DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Archiv für Februar 12th, 2023

Fahrn, fahrn, fahrn

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2023

Auf der Autobahn – Ampel-Streit um Verkehrspolitik

Laufende und fest disponierte Projekte sowie der vordringliche Bedarf bei Autobahnen im Bundesverkehrswegeplan 2030 – Dann sehen wir Politiker-innen nur noch auf den E.- Roller wie  Pik – blöde.

Von     :    NIKOLA ENDLICH   –  CLAUDIUS PRÖSSER  –  TOBIS SCHULZE

Die FDP will schnell mehr Autobahnen bauen, die Grünen lieber weniger. Es rächt sich, dass sie den Liberalen das Verkehrsministerium überlassen haben.

An einem grauen Sonntagvormittag Anfang Februar warten rund 200 Menschen mit Fahrrädern vor dem S-Bahnhof Treptower Park in Berlin. Es gibt heißen Tee, Musik vom DJ-Lastenrad und nervöse Blicke bei den Organisator*innen, weil die Hauptperson auf sich warten lässt: Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus, soll hier kurz vor Schluss ihrer Kampagne ein Zeichen setzen – gegen den Weiterbau der Stadtautobahn A100.

Der Ort der Kundgebung markiert den Punkt, bis zu dem der Autobahn-Stadtring in zwei Jahren vorgestoßen sein wird: Seit 2013 wird an dem Bauabschnitt gearbeitet, rund drei Kilometer von Neukölln in den ehemaligen Ost-Teil der Stadt. Ginge es nach dem amtierenden rot-grün-roten Senat und seiner Verkehrssenatorin Jarasch, bliebe es auch dabei.

Der nächste Bauabschnitt – weitere fünf Kilometer über die Spree in Richtung Norden – würde dann nicht mehr gebaut. „Aberwitzig“ seien die Pläne, ruft Jarasch ins Mikrofon, als sie schließlich da ist. „Die Autobahn zieht neuen Verkehr und ist jetzt schon absurd teuer.“ Dann geht die Demo los, auf dem Fahrrad die potenzielle Trasse entlang: Vorbei an Brachflächen, ein paar Gründerzeit-Wohnhäusern, Kfz-Werkstätten und einigen Clubs, die dem Neubau weichen müssten.

Ob es dazu kommt? Dass die Berliner Landesregierung geschlossen gegen das Projekt ist, ist eine Besonderheit. In anderen Landeskoalitionen konnten sich die Grünen mit ihrem Nein zu Autobahn-Plänen nicht durchsetzen, in Schleswig-Holstein zum Beispiel, wo die umstrittene Küstenautobahn A20 verlängert werden soll. „Die Entscheidung über die Planung von Fernstraßen liegt in der Hand des Bundes“, heißt es dort im schwarz-grünen Koalitionsvertrag.

Über Autobahnbau entscheidet der Bund

Dass sich der Berliner Senat anders positioniert, wird am Ende womöglich nichts nützen: Die Hoheit beim Autobahnbau liegt tatsächlich beim Bund. Und obwohl die Grünen dort ebenfalls mitregieren: In Sachen Verkehrsplanung läuft es im Moment nicht in ihrem Sinne.

Prominent ficht die Ampel gerade den Streit um die Planungsbeschleunigung aus. Der dreht sich darum, ob beschlossene Autobahnprojekte in Zukunft schneller gebaut werden sollen. Ist dieser Konflikt irgendwann geklärt, steht schon der nächste an. Er ist noch grundlegender: Umstritten ist, ob jene Autobahnen überhaupt noch entstehen sollen, deren Bau vor Jahren einmal beschlossen wurde. Im Koalitionsvertrag ist vage von einer Revision die Rede. Volker Wissing (FDP) und sein Verkehrsministerium bremsen dabei aber.

Und so stellt sich die Frage, wie sich der Bau neuer Autobahnen überhaupt noch stoppen lässt – was angesichts der Klimakrise dringend nötig wäre.

Im Verkehr klafft eine große Lücke bei den Klimazielen. Die Ampel müsste den CO2-Ausstoß durch den Verkehr senken, um nicht weiter gegen das Klimaschutzgesetz zu verstoßen. 139 Millionen Tonnen CO2-Emissionen erlaubte es dem Sektor im vergangen Jahr. Laut der Denkfabrik Agora Energiewende wurden tatsächlich 150 Millionen Tonnen in die Luft geblasen. Der Klimaexpertenrat der Bundesregierung drängt den Verkehrsminister, bei der Einhaltung der Klimaziele nachzubessern.

Schritte bei der Umweltprüfung weglassen?

Doch die FDP verfolgt derzeit einen anderen Plan. Im Herbst reichte Wissing seinen Entwurf des „Gesetzes zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren“ ein, über den die Ampel jetzt so heftig streitet. Er will damit Planungsverfahren im Verkehrsbereich verkürzen. Neben einem schnelleren Bau von Schienen und Wasserstraßen, den auch die Grünen richtig finden, geht es ihm um den beschleunigten Bau von Autobahnen.

Bei bestimmten Straßenprojekten könnte künftig auf Schritte bei der Bürgerbeteiligung und Standards der Umweltprüfung verzichtet werden. Umweltverbände kritisieren das scharf.

In der Koalition kursieren verschiedene Listen von Autobahnprojekten, die die FDP trotz der Kritik priorisieren möchte. Laut dem Spiegel soll Wissing zuletzt im Januar in einem Kompromissvorschlag zwar nur noch schnellere Ausbauvorhaben vorgeschlagen haben, keinen beschleunigten Neubau mehr. Aus seinem Ministerium heißt es aber, auch für die A100 in Berlin sei der Turbo noch nicht vom Tisch.

Der Bundesverkehrswegeplan

Auch deswegen haben die Grünen im Bund bisher nicht eingeschlagen. Wurde ihnen aus der Klimabewegung zuletzt im Streit um Lützerath noch zu viel Kompromissbereitschaft vorgeworfen, stehen sie bei der Planungsbeschleunigung relativ geschlossen. Wenn es darum geht, kaputte Autobahnbrücken zu sanieren oder zu ersetzen, würden sie schnelleren Planungen zwar zustimmen. Darüber hinaus lassen sie aber kaum Entgegenkommen erkennen.

Drei Treffen zwischen Wissing, der grünen Umweltministerin Steffi Lemke und Bundeskanzler Olaf Scholz endeten ohne Einigung, zuletzt auch ein Treffen der Koalitionsspitzen. Anfang März will sich der Koalitionsausschuss erneut treffen. Ausgang: ungewiss.

Wie viele Autobahn-Kilometer in Deutschland noch entstehen werden – egal, wie schnell – ist primär allerdings gar keine Frage des Beschleunigungsgesetzes. Die grundsätzliche Frage, ob eine neue Straße gebaut werden soll, wird in einem anderen Dokument mit ähnlich sperrigem Namen geklärt: dem Bundesverkehrswegeplan. Auch um ihn schwelt ein Ampel-Streit.

Der Plan ist ein Herzstück der deutschen Verkehrspolitik. Alle 10 bis 15 Jahre wird er von der Bundesregierung neu erstellt – begleitet von lobbyierenden Abgeordneten, Bürgermeistern und Landrätinnen, die auf eine bessere Straßenanbindung ihrer Regionen oder die lang ersehnte Autobahnauffahrt für das örtliche Industriegebiet hoffen.

VB – Vordringlicher Bedarf

In unzähligen Listen enthält das Dokument neben geplanten Autobahnen und Bundesstraßen auch neue Schienen und Wasserstraßen. Dahinter stehen jeweils fachlich klingende Kürzel: VB steht für „Vordringlichen Bedarf“, sollte also bald gebaut werden. WB steht für „Weiteren Bedarf“, wäre also ganz schön, wird so schnell aber nichts. Kurz nach Erscheinen eines neuen Verkehrswegeplans verabschiedet der Bundestag auf dessen Basis für gewöhnlich sogenannte Bedarfspläne. Damit sind die Bauvorhaben dann Gesetz.

Die aktuelle Version stammt aus dem Jahr 2016, beschlossen noch unter CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer, und gilt bis zum Ende der 2020er Jahre. Das für die Umsetzung benötigte Finanzvolumen wurde bei der Verabschiedung mit 270 Milliarden Euro beziffert. Der Plan enthält mit großem Abstand vor allem eines: Bauvorhaben für Straßen.

Vollkommen überholt sei der Plan, kritisieren Umweltverbände. Bei seiner Aufstellung behandelte die damalige Große Koalition den Klimaschutz noch als Nebensache. Als der Plan beschlossen wurde, hatte Deutschland das Pariser Klimaabkommen noch nicht ratifiziert. In ferner Zukunft lag auch noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Bundesregierung 2021 zu mehr Klimaschutz verdonnerte. „Auch die heute geltenden Ziele des Klimaschutzgesetzes sind darin nicht berücksichtigt“, sagt die grüne Umweltministerin Steffi Lemke der taz.

Autobahn-Gegner*innen argumentieren, dass mit der sich verschärfenden Klimakrise das Verkehrsaufkommen stark reduziert werden müsste. Mit dem Bau von immer neuen Asphaltpisten passiere das Gegenteil. Die Mehrheit der Wis­sen­schaft­le­r*in­nen spricht vom „induzierten Verkehr“: Der Bau von immer mehr neuen Straßen ziehe in der Regel mehr Verkehr nach sich. Kurz: Wer Straßen sät, erntet Verkehr.

Die Logik der FDP da­ge­gen: Gibt es zu viel Stau auf deutschen Straßen, müssen eben zusätzliche Spuren geschaffen oder neue Autobahnen gebaut werden. FDP-Chef Christian Lindner twitterte kürzlich, dass durch Staus und Umwege „unnötig produziertes CO2“ entstünde. Dies mit dem Bau neuer Autobahnen zu reduzieren, ist nach Ansicht der FDP im Sinne des Klimaschutzes.

Im Verkehrsministerium herrscht dazu die Sorge, dass der Wohlstand des Landes sinken könnte, wenn die Verkehrsleistung zurückgefahren wird, künftig also weniger Autobahnen gebaut würden. In fast jeder Rede, die Wissing zum Thema hält, betont er die Rolle des Gütertransports auf der Straße: LKW würden rund zehnmal so viele Waren liefern, als derzeit per Schiene durchs Land gefahren werden. Der Güterverkehr auf der Schiene sei „derzeit viel zu unpünktlich“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Bernd Reuther, der taz. Um ihn attraktiver zu machen, müsste erst die Pünktlichkeit verbessert werden.

Vage Formulierungen im Koalitionsvertrag

Quelle         :         TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

********************************************************

Grafikquellen      :

Oben      —     Laufende und fest disponierte Projekte sowie der vordringliche Bedarf bei Autobahnen im Bundesverkehrswegeplan 2030

Abgelegt unter APO, Deutschland, Positionen, Umwelt | Keine Kommentare »

Lützerath als Fanal

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2023

Warum wir transformative Strategien im Kampf gegen die Klimakrise brauchen

Von Markus WissenUlrich Brand

Lützerath bleibt. Selbst wenn die Kohle unter dem Ort im Rheinischen Braunkohlerevier irgendwann abgebaggert sein sollte, wird dessen Name fortwirken: als Symbol für den Mut und den Einfallsreichtum von Menschen, die sich einem mächtigen Konzern ebenso wie der Staatsmacht widersetzen. Lützerath steht auch als Symbol für eine Politik, die die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Die Zeichen der Zeit, das sind der Kohleausstieg und der Übergang in eine Produktionsweise, in der das gute Leben aller und nicht die Verteidigung mächtiger Partikularinteressen den zentralen Bezugspunkt bildet.

Dass dies nicht im Sinne von konservativen und liberalen Parteien ist, kann kaum überraschen. Deren historische Funktion besteht darin, gesellschaftliche Veränderungen so lange im Sinne der herrschenden Interessen hinauszuzögern, bis ihre Notwendigkeit unabweisbar geworden ist. Die Empörung über die politischen Versäumnisse richtet sich deswegen in erster Linie gegen die Grünen. Und dies zu Recht: Kaum sind sie zum zweiten Mal nach 1998 Regierungspartei auf Bundesebene geworden, machen sie erneut Politik gegen jene Bewegungen, aus denen sie selbst einst hervorgegangen sind. Beim ersten Mal war es vor allem die Friedensbewegung, die die Grünen unter ihrer damaligen Leitfigur Joschka Fischer brüskierten. Heute enttäuschen sie die Anliegen der Klimagerechtigkeitsbewegung, deren Stärke sie ihre jüngsten Wahlerfolge mitzuverdanken haben.

Sicherlich hat niemand von der grünen Regierungsbeteiligung eine sozial-ökologische Revolution erwartet. Denn zum einen sind die Grünen nur Teil einer Koalition, in der mit der FDP eine antiökologische Kraft über ein erhebliches Druckpotenzial verfügt. Zum anderen steht außer Frage, dass staatliche Politik anderen Logiken folgt als das Handeln sozialer Bewegungen. Die Möglichkeiten staatlicher Politik werden systematisch durch die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse beschränkt. Diese schreiben sich in die staatlichen Apparate ein, sie prägen die Denkweisen ihres Personals und bestimmen, welche Probleme in welcher Form überhaupt debattiert werden können. Der von den 1968ern angestrebte „Marsch durch die Institutionen“ resultierte im Marsch der Institutionen durch die Protagonist:innen der Bewegung. Das war die Erfahrung der ersten grünen Regierungsbeteiligung: Schneller als ihm lieb war und meist ohne es zu bemerken, verinnerlichte das grüne Spitzenpersonal die institutionellen Restriktionen und missverstand dies als Ankunft auf dem harten Boden der Realität. Gemeint war die Realität der Herrschenden, die sie bis dahin kritisiert hatten und die sie nun mitgestalten wollten.

Das Versäumnis der heute tonangebenden Grünen liegt darin, diese Erfahrung nicht reflektiert zu haben. Stattdessen liefen sie blindlings und unvorbereitet in eine Situation, in der sie schließlich den Quasi-Freibrief für einen der weltweit größten Umweltsünder als klimapolitischen Kompromiss verkaufen sollten. Über so viel grünen Realitätssinn wird sich RWE vermutlich noch länger die Hände reiben. Denn in Zeiten einer eskalierenden Klimakrise darf der Konzern weitere 280 Mio. Tonnen Braunkohle abbaggern und verbrennen. Im Jahr 2030, acht Jahre früher als im Kohleausstiegsgesetz vorgesehen, lässt er es dann gut sein mit der heißen Luft und der verbrannten Erde – und kann sich auf der Gewissheit ausruhen, dass dann die gestiegenen Preise für Zertifikate aus dem europäischen Emissionshandel die Kohleverstromung ohnehin unrentabel gemacht haben werden. Als Zugabe obendrauf bekommt der Konzern die Zerstörung einer wichtigen Infrastruktur der Klimagerechtigkeitsbewegung, die ihm in den kommenden Jahren noch einiges an Ärger beschert hätte: Das besetzte Lützerath war ein Ort, an dem Menschen zu Aktionstrainings, Workshops und Festivals zusammenkamen.

Nun ließe sich einwenden, dass die Vorgängerregierung der Ampel die Energiewende systematisch ausgebremst und damit die Sachzwänge, mit denen Grüne und SPD als Regierungsparteien heute konfrontiert sind, erst geschaffen habe. Ohne die Grünen in der Regierung würde zudem alles noch schlimmer kommen. Und schließlich trage die derzeitige Regierung keine Schuld an den Gaspreissteigerungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine. All das ist richtig, trifft aber nicht den entscheidenden Punkt: Dieser besteht zunächst einmal in der simplen Tatsache, dass der Abbau der Kohle unter Lützerath aus Gründen der Versorgungssicherheit und Netzstabilität nicht nötig ist. Zu diesem Schluss kommen gleich mehrere Gutachten.[1] Sodann, und in der aktuellen politischen Diskussion weitgehend vernachlässigt, stellt sich die Frage: Für wen und wofür wird der Strom eigentlich erzeugt? Und um wessen Versorgungssicherheit geht es hier eigentlich?

Denn selbst wenn die Kohle benötigt würde, um den bestehenden Strombedarf zu decken, wäre es ökologisch naheliegend, erst einmal diesen Bedarf zu problematisieren, bevor zu seiner Deckung noch mehr CO2 emittiert wird: Müssen wir wirklich Strom für Autofabriken erzeugen, damit darin riesige Mengen an immer größeren Fahrzeugen hergestellt werden, die, einmal freigelassen, selbst Unmengen an Strom verbrauchen oder die fossilen Treibstoffe gleich selbst in Kohlendioxid verwandeln? Brauchen wir Energie für eine chemische Industrie, um diese in die Lage zu versetzen, Berge an Verpackungen aus Kunststoff zu produzieren, die nach einmaligem Gebrauch verbrannt oder ins Ausland exportiert werden? – Das ist die Versorgungssicherheit einer Produktions- und Lebensweise, die bereits heute unzählige Menschen in existenzielle Unsicherheit stürzt.

Warum soziale Bewegungen unerlässlich sind

Viel sinnvoller – und angesichts sich zuspitzender Krisen immer dringlicher – wäre es dagegen, innezuhalten und zu fragen, welche Dinge tatsächlich gesellschaftlich notwendig sind und sich zudem auf eine Weise herstellen ließen, die nicht die Erde weiter aufheizt und die Lebensgrundlagen von Menschen hierzulande, andernorts und in der Zukunft zerstört: ein nachhaltiges Mobilitätssystem, ein gut ausgebautes und für alle zugängliches Gesundheitswesen oder energetisch sanierte und preiswerte Wohnungen.

Auseinandersetzungen an den Polizeiketten vor Lützerath

Natürlich ist dafür genug Geld da. Die Gesellschaft ist so reich wie nie zuvor. Wer sich hunderte Milliarden Euro für die Bundeswehr oder die Bankenrettung leisten kann, der hat auch ausreichend Ressourcen dafür, die Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Warum sollten wir weiterhin Ressourcen und menschliche Kreativität dafür verschwenden, neue Finanzinstrumente zu entwickeln, SUVs zu designen oder Waffensysteme zu optimieren? Warum nicht stattdessen die gesellschaftlichen Anstrengungen, die praktische und kollektive Intelligenz von Beschäftigten in der Produktion, im Pflegebereich oder im Gesundheitswesen, die Kreativität von Ingenieur:innen in den Dienst des guten Lebens für alle stellen?

Solche Fragen lassen sich in den Parlamenten und Ministerien kaum diskutieren. Das ist kein Wunder, denn sie gehen ans Eingemachte der kapitalistischen Produktionsweise: an die Möglichkeit, das Privateigentum an Produktionsmitteln letztlich auch zum Schaden der Allgemeinheit nutzen zu dürfen, solange dabei Profite, Wachstum und Steuereinnahmen herauskommen. Übertüncht wird dies mit Begriffen wie „Wettbewerbsfähigkeit“, dem Verweis auf Arbeitsplätze oder dem Argument, dass „die Chinesen“ das Problem beim Klimawandel seien. Europa mache ja schon seine Hausaufgaben. Doch all diese Behauptungen sind Nebelkerzen.

Quelle         :      Blätter-online         >>>>>        weiterlesen

********************************************************

Grafikquellen      :

Oben      —   Räumung Lützeraths, 11. Januar 2023

******************************

Unten     ––       Auseinandersetzungen an den Polizeiketten vor Lützerath

Abgelegt unter APO, Energiepolitik, Nordrhein-Westfalen, Positionen, Umwelt | 1 Kommentar »

Chatkontrolle: Faktencheck.

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2023

So führt EU-Kommissarin Ylva Johansson die Öffentlichkeit in die Irre

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von      :       

Im Interview mit dem SPIEGEL verteidigt EU-Kommissarin Johansson die von der EU geplante Chatkontrolle. Dabei sagt sie drei Mal die Unwahrheit und verbreitet mindestens sieben Mal irreführende Aussagen.

In den vergangenen beiden Tagen war die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson in Berlin. Anlass ihrer Reise: die umstrittenen EU-Pläne zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder. Auf ihrer Agenda standen dabei Treffen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP).

Derzeit diskutiert der Ministerrat der EU über das Vorhaben, besonders umkämpft sind dabei die Pläne zur sogenannten Chatkontrolle. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen künftig Anbieter von Diensten im Internet auf Anordnung die Inhalte von Nutzer:innen durchleuchten müssen – um sie etwa auf Darstellungen sexualisierter Gewalt oder Grooming zu scannen.

Nach einer Phase mit widersprüchlichen Aussagen positioniert sich Deutschland mittlerweile klarer gegen eine Schwächung oder Umgehung von Verschlüsselung. Wie die Gespräche der Kommissarin mit den Bundesminister:innen liefen, ist bislang nicht bekannt. Justizminister Buschmann twitterte danach: „Wir sind uns in der Bundesregierung einig: Chatkontrollen lehnen wir ab. Eine anlasslose Überwachung privater Kommunikation hat in einem Rechtsstaat nichts zu suchen“.

Außerdem schrieb Buschmann: „Deshalb lehnen wir generelle flächendeckende Überwachungsmaßnahmen privater Korrespondenz gerade auch im digitalen Raum ab.“ Ins Auge stechen dabei die überspezifischen Worte „anlasslos“, „generell“ und „flächendeckend“. Befürworter:innen der Chatkontrolle weisen immer wieder darauf hin, dass die Überwachung lediglich gezielt und auf Anordnung passieren würde. Offensichtlich lässt der Justizminister an dieser Stelle noch Spielraum offen.

Faktencheck des SPIEGEL-Interviews

Flankiert wurde Johanssons Berlin-Visite von einem Interview mit dem SPIEGEL (€). Darin verteidigte sie die Kommissionspläne mit Nachdruck. An mindestens zehn Stellen sind ihre Aussagen jedoch irreführend oder schlicht falsch. Wir haben uns die Aussagen der Kommissarin deshalb genau angeschaut:

1. „Ich habe nicht vor, die Überprüfung von digitaler Kommunikation auszuweiten“

Das ist falsch. Der Entwurf der EU-Kommission sieht vor, dass Online-Anbieter auf Anordnung sogar private Chats durchleuchten müssen. Verdachtsmeldungen sollen sie an ein EU-Zentrum weiterleiten. Dieses EU-Zentrum müsste erst noch geschaffen werden. In diesem Zentrum sollen dann amtliche Sichter:innen die verdächtigen Inhalte überprüfen und Falschmeldungen aussortieren. Es handelt sich um eine neue Infrastruktur und reihenweise neue Angestellte – also eindeutig eine Ausweitung.

Bisher durchleuchtet nur eine handvoll sehr großer Diensteanbieter Inhalte. Sie tun das freiwillig, wobei fraglich ist, ob sie das rechtlich überhaupt dürfen. Johansson selbst sagt dazu: „Heute tun viele Unternehmen, was sie für richtig halten, ohne dass dies mit unseren Datenschutzbestimmungen übereinstimmt.“ In Zukunft sollen jegliche Diensteanbieter zur Durleuchtung von Inhalten verpflichtet werden können. Diese Anbieter durchsuchen momentan auch nur unverschlüsselte Inhalte auf ihren Servern. In Zukunft sollen sie auch verschlüsselte Inhalte durchsuchen, und das möglicherweise auch auf Endgeräten wie Smartphones.

Die E-Privacy-Richtlinie verbietet das Durchleuchten privater Kommunikation, weil die Vertraulichkeit privater Kommunikation ein Grundrecht ist. Manche Anbieter wollen aber die Daten ihrer Nutzer:innen trotzdem nach Hinweisen auf Missbrauch durchsuchen, also gibt es seit Juli 2021 eine temporäre Ausnahme dieser Regel. Darin geht es um „Online-Material über sexuellen Missbrauch von Kindern“. Mit ihrem neuen Entwurf will die Kommission aber auch die Suche nach unbekanntem Material und Grooming verpflichtend machen. Grooming nennt man es, wenn Erwachsene zu Kindern Kontakt anbahnen.

2. „Letztes Jahr gab es weltweit 32 Millionen Meldungen der Unternehmen über sexuellen Kindesmissbrauch“

Das ist irreführend. Offenbar bezieht sich Johansson an dieser Stelle auf die Arbeit einer US-amerikanischen Organisation namens NCMEC („National Center for Missing and Exploited Children“). Das NCMEC sammelt von großen Online-Anbietern Hinweise auf sexualisierte Gewalt gegen Kinder. Die Zahl von rund 30 Millionen eignet sich aber nicht, um die Anzahl potenzieller Opfer auch nur annähernd abzuschätzen. Mehr als 90 Prozent der Meldungen kommen allein von Meta, also dem Konzern, zu dem Facebook, Instagram und WhatsApp gehören. Davon wiederum sind ein Großteil Duplikate, also Aufnahmen, die wieder und wieder geteilt werden. Hier haben wir ausführlich analysiert, was die Zahlen des NCMEC aussagen – und was nicht.

3. „Ohne meine neue Gesetzgebung wird es diese Meldungen nicht mehr geben“

Das ist irreführend. Die von der EU geplante Chatkontrolle ist nicht zwingend nötig, damit die erwähnten Verdachtsmeldugen weiter fließen. Weniger invasive Lösungen sind möglich. So arbeitet das NCMEC aktuell auch ohne Zugriff auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation. Die Sichter:innen werten nicht alle Verdachtsmeldungen selbst aus. Laut einem EU-Bericht sichten sie lediglich Fälle aus den USA. Meldungen aus anderen Ländern leiten sie weiter. Viele Fälle aus der EU landen bei der europäischen Polizeibehörde Europol. Von dort können die Meldungen dann zu den Mitgliedstaaten gehen; in Deutschland greifen die Landeskriminalämter die Meldungen auf.

4. „Sehen Sie, ich fordere die großen Unternehmen heraus. Die wollen nicht reguliert werden“

Das ist irreführend. Die geplante Verordnung beschränkt sich nicht auf „große Unternehmen“ wie Google, Apple oder Meta. Sie betrifft potentiell alle Internet-Dienste. Die Kritik an der Chatkontrolle lässt sich auch nicht auf eine Lobbykampagne aus der Industrie reduzieren. Es geht nicht nur um die Interessen großer Unternehmen sondern um Grundrechte. Kritik an den Vorschlägen äußern viele: Die Datenschutzbeauftragten der EU-Länder inklusive dem deutschen Bundesdatenschutzbeauftragtender Bundesratmehrere Ministeriender UN-MenschenrechtskommissarKinderschutz- und Journalist:innenverbände sowie Bürgerrechtler:innen.

5. „Sie sind die Einzigen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet stoppen können“

Das ist falsch. Online-Anbieter zum Durchleuchten von Kommunikation zu zwingen, ist keinesfalls das einzige Mittel gegen Gewalt an Kindern. Das Internationale Netzwerk für Kinderrechte hat in einem Bericht zahlreiche Lösungen skizziert, wie Kindern besser geholfen werden kann. Dazu gehören Meldemechanismen, mit denen sich Minderjährige wehren oder Hilfe anfordern können, wenn sie belästigt werden oder verstörende Inhalte sehen. Vor allem aber müssten verschiedene Akteur:innen zusammenarbeiten, wie die Kinderschützer:innen erklären. Dazu gehören etwa Ermittlungsbehörden, Sozialarbeiter:innen, Betroffenenhilfe, Schulen und ärztliche Praxen. Dafür fehlen aber oftmals Ressourcen.

Auch in Deutschland sind beispielsweise Jugendämter oft in Personalnot und fordern eine bessere Ausstattung. Das würde die Situation für Kinder ganz unmittelbar verbessern, unabhängig davon, ob sie von physischer oder digitaler Gewalt betroffen sind.

6. „Es geht um viele Kinder, die wir retten können“

Das ist irreführend. Kinder retten kann das geplante Gesetz wohl nur in Ausnahmefällen. Von der automatisch generierten Verdachtsmeldung im Netz bis hin zum Kind in Not ist es ein extrem langer Weg. Warum das so ist, haben wir hier Schritt für Schritt erklärt. Statt einer Rettung für Kinder steckt hinter der Chatkontrolle vielmehr eine systematische Nacktbildersammlung, die beispielsweise auch einvernehmlich erstellte Aufnahmen zwischen Jugendlichen umfasst.

Anschaulich wird das Problem, wenn man zum Vergleich Zahlen des US-amerikansichen NCMEC heranzieht. Im Jahr 2021 hat die Organisation 85 Millionen Aufnahmen registriert. Doch bloß in 4.260 Fällen hat das NCMEC daraufhin Ermittlungsbehörden informiert, mit dem Verdacht, dass die Beamt:innen damit etwas anfangen können. Das entspricht 0,005 Prozent der registrierten Aufnahmen – beziehungsweise 0,05 Promille.

„Kinder und Jugendliche sind vor allem im eigenen Umfeld der Gefahr sexueller Gewalt ausgesetzt. Bei rund drei Viertel der Fälle geschieht das in der eigenen Familie oder im sozialen Nahfeld.“ Das sagt das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Dort kann der Staat Kinder „retten“, dort kann Prävention sehr viel bewirken.

7. „Es gibt Erkennungstechnologie, die so eingesetzt werden kann, dass die Verschlüsselung erhalten bleibt“

Das ist irreführend. Das Interview-Team des SPIEGEL hat das allerdings auch direkt im Gespräch angemerkt. Hinter der Aussage steckt eine technische Spitzfindigkeit. Bei Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation können nur Sender:in und Empfänger:in eine Nachricht lesen. Wer die Daten auf dem Weg abfängt, sieht nur Zeichensalat. Bleibt also die Möglichkeit, Inhalte vor oder nach dem Ende-zu-Ende-verschlüsselten Versand zu überprüfen. Genau dafür gibt es Lösungen, die im Rahmen der Chatkontrolle diskutiert werden, zum Beispiel Client-Side-Scanning. In diesem Fall wird der sicher verschlüsselte Versand der Nachricht nicht angerührt, die Nachricht aber vor dem Versand gescannt. Für betroffene Nutzer:innen bringt das keinen Vorteil: Ihre Chats sind nicht mehr privat; die Vertraulichkeit von Kommunikation und die Integrität von IT-Systemen wird verletzt.

8. „Es ist vielmehr so, als würde man einen Polizeihund Pakete beschnuppern lassen, ob sich darin Kokain verbirgt“

Das ist irreführend. Zwar geht es sowohl bei Chatkontrolle als auch bei der Kontrolle durch Spürhunde um das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Da hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Digitale Kommunikation ist oft intensiv und intim. Sie passiert oft mehrfach täglich; Chats sind elementarer Bestandteil vieler enger Beziehungen. Der Zugriff auf digitale Kommunikation ist ungleich invasiver als der Zugriff auf Pakete. Hinzu kommt, dass sich digitale Kommunikation massenhaft durchsuchen lässt. So viele tierische Spürnasen könnte man gar nicht finden, selbst wenn man die Hunde aus allen Tierheimen der Welt rekrutiert.

Der Vergleich scheitert auch beim Client-Side-Scanning, also dem Durchleuchten der Inhalte vor dem Versand: Um im Bild zu bleiben, würde der Polizeihund dann nicht mehr an den Paketen auf dem Weg zu ihren Empfänger:innen schnüffeln. Der Hund wäre dann immer dabei, wenn wir in der Wohnung die Pakete einpacken.

9. Zur Frage nach den Gründen für den Widerstand in Deutschland: „Das müssten Sie mir erklären“

Das ist irreführend. Johansson tut hier so, als würde sie die Argumente nicht kennen. Dabei ist der Widerstand, der aus Deutschland kommt, gut begründet und greift zahlreiche Argumente auf, die selbst die EU-eigene Datenschutzaufsicht ausführlich in englischer Sprache dargelegt hat. Durch ihre zur Schau gestellte Unkenntnis diskreditiert Johansson die grundlegende Kritik von Politiker:innen und Zivilgesellschaft. Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass sie sich damit nicht auseinandergesetzt hat. Immerhin hat sich Johansson diese Woche mit deutschen Spitzenpolitiker:innen getroffen, um über die Chatkontrolle zu sprechen – ohne Briefing dürfte keine EU-Kommissarin eine solche Reise antreten.

10. „Dann wird es ab 2024 keinen Schutz mehr vor sexuellem Kindesmissbrauch im Netz geben. Weil dann die dafür nötigen Instrumente in der EU verboten sein werden.“

Das ist falsch. Johansson bezieht sich an dieser Stelle wohl darauf, dass die aktuell geltende Verordnung zur „Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ im August 2024 ausläuft. Diese Leerstelle soll dann der neue Entwurf der Kommission füllen, der auch die Chatkontrolle umfasst. Doch selbst wenn dieser Entwurf scheitert oder sich verzögert, wird die EU in Sachen Kinderrechte nicht in ein Vakuum stürzen. Zum Beispiel regelt auch das neue Digitale-Dienste-Gesetz (DSA), wie Plattformen mit sogenanntem Missbrauch umgehen sollen. Demnach sollen sie unter anderem leicht zugängliche Meldemechanismen haben, Hinweise auf illegale Inhalte bearbeiten, Verdachtsmeldungen an Behörden weitergeben und missbräuchliche Nutzer:innen sperren. Für sehr große Plattformen gibt es verschärfte Regeln, demnach sollen sie etwa bewerten, welche Risiken ihre eigenen Dienste bergen und etwas dagegen unternehmen.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

********************************************************

Grafikquelle :

Oben       :          Ylva Johansson, Minister for Employment and Integration of Sweden Photo: Annika Haas (EU2017EE)

Abgelegt unter Debatte, Europa, Medien, Positionen | Keine Kommentare »

KOLUMNE * Red Flag

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2023

Erdbeben und Verantwortung: – Die Sache mit dem Schicksal

Rote Flagge II.svg

Kolumne von Fatma Aydemir

Das Schicksal des Menschen, ist der Mensch. Höhere Gewalt entzieht sich der Einflussnahme. Doch das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe in der Türkei hat von Menschen gemachte Ursachen.

Im Türkischen gibt es diese Redewendung: Geografie ist Schicksal. Es ist ein wehmütiger Spruch, einer, der sich vor allem auf die negativen Einflüsse bezieht, die die geografischen Bedingungen eines spezifischen Orts auf die dort lebenden Menschen haben. Unausgesprochen impliziert er, dass es dem Menschen in einer anderen Region, einer westlicheren etwa, besser ergehen würde.

Erdbeben entziehen sich der Willenskraft, Vorkehrungen nicht

Zugleich verneint aber der Schicksalsgedanke, dass die Situation änderbar ist. Die Vorbestimmung entzieht sich der Entscheidungsfreiheit des Menschen, weshalb eine Auflehnung oder Vorkehrungen sinnlos sind: Es ist schrecklich, wie es ist, aber so ist es nun einmal.

Von Schicksal sprach auch der türkische Präsident Erdoğan am Mittwoch, als er mit drei Tagen Verspätung im Epizentrum des verheerenden Erdbebens, im kurdisch-alevitischen Pazarcık, eintraf. Keine Frage, das Wort passt wunderbar zur religiösen Haltung der Regierungspartei AKP sowie zum politischen Vokabular eines Staatsoberhaupts, das die eigene Autorität mit dem Gehorsamsprinzip der Gottesfürchtigen zu rechtfertigen sucht.

Aber es gehört schon eine besondere Dreistigkeit dazu, vor eine Gruppe von Menschen zu treten, die seit Tagen bei Minusgraden auf den Katastrophenschutz warten, weil ihre Angehörigen in den Trümmern ihrer Häuser begraben sind, vielleicht noch schreiend, vielleicht bereits erfroren, und von Schicksal zu reden – anstatt von Verantwortung.

Gewiss lässt sich der genaue Zeitpunkt und Ort eines Erdbebens nicht berechnen, verhindern lässt sich ein Erdbeben auch nicht. Insofern entzieht es sich jeder Willenskraft, existiert als höhere Gewalt. Doch lässt sich durchaus erforschen, in welchen Regionen stärkere Erdbeben erwartet werden, und dass die Türkei sich in einer tektonischen Hochrisikozone befindet, ist hinlänglich bekannt. Vorkehrungen können getroffen werden.

AKP und Korruption

Das Erdbeben mag ein naturgegebenes Schicksal sein, das Nichteintreffen des Katastrophenschutzes in weiten Teilen des Landes ist es nicht. Das Einstürzen angeblich erdbebensicherer Hochhäuser ist es auch nicht. Und die Einschränkung der sozialen Netzwerke, wo Betroffene Informationen mit potenziellen Helfer_innen teilten, ist alles andere als Schicksal. Die Sperrung wurde staatlich angeordnet, wie das Ministerium für Kommunikation am Mittwochabend bestätigte. „Desinformation“ lautet die offizielle Begründung; Regierungskritik unterbinden, vermuten Oppositionelle.

Turkey earthquake 2023 montage.png

Unterlassene Hilfeleistung ist das Eine. Vorkehrungen bewusst abzulehnen, um sich an den dafür nötigen Ressourcen zu bereichern, das Andere. Seit dem Korruptionsskandal Ende 2013 ist bekannt, dass die Familie Erdoğan und einige AKP-Minister profitable Beziehungen zum Bausektor pflegen. Zudem werden Fragen laut, wo die seit dem letzten großen Erdbeben 1999 erhobenen Erdbebensteuern abgeblieben sind. 37 Milliarden US-Dollar sollen seitdem von den Bürger_innen eingesammelt worden sein, für eine erdbebensichere Bebauung.

Quelle         :          TAZ-online            >>>>>        weiterlesen

*********************************************************

Grafikquellen          :

Oben     —   Eine wehende rote Fahne

*******************************

Unten     —     A montage of the 2023 Turkey-Syria earthquake.

Abgelegt unter Asien, Mensch, Positionen, Umwelt | Keine Kommentare »

DL – Tagesticker 12.02.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Ein Bischof wird zur Belastung für die Stadt Eichstätt  – . –  2.) Wagner-Chef oder Kadyrow als Putin-Nachfolger  – . –  3.) Kein Grund für einen Handelsstreit  – . –  4.) Volker Wissings Idee für eine Verkehrswende: Leuchtende Autobahnen  – . –  5.) CDU-Chef Kai Wegner – Geübt in Niederlagen  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

*************************************************************************

Nur die einstigen Sklavenhalter-innen und Landgrabber-innen als politische Oberlumpen und Verbrecher-innen an der Menschheit bekommen Denkmale aus Stein, woran sich die später nachfolgenden Gleichgesinnten ihrer Zunft, an ihren Krokodilstränen ergötzen können. 

Wenn die Vergangenheit einst geschätzter Kirchenmänner ans Licht kommt, kann das konkrete Folgen für Städte und ihre Bürger haben. So wie in Eichstätt.

1.) Ein Bischof wird zur Belastung für die Stadt Eichstätt

Eichstätt ist eine „Stadt der Kirchen und Klöster“. So bezeichnet sich die 14.000-Einwohner-Kommune auf ihrer Homepage selbst. Wer von einer der Anhöhen auf die Stadt hinunterschaut, in der rund 1200 Menschen bei kirchlichen Einrichtungen tätig sind, der sieht die Türme zahlreicher Gotteshäuser. Sowie die Gebäude der einzigen katholischen Universität im deutschsprachigen Raum. „Ihre geistlichen Herren waren es, die der Stadt ihren unverkennbaren Geist eingehaucht haben“, heißt es auf der Homepage weiter. Mehr als 30 Straßen sind nach Kirchenmännern und auch ein paar Ordensfrauen benannt. Es gibt die Gundekarstraße, die Benedicta-von-Spiegel-Straße, den Kardinal-Preysing-Platz. Oder die Alois-Brems-Straße. Und die ist zum Problem geworden. Bischof Alois Brems soll einen Preister gedeckt haben. Denn der frühere Bischof Alois Brems steckt tief im Strudel des Missbrauchsskandals, der die katholische Kirche erschüttert: Brems hat offenkundig einem Priester zur Flucht ins Ausland verholfen und ihm Geld über Umwege zukommen lassen. Dieser Priester, der unter anderem in Wittesheim im Kreis Donau-Ries tätig war, wurde ab Ende der 60er Jahre von der Polizei und Staatsanwaltschaft gesucht, weil ihm der Missbrauch von Kindern vorgeworfen wurde. Juristisch verantworten musste er sich nie. Nachdem die Taten verjährt waren, kehrte er 1984 wieder nach Deutschland zurück. Dort war er erneut als Priester tätig und blieb unbehelligt bis zu seinem Tod mit 86 Jahren im Jahr 2016.

Augsburger-Allgemeine-online

*************************************************************************

Arbeiten viele dieser politischen „Experten“ nach dem Motto: „Wenn das Wörtchen wenn nicht wäre, wärt mein Vater Millionär – und die Kinder hießen Strauß – ein der Daus. Fertig ist unser Zukunftshaus ! 

Im Falle einer russischen Niederlage könnte ein Machtwechsel erfolgen. Putins potenzielle Nachfolger sind jedoch weitaus gefährlicher, warnen Experten.

2.) Wagner-Chef oder Kadyrow als Putin-Nachfolger

Der Ukraine-Krieg jährt sich bald zum ersten Mal. Experten blicken bereits sorgenvoll auf Szenarien nach dem Krieg. Bereits jetzt wird es unruhig um die Machtzirkel von Kreml-Chef Wladimir Putin. Sollte die Ukraine auf dem Schlachtfeld gewinnen, könnte in Russland ein Machtwechsel erfolgen. Experten warnen vor dessen Folgen und die Auswirkungen auf Friedensgespräche nach dem Krieg. Das berichtet kreiszeitung.de. Sollte die Ukraine den Krieg für sich entscheiden, könnte Putin den Rückhalt in der Politik und in der Gesellschaft verlieren. Viele hoffen, dass Putin im Falle einer Niederlage im Ukraine-Krieg aus dem Amt entfernt wird und die Chance danach auf Verhandlungsgespräche steigt. Seit geraumer Zeit gibt es zudem Gerüchte über Putschversuche Putins, die diese Vermutungen untermauern. Doch James W. Davis, Leiter des Instituts für Politikwissenschaft an der Uni St. Gallen, hält diese Annahme für fragwürdig. Eine russische Niederlage müsse nicht unbedingt ein Ende des Krieges bedeuten, schreibt Davis in einem Gastbeitrag der Süddeutschen Zeitung (SZ). Machthaber, die als potenzielle Nachfolger Putins infrage kämen, könnten Aussicht auf einen Verhandlungsfrieden schmälern, schreibt Davis. Da wäre zum einen der berüchtigte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin und Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow. Einst beide bekannt als enge Verbündete des Kreml-Chefs, könnten sie Putin zur Gefahr werden. Prigoschin und Kadyrow hatten Putin unter anderem für die Zurückhaltung im Krieg und Putin unter Druck gesetzt.

*************************************************************************

War es nicht die alleinige Aufgabe der Schöpfer-innen  einer Institution wie der WTO, die Machtverhältnisse genau  so zu Verbarrikadieren wie sie zum Gründungszeitpunkt vorlagen ? Jede Änderung würde den Handelswert der Gründer verringern.

„German Angst“vor „Grünem Handelskrieg“. – Joe Bidens geplante Subventionen für den grünen Umbau verunsichern europäische Firmen. Dabei darf die EU durchaus selbstbewusst verhandeln.

3.) Kein Grund für einen Handelsstreit

Beim Begriff IRA sollten wir in diesen Tagen nicht an Terror und Gegenterror im Nordirlandkonflikt denken, sondern an eine Chance für die Lösung der Kli­ma­kri­se. Der Inflation Reduction Act (IRA) der US-Regierung ist ein großes Versprechen. Die Angst vor einem „grünen Handelskrieg“ zwischen der EU und den USA ist übertrieben und irreführend. Der IRA sieht Subventionen und Steuernachlässe in Höhe von etwa 400 Milliarden Dollar für den grünen Umbau der US-Wirtschaft vor: zugunsten erneuerbarer Energien, Stromleitungen, sauberer Transportsysteme, des Aufbaus grüner Wasserstofftechnik, aber auch der CO2-Speicherung und Atomkraft. Das ist – endlich – der große Wurf, den die Welt seit Jahren von den USA erwartet: deren teilweise marode Volkswirtschaft mit einer gigantischen Kapitalspritze Richtung Dekarbonisierung und ökologischer Modernisierung zu treiben. Das Gesetzespaket ist darüber hinaus der Versuch, die USA wieder zu industrialisieren: Fabriken, Wertschöpfung und Jobs bei Batteriefertigung, E-Mobilen, Elektrolyseuren oder Wärmepumpen sollen am besten wieder im „Rust Belt“ stattfinden, wo Stahl und Kohle erst für Wohlstand, später für Elend und Niedergang sorgten. Damit will US-Präsident Joe Biden auch seine Wiederwahl sichern, um in diesen abgehängten Regionen den rückwärtsgewandten Republikanern neue Perspektiven entgegenzusetzen. Das führt auch zu Protektionismus: Gefördert wird vor allem „made in USA“. Das wiederum schließt Exportregionen wie die EU und vor allem Deutschland aus. Die Exporteure würden leiden und eigentlich bessere und billigere Produkte keinen Markt in den USA mehr finden. Darüber haben Robert Habeck und Bruno Le Maire, der deutsche und der französische Wirtschaftsminister, diese Woche in Washington mit der US-Regierung beraten. Nicht die EU, sondern China ist der Gegner

TAZ-online

*************************************************************************

Er selber bringt aber auch nicht mehr Licht in seine Umgebung,  als eine Taschenlampe mit verbrauchte Batterien. Es gab sicher Zeiten als er Deutschland, dortlang sangt. Heute heisst das Autos, Autos über alles, nur das die Produktion derselben lange ins Ausland verkauft wurde, hat er wohl unter seiner Fahne verschlagen. 

Für Volker Wissing bedeutet mehr Verkehr mehr Freiheit. Elon Musk ist sein Vordenker. Volker Wissing ist motorisiert vernetzt.

4.) Volker Wissings Idee für eine Verkehrswende: Leuchtende Autobahnen

Da verrate ich wohl kein Geheimnis, wenn ich sage: Wir müssen uns echt was dazu einfallen lassen, wie wir uns künftig fortbewegen werden. Es gab eine Zeit, in der wir uns das Träumen erlaubt haben. Da stellten wir uns vor, in einer nicht allzu fernen Zukunft auf Hoverboards durch futuristisch designte Städte zu schweben (Zurück in die Zukunft II, 1989) oder mit fliegenden Taxen durch endlose Häuserschluchten zu jagen (Das fünfte Element, 1997). In den Zukunftsvisionen von heute fänden wir es schon sagenhaft, wenn die Züge pünktlich kämen und mit ein und demselben digitalen (!) Ticket nutzbar wären. Es wäre vermutlich auch nicht schlecht, wenn die Klimaanlagen darin funktionierten und die Schienen genügend Sicherheitsabstand zu potenziell umstürzenden Bäumen hätten, denn – Sie haben es wohl schon einmal gehört – die Klimaerwärmung wird künftig für mehr Hitze und Stürme sorgen. Um solche sogenannten Extremwetterereignisse noch abzuwenden, ist es schon zu spät. Dafür ist auch der Verkehrssektor verantwortlich. In Deutschland trägt er mit knapp 150 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten zu den nationalen Treibhausgasemissionen bei, das sind rund 20 Prozent. Der Verkehr ist der einzige Bereich, der in den vergangenen Jahrzehnten seinen Treibhausgasausstoß nicht mindern konnte – oder sollte ich sagen: wollte? Deutschlands diverse Verkehrsminister bleiben nicht unbedingt wegen ihrer Innovationsfreudigkeit in Erinnerung. Da bildet auch der derzeit amtierende Volker Wissing (FDP) keine Ausnahme, der kürzlich erst wieder verkündete: „Autofahren bedeutet Freiheit“ (der Freitag 05/2023). Das hätte auch eine Autowerbung nicht besser auf den Punkt bringen können.

Freitag-online

*************************************************************************

Hatte es nicht ein Schreibender Zeitzeuge schon vor vielen Jahren voraus kommen sehen als er sagte: “ Stellt euch vor es sind Wahlen und niemand geht hin!“ Vielleicht reicht Kai Wegner ja auch ein Platz auf den Donnerbalken der Berliner-Bedürfnisanstalt, zusammen mit den Linken?

Berlins CDU-Chef Kai Wegner will hoch hinaus. Seine Chancen, Regierender Bürgermeister zu werden, sind eher bescheiden.

5.) CDU-Chef Kai Wegner – Geübt in Niederlagen

Alles deutet darauf hin, dass der Sieger der Berliner Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus Kai Wegner heißen könnte. Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen sieht die von ihm geführte Berliner CDU bei 25 Prozent, die SPD der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey käme demnach auf 21 Prozent, die Grünen würden bei 17 Prozent landen. Die Zahlen decken sich weitgehend mit denen anderer Institute. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner gibt sich dann auch konsequent so, als könnte Franziska Giffey schon mal anfangen, ihr Amtszimmer im Roten Rathaus zu räumen. Als Wahlgewinner werde er nach dem Sonntag sowohl mit der SPD als auch den Grünen verhandeln, wer dem nächsten Senat unter ihm als Regierendem Bürgermeister angehören kann. »Das ist ja gar keine Frage«, sagt Wegner zu »nd«. Wegner wirkt immer etwas angespannt, überkonzentriert, abgehetzt. So auch an diesem Abend vor wenigen Tagen, beim etwas verspäteten Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbands Lichtenberg. Ehrengast Wegner verspätet sich ebenfalls: Termine, Termine, Termine. Als er endlich im Schloss Friedrichsfelde eintrifft, wird fleißig geklatscht und gejubelt. Wegner steigt aufs Podium und spult vor den rund 200 Zuhörern sein Programm ab. 15 Minuten über die »Schmach« der nun zu wiederholenden Berlin-Wahl vom September 2021, das »Silvesterchaos«, die »verrückten« verkehrspolitischen Ideen der Grünen, Berlin als »Hauptstadt des Staus« und natürlich Berlin als »Hauptstadt des Verbrechens«.

ND-online

*************************************************************************

Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

*********************************************************

Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tun haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

*********************************************************

Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia

***************************

Unten      —        Die Fliegerabteilung 24 in Bielawina Ende 1917 Der Abteilungs-Donnerbalken.

Abgelegt unter Allgemein | 1 Kommentar »