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Archiv für Februar 21st, 2023

Eine halbe Chance

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Februar 2023

Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht ist das Ende eines freieen Europa

So möchten sich Politiker-innen gerne sehen?

Ein Debattenbeitrag von:  ILKER ATAÇ, KARIN SCHERSCHEL und  SUSANNE SPINDLER

Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht ist ein Anfang, um die Situation geduldeter Menschen zu verbessern. Doch die Hürden fürs Hierbleiben bleiben hoch. Sprachkursangebote sollten ausgebaut und für alle geöffnet werden, auch in Gemeinschaftsunterkünften.

Chancen muss man nur ergreifen? Ganz so einfach ist es nicht! Am 31. 12. 2022 ist das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Das erklärte Ziel der Bundesregierung: Menschen aus der prekären Lage der Kettenduldung zu holen. Das Gesetz ­sendet zwar positive Signale, die Hürden für ein Bleiberecht bleiben jedoch hoch. Viele Personen in Duldung werden nur dann erreicht, wenn Kommunen sie aktiv mit Maßnahmen unterstützen.

Zum Hintergrund: Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht eröffnet geduldeten Personen, die sich zum Stichtag 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalten, die Chance, ihren Aufenthalt zu verstetigen. Als Brücke wurde eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis eingeführt. In dieser Zeit müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden: weitgehende Sicherung des Lebensunterhalts, Klärung der Identität und Erwerb von Sprachkenntnissen.

Ein kleiner Teil der Geduldeten wird künftig bessere Voraussetzungen für ein Bleiberecht in Deutschland haben. Ein Ende der Unsicherheit ist für den Großteil jedoch nicht in Sicht. Warum?

Schätzungen zufolge wird nur ein Bruchteil der geduldeten Menschen ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, der Großteil wird in den prekären Status der Duldung zurückfallen. Aktuell wird zeitgleich zum Chancen-Aufenthalt die Abschiebung ausreisepflichtiger Menschen im Zuge der sogenannten Rückkehr-Offensive gefordert. Bei diesen Personen handelt es sich zum großen Teil um Geduldete, die aus vielen verschiedenen Gründen in Deutschland bleiben, etwa aus medizinischer Notwendigkeit, aufgrund familiärer Bindungen, fehlender Reisedokumente oder aufgrund einer dringenden persönlichen und humanitären Lage. Migrationspolitisch ist es überfällig, dieser vulnerablen Gruppe teilhabe zu gewähren.

Auf der Grundlage der ersten Erkenntnisse unseres Forschungsprojekts stellen wir die These auf, dass erfolgreiche Verfestigungen des Aufenthalts durch das Chancen-Aufenthaltsrecht stark davon abhängen werden, ob und welche Maßnahmen auf der kommunalen Ebene ergriffen werden, um die Betroffenen bei der Erfüllung der geforderten Voraussetzungen zu unterstützen.

Personen, die über Jahre in Duldung leben, brauchen Unterstützung und Zeit. Ihre Lebenslage ist geprägt von ständiger Angst vor Abschiebung, Isolation und Armut. Zugänge zu Wohnraum, Arbeit, Ausbildung und Sprachkursen sind begrenzt oder versperrt. Innerhalb von 18 Monaten die geforderten Sprachkenntnisse zu erbringen, wird für viele eine zu hohe Hürde sein. Daher sollten Sprachkursangebote bedarfsorientiert ausgebaut und für alle geöffnet werden, auch in Gemeinschaftsunterkünften.

Der Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts wird ein schwer zu erreichendes Kriterium sein. Geduldete arbeiten meist unter höchst prekären Arbeitsbedingungen. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen können solchen Entwicklungen entgegenwirken. Ein Teil der Geduldeten nimmt bereits an Arbeitsmarktprogrammen der Länder oder des Bundes teil. Diese benötigen mehr Ressourcen und ein an den Bedarfen von Geduldeten orientiertes Programm.

Ungarischer Grenzzaun von politischen Gangstern die glauben das ihnen die Welt gehöre.

Nun sind vor allem Beratungsstellen, Verbände, Vereine, migrantische (Selbst-)Organisationen und Initiativen gefragt. Ihre Arbeit muss mit zusätzlichen Mitteln zu Rechts- und Sozialberatung ausgestattet werden, damit sie gezielt begleiten können. Um möglichst viele Personen zu erreichen, sind vor allem die Kommunen gefordert. Geduldete sind selten Zielgruppe integrationspolitischer Maßnahmen und meist nur unzureichend über ihre Rechte informiert. Die Betroffenen sollten gemeinsam mit fachkundigen Personen prüfen können, wie sie sich am besten auf das Chancen-Aufenthaltsrecht vorbereiten.

Kommunen sollen Informationen in den Unterkünften bereitstellen und Stellen einrichten, die den Informationsfluss zwischen Behörden und Einrichtungen verbessern, die Geduldete bei der Umsetzung der Aufenthaltsverfestigung unterstützen. Ein niedrigschwelliges Angebot nach dem Modell einer Clearingstelle kann helfen, geduldete Personen bedarfsorientiert zu beraten. Runde Tische mit behördlichen Stellen wie Ausländerbehörde, Jugend- und Sozialamt, Integrationsamt und zivilgesellschaftlichen Akteuren können gemeinsame Probleme und Lösungsmöglichkeiten ausloten.

Quelle         :          TAZ-online        >>>>>         weiterlesen

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Oben       —      Die drei weisen Affen als Symbol des Tabus

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Vom Pfuschen + Wegsehen

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Februar 2023

Ein postideologischer Totalitarismus

Quelle     :      Streifzüge ORG. / Wien 

Von Tove Soiland

Zur politischen Immunisierung des Pandemieregimes. Zuweilen konnte man sich in den vergangenen zwei Jahren nur wundern, mit welcher Selbstverständlichkeit der Großteil der Linken davon überzeugt war, mit ihrer vorbehaltlosen Unterstützung der rigorosesten staatlichen Corona-Maßnahmen auf der politisch richtigen Seite zu stehen, auf der linken nämlich.

Man habe der Wissenschaft zu folgen, hieß es, es sei ein Gesundheitsnotstand, alles andere sei irrational. Als hätte es in Deutschland nie eine problematische Indienstnahme der Medizin gegeben, die sich in das Gewand von Wissenschaftlichkeit und Fortschritt kleidete – was uns eigentlich die politische Pflicht auferlegte, genau in diesem Feld besonders wachsam und vorsichtig zu sein. Doch die Mehrheit der Linken tut bis heute das Gegenteil: Wer berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Maßnahmen äußert, deren Wirksamkeit nie evidenzbasiert untersucht wurde, wird kurzerhand in die rechte Ecke gestellt, das Gespräch verweigert; Rückfragen an die Zweckmäßigkeit von Massenimpfungen, ja, überhaupt die Frage, warum die Impfung der einzige Ausweg aus der Krise sein soll, wird mit dem Hinweis auf „die Wissenschaft“ als reaktionäre Anti-Fortschrittshaltung von rechten Esoterikern und Sozialdarwinisten abgetan – obwohl namhafte Wissenschaftler seit Beginn der Krise darauf hinwiesen, dass eine Impfung gegen Corona-Viren als Mittel der Immunisierung der Bevölkerung nicht funktionieren werde. Doch an einer ernsthaften wissenschaftlichen Auseinandersetzung scheint man merkwürdigerweise gerade im linken Lager bis heute nicht wirklich interessiert. Stattdessen ist man mit Worten rasch zur Hand und nimmt es mit der Logik nicht allzu genau: Wer angesichts des Corona-Regimes von Diktatur spricht, verharmlost wahre Diktaturen und ist damit ein Holocaust-Leugner. Eine Mutter, die ihr Kind nicht impfen lassen will, als Nazi zu beschimpfen, ist aber kein Problem und auch, dass damit die Frage des Antisemitismus völlig sachfremd instrumentalisiert wird. Hauptsache man wähnt die Moral auf seiner Seite. Jedenfalls beansprucht dieser linke Diskurs, in Sachen Schutz der Bevölkerung der einzig legitime Standpunkt zu sein und seine Vertreter sind überzeugt davon, mit dieser Haltung rechtes Gedankengut abzuwehren. Doch stimmt das? Und ist es tatsächlich so klar, wer hier letztendlich rechten Interessen dient?

Nur schon, dass diese Frage kaum zu stellen ist, geschweige denn irgendwo in linken Zusammenhängen in Ruhe diskutiert werden kann, muss aufhorchen lassen. Dabei gäbe es viele Fragen. Das Frappanteste ist, wie weitgehend sich die Linke seit Beginn der Corona-Krise aus ihren angestammten Kritikfeldern, allen voran der Kritik an den internationalen Organisationen der Globalisierung, verabschiedet hat, sodass man zuweilen den Eindruck bekommt, ihre Haltung sei nicht mehr von derjenigen des WEF und seines Begründers Klaus Schwab zu unterscheiden. Dass durch die Maßnahmen, nicht durch das Virus, weltweit mit 20 Millionen mehr Hungertoten zu rechnen ist, wie Oxfam schon im letzten Sommer warntei, dass die Impfallianz GAVI, von der auch die jetzige Impfkampagne ausgeht, in ihrer Vergangenheit immer wieder mit problematischen Impfaktionen Schlagzeilen machte – u.a., indem sie in Indien und Afrika Impfungen gleichzeitig mit der Massensterilisierung von Frauen verbanden und deshalb jahrelang in der Kritik von feministischen Organisationen stand; ja, dass ganz generell die von der WHO verordnete Corona-Politik, wie Toby Green in seinem Buch The corona consensus. The new politics of global inequality darlegt, global gesehen, zu einer massiven Verschärfung der eh schon skandalös grossen sozialen Ungleichheit führtii; dass all dies kein Thema für die Linke mehr sein soll, hat etwas Unfassbares. Weil es um den Schutz der Bevölkerung geht? Aber um was für einen Schutz kann es sich dabei handeln, wenn weltweit ein Großteil der Bevölkerung seiner Existenzgrundlage beraubt wird, wenn, wie die FAO berechnet, durch die Corona-Maßnahmen weltweit 70-161 Millionen mehr Menschen hungerniii, und, wie die UNO berechnet, 140 Millionen Kinder zusätzlich in Armut gestürzt werden?iv Um welches Leben also geht es, wenn von der „Rettung von Leben“ die Rede ist? Nur um weißes? Und ist das kein Rassismus? Und ist es sozialdarwinistisch oder gar rechts, solche Fragen zu stellen – und nicht vielmehr links?

Angesichts dieser weltweiten Umverteilung von unten nach oben lässt sich jedenfalls nicht sagen, dass die westlichen Staaten in ihrem Corona-Regime den Kapitalinteressen in die Quere gerieten. Ja, es ist umgekehrt nicht von der Hand zu weisen, dass viele der Maßnahmen – ob bewusst dafür eingesetzt oder nicht, sei einmal dahingestellt – der Durchsetzung eines neuen Akkumulationsregimes dienen. Umso erstaunlicher ist es, dass die gleichzeitig immer autoritärer werdende Staatsform kein Thema mehr sein soll. Denn dieses autoritäre Regime setzt etwas fort oder fügt sich jedenfalls problemlos darin ein, was schon seit längerem als autoritärer Neoliberalismus bezeichnet wird: Eine illiberale Version des Neoliberalismus (falls dies nicht überhaupt seine Grundform ist ist), die sehr gut, wenn nicht sogar noch besser ohne das auskommt, was wir gemeinhin als bürgerliche Freiheit bezeichnen. Der digitalisierte Mensch im Homeoffice, der sich von Amazon beliefern lässt und der gelernt hat, sein Dasein auf die warenförmige Befriedigung von Bedürfnissen zu reduzieren, in dieser digitalen Dystopie braucht es keine Sphäre des Politischen mehr, da Experten die Steuerung, die dann auch nicht mehr politisch sein wird, übernommen haben werden – auch die Steuerung des Fußvolkes von Heloten, die die materielle Basis dieser Dystopie bereitstellen. Wir sind immer noch im Kapitalismus und der Staat stellt sich immer noch, mit autoritären Mitteln, in dessen Dienst, aber sein Gesicht hat sich verändert.

Wir haben es so betrachtet mit dem – verwirrenden – Umstand zu tun, dass der Staat in seinem autoritären Charakter den Kapitalinteressen dient, womit er der Definition eines rechten autoritären Staates entspricht, ohne dass er es dabei nötig hat, auf das zurückzugreifen, was wir gemeinhin als rechte Ideologien bezeichnen: offene Rassismen, konservative Werthaltungen und ein Anti-Egalitarismus. Im Gegenteil: Dieser Staat kommt im Gewand der political correctness daher, seine Exponenten sind geschmeidig smart, nicht fanatisch polternd, und sie sprechen viel vom Guten für die Welt. Sie sprechen von Inklusion, auch wenn sie dabei einen Gutteil der Bevölkerung von fast allem, was an gesellschaftlichem Leben noch verblieben ist, ausschließen – und dies alles im Namen des Fortschritts. Dieser Staat – und dieser Kapitalismus – braucht die alten Insignien rechter Ideologien ganz einfach nicht mehr. Im Gegenteil: Ich meine, dass rechte Ideologien überhaupt disfunktional zu den Erfordernissen der heutigen Kapitalakkumulation geworden sind.

Wenn wir wie gebannt, und ich würde sagen mit einer guten Portion moralischer Selbstgerechtigkeit, auf die Szenen starren, die sich zuweilen am Rande der Corona-Maßnahmen-kritischen Demonstrationen abspielen, verpassen wir es, dieses Auseinandertreten von rechter Ideologie und rechtem Staat zu verstehen und die Gefahr wahrzunehmen, die von letzterem ausgeht: von einem Staat, der sich zunehmend in Richtung von etwas entwickelt, das ich in Anlehnung an den italienischen Psychoanalytiker Massimo Recalcati als postideologischen Totalitarismus bezeichnen möchte.

(Doch auch wenn wir eine Gefahr von rechts befürchten: Es ist absolut unverständlich, warum die Linke, die seit Anfang der Corona-Krise nichts Besseres zu tun weiß als mit dem moralischen Zeigefinger auf rechts zu zeigen, sich weigert anzuerkennen, dass die Politik der weltweiten Verelendung, die das Corona-Regime bedeutet und die die Linke offen mitträgt, der beste Nährboden für rechte Bewegungen ist, weil rechte Ideologien dort greifen, wo Menschen in eine ökonomisch ausweglosen Situation geraten sind. Es ist die Linke, die mit ihrer Haltung das Feld der berechtigten Kritik der Rechten überlassen hat, weil sie sich weigern, irgendetwas in Frage zu stellen, obwohl die Ungereimtheiten sich längst bis zum Himmel türmen. Sie sind verantwortlich für einen Zulauf nach rechts, wenn es ihn denn geben wird.

Doch die neue Gefahr wird nicht von dort, von rechts kommen. Sie scheint mir vielmehr in dieser neuen postideologischen Konstellation zu liegen: Vielleicht müssten wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass der heutige Staat zwar autoritär ist, dass er mit diesem Autoritarismus dem Kapital dient und demnach der Definition eines rechten Totalitarismus entspricht, ohne dass er sich dabei klassisch rechtsextremer Ideologie bedient.)

Die hypermoderne Gesellschaft negiert den Mangel, um die totale Askese zu akzeptieren

Mit dem Begriff des Postideologischen verbindet die marxistische Lacan-Rezeption ganz allgemein jene „ideologische“ Konstellation, die der kapitalistischen Produktionsweise am adäquatesten ist. Dabei greifen diese Ansätze auf eine Feststellung Lacans zurück, dass der kapitalistischen Produktionsweise eine totalitäre Tendenz inhärent ist, deren Autoritarismus sich gerade nicht aus der Verpflichtung auf ein höheres Ideal, dem „ideellen“ Gehalt der deshalb so genannte Ideologie, herleitet, sondern umgekehrt aus dem Schwinden oder Bedeutungsverlust jeglichen Ideals. Dass der im Zuge des fortschreitenden Kapitalismus vorangetriebene Untergang der väterlichen Autorität ein Vakuum hinterließ, das in Gestalt des Führers von einer pervertierten Vater-Figur, dem Vater der Urhorde, wie Freud ihn nannte, wieder eingenommen werden konnte, dies ist eine These, die viele psychoanalytisch orientierte Zeitdiagnosen des Nationalsozialismus teilen. Auch Lacan steht in dieser Tradition, indem er bereits in seiner Dissertation von 1938 festhält, dass Freud nur deshalb die Rolle des Vaters ins Zentrum seines Denkens stellen konnte, weil dessen Bedeutung zu seiner Zeit bereits im Untergang begriffen war. Doch anders als die Theoretiker der vaterlosen Gesellschaft interessiert Lacan sich für den mit diesem Schwinden verbundenen Zusammenbruch der symbolischen Dimension. Es ist nicht länger der „Diskurs des Herrn“, also die traditionell ödipale Konstellation mit ihren Gesetzen und Verboten, auch nicht seine Pervertierung in Form eines Urvaters; es ist vielmehr die mit dem Schwinden des Namens des Vaters verbundene Aufhebung der „symbolischen Kastration“, die in Lacans Gegenwartsdiagnose eine Tendenz zum Totalitären aufweist. Denn das Schwinden der symbolischen Schranke lässt das Reale in den Vordergrund treten mit seinem Versprechen einer totalen Ermöglichung: dem uneingeschränkten, da nicht symbolisch vermittelten Zugangs zum Genießen, aber auch der totalen Administrier- und damit Optimierbarkeit des Lebens. Diese psychoanalytische Version der Biopolitik hebt ein totalitäres Moment hervor, das in der Auslöschung der Dimension des Subjektes liegt. Dies nicht so sehr deshalb, weil die Biopolitik in ihrem Allgemeinheitsanspruch das Individuum überrollt, sondern weil diese Ermöglichung in ihrer Ent-grenzung das Subjekt einem Zwang zur grenzenlosen Optimierung unterwirft, die seinem Begehren nach einer Dimension jenseits des reinen Lebens keine Rechnung trägt. Das Postideologische reduziert das Dasein auf die Immanenz des Lebens und entkleidet es so jeder transzendenten Dimension. In der Wüste des Realen sind wir zum Biotop geworden.

Erstaunlicherweise hat der italienische Psychoanalytiker Massimo Recalcati bereits vor fünfzehn Jahren in Anlehnung an Lacans Überlegungen die These aufgestellt, dass der postideologische Totalitarismus sein bevorzugtes Tätigkeitsfeld auf dem Gebiet der Gesundheit findet und er prägte dafür den Begriff des „hypermodernen Hygienismus“.v Recalcati verbindet damit eine Macht, die, von einem „hochspezialistierten Wissen“ angeleitet, die Führung des Lebens technisch-wissenschaftlichen Praktiken zugänglich machen will. Dabei greift diese „horizontale Regierung des Lebens“ nicht auf offene Formen von Gewalt zurück, sondern auf aseptische Evaluations- und Auswertungsverfahren. Sie hat nicht die Form repressiven Verbote, sondern „jene der fälschlicherweise als fortschrittlich verstandenen einer allgemeinen Quantifizierung des Lebens“. Dieser Drang zur Vermessung hat jedoch den fatalen Effekt, dass das Begehren verschwindet. Er vergisst die Dimension einer strukturellen Versehrtheit des Lebens und versucht stattdessen, „nach Maßgabe einer verrückten moralischen Pädagogik“, anzugeben, welches das richtige Verhältnis zum Glück ist. Diese in Recalcatis Worten „Ideologie des Wohlbefindens“, die uns auf das Prinzip des Guten verpflichtet und worin das „hygienische Ideal der Gesundheit“ das einzige noch verbleibende Ideal ist, lässt der „antihedonistischen Dimension“ des Begehrens, das nicht einfach nach dem reinen Wohlergehen strebt, keinen Raum. Denn es gibt kein richtiges Maß für das Begehren, es gibt, wie Recalcati festhält, „keine Möglichkeit anzugeben, was das richtige Verhältnis zum Realen wäre, was das allgemeingültige Maß für ‚Glück‘ wäre, weil das Glück nie nach einer vorgegebenen normativen Skala bewertet werden kann, die allgemein gültig wäre. Wenn dies geschieht – und es geschieht heute mittels einer propagandistisch verbreiteten Medikalisierung der Gesundheit –, so sind wir, wie Lacan stets betont, nur noch einen Schritt von jener ‚innerlichen Katastrophe‘ entfernt, die wir Totalitarismus nennen.“

Liest man Recalcatis Text vor dem Hintergrund der vergangen zwei Jahre, so muss es einem erscheinen, wie wenn er eine Dystopie vorweggenommen hat, die nun real geworden ist. Denn das Corona-Regime trägt alle Züge eines hypermodernen Hygienismus: Nicht nur ist hier das szientistische Wissen zu einem „unerhörten Imperativ des Guten“ geworden, der uns die Gesundheit als neue soziale Pflicht auferlegt; in seinem Rigorismus kann dieser Imperativ auch jederzeit in sein Gegenteil kippen: in ein technokratisch-aseptisches Verständnis von Gesundheit, das uns krank macht.vi Die erbarmungslose Akribie, mit der die Gesundheit verfolgt wird, gleicht in dieser Janusköpfigkeit einem profanen Glauben an das Leben, der trotz seines Glaubenscharakters sich von jeglicher Transzendenz entbindet. Was wir hier vor uns haben, ist jene von Lacan beschriebene grausame Dimension des Über-Ichs, das in seiner puristischen Verfolgung des moralisch Richtigen an ein obszönes Genießen stößt: Die Verzichtsleistung, die das Über-Ich fordert, wird in ihrer Absolutheit ihrerseits triebhaft. Genau dieser Kollaps von Genießen und Askese ist aber der für Lacan problematische Effekt des Untergangs des Symbolischen überhaupt. Und so muss man sich fragen, ob die Corona-Maßnahmen in ihrer Rigidität und Maßlosigkeit nicht Ausdruck davon sind, dass das im Symbolischen verworfene Gesetz nun im Realen wiederauftaucht: ein reales Gesetz oder ein Zusammenfallen von Gesetz und Realem, in der das Gesetz nur noch in seiner sinnlosen-grausamen Dimension erscheint. Die im Symbolischen verworfene Schranke kehrt als reale wieder. Jedenfalls hat dieses Nebeneinander von totaler Ermöglichung, die geradewegs in einen Lockdown führt, viel mit dem zu tun, was Lacan als die dem Diskurs des Kapitalismus eigene Aufhebung der symbolischen Kastration bezeichnet: sie eröffnet unendliche Möglichkeitsräume, in denen alles zum Stillstand kommt.

Dass dies auch eine, wenn für uns auch vollkommen neue Form des Totalitären ist, scheint die Linke nicht nur zu verkennen, sondern auch, dass sie längst selbst zu dessen wichtigster Promotorin geworden ist. Womit sie sich ganz in die Logik des Diskurses des Kapitalismus stellt, dem sie sich offenbar vollumfänglich verschrieben hat – selbst dann, wenn dieser sich zunehmend eines autoritären Staat bedient und damit eigentlich dem entspricht, was sie selbst als rechts bezeichnen würde.

1 Toby Grenn: The Covid Consenus. The new politics of global Inequality. London: Hurst 2021, vgl. dazu auch: https://www.realclearpolitics.com/video/2021/11/09/ghanaian_professor_the_catastrophic_impact_of_western_covid_lockdown_policy_in_ghana.html (26.02.22)

https://www.oxfam.org/en/research/hunger-virus-multiplies-deadly-recipe-conflict-covid-19-and-climate-accelerate-world, Juli 2021 (26.02.2022), darin heist es: „A year and a half since the Covid-19 pandemic began, deaths from hunger are outpacing the virus.”

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-un-ernaehrungsbericht-hunger-100.html Der Bericht der Vereinten Nationen vom Juli 2021 und der FAO hält fest: Es gibt insgesamt 720-811 Mio. Hungernde weltweit, seit Pandemiebeginn gibt es eine Zunahmen von 70-161 Mio., das ist rund 1/19 der Weltbevölkerung.

https://www.unicef.org/media/86881/file/Averting-a-lost-covid-generation-world-childrens-day-data-and-advocacy-brief-2020.pdf (26.02.2022)

5 Alle Zitate sind dem Aufsatz (ital. Orig. 2007) entnommen: Massimo Recalcati: Das Verschwinden des Begehrend und der postideologische Totalitarismus, in: Tove Soiland, Marie Frühauf, Anna Harmann: Postödipale Gesellschaft, S. 331-362. Wien/Berlin: Turia und Kant 2022 (im erscheinen).

6 Merkwürdigerweise scheint Recalcati selbst diesen Schluss nicht zu ziehen, denn er ist ein unumwundener Befürworter der strengsten Corona-Massnahmen.

Der Text erschien im Neuen Deutschland

Copyleft

„Jede Wiedergabe, Vervielfältigung und Verbreitung unserer Publikationen ist im Sinne der Bereicherung des allgemeinen geistigen Lebens erwünscht. Es gibt kein geistiges Eigentum. Es sei denn, als Diebstahl. Der Geist weht, wo er will. Jede Geschäftemacherei ist dabei auszuschließen. Wir danken den Toten und den Lebendigen für ihre Zuarbeit und arbeiten unsererseits nach Kräften zu.“ (aramis)

siehe auch wikipedia s.v. „copyleft“

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Grafikquellen          :

Oben     —   

 Politik, News, Bundesparteitag Die Linke: die neu gewählten Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler

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2.) von Oben         —     Eine grafische Darstellung von Lock-down während Covid-19

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Unten        —   Aufkleber eines Impfkritikers an einer Müllbox in Heikendorf.

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Ein Vorschlag zum Frieden

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Februar 2023

Ukraine: Versöhnung nach dem Beispiel der griechischen Tragödie

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Das Dionysostheater

Quelle      :        INFOsperber CH.

Nicolai Petro /   

Das Mitgefühl muss die Wut ersetzen. Eine Versöhnungskommission könnte wie anderswo die verfeindeten Gruppen befrieden.

upg. Kaum ein Nicht-Ukrainer kennt die Ukraine so gut wie Nicolai Petro, Professor an der US-University Rhode Island. Er kennt Russland und die Ukraine auch aus eigener Anschauung. Sein neustes Buch heisst «The Tragedy of Ukraine»*. Im Folgenden ein Essay, das er auf Englisch für De Gruyter verfasste.

Im klassischen Athen hatte die «Tragödie» eine therapeutische und heilende Funktion. Sie ermöglichte es den Athenern, sich mit ihren tiefsten Ängsten und ihrem Hass auseinanderzusetzen und durch einen Prozess der Katharsis, der Sinnesänderung, zu überwinden. Eine Versöhnungskommission könnte die Funktion der antiken Tragödie übernehmen und die Entwicklung in der Ukraine beeinflussen.

Die Aufführung von Tragödien wurde im fünften Jahrhundert v. Chr. zu einem wesentlichen Bestandteil des athenischen öffentlichen Diskurses. Dank dieser Institution konnten sich die Bürgern mit den politischen und sozialen Krisen der Zeit auseinandersetzen. Tragödien bildeten das schlagende Herz der athenischen Demokratie, wo das öffentlich zur Schau gestellt wurde. Die Rückbesinnung auf die staatsbürgerliche Funktion der Tragödie könnte auch heute ein wertvolles Instrument sein, um soziale und politische Spaltungen zu überwinden.

Der britische Kulturtheoretiker Raymond Williams definierte die Tragödie ähnlich wie die antiken Athener. Die Tragödie soll sich sich auf die politischen und sozialen Folgen von tragischen Handlungen konzentrieren. Nach Williams «liegt die Tragödie nicht im individuellen Schicksal…, sondern im allgemeinen Zustand eines Volkes, das sich selbst reduziert oder zerstört, weil es sich seines wahren Zustands nicht bewusst ist».

Beim «Zustand» geht es um unser gemeinsames Versagen als Menschen. Der Politikwissenschaftler Hans J. Morgenthau bezeichnete das Versagen als «Schwäche der menschlichen Vernunft, getragen von den Wellen der Leidenschaft. Diese Schwäche betrifft alle Menschen, Griechen und Perser, Amerikaner und Russen.» Wir sind allzu oft besessen von Gerechtigkeit, die oft mit Rache verwechselt wird. Der verständliche Wunsch nach Vergeltung macht uns blind für das Mitgefühl, das notwendig ist, um die Gesellschaft zu verbinden und ihre Wunden zu heilen.

Im Fall der Ukraine hat eine jahrzehntelange nationalistische Politik die Ost- und Westukrainer in Fragen der Sprache, der Religion und der kulturellen Zugehörigkeit gespalten und dabei die Bande der bürgerlichen Identität zerstört. Die destruktiven Erzählungen der beiden Seiten über die jeweils Andere heizte eine tragische Spirale an. Das förderte Konflikte im Namen der Gerechtigkeit.

Indem beide Seiten darauf beharrten, dass vor jedem Gespräch die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit korrigiert werden müssten, trugen beide Seiten unwissentlich dazu bei, dass ihre gegenseitige Tragödie fortbesteht.

Für die alten Griechen kommt es zu einer Tragödie, wenn der Einzelne nicht erkennen kann, wie sehr sein eigenes Handeln zur gegenwärtigen Lage beitrug. Sie sahen die Lösung darin, den Zusammenhang zwischen Handeln und Katastrophe ins Zentrum zu stellen und die Hybris zu entlarven, die Menschen (und Nationen) daran hindert, die wahre Bedeutung von Gerechtigkeit – nämlich Barmherzigkeit – zu begreifen.

Sie versuchten, dies erlebbar zu machen, indem sie auf der Bühne die Schrecken nachstellten, die aus dem unnachgiebigen Streben nach Rache resultieren. Die griechischen Dramatiker hofften so, das Publikum zur Katharsis zu führen, einer Reinigung von Emotionen, die so stark ist, dass sie Raum für Gefühle wie Mitleid und Mitgefühl schafft und anstelle der Wut treten.

Aristoteles glaubte, dass die Katharsis die Gesellschaft von der endlosen Wiederholung eines tragischen Drehbuchs befreien kann, indem sie den Zuschauern vor Augen führt, wie ihr fehlendes Mitgefühl sie ins Verderben führte.

Bei den öffentlichen Aufführungen an den jährlichen Bürgerfesten, den Dionysien, sollten die Tragödien den Bürgern die verheerenden Folgen von Entscheidungen der Politik vor Augen führen.

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Historische Rekonstruktion des Dionysostheaters in römischer Zeit

Man kann sich die klassische griechische Tragödie als eine Reihe von Dialogen vorstellen, welche die Bürger mit ihren eigenen tragischen Fehlern konfrontierten. Erst wenn die Bürger zu begreifen beginnen, wie ihre eigenen Handlungen den Hass der anderen schüren, können sie einen anderen Weg einschlagen.

Versöhnungskommissionen als moderne Form von Tragödien

Die athenische Polis war klein genug war, um fast jedes erwachsene Mitglied der Gesellschaft in diese bürgerlichen Rituale einzubeziehen. In der modernen Gesellschaft scheint es keinen Mechanismus zu geben, der dieselbe Funktion erfüllen kann. Doch ein vergleichbares Verfahren gibt es seit mehr als vierzig Jahren und wurde in über 50 Ländern eingeführt: Wahrheits- und Versöhnungskommissionen.

Wie die Dionysien der Antike versuchen solche Kommissionen, tiefe soziale Traumata zu heilen und soziale Versöhnung herbeizuführen. In meinem Buch* untersuche ich, wie solche Kommissionen Südafrika, Guatemala und Spanien veränderten. Jedes dieser Beispiele hat der ukrainischen Gesellschaft etwas zu bieten.

  • In Südafrika spielten die anglikanische Kirche und insbesondere Erzbischof Desmond Tutu eine Schlüsselrolle, damit es statt zu gewaltsamer Vergeltung zu Vergebung und Heilung kam.
  • In Guatemala trug die Kommission (vor Ort als Historische Aufklärungskommission bekannt) dazu bei, trotz des Widerwillens der Militärregierung eine nationale Diskussion über die umstrittene Völkermordgeschichte des Landes zu fördern.
  • In Spanien vereinbarte ein Pakt zwischen den politischen Parteien des Landes, die Vergangenheit buchstäblich zu vergessen (Pacto de Olvido). Das gab neuen demokratischen Institutionen Zeit, sich zu entwickeln. Diese brachten schliesslich eine Zivilgesellschaft hervor, die in der Lage ist, die Vergangenheit in einem neuen und konstruktiven sozialen Kontext aufzuarbeiten.

In vielen Ländern waren Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in der Lage, als Therapie ergreifende emotionale Zeugnisse aller Seiten zusammenzutragen, öffentlich zu präsentieren und die Öffentlichkeit so zu einer Katharsis zu führen – einer Läuterung des gegenseitigen Hasses, die eine Heilung der Gesellschaft ermöglicht. Dem einst feindlichen Anderen wurde seine Menschlichkeit zurückgegeben.

Die Ukraine ist durch jahrzehntelange interne Zwietracht zerrissen. Durch Interventionen von aussen wurde diese Zwietracht noch verschlimmert. Eine Wahrheits- und Versöhnungskommission, die den Ängsten und dem Leid aller Seiten eine Stimme gibt, und die darauf abzielt, ein von allen geteiltesbürgerliches Konzept der ukrainischen Identität zu schmieden, das niemanden ausschliesst, könnte einen wertvollen Beitrag zu einem dauerhaften Frieden leisten.

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Übersetzung: Infosperber

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Februar 2023

Der Punkt am Himmel über Berlin

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

Ein schwarzes Flugobjekt setzt die Fantasie in Gang: Aliens, Chinesen, oder wird die Berliner Wahl jetzt von ganz oben beobachtet?

Als wir bereits einige Minuten an der Bushaltestelle verbracht hatten und auf den heillos verspäteten 123er warteten, mit der üblichen Körperhaltung der Haupt­stadt­be­woh­ne­r:in­nen (irgendwo zwischen Gereiztheit und tiefer Resignation), sagte mein Sohn plötzlich: „Guck mal, da ist so ein schwarzer Punkt am Himmel!“

Tatsächlich war da ein kleiner, schwarzer kreisrunder Punkt etwa in Flughöhe. Er bewegte sich langsam und merkwürdig flatternd. Für einen Vogel war er zu rund geformt, für ein Flugzeug oder einen Hubschrauber zu lautlos und ruckelig. „Außerirdische“, witzelte ich. Mein Sohn korrigierte fachmännisch: „Extrem unwahrscheinlich. Dann eher die Chinesen.“ Stimmt, selbst in den USA, wo das Pentagon seit Trumps Regierungszeit eine eigene Abteilung für Ufo-Sichtungen unterhält, geht man nicht mehr davon aus, dass die mysteriösen ballonähnlichen Objekte, die in letzter Zeit vermehrt im Luftraum über dem amerikanischen Kontinent unterwegs sind, aus fernen Galaxien kommen, und schießt die Dinger jetzt konsequent vom Himmel.

Doch warum sollten sich die Chinesen ausgerechnet für Berlin interessieren, überlegte ich bitter, während ich weiter auf den 123er wartete: Weder meteorologisches Forschungsinteresse, welches die chinesische Staatsführung zunächst treuherzig vorzuschieben versuchte, kann hier ausschlaggebend sein – der deprimierende Bleideckel, der bis in den Frühling hinein über Berlin hängt, wurde bereits hinlänglich untersucht und geht davon auch nicht weg.

Und welche Geheimnisse aus Forschung, Wirtschaft oder Geopolitik vermag eine Stadt schon verbergen, die so legendär dysfunktional ist, dass es vielleicht noch einen gewissen anarchischen Reiz hat, aber ganz sicher keinen, mit dem sich Politik oder Geld machen ließe?

Aliens in Lichtenberg

Der Bus kam dann doch und das Objekt verschwand aus meinem Blickfeld. Nicht aber aus meinen Gedanken: Wenn es die Aliens und die Chinesen nicht geschickt haben, wer war es dann? Vielleicht schickt die internationale Wahlbeobachtungskommission jetzt schon Kameradrohnen in den Bezirk Lichtenberg, um über die korrekte Auszählung der am letzten Wahlsonntag übersehenen Briefwahlstimmen zu wachen?

Zwei schwarze Fix-Sterne aus einer düsterer Vergangenheit ?

Vielleicht sucht das Objekt auch im Auftrag der Berliner SPD nach weiteren übrig gebliebenen Wahlzetteln im ganzen Stadtgebiet – mehr als der nach derzeitigem Stand magere Vorsprung von 115 Kreuzen vor den Grünen – das könnte die Stimmung der zweitplatzierten Kraft im Roten Rathaus heben. Eine gründliche Suche könnte sich auch für Franziska Giffey persönlich lohnen, um sich einreden zu können, dass die Wäh­le­r:in­nen sie gar nicht soo abgewatscht haben, wie es zunächst aussah.

Auch für die Grünen wäre das Auffinden weiterer Wählerstimmen sicher interessant – könnte doch das dann irgendwann wirklich endgültige End-End-Ergebnis dieser Wiederholungswahl am 27. Februar sie doch noch auf Platz 2 der Berliner Landespolitik hieven und so Bettina Jarasch den grünen Teppich ins Rote Rathaus legen. Den Himmel nach Zeichen abzusuchen, wäre sicher auch eine Strategie für den vorläufigen Wahlsieger von der CDU. Denn was Kai Wegner mit diesem Wahlergebnis jetzt anfangen soll, weiß wahrscheinlich nur der Himmel.

Quelle       :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 21.02.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 21. Februar 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Linkenspitze distanziert sich von Sahra Wagenknechts Demoaufruf  – . –  2.) Fast atomwaffenfähig: Inspekteure entdecken im Iran angereichertes Uran – Teheran dementiert  – . –   3.) Wir von der Resterampe  – . –  4.) Zukunftszentrum für Deutsche Einheit in Halle: Dringender braucht es der Westen  – . –  5.) Zu viele Hürden  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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Nicht nur Michail Sergejewitsch Gorbatschow war dieser Satz bekannt: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben !“ Wer jemals auf einen Bahnsteig die sich entfernenden roten Schlusslichter seines Zuges noch gerade in der Ferne erahnen konnte, weiß wovon hier die Rede ist !

Sahra Wagenknecht hat zur Teilnahme an einer Ukraine-Demonstration aufgerufen, die auch die AfD bewirbt. Das sorgt für Protest bei der Parteispitze der Linken.

1.) Linkenspitze distanziert sich von Sahra Wagenknechts Demoaufruf

Der Bundesvorstand der Linken hat den Aufruf Sahra Wagenknechts zur Teilnahme an Friedensdemonstration am kommenden Samstag kritisiert. „Diesen Aufruf haben wir uns als Parteivorstand nach intensiver Beratung nicht zu eigen gemacht“, sagte Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. „Ganz konkret fehlt uns in dem Aufruf die klare Abgrenzung nach rechts, die nämlich augenblicklich dazu führt, dass namhafte Nazis und rechte Organisationen diesen Aufruf unterstützen und massiv zu der Demo am 25. mobilisieren.“ Stattdessen seien Parteimitglieder aufgerufen, rund um den Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 an dezentral organisierten Protesten teilzunehmen, sagte Bank. Anlässlich des Jahrestags des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar sind bundesweit zahlreiche Veranstaltungen und Kundgebungen geplant. Vor der von Wagenknecht und unter anderem Teilen der AfD beworbenen Kundgebung am Samstag ist am Freitagnachmittag in Berlin eine Kundgebung für einen gerechten Frieden und Solidarität mit der Ukraine geplant. Kernforderungen der Linken seien der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine, aber auch, dass „die Bundesregierung, anstatt aufzurüsten, die Eskalationsspirale endlich durchbrechen muss“, sagte Bank. Er wandte sich gegen die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), den Verteidigungsetat zu erhöhen. Pistorius begründet dies mit Ausrüstungsmängeln der Bundeswehr, aber auch mit der Abgabe von Waffen und Munition an die Ukraine. „Man hat das Gefühl, dass die Rüstungslobby als Dauermieter im Verteidigungsministerium eingezogen ist“, sagte Bank. Sevim Dağdelen kritisiert Parteivorstand.

Zeit-online

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IA.IA – so haben alle Esel schon immer gerufen, welches in ihrer Natur liegt. Fragt denn Niemand nach, wer diese Spione bezahlt – um sich dann darüber, in Verwunderung die Augen zu reiben? Jeder Trottel hat doch Rechenschaft gegenüber seinen Chef abzulegen, selbst wenn die Politiker-innen mit leeren Augen ihren Influencern zuhören müssen, um überhaupt etwas beurteilen zu können. 

IAEA-Inspekteure haben nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg im Iran stark angereichertes Uran gefunden. Es ist demnach fast so rein, dass Teheran damit eine Atombombe bauen könnte.

2.) Fast atomwaffenfähig: Inspekteure entdecken im Iran angereichertes Uran – Teheran dementiert

Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) haben im Iran einem Medienbericht zufolge Uran mit einen Reinheitsgrad gefunden, der nur knapp unter dem zum Bau einer Atombombe nötigen Wert liegt, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf zwei Quellen aus Diplomatenkreisen berichtet. Das Uran sei auf 84 Prozent angereichert worden. Zum Bau von Atombomben ist auf rund 90 Prozent angereichertes Uran notwendig. Die Inspektoren müssten feststellen, ob der Iran das Material absichtlich produziert hat oder ob die Konzentration das Ergebnis einer unbeabsichtigten Anhäufung ist, meldet Bloomberg weiter. Die IAEA erklärte am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter lediglich, den Medienbericht zu kennen. Die Organisation führe Gespräche mit dem Iran über die „Ergebnisse der jüngsten Überprüfungsaktivitäten“. Der Iran selbst wies den Bericht am Montag zurück. Die Islamische Republik habe kein Uran mit einem Reinheitsgrad von mehr als 60 Prozent angereichert, sagte der Sprecher der nationalen Atomenergiebehörde, Behrus Kamalwandi, laut einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Atomabkommen mit dem Iran liegt auf Eis.

Stern-online

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Nein – nicht immer die Minister für Kriege, Morde und den staatlich geförderten Totschlag, – jetzt haben auch einmal die Außenminister von der Resterampe etwas zu sagen. Wobei alle 27 Philister artig ihren Diplomatischen Chefinfluencer, dem Jupp zuhören, welcher außer Handelsbeschränkungen auch nichts zum Frieden beitragen will. Nebenbei wird die Geistige – Insolvenz der EU – Politiker-innen auch noch mit Steuergelder beeinflusst. 

Die EU-Außenminister ringen in Brüssel um neue Sanktionen gegen Russland. Auch Pekings mögliche Waffenlieferungen an Moskau sind Thema.

3.) Wir von der Resterampe

Mehr Munition für die Ukraine und neue Sanktionen gegen Russland: Darüber wollten die EU-Außenminister am Montag in Brüssel mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba sprechen. Doch daraus wurde nichts: „Herr Kuleba hat andere Verpflichtungen“, erklärte der schwedische EU-Vorsitz. Der Überraschungsbesuch von US-Präsident Joe Biden in Kyjiw machte die gemeinsamen Pläne zunichte. Und so mussten EU-Chefdiplomat Josep Borrell und die 27 Minister allein über den Krieg in der Ukraine diskutieren, der sich am Freitag zum ersten Mal jährt. Nach einem Frühstück mit dem russischen Dissidenten Garry Kasparov und vor einem Mittagessen mit der moldawischen Europaministerin Nicu Popescu ging es wieder einmal um die „russische Aggression“ und Möglichkeiten, ihr zu begegnen. Viel Neues ist der EU dabei nicht eingefallen. Pünktlich zum Jahrestag der russischen Invasion soll das zehnte Sanktionspaket in Kraft treten. Es sieht unter anderem Handelsbeschränkungen für Elektronik, Spezialfahrzeuge und Maschinenteile vor, aber auch ein Exportverbot für Toiletten und sanitäre Anlagen. Insgesamt gehe es um einen Wert von 11 Milliarden Euro, heißt es in Brüssel. Doch trotz der ansehnlichen Summe wirkt der Vorschlag, den die EU-Kommission vorgelegt hat, wie eine Sammlung von der Resterampe. Seit dem 6. Sanktionspaket, das das Ölembargo enthielt, ist der EU kein großer Wurf mehr gelungen. Auf dem Tisch liegen zwar noch einige Ideen – ein Embargo gegen russische Diamanten oder ein Verbot russischer Atomexporte. Doch dafür gibt es keine Mehrheit.

TAZ-online

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Wer wag es denn bei einer Politik, in welcher der Bau von Selbst schmückenden Denkmale Staatsräson ist, noch andre Plätze für solch einen Nonsens zu fordern. Wer anders als eine über alles Erhabene Regierung könnte mehr Perlen auf ihre Grunzenden Säue werfen ? Wer Menschen ausgrenzt, darf keine Zukunft haben !

Das „Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ wird in Halle (Saale) gebaut. Aber könnte der Lerneffekt tief im Westen nicht sehr viel größer sein?

4.) Zukunftszentrum für Deutsche Einheit in Halle: Dringender braucht es der Westen

Es ist entschieden. Das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation wird in Halle (Saale) und auf einem der unwirtlichsten Plätze, den ostdeutsche Städte zu bieten haben, gebaut. Direkt vor dem Hauptbahnhof soll es stehen. Die 2020 eingesetzte Expert:innen-Kommission „30 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ hatte die Errichtung eines solchen Zentrums empfohlen und die Bewerbung sechs ostdeutscher Städte begutachtet. Am Ende blieben zwei Favoriten: Frankfurt (Oder) und Halle (Saale). Und ganz am Ende wurde es die Bach-Händel-Arbeiter-Universitätsstadt Halle. 200 Millionen Euro sollen für den Bau zur Verfügung stehen, Hunderte Arbeitsplätze geschaffen werden, 2028 wäre die feierliche Eröffnung. Ein Jahr vor dem 40. Wende-Jubiläum. Bereits jetzt übertreffen sich die Superlative, was dieses Zentrum alles leisten beziehungsweise welche Versäumnisse es wettmachen soll. In seiner Vollmundigkeit hat das teilweise die Anmutung eines Verkaufsgesprächs, was schade ist, denn die Idee für ein solches Projekt war und ist gut. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), nennt es eines „der wichtigsten Projekte für die Festigung der Deutschen Einheit und des Zusammenhalts in Europa in den kommenden Jahren“. Das ist in seiner Konsequenz eine bedenkliche Aussage und hoffentlich einfach nur Presseerklärungs-Wortgeklingel.

Freitag-online

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Niemand hatte doch jemals gesagt seine Trüffelschweine satteln zu wollen, um auf Diese dann auch noch fremde Länder zu bereiten !

Wenn die Europäische Union wirklich gemeinsam Waffen kaufen will, müssen die EU-Staaten ihre nationalen Egosimen hintanstellen. Ein Kommentar.

5.) Zu viele Hürden

Man hört die Botschaft der Europäischen Union gerne, Waffen künftig gemeinsam einkaufen zu wollen, doch noch fehlt der Glaube, dass die Europäer dieses Ziel in naher Zukunft umsetzen. Denn die Vorteile sind seit langem bekannt. Wenn viele militärisches Gerät kaufen, werden sie günstiger. Noch mehr Geld wird gespart, wenn ein Waffensystem zum gemeinsamen Standard wird. Damit sinkt der Druck, sie exportieren zu müssen, um in die Gewinnzone zu kommen. Doch bislang haben die EU-Staaten diese und andere Vorteile ignoriert, weil ihnen nationale Rüstungfirmen wichtiger waren. Zudem müssten sie sich erst darauf verständigen, welcher Waffentyp künftig für alle europäischen Armeen hergestellt werden und welches Unternehmen dafür den Auftrag erhalten soll. Wie schwierig das ist, haben Deutschland und Frankreich gezeigt beim Streit über einen modernen Panzer. Ähnliches erzählt die unrühmliche Geschichte des militärischen Transportflugzeugs Airbus 400M.

FR-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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