DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Archiv für Februar 4th, 2023

Mit unterschiedlichem Ziel

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Februar 2023

Beim Protest gegen den Schah hatten nicht alle dieselbe Alternative vor Augen. 

Von den Völkern schon 1970 gefeuert

Von Batman Nirumand

Wer die Fehler nicht wiederholen will, muss sämtliche Gesellschaftsschichten berücksichtigen. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass Millionen Menschen nicht unserem Ruf nach Freiheit, sondern dem Ruf Ajatollah Chomeinis folgen würden.

Unsere Kinder und Enkelkinder, die seit Mitte September gegen die Islamische Republik rebellieren und deren Sturz fordern, stellen uns immer wieder die Frage, warum wir den Aufstand gegen das Schah-Regime mitorganisiert, 1979 die Revolution unterstützt und damit ihnen den islamischen Gottesstaat beschert haben. Ihr habt doch wissen müssen, was die Mullahs im Schilde führten, welche Vorstellung sie vom Leben hatten, sagen sie vorwurfsvoll.

Vermutlich werden viele von denen, die solche Fragen stellen, nicht wissen, dass wir damals, genau wie sie heute, von einem demokratischen Staat, von Gleichberechtigung, sozialer Gerechtigkeit und Freiheit träumten. Ja, Iran war damals zwar ein säkularer Staat, die Religion hatte kaum Einfluss auf die Politik, sie war eine private Angelegenheit. Aber das Land wurde von einer Diktatur beherrscht, die 1953 durch einen von den USA und den Briten organisierten Putsch gegen die demokratische Regierung von Mohamad Mossadegh an die Macht gekommen war. Mossadegh hatte die iranische Ölindustrie, die bis dahin von Briten beherrscht wurde, nationalisiert und er war der erste Politiker in Iran, der versuchte, in unserem Land demokratische Strukturen zu etablieren. Der Putsch setzte diesem Versuch ein jähes Ende. Die Briten und die USA holten den Schah, der nach Italien geflüchtet war, ins Land zurück, rüsteten sein Regime mit modernsten Waffen auf, organisierten den Geheimdienst Savak und den gesamten Machtapparat und sicherten damit ihre ökonomischen und geostrategischen Interessen, nicht nur in Iran, sondern in der gesamten Region des Nahen und Mittleren Ostens. Mit Recht wurde das Schah-Regime als Gendarm am Persischen Golf bezeichnet, der die Aufgabe hatte, jede Opposition gegen die Interessen des Westens niederzuschlagen.

wirde noch 1979 nicht nur geredet. Das genau ist Politk. 

Der Putsch war die Erniedrigung eines ganzen Volkes, er wurde zu einem Trauma, das bis heute anhält. Ohne diesen Putsch hätte es nie und nimmer eine Machtübernahme durch die Islamisten geben können. Die 25-jährige Diktatur, die dem Putsch folgte, hielt das Land unter strenger Kontrolle. Jeder Protest, jede Kritik wurde erstickt und mit Strafen bis zur Hinrichtung geahndet. Allein der Besitz eines verbotenen Buchs reichte, um mit mehrjährigem Gefängnis bestraft zu werden. Hätten wir da schweigen und die Unterdrückung erdulden sollen?

Natürlich wären Reformen weitaus besser ­gewesen als eine Revolution. Doch so wie heute zwang auch damals das Regime durch seine ­Weigerung, Reformen zuzulassen, Kritiker und Gegner zu radikalen Positionen. Es ließ keine unabhängigen Parteien, Gewerkschaften, Vereine und Verbände zu. Alle Rechte, wie Freiheit der Meinungsäußerung und der Versammlung, waren ­außer Kraft gesetzt. Genauso wie die ­Demonstranten heute hatten wir damals das Recht, ja die Pflicht, gegen das Regime zu rebell­ieren und seinen Sturz zu fordern.

Für uns, die von Freiheit und Demokratie träumten, stand die Fortsetzung des Weges von Mossadegh auf der Tagesordnung der Geschichte. Dem entsprach auch die Parole „Unabhängigkeit und Freiheit“, die zu Beginn des Aufstands gerufen wurde. Wie glücklich waren wir, als Millionen auf den Straßen den Sturz des Regimes forderten, als das Regime kapitulierte, als wir die Tore des berüchtigten Eviner Gefängnisses in Teheran aufbrechen und die Gefangenen befreien konnten. Alle fühlten sich glücklich, jeder hoffte auf die Erfüllung seiner Wünsche und Bedürfnisse. Aber nicht jeder träumte von Demokratie und Freiheit. Es gab auch Kräfte im Land, die andere Träume hatten, zum Beispiel Träume von einem islamischen Gottesstaat.

Auf diesem Auge waren wir blind. Wir hatten unsere Gegner unterschätzt, wussten nicht, welche Kraft der Islam hatte, wie hoch der Einfluss der Geistlichkeit war. Wir hatten uns nicht vorstellen können, dass Millionen Menschen nicht unserem Ruf nach Freiheit und Demokratie, sondern dem Ruf Ajatollah Chomeinis und seinen Anweisungen folgen würden.

Chomeini versprach nach seiner Übersiedlung aus dem irakischen Exil nach Paris dem Volk den Himmel auf Erden, und die Massen glaubten ihm, sahen sein Antlitz im Mond und hielten ihn für den Messias, den verborgenen Imam, der sie aus ihrem Elend retten und für Gerechtigkeit sorgen werde. Chomeini richtete seine Appelle an die „Barfüßigen und Habenichtse“, wie er die verarmten Massen nannte, wir hingegen appellierten an Intellektuelle, Akademiker, Studenten und Angehörige der Mittelschicht. Die breiten bildungsarmen, unaufgeklärten Massen, die die Mehrheit der Bevölkerung bildeten, kannten wir kaum, wussten nicht, wie gläubig, ja abergläubig sie waren. Daher konnten wir uns auch nicht vorstellen, dass die Islamisten irgendwann die Macht übernehmen könnten.

Nicht wir, sondern die Islamisten waren in der Lage, Millionen Menschen zu mobilisieren. Damit konnten sie sich wenige Monate vor dem Sturz des Schah-Regimes an die Spitze des Aufstands stellen. Von da an wurde die Parole der Revolution durch „Islamische Republik“ ergänzt. „Unabhängigkeit, Freiheit, Islamische Republik“, skandierten fortan die Millionen Demonstranten, wobei kaum jemand wusste, wie eine islamische Republik überhaupt aussehen sollte.

Mit Hilfe dieser Massen übernahmen die Islamisten die Macht. Ihr Ziel war die totale Islamisierung der Gesellschaft, eine Gesellschaft wie die, die die Taliban in Afghanistan später schon einmal praktiziert haben und nun wieder aufzubauen versuchen. Alles sollte sich nach den Wünschen Chomeinis und seiner Weggefährten nach dem Islam richten. Damit sollte das Volk eine neue Identität bekommen, eine islamische Identität. Dass sie dieses Ziel auch nach 44 Jahren nicht erreicht haben, ist der iranischen Zivilgesellschaft, allen voran iranischen Frauen, zu verdanken.

Diese Zivilgesellschaft, die die Revolution unterstützte, um Freiheit, Gerechtigkeit und Unabhängigkeit zu erlangen, war dieselbe, die von Anbeginn gegen die Pläne der Islamisten Widerstand leistete. Ihr ist auch zu verdanken, dass die Menschen sich schrittweise von den Islamisten abwendeten. Unsere Kinder und Enkelkinder, die sich heute mutig der klerikalen Despotie entgegenstellen, sind ein Produkt dieses zähen, über die Jahrzehnte andauernden Widerstands. Es bedurfte eines langen Prozesses und des Scheiterns der Reformversuche, bis der Widerstand die heutige Qualität erreicht hat. Dieser Prozess und zuletzt die gegenwärtigen Proteste haben schrittweise die Fratzen der korrupten Islamisten entlarvt, die hinter religiösen Masken getarnt waren.

Dennoch sollte man nicht übersehen, dass weite Teile der Bevölkerung an diesem Prozess nicht beteiligt waren. Noch pilgern täglich Tausende Frauen und Männer zu dem Brunnen in Jamkaran, in dem sich vermeintlich der verborgene Imam Mahdi (der schiitische Messias) befinden soll, werfen ihre Bittschriften und Spenden hinein, mit der Hoffnung, der „verborgene Imam“ werde ihre Wünsche erfüllen.

Nun kann man hoffen, dass die Akteure der gegenwärtigen Proteste unsere Fehler nicht wiederholen und mit Blick auf die gesamte Bevölkerung und auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Gesellschaftsschichten strategisch und planmäßig vorgehen und dabei bedenken, dass sie nur erfolgreich sein können, wenn sie die Massen für sich gewinnen können. Daher müssen sie konkrete Forderungen stellen und eine für das Volk glaubwürdige Alternative anbieten. Auch sollten sie nicht, wie wir damals, den Gegner unterschätzen und nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass Millionen Menschen existenziell von dem Regime abhängig sind, dass jene, die auf Seiten des Re­gimes kämpfen, einer ideologischen Gehirnwäsche unterzogen wurden.

Quelle         :        TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben        —   Photograph of a protest held in Helsinki against the visit of the Shah Mohammad Reza Pahlavi.

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2.) con Oben      —      Vom 4. Januar bis 7. Januar 1979 fand auf Einladung des französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing in Guadeloupe die Konferenz von Guadeloupe statt. Die Konferenz wurde als informelles Treffen deklariert, um strategische und ökonomische Fragen zu diskutieren. Eine der Hauptfragen, die auf der Konferenz diskutiert wurden, war die Krise im Iran. An der Konferenz nahmen neben dem Gastgeber Valéry Giscard d’Estaing aus Frankreich, Präsident Jimmy Carter aus den USA, Premierminister James Callaghan aus Großbritannien und Bundeskanzler Helmut Schmidt aus Deutschland teil. Quelle: Wikipedia

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Industrie der Panzer

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Februar 2023

Unsere Wunderwaffe: Taurus 1

File:Leopard2 MSPO22 DSC05385.JPG

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von   :    Eckhard Mieder

Bald ist es soweit. Es wird noch zwei, drei Monate dauern, dann werden wir ihn der Öffentlichkeit vorstellen.

Dann haben wir ihn unter fast gefechtsnahen Bedingungen erprobt. Unsere Ingenieure haben die eine oder andere Besserung vorgenommen, unsere Marketing und Lobby-Leute haben im Schutz der prasselnden Kriegsvorbereitungspropaganda die eine oder andere Information durchgestochen und die politisch Verantwortlichen mit Sympathien für ihn infiziert: für unseren Taurus 1.Es war leichter, als wir dachten, die Firma Panzer & Future zu gründen. Zwar ahnten wir, dass die deutsche Bevölkerung – soweit sie in unseren Überlegungen eine Rolle spielte – zu sämig-geschmeidigem Teig durchgeknetet war und jede Neuinformation schlucken würde. Die Medien, und zwar alle, weil selbst diejenigen, die sich wehrten und seltsame Fragen hatten, kamen ja nicht aus ohne sich auf die Vorgaben zu beziehen -, die Medien also hatten einem Bellizismus gefrönt, dass es eine Freude war. Was sie trommelten und bliesen – als gäbe es kein anderes Thema.Die Geschichte der Waffen – historisch hoch und runter. Der Krieg – ein Thema, an dem sich die Spezialisten, Historiker, Journalisten, Politiker wetzten, bis ihnen die Kleidung abgeschabt vom Leibe fiel und ihnen aus allen Löchern der Dampf explodierender Granaten entwich. Und dann traten wir auf den Plan. Mit dem Plan zum Taurus 1.Es genügte nicht, der vorhandenen Rüstungsindustrie soweit in den Allerwertesten zu kriechen, dass das Geld den umgekehrten Weg der Verdauung ging und oben durch Mund und Nase sprudelte. Es genügte nicht, mit allerkühnsten rhetorischen Verdrehungen von der Liebe zum Frieden und von der gleichzeitigen Notwendigkeit des Krieges zu dröhnen. Es war ein müssiges Gesummse, immer und immer wieder zu fragen, wie wir den Krieg beenden könnten, ob mit mehr oder weniger Waffen, mit mehr oder weniger Diplomatie, ob mit einem Gemansche aus beidem . Und liess es sich nicht trefflich munkeln über diesen und über jenen Deal zwischen dieser und jenen Regierung; und, psst! nicht dass das blöde Volk davon was mitbekommt!). Es musste das Schwert des Alexanders her, um den Verkorksten Knoten durchzuhauen. Und das boten und bieten wir mit dem Taurus 1 an.

Er ist elegant, wiegt weniger als ein LKW, sein Aussendesign entspricht mehr einer Blumenwiese als einem neblig-oliven Regentag in Feld und Heide und in dunklem Tann.

Er ist ein Panzer, der fliegt, schwimmt, schiesst und zugleich Friedensbotschaften bellt.

Ein Panzer, den keine Granate bricht, jede Rakete abprallen lässt und noch dazu mit seinem fünf Meter langen, elastischen Rohr um jede Ecke schiessen (wie einer des legendären Gewehre Old Shatterhands) und Ziele jenseits der Ozeane treffen kann und der, bevor der Schuss fällt, die Zivilbevölkerung in der unmittelbaren Nähe des Zieles warnt.

Taurus 1 ist der Panzer, von dem all diejenigen träumen, die von Panzern träumen und, nachdem sie ausgeträumt haben, Konzepte der Kriegsführung entwerfen oder sich mit Interpretationen eines Kriegsgeschehens spreizen; ob sie eine Ahnung vom Mief in einem Schützenpanzer haben oder nicht, ist egal. Es genügt im Allgemeinen und für das Tätärätä des Draufhauens, den Schauplatz grausigen Tuns zu besuchen, wenn das grausige Tun vorbei ist.

Der Taurus 1 ist kein Schützen-, sondern ein Kampfpanzer; dies einem Neuling im Fach Bellizismus ins Schulheft geschrieben.

Dass in so einer Büchse, die ein Panzer ist, je nachdem alle vier oder nur zwei Besatzungsmitglieder nach einem Treffer gegrillt werden – is (Brat)wurscht. Und deshalb eben der Taurus 1, der sowohl untreffbar wie unbrennbar ist. Er ist der Stier, von dem wir träumen; er ist wie jener zutrauliche Ferdinand auf der Blumenwiese, dem wir vertrauen. Er verwendet das Tarnungs-Tuch, das schon Harry Potter unsichtbar werden liess. Wir haben, nicht nur, was dieses Tuch angeht, mit Seltenen Erden solange und recht schnell experimentiert, dass Panzer & Future halten kann, was es verspricht: Der Taurus 1 trägt Kaisers Kleid,/doch trifft er dich, tut es dir leid. Bald ist es soweit. Bald haben wir ihn. Leute, sterbt langsamer und wartet.

Und noch was. Der Taurus 1 lässt sich kinderleicht bedienen. Ja, vielleicht ist es denkbar – ist so eine Idee –, dass unser Zukunftspanzer von Kindern gefahren wird. Sie sind kleiner als Erwachsene, sie sind mit dem Joystick aufgewachsen. Sie sind flink in der Wahrnehmung all dessen, was auf Monitoren geschieht, viel flinker als wir knochenharten, verbiesterten, dogmatischen erwachsenen Rechthabern.

Und darüber, über die psychische und physische Struktur der – einsteweilen noch – nötigen Panzerbesatzung werden wir in der nächsten Vorstandssitzung bei Panzer & Future beraten.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben        —       Polish Army’s Leopard 2A5 and 2PL and Rosomak IFV at International Defence Industry Exhibition 2022 in Kielce, Poland.

Author Michał Derela            /         Source     :      Own work      /       Date    :      06.09.2022

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International3.0 Unported2.5 Generic2.0 Generic and 1.0 Generic license.

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Unten     — Eckhard Mieder, 2014

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Fahren auf Sicht

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Februar 2023

Eine Postkeynesianische Kriegswirtschaft

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Tomasz Konicz

Krisenbewältigung und der Übergang zum autoritären Staatskapitalismus: Derzeit kommen viele Elemente keynesianischer Wirtschaftspolitik zum Einsatz. Dies könnte den Übergang zu einer autoritären staatskapitalistischen Krisenverwaltung anzeigen.

Ob stockkonservative Marktjünger oder bieder-sozialdemokratische Gewerkschafter: In Krisenzeiten sind sie alle Keynesianer. Bei jedem Krisenschub der vergangenen Jahre, wenn es mal wieder galt, den dahinsiechenden Spätkapitalismus mittels billionenschwerer Konjunkturprogramme und Gelddruckerei vor dem Kollaps zu ­bewahren, erlebte die Lehre des britischen Ökonomen John Maynard Keynes, dessen nachfrageorientierte Konjunkturpolitik in der Nachkriegszeit bis zur Ablösung durch den Neoliberalismus in den achtziger Jahren ­dominant war, eine flüchtige öffentliche Konjunktur.

Auch nach dem Platzen der transatlantischen Immobilienblase 2008 und dem pandemiebedingten Einbruch 2020 sprach man wieder über Keynes, der als Hofökonom der Sozialdemo­kratie eine aktive Rolle des Staats bei Investitionsprogrammen und eine expansive Geldpolitik propagiert hatte. Nach den üblichen Abnutzungserscheinungen im Medienzirkus verschwindet die Referenz auf Keynes wieder, wenn der Kapitalismus nach der »keynesianischen« Stabilisierungsphase wieder zum business as usual überzugehen scheint.

Übrig bleiben jedes Mal die im neo­liberalen Zeitalter aus dem politischen und akademischen Mainstream verdrängten, beständig jammernden Keynesianer, mit denen sich nun die nichtsozialdemokratische Linke herumplagen darf. Doch die andauernde Klage der Neokeynesianer und der Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT, zu Deutsch: moderne Geldtheorie), wonach es mehr Keynesianismus brauche, damit alles wieder besser werde und der Spätkapitalismus an die Ära des »Wirtschaftswunders« wieder anknüpfen könne, ist angesichts der politischen Realitäten – gelinde gesagt – deplatziert. Viele Instrumente des Keynesianismus kommen bei der Krisenverwaltung, die das System seit 2008 stabilisiert, weiterhin zum Einsatz, sie werden nur nicht als solche ­bezeichnet und wahrgenommen.

Das ist nur logisch vor dem Hintergrund der historischen Genese dieser ökonomischen Schule: Der Keynesianismus wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum kapitalistischen Mainstream als die große »Lehre«, die aus der 1929 einsetzenden Krisen­phase zu ziehen sei – und die kapitalistischen Funktionseliten greifen in ­Krisenzeiten quasi reflexartig zu dessen Instrumentarium. Konsequente ­Regulierung der Währungs- und Finanzmärkte, der Staat als wirtschaftlicher Ordnungs- und Leitfaktor, der eine aktive Investitionspolitik betreibt, eine nachfrageorientierte Lohn- und Sozialpolitik, bei der die Lohnabhängigen auch als Konsumenten begriffen werden, und eine kontrazyklische Konjunkturpolitik, die mittels schuldenfinanzierter Konjunkturprogramme ­Rezessionen verhindern soll, um in Boomphasen diese Schulden dann abzutragen – dies waren die idealisierten Grundzüge der keynesianischen Wirtschaftsordnung, bis der Neoliberalismus unter Margaret Thatcher und ­Ronald Reagan dominant wurde; zu dieser Ordnung wollen die Neokeynesianer zurückkehren.

Billiger geht’s nicht

Der pragmatische Rückgriff auf das Instrumentarium des Keynesianismus findet seinen klarsten Ausdruck in all den Konjunkturprogrammen, die im Gefolge der wiederkehrenden Krisenschübe aufgelegt wurden. Da diese immer intensiver wurden, gewannen auch die staatlichen Subventions- und Investitionspakete bei jedem Krisenschub an Umfang, wie die Unternehmensberatungsfirma McKinsey im Vergleich der Weltfinanzkrise 2008/2009 und des ­Pandemieeinbruchs 2020 darlegte. Schon Mitte 2020 summierten sich die globalen staatlichen Krisenaufwendungen auf rund zehn Billionen US-Dollar – das Drei­fache der Krisenprogramme von 2008/2009.

War die Bundesregierung 2008 haushaltspolitisch restriktiv gesinnt und machte nur mit der berüchtigten, klimapolitisch verheerenden »Abwrack­prämie« für Gebrauchtwagen Negativschlagzeilen, legte sie 2020 besonders weitreichende Krisenprogramme auf. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) war das deutsche Konjunkturpaket sogar das größte aller westlichen Industrieländer; es belief sich auf 33 Prozent des BIP. Zudem leitete die Regierung unter Angela Merkel auch in der Euro-Zone eine graduelle Abkehr vom Austeritätsregime ein, das die Vorgängerregierung unter derselben Kanzlerin ein Jahrzehnt zuvor durchgesetzt hatte: Mitte 2020 stimmte sie einem EU-Konjunkturprogramm mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro zu. Es beinhaltete Hilfszahlungen an die EU-Peripherie von immerhin 390 Milliarden Euro.

Auch bei der Geldpolitik galt bis vor kurzem bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrem US-amerikanischen Pendant, der Federal Reserve, die Devise, dass Kredite möglichst billig sein müssten. Die Leitzinsen in der EU und den USA sind im 21. Jahrhundert in der Tendenz immer weiter gefallen. Zwischen 2009 und 2021 herrschte – mit kurzem Unterbrechungen – Nullzinspolitik, um die Konjunktur und ­Finanzmärkte zu stützten. Zudem gingen die Notenbanken nach dem Platzen der transatlantischen Immobilienblase zur bloßen Gelddruckerei über, indem sie zuerst Hypothekenpapiere und später immer mehr Staatsanleihen aufkauften – und so der Finanzsphäre zusätzliche Liquidität zuführten, die zur Inflation der Wertpapierpreise im Rahmen der großen Liquiditätsblase führten, die dann 2020 platzte. Im Laufe des 21. Jahrhunderts haben Federal Reserve und EZB ihre Bilanzsummen nahezu verzehnfacht, sie sind zu Mülldeponien des zum Dauerboom verurteilten spätkapitalistischen Finanzsystems und zu den größten Eigentümern von Schuldtiteln ihrer Staaten geworden.

Hyperaktiver Zentralbankkapitalismus

Die Notenbanken sind somit im Verlauf des Krisenprozesses zu den entscheidenden ökonomischen Instanzen aufgestiegen, ohne deren Intervention sowohl die Finanzsphäre als auch die Staatsfinanzierung kollabiert wären. Es ließe sich von einem Zentralbankkapitalismus sprechen, wie es der Politökonom Joscha Wullweber in seinem Buch dieses Titels tut, in dem er die Abhängigkeit eines Teils der Finanz­sphäre, des weitgehend unregulierten Markts für Rückkaufvereinbarungen (Repos), von der Aufblähung der Geldmengen durch die Notenbanken darstellt. Der derzeit aufgrund hoher Inflationsraten unternommene Versuch von EZB und Federal Reserve, mit der Wende zu einer restriktiven Geldpo­litik die auf mehrere Ursachen (Pandemie, Krieg, geplatzte Liquiditätsblase, stockende Lieferketten, steigende Energiepreise) zurückzuführende Inflation einzudämmen, geht aber nicht zwangsläufig mit einem Ende der Aufkäufe von Staatsanleihen einher.

In der Euro-Zone schuf die Euro­päische Zentralbank mit PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme, zu Deutsch: Pandemie-Notfallkaufprogramm) eigens ein Krisenprogramm in Umfang von 1,85 Billionen Euro, mit dem weiterhin Staatsanleihen aufgekauft werden, was die Inflationsdämpfung durch die gleichzeitigen Leitzinsanhebungen unterminiert und die ökonomischen Spielräume des Staats vergrößert.

Zudem sind inzwischen staatlicherseits konkret Schritte zu einer aktiven Politik wirtschaftlicher Lenkung erkennbar, vor allem im Rahmen des sogenannten European Green Deal. Neoliberale Hardliner klagen inzwischen über die staatlichen Bestrebungen zur ökologischen »Kreditlenkung«, die vor allem in der EU-Taxonomieverordnung zur Definition nachhaltiger ­Investitionen zum Ausdruck kämen – ironischerweise gelten dabei auch ­Investitionen in Erdgas und Atomkraft als nachhaltig. Überdies sprach sich Sven Giegold (Grüne), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, schon vor ­einem Jahr in der Financial Times für eine »aktive Industriepolitik« der Bundesregierung aus, die »Innovationen unterstützen« solle, um aus der BRD eine »ökologische und soziale Marktökonomie« zu machen.

Diese von zunehmender Staatstätigkeit oder zumindest immer stärkerer staatlicher Einflussnahme geprägte Struktur des Krisenkapitalismus folgt aber keiner kohärenten Strategie, sondern bemüht sich lediglich, einen wirtschaftlichen Kollaps während der Krisenschübe verhindern. Es ist ein quasi reflexartiger Keynesianismus der Funktionseliten. Die oftmals als Provisorien eingeführten Notprogramme verstetigen sich dann im Krisenverlauf, sie gerinnen zu neuen Strukturen. Man »fährt auf Sicht«, so der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble über das Agieren der Bundesregierung während der Weltfinanzkrise 2009.

Die aktive Industriepolitik von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), für die Giegold in der Financial Times die Werbetrommel rührte, hat ihren Vorläufer in der staatlichen Förderung von »Champions« (für besonders wichtig erachteten Großunternehmen) ­unter seinem Vorgänger Peter Altmaier (CDU), der 2019 aufgrund zunehmender Krisenkonkurrenz und informeller Staatssubventionen in China und den USA auch Deutschlands Exportindus­trie gezielt fördern wollte.

Dieses »Fahren auf Sicht« der Funk­tionseliten in Krisenzeiten, bei dem in Reaktion auf Krisenschübe immer neue Elemente staatskapitalistischer Krisenverwaltung zur Anwendung gelangen, verleiht dieser Formation alle Züge eines Übergangsstadiums zu einer autoritären Krisenverwaltung. Die ökonomischen wie zunehmend auch ökologischen Krisen, die die Politik zum Krisenkeynesianismus nötigen, sind ja nicht Ausdruck einer »falschen« Wirtschaftspolitik, sondern der eskalierenden inneren und äußeren Widersprüche des Kapitalverhältnisses, die sich ganz konkret in dauerhaft schneller als die Weltwirtschaftsleistung steigenden Schulden und einer un­ablässig ansteigenden CO2-Konzentration in der Erd­atmosphäre manifestieren.

Aufgrund eines beständig steigenden globalen Produktivitätsniveaus unfähig, ein neuen industriellen Leit­sektor, ein neues Akkumulationsregime zu erschließen, in dem massenhaft Lohnarbeit verwertet würde, läuft das Weltsystem faktisch immer mehr auf Pump. Der Staat fungiert hierbei durch Gelddruckerei und deficit spending (Kreditaufnahme zur Finanzierung höherer Staatsausgaben) praktisch als letzte Instanz der Krisenverschleppung, nachdem sich spekulative Blasenökonomien (Dotcom-Blase, Immobilienblase, Liquiditätsblase) auf den heißgelaufenen Finanzmärkten weitgehend ­erschöpft haben.

Postkeynesianische Kriegswirtschaft

Das Kapital geht somit in der Warenproduktion seiner eigenen Substanz, der wertbildenden Arbeit, verlustig. Sichtbar wird die aus dieser inneren Schranke des Kapitals resultierende Aporie der kapitalistischen anhand des öden, seit Jahren gepflegten Streits über die Prioritäten der Wirtschaftspolitik zwischen angebotsorientierten Neoliberalen und nachfrageorientierten Keynesianern. Es ist ­immer dieselbe Leier, abgespult in unzähligen Variationen: Der neolibe­ralen Warnung vor Überschuldung und Inflation aufgrund von Konjunktur­programmen halten die Keynesianer die Gefahr einer deflationären Abwärtsspirale, ausgelöst durch Sparprogramme, entgegen.

Amerikanisches Plakat ruft im Zweiten Weltkrieg zur Leihgabe privater Ferngläser an die US-Marine auf.

Beide Parteien haben dabei mit ihren Diagnosen recht, ein Dilemma, das nur durch die Finanzblasenökonomie des neoliberalen Zeitalters überdeckt worden war. Nun, da eine Stagflation, also hohe Inflation ohne wirtschaftliches Wachstum, droht, wird es offensichtlich, dass gerade die Geldpolitik der Notenbanken sich in einer Krisenfalle befindet. Sie müssten der Inflation wegen die Zinsen anheben und zugleich die Zinsen senken, um eine Rezession zu verhindern.

An der Stagflation der siebziger Jahre – zu der das spätkapitalistische Weltsystem auf einem viel höheren Niveau globaler Produktivität und Verschuldung quasi zurückkehrt – ist der Keynesianismus gescheitert. Nach dem Auslaufen des großen Nachkriegsbooms, der von dem fordistischen ­Akkumulationsregime getragen wurde, versagte das keynesianische deficit spending, das nur die Inflation befeuerte. Der Neoliberalismus konnte sich in den achtziger Jahren nur deswegen durchsetzen, weil der Keynesianismus krachend – mit zweistelligen Inflationsraten, häufigen Rezessionen und Massenarbeitslosigkeit – gescheitert war. Wenn abgetakelte Keynesianer wie Heiner Flassbeck, ehemals Staatssekretär im Bundesfinanzministerium unter Oskar Lafontaine (damals SPD), behaupten, dass es nur die Energie- und Ölpreiskrise war, die damals wie ­heute den Krisen- und Inflationsschub auslöste, dann lügen sie sich selbst in die Tasche. Der Keynesianismus konnte trotz aller Konjunkturprogramme kein neues Akkumulationsregime aus dem Boden stampfen – und er wird es auch jetzt nicht schaffen, neue Märkte hervorzuzaubern, bei deren Erschließung massenhaft Lohnarbeit auf dem glo­balen Produktivitätsniveau verwertet werden könnte.

Der Neoliberalismus »löste« seinerzeit das Problem durch das spekulative Abheben der Finanzsphäre und die Finanzialisierung des Kapitalismus, durch Krisenverschleppung in Rahmen einer regelrechten Finanzblasenökonomie, die durch drei Dekaden hindurch dem Kapital eine Art Zombiedasein auf Pump ermöglichte. Das ist auch der fundamentale Unterschied zwischen der Stagflation der siebziger Jahre und der jetzigen Stagflationsphase. Das Ausmaß der Krise ist viel größer – und das lässt sich ganz einfach an der Höhe der Gesamtverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ablesen, die nach Angaben des Internationalen Währungsfonds von rund 110 Prozent zu Beginn des neoliberalen Zeitalters 1980 auf 256 Prozent im Jahr 2020 kletterte.

Dieses Verschuldungsniveau zu ­senken, ist nur um den Preis einer Rezession möglich – also längerfristig ­eigentlich gar nicht. Auf Rezessionen wiederum mit keynesianischen Konjunkturprogrammen zu reagieren, wäre auch ökologisch schlicht Wahnsinn. Die Rezessionsjahre 2009 und 2020 waren die einzigen im 21. Jahrhundert, in denen die CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr zurückgingen, doch die oben geschilderten Konjunkturpakete führten in den Folgejahren zu den höchsten relativen Emissionsanstiegen dieses Jahrhundert. Verelendung in der Rezession oder Klimatod? In ­dieser Alternative äußert sich die ökologische Aporie kapitalistischer Krisenpolitik.

Der Keynesianismus mit seinem drögen deficit spending und seiner Staatsgläubigkeit kann die sich zuspitzende innere und äußere Krise des ­Kapitals selbstverständlich nicht lösen, er kann aber den Übergang zu einem neuen Krisenmanagement einleiten. Der Rückbezug auf Keynes kann – gerade bei Funktionseliten, die des Öfteren »auf Sicht« agieren – ein brauchbares Startprogramm zu einer qualitativ neuen Form autoritärer Krisenverwaltung abgeben. Das haben ideologisch avancierte Postkeynesianerinnen, wie die Taz-Redakteurin Ulrike Herrmann, längst begriffen. In ihrem jüngsten Buch über »Das Ende des Kapitalismus« koppelt sie eine weitgehend von der Wertkritik abgeschriebene Darstellung der äußeren Schranke des Kapitals mit einem Bekenntnis zur Kriegswirtschaft, inklusive Zwangsmaßnahmen und Rationierung. Darauf, auf autoritäre, postdemokratische Krisenverwaltung, exekutiert von erodierenden, mitunter offen verwildernden Staatsapparaten, läuft der Krisengang hinaus. Die Keynesianer sind die Claqueure dieser Dynamik.

Der Keynesianismus, der nur aufgrund der absurden Rechtsverschiebung der gesamten politischen Vorstellungswelt mittlerweile links der Sozialdemokratie zu verorten ist und überhaupt als links gilt, verkommt somit faktisch zur Ideologie im Wortsinn: zur Rechtfertigung der drohenden autori­tären staatskapitalistischen Krisenverwaltung, die das genaue Gegenteil der überlebensnotwendigen Emanzipation vom kollabierenden spätkapitalistischem Sachzwangregime wäre.

Erstveröffentlich in Jungle World, 19.01.2023

Link: https://jungle.world/artikel/2023/03/fahren-auf-sicht

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Oben      —   Deutsches Plakat ruft im Ersten Weltkrieg zur Einsparung von Seife durch die Bevölkerung auf

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KOLUMNE FERNSICHT – USA

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Februar 2023

Zu „Russiagate“ sind wir seit sieben Jahren belogen worden

Vogelbeobachtung (8618362879).jpg

Von   :   Laurie Roja

Es ist amtlich: „Russiagate“ war ein Schwindel. Mich hat diese bedeutende Enthüllung nicht besonders froh gestimmt.

Seit sieben Jahren werden wir mit Fake News gefüttert und von den tiefgreifenden Veränderungen abgelenkt, von der Krise des Neoliberalismus und der damit einhergehenden Krise der Demokratie – und von dem seit fast einem Jahr laufenden verheerenden Krieg in der Ukraine. Aber ich versuche mir einzureden, dass damit zumindest endlich die Hohlheit und Verlogenheit der Politik der Demokratischen Partei entlarvt ist.

Die Twitter-Dokumente beweisen, dass es zwischen FBI und der Demokratischen Partei einerseits und Twitter und den liberalen Nachrichtenmedien auf der anderen enge Absprachen gegeben hat. Vermutlich lief es mit anderen Social-Media-Giganten genauso, um Inhalte zu unterdrücken, die möglicherweise von russischer Seite beeinflusst waren. Die Demokraten propagierten wissentlich den Russiagate-Schwindel, um die Wahlen von 2016 zu diskreditieren. Russiagate hatte einen doppelten Zweck: die unerklärliche Popularität von Trump zu erklären (die Forderung nach „Jobs, Jobs, Jobs!“ kommt eindeutig nicht bei Elitedemokraten an) sowie alles zu unterdrücken, was Joe Bidens Sieg 2020 gefährdet hätte.

Jetzt konnte man in der Washington Post lesen: „Russische Trolle auf Twitter hatten 2016 wenig Einfluss auf die Wähler.“ Der Artikel zitiert eine Studie des New York University Center for Social Media and Politics. Sie konnte „minimale Auswirkungen russischer Einflussnahme auf Twitter im Wahlkampf zwischen Clinton und Trump“ nachweisen.

Die Apokalyptischen Reiter.jpg

Trump ist nicht wegen russischer Einflussnahme Präsident geworden, schon gar nicht, weil er von Putin erpresst wurde. Überflüssig, dass die Washington Post, die New York Times oder der New Yorker Fehlverhalten zugeben: Der Mueller-Report von 2019 fand keine Beweise dafür, dass Trumps Wahlkampagne mit Russland koordiniert war, um die Wahl von 2016 zu beeinflussen. Aber als der Mueller-Report herauskam, wurden die der Demokratischen Partei nahestehenden Medien erwischt, wie sie die Geschichte in noch verworrenere Verschwörungstheorien verdrehten.

In diesem Prozess wurde nicht nur die Demokratie untergraben, er hatte auch weitreichende Konsequenzen für die Weltpolitik: Die Geschichten über „heimliche Koordination mit Russland“ haben die Spannungen zwischen den beiden mächtigsten nuklear bewaffneten Nationen der Welt verschärft – und jetzt haben wir den Ukraine-Krieg mit Putin als perfektem Bösewicht, dem wir uns stellen müssen.

Quelle      :     TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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DL – Tagesticker 04.02.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 4. Februar 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) US-Außenminister Blinken verschiebt Peking-Reise  – . –  2.) Olaf Scholz – der Kanzler, der nur hinterherläuft  – . –  3.) Nein! – Den Postkolonialismus überwinden! – . –   4.) Kopftuch vor Bundesverfassungsgericht: Es kommt darauf an  – . –  5.) Lützerath – Sicherheit ohne Polizei  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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O – Weh o – weh und dieses alles kurz vor Karneval ! In Köln beginnt jetzt sicher wieder das große Singen : „Ach wärst du Dussel doch im Dorf geblieben –  alter Playboy, du wirst nie ein Cowboy sein.“

Wegen Spionageverdacht ! – Der Besuch von US-Außenminister Blinken in Peking stand unmittelbar bevor. Doch China provoziert die USA mit einem mysteriösen Ballon im amerikanischen Luftraum. Blinken bleibt nun daheim – eine weitere Belastung für die angespannten Beziehungen.

1.) US-Außenminister Blinken verschiebt Peking-Reise

Angesichts von Spionagevorwürfen der USA gegen China hat US-Außenminister Antony Blinken eine fürs Wochenende geplante Reise nach Peking abgesagt. Der Besuch solle zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden, sobald die Umstände dies zuließen, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums am Freitag in Washington. Blinken hätte ursprünglich noch am Freitag aufbrechen sollen. Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den USA und China werden durch neue Verstimmungen belastet: Das US-Militär wirft Peking vor, einen großen Spionageballon über dem Norden der Vereinigten Staaten platziert zu haben. Das US-Verteidigungsministerium machte die Entdeckung am Donnerstagabend (Ortszeit) publik. Demnach gab es auch Erwägungen, den Ballon abzuschießen.  Peking gab nach Zögern zu, dass es sich um ein chinesisches Flugobjekt handele, das aber lediglich wissenschaftlichen Zwecken diene und versehentlich von seiner Flugbahn abgekommen sei. „China bedauert den unerwarteten Eintritt in den Luftraum der USA durch höhere Gewalt“, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. Der Mitarbeiter des US-Außenministeriums sagte, man habe die Erklärung zur Kenntnis genommen. Die Anwesenheit dieses Ballons im Luftraum der USA sei jedoch eine „klare Verletzung unserer Souveränität“ und internationalen Rechts. „Es ist nicht hinnehmbar, dass dies geschehen ist.“ Die US-Regierung stehe zu ihrer Einschätzung des Vorfalls. Deshalb seien die Umstände für einen Besuch momentan nicht gegeben. Die Reise wird nicht komplett abgesagt.

Stuttgarter-Zeitung-online

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Heißt doch auch nicht umsonst im Volksmund : „Kleider machen Leute!“ Aber bei guten Panzern war  wohl immer die Ansicht von vorn wichtiger, als das ehe nicht vorhandenes Rückgrat`?

Baerbock hat die Hosen an ! – Die Töne in der Ampel werden rauer. Die zwei Schlüsselfiguren der deutschen Außenpolitik, Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock, scheinen zerstritten. Deutsche Einheit in der Außenpolitik sieht anders aus.

2.) Olaf Scholz – der Kanzler, der nur hinterherläuft

Harmonisch kann es nicht immer in einer Regierung zugehen, das ist bekannt. Gerade in Ausnahmezeiten, wie diesen, ist Einheit geboten. Doch es kriselt im politischen Berlin. Der Bundeskanzler will seinen Mann stehen und geht auf Abstand zu seiner selbstbewussten Außenministerin. Was ist passiert?  Annalena Baerbock, junge Mutter und Grünen-Politikerin, findet klare Worte. Sie spricht vom Krieg gegen Russland und distanziert sich nicht von weiteren Waffenlieferungen. Die Leopard-2-Panzer hat Baerbock nie ausgeschlossen. Ihre Partei preschte seit Kriegsbeginn vor. Rückenwind bekommt die grüne Außenministerin vom Koalitionspartner FDP – und sogar aus der Opposition. Doch die SPD und der Kanzler straucheln. Scholz will keinen Krieg: „Das ist zwischen Russland und der Ukraine“ Olaf Scholz wirkt genervt als er am 30. Januar 2023 in Buenos Aires zu Baerbocks Aussage vom Krieg gegen Russland angesprochen wird. Er macht klar, was seine Haltung ist, nämlich das Gegenteil seiner Außenministerin. „Das ist für uns ausgeschlossen. Wir werden alles tun, dass es nicht passiert. Das ist ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine“, stellte Scholz klar. Auffällig werden die unterschiedlichen Positionen von Scholz und Baerbock zum Ukraine-Krieg. Prallen hier etwa zwei Welten aufeinander?

Express-online

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Steckt nicht schon die gewisse Arroganz der Mächtigen hinter solchen Aussagen welche immer wieder Hörbar werden, um die Volksgemeinschaften zu betören. ? Der Menschheit ist es nie gelungen sich von den gemeinsamen Ideologien ihrer sogar noch gefeierten Machthabenden-innen zu lösen. Wo alles Denken nicht weiterhilft, kann sich der Mensch nur in die Selbstständigkeit des Handelns retten.

Hände weg von Afrika!“ Der Beifall von Millionen Menschen im Kongo und von Katholik.innen in ganz Afrika ist dem Papst für diesen Ruf an die Welt gewiss. 

3.) Nein. Den Postkolonialismus überwinden!

Und man mag dem Appell, sich von der kolonial geprägten Afrika-Politik zu verabschieden und die Ausbeutung des Kontinents zu beenden, von ganzem Herzen zustimmen. Zumal Afrika im Kontext des Ukraine-Krieges verstärkt wieder nur auf eine alternative Adresse für Rohstoffe reduziert wird. Und trotzdem regt sich Widerspruch. Denn welch paternalistische Attitüde steckt da dahinter! Die päpstliche Forderung setzt genau jene kolonialistische Perzeption Afrikas als Opfer und als Rohstofflieferant fort. Und wenn Franziskus dem anfügt, Afrika „möge Gestalter seines Schicksals sein“, klingt die wohlmeinende Hoffnung obendrein noch zynisch. Das Schicksal haben die Kolonisatoren über die letzten beiden Jahrhunderte geformt. Dieses Erbe lässt sich nicht leicht abschütteln. Nicht „Hände weg von Afrika“ muss es heißen, sondern „Hand in Hand in Afrika – und zwar zügig“. China baut im Wissen um den geopolitischen Wettkampf mit den USA seine wirtschaftliche Verankerung und den entsprechenden politischen Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent längst gewissenhaft und skrupellos aus. Der politische Westen dagegen hat keine gemeinsame Strategie. Die USA sind auf den Pazifikraum konzentriert. Die EU überschüttet den Kontinent geradezu mit Initiativen, vom Paternalismus hat man sich in Europa noch nicht verabschiedet. In der neuen Afrika-Strategie des Entwicklungsministeriums in Berlin findet sich zwar der Ansatz einer partnerschaftlichen Entwicklung. Doch als der Bundeskanzler im Dienste der Ausbeutung senegalesischer Gasfelder bei seinem Afrika-Besuch einen Stopp in Dakar einlegte, stand das gewiss nicht im Vordergrund.

TAZ-online

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Die Älteren, der in dieser Konservativen Gesellschaft Lebenden wollen sich einfach nicht mehr daran erinnern das die Frauen nach Ende des Krieges mit Kopftüchern herumliefen.  Vor den Kirchen standen die Ordnungshüter (genannt Schweitzer in Livrees), welche peinlichst auf die rechte Bekleidung der Mädchen und Frauen achteten. Kurze Röcke und Ärmel waren genau so verpönt wie Damen-Hosen.

ReligionsfreiheitSollen muslimische Lehrerinnen ein Kopftuch tragen dürfen? Die Republik debattiert seit zwanzig Jahren. Ein neuer Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bestätigt eine alte Rechtsprechung – und stößt doch Veränderung an.

4.) Kopftuch vor Bundesverfassungsgericht: Es kommt darauf an

Ob das Kopftuch einer Lehrerin den Schulfrieden und die staatliche Neutralität gefährdet, muss, wie bereits 2015 entschieden, am Einzelfall beurteilt und darf nicht pauschal angenommen werden. So schnöde der juristische Gehalt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Mittwoch sein mag, so viel politischen Sprengstoff enthält sie. Wieder einmal. Denn das Kopftuch bei Beamtinnen muslimischen Glaubens beschäftigt die Deutschen und ihre Justiz seit mehr als zwei Jahrzehnten. 1998 war es, als der angehenden Lehrerin Fereshta Ludin in Baden-Württemberg der Eintritt in den Staatsdienst verweigert wurde. Es fehle wegen ihres Kopftuchs an der persönlichen Eignung zum Beamtentum. Eine „objektiv werbende Wirkung“ gehe davon aus, so Stefan Reip, Vertreter des baden-württembergischen Schulamts, „ob sie das will oder nicht“. Ludin akzeptierte das nicht, klagte sich hoch bis nach Karlsruhe – und scheiterte. Zwar sah das Bundesverfassungsgericht in seiner als „Kopftuchurteil“ in die Rechtsgeschichte eingegangenen Entscheidung von 2003 Ludins Grundrechte verletzt, aber nur aufgrund unzureichender Landesgesetze. Die damalige CDU-FDP-Landesregierung in Baden-Württemberg justierte im wahrsten Sinne des Wortes nach, Ludin zog erneut vor Gericht und verlor. Davon ermutigt, schrieben einige Bundesländer pauschale Kopftuchverbote in ihre Neutralitätsgesetze, darunter auch Nordrhein-Westfalen. 2015 zogen zwei Lehrerinnen aus dem Land vor das Bundesverfassungsgericht. Dort hatte man aus der erregten Debatte, die das erste Urteil ausgelöst hatte, offenbar ernsthaft gelernt. „Kopftuchurteil II“ heißt das in den Lehrbüchern zur Grundrechtslehre: keine pauschalen Verbote, stattdessen Einzelfallprüfung, so viel Religionsfreiheit muss sein. Die Rechtswissenschaft geriet nun endgültig in Streit.

Freitag-online

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Dort wo die Unfähigkeit der Politik ihre Grenzen verwischt, lassen sich die, vom Volk, nicht für solche Aufgaben  bezahlten Söldner, als willige  Schlägertruppen missbrauchen. Womit die Dummheit der Politiker-innen darauf Aufmerksam macht, die eigens von ihnen geschriebenen Gesetze nicht geistig verstehen zu können oder wollen. 

Proteste gegen soziale und Klima-Ungerechtigkeit werden zunehmend kriminalisiert, meint Lakshmi Thevasagayam nach der Räumung von Lützerath.

5.) Lützerath – Sicherheit ohne Polizei

Lützerath mag zerstört sein – der bittere Gewinn für die Klimagerechtigkeitsbewegung jedoch ist, dass die Politik, der »Rechtsstaat« und die das Gewaltmonopol innehabende Polizei ihr hässliches Gesicht und ihre untrennbare Liaison mit profitgierigen Megakonzernen wie RWE der gesamten Welt offenbart haben. Trotz der unklaren Faktenlage und der Grundrechtsverletzung durch die jahrzehntelange Politik gegen den Klimaschutz im Rheinischen Braunkohlegebiet spielen Grüne & Co. treu an der Seite von RWE den Verrat an der Menschheit weiter. Die Perversität dieser Regierung, die sich mit einem 1,5-Grad-Programm wählen ließ, personifizierte sich im Großaufgebot einer Polizei, die mit hastigen und lebensbedrohlichen Mitteln den Rekord für die schnellste Räumung für einen Privatkonzern aufstellen wollte. Die Gewalt spitzte sich bei der Großdemo mit über 35 000 Menschen zu, wo ein Großteil sich entschloss, in Richtung Lützerath zu gehen. Die Gewalt, auf die sie trafen, war für viele gut situierte weiße Menschen die erste Erschütterung ihres Bildes über die Polizei. Das erste Mal, dass Diplomingenieur Felix oder Kindergärtnerin Sabrina zur Zielscheibe von Fäusten im Gesicht, von Knüppeln und Pfefferspray wurden. Das, was für rassifizierte und andere marginalisierten Menschen in Deutschland potenziell tödliche Realität ist, wurde in Lützerath klar: Die Polizei sorgt nicht für die Sicherheit der Menschen, sie sorgt für die Sicherheit des Staates. Und der Staat schützt zuallererst die Profite von Konzernen wie RWE statt die Rechte eines jeden Menschen.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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