orbáns feindlicher Übernahme der ungarischen Demokratie. Ein Netzwerk aus Pseudo-Journalisten und Chaos-Agenten in den sozialen Netzwerken sorgt dafür, dass Netanjahus Unterstützer mit Lügen gefüttert werden. Sie sollen die bestehende Justiz als Volksfeind betrachten. „Zion wird durch Recht erlöst“ (Jesaja 1:27) ist die offizielle Bezeichnung ihres geplanten Regelbruchs – Orwell hätte seinen Spaß daran. Nichts weniger als das jüdische Erbe wird damit missbraucht und untergraben.

Mehrere wichtige Minister haben bereits ihre Absicht kundgetan, das öffentliche Leben Israels umzugestalten, indem sie Persönlichkeitsrechte einschränken, vor allem die arabischer Bürger, Frauen und LGBTQ. Das Streikrecht soll beschnitten werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Pressefreiheit sind bedroht. Im Schulunterricht sollen die Werte Gleichheit und Schutz von Minderheiten nicht länger vermittelt werden.

Einige der „Reformen“, wie die Regierung sie bezeichnet, liegen der Knesset bereits als Gesetzentwürfe vor. Klar ist, dass sie unter den bisherigen Regeln nicht in Kraft treten dürften, denn das Oberste Gericht würde sie mit Verweis auf bestehende Gesetze und die Tradition von 75 Jahren Rechtsprechung sicher für ungültig erklären. Aus diesem Grund zielt gleich die erste Initiative des Kabinetts darauf, die Unabhängigkeit der Justiz und Möglichkeiten abzuschaffen, Gesetze und Entscheidungen der Regierung zu überprüfen.

Im politischen Lexikon Netanjahus und seiner Partner ist jeder Gegner der sogenannten Reform – ja jeder liberale Israeli mit Bürgersinn, egal ob links, Mitte oder rechts – ein Verräter. Unpatriotisch. Dem jüdischen Staat gegenüber untreu. „Geht doch nach Berlin“, höhnen sie in den sozialen Netzwerken und in der Knesset. „Ihr habt hier nichts mehr zu suchen“, sagen sie den Tausenden Demonstrierenden, die ihr ganzes Leben mit Überzeugung für dieses Land gearbeitet und gekämpft haben. Unser neuer „Propagandaminister“ erzählt der Welt, dass unser Bürgerprotest „aus Deutschland und dem Iran finanziert“ werde. So entsteht in ihrer ignoranten und verwirrten Einbildung eine neue Achse des Bösen.

Diese rasche und unheilvolle Entwicklung ist nur teilweise mit den antidemokratischen Erdrutschen in Polen oder Ungarn vergleichbar, denn die Konsequenzen für Israel werden sehr viel verheerender sein. Zum einen, weil Israel keine geschriebene Verfassung hat und das Oberste Gericht, der Generalstaatsanwalt und die Rechtsabteilungen der Knesset wie der Ministerien die einzigen Kontrollmechanismen darstellen, wobei die Rechtsabteilungen nun zu politischen Ausführungsorganen werden sollen. Sollten diese Instanzen und ihre Rechtsprechung ausgeschaltet werden, öffnete sich damit die Tür zu einer Tyrannei der Mehrheit.

Berlin and Israel walls

Anstelle einer liberalen Demokratie wird geschickt ein nationalistisch-religiöses autoritäres Regime etabliert

Zweitens wird Israels Gesellschaft von zahlreichen Bruchlinien durchzogen: zwischen rechts und links, Juden und Arabern, Orthodoxen und Säkularen, Juden und Jüdinnen mit orientalischen Wurzeln und denen, deren Vorfahren aus Europa einwanderten. Schon häufen sich die gesellschaftlichen Konflikte – bald wird es keinen Mechanismus mehr geben, um Kompromisse zu finden und den Hass in Schach zu halten.

Drittens gibt es den langen und blutigen Konflikt mit den Palästinensern und Palästinenserinnen, von denen viele unter Besatzung leben. Die Gewalt eskaliert. Netanjahus Regierung plant, die jüdische Besiedlung im Westjordanland auszuweiten und palästinensische Gebiete zu annektieren. Aber vorher versucht die Regierung, das Leben der Pa­läs­ti­nen­se­r zusätzlich zu erschweren, mit unverhältnismäßigen Maßnahmen und Kollektivstrafen. Eine neue Komponente ist das schamlose Niederbügeln zivilgesellschaftlicher Kritik. Eine israelische Armee oder Polizei ohne Kontrollinstanz bereitet aber den Weg zu schrecklicher Gewalt, was nicht nur Israel und Palästina beträfe, sondern einen großen Teil der islamischen Welt.

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Oben       —    Demonstrating against Bibi’s and Yariv Levin’s plans to suppress the Supreme Court.

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Wenn der Staat tötet:

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

 Wo es die Todesstrafe im Westen noch gibt, gilt sie als legitim und “human”

Westliche „Werte“ Demokratien haben sich immer angemaßt etwas Besseres zu sein!

Quelle        :     Berliner Gazette

Von Helmut Ortner

„Du sollst nicht töten!“ Dieses Gebot gilt weltweit als hohes Gut. Sieht ein Staat in seiner Rechtsordnung aber die Todesstrafe vor, gilt die Tötung als legitimiert. Ein Grundwiderspruch, der besteht, solange es die Todesstrafe gibt. Doch die historischen Legitimations-Argumente verlieren – zumindest in der westlichen Welt – an Zustimmung, wie der Autor und Journalist Helmut Ortner herausgefunden hat.

Im Jahre 1761 wird ein französischer Protestant namens Jean Calas aus Toulouse verurteilt und hingerichtet. Er wird für schuldig befunden, einen seiner Söhne umgebracht zu haben, weil dieser beabsichtigt hatte, zum Katholizismus überzutreten. M. de Voltaire, bereits auf der Höhe seines Ruhms, geht der Sache nach und setzt durch, dass der Fall erneut verhandelt wird. Dabei ergibt sich die Unschuld des Hingerichteten.

Noch ehe das Verfahren definitiv abgeschlossen ist, erscheint ein Buch, das für die nächsten hundert Jahre und darüber hinaus gleichsam das Manifest der Gegner*innen der Todesstrafe werden sollte. Es trägt den Titel „Über Verbrechen und Strafe“ und stammt aus der Feder von Cesare Beccaria, einem 25-jährigen Mailänder Juristen. Der Todesstrafe sind darin gerade einmal zehn Seiten gewidmet, doch diese Seiten sind es, die das Buch berühmt machen.

Hier wird das erste Mal die Todesstrafe als unrechtmäßig grundsätzlich verworfen, weil niemand das Recht habe, sich selbst zu töten und deshalb auch niemand imstande sei, ein solches Recht wirksam auf andere oder an die Gesellschaft abzutreten. Darüber hinaus wird das als ganz und gar nicht notwendig befunden, weil die lebenslange Freiheitsstrafe die Allgemeinheit nicht weniger gut vor dem Täter sichere als der Vollzug der Todesstrafe. Schließlich heißt es in dem Buch, die Abschreckung Dritter vom Verbrechen werde durch den Anblick des lebenslangen Leidens des Eingesperrten eher erreicht als durch das schnell vorübergehende Schauspiel der Hinrichtung.

Im Übrigen sei die Todesstrafe auch aus ethischen Gründen zu verwerfen, denn die Gesetze seien dazu bestimmt, veredelnd auf die Sitten der Menschen einzuwirken – und nicht ihnen ein Beispiel der Wildheit zu geben. Es sei daher widersinnig, wenn eben die Gesetze, welche die Tötung verpönten und bestraften, selbst eine Tötung begingen, wenn sie, um die Bürger*innen von Morden abzuhalten, selbst einen öffentlichen Mord anordneten.

Beccarias Buch, bald in zahlreiche Sprachen übersetzt, findet große Verbreitung. Nach dessen Lektüre wird auch M. de Voltaire zu einem leidenschaftlichen Gegner der Todesstrafe. Er begnügt sich nicht damit, Beccarias Argumente mit anderen Worten zu wiederholen; er ist es, der als einer der ersten die Möglichkeit des Justizirrtums als Einwand gegen die Todesstrafe ins Feld führt, den er als Justizmord bezeichnet. Eine Provokation in einer Zeit, in der das „Wohl des Staates“ im Mittelpunkt aller Vorstellungen steht.

Abschreckung und Vergeltung

In den letzten 250 Jahren haben sich – in der westlichen Welt – die Argumente für oder gegen die Todesstrafe vor allem auf zwei Grundsätze konzentriert: den der Abschreckung und den der Vergeltung. Die These, dass eine so unwiderrufliche Strafe wie der eigene Tod Menschen davon abhält, abscheuliche Verbrechen zu begehen, ist seit dem 18. Jahrhundert von zahlreichen Autor*innen angezweifelt worden. Strafrechtler, Psychologen, Mediziner, Politiker und Philosophen, wiesen auf zweierlei hin: Der rational planende Täter geht davon aus, dass er nicht gefasst wird, während diejenigen, die in der Erregung des Augenblicks eine schwerste Gewalttat wie etwa einen Mord begehen – und das sind die allermeisten – nicht in der Verfassung sind, die Folgen ihres Handelns abzuwägen oder zu kontrollieren, „es passiert“.

Dort, wo Statistiken den Abschreckungsbeweis erbringen sollen, ist ihr Erkenntniswert gering. Befürworter*innen wie Gegner*innen der Todesstrafe müssen sich eingestehen, dass der Beleg, ob die Abschaffung zu einer Zunahme und die Wiedereinführung zu einer Abnahme von Mordtaten geführt haben, noch aussteht. Richard J. Evans verweist darauf, dass es Indizien dafür gibt, dass Gesellschaften mit hoher Hinrichtungsrate und drakonischen Strafen dazu neigen, auch Gesellschaften mit einem hohen Maß an zwischenmenschlicher Gewalt zu sein. Kurzum, die Schwäche des Abschreckungsarguments ist evident, das konstatieren auch immer mehr Befürworter*innen der Todesstrafe. Also ändern sie ihre Rhetorik: nun plädieren sie für die Vergeltung.

Der Tod des Täters sei die einzig angemessene Reaktion der Gesellschaft, es dem Mörder heimzuzahlen. Das schwerste Verbrechen verdient die schwerste Strafe. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das Dilemma dieses in biblischer Tradition stehenden Rachegedankens besteht darin, dass das Vergeltungsargument willkürlich ist. Gleiches mit Gleichem zu beantworten, warum sollte das nur für Mord und nicht für andere Verbrechen gelten?

Warum nicht bei Körperverletzung, Diebstahl, Betrug? Das Vergeltungsprinzip wird aus gutem Grund nicht angewandt, um den Rechtsfrieden wiederherzustellen. Niemand würde einem Straßenräuber, der bei seiner Attacke dem Überfallenen den Arm gebrochen hat, seinerseits als Strafe den Arm brechen wollen. Und was geschieht mit einem Mehrfachmörder? Wie will man den Täter wie in mittelalterlichen Hinrichtungsritualen mehrfach morden?

Bestrafung und Wiedergutmachung

Demokratische, moderne Justizsysteme – außer in den USA – haben dafür ein abgestuftes System der Bestrafung und Wiedergutmachung vorgesehen, von der Gefängnisstrafe bis zur Geldstrafe. Selbstjustiz soll es nicht geben. Der Staat allein besitzt das – ausgleichende – Gewaltmonopol. Warum also glauben die Befürworter*innen, ausgerechnet bei schwersten Straftaten wie Mord müsse die Gesellschaft ebenfalls mit Mord antworten? Hier wird der Ausnahmecharakter bemüht, es soll und muss ein Exempel statuiert werden: Tod für Menschen, die mit ihrer Tat so Abscheuliches, Grausames, Niederträchtiges getan haben, dass sie keine Milde verdienen. Die Todesstrafe soll keine normale Strafe, sondern eine Ausnahmesanktion für ein Ausnahmeverbrechen sein.

Nun wissen wir aus der deutschen Geschichte, dass der Begriff des „Ausnahmefalls“ sehr dehnbar und interpretationsfähig ist und den jeweiligen politischen Wirklichkeiten geschuldet sein kann. Im nationalsozialistischen Unrechtsstaat wurden Kritik am System, Zweifel am „Endsieg“ oder negative Äußerungen über den Führer als Wehrkraftzersetzung und Defätismus definiert, was ein Todesurteil zur Folge haben konnte. Die gnadenlose Urteilspraxis des Volksgerichtshofs gibt davon erschütterndes Zeugnis.

Was aber, wenn die Ausnahmerhetorik fragwürdig ist, die Abschreckungs- und Vergeltungsargumente keiner kriminologischen, kultursoziologischen und sozialpsychologischen Überprüfung standhalten, was bleibt dann als Legitimation? Die Todesstrafe als staatliches Symbol der Macht? „Der wichtigste rationale Grund gegen die Todesstrafe ist, dass es keine rationalen Gründe für sie gibt“, konstatiert Paul Bockelmann. „Sie leistet für die Bekämpfung von Verbrechen nichts, jedenfalls nichts, was nicht andere Strafen ebenso gut leisten können.“

Roger Hood, Professor für Kriminologie an der Universität Oxford, sagt: Die Todesstrafe ist willkürlich, unwirksam, anachronistisch und menschenverachtend – und er nennt vier zentrale Argumente für deren Abschaffung:

„Die Todesstrafe ist eine Strafe, die das grundlegende Menschenrecht auf Leben verletzt. Sowohl der Europarat als auch die Europäische Union haben erklärt, ‚die Todesstrafe hat keinen legitimen Platz im Justizsystem moderner zivilisierter Gesellschaften, ihre Anwendung kann mit Folter verglichen werden und als unmenschliche und entwürdigende Strafform gemäß Art. 3 der Europäischen Menschenrechtscharta betrachtet werden‘ (Empfehlung 1264, 1994).“

„Als utilitaristisches oder praktischeres Argument kann angeführt werden, dass es bislang keinen überzeugenden Beweis dafür gibt, dass die Verankerung der Todesstrafe im Gesetz und ihres Vollzugs eine bleibende Senkung der Mordraten bewirkt – oder jeder anderen Straftat, die mit Todesstrafe geahndet wird. Die Todesstrafe ist kein effektiveres Abschreckungsmittel als Alternativen wie lebenslange oder langjährige Freiheitsstrafen.“

„In rechtsstaatlichen Ländern (beispielsweise der USA), in denen Verfahrensgarantien einen fairen Prozess sicherstellen sollen, wird die Todesstrafe nur auf besondere Straftaten angewendet, oft werden mindernde Umstände bei der Urteilsfindung berücksichtigt, so dass die Todesstrafe nur in einer kleinen Anzahl der Fälle verhängt wird. Und doch zeigt sich auch hier, dass sich der gesamte Prozess bis zur Urteilsfindung nicht ohne ein inakzeptables Maß an Willkür, Ungleichheit und Diskriminierung umsetzen lässt.“

„Schließlich ein Argument, das bereits 1764 von Cesare Beccaria formuliert wurde: Dass die Todesstrafe in ihrer Botschaft grundsätzlich kontraproduktiv sei, da sie genau das Verhalten – beispielsweise Mord, Tötung – legitimiert, das sie zu bekämpfen versucht. Dies trifft besonders auf jene Fälle zu, in denen die Hingerichteten als Sündenbock erscheinen und mehr noch in jenen Fällen, in denen Unschuldige hingerichtet werden – eine unvermeidliche Konsequenz der Todesstrafe. Sie untergräbt also die Legitimität und die moralische Autorität des Rechtssystems insgesamt.“

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International argumentiert ähnlich. Erstens: Die Hinrichtung ist eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Form der Bestrafung. Zweitens: Die Wirksamkeit der Abschreckung ist nicht nachgewiesen. Und drittens: Die Todesstrafe wird von fehlbaren Menschen verhängt. Das impliziert auch in letzter Konsequenz Fehlurteile. Unschuldige Menschen werden hingerichtet.

Ächtung und Abschaffung

Was sagen Verteidiger*innen der Todesstrafe dazu? Sie räumen allenfalls ein, dass Justizirrtümer möglich, aber doch unerheblich sind, dass man Fehlurteile hinnehmen kann, sofern sie nur durch menschliche Fehlbarkeit verursacht sind. Der statistische Befund bezeugt jedoch, dass Justizirrtümer keineswegs selten sind und dass ein Todesurteil sehr stark von der Klasse, vom Status und der ethnischen Zugehörigkeit des betreffenden Täters, den jeweiligen politischen Verhältnissen sowie den Meinungen und dem Charakter der das Begnadigungsrecht ausübenden Macht abhängt.

Rechtssysteme werden letztlich von Menschen getragen, hier gehen subjektive Urteile ein, die wiederum stark von äußeren Faktoren beeinflusst werden. Etwa: An welchem Ort findet der Prozess statt? Steht gerade (beispielsweise in einem US-Bundesstaat) eine wichtige Wahl an? Welcher Täter ist zurechnungsfähig, wer verdient Milde? Solche Unwägbarkeiten können – das zeigt die Wirklichkeit – ein Urteil beeinflussen. „Auf dem Weg von der Theorie in die Praxis nimmt die Todesstrafe unweigerlich ein Maß an Willkür an“, stellt Richard J. Evans nüchtern fest.

In den vergangenen Jahren ist ein weltweiter Trend zur Abschaffung der Todesstrafe zu registrieren. Am Anfang des 21. Jahrhunderts – das zeigen die aktuellen Statistiken – ist Europa eine „todesstrafenfreie Zone“ und international lehnt eine deutliche Mehrheit aller Staaten die Anwendung der Todesstrafe ab. Dennoch ist der entscheidende Durchbruch auf dem Weg zur weltweiten Ächtung und Abschaffung der Todesstrafe noch nicht gelungen. Sie ist Bestandteil der auf Religion basierenden Rechtskultur der islamischen Staaten des Mittleren Ostens sowie autoritärer Diktaturen in Asien und Afrika. Nirgendwo werden mehr Menschen exekutiert als in China, aber rechtsstaatliche Demokratien wie die USA oder Japan halten an der Todesstrafe fest.

Darüber hinaus ist die Zahl der Straftaten, auf die die Todesstrafe angewendet werden kann, in vielen Ländern noch hoch. Tatsächlich hat sich diese in den letzten 20 Jahren in zahlreichen Staaten noch vergrößert. China hält mehr als 60 Straftaten für todeswürdig, in mehr als 34 Ländern kann der Handel mit illegalen Drogen mit dem Tode bestraft werden, ebenso Sexual- und Wirtschaftsverbrechen.

Bei nationalen Krisen und innenpolitischen Machtkämpfen – nicht nur, wenn das Militär die Macht ergriff – wurde die Todesstrafe in vielen Fällen nach langen Jahren der Nichtanwendung wieder eingeführt. beispielsweise in einigen Karibikstaaten.

Sollten Cesare Beccaria und seine Anhänger*innen auferstehen und eine Karte mit der globalen Todesstrafen-Statistik zu Gesicht zu bekommen – sie wären enttäuscht. Bei allen Fortschritten: Das Festhalten an der Todesstrafe ist weiterhin weit verbreitet. Und selbst in den Ländern, in denen auf Todesstrafe verzichtet wird, basiert die Bestimmung des Strafmaßes für schwere Verbrechen auf den alten Gedanken der Abschreckung und der Vergeltung. Eine Tatsache, die den Befürworter*innen der Todesstrafe nicht entgeht. Ist Änderung in Sicht?

Besonders unter demokratischen Politiker*innen in den USA ist die Todesstrafe seit Längerem umstritten. Gerade hat der Gouverneur von Pennsylvania Josh Shapiro für seinen Bundesstaat Konsequenzen verkündet. Er teilte mit, er wolle während seiner Amtszeit keine Häftlinge hinrichten lassen. Shapiro war bei den Zwischenwahlen im November zum Gouverneur des Bundesstaats gewählt worden und trat sein Amt in Januar an. Er war kein ausgesprochener Gegner der Todesstrafe. Mehr als ein Jahrzehnt lang, auch noch in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt, war er der Meinung gewesen, dass die Todesstrafe eine gerechte Strafe für schwerste Verbrechen sein kann, gestand er in einem Interview. Als jedoch die ersten Kapitalverbrechen in seinem Büro gelandet seien, habe er sich schwer damit getan, die Todesstrafe zu beantragen. „Als mein Sohn mich fragte, warum es in Ordnung sei, jemanden als Strafe für einen Mord zu töten, konnte ich ihm nicht in die Augen sehen und erklären, warum.“

In den USA wird seit jeher über die Todesstrafe gestritten: juristisch, gesellschaftlich, politisch, moralisch – zunehmend polarisierend. Eine Enthauptung in Saudi-Arabien oder im Iran gilt als barbarisch, eine Exekution mit einer Giftspritze im eigenen Land als „human“. Die Notwendigkeit wird von vielen US-Bürger*innen noch immer kaum angezweifelt. Nur „rechtsstaatlich-modern“ soll sie vollstreckt werden. Laut dem „Death Penalty Information Center“ sind in den USA seit Wiederzulassung der Todesstrafe im Jahr 1976 mehr als 1560 Menschen hingerichtet worden – in Pennsylvania sind es drei. Allerdings wurde dort seit 1999 niemand mehr hingerichtet. Im ganzen Land sind aber allein seit Jahresbeginn sechs Verurteilte hingerichtet worden. Immerhin: 23 der 50 US-Bundesstaaten haben die Todesstrafe ganz abgeschafft. Und: die USA zählen nicht mehr zu den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtungen.

Wenn ein wachsender Teil der Amerikaner*innen jetzt – wieder einmal – über Sinn und Legitimation der Todesstrafe nachdenkt, mag das auch mit der Tatsache zu tun haben, dass sie sich als Mittel der Prävention nirgendwo nachhaltig bewährt hat; ebenso mit der Einsicht, dass das gesamte Hinrichtungssystem zukünftig kaum mehr finanzierbar ist. Vielleicht aber auch mit der Erkenntnis, dass Europa, mit dem die USA so viele Werte und Überzeugungen teilt, in Fragen der Menschenrechte und Rechtspraxis Standards vorlebt, die zu keinen sozialen Gefährdungen führt.

„Das entscheidende Argument für die Ablehnung der Todesstrafe muss sein, dass es den Staat und damit uns alle, seine Bürger*innen, herabsetzt und entwürdigt, wenn er seine Macht dazu gebraucht, das Leben eines Menschen zu beenden“ schreibt Richard J. Evans. Nicht nur Amerikaner*innen sollten dem zustimmen.

Anm.d.Red.: Der Autor dieses Texts hat im Nomen Verlag das Buch „Ohne Gnade. Eine Geschichte der Todesstrafe“ vorgelegt.

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Oben       —     Karikatur von Gerhard Mester zum Thema Klimawandel und Kohleverbrennung: – Totschlagargument Arbeitsplätze (Stichworte: Globus, Erde, Klima, Kohle, Energie, Umwelt)

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Zyklopen der Politik

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

Aus der altgriechischen Sage: – Zyklopen welche sich als Politiker tarnen.

Wer wird sich nun ob dieser Ähnlichkeit beschweren ?

Quelle       :        Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Nach der altgriechischen Sage ist ein Zyklop zwar ein riesiger Dämon mit allerdings nur einem Auge. Nach heutiger medizinischer Kenntnis konnte er daher nicht raumbildlich sehen, also das Gesehene nicht im Gesamtkontext richtig einordnen.

Genau diesen Eindruck muss man heute von so manchem Politiker bzw. Politikaktivisten haben. Der größten Politik-Zyklopen heute ist der US-Präsident Biden. Mit geradezu traumwandlerischer Fehlsichtigkeit folgt er bei jeder sich bietenden Gelegenheit und unter Berufung auf Gottes Segen nur einem Ziel: America First! Ohne Rücksicht auf die Belange anderer Teilnehmer am Weltgeschehen will er amerikanische Interessen auf der Welt militärisch wie wirtschaftlich durchsetzen. Dass ihn die Ereignisse rechts und links zu überholen beginnen, sieht er nicht.

In seinem Gefolge tummelt sich auch unser Bundeskanzler mit seiner abstrusen Zeitenwende, die offensichtlich nur für ihn und seine Regierung mit ihrer Kehrtwende von einer Friedens- zu einer Kriegspolitik gilt. Diese hat sich überraschend die Zyklopin und Außenministerin auf die Fahne geschrieben. Früher friedliebend grün, sieht sie heute nur noch eine kriegerische Auseinandersetzung mit Russland. Das sieht auch ihr Ko-Zyklop und Wirtschaftsminister so, der völlig übersehen hat, dass er mit seinen Sanktionen dem eigenen Volk mehr schadet als Russland.

Die Liste der Politik-Zyklopen ließe sich schier endlos fortsetzen. So z.B. mit dem MSC-Zyklopen Heusgen, der Recht mit der von den USA diktierten, regelbasierten Ordnung verwechselt und daher deren Durchsetzung postuliert sowie Bestrafung derjenigen fordert, die dieser internationalen Ordnung nicht folgen. Aufrufe für Frieden und gegen Schlachtgetümmel werden verrissen, Voten des Volkes gegen Waffenlieferungen missachtet.

Zur hälfte besetzt – aber voll bezahlt

All diese Zyklopen scheinen dabei getreu dem Kategorischen Imperativ von Kant zu folgen, denn alle handeln beharrlich nur nach den Maximen, durch die sie zugleich wollen können, dass sie zum allgemeinen Gesetz werden. Wunschdenken als politisches Prinzip? Dabei übersehen sie als Einäugige geflissentlich, dass die überwiegende Mehrheit der Erdbevölkerung die Maxime des Westens von Krieg, Frieden und Wirtschaft nicht mehr blind zu folgen bereit ist. Und bei der einäugigen Sicht der Dinge im Westen ist auf einmal das Reich der Mitte da und legt eine Globale Sicherheits-Initiative (GSI) vor. Prompt tobt der US-Zyklop, weil der Vorschlag Chinas den US-Hegemonie-Maximen umfassend widerspricht. Auch dem deutschen Leit-Zyklopen passt der Vorschlag nicht, will er doch gerade Indien bei den neu angestoßenen Vertragsgesprächen wegen Russland unter Druck setzen, muss aber schmerzlich erfahren, dass Druck kein gutes Argument beim Verhandeln ist..

Überhaupt: alle diese Politik-Zyklopen sehen in dem Ukrainekonflikt eine Zeitenwende und Zivilisationsbruch gerne deshalb, weil er von Russland ausgelöst wurde. Nicht gesehen und vergessen sind alle früheren Zeitenwenden als der Aggressor USA grund- und ruchlos über Länder und Völker hergefallen ist. Alles unter dem Deckmantel der von ihm selbst gewollten regelbasierten internationalen Ordnung. Leider gibt es in unserer realen Welt keinen Odysseus, der diesen Zyklopen ihr einziges Auge aussticht. Also tut sich der überwiegende Teil der Menschheit zusammen, um den Zyklopen Einhalt zu gebieten und gleiches Recht für alle Völker durchzusetzen.

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Oben       —      1914 Redon Zyklop anagoria

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Ein Klima des Wandels

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

Höhere Meeres­temperaturen lassen Hurrikans intensiver werden

Trinidad and Tobago (orthographic projection).svg

Aus Tobago und St.Lucia von Tom Mustroph

Die Auswirkungen des globalen Klimawandels treffen die karibischen Inseln hart. Doch es gibt Menschen, die dem vor Ort etwas entgegen­setzen. Zu Besuch bei Bienenprojekten und Korallenkindergärten in Tobago und St. Lucia.

Die Welt scheint noch in Ordnung in Charlotteville, einem kleinen Fischerort an der Nordküste Tobagos. Nur wenige Schwimmzüge vom Strand entfernt trifft man bereits auf große Meeresschildkröten und bunte, vielgestaltige Korallen. Blaue Doktorfische, wie Zebras gestreifte Zackenbarsche, gepunktete Juwelenbarsche und schier in allen Farben leuchtende Kaiserfische tummeln sich an den Riffs.

Der erste Eindruck aber trügt: Diese bunte Meereswelt ist stark bedroht. Als „ein Leben zwischen Hammer und Amboss“ bezeichnet die Meeresbiologin Lanya Fanovich die Situation. Sie arbeitet bei E.R.I.C., dem Environmental Research Institute Charlotteville. Das Institut ist in einigen Bungalows nahe am Strand untergebracht, dort sammelt man Daten über Meeresfauna und -flora. Vor allem aber richtet E.R.I.C. ein großes Meeresschutzgebiet ein, das sechs Seemeilen, das sind etwa elf Kilometer, von der Küste bis ins Meer reicht. Die Forschung, die Fanovich am E.R.I.C betreibt, wird also direkt umgemünzt in Maßnahmen zum Klima­schutz.

Das ist auch nötig, betont Fanovich gegenüber taz: „Wir hatten in den Jahren 2005 und 2010 größere Ereignisse von Korallenbleichen. Auslöser waren erhöhte Meerestemperaturen“, erzählt die Wissenschaftlerin. Bei einer Korallenbleiche verlieren die Tiere zunächst ihre Farbe, weil sie farbgebende Algen abstoßen, mit denen sie eigentlich in Symbiose leben. Schließlich sterben die Korallen ab.

„In den Jahren danach erholten sich die Korallen zwar etwas. Aber wir verzeichnen immer wieder Korallenbleichen in kleinerem Ausmaß“, sagt Fanovich. Stressfaktor für die Korallen sei, dass die Perioden höherer Temperaturen zunähmen und zugleich die kühleren Perioden zur Erholung nicht mehr ausreichten. Geschädigte Riffe bedeuteten zugleich weniger Nahrung und Schutzmöglichkeiten für Fische und Krebstiere.

Pigeon Point beach.jpg

Ein weiteres Problem sind Hurrikans. Die kühlen zwar die Oberflächentemperatur der Meere herunter. „Durch die generell erhöhte Meerestemperatur können Hurrikans aber mehr Energie aufnehmen, stärker und intensiver werden. Für die Korallenriffe wächst dadurch die Gefahr physischer Zerstörung“, erklärt Fanovich den Zusammenhang.

Diese Beobachtungen bestätigt Michael Taylor. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Tropical Storm Modelling, die für die gesamte Karibikregion Daten sammelt und daraus Modellszenarien erstellt. „Unsere Daten sagen nicht unbedingt, dass die Häufigkeit von Hurrikans zunimmt. Aber sie werden definitiv intensiver und nehmen schneller an Intensität zu als früher“, erzählt Taylor der taz in seinem Büro an der University of the West Indies in Kingston, Jamaika. Das bedeutet auch, dass die Schäden selbst an den Rändern eines Hurrikans dramatischer werden.

Taylors Daten sagen noch etwas anderes aus: „Klimawandel führt zu größerer Unberechenbarkeit. Wir haben nicht mehr die klassische Regenzeit und Trockenheit“, erklärt der Wissenschaftler. „In Perioden der Trockenheit gibt es jetzt stärkere Regenfälle, in der Regenzeit bleiben in kurzen Zeiträumen die gewohnten Niederschläge aus.“ Das hat enorme Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Landwirte sind verunsichert, welches der richtige Zeitpunkt für Aussaat und Pflanzung ist, und auch, welche Pflanzensorten am besten für die veränderten Bedingungen geeignet sind.“

Das Bild von Hammer und Amboss, das Fanovich für die Korallen vor Tobago benutzt hatte – es beschreibt auch gut die Situation der Bevölkerung in der Region. Landwirtschaft und Fischfang sind beeinträchtigt. Erhöhte Meerestemperaturen führen zu anderen Wanderrouten von Fischen, manche Arten landen gar nicht mehr in den Netzen. Dazu kommen die Wirbelstürme.

Nun seien Hurrikans immer schon ein Phänomen in den Tropen gewesen, sie waren lange vor uns Menschen da, wie Giles Romulus trocken bemerkt. Romulus ist Projektkoordinator im Small Grants Program des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, kurz UNDP. Romulus hat ein kleines Büro im Gebäude des Energieversorgers Carilec in Castries, der Hauptstadt von St. Lucia.

Höhere Meeres­temperaturen lassen Hurrikans intensiver werden – die Zerstörung nimmt zu

Er weiß, wovon er spricht, der Mann hat selbst viele Hurrikans erlebt. „Bei Hurrikan ‚Allen‘ im Jahr 1980 hätte ich beinahe mein Leben verloren“, erinnert er sich. „Ich ging damals noch zur Schule. Der Wind blies das Dach von unserem Schutzraum einfach weg.“ 18 Menschen starben damals auf St. Lucia. Das „große Problem“ mit den heutigen Hurrikans sei aber, sagt Romulus, „dass sie viel weniger berechenbar werden und auch immer stärker sind. Du weißt nicht, ob dein Haus danach noch steht“. Romulus sagt: „Wir zahlen für die Sünden, die wir in der Vergangenheit begangen haben.“

Bauen in Überschwemmungsgebieten gehört zu diesen Sünden. Begradigte Flussbetten, so dass die Fließgeschwindigkeit bei starken Regenfällen enorm ansteigt, ebenfalls. Und natürlich die globale Erwärmung, die all diese Probleme noch verschärft. „Ein Fluss mag an einem Tag noch ruhig, fast lethargisch wirken. Am nächsten Tag schwillt er aber zu einem brüllenden Monster an“, sagt Romulus.

In flächenmäßig größeren Ländern wie den USA gebe es zudem Raum für die Menschen, um auszuweichen. „Bei uns ist im Gefahrensfall die gesamte Insel betroffen. Du kannst nirgendwo Zuflucht finden, wenn das Hurrikangebiet 600 Quadratkilometer umfasst“, sagt Romulus. St. Lucias Oberfläche misst 617 Quadratkilometer – schon rein rechnerisch bleibt da nicht viel Platz für ­Rettung.

All das hat auf den karibischen Inseln zu einem Umdenken geführt. Nationale Resilienzprogramme wurden ins Leben gerufen. Die Insel Dominica will gar – als Folge des verheerenden Hurrikans „Maria“ im Jahr 2017 – die erste klimaresiliente Nation werden. Auch Romulus gehört zu den Machern. Mit vergleichsweise kleinem finanziellen Hebel – 50.000 Dollar beträgt gewöhnlich das Budget der Projekte – bewegt der gelernte Geograf viel. Unter den insgesamt 124 Projekten, die in den letzten zehn Jahren im Rahmen des Small Grants Program in St. Lucia finanziert wurden, befinden sich auch Imkerinitiativen.

„Bienen sind ein fantastischer Indikator für die Qualität der Umwelt. Als ich noch an der Universität arbeitete, war ein leitendes Prinzip bei unseren Feldforschungen, zu hören. Nimmt man ein ganzes Orchester aus Bienen, Mücken und Reptilien wahr, dann weiß man, dieser Wald ist in Ordnung“, sagt Romulus. „Hört man nichts, dann bedeutet das, die Pflanzen und Tiere sterben.“

Hafen von Scarborough

Viele der erhobenen Messdaten kommen den Menschen vor Ort nicht zu­gute. Wissenschaft ist oft neokolonial organisiert

Einmal sei eine Gruppe von Menschen mit Behinderung zu ihnen gekommen, sagt der Forscher. „Sie wollten etwas tun, um aus ihrer wirtschaftlichen Not herauszukommen. Sie wollten sich auf Bienen konzentrieren. Und weil bei uns, auch wegen der Umwelteinflüsse, die Bienenpopulationen rückläufig waren, haben wir das Projekt unterstützt“, erzählt Romulus. Er redet sich dabei in eine Begeisterung, die sein kleines Büro beinahe zum Explodieren zu bringen scheint.

Mittlerweile zählt der Honig des Iyanola Apiculture Collective aus St. Lucia zu den Bestsellern der nationalen Honigmesse und wird auch ins Ausland exportiert. Zudem ist ein ganzes Produkt­sorti­ment aus Bienenwachs für medizinische und kosmetische Anwendungen entstanden. In den Wäldern summt es wieder, Fauna und Flora sind diverser, zahlreiche Menschen fanden Arbeit.

„Bei einer Finanzierung durch unser Programm müssen drei Kriterien erfüllt werden. Eines ist Nachhaltigkeit: Werden dabei natürliche Ressourcen genutzt, ohne dass die Umwelt zerstört wird?“, erläutert Romulus. Das zweite Kriterium sei: Beseitigt es Armut? „Denn was nützt das beste Nachhaltigkeitsprojekt, wenn die Menschen weiter in Armut bleiben.“ Der dritte Aspekt sei die Aus- und Weiterbildung der Menschen.

Das mag alles klein klingen, ein Tropfen auf dem heißen Stein angesichts der immensen Herausforderungen durch den Klimawandel. Was können ein paar Bienenvölker auf einer kleinen Karibikinsel schon gegen den globalen Temperaturanstieg bewirken?

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Trinidad and Tobago (orthographic projection)

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DL – Tagesticker 02.03.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 2. März 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Lindner gegen EU-Autopläne: -Nein- zum Verbrenner-Aus betont  – . –  2.) „Bereit, auch als Senatorin meinen Beitrag zu leisten“  – . –   3.) Straffreie rechtsextreme Polizeichats: – Bestürzendes Signal  – . –  4.) Es fehlt der politische Wille, auf dem Mittelmeer Migranten in Seenot zu helfen  – . –  5.) Ukraine-Krieg und Linke: Kampf um Einfluss versus Moral  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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Hilfe schreien die Grünen. Der gelernte Hausmeister will uns jetzt in die Besenkammer sperren ! Nun erst begreift die Gesellschaft wofür die Vereinten-Nationen die Politiker-innen benötigen! Es werden sich nirgendwo dümmere Menschen finden lassen, welche die Nationen nicht regieren können und es trotzdem in ihrer Hirnarmen Gleichgültigkeit immer wieder versuchen.

STREIT IN DER AMPEL – Finanzminister Lindner stellt sich gegen ein Verbrenner-Aus in der EU ab 2035. Die Grünen sind sauer und rufen nach Kanzler Scholz.

1.) Lindner gegen EU-Autopläne: -Nein zum Verbrenner-Aus betont

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat das Nein der FDP zu einem kompletten Verbot von Verbrennermotoren ab 2035 bekräftigt: „Es ist unser Ziel, dass in Deutschland auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden“, sagte der FDP-Parteichef unserer Redaktion. Neu zugelassene Verbrennerfahrzeuge würden nach 2035 allerdings eine Ausnahme bleiben und müssten mit Öko-Sprit betrieben werden. Ein Verbot, wie es die EU-Kommission derzeit plant, lehnte Lindner ab: Weltweit werde diese Technologie weiter eine große Rolle spielen, „das technologische Knowhow muss in einem Exportland wie Deutschland deshalb erhalten bleiben“. Lindner: Grünen fordern Machtwort des Kanzlers. Die deutsche Zustimmung zu den EU-Plänen ist damit unwahrscheinlich: „Die EU-Kommission hat leider keine Anstalten unternommen, bei ihren Verbotsplänen ernsthaft Ausnahmen für solche Verbrennungsmotoren zu prüfen, die ausschließlich mit Öko-Sprit fahren“, kritisierte Lindner. „Es ist zudem unwahrscheinlich, dass die Kommission das, was sie über Monate nicht getan hat, innerhalb der nächsten Tage noch tun wird.“

WAZ-online

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Was nach Wahlen unter den  gezogenen Strichen geschieht lassen sich aus den Übungen mit Blick auf den Strich nicht in voraus erahnen! Die Angebote erfolgen immer erst nach den vorauseilenden Versprechungen. Auch wenn dieses nur leere, in der Politik übliche Plattitüden waren. Sind dieser DR. – Tanten die Zäune um die EU wichtiger als die ehemalige Mauer?

GIFFEY ZU SCHWARZ-ROT – In Berlin deutet alles auf Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD hin. Die bisherige Regierende Bürgermeisterin begründet die Entscheidung ihrer Partei. Die Grünen zeigen sich enttäuscht.

2.) „Bereit, auch als Senatorin meinen Beitrag zu leisten“

Knapp drei Wochen nach der Wiederholungswahl in Berlin deutet alles auf anstehende Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD hin. Die SPD entschied sich am Mittwochabend für diese Variante. Der CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner will dem CDU-Landesvorstand an diesem Donnerstag vorschlagen, mit der SPD über die Bildung einer Koalition und eines neuen Senats zu verhandeln, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr. Sollten diese Verhandlungen erfolgreich sein, wären die derzeit noch mitregierenden Parteien Grüne und Linke raus aus der Regierung. Im Landesvorstand der SPD hatte es 25 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen für die Verhandlungen mit dem Wahlsieger CDU gegeben. Die SPD-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sagte, man habe sich „aus Respekt vor dem Wahlergebnis“ für die CDU entschieden. Die bisherige Koalition der SPD mit Grünen und Linken habe bei der Wiederholungswahl am 12. Februar um die 250.000 Stimmen verloren. „Das muss man ernst nehmen bei den Erwägungen, was man tut.“ Zudem gebe es mit der CDU einen klaren Wahlsieger. Dem müsse Rechnung getragen werden. „Mehr Schnittmengen mit CDU“

FAZ-online

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Wer hätte denn vergessen können von wem, auf was die Uniformträger eingeschworen werden ? Wer nach Narren schreit, hat das Recht verloren wenn er genau Diese auch erhält ! Deutschland wird immer ein Land unter seiner in Front marschierenden Fahne mit gelb-bräunlich gefärbten  Gesäßstreifen bleiben. Das zeigt doch auch der für diese Marionetten jetzt zuständige die Strippen ziehenden Teil – Philister. Männer braut dieses Land und keine gestiefelten Kommiss-köpfe. Jetzt wurde auch noch ein ehemaliger Rudel-Mitläufer als Mittelsmann zur Gesellschaft vorgeschlagen. 

Das Landgericht Frankfurt am Main eröffnet keinen Prozess gegen rechtsextreme Polizisten. Umso härter müssen die disziplinarrechtlichen Folgen sein.

3.) Straffreie rechtsextreme Polizeichats: – Bestürzendes Signal

Umso größer der Jude, desto wärmer die Bude“, hieß es in den Chats. Zu einem Bild des ertrunkenen syrischen Geflüchtetenkinds Alan Kurdi stand: „Wer es findet, darf’s behalten.“ Dazu kamen Hitlerbilder und Hakenkreuze, Herablassungen über Schwarze, Migranten oder Behinderte. Abgründe. Und sie stammen von 5 Po­li­zis­t:in­nen aus dem Frankfurter 1. Polizeirevier, geteilt in ihrer Chatgruppe „Itiotentreff“. Aufgeflogen waren die Chats bei den Ermittlungen zur „NSU 2.0“-Serie. Auch hier sah die Polizei schlecht aus. Nun aber entschied das Landgericht Frankfurt/Main: Ein Prozess zu den „Itiotentreff“-Chats wird nicht eröffnet. Da diese nur in einer geschlossenen, kleinen Chatgruppe erfolgten, sei es keine Volksverhetzung, die eine größere Öffentlichkeit brauche. Zudem könnten einige Beiträge von der Meinungsfreiheit gedeckt sein oder als Satire von der Kunstfreiheit. Kommen die rechtsextremen Po­li­zis­t:in­nen straffrei davon? Es wäre ein bestürzendes Signal – nach außen, aber auch in die Polizei hinein. Ja, das Problem ist nicht neu. Immer wieder ringen Gerichte damit, ab wann in Chatgruppen eine Volksverhetzung gilt. Hier braucht es endlich eine rechtliche Klärung. Und im Fall „Itiotentreff“ sah zumindest die Staatsanwaltschaft die Sache ganz anders, legte eine Anklage vor und nun prompt Beschwerde ein. Dass das Frankfurter Gericht darüber nicht mal verhandeln will, ist mindestens mutlos.

TAZ-online

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Warum sollte es in den Waschräumen der EU auch anders riechen als in Denen ihrer Gründerstaaten ? Die ehemaligen Hinterbänkler wechselten doch nur die Plätze und nicht auch die Inhalte ihrer Köpfe! Auch die nach den Trüffel suchenden Schweine wird niemand auf einen alten Schrottplatz suchen. Selbst Franziska Giffey in Berlin wird das Lied kennen: „Die Karawane zieht weiter, der Sultan hat Durst.“

Nach dem Tod von über 60 Migranten vor der italienischen Küste sprechen viele von einer Tragödie. Europäische Regierungen und die EU-Kommission bleiben diesem Narrativ auch deshalb treu, weil es Ohnmacht vortäuscht.

4.) Es fehlt der politische Wille, auf dem Mittelmeer Migranten in Seenot zu helfen

Müssen Menschen buchstäblich vor der Kamera sterben, damit ihr Tod als Tragödie gilt? Bei einem Bootsuntergang vor Italiens Küste sind über 60 Flüchtlinge ums Leben gekommen – darunter zwölf Kinder, auch ein erst wenige Monate altes Baby. Staatspräsident Sergio Mattarella nennt es eine Tragödie. Tatsächlich ist das Sterben im Mittelmeer eine permanente Tragödie, nur dringen die Nachricht darüber nur an manchen Tagen zu uns durch. Im Vorjahr ertranken etwa 2.400 Migranten. Als im April 1912 die Titanic sank, kamen 1.514 der 2.200 Passagiere ums Leben. Inzwischen versinkt also pro Jahr die Titanic mehr als einmal im Mittelmeer, in dessen Fluten seit 2014 über 25.000 Menschen verschwanden. Die Tragödie ist nicht einfach ein Unfall, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen. So war es Sergio Mattarella selbst, der kurz vor dem Unglück ein Dekret unterzeichnete, das die Arbeit ziviler Seenotretter erschwert. Das zentrale Mittelmeer, durch das eine der tödlichsten Fluchtrouten führt, wird so noch gefährlicher. Aber es wäre zu einfach, einzig Italien die Schuld zu geben. In ihrem Koalitionsvertrag schreibt die Regierung Scholz, es sei „eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen“. Man strebe eine staatlich koordinierte, europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer an. Passiert ist seither nichts. Im Gegenteil, inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass das Bundesverkehrsministerium die Schiffssicherheitsverordnung ändern will, was erhebliche Auswirkungen auf die Boote ziviler Seenotretter haben dürfte. Sie könnten mit kaum erfüllbaren Auflagen belegt werden.

Freitag-online

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Warum wird über eine Demonstration zwischen Rechts und Links gestritten, wenn die Ausrichter-innen selber schon einen sehr üblen und unsteten Geruch verbreiten? Da gibt es nur eine Losung: „Mitgegangen – Mitgefangen – Mitgehangen.“

Nach »Aufstand für Frieden«. Linke-Ko-Chefin verteidigt Distanzierung des Parteivorstands von der Demo.  Sie machten der Linkspartei mit einer faktischen Einladung auch an AfD-Wähler und uneindeutigen Aussagen zu AfD-Politikern eine direkte Unterstützung ihres »Aufstands für Frieden« am 25. Februar schwer.

5.) Ukraine-Krieg und Linke: Kampf um Einfluss versus Moral

Es war ein echter Coup: Eine Gruppe von Aktiven der Linkspartei bekam am Samstag während der Kundgebung »Aufstand für Frieden« in Berlin mit, dass der Rechtsradikale Jürgen Elsässer mit einigen Kumpanen und einem großen Transparent den Platz des 18. März am Brandenburger Tor betreten wollte. Sie erledigten das, was Ordnern zuvor nicht gelungen war. Mit einem riesigen Transparent mit der Aufschrift »Mit AfD und Co. gibt es keinen Frieden«, mit vielen Plakaten und lauten »Nazis-raus«-Rufen drängten sie den Herausgeber des rechten »Compact«-Magazins und seine Begleiter ab. Diese Aktion war nur die augenfälligste im Bemühen – nicht der Veranstalterinnen, sondern von linken Teilnehmenden –, Neonazis, AfDler und andere Rechte sowie Russland-Fans von der Demo fernzuhalten. Nicht nur Personen aus der bürgerlichen Mitte, sondern auch viele Linke-Mitglieder und -Funktionäre bleiben indes bei der Einschätzung, bei der Demo mit mutmaßlich um die 30 000 Teilnehmenden habe es sich um eine »Querfront«Veranstaltung  gehandelt, auf der Rechte und Linke einträchtig für einen Sieg Putins und die Kapitulation der Ukraine demonstrierten. Die zahlreichen Linke-Mitglieder und -Sympathisanten, die vor Ort waren, sahen das anders. Sie wollten verhindern, dass Rechte auf der Kundgebung ihre Parolen verbreiten konnten. Zugleich wollten sie linke Forderungen nach einem schnellen Waffenstillstand mit anschließenden Friedensverhandlungen und Garantien für die territoriale Integrität der Ukraine, nach Abrüstung und einem Stopp deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine stark machen.

ND-online

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„Der freche Bengel“

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