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RENTENANGST

Archiv für Dezember 30th, 2022

Am Tropf der Welt

Erstellt von Redaktion am 30. Dezember 2022

Was geschieht, wenn China die Medikamentenlieferungen einstellt?
Dann geht es um Leben und Tod

Bettenturm Klinikum Höchst, Nordwest.jpg

Ein Debattenbeitrag von Bernd Hontschik   –    Er war bis 1991 Oberarzt an der Chirurgischen Klinik des Krankenhauses Frankfurt-Höchst, bis 2015 in eigener Praxis tätig. Er ist Autor des Bestsellers „Körper, Seele, Mensch“. Aktuell erschienen ist sein Buch „Heile und herrsche! Eine gesundheitspolitische Tragödie“, ­Westend Verlag.

Um Kosten zu sparen, hat Deutschland die Medikamentenproduktion an wenige Monopolisten im Ausland delegiert. Diese totale Abhängigkeit rächt sich nun.

Wo man hinschaut, fehlen in Deutschland qualifizierte Arbeitskräfte. Und jetzt fehlen auch noch Medikamente! Aber wir haben ja zum Glück das beste Gesundheitswesen. Oder? Pflegekräfte sind es gewohnt, den Arbeitskräftemangel mit Überstunden und Doppelschichten auszugleichen. Wenn das noch nicht reicht, dann nehmen sie halt vier, fünf oder sechs Pa­ti­en­t:in­nen in ihre pflegerische Obhut statt der erlaubten zwei. Das ist besorgniserregend, doch auf Einsatzbereitschaft und Ethos der Pflegekräfte war schon immer Verlass.

Aber nun geht es plötzlich ans Eingemachte: „Angespannte Lage auf dem Arzneimittelmarkt“, „Fiebersenkende Mittel und Hustensäfte gehen aus“, „Lieferengpässe“, „Keine Antibiotika mehr vorhanden“. Viele Medikamente sind nicht mehr ausreichend verfügbar, einige Regale sind leer. War es nicht so, dass im Kapitalismus sogleich produziert und verkauft wird, wenn Umsatz und Gewinne winken? Wieso funktioniert das hier nicht?

Zuerst der akute Grund: Nicht die angesagte vierte, fünfte oder sechste Corona welle rollt zur Zeit übers Land, sondern eine fulminante Grippewelle mit dem Schwerpunkt auf RS-Viren, die Arztpraxen und Krankenhäuser an ihre Grenzen bringt. Da kann es schon mal zu einem Versorgungsengpass kommen, kurz und vorüber­gehend. Das ist normal.

Der chronische Grund allerdings wiegt schwerer. Die älteste Meldung über einen Lieferengpass findet sich 1985 im Deutschen Ärzteblatt. Eine Augensalbe konnte wegen produktionstechnischer Schwierigkeiten nicht in den Handel gebracht werden. Eine Lappalie. Dreißig Jahre später aber war daraus eine Lawine geworden. Wir schreiben das Jahr 2016, als das Bundesgesundheitsministerium aufgrund einer Kleinen Anfrage der Linken-Fraktion 13 Impfstoffe und 26 Medikamente auflisten musste, bei denen Lieferengpässe aufgetreten waren. Die Aufregung war groß. Mittlerweile nämlich handelte sich um lebenswichtige und kaum zu ersetzende Medikamente wie die Antibiotika Ampicillin, Piperacillin und Metronidazol. Betroffen war auch Metoprolol, der damalige Blockbuster unter den Blutdrucksenkern, ebenso das Krebsmedikament Melphalan und das Anti-Parkinson-Mittel Levodopa. Es fehlten Impfstoffe gegen Kinderlähmung, Tetanus, Diphterie und Keuchhusten. Das alles ist jetzt schon sieben Jahre her. Zum Besseren gewendet hat sich seitdem nichts.

Woran liegt das? Mit dem Ablauf von Patentschutzfristen wurde die Arzneimittelproduktion durch globale Billigkonkurrenz immer häufiger unrentabel, ganze Produktionslinien wurden in Europa stillgelegt. Das erwähnte Piperacillin wurde zum Beispiel nur noch in zwei Fabriken auf der ganzen Welt hergestellt, und eine davon, die in China, war 2016 explodiert. Außerdem wurden und werden komplette Chargen von Arznei­mitteln durch international agierende Großhändler ins Ausland verschoben, wo höhere Gewinne locken als hierzulande.

Lagerkapazitäten werden so gering wie möglich gehalten, weil sie als nutzlose Kosten gelten, sowohl in den Fabriken als auch bei den Zwischenhändlern. Im Falle eines plötzlich höheren Bedarfs gibt es keine Reserven. Rabattverträge einzelner Krankenkassen mit Medikamentenherstellern kickten außerdem die noch verbliebenen Produzenten und deren Produktionskapazitäten vom europäischen Markt.

Denn nach der ewigen Demagogie von der „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen, die es tatsächlich nie gegeben hat, galten die Arzneimittelausgaben als größte Kostentreiber bei den gesetzlichen Krankenkassen. Mit dem im Januar 2003 in Kraft getretenen Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) bekamen die Krankenkassen – als eine von vielen Kostendämpfungsmaßnahmen – die Möglichkeit, mit Hilfe direkter Belieferungsverträge Medikamente zu fest vereinbarten Preisen mit hohem Rabatt zu beziehen. Die Preisgestaltung der Krankenkassen geschah nach Ausschreibungen. Die Vereinbarungen führten grundsätzlich zu Dumpingpreisen, und diese Verträge unterliegen bis heute strikter Geheimhaltung (!). In der Folge stellten Hersteller, die nicht zum Zuge gekommen waren, die Produktion des betreffenden Arzneimittels ein.

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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Besser durch Chat GPT?

Erstellt von Redaktion am 30. Dezember 2022

Das Ende von Google, wie wir es kannten

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Höchste Alarmstufe bei der weltgrößten Suchmaschine: Mit ChatGPT und künstlicher Intelligenz könnte eine neue Ära beginnen.

Google ist durch seine Suchfunktion zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt geworden, nicht unverdient, wenn man die bisher unerreichte Qualität der Ergebnisse betrachtet. Bis heute ist die Google-Suche der Anfang von sehr, sehr vielen Internet-Touren, deshalb ist Google die meistbesuchte Webseite des Planeten.

Weil es dabei besonders oft um Produkte und Dienstleistungen geht, sind Google Ads so erfolgreich. Um es greifbar zu machen: Von Googles 256 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2021 kamen rund 210 Milliarden durch digitale Werbung zustande, das ist mehr als ein Viertel des gesamten, weltweit für Werbung ausgegebenen Geldes. Die Google-Suche ist die vielleicht ergiebigste Cashcow, die es je gab.

Aber es besteht die Möglichkeit, dass die Ära der klassischen Suche ausklingt, allem Erfolg zum Trotz. Seit geraumer Zeit werden, vor allem durch die sich entwickelnde digitale Gesellschaft, die Unzulänglichkeiten von Google deutlich. Viele junge Menschen nutzen TikTok für die Informationssuche, weil sie dort auf viele Fragen kurze, unterhaltsame Antworten als Videoclip präsentiert bekommen: Wie falte ich T-Shirts, welches Tablet ist das beste, wo kann man im Januar als Veganer*in gut Urlaub machen und so weiter und so fort. Was Ältere selbstverständlich googeln, um sich dann manchmal in endlosen Listen zu verlieren, erfährt die Generation Z als Video.

Auch wenn man professionell mit dem Netz arbeitet, schleppt sich Google bei aller noch immer vorhandenen Qualität mitunter hinter den Bedürfnissen her. Meine häufige Suchaufgabe etwa ist, Inhalte zu finden, die ich irgendwo schon einmal gesehen oder gehört habe. Diese eine interessante Statistik – habe ich die als Screenshot in einem meiner sieben Messenger bekommen? Oder als Mail oder in einer Videopräsentation oder in einem Artikel eines US-Blogs oder auf Twitter oder…? Google hilft da wenig.

Bei der Produktsuche wiederum hat Google gegenüber Amazon verloren, das zudem immer stärker in den Werbemarkt drängt. 2021 konnte Amazon schon 31 Milliarden Dollar für Werbung erlösen.

Die Herausforderungen zeigen, dass Google trotz seiner gigantischen Umsätze nicht mehr alle digitalen Suchprobleme lösen kann und nicht mehr unbesiegbar scheint, was den täglichen Kampf um unsere Suchgewohnheiten angeht.
Jetzt ist, natürlich durch künstliche Intelligenz (KI) und im Besonderen das Modell ChatGPT, sogar die Supercashcow in Gefahr. Das glaubt offenbar zumindest Google selbst. Ein Medienbericht  spricht davon, dass ChatGPT bei Google einen »Code Red« ausgelöst habe, die höchste Alarmstufe. Der Grund dafür: Google ist zwar eine hervorragende Antwortmaschine auf alle möglichen Fragen des Alltags. Aber um die besten Antworten zu bekommen, muss man, wenn man genau hinschaut, immer noch sehr Suchmaschinen-spezifische Wortkombinationen eingeben.
Literarisch hat das die Journalistin Emilia Smechowski gezeigt, als sie im Frühjahr 2022 einen Text über die Zeit direkt nach der Geburt ihres Kindes formulierte – ausschließlich in Google-Suchphrasen : »Milcheinschuss wann«, »Definition Schreibaby«, »Studien Saugverwirrung«. Besonders vielsagend waren dabei die aufeinanderfolgenden Suchen, die eine kurze Geschichte des Scheiterns an den Google-Ergebnissen erzählen: »Ab wann Windelgröße 2«, »Welche Windeln für welches Alter«, »Welche Windeln für welches Gewicht«.
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Gut googeln zu können, ist eine eigene Fähigkeit, und das wiederum verrät viel darüber, wie weit die Suchmaschine in ihrer gegenwärtigen Form von normaler, menschlicher Kommunikation entfernt ist. Das war so lange halbwegs akzeptabel, wie die Google-Suche die mit Abstand besten Ergebnisse erzielte.

Auftritt ChatGPT, die sprechende künstliche Intelligenz, von der man betonen muss, dass sie eine vorläufige Zwischenform ist und ständig besser werden wird. Es handelt sich um eine Testanwendung des inzwischen zum größten Teil von Microsoft finanzierten Unternehmens OpenAI.

ChatGPT kann menschliche Fragen auf menschliche Weise beantworten, und das in zweifellos spektakulärer, nämlich menschenhafter Sprachqualität. Deshalb haben sich bei OpenAI in den ersten fünf Tagen eine Million Nutzende  angemeldet. Dabei ist ChatGPT bisher nicht mit dem offenen Internet verbunden, sondern wurde nur mit Inhalten aus der Zeit bis 2021 trainiert, was bedeutet, dass es keinen aktuellen Informationsstand enthält. Das aber dürfte sich demnächst ändern.

Quelle       :        Spiegel-online        >>>>>        weiterlesen

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Regelbasierte Weltordnung

Erstellt von Redaktion am 30. Dezember 2022

Die regelbasierte Weltordnung – und ihre Feinde

Datei:Präsident Joe Biden Ukraine Democracy Defense Lend-Lease Act von 2022.jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :    Manfred Henle

Die regelbasierte Weltordnung sieht sich herausgefordert. – Die „wunderbare regelbasierte Weltordnung“ sieht sich seit längerem verschiedenen, ärgerlichen, in ihrer Sicht unzumutbaren und nicht weiter hinnehmbaren Herausforderungen ausgesetzt.

„Autokraten machen Überstunden, um die Demokratie zu untergraben und ein Regierungsmodell zu exportieren, das durch Unterdrückung im Inland und Zwang im Ausland gekennzeichnet ist.Diese Konkurrenten glauben fälschlicherweise, Demokratie sei schwächer als Autokratie, weil sie nicht verstehen, dass die Macht eines Landes von seinem Volk ausgeht. Die dringendste strategische Herausforderung für unsere Vision geht von Mächten aus, die eine autoritäre Regierungsführung mit einer revisionistischen Außenpolitik verbinden. Es ist ihr Verhalten, das eine Herausforderung für den internationalen Frieden und die Stabilität darstellt […].“ (Biden-Harris-National Security Strategie 2022)Dass nicht der Weltordnungsstandpunkt und der globale Selbstbehauptungswille der abendländischen Wertegmeinschaft, sondern der Überstunden leistende nationale Selbstbehauptungswille China’s und Russlands dieses „neue Zeitalter des Wettbewerbs“23 (KAS, Auslandsinformationen 13.7.2017) heraufbeschworen haben, gilt den westlichen Regierungsverantwortlichen und ihren Denkfabriken als ausgemachte Sache: „Rückblickend wird klar, dass es die Demokratien dieser Welt viel zu lange versäumt haben, das Aufkommen einer neuen Epoche des Wettbewerbs zwischen autokratisch und demokratisch geführten Staaten zur Kenntnis zu nehmen.“ (KAS, ebd.) Zu konstatieren ist offensichtlich: „Die autoritäre Herausforderung und die Selbstbehauptung liberaler Demokratien – Ein Jahrhundert des Autoritarismus keineswegs unwahrscheinlich.“ (GPPI 17.2.2017)24

Die erste, so unmissverständliche wie warnende Antwort des US-geführten Selbstbehauptungswillens westlicher Demokratien auf diese „dringendste strategischen Herausforderung“ (Biden-Harris-National Security Strategie 2022) lautet rückblickend und vorausschauend ganz banal:

„Rund um die Welt sehen die Nationen wieder einmal, warum es nie gut ist, gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu setzen.“ (Ebd.)

Gemäss diesem Kriterium der Botmäßigkeit oder Unbotmäßigkeit fremder Souveräne und ihrer jeweiligen Benutzbarkeit, hat die bislang konkurrenzlos unbestrittene „Weltmacht mit globalen Interessen“ die Völkerfamilie betrachtet und behandelt. Und agiert so gut es geht bis heute streng nach dieser Maxime amerikanischer Geo- und Weltpolitik: „Unser erstes Ziel ist es, das Wiederauftauchen eines neuen Rivalen zu verhindern.“ (Wolfowitz, 1992)25

Welcher innerstaatlichen Verfasstheit die fremden Souveräne dabei waren, war darüber hinaus dem Ziel, das (sowjetische) „Reich des Bösen“ seinem notfalls nuklear erzwungenen Untergang zuzuführen, untergeordnet. Angesichts schon dieses der Völkerfamilie der damaligen Zeit unter dem Titel „Ost-West-Konflikt“ aufgemachten Standpunktes seitens des US-geführten NATO-Westens haben sich „die Nationen rund um die Welt“ mehrheitlich dafür entschieden, nicht gegen den Westen zu setzen und sich dem Lager des „Reichs des Bösen“ anzuschließen.

Zu ernst, zu alternativlos war die Vernichtungsdrohung durch die USA gemeint. Erschien es, auch jenseits dieser Alternativlosigkeit notwendig, den US-Selbstbehauptungs- und Weltordnungsstandpunkt gegenüber gewissen, hinsichtlich ihrer Botmäßigkeit oder Benutzbarkeit zweifelhaften Souveränen Nachdruck zu verleihen, so waren Staatsumsturz, Einrichten stabiler, zuverlässiger und funktionaler Gorilla-Diktaturen fällig: Sei es im lateinamerikanischen Hinterhof, sei es im arabischen Krisenbogen, so zum Beispiel im Iran 1953.26 Zuweilen empfahl oder empfiehlt es sich nach wie vor, zweifelhafte oder als Feinde markierte Souveräne „in die Steinzeit zurück zu bomben“ (US-Luftwaffengeneral Curtis E. LeMay, 1964) wie etwa Nordkorea oder Vietnam, dem annähernd auch Irak oder Afghanistan.

Trotz dieser recht entspannten Betrachtungsweise des US-geführten Selbstbehauptungswillens westlicher Demokratien gegenüber botmässigen, funktionierenden und funktionalen Diktaturen oder „Autokratien“ zu Diensten der regelbasierten Weltfriedensordnung: Ideal in Sachen nutzbringender zwischenstaatlicher Kooperation bleibt die ausgewiesene, gleichsam unübertroffene Stabilität demokratischer Herrschaft. Die beruht, wie die gewählten Vertreter des Volkes, die politischen Entscheidungsträger und Regierungsbeauftragten bis einschließlich Joe Biden nur zu gut wissen darauf, „dass die Macht eines Landes von seinem Volk ausgeht.“ (Biden-Harris-National Security Strategie 2022) Insofern sind Souveräne mit demokratischer Verfasstheit als Kooperations- oder Kriegs-Bündnispartner prinzipiell außen-, welt- und geopolitisch erste Wahl. Die Stabilität ihrer innenpolitischen Herrschaft gewährt mehr Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit, Botmäßigkeit vorausgesetzt27:

„Wir werden uns dafür einsetzen, die Demokratie in der ganzen Welt zu stärken, weil eine demokratische Regierungsführung […] stärkere und zuverlässigere Wirtschafts- und Sicherheitspartner für die Vereinigten Staaten schafft […].“ (Biden-Harris-National Security Strategy 2022)

Von Anbeginn an offensiv imperialistisch ist dieses Projekt des US-geführten Selbstbehauptungswillens westlicher Demokratien ohnehin angelegt: „Die Amerikaner werden sich für die universellen Menschenrechte einsetzen und sich mit denjenigen solidarisch zeigen, die jenseits unserer Küsten nach Freiheit und Würde streben.“ (Biden-Harris, ebd.) Dies insbesondere, als, neben dem nach wie vor unbesiegten russischen Selbstbehauptungswillen, die VR China längst die Stirn hat, seine geostrategisch-nukleare Einkreisung weit jenseits amerikanischer Küste nicht nur nicht zuzulassen, vielmehr längst dazu übergegangen ist, dem Westen seinen eigenen, nationalen Selbstbehauptungswillen offensiv entgegen zu stellen: „Dafür muss das Land seine Außenpolitik so umgestalten, dass es ein globaler Akteur wird.“ (US-Politvordenker R.Kagan, 16.7.2008)28

Als „patriotische Einheitsfront“ ist der chinesische „grosse Traum“ (Xi Jinping) in Gestalt der global agierenden VR-China dabei, seinerseits ein alternatives, möglichst weltumspannendes Netzwerk strategischer Partnerschaften etwa mittels BRICS und Schanghai-Kooperationsrat (SCO) trotz aller regionalen, geostrategischen und nationalen Berechnungen und Interessengegensätze sowie unbesehen der innenpolitischen Verfasstheit der beteiligten Souveräne29 in die Welt zu setzen – und dies teilweise unter Beteiligung Russlands. Zwar kommt zum Beispiel die Überprüfung der „Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Union, der NATO und der OSZE mit der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ zum vorerst beruhigenden Urteil: „Militärisch ist die derzeitige SCO somit keineswegs auf Augenhöhe mit der NATO.“ (Wissenschaftlicher Dienst, Deutscher Bundestag, 13.11.2019)30 Dennoch scheint es ratsam: „Gleichwohl sollte der Westen nicht den Fehler begehen, hochmütig auf das Treffen herabzublicken.“ (SZ, 18.11.2022)31 Denn ungeachtet ihrer jeweils eigenen, auch gegensätzlichen Interessen innerhalb der SCO ist hinsichtlich China und Russland zur Kenntnis zu nehmen: Showdown with the American liberal world Order Wenn es eine Sache gibt, in der sich Russland und China völlig einig sind, dann ist es die, dass die liberale Weltordnung, die die amerikanische Supermacht zu schaffen versucht hat, beendet werden muss. Dieses gegenseitige Einvernehmen war zum Teil die Grundlage für die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit […].“ (DIIS, 4.11.2022)32

Kernelemente des ausgreifenden chinesisch initierten alternativen Netzwerkes strategischer Partnerschaften sind die „Asiatische Infrastruktur Investment Bank (AIIB)“ und die „One Belt, One Road Initiative (BRI)“. Anzumerken ist hierzu:

„Die AIIB hat sich innerhalb von Rekordzeit zu einem der großen Akteure in der globalen Finanzarchitektur entwickelt […] Zwei der führenden internationalen Volkswirtschaften, die USA und Japan, sind der AIIB bisher nicht beigetreten. Sie sehen die AIIB weitgehend als ein Instrument an, das zur Förderung chinesischer geopolitischer und wirtschaftlicher Interessen geschaffen wurde. Europäische Regierungen wollten jedoch nicht außen vor bleiben und argumentieren, dass sie die Institution besser als Mitglieder beeinflussen können. Sie traten der AIIB als Gründungsmitglieder bei und verliehen der Institution damit eine internationale Glaubwürdigkeit, die sie sonst nicht gehabt hätte […] In ihrer Anfangsphase kultivierte die AIIB eine vorsichtige Distanz zu Chinas Belt and Road Initiative (BRI). Ihre Betonung, dass sie eine multilaterale Institution sei, die sich zur Einhaltung internationaler Standards verpflichtet, sollte sie von kontroversen BRI-Investitionen unterscheiden. Dieser Diskurs hat sich mittlerweile geändert, und in jüngerer Zeit beschrieb AIIB-Präsident Jin die AIIB und die BRI als die zwei Motoren eines Flugzeugs, die beide nötig sind, damit das Flugzeug problemlos und hoch fliegen kann.“ (K.Horta, Heinrich Böll Stiftung, Schriften zur Demokratie, Bd.52, 2019: 9-10)33

Dass es der „große Traum“ der VR-China ist, mit dem Aushebeln der bislang geltenden regelbasierten Weltfriedensordnung unter US- und NATO-Schutz im gleichen Zug die regelbasierte Weltwirtschaftsordnung mit IWF, Weltbank und Dollar-Imperialismus auszuhebeln und vom Rule Taker zum Rule Maker in einer kommenden, nicht mehr westlich dominierten Finanz-, Währungs- und Weltwirtschaftsordnung aufzusteigen, ist beim US-geführten

Selbstbehauptungswillen westlicher Demokratien und ihren Beratern also längst angekommen:

„Deutschland und andere europäische Länder wollen der von China initiierten Asian Infrastructure Investment Bank beitreten. Sie verärgern damit die USA und besiegeln das Ende des westlich dominierten globalen Finanzsystems.“ (Manager Magazin, 19.03.2015)34

Diese „dringendste strategische Herausforderung“ (Biden) einer China- und teilweise Russland initiierten Alternative zur gegenwärtigen monopolaren, regelbasierten Weltordnung nimmt der US-geführten Selbstbehauptungswille westlicher Demokratien nebst nuklearer Einkreisung China’s sowie Russlands zu besiegelnder Niederlage an: Mit einer ausgreifenden Gegenoffensive unterm Titel „Build Back Better World (B3W), the EU’s Global Gateway, and the UK’s Clean, Green Initiative (CGI);“35 grundlegend mit dem konsequent weitergeführten Containment und Roll Back gegenüber China’s „revisionistisch“ (Biden) ausgreifenden Selbstbehauptungswillen:

„Dazu gehören unsere demokratischen Verbündeten in Europa und im indo-pazifischen Raum sowie wichtige demokratische Partner in der ganzen Welt, die viele unserer Vorstellungen von einer regionalen und internationalen Ordnung teilen, auch wenn sie nicht in allen Fragen mit uns übereinstimmen […] und Länder, die sich nicht zu demokratischen Institutionen bekennen, aber dennoch auf ein regelbasiertes internationales System angewiesen sind und es unterstützen.“ (Biden-Harris-National Security Strategy 2022)

Die Klarstellung darüber, dass es angesichts der strategischen Herausforderung und der sich abzeichnenden Alternative im 21. Jahrhundert weiterhin bei der praktischen Einmischung in die staatliche Verfasstheit fremder Souveräne bei aller Bevorzugung demokratisch verfasster Gemeinwesen bleibt, bildet keinen Widerspruch zur Demokratie und befleißigt sich keinerlei Doppelmoral oder doppelter Standards wenn es heißt: „Wir glauben jedoch nicht, dass Regierungen und Gesellschaften überall nach dem Vorbild Amerikas umgestaltet werden müssen, damit wir sicher sind.“ (Biden-Harris, ebd.)

Ob Regime Change, Nation Building, Staatsumsturz, ob zum Beispiel der „[…] Versuch, ein demokratisches, zusammenhängendes und geeintes Afghanistan zu schaffen“ (Biden

Afghanistan-Rede, 1.9.2021)36 notwendig erscheint, bemisst sich im angebrochenen „Wettkampf zwischen Demokratie und Autokratie“ einzig daran, ob die fremden Souveräne sich der chinesisch-russischen Alternative anschließen oder nicht.

Dieser Klarstellung können die deutsch-europäischen Demokratien nicht nur hinsichtlich Qatar, Saudi-Arabien und ähnlichen staatlichen Gebilden umstandslos beipflichten: „Man muss viele Hände schütteln, wenn man Frieden in Libyen schaffen will, und das sind nicht nur saubere Hände.“ (Steinmeier-Eröffnungsrede auf der MSC 2020, 14.2.2020)37 Angesichts der chinesisch-russischen Alternative gilt mehr denn je:

„Deshalb rate ich uns […]: Verlernen wir nach dem Epochenbruch nicht all das, was deutsche Außenpolitik stark gemacht hat […] das Werben um Partner, die anders sind als wir. Das ist keine Stilfrage – es ist eine Überlebensfrage.“ (Steinmeier, Rede an die Nation, 28.10.2022)

Dennoch ist gegenüber der Alternativlosigkeit während der Epoche des antisowjetisch-antikommunistischen Gleichgewichts des Schreckens zu bedenken:

„Russland und China haben über viele Jahre hinweg auch demokratische Staaten wie Südafrika, Indien oder Brasilien hofiert, ihnen etwa über die BRICS-Initiative eine Stimme auf internationaler Ebene gegeben. Sie haben die Interessen dieser Länder gesehen und sind ihren Regierungen mit Respekt begegnet. Das hat Vertrauen aufgebaut.

Die Auswirkungen sehen wir aktuell, wenn viele Staaten unseren Weg der Sanktionen gegen Russland ablehnen. Die Abstimmungen in der Vollversammlung der Vereinten Nationen zeigen, dass die Hälfte der Weltbevölkerung nicht hinter unserer Politik steht. Das muss uns zu denken geben.“ (Klingbeil, Zeitenwende-Rede, 21.6.2022)37

Unter Berücksichtigung dieser Bedenken, auch angesichts der Tatsache, dass offensichtlich mehr und mehr Länder des globalen Südens wie etwa Mali, Burkina Faso und neuerdings Niger unter dem Slogan „Nieder mit Frankreich, es lebe Putin und Russland“39 den „autokratischen“ Angeboten nicht mehr verschließen, bleibt offenbar wohl doch nur diese eine Alternative – zumindest für den deutsch-europäischen demokratischen Selbstbehauptungswillen:

„Wir wollen uns in der Welt von morgen behaupten. In einer Welt, in der es geopolitisch absehbar ungemütlicher wird. In einer Welt, die von neuen Rivalitäten zwischen etablierten und aufstrebenden Mächten geprägt ist. Dafür setzen wir vor allen Dingen auf eines: auf ein starkes, handlungsfähiges Europa […] Wir müssen mit noch viel mehr Kraft daran arbeiten, ein souveränes, kraftvolles Europa zu bauen, das eine eigene geopolitische Identität entwickelt.“ (Heiko Maas, Rede 55. MSC, 15.2.2019)40

Fußnoten:

23 Unter: https://www.kas.de/de/web/auslandsinformationen/artikel/detail/-/content/ein-neues-zeitalter-des-wettbewerbs

24 Unter: https://www.gppi.net/2017/02/17/die-autoritaere-herausforderung-und-die-selbstbehauptung-liberaler-demokratien

25 Unter: https://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/iraq/etc/wolf.html

26 Über die technisch-operative Abwicklung dieses Staatsumsturzes vgl.: M. Lüders, Wer den Wind sät – Was westliche Politik im Orient anrichtet, München, 2017: 12-22.

27 Ungemach kann dem US-geführten Selbstbehauptungswillen westlicher Demokratien heranwachsen, wenn innerhalb dieser Demokratien die „Macht des Landes“ geschwächt wird, weil politische Führer oder unzufriedene Volksteile die bislang funktionierende und stabile demokratische Herrschaft im Namen einer echten oder wahren Volksherrschaft anzuzweifeln beginnen. Dann sind grosse Reden an die Nation vonnöten, die verlangen: „Anstatt uns weiter auseinandertreiben zu lassen, müssen wir alles stärken, was uns verbindet. Alles stärken, was uns verbindet.“ Denn: “ Aber nur so können wir dem Gift des Populismus, der Gefahr des Auseinanderdriftens wirksam etwas entgegensetzen!“ (Steinmeier, Rede an die Nation, 14.10.2022, unter: https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2022/10/221028-Alles-staerken-was-un s-verbindet.html; wenn also nicht nur gewisse europäische Souveräne radikal national werden, sondern gar die Weltordnungsmacht USA wie unter D.Trump nach Innen radikal national das Land polarisiert und spaltet, und nach Aussen radikal national den Sacro Egoismo der Nation mehr oder weniger rücksichtslos durchzusetzen gedenkt, droht der Selbstbehauptungswille westlicher Demokratien, wie vielseitig beschworen, in Unordnung zu geraten – und dies angesichts Überstunden leistender Autokraten. Deshalb tut ständige landeskundliche Beobachtung und Beurteilung not: im leichteren Fall zum Beispiel, ob G.Meloni mit ihren Fratelli D’Italia tatsächlich dem italienischen Faschismus abgeschworen hat; bedeutsamer die deutsch-europäische Sorge am 15. 11.2022: „Donald Trump gibt Kandidatur für 2024 bekannt – kann er es schaffen?“, unter: https://www.swp.de/panorama/donald-trump-usa-wahlen-2024-praesident-kandidieren-praesidentschaftswahlen-67123187.html

28 Unter: https://www.spiegel.de/kultur/literatur/us-politvordenker-kagan-russland-und-china-betrachten-den-westen-als-feindlich-a-56616 5.html

29 Vgl. dazu Handelsblatt, 15.9.2022, unter: https://www.handelsblatt.com/politik/international/shanghaier-organisation-fuer-zusammenarbeit-gipfeltreffen-der-asiatischen-gr ossmaechte-nur-gut-zur-inszenierung/28681396.html

30 Unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/673968/9682fbb51f60b9db8db5aabaed3f12d0/WD-2-120-19-pdf-data.pdf

31 Unter https://www.sueddeutsche.de/meinung/shanghai-kooperationsrat-xi-putin-usbekistan-1.5657973?reduced=true; auch dass Iran in Samarkand mit Beschluss vom 16.9. 2022 die Vollmitgliedschaft in der SCO erwarb, ist zu notieren und wirft für den interessierten Westen die Frage auf: „What Does Iran’s Membership in the SCO Mean for the Region?“, unter: https://thediplomat.com/2022/09/what-does-irans-membership-in-the-sco-mean-for-the-region/

32 Unter: https://www.diis.dk/en/research/shanghai-cooperation-organisation: Dass die OPEC Plus offensichtlich auch durch Betreiben Russlands und mit Zustimmung Saudi-Arabiens am 6.10. 2022 beschlossen hat, entgegen dem ausdrücklichen Willen Bidens, O.Scholz‘ und E.Macrons und inmitten des „totalen Wirtschaftskrieges gegen Russland “ (Bruno Le Maire, vgl. Fussnote 17), die tägliche Ölffördermenge zu reduzieren, bestätigt dem US-geführten Selbsbehauptungswillen westlicher Demokratien nur, wieviel mehr Verantwortung und Handlungsfähigkeit er auch auf dem Kriegsgebiet „globale Energiepolitik“ noch unter Beweis zu stellen hat; zum Beschluss der Opec Plus vgl. unter: https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/opec-plus-kartell-drosselt-oel-foerderung-waehrend-der-energi ekrise/28724702.html

33 Unter: https://www.boell.de/sites/default/files/aiib-studie_dt_web.pdf; weiters festzuhalten ist dabei: „Der Subtext hier ist die Mitteilung an potentielle Kunden, dass die AIIB ihre Kredite schneller bewilligen und sich nicht durch das Ansprechen von «good governance», verbindlichen Regeln und Rechenschaftspflicht in ihre internen Angelegenheiten einmischen wird.“ (Ebd.: 10)

34 Unter: https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/deutschland-tritt-aiib-bei-china-spaltet-westen-mit-bank-a-1024354.html; zum Ganzen vgl. auch die Studie von K.Horta/Wawa Wang, The Beijing-led Asian Infrastructure Investment Bank: Global Leader in Infrastructure, at What Cost?, Heinrich Böll Foundation, May 2022, unter: https://www.boell.de/sites/default/files/2022-04/E_Paper_The_Beijing_led_Asian_Infrastructure_Investment_Bank.pdf

35 Vgl. z.B. Briefing Paper February 2022, ONE VISION IN THREE PLANS:BUILD BACK BETTER WORLD & THE G7 GLOBAL INFRASTRUCTURE INITIATIVES, unter : https://9tj4025ol53byww26jdkao0x-wpengine.netdna-ssl.com/wp-content/uploads/B3W-G7-Report-E3G.pdf

36 Unter: https://augengeradeaus.net/2021/09/fuers-archiv-rede-von-us-praesident-joe-biden-the-war-in-afghanistan-is-now-over/

37 Unter: https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2020/02/200214-MueSiKo.html

38 Unter: https://www.fes.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=75010&token=70fdeac838fa69b928ee58a8c47cf6f046e2dc15; vgl. dazu auch: M.Henle, Eine Zeitenwende – und was für eine!, 9.7.2022, unter: https://www.untergrund-blättle.ch/politik/deutschland/spd-ukraine-krieg-zeitenwende-weltordnung-7150.html

39 „A bas la France, Vive Poutine et la Russie: ces slogans qui se multiplient dans les pays du Sahel'“, franceinfo Afrique avec AFP, 20.9.2022, unter: https://www.francetvinfo.fr/monde/afrique/niger/a-bas-la-france-vive-poutine-et-la-russie-ces-slogans-qui-se-multiplient-dans-les -pays-du-sahel_5371339.htm

40 Unter: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/aussenminister-maas-muenchner-sicherheitskonferenz/2190246

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Oben        —  Joe Biden mit seinem Staff im Weissen Haus, Mai 2022. 

Verfasser   :  Das Weiße Haus    /  Quelle    ;  https://twitter.com/POTUS/status/1523796583120265217  / Datum  :  09-05.2022

Diese Akte ist ein Werk eines Mitarbeiters des Exekutivbüros des Präsidenten der Vereinigten Staaten, das im Rahmen der offiziellen Aufgaben dieser Person aufgenommen oder angefertigt wurde. Als Werk der US-Bundesregierung ist es gemeinfrei.

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Flimmern + Rauschen

Erstellt von Redaktion am 30. Dezember 2022

Die diesjährigen Top Drei der Medienmacher-Interviews aus der Hölle

Kolumne von Steffen Grimberg

Kurz vor Schluss kam Tom Buhrow extra noch mal um die Ecke im Wettbewerb ums absurdeste Interview des Jahres.

Mit seinem „2023 wird das Jahr der Reform“-Rührstück in der Welt am Sonntag: Den Totalumbau des Systems Öffentlich-Rechtliche mal eben in einem Jahr anzuzetteln, geht klar. Immerhin hat er nicht auch noch „Ich gebe ihnen mein Ehrenwort“ gesagt.

Trotzdem schafft Buhrow nur Platz drei. Denn natürlich hat sich um die vordersten Plätze der Interviews aus der Hölle auch Patricia Schlesinger beworben. Mit ihrer In­ten­dan­t*in­nen­beich­te in der Zeit. Eigentlich hatten die absurden Fotos, die sie als machthungrigen Vamp zeigten, schon alles gesagt. Den ellenlangen Text dazu hätte es nicht gebraucht. Sei’s drum. Wie Frau Schlesinger hier noch mal die große Ahnungslose gab, gehört zu den schönsten Unverschämtheiten des Jahres: Da wollte sie alles richtig machen und war für die eine und den anderen vielleicht ein bisschen zu schnell und abgehoben. Aber mehr war doch gar nicht. Und es tat ihr ja auch leid: „Ich habe die Wut der Leute unterschätzt.“ Dafür gibt’s Platz 2.

Familie Schlesinger fährt aber quasi ’nen Doppelsieg ein. Denn mit allen Tricks und Kniffen zog ein naher Verwandter an ihr vorbei. „Ein Skandal mit Ansage“ war das Stück aus der Frankenpost betitelt, in dem sich Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl schon im Sommer ausheulte. Er sei ja bloß ein „Kollateralschaden, damit man seiner Frau schaden könne, wie er unserer Zeitung in einem exklusiven Gespräch sagt“. Dass ihm die Berliner Messe mit dem gut dotierten Beratungsauftrag einen Gefallen getan habe, sei „nicht nur weit hergeholt, sondern entbehrt jeder Grundlage“. Klar, Tagessätze rund um die 2.000 Euro sind für manche normal. Aber ist das glaubwürdig? Ja, sagt Spörl, denn die Messe war in großer Not. Sie stellte plötzlich fest, „dass sie im September 2022 ihren 200. Geburtstag feiern würde und nichts vorbereitet war“. Und Spörl brachte die brandheiße Idee mit, „eine Geschichte der Messe schreiben zu lassen, etwa als Coffee-Table-Book“. Aber wenn er „auch nur im Entferntesten geahnt hätte, dass dies alles so skandalisiert wird, hätte ich das alles natürlich nicht gemacht“.

Quelle        :          TAZ-online            >>>>>         weiterlesen

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DL – Tagesticker 30.12.2022

Erstellt von Redaktion am 30. Dezember 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) »Sahra Wagenknecht ist bestimmt keine Politikerin, die AfD-Positionen vertritt«  – . –  2.) Karl Lauterbach und das Grundgesetz  – . –  3.) Blindlings den Interessen der Konzerne intergeordnet – . –  4.) Ein Silvester-Feuerwerk pro Stadt, den Rest einfach verbieten  – : –  5.) Apartheid als Programm –  Neue Regierung in Israel vereidigt  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine gute Unterhaltung.

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Dort drüben aus dem Wald da komme ich her und bringe Euch eine neue Mär. Oder sollte auf eine solch stielvolle Art, eine Partei auf ihren Überlebenskampf gefestigt werden. Immerhin eine Aussage für noch eine Trennung auf die vorherige ? Die rechte Faust zum Gruß erhoben, ist ein Linkes Zeichen für den richtigen Gruß am  frühen Morgen.

Linken Chef Schirdewan hofft auf Einheit. Die Linke ist seit Jahren notorisch zerstritten – die Grabenkämpfe entzünden sich vor allem rund um Sahra Wagenknecht. Parteichef Schirdewan nahm die umstrittene Politikerin nun ausdrücklich in Schutz.

1.) »Sahra Wagenknecht ist bestimmt keine Politikerin, die AfD-Positionen vertritt«

Die Linke steckt seit Jahren in einem sich im Kreis drehenden innerparteilichen Richtungsstreit, zuletzt fuhr sie eine Wahlniederlage nach der anderen ein. Trotz all der Wahlschlappen sieht Linken Chef Martin Schirdewan nun auf gutem Wege – auch beim Dauerstreit mit der einstigen Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Seit dem Parteitag im Juni sei es gelungen, die Linke zu stabilisieren, sagte Schirdewan der Nachrichtenagentur dpa. »Wir brauchen keine Debatten darüber, ob es irgendwie eine Neugründung gibt«, fügte er mit Blick auf Erwägungen der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hinzu. Q-Das ist Quatsch, das will ich ganz ausdrücklich sagen.« Wagenknecht hatte die Parteispitze immer wieder kritisiert und eine Parteigründung nicht ausgeschlossen. Zugleich zieht sie mit abweichenden Positionen etwa zur Migration, dem Klimaschutz oder zum Ukraine-Krieg selbst intern Unmut auf sich – teilen der Partei wirft sie vor, nur noch »Lifestyle«-Politik zu betreiben. Ihr YouTube-Nachrichtenformat wird regelmäßig von AfD-Kreisen gelobt. Teile der Linkspartei werfen Wagenknecht daher vor, am rechten Rand nach Stimmen zu fischen.

Spiegel-online

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Mit gespenstig, schaurig – raunenden Pandemie Gespenstern öffnen sich schnell Türen und Fenster. Vielleicht sollte der Gesundheitskasper eine Eigen-Produktion für Medikamente starten? Seit wann kümmern sich die Politiker-innen um Gesetze, welche von ihren Experten geschrieben wurden? 

Corona-Maßnahmen und ein angespanntes Verhältnis. Die Pandemie ist vorbei, doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will Corona-Maßnahmen aufrechterhalten. Das ist klar verfassungswidrig. Dass es trotzdem so wenig Kritik daran gibt, hat mit den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre zu tun.

2.) Karl Lauterbach und das Grundgesetz

Auch in Deutschland setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Corona-Pandemie beendet ist. Experten sprechen jetzt vom endemischen Zustand. Das Coronavirus wird bleiben; es hat aber seinen Schrecken verloren. Was bedeutet das für die Corona-Schutzmaßnahmen, die immer noch bestehen?  Fragt man den Bundesgesundheitsminister, ist die Antwort klar. Zur Sicherheit sollten die Maßnahmen aufrecht erhalten bleiben. Der Bundeskanzler sieht das ähnlich. Immerhin: Der Justizminister widerspricht und plädiert für eine schnelle Aufhebung der letzten Restriktionen. Die Frage berührt die Grundlagen des deutschen Verfassungsstaats.  Verfassung und Freiheit. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive sind die aktuellen Schutzmaßnahmen Eingriffe in Grundrechte. Maskenpflicht und andere Regelungen berühren die Freiheiten, die vom Grundgesetz garantiert werden. Ist das zulässig? Aus der Sicht der Verfassung ist die Freiheit die Regel. Das ergibt sich auch aus dem Menschenbild, von dem das Grundgesetz ausgeht. Im Mittelpunkt des Grundgesetzes steht die Menschenwürde. Untrennbar damit verknüpft sind die grundlegenden Freiheiten, die die Verfassung kennt. Der Staat darf deshalb grundsätzlich nicht in die Freiheiten seiner Bürger eingreifen. Er muss sie – im Gegenteil – schützen und fördern.

Cicero-online

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Waren die Interessen ihrer Mitglieder nicht immer nur eine Form von Alibi Gerede der Gewerkschafts-Funktionäre,  für die sie Bezahlenden gewesen ? Ohne ihrer aktiven Unterstützung für die Hartz-4 Gesetzgebung, wäre eine solche Schweinerei durch Schröder,  unmöglich gewesen.   

Kotau vor den Konzernen. –  Die DGB-Chefin kritisiert das staatliche Boni-Verbot für subventionierte Unternehmen – ein verblüffendes Rollenverständnis einer Gewerkschaftschefin.

3.) Blindlings den Interessen der Konzerne intergeordnet

Der Staat tut viel für die deutsche Industrie. Der Energiepreisdeckel der Ampel wird Firmen und Konzerne vor explodierenden Preisen für Gas und Strom schützen. Dieser Doppel-Wumms wird für Staat und SteuerzahlerInnen ziemlich teuer. Die Ampel plant für nächstes Jahr 49 Milliarden Euro ein, damit der Wirtschaft weiter billige Energie zur Verfügung steht. Das sieht man in der EU genauso skeptisch wie den ewigen bundesdeutschen Exportüberschuss, der mit dieser Subvention für Chemie- und Metallindustrie wohl auch gerettet wird. Die Ampel fördert die Industrie mit der Gießkanne. Dafür hat sie sich immerhin zu zwei Auflagen durchgerungen. Firmen, die mindestens 25 Millionen Euro Staatsgeld bekommen, dürfen an Manager nur bereits vereinbarte Boni ausschütten – und wer 50 Millionen Euro und mehr bekommt, darf keine Dividenden an Aktionäre zahlen. Beides sei Ausfluss einer „kapitalismuskritischen Grundsatzdebatte“, die „effektives Handeln in der Realität“ verhindere. Vom Staat subventionierte Unternehmen müssten ihren Aktionären weiter Dividenden zahlen können. Die Ampel habe „die normalen Mechanismen der Marktwirtschaft“ nicht begriffen. Jetzt drohe die Deindus­trialisierung Deutschlands.

TAZ-online

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Wird dieses Land einmal mehr, nur Dank ausgesprochener Verbote und ganz ohne jeglichen, politischen Verstand überleben ? Da so gar kein Hirn von Oben auf die leeren Köpfe der „Möchte alles Können“ Politiker-innen hinunterregnet sollten die Bürger-innen besser ihre Hoffnungen auf den da Oben aufgeben. Hier kann nur Eigenhilfe noch Wirkung erzeugen. 

Raketen, Feuer und Lärm, um die bösen Geister zu vertreiben? Bitte nicht. Hierzulande leben genug Menschen, die gerade vor der tödlichen Version von Feuerwerk geflohen sind.

4.) Ein Silvester-Feuerwerk pro Stadt, den Rest einfach verbieten

Wer liebt sie nicht, diese Momente der Besinnlichkeit? Ein Jahr neigt sich dem Ende zu, ein neues steht bevor, und halb Deutschland folgt dem seit Jahrzehnten vorgegebenen Ablauf, kurz zusammengefasst: sich zuballern und dann reinböllern. An dieser Stelle muss kurz ein Missverständnis ausgeräumt werden, dem alle unterliegen könnten, die mal die Autobahn 61 benutzt haben: „Rheinböllen“ klingt zwar verdächtig ähnlich wie „reinböllern“, aber das Städtchen an der gleichnamigen Ausfahrt zum idyllischen Hunsrück-Flughafen Hahn, wo niemand fliegt, hat mit der Knallerei nichts zu tun. Nein, liebe Rheinböllerinnen und -böller, wir haben nachgeschaut und können bestätigen: Das „-böllen“ im Städtenamen geht auf irgendetwas mit Hügeln zurück und nicht auf das besinnungslose Abballern von Feuerwerkskörpern im Wert von etwa 130 Millionen Euro, das Deutschland sich auch an diesem Silvester wieder leisten wird. Knallen, Zischen, Pfeifen: Mal im Ernst: In diesem Land lebt eine erkleckliche Anzahl von Menschen, die gerade vor der tödlichen Version von Feuerwerk geflohen sind. Und nebenbei bemerkt: Das war auch schon vor Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine so. Auch wenn wir uns durch die Kriege in Syrien, im Jemen, in Äthiopien oder wo auch immer auf geradezu zynische Weise unberührt zeigten, hatten es ja auch aus diesen Regionen Menschen geschafft, die abgeschotteten Grenzen Europas zu überwinden. Wie musste, wie muss es sich anfühlen für sie, egal woher sie kommen: dieses Knallen und Zischen und Pfeifen, das ihnen zu Hause nichts anderes ankündigen würde als den nahen Tod?

Freitag-online

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Nur die Deutschen Politiker-innen Trolle der Republikaner und Sozialisten Parteien Clans halten an ihrer „Nazi“-onalen Staatsräson fest ! Fahne , Hymne und Adler unter der Kuppel eines Reichstages reichen aus, die Schande des Holocaust im eigenen Volk in die Vergessenheit abschieben zu können.  Dieses alles in einer Bundesrepublik!

In Jerusalem wurde am Donnerstag die neue israelische Regierung unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vereidigt. Neben dessen schon sehr weit rechts stehender Likud-Partei gehören der Koalition fünf teils offen faschistische und religiös-fundamentalistische Parteien an.

5.) Apartheid als Programm –  Neue Regierung in Israel vereidigt

Vor der Knesset erklärte Netanjahu die Beendigung des Konflikts zwischen Israel und den Arabern zur obersten Priorität. Gemeint ist die weitere Normalisierung der Beziehungen zu arabischen Staaten, um Teheran zu isolieren. Mit den Palästinensern dagegen wird keine Lösung angestrebt. So hatte Netanjahu bereits am Mittwoch die in den Koalitionsverhandlungen vereinbarten Grundlinien seiner »Nationalregierung« bekanntgegeben: »Das jüdische Volk hat ein exklusives und unbestreitbares Recht auf alle Teile des Landes Israel. Diese Regierung wird die Besiedlung in allen Teilen des Landes Israel, in Galiläa, der Negev, auf dem Golan, in Judäa und Samaria fördern und entwickeln.« In Galiläa im Norden Israels lebt ein Großteil der Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit. Diese sind bereits heute Bürger zweiter Klasse des »jüdischen Staates«. In der Negev-Wüste sind die Beduinen seit Jahrzehnten mit Verdrängung konfrontiert, während jüdische Einwanderer etwa aus der ehemaligen Sowjetunion und Äthiopien gezielt dort angesiedelt wurden. Die Golanhöhen sind syrisches Territorium, sie wurden 1967 von Israel besetzt und 1981 annektiert. Und Judäa und Samaria ist die israelische Bezeichnung für das besetzte und von völkerrechtlich illegalen Siedlungen überzogene Westjordanland. Nur Gaza fehlt in dieser Vision von Großisrael – den faktischen Status des schmalen Landstreifens als dichtbesiedeltes Freiluftgefängnis für Palästinenser will die neue Rechtsregierung nicht antasten.

junge. Welt-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tun haben.  Danke !

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