DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Archiv für Dezember 11th, 2022

Irgendwas mit Internet:

Erstellt von DL-Redaktion am 11. Dezember 2022

Der Digitalgipfel als verschenkte Chance – wieder einmal

Ein Gespräch zwischen einen Wissenden und nichts wissen wollenden Politiker ?

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Eine Kolumne von 

Der Digitalgipfel ist nicht mehr zeitgemäß. Wirtschaftliche Vertreter:innen dominieren auf den Bühnen, zivilgesellschaftliche Vertreter:innen dürfen hingegen nur am Katzentisch im Publikum Platz nehmen. Das zeigt leider, dass die Bundesregierung die Gestaltung der Digitalisierung noch immer vor allem als Wirtschafts- und nicht als Gesellschaftspolitik versteht.

Seit 2006 findet jährlich der Digitalgipfel statt. Die zentrale Veranstaltung der Bundesregierung zum Thema Digitalisierung will eine Messlatte dafür sein, welchen Stellenwert gesellschaftliche Fragestellungen der Digitalisierung gerade erfahren.

16 Jahren lang regierte die CDU/CSU mit ihrem Fokus allein auf wirtschaftliche Aspekte der Digitalisierung. Die Union verstand das Internet in dieser Zeit vor allem als eine Infrastruktur, die viele Chancen für eine umfassende Überwachung bot.

Vor einem Jahr machte der Ampel-Koalitionsvertrag große Hoffnung auf eine Wende. Der Text enthält viele Forderungen einer engagierten digitalen Zivilgesellschaft, für viele stand der Vertrag daher für das Versprechen, dass nun alles anders, alles besser würde.

Im Koalitionsvertrag suggerierte die neue Bundesregierung, dass sie endlich begriffen hat, dass Netzpolitik nicht nur Wirtschafts-, sondern vor allem Gesellschaftspolitik ist. Ein Jahr später macht sich jedoch große Ernüchterung breit, die Realität bildet diese Hoffnung leider noch nicht ab. Und dieser erste Digitalgipfel der aktuellen Ampel-Koalition zeigt das recht anschaulich anhand der gesetzten Themen und am Beispiel der Repräsentanz.

Show-Cases vor meist leeren Rängen

Auf der Webseite zum Gipfel finden sich blumige Worte: „Digitalisierung betrifft uns alle Unternehmen wie Bürgerinnen und Bürger, Wissenschaft wie Gesellschaft. Der Digital-Gipfel ist eine Plattform der Bundesregierung zur gemeinsamen Gestaltung eines zukunftsfähigen Rahmens für den digitalen Wandel.“

Und natürlich soll alles anders werden: „In der neuen Legislatur sollen ihn neue Formate, konkrete Ergebnisse und internationale Impulse zum Impulsgeber, Treiber und Schaufenster der Digitalisierung in Deutschland und darüber hinaus machen.“ So weit, so gut.

Vor Ort zeigt sich ein anderes Bild. Am ersten Tag präsentieren auf den zwei Bühnen vor allem wirtschaftliche Vertreter:innen vor meist leeren Rängen ihre jeweiligen „Show-Cases“. Es geht um die eigenen Geschäftsmodelle, das inhaltliche Niveau liegt dabei auf Einsteigerlevel einer Verkaufsshow auf einer regionalen IT-Messe, viele Reden bestehen aus einer Aneinanderreihung von Buzz-Wörtern. Würde eine Künstliche Intelligenz die Vorträge schreiben und vorlesen, man würde meistens keinen Unterschied bemerken.

Die Zivilgesellschaft darf zusehen

Im Programm fehlen zivilgesellschaftliche Stimmen und ihre gemeinwohlorientierten Perspektiven. Also die Perspektiven von Bürger:innen und der Gesellschaft, die im Ankündigungstext versprochen werden. Es zeigt sich dasselbe Bild wie seit 2006.

Nachdem wir vor drei Wochen hier auf fehlende Repräsentanz zivilgesellschaftlicher Stimmen hinwiesen, passierte etwas: Viele zivilgesellschaftliche Akteure waren verwundert, dass sie plötzlich Einladungen aus dem Wirtschafts- und dem Digitalministerium erhielten. Dabei ging es nicht darum, dass sie auf den Bühnen mitdiskutieren. Stattdessen dürfen sie nur als Besucher:innen zuschauen, wie „digitalpolitische Herausforderungen sowie Lösungsansätze“ von Vertreter:innen der Politik und Lobbyist: innen aus der Wirtschaft diskutiert werden.

All das zeigt: Dieser Digitalgipfel ist nicht mehr zeitgemäß und sollte nicht weitergeführt werden. Und er ist eine verschenkte Chance, eine Debatte darüber führen zu wollen, wie die die digitale Gesellschaft gemeinsam und zukunftsfähig gestaltet werden kann.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —     re:publica 2022: von links: Markus Beckedahl (Co-Founder re:publica und Gründer von netzpolitik.org) und Volker Wissing (Bundesminister für Digitales und Verkehr) bei der Session ‚Das Momentum nutzen!‘

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Kolumne – Ethikrat

Erstellt von DL-Redaktion am 11. Dezember 2022

Westfälische Totleger und die Frage nach der Hackordnung

Eine Kolumne von Friederike Gräff

Als ich vor ein paar Tagen am frühen Morgen von einer Party nach Hause radelte, hörte ich lautes Hämmern in dem kleinen Park neben unserem Haus. Als ich näher kam, sah ich den Ethikrat, umgeben von Brettern und einer Handvoll aufgeplusterter Hühner. Der Ethikrat, das sind drei ältere Herren von geringer Größe, die mir gelegentlich Hinweise in Fragen praktischer Ethik geben.

„Guten Tag“, sagte ich, „werden Sie Selbstversorger, also zumindest im Eibereich?“. „Zuallererst sind wir Wissenschaftler, Frau Gräff“, sagte der Ratsvorsitzende missbilligend. „Die Hühner sind Teil unserer Forschung zum Aufbau sozialer Hierarchien“. „Natürlich“, sagte ich. Ich hatte auf der Party zu viel getrunken, und da ich zunehmend weniger vertrage und vollständig aus der Übung bin, waren die Folgen unangenehm.

Ich versuchte, unauffällig Halt an einem Baum zu finden und betrachtete die beiden anderen Ratsmitglieder, die Maschendraht für einen Hühnerstall aufspannten. Der Ratsvorsitzende betrachtete mich: „Fühlen Sie sich nicht wohl?“. „Doch“, log ich. Bevor ich die Party verließ, hatte ich noch ein paar Minuten auf einem Stuhl gewartet, bis ich das Gefühl hatte, den Raum einigermaßen gerade verlassen zu können. Es war ohnehin niemand mehr in dem Zustand, das zu würdigen, aber es schien mir trotzdem wünschenswert.

„Warum ist das Konzept von Würde so oft an die Kontrolle über den eigenen Körper geknüpft?“, fragte ich den Ratsvorsitzenden. „Ist es das?“, fragte er mit jener Ausdruckslosigkeit, die möglicherweise Teil der sokratischen Gesprächsführung, möglicherweise aber auch Ausdruck großes Desinteresses war. „Vielleicht lässt sich das nicht halten, aber ist es nicht zumindest so, dass der Respekt vor körperlicher Leistung größer ist als der vor geistiger?“, sagte ich. „Einfach, weil nahezu jeder und jede sehen kann, dass Roger Federer sehr sehr gut Tennis spielt, weil man die Schönheit seines Spiels eher erkennt als die beim Beweis der Poincaré-Vermutung“. Ich war stolz, den Namen Poincaré gerade herausgebracht zu haben, auch eine körperliche Leistung, aber der Ethikrat vorsitzende reagierte nicht darauf.

Der westfälischer Totenleger ist eine vom aussterben bedrohte Hühnerrasse.

„Es handelt sich hier um westfälische Totenleger“, damit wies er auf die braun-schwarz getüpfelten Hühner, die auf ihren dürren großen Füßen durch das Gras staksten. Eines näherte sich ihm, der Vorsitzende ergriff es und setzte es auf seinen Schoß. „Sehen Sie den Rosenkamm?“, fragte er beifällig. Ich sah etwas, das einer verschrumpelten roten Nikolausmütze glich, aber der Vorsitzende achtete ohnehin nicht auf mich. „Wir prüfen, ob durch gezielte Intervention die Etablierung einer hierarchischen Ordnung verhindert werden kann“, sagte er und wies auf eine Wasserpistole neben sich.

Quelle        :          TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben       —          Die Illustration zeigt zwei Bildrahmen: 1) Einen übergewichtigen Mann, der allein unter der ihn verbrennenden Sonne in einer wüsten Landschaft zwischen Tierknochen und ohne lebende Tiere oder Pflanzen sitzt 2) Ein Paradies mit vielen verschiedenen Tieren und Pflanzen, die in Harmonie mit Menschen leben Die Illustration wurde für eine Ausgabe eines Vegan-Magazins in Österreich gemacht, aber nicht verwendet. Sie zeigt die Probleme, die durch Tierausbeutung verursacht werden. Ergänzend steht am Bild: „Sie habend die Wahl … noch.“

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Unten          —   Der westfälischer Totleger ist eine vom aussterben bedrohte Hühnerrasse.

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DL – Tagesticker 11.12.2022

Erstellt von DL-Redaktion am 11. Dezember 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Leseauswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Nächstes Jahr wird Lauterbach den bundesweiten Warnton pfeifen  – . –  2.) „Die Russen kommen hierher, um zu töten und zu vergewaltigen“  – . –  3.) Buch über NS-Elite nach 1945  – . –  4.) Warum Deutschland bei der WM wirklich ausgeschieden ist  – . –  5.) Steuergerechtigkeit – Es geht auch anders   – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine gute Unterhaltung.

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Das Gespinst im eigenen Haus erspart einer-n Jeden, den Glauben an das ewige Leben ? Wann beginnt Karlchen mit seinen Fußwaschungen im Kölner Dom ? Kommt der Ton über seine Lippen -oder pfeift der aus seinen Rippen? 

In dieser Woche hat die Ampel-Koalition ihren einjährigen Geburtstag gefeiert. Nur Gesundheitsminister Lauterbach gibt dem Bürger noch das gute Gefühl, sich in diesen wirren Zeiten wenigstens auf irgendwas verlassen zu können. Besonders originell: Sein Vorschlag für die Kinderkliniken.

1.) Nächstes Jahr wird Lauterbach den bundesweiten Warnton pfeifen

Seit einiger Zeit geistert der Begriff „Quiet Quitting“ durch die sozialen Netzwerke. Dahinter verbirgt sich das Phänomen der massenhaften „klammheimlichen Kündigung“ von Leuten, die während Corona im Hygge-Home-Office bemerkt haben, dass sie ihren Job hassen. „Quiet Quitter“ ziehen dann in die innere Emigration und machen Dienst nach Vorschrift. Ob das bereits praktische Kapitalismuskritik ist, bleibt vorerst offen. Es gibt allerdings auch „Loud Quitter“, die auf die Benimmregel pfeifen, nach der man die Tür, durch die man hinausgeht, nicht mit dem Hintern schließen sollte. Stattdessen knallen sie die Tür möglichst laut zu und erzählen überall, was für ein Saftladen die Klitsche war, bei der sie unter Vertrag standen. Nur in Ausnahmefällen bekommt man zur Distribution solcher Tiraden jedoch eine eigene sechsteilige Netflix-Serie wie Harry Windsor und Meghan Markle. Die beiden sind die lautesten Quitter seit Erfindung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Am Donnerstag begann Netflix mit der Ausstrahlung einer Serie in der die beiden Maximalprivilegierten sechs Folgen lang in royaler Larmoyanz baden. Meghan Markle, die stets nah am Abwasser gebaut hat, fragt, ob es nicht endlich mal an der Zeit wäre, „ihre Seite der Geschichte zu hören“. Das würde man notfalls bejahen, wenn man diese Seite der Geschichte nicht längst in- und auswendig kennen würde. Harry enthüllt die Sensation, dass es in seiner königlichen Familie tatsächlich eine „Hierarchie“ gibt. Dafür, dass der Mann immer noch auf Platz fünf der Thronfolgerliste einer 1000 Jahre alten Monarchie geparkt wird, die auf diesem Prinzip beruht, ist das allerdings eine relativ späte Erkenntnis.

Welt-online

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Krieg ist niemals in der Weltgeschichte anders gewesen. Ganz ob dieser nun von Putin, USA oder Deutschland begonnen wurde. Immer war es die wohl grausamste Version des politischen Versagens. So sei einmal mehr an das Zitat von Carl August Sandburg erinnert : – „ Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.“ Erst wenn der Stuhl von Biden  heilig gesprochen worden ist, kann der Krieg beendet werden?

Vatikan dürfe nicht neutral sein. – Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba geht mit der Diplomatie des Heiligen Stuhls in Gericht. Der Vatikan dürfe sich angesichts des Krieges nicht neutral zeigen, denn: „Die Russen kommen hierher, um zu töten und zu vergewaltigen.“

2.) „Die Russen kommen hierher, um zu töten und zu vergewaltigen“

RP-online

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Von solcherart Erfahrungen werden wohl viele der im den Anfang der 50-ger Jahre Eingeschulten zu berichten wissen, als die Soldaten aus einen verloren Krieg, aus der Gefangenschaft zurück ins Reich geholt wurden und ihre Erfahrungen  den Schülern eingeprügelt wurden. Mit leeren Köpfen sind sie losgezogen und auch wieder zurückgekommen, wenn sie denn Glück hatten. Aus Erfahrungen leider nichts gelernt! So auch die Politiker-innen, welche uns Diese – es immer wieder zeigen. 

Die Judenhasser. – Eine Biografie über den Auschwitz-Überlebenden Philipp Auerbach dokumentiert den deutschen Antisemitismus nach 1945.

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