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Archiv für Januar 31st, 2023

Zeit für Weiterbildung

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

Es braucht mehr als Youtube

Was Oben niemand hineinsteckte – kann Unten nicht hinauskommen!

Von Bernd Käpplinger

Bei der Weiterbildung setzt Deutschland bisher nur auf Quantität. Um etwas zu bewirken, müssen die Angebote intensiver und besser zugänglich sein.

Seit Januar liegt auf Bundesebene ein Entwurf für eine Bildungszeit für Weiterbildung vor. Beschäftigte sollen durch individuellen Antrag die Chance bekommen, sich bis zu 12 Monate in Vollzeit oder bis 24 Monate in Teilzeit weiterbilden zu können. Dazu braucht es eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten. Der Arbeitgeber muss das Gehalt während der Weiterbildung nicht weiterbezahlen, sondern die Beschäftigten erhalten rund zwei Drittel ihres Gehalts vom Staat. Die Kursgebühren werden bei Geringverdienenden mindestens zur Hälfte oder sogar ganz vom Staat übernommen.

Der Entwurf aus dem Arbeitsministerium ist erkennbar inspiriert von der Bildungskarenz in Österreich. Dort wird seit zwei Dekaden praktiziert, was in Deutschland als vermeintliche Illusion abgetan wird. Was aber besagen Evaluationen im Alpenland? Die Zahl der Nut­ze­nden ist über die Jahre hinweg angestiegen und lag 2018 bei 15.000 Menschen von rund 4,3 Millionen Beschäftigten.

Die Bildungskarenz wird als kleine, aber feine Maßnahme charakterisiert. Bezogen auf die Teilnehmenden pro Jahr ist sie von geringer Bedeutung, doch das mit der Bildungskarenz verbundene Zeitvolumen ist beträchtlich und Einkommenssteigerungen (rund 10 Prozent bei der Hälfte der Teilnehmenden) und berufliche Veränderungen sind in Analysen zu beobachten. Die Karenz wird überproportional von Aka­de­mi­ke­r*in­nen genutzt, wenngleich 59 Prozent aller Nutzenden keinen akademischen Abschluss haben.

In Deutschland dagegen fixierte man sich, europäischen Zielsetzungen gemäß, auf die Teilnahmequote. Rund 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung sollten demnach jährlich eine Weiterbildung besuchen. Egal, ob es sich um eine zweistündige Schulung oder eine lange Umschulung handelt. Es ist gut zu wissen, wie breit die Bevölkerung an Weiterbildung teilnimmt oder nicht, aber die Teilnahmequote allein ist wenig aussagekräftig.

Weniger Menschen freiwillig ausbilden

Es wäre also angebracht, mit einer intensiven Bildungszeit quasi eine Zeitenwende einzuläuten: Nicht mehr primär auf Quantität zu achten, um viele Menschen in kurze Weiterbildungen zu bringen (2020 dauerte eine Weiterbildung im Schnitt nur 34 Stunden), sondern um weniger Menschen mit Bedarf und freiwillig intensiv weiterzubilden.

Angesichts der großen Transformationen in Wirtschaft, Wissenschaft und Ökologie braucht es einen Qualitätssprung zu mehr Klasse. Hier stellen sich auch Gerechtigkeitsfragen: Um mehr Benachteiligte zu erreichen, muss analysiert werden, wer bisher Weiterbildungen nutzt – und wie ein besserer Zugang für alle erreicht werden kann.

Die Bildungszeit soll private oder betriebliche Weiterbildung nicht überflüssig machen. Sie soll sie ergänzen in dem Sinne, dass sich für große Weiterbildungen im Alltagsstress kaum Zeit genommen wird. Bildungszeitgesetze der Länder sehen „nur“ Freistellungen von oft fünf Tagen vor. Das kann Impulse bringen, aber in fünf Tagen werden sich keine riesigen Wissens- und Kompetenzsprünge ereignen. Youtube-Videos sind schön für alltägliches Lernen en passant, aber Olym­pia­sie­ge­r*in wird damit niemand.

In den letzten Dekaden stagnieren die öffentlichen Weiterbildungsausgaben und inflationsbereinigt sinken sie, trotz aller Sonntagsreden. In Deutschland geben Bund und Länder geschätzt rund fünfmal mehr für Hochschulbildung, für frühkindliche Bildung viermal mehr und für Berufsbildung im Dualen System doppelt so viel aus wie für Weiterbildung.

Frühe Investitionen sind sicherlich wichtig, aber diese extreme Schieflage ist unangemessen in einer alternden Gesellschaft, in der seit mehr als zehn Jahren schon weniger Menschen unter 20 Jahren leben als Menschen über 67 Jahre. Der geschätzte Bedarf von 334 Millionen für die Bildungszeit im Jahr 2026 sind keine Peanuts, aber ein Beitrag zur Normalisierung der Relationen im Sinne des lebenslangen Lernens.

Der Gesetzentwurf muss kritisch befragt werden: Werden alle Beschäftigten angesprochen? Was ist mit Selbstständigen und Beschäftigten in kleinen Betrieben? Führt mehr Zeit wirklich zu mehr Qualität? Ist eine Zertifizierung auf Angebots- statt Anbieterebene flexibel genug? Warum muss die oft in der Bevölkerung unbeliebte Bundesagentur für Arbeit dafür zentral sein? Genügen zwei oder bräuchte es nicht eher drei Jahre Zeit? Wie findet man das passende Angebot? Könnte man wichtige Themen mit gesellschaftlichem Bedarf besonders anregen? Braucht es eine Förderung nur für Berufliches oder auch für politische Bildung oder Gesundheitsbildung.

Quelle      :        TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben      —       Protest von FridaysForFuture und Anderen, sowie Ankunft der Verhandlungsteilnehmenden an der Messe Berlin zum letzten Tag der Sondierungsgespräche für eine Ampelkoalition.

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Welt der Hungernden

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

Mehr Umverteilung verhindert Extremismus

Quelle      :        INFO Sperber CH.

Von       :     Felix Gnehm /   Forderungen nach einer Reduktion von Ungleichheit sind wissenschaftlich begründet, sagt der Direktor von Solidar Suisse.   — psi. Dies ist ein Gastkommentar von Felix Gnehm, Direktor von Solidar Suisse.

Extreme Ungleichheit bewegt die Gemüter. Nach der Veröffentlichung des neuen Oxfam Reports über die weltweit extreme Ungleichheit äusserte sich die NZZ im Kommentar «Oxfam: Die Beschäftigung mit den Reichen zeigt zunehmend obsessive Züge» zur wachsenden Ungleichheit und zur Idee der steuertechnischen Umverteilung, um weltweite Armut zu verringern. Nur liess sich die Zeitung als Quintessenz zur Aussage verleiten, Oxfams Beschäftigung nehme obsessive Züge an, anstatt sich dem Problem der wachsenden Ungleichheit und damit verbunden den Problemen in unserem Wirtschafts- und Steuersystem anzunehmen.

Ein kleiner Prozentsatz würde genügen

Die Wahrheit ist: Der jährlichen Finanzierungslücke der globalen Entwicklungsagenda 2030 von 2,5 Billionen US-Dollar steht ein globales Privatvermögen von 463 Billionen US-Dollar gegenüber. Es bräuchte also jährlich lediglich 0,005 Prozent des verfügbaren Privatvermögens, um weltweit allen Menschen Zugang zu sauberem Wasser, menschenwürdiger Arbeit, gesunder Ernährung, Bildung oder Gesundheit zu verschaffen. Dass sie stattdessen Social-Media-Plattformen kaufen, sich im Raketenwettfliegen betätigen oder im Pazifik dem Eskapismus frönen, sei dahingestellt. Wir sollten uns jedoch erstens fragen, welche Auswirkungen extreme Ungleichheit auf Gesellschaft und Wirtschaft hat, und zweitens, welchen Grad von Ungleichheit wir in unseren Gesellschaften wollen.

IWF: Steuerpolitik als wirksames Werkzeug

Zu den Auswirkungen stellte sogar Chinas Präsident Xi Jinping fest: «Das Problem der Einkommensungleichheit verschärft das Wohlstandsgefälle und führt zum Zusammenbruch der Mittelschicht, zu sozialer Spaltung und zu politischer Polarisierung, was den Populismus verschärft. China muss entschlossene Anstrengungen unternehmen, um eine Polarisierung zu verhindern und um soziale Harmonie und Stabilität zu verwirklichen.» Er muss es wissen, steht Chinas unbestrittenen Erfolgen mit höheren Durchschnittseinkommen dank Wirtschaftswachstum eine massive Verschärfung von wirtschaftlicher und soziopolitischer Ungleichheit gegenüber. So sehr China als Poster-Boy der Armutsreduktion gelobt wird, so ohnmächtig steht der neue ökonomische Superstar den jährlich über zehntausend öffentlichen Protesten der unzufriedenen Bevölkerung, den 99 Prozent, gegenüber.

Unsere Forderung nach einer Reduktion von Ungleichheit entspringt also weniger einer obsessiven Fixierung auf Superreiche als soliden politischen und wirtschaftswissenschaftlichen Handlungsempfehlungen. Die Weltbank hält fest, dass eine hohe und anhaltende Ungleichheit «nicht nur moralisch falsch, sondern auch ein Symptom für eine kaputte Gesellschaft ist». Sie führe zu verfestigter Armut, ersticktem Wachstum und sozialen Konflikten.

Folgerichtig rät der Internationale Währungsfonds (IWF), die Ungleichheit zu bekämpfen, und empfiehlt einen Mix aus politischen Instrumenten, die den Eintritt in den Arbeitsmarkt ermöglichen und faire und sozialverträgliche Arbeitsmarktbedingungen gewährleisten. Dies führe die notwendigen Korrekturen der Ungleichheiten durch Umverteilung herbei. Länder, die mehr für Bildung, Gesundheit und Sozialschutz ausgeben und ein stärker umverteilendes Steuersystem haben, sind im Durchschnitt erfolgreicher bei der Verringerung der Ungleichheit. Dabei hält der IWF die Steuerpolitik für das agilste und wirksamste Instrument zur Eindämmung von Ungleichheiten.

Die aktuelle Zunahme von Superreichtum und Ungleichheit kann bei weitem nicht als unproblematisch bezeichnet werden. Es verwundert daher nicht, dass sich die Positionen von so verschiedenen öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungsagenturen wie Solidar Suisse, Oxfam, Weltbank, IWF, SECO und DEZA hier decken. Alle unterstützen das nachhaltige Entwicklungsziel Nummer 10 der UNO-Agenda 2030, nämlich «die Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten zu verringern».

Ungleichheit fördert den Radikalismus

Karte des Anteils an Menschen, die chronischen Hunger erleiden (2021) – dunkelblau: <2,5 %, hellblau: 2,5–4,9 %, grün: 5–14,9 %, orange: 15–24,9 %, rot: 25–34,9 %, dunkelrot: >35 %, grau: keine Daten

Der anlässlich des WEF publizierte Oxfam-Report zeigt auf, dass wir seit der Covid-19-Pandemie sogar in die entgegengesetzte Richtung gehen und uns vom Soll-Zustand weit entfernen. Solidar Suisse hält es für ein grosses gesellschaftliches Problem, dass sich auch das Vermögen der 41 Schweizer Milliardär*innen seit Beginn der Pandemie bis November 2022 um 52 Prozent erhöht hat.

Wie wenig Steuern müsste man nun abschöpfen, um beispielsweise das Solidar-Schwerpunktland Burkina Faso aus der Krise zu führen. Der bitterarme Sahelstaat verfügt über jährliche Staatseinnahmen von höchstens drei Milliarden Schweizer Franken. Verzweifelt kämpft das Land gegen die Radikalisierung von jungen Menschen, die sich in der Folge zu lokalen Terrortrupps rekrutieren lassen, anstatt die Schulbank zu drücken.

Je mehr Menschen es gibt, die hungern, kein Wasser haben, es nicht vermögen, ihre Krankheiten zu behandeln und ihre Kinder zur Schule zu schicken, desto schlechter ist der Zustand einer Gesellschaft. Wenn nun in derselben Gesellschaft das Vermögen der Reichsten ständig zunimmt, wächst verständlicherweise auch die Unzufriedenheit. Dies ist gefährlich, denn sie bildet den Nährboden für politische Radikalisierung und Populismus. Auch hier: Wissenschaftliche Untersuchungen machen als Grund von Radikalisierung die soziopolitische und wirtschaftliche Ungleichheit aus. Extreme Ungleichheit ist also tatsächlich ein Problem. Störend ist nicht, dass wenige Menschen ganz viel besitzen, sondern, dass so viele Menschen so viel weniger besitzen als die wenigen Superreichen.

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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Grafikquellen        :

Oben      —      Ein Arzt misst den Armumfang eines unterernährten Kindes in der Demokratischen Republik Kongo

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Unten        —        Karte des Anteils an Menschen, die chronischen Hunger erleiden (2021) – dunkelblau: <2,5 %, hellblau: 2,5–4,9 %, grün: 5–14,9 %, orange: 15–24,9 %, rot: 25–34,9 %, dunkelrot: >35 %, grau: keine Daten

Allice Hunter – Hunger Map 2021 | World Food Programme. Empty map: File:World map (Miller cylindrical projection, blank).svg

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SPD-Massenüberwachung:

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

SPD-Politiker fordern Einführung der IP-Vorratsdatenspeicherung

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von       :       

Bei der SPD werden die Stimmen lauter, eine Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen einzuführen. Das FDP-geführte Justizministerium setzt weiter auf Quick Freeze.

Sowohl Politiker der SPD-Fraktion wie auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordern die Einführung der IP-Vorratsdatenspeicherung. Begründet wird dies mit dem Fall der Terrorverdächtigen von Castrop-Rauxel, die einen Giftstoffanschlag geplant haben sollen. Dort konnte ein Terrorverdächtiger nach Angaben der Sicherheitsbehörden mittels einer IP-Adresse ermittelt werden, die der Mobilfunkanbieter Vodafone für sieben Tage gespeichert hatte. Anbieter speichern manche Verkehrsdaten etwa zu Abrechnungszwecken oder zur Fehlersuche für einen begrenzten Zeitraum.

„Der Fall Castrop-Rauxel zeigt, dass es dringend eine klare Regelung für die Speicherdauer von IP-Adressen braucht“, sagte SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann gegenüber der Rheinischen Post. „Wir sollten mit Ampel-Mehrheit die Rechtsgrundlage schaffen, dass künftig die IP-Adressen immer für 14 Tage gespeichert werden“, forderte er gegenüber der Zeitung.

Laut dem Bericht sieht man das auch im Bundesinnenministerium so. Eine Sprecherin von Nancy Faeser (SPD) sagte, dass der Europäische Gerichtshof ausdrücklich entschieden habe, dass IP-Adressen gespeichert werden dürfen, um schwere Kriminalität bekämpfen zu können. Das vom Bundesjustizministerium präferierte Quick-Freeze-Verfahren sei kein Ersatz, sondern nur eine Ergänzung. Dabei können Daten mit möglichem Bezug zu Straftaten bei den Anbietern „eingefroren“ werden, damit sie nicht routinemäßig gelöscht werden.

Weiter Streit in der Ampel

Der Rheinischen Post sagte ein Sprecher von Marco Buschmanns (FDP) Ministerium: „Aus Sicht des Bundesjustizministeriums ist es besonders wichtig, den Ermittlungsbehörden nach vielen Jahren der rechtlichen Unsicherheit nun ein Instrument zur Verfügung zu stellen, dessen Rechtssicherheit außer Frage steht.“ Im vergangenen September hatte der Europäische Gerichtshof die bisherigen deutschen Regelungen gekippt, da eine anlasslose Speicherung der Daten nicht mit Unionsrecht vereinbar ist. Eine wie von der SPD geforderte Speicherung würde keine Rechtssicherheit bieten, denn die Daten dürfen nur für den absolut notwendigen Zeitraum gespeichert werden. „Die Bestimmung dieses Zeitraums wäre daher erneut mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet“, so der Sprecher weiter gegenüber dem Medium.

In der Ampel-Koalition ist man sich also weiterhin alles andere als einig. Während das Justizministerium die Vorratsdatenspeicherung nicht will und stattdessen schon einen Entwurf für das Quick-Freeze-Verfahren vorgelegt hat, will die Innenministerin eine neue Vorratsdatenspeicherung und an das Äußerste gehen, was das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zulässt.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquelle :      :

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DER ROTE FADEN

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

Traumtänzer auf der Fakten-Autobahn

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Ariane Lemme

Sich die Welt machen, wie sie uns gefällt, funktioniert nur bedingt. Und es gehört sicher nicht zu den Privilegien von Politikmachenden.

Leugnen ist enorm erleichternd. Für einen selbst. Für den Rest der Welt ist es oft einfach enervierend. Ändert aber nichts daran, dass wir uns alle schön und regelmäßig unser Leben zurechtleugnen. Ich zum Beispiel glaube zurzeit tatsächlich, dass ich noch nie besonders viel Schlaf gebraucht habe und einfach „effizient“ schlafe. Fünf Stunden Koma, dann bin ich wie neu. Oder dass ich ganz bestimmt, wenn unsere Kinder erst etwas größer sind, wieder mit meinen Freundinnen die Welt bereisen und Bücher schreiben werde. Was einen halt so durch den Tag bringt.

Gute Leugner gehen gern in die Politik. Sagen, was ist (etwa: wir sind im Krieg mit Russland, die Klimakatastrophe ist unausweichlich, falls wir nicht endlich unsere verweichlichten westlichen Hintern hochkriegen), kommt da irgendwie nicht so gut an. Wenn die eigenen Illusionen aber deckungsgleich genug mit denen anderer Traumtänzer sind, kann man sogar als vor wenigen Jahren noch halbtot geglaubte Partei eine Regierung terrorisieren.

Wie diese Woche: „Der Autobahnausbau hat mit den Klimazielen gar nichts zu tun.“ So gelogen vom FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler im Deutschlandfunk. Dabei hat eine Studie des Umweltbundesamts ebenfalls diese Woche erst gezeigt, dass ein Tempolimit zweieinhalbmal mehr CO2 einsparen würde als gedacht. Würde man nicht nur auf Autobahnen ein Limit von 120 km/h umsetzen, sondern auch eines von 80 km/h auf Landstraßen, könnte so ein Sechstel der nötigen CO2-Einsparungen für die 1,5 Grad-Grenze erreicht werden.

Gut, werden Sie jetzt denken, auch auf neu ausgebauten Autobahnen könnte man langsamer fahren, vorausgesetzt, die FDP ließe das zu. Doch für die Idee, mehr Straßen seien der richtige Abzweig in die Verkehrswende, braucht man natürlich ebenso viel guten Willen. Aber hey, nichts für ungut, FDP. Auch mein Gehirn spielt viele Fakten zugunsten meines Weltbilds runter und hält nur ein begrenztes Maß an Widersprüchen aus. Wie den, dass Menschen, die meine volle Solidarität haben, nicht unbedingt besonders nett sein müssen – sozusagen als Gegenleistung.

In Deutschland brauchen Idioten gar nicht geboren werdem. Wir sehen sie bereits in der Politik, frei umherlaufen.

Das Ganze funktioniert natürlich umso besser, je mehr Leute den Quatsch glauben wollen. Ja je größer die Zahl der Gläubigen, desto besser. Gut zu beobachten war das – ebenfalls diese Woche – mal wieder beim Erinnern an die Befreiung von Auschwitz vor 78 Jahren. Dem Auftakt sozusagen zu einer der Lieblings-Illusionen hierzulande, nämlich der, dass bald darauf auch wir Deutschen durch die Alliierten von dieser Zecke Nationalsozialismus befreit wurden – als hätte die nicht einen ganz dankbaren Wirt gehabt.

Geht’s dagegen um private Belange, ist das mit dem Leugnen meist nur so semi-erfolgreich. Mit Entsetzen (ob meines ebenfalls erfolgreich verleugneten Alters!) musste ich mich diese Woche auch noch an die Lewinsky-Affäre erinnern. 25 Jahre ist es her, dass Bill Clinton glaubte, das Leugnen sei eine super Idee. Und ja: Seine ist eine der ganz wenigen politischen Lügen, die mir sympathisch sind. Weil: was gehen­ mich und Millionen das Sexleben anderer an – auch wenn’s der US-Präsident ist?

Quelle        :        TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 31.01.2023

Erstellt von DL-Redaktion am 31. Januar 2023

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Scholz begrüßt Brasilien „zurück auf der Weltbühne“  – . –  2.) Ex-Premier Johnson berichtet von persönlicher Drohung durch Wladimir Putin  – . –  3.) Maaßen weist Vorwürfe zurück  – . –  4.) 30. Januar 1933: Das war keine Machtergreifung  – . –   5.) Weber will rechtes Bündnis für EU-Wahl  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen einen schönen Tag und gute Unterhaltung.

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So schmiert ein selbst predigender Sozialist seine Zusammenarbeit mit korrupten Lobbydienern ? Warum schmeißt ihm sein Clan keinen Bumms auf dessen Haupt ? Das politische Gesindel sollte sich schämen. Ist es ein Zufall das die FDP die einzige unter den Parteien ist, bei der alle schon Heute wissen was sie in nächster Zeit dem Volk verkaufen wollen? 

Unterstützung für Lula. – Scholz begrüßt Brasilien „zurück auf der Weltbühne“Olaf Scholz ist an der letzten Station seiner Südamerika-Reise angekommen. In Brasilien trifft er den neuen Präsidenten Lula da Silva. Der hat es sich – anders als sein Vorgänger – zum Ziel gesetzt, die Abholzung des Regenwaldes zu bremsen. Dabei will Deutschland helfen.

1.) Scholz begrüßt Brasilien „zurück auf der Weltbühne“

Nach dem Machtwechsel in Brasilien will Bundeskanzler Olaf Scholz ein neues Kapitel in den Beziehungen zum größten und bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas aufschlagen. „Wir freuen uns alle, dass Brasilien zurück auf der Weltbühne ist“, sagte Scholz bei einer Pressekonferenz mit dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in Brasília. „Ihr habt gefehlt, lieber Lula“, fügte er hinzu. Er freue sich nun auf eine gute und lange Zusammenarbeit. Lula umarmte Scholz nach diesen Worten spontan. Der 77-jährige Linkspolitiker Lula hatte sich im Oktober in einer Stichwahl gegen den rechtsradikalen Jair Bolsonaro durchgesetzt, der auch als „Donald Trump der Tropen“ bezeichnet wird. Am 1. Januar wurde Lula in Anwesenheit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vereidigt. Scholz ist danach der erste Regierungschef, der den neuen Präsidenten in der Hauptstadt Brasília besucht. Lula hat sich zur Bekämpfung des Klimawandels bekannt und will dafür die Abholzung des Regenwaldes bremsen. Scholz sagte ihm dafür Unterstützung zu und sprach von einer neuen Partnerschaft gegen den Klimawandel. Für den Herbst kündigte der Kanzler eine Wiederaufnahme der deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen an, die nach der Premiere 2015 während der Regierungszeit Bolsonaros ausgesetzt wurden. „Müssen alles tun, um Demokratie zu verteidigen“

NTV-online

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Sind die berühmten „Nach-her Gespräche“ nicht die einzig, wahre Möglichkeit von Politiker-innen ihren schlechten Charakter zu offenbaren ? Bei den direkten Meetings war immer nur Zeit zum politischen Dumm grinsen, anstatt seinen direkten Kontrahenten die geballte Linke oder Recht zu zeigen. Werden Politiker schon als Feiglinge geboren, denn die Umerziehung in den Parteien gelingt ja nich immer! ?

„Ich will dir nicht weh tun, aber…“ – Ob Putins Drohung ernst gemeint gewesen sei, könne man nur schwer einschätzen, erklärt Boris Johnson in einer Dokumentation der BBC.

2.) Ex-Premier Johnson berichtet von persönlicher Drohung durch Wladimir Putin

Der russische Präsident Wladimir Putin soll nach Angaben des britischen Ex-Premiers Boris Johnson kurz vor Beginn des Ukraine-Kriegs persönliche Drohungen gegen diesen ausgesprochen haben. „Er hat mir irgendwann quasi gedroht und gesagt, ‚Boris, ich will dir nicht weh tun, aber mit einer Rakete würde es nur eine Minute dauern‘ oder so ähnlich“, erzählt Johnson der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge. Die Aussage tätigte Johnson demnach in einer BBC-Dokumentation, die am Montag ausgestrahlt werden soll. „Dem sehr entspannten Tonfall nach zu urteilen und der Gelassenheit, die er an den Tag zu legen schien, hat er wohl einfach mit meinen Versuchen gespielt, ihn zum Verhandeln zu bewegen“, so Johnson weiter. Wladimir Putin drohte Boris Johnsohn in „sehr langem“ Telefonat.  Laut der BBC fiel die Bemerkung Putins in einem „sehr langen“ Telefonat im Februar 2022. Putin habe die Aussage als Reaktion auf Johnsons Warnung, dass der Krieg eine „totale Katastrophe“ werden würde, getätigt. Demnach hatte Johnson auch mit der Versicherung, die Ukraine würde „in absehbarer Zeit“ nicht der Nato beitreten, versucht, den Kremlchef von einem militärischen Vorgehen abzubringen.

KSTA-online

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Sieht so der einzig, wahre Umgang im Clan der Republikanischen Trüffelschweine aus ? Welch ein Chef in der Politik würde Heute den Pascha spielen, wo er doch von Merkel schon auf sein Chef-Podest gehievt wurde. Deutschland, Deutschland für immer über alles! Das Zuhause in der Republik unter Fahne, Adler  Hymne im Reichstag. Wobei doch der Sauerländer noch nicht gesagt hat man müsse dazu die Fahne der Reichsbürger hieven! Das war ein Österreicher. Und das alles in einer Partei welche nicht einmal bis Zwei zählt ?

Möglicher Parteiausschluss aus der CDU. – Die Vorwürfe gegen ihn bezeichnet der frühere Verfassungsschutzchef als „ehrabschneidend“. Von der Austrittsforderung habe er aus den Medien erfahren.

3.) Maaßen weist Vorwürfe zurück

Der frühere Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hat in der Debatteum einen möglichen Parteiausschluss aus der CDU Vorwürfe zurückgewiesen, dass er eine rassistische Sprache benutze. „Das weise ich mit Nachdruck zurück. Das sind pure Behauptungen, das ist ehrabschneidend“, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk. Maaßen wollte sich nicht festlegen, wie er mit der Aufforderung umgeht, dass er die CDU verlassen soll. Zunächst erwarte er, dass die CDU Belege vorlege, die er dann juristisch prüfen wolle. Das CDU-Präsidium hatte am Montag beschlossen, Maaßen eine Frist zum Austritt bis zum 5. Februar um 12.00 Uhr (MEZ) zusetzen. Sollte Maaßen bis dahin die CDU nicht verlassen haben, werde das Präsidium beim Bundesvorstand die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens und den sofortigen Entzug der Mitgliedsrechte beantragen. „Für seine Äußerungen und das damit zum Ausdruck gebrachte Gedankengut ist in unserer Partei kein Platz“, hieß es in dem Beschluss. Immer wieder gebrauche der frühere Verfassungsschutzpräsident „die Sprache aus dem Milieuder Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen“. Maaßen verstoße „laufend gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei“. Maaßen nur aus den Medien davon gehört.

TAZ-online

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Warum wurde in diesen Land unter seinen politischen Versagern nach Ende des letzten Kriegs keine Grundreinigung durchgeführt ? Stattdessen wurde munter so weiter gemacht, wie es zuvor erlernt war.

Am 30. Januar jährt sich der Beginn der NS-Diktatur zum 90. Mal. Bis heute hält sich der Mythos von der „Machtergreifung“ der Nazis. Doch die Macht wurde Hitler ausgehändigt – von den konservativen Eliten Deutschlands.

4.) 30. Januar 1933: Das war keine Machtergreifung

Zu den Lebenslügen des deutschen Bürgertums zählt, dass die Weimarer Republik zwischen Nazis und Kommunisten aufgerieben wurde. Daher die Rede von der „Machtergreifung“ in Bezug auf die Ereignisse vom 30. Januar 1933 – also die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg. Doch der Begriff suggeriert einen Gewaltakt, einen Staatsstreich. Dem war nicht so. Das Sicherheitsschloss der Demokratie musste von den Nazis nicht aufgebrochen werden – es war längst zerbrochen und die Tür zur Macht weit aufgestoßen worden. Es war keine Machtergreifung, es war eine Machtübergabe der konservativen Eliten an die Nazis.Denn das Entscheidende jenes Tages war, dass die NSDAP Teil einer Rechtskoalition wurde, zu der auch die Deutschnationalen unter Alfred Hugenberg, der Stahlhelm unter Franz Seldte und Hitlers Amtsvorgänger Franz von Papen, der 1932 aus dem Zentrum ausgetreten war, um seine Minderheitsregierung durch die NSDAP tolerieren zu lassen, gehörten – eine rechtsextreme Einheitsfront. Kein Widerspruch gegen die Diktatur. Berühmt wurde Papens Ausspruch, binnen weniger Wochen habe man Hitler innerhalb der Koalition „an die Wand gedrückt, dass er quiekt“. Auch das vermittelt einen falschen Eindruck. Papen und Hindenburg hatten nicht vor, Hitler zu mäßigen, um Demokratie und Rechtsstaat zu schützen. Gleich in der ersten Kabinettssitzung waren sich Papen und Hitler einig, dass eine Rückkehr zum Parlamentarismus ausgeschlossen werden müsse. Dem folgenden, sehr raschen Übergang zur Diktatur widersprach niemand in der Koalition. Als Hitler am 28. Februar – nicht einmal einen Monat nach seiner Ernennung und einen Tag nach dem Reichstagsbrand – Hindenburg um die Unterzeichnung der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ bat, hatte dieser keinerlei Bedenken. Damit waren alle Grund- und Freiheitsrechte sowie rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft gesetzt; der Terror, den die SA in den vorangegangenen Wochen eskaliert hatte, wurde legal.

Freitag-online

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Die politische Blindheit nimmt langsam kuriose Formen an. Hatte Weber nicht frühzeitig geklärt wie er zu Orban stehe? Aber dieses Problem zeigt nur in aller Deutlichkeit auf, wie viel an politischer Unfähigkeit sich in den verschiedensten Parlamenten tummeln dürfen.

Der Fraktionsvorsitzende der EVP umgarnt Regierungschefs in Tschechien und Italien. Der konservativen Europäischen Volkspartei EVP schwimmen die Felle davon. Zwar stellt sie die stärkste Fraktion im EU-Parlament, doch sie verliert seit Jahren an Stimmen und somit auch an Abgeordneten.

5.) Weber will rechtes Bündnis für EU-Wahl

Der konservativen Europäischen Volkspartei EVP schwimmen die Felle davon. Zwar stellt sie die stärkste Fraktion im EU-Parlament, doch sie verliert seit Jahren an Stimmen und somit auch an Abgeordneten. Um das auszugleichen, ist Fraktionschef Manfred Weber auf der Suche nach neuen Partnern. Diese sucht er in der konkurrierenden Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die auch offen für weit rechts stehende Parteien ist. Vor wenigen Tagen traf sich Weber mit dem tschechischen Regierungschef Petr Fiala, dessen Partei ODS in der EKR organisiert ist. Die beiden Politiker betonten, dass sie weiter gemeinsam die Ukraine unterstützen wollten, damit Russland nicht den Krieg gewinnt. Auch die faschistische Partei Fratelli d’Italia der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat Weber auf dem Zettel. Der CSU-Mann hat sich kürzlich mit Meloni abgesprochen und danach offen für eine Zusammenarbeit gezeigt. »Meloni ist bei Europa konstruktiv, steht an der Seite der Ukraine, und beim Rechtsstaat gibt es in Italien keine Probleme«, meinte Weber am Donnerstag im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Am Wochenende hat er in diesen Medien nachgelegt und deutliche Einschränkungen gemacht, was den Rechtsstaat angeht. Weber forderte Zäune zur Flüchtlingsabwehr an der EU-Ostgrenze, in der Mittelmeer-Region sowie an der Grenze Bulgariens und Griechenlands zur Türkei. EU-Büros sollten etwa in Tunesien oder Ägypten eingerichtet werden, damit Menschen aus Afrika dort Asyl in Europa beantragen könnten. Außerdem will Weber die Seenotrettung nicht privaten Initiativen überlassen, sondern eine neue EU-Mission prüfen. Dies entspricht den Forderungskatalogen von Fiala und Meloni. Die Italienerin hatte zuletzt die Arbeit der zivilen Rettungsschiffe deutlich erschwert.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tun haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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