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Archiv für September 22nd, 2022

Deutsche Irrtümer ??

Erstellt von Redaktion am 22. September 2022

Debatte um Panzerlieferungen nach Kiew

Datei:Waffen für die Ukraine. Demo in Düsseldorf, 14. Mai 2022.jpg

Ein Debattenbeitrag von Stefan Reinecke

Die deutsche Debatte um Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine wird mit vielen Emotionen geführt. Doch es fehlt strategischer Weitblick.

Die deutsche Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern ist von Irrtümern geprägt. Der Spiegel behauptet, dass „deutsche Waffenlieferungen zentral für einen Sieg Kiews über das mächtige Russland“ sein können. Das stimmt nicht: In der ersten Jahreshälfte haben die USA Waffen und Unterstützung im Wert von 24 Milliarden Euro an Kiew geliefert – dreimal so viel wie alle europäischen Länder zusammen. Nur die USA können so schnell so viele Waffen und Geld mobilisieren. Wie lange die Ukraine diesen Verteidigungskrieg weiterführen kann, wird in Washington entschieden, nicht in Berlin, Warschau oder London. Doch wenn man der Union, manchen Grünen und FDPlern zuhört, scheint der militärische Erfolg der Ukraine von deutschen Kampfpanzern abzuhängen. Das ist entweder Dramatisierungsrhetorik, Selbstüberschätzung oder Ahnungslosigkeit.

Der zweite Irrtum lautet, dass Deutschland Kiew zu wenig unterstützt. Ein FDP-Politiker hat die deutsche Hilfe lächerlich genannt. Die Regierung werfe „Schiffbrüchigen Schwimmärmchen zu“. Viele Leitmedien schreiben seit Monaten das Gleiche. Dabei hat Berlin für 730 Millionen Euro Waffen geliefert: 24 Flakpanzer Gepard, 54 gepanzerte Truppentransporter, 14.900 Panzerabwehrminen, 100.000 Handgranaten, Antidrohnenkanonen, Mehrfachraketenwerfer und vieles mehr. Wer das für Schwimmärmchen hält, muss von sehr vielen, sehr schweren Waffen träumen.

Scholz hat die politischen Koordinaten in Deutschland entschieden in Richtung Militär verschoben

Ein weiterer Irrtum lautet: Der Kanzler steht immer nur auf der Bremse. Die Union fordert am Donnerstag im Bundestag die „Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und Transportpanzern“ zu genehmigen und will so Scholz mal wieder als Zauderer überführen. Dabei hat der Kanzler die politischen Koordinaten so entschieden Richtung Militär verschoben wie zuvor nur Schröder und Fischer mit dem Einsatz der Bundeswehr in Kosovo und Afghanistan.

Die Ampel rüstet mit 100 Milliarden die Bundeswehr auf. Deutschland liefert, bislang undenkbar, massiv Waffen in ein Kriegsgebiet. In zwei Jahren sollen 15.000 BundeswehrsoldatInnen im Baltikum als Teil der Schnellen Eingreiftruppe der Nato rasch vor Ort sein. Inklusive 65 Kampfjets, Kriegsschiffe und KSK, um im Falle eines Falles russisches Militär zu bekämpfen. Faktisch wird Deutschland damit zur militärischen Schutzmacht für die baltischen Länder, die Putin zum russischen Einflussbereich zählt. In der deutschen Öffentlichkeit ist all das noch nicht angekommen.

Panzerdebatte als Chiffre

Scholz erklärt oft zu spät, was er tut – folgt aber eher strategischen Überlegungen als moralischen Impulsen. Deutschland liefert effektive Waffen, die aber eher hinter der Front eingesetzt werden. Eroberte deutsche Kampfpanzer wären ein gefundenes Fressen für die russische Propaganda, die den Überfall auf die Ukraine perfide als Zweiten Weltkrieg reinszeniert. Ist es also „beschämend“, so der Tenor deutscher Medien, nicht als Erste Hurra zu rufen und Kampfpanzer zu liefern? Briten, Franzosen und die US-Regierung zögern übrigens auch.

Die Panzerdebatte ist nur als Chiffre zu begreifen. Es geht dabei um etwas, das Deutsche wesentlich besser beherrschen als Militärtaktik oder Geopolitik – moralisch überhöhte Selbstverständigung. Das kernige Ja zu Panzerlieferungen gilt als ethisch nobel, ein Nein als verdächtige Bedenkenträgerei. In den 1980er und 90er Jahren reklamierte die Friedensbewegung die Moral für sich. Nun hat das Gefühl, auf der Seite des Guten zu stehen, die Seiten gewechselt: von Schwerter zu Pflugscharen zu Waffenexporten sofort. Die meisten Deutschen sind laut einer Umfrage gegen Panzer für Kiew. Dafür sind nur Anhängerinnen der Grünen.

Gepard 1a2 im Überblick.jpg

Verwunderlich ist auch, dass hierzulande schon leise Hinweise auf Atomwaffendrohungen aus Moskau als Hasenfüßigkeit gelten. Keine Angst, die bellen nur. Und wenn nicht? Putin hat neben der Teilmobilisierung und Annexion besetzter Gebiete abermals mit Atomschlägen gedroht. Ein Zeichen von Schwäche, ja, aber gerade deshalb beunruhigend. US-Präsident Biden, der an Putin appellierte „Tun Sie es nicht!“, nimmt eine mögliche atomare Eskalation ernster als deutsche Leitmedien. Statt German Angst nun German Ignoranz – eine sonderbare Umkehr der 80er Jahre, als die USA Pershings stationierten und viele Deutsche den „atomaren Holocaust“ fürchteten.

Die diskursive Anordnung „Fast alle gegen den Bremser Scholz“ führt zu einer verzerrten Wahrnehmung. Verteidigungsministerin Lambrecht will die Richtlinien für Rüstungsexporte lockern. SPD-Chef Klingbeil schwärmt von der Führungsrolle Deutschlands in Europa. Kritik? Kaum.

Quelle        :          TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —        Waffen für die Ukraine. Demonstration in Düsseldorf, 14. Mai 2022.

Verfasser Kürschner (Diskussion) 15:24, 14. Mai 2022 (UTC)    /      Quelle   :    selbst

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Unten      —       Flugabwehrpanzer Gepard 1A2

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Strafe muss sein

Erstellt von Redaktion am 22. September 2022

Hartz IV heißt bald Bürgergeld

File:Grundeinkommen statt Existenzangst BGE Berlin 2013.jpg

Von Minh Schredle

Mit hanebüchenen Behauptungen über Hartz IV hetzen Medien wie die „Bild“-Zeitung die Armen gegen die Ärmsten auf. Auch das neue Bürgergeld ändert nichts daran, dass Erwerbslose einem zynischen Disziplinierungs- und Zwangssystem ausgesetzt bleiben, das schikaniert statt zu helfen.

Arbeitsethos und Armutsverachtung haben hierzulande eine lange Tradition. Ein mustergültiges Exempel findet sich in den „Reden an die deutsche Nation“. In dem 1808 erschienenen Werk belehrt der Philosoph und Erzieher Johann Gottlieb Fichte: „Man erkundige sich nur näher nach den Personen, die durch ehrloses Betragen sich auszeichnen! Immer wird man finden, dass sie nicht arbeiten gelernt haben oder die Arbeit scheuen.“ Bei anderer Gelegenheit formulierte Fichte die Blaupause für einen neoliberalen Glaubenssatz. „Jeder muss von seiner Arbeit leben können, heißt der aufgestellte Grundsatz. Das Lebenkönnen ist sonach durch die Arbeit bedingt, und es gibt kein solches Recht, wo die Bedingung nicht erfüllt worden.“ In geistiger Kontinuität dazu verteidigte der ehemalige Bundesarbeits- und -sozialminister Franz Müntefering (SPD) die Hartz-IV-Reformen 2006 gegen interne Kritik seiner Partei auf einer Fraktionssitzung: „Wer arbeitet, soll etwas zu essen haben, wer nicht arbeitet, braucht nichts zu essen.“

Dass die Drohung durchaus ernst gemeint war, zeigte die Sanktionspraxis gegen Erwerbslose, durch die existenzsichernde Regelsätze für Hartz-IV-Bezieher:innen 14 Jahre lang auf Null gekürzt werden konnten – ehe das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 5. November 2021 feststellte, dass sich ein solches Vorgehen nicht mit dem Grundgesetz vereinen lässt.

Zwar billigten die Richter:innen in Karlsruhe, dass der Gesetzgeber „erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen“ könne. Bei Kürzungen „existenzsichernder Leistungen, fehlen der bedürftigen Person allerdings Mittel, die sie benötigt, um die Bedarfe zu decken, die ihr eine menschenwürdige Existenz ermöglichen“. Unverhältnismäßig erschienen dem Gericht daher Sanktionen, die den als Grundsicherung konzipierten Regelsatz um mehr als 30 Prozent reduzierten. Zudem bemängelten die Richter:innen, dass zum Zeitpunkt des Urteils keine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit der Sanktionspraxis vorlag.

Sanktionen wirken – aber nicht wie beabsichtigt

Auch ohne wissenschaftlich gestützte Erkenntnisse war das Bundesverfassungsgericht allerdings überzeugt: Eine „Leistungsminderung in Höhe von 30 % des Regelbedarfs ist im Ergebnis eine generelle Eignung zur Erreichung ihres Zieles, durch Mitwirkung die Hilfebedürftigkeit zu überwinden, nicht abzusprechen“, da sich der Gesetzgeber auf die plausible Annahme „einer abschreckenden ex ante-Wirkung“ (also Vorab-Wirkung) stützen könne. Doch nicht immer ist das Bauchgefühl berechtigt. So wurde am 12. September dieses Jahres die erste und bislang einzige Studie zum Effekt der Hartz-IV-Kürzungen präsentiert. „Sanktionen haben eine Wirkung“, kommentiert Helena Steinhaus das Ergebnis, „aber nicht die beabsichtigte.“

Der Verein Sanktionsfrei, dem die Sozialaktivistin Steinhaus vorsitzt, hat das Berliner Institut für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung mit der Untersuchung „HartzPlus“ beauftragt. Über den Zeitraum von drei Jahren, von Februar 2019 bis Februar 2022, wurden die 585 an der Studie teilnehmenden Hartz-IV-Bezieher:innen in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine bekam zugesagt, bei allen Sanktionen einen bedingungslosen finanziellen Ausgleich aus der Vereinskasse von Sanktionsfrei zu erhalten; die andere erhielt keinerlei Kompensation. Im Ergebnis sei laut Steinhaus festzustellen, dass Sanktionen „keinen positiven Effekt auf die Kooperationsbereitschaft“ hätten, dass sie nicht dabei helfen würden, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, sondern „im Gegenteil: Die stärkste Wirkung, die von Sanktionen ausgeht, ist Einschüchterung und Stigmatisierung“. Allein die Androhung, das Existenzminimum zu kürzen, „verstärkt bei den Betroffenen ein Gefühl von Ausweglosigkeit und Isolation und kann auch Krankheiten verursachen“.

Eine anonymisierte Person, die an der Studie teilgenommen hat, schildert ihre Erlebnisse: „Mir geht es nicht gut mit dem Druck, der vom Jobcenter ausgeübt wird, mit den Drohungen, die da auch teilweise kommen, mir geht es mit alledem überhaupt nicht gut. Und, ich versuche das mit psychotherapeutischer Hilfe aufzufangen.“ Zwar gibt es auch Hartz-IV-Bezieher:innen, die die Arbeit der Job-Center als Hilfe empfinden. Allerdings berichten die befragten Personen laut Studie „häufiger über einschränkende als über unterstützende Erfahrungen“ und dass sie sich der Behörde „in hohem Maße ausgeliefert“ fühlen würden. Die Untersuchung gelangt zu dem Schluss: „Das psychosoziale Wohlbefinden wird durch das System ‚Hartz IV‘ beeinträchtigt und das ganz unabhängig davon, ob Sanktionen erfolgen oder diese finanziell ausgeglichen werden.“

„Tiefschwarze Rohrstockpädagogik“

Vor dem Hintergrund von Sanktionen, die ihr Ziel einer Wiedereingliederung in die Arbeitswelt verfehlen, erscheint der Umgang mit Erwerbslosen in der Bundesrepublik weniger als Unterstützung denn als Schikane. Kürzungen des Existenzminimums bezeichnet Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, als „tiefschwarze Rohrstockpädagogik“, die abgeschafft gehöre. Der Soziallobbyist hatte vor dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung zum Bürgergeld betont, es gehe „ganz grundsätzlich um die Frage, wie geht diese Gesellschaft, dieser ungeheuer reiche Staat, mit seinen Ärmsten um“. Und dabei müsse klar sein: „Wenn die Bundesregierung jetzt beim Label Bürgergeld zu kurz springt, werden für viele Jahre alle Chancen vertan sein, zu einer echten Reform zu kommen.“

Quelle         :        KONTEXT-Wochenzeitung-online        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —      Mehr als 2.000 Teilnehmer demonstrieren für ein Bedingungsloses Grundeinkommen auf der BGE-Demonstration am 14. September 2013 in Berlin

Basic Income Demonstration in Berlin

Author stanjourdan from Paris, France
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Unten       —   Das neue Verhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer (1896)

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Klimawende jetzt sofort !

Erstellt von Redaktion am 22. September 2022

Eine Intervention zum Klimastreik am 23.09.2022

Quelle        :      Scharf   —   Links

Von Jürgen Tallig

Energiekrise und Klimakrise erfordern eine radikale sozial-ökologische Transformation.

Erst die Energiekrise hat den Herausforderungen der Klimakrise wirklichen Nachdruck verliehen und z.B. das Thema Energiesparen ernsthaft in den gesellschaftlichen Focus gerückt. Seit 30 Jahren wissen wir, dass wir uns in einer Klimakrise befinden, die außer Kontrolle zu geraten droht und dass wir weit über unsere natürlichen Verhältnisse leben. Das hinderte allerdings die westlichen Industrieländer nicht, ihre Klima- und naturzerstörende Wirtschafts- und Lebensweise weiter zu globalisieren. Seit 1990 haben sich der weltweite Energieverbrauch und das globale Bruttoinlandsprodukt mehr als verdreifacht und die Zahl der Autos hat sich auf etwa eine Milliarde verdoppelt. Es wurde und wird sehr viel Geld damit verdient, nicht zu sparen und weiter zu wachsen. Unsere imperiale Wirtschafts- und Lebensweise beruht auf billiger Energie, billigen Rohstoffen und billiger Mobilität,- also auf Natur- und klimazerstörender Verschwendung. Sie überschreitet längst wesentliche planetare Grenzen und gefährdet das Überleben der Menschheit. Und plötzlich herrscht nun allgemeine Weltuntergangsstimmung,- aber nicht wegen der drohenden Klimakatastrophe, sondern aus Sorge um die Konjunktur,- weil die Energieversorgung angeblich „in die Knie“ zu gehen droht, wo doch nur die Weltmarktpreise für Energie, wie vielfach prophezeit und gefordert, gestiegen sind. Nun sollen also 15 % beim Gasverbrauch, im Rahmen des EU-Energie- Notfallplans eingespart werden.

Hätten die EU und Deutschland die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens ernst genommen, dann hätten sie längst weit mehr Energie einsparen können und müssen. Die EU hat bereits vor zwei Jahren den Klimanotstand ausgerufen, was allerdings keine Notfallmaßnahmen und Einsparungen zur Folge hatte. Dabei wären entschlossene Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe längst dringend notwendig gewesen, wie die diesjährige Hitze und Dürre, mit ihren verheerenden Rekordwaldbränden und die europaweite Wasserkrise erneut gezeigt haben. Wir sind mit unserem ökologischen Imperialismus die Mitverursacher weltweiter Verheerungen, wie z.B. der Jahrhundertflut in Pakistan, die 33 Millionen Menschen die Existenzgrundlagen raubte und sie Krankheit und Tod aussetzt, obwohl sie kaum Emissionen verursacht haben.

Alarmstufe Rot oder „The Final Countdown“

“Code Red” – „Alarmstufe Rot“, so beschreibt der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten, nunmehr schon sechsten Sachstandsbericht die Situation. Hier eine Passage aus der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger:

„Etwa 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben unter besonders klimawandelanfälligen Bedingungen. Ein großer Teil aller Spezies ist anfällig für den Klimawandel und die Anfälligkeit des Menschen und von Ökosystemen sind wechselseitig verbunden. Die gegenwärtig vorangetriebenen nicht nachhaltigen Entwicklungsmuster setzen sowohl Ökosysteme als auch den Menschen zunehmend den Gefahren des Klimawandels aus.“

Der bekannte Klimawissenschaftler Mojib Latif hat in diesem Kontext 2022 ein neues Buch veröffentlicht: „COUNTDOWN. Unsere Zeit läuft ab- was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können“, das im Folgenden mit einigen markanten Aussagen zitiert werden soll.

Prof. Latif sieht die Menschheit am Abgrund und sich selbst zwischen Hoffnung und apokalyptischen Befürchtungen. „Wir scheinen die Dramatik des Klimawandels immer noch nicht zu erkennen.“

Die spekulativen Annahmen, auf denen die derzeitige hinhaltende „Klimapolitik“ beruht, werden durch zahlreiche Aussagen des Buches grundlegend in Frage gestellt. Die Abschnitte zu drohenden Kipppunkten, schwindenden CO?-Senken, zu den „schöngerechneten“ CO?-Budgets und zu den Spekulationen über „CO?-Rückholung“ im großen Stil verdeutlichen, wie willkürlich wissenschaftliche Tatsachen an wirtschaftliche Interessen angepasst werden. Es wird auch deutlich gesagt, dass Deutschland sein Restbudget an CO? bei gleichbleibenden Emissionen bereits in 10 Jahren ausgeschöpft haben wird. Eine Tatsache, die bislang bei allen klimapolitischen Debatten und Planungen einfach ignoriert wird.

Wachstumspolitik im Klimanotstand

Tatsache ist, wir befinden uns seit Jahren in einer Klima- und Wasserkrise und haben offensichtlich die atmosphärische Zirkulation grundlegend verändert, wie das absonderliche Jo-Jo-Wetter zeigt.

Wir sind ungebremst weiter in Richtung Klimakatastrophe unterwegs. Laut einer aktuellen Studie der Weltmeteorologieorganisation WMO, könnte eine Erderwärmung von 1,5 Grad bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre erreicht sein und damit eine eskalierende Klimakettenreaktion drohen.

Doch auch die neue Bundesregierung hielt es bisher, selbst angesichts austrocknender und kippender Flüsse und Seen, brennender und schwer geschädigter Wälder und massiver Ernteausfälle, nicht für notwendig den Klimanotstand auszurufen und entschlossen gegen die Klimakrise vorzugehen. Sie nahm die „Energiekrise“ sogar zum Anlass, bisherige Klimaschutzmaßnahmen zu verschieben oder gar rückgängig zu machen.

So wurde jetzt die gesetzlich vorgesehene Erhöhung des nationalen CO2-Preises von 30 auf 35 Euro je Tonne um ein Jahr auf 2024 verschoben. Eine genauso unsinnige Maßnahme, wie die Abschaffung der EEG-Umlage. Es mutet schon sehr sonderbar an, wenn eine Regierung mir grüner Beteiligung, sogar die zaghaften klimapolitischen Maßnahmen der früheren CDU-Regierung rückgängig macht und gleichzeitig den Energieverbrauch zusätzlich subventioniert (Tankrabatt), was nichts anderes als ein verdecktes Konjunkturprogramm ist und mit Klimaschutz natürlich gar nichts zu tun hat. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck mutierte unversehens blitzschnell zum Wachstums -und Energieminister und die Grünen reihten sich ein in die Reihe der besorgten Krankenpfleger am „Siechenbett“ des Kapitalismus. Wenn dann auch noch „das Beste“, was die Koalition bisher zustande gebracht hat, wieder rückgängig gemacht wird und 49 oder gar 69 statt 9 Euro kosten soll, dann verliert diese Regierung zu Recht jede klimapolitische und soziale Glaubwürdigkeit. Ein guter Kompromiss wäre möglicherweise ein 6 Euro- Wochenticket und ein 30 Euro- Monatsticket.

Geld für einen günstigen oder gar kostenlosen ÖPNV wäre genug da, Herr Lindner, denn fossile Energie und klimazerstörender Verkehr werden nachwievor hoch subventioniert,- was nicht länger hinnehmbar ist. Jeden Tag tobt, angesichts der Klimakatastrophe der Verkehrswahnsinn auf den Straßen. Alleine die jährlichen Staus in Deutschland reichen 40 mal um den Erdball und die Emissionen und Schäden durch den Verkehrssektor sind gigantisch,- werden allerdings der Allgemeinheit und den kommenden Generationen aufgeladen. Wo bleiben die Fahr- und Flugverbote in der Energie- und Klimakrise?

Klimagerechtigkeit in der „Energiekrise“

Für die angeblich „systemrelevanten“ Strukturen war schon immer genug Geld da. Man erinnere sich nur an die Bankenrettung 2008/2009, an die Corona-„Wiederaufbau“-Pakete und an die jüngste Konjunkturspritze für die Rüstungsindustrie. In den letzten drei Jahren wurden mehr als 550 Mrd. Euro Schulden gemacht, zu großen Teilen zugunsten von Großkonzernen und von Schuldenbremse war da nicht die Rede.

Die reichsten 10 % der Haushalte in Deutschland verursachen übrigens 26 % der deutschen Treibhausgasemissionen, fast genauso viel, wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung. Während die Reichen unverändert  eine unsittliche Energieverschwendung betreiben, SUV fahren, in 200 m²-Lofts und Villen wohnen, um die Welt jetten und die Gasumlage aus der Portokasse bezahlen, sollen also die Ärmeren den Gürtel enger schnallen und auch die Öffentlichen sollen teuer bleiben.

Es kann aber nicht sein, dass Energieverschwendung und Gewinne der Konzerne und der Reichen weiter subventioniert werden und die kleinen Leute und die kommenden Generationen die Zeche dafür zahlen sollen. Das ist nicht nur ungerecht, es ist auch rechtswidrig (siehe der Beschuss des BVG zum Klimagesetz) und zerstört die Zukunft von Milliarden Menschen. Widerstand tut not.

Es gibt ein völkerrechtlich verbrieftes Recht auf den Fortbestand des Lebens und auf ein lebenswertes Leben für Alle.

Die einzig hinreichend regulierungsfähige Macht, der Staat, befindet sich dummerweise in allen großen westlichen Ländern fest in der Hand kapitalhöriger Kräfte, die nicht die Interessen der Bürger und der Umwelt, sondern eben vor allem die Interessen des Großkapitals und der Monopole vertreten,- woran in Deutschland bisher auch die Regierungsbeteiligung der GRÜNEN nichts ändern konnte. Prof. Latif dazu:

„Die Gewinnmaximierung um jeden Preis, ob zu Lasten der Umwelt oder des Staates (also des Steuerzahlers) ist asozial. Die Übernahme von Verantwortung durch das gerechte Teilen von Vermögen und Gewinnen, gehört unbedingt zu der nötigen kulturellen Revolution…“.

Die EU und Deutschland haben sich bekanntlich zu Emissionsreduzierungen um 65 bzw. 50 % bis 2030 verpflichtet und zu Null Emissionen bis 2050 bzw. bis 2045. Selbst diese unzureichenden Ziele sind nicht allein durch Effizienzsteigerungen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen, sondern erfordern eine sehr schnelle Verringerung des Energie- und Rohstoffverbrauchs der Ökonomien und Gesellschaften, also auch den Übergang zu einem emissionsarmen Verkehrssystem. „Energiesparen: Die neue Energiequelle“, das wusste man schon 1985. Das derzeitige symbolische Energiesparen, etwa niedrigere Raumtemperaturen und abgeschaltete Außenbeleuchtungen, ist natürlich völlig lächerlich und wird der Problemlage in keinster Weise gerecht. Die Haushalte verbrauchen nur 20 % der Energie und das auch noch sehr ungleich verteilt (siehe oben). Entscheidend sind die Wirtschaft, der Verkehr, die Globalisierung, die industrielle Landwirtschaft, die Verschwendung der Reichen, die gehypte energieverschwendende Digitalisierung, mit Streaming und Clouds,- die gesamten fehlentwickelten Strukturen.

Kohlendioxid und die Grenzen der Menschheit

Man kann nicht von einer „Energiekrise“ reden und dabei von der Klimakrise und vom Kapitalismus schweigen. Es geht nicht darum, fossile Energie anderweitig zu beschaffen und die alten Strukturen zu stabilisieren, damit es weitergehen kann mit dem Wachstum wie bisher. Es geht auch nicht darum die unrealistischen Verheißungen einer grünen Wasserstoffwirtschaft zu verkünden und Ungeduldige auf eine ungewisse Zukunft zu vertrösten, sondern es geht darum, jetzt die derzeitigen Klima- und umweltschädlichen Strukturen grundlegend umzubauen, den Irrweg einer entfesselten Globalisierung und einer energiefressenden Digitalisierung zu verlassen und die Emissionen und den Energieverbrauch sofort drastisch zu senken.

Was zurzeit an Energieeinsparungen beschlossen und vorgesehen ist, das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, der nicht weh tut und die alten Strukturen weitgehend unangetastet lässt.

Die Welt ist durch individuelles Wohlverhalten allein nicht zu retten,- es bedarf „systemischer“ Veränderungen, meint Latif. „Wir müssen die Welt komplett umbauen und das fossile Zeitalter schnellstens hinter uns lassen, wenn wir eine Überhitzung der Erde noch vermeiden wollen.“

Die sich aufschaukelnde Klimakatastrophe zeigt inzwischen überdeutlich, dass die bisherigen klimapolitischen Annahmen und Fristsetzungen wahrscheinlich sogar viel zu optimistisch sind.

Längst sind systemrelevante Strukturen der Natur gefährdet und der Mangel an Wasser erweist sich immer mehr als eigentliche Limitierung unseres Handelns, wovon auch bereits die konventionelle fossile und die atomare Energieerzeugung betroffen sind (Frankreich musste diesen Sommer die Hälfte seiner Atomreaktoren herunterfahren).

Prof. Latif verweist denn auch auf die Grenzen der Vorhersagbarkeit, der Anpassung und der Finanzierbarkeit angesichts der Klimakatastrophe und sieht unkalkulierbare Risiken. Er sieht seit Jahren keinerlei Fortschritte bei den Klimakonferenzen und fragt, was denn noch passieren muss, damit die Staatengemeinschaft endlich ernsthaft versucht, die Erderhitzung zu begrenzen? „Wir müssen in unserem Denken und Handeln viel radikaler werden….Sonst wird uns der Planet um die Ohren fliegen…“

Klimawende Jetzt-Klimagerechtigkeit Jetzt

Jetzt wäre die Gelegenheit für eine grundlegende soziale und demokratische Klimawende, die die Weichen neu stellt für viel weniger Energieverbrauch und die Kosten und Lasten gerecht verteilt.

Hierzu gehören eine energetische Grundsicherung und ein Klimabonus (der steuerliche Belastungen ausgleicht) für geringe Einkommen, Gewerbetreibende und kleine Unternehmen und eine progressiv steigende Gasumlage und Energiesteuer für Reiche und Großverbraucher und natürlich eine Übergewinnsteuer, sowie eine relevante, schnell steigende CO2- Steuer. Verschwendung und Klimazerstörung muss bestraft und Sparsamkeit belohnt werden.

Hurricane Georges effects in Key West MM00021101 (2593340720).jpg

Unsinnige Fehlsubventionen für fossile Strukturen müssen umgelenkt werden,- die Zukunft muss subventioniert werden, nicht die Vergangenheit.

Notwendig ist ein grundlegender struktureller Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, der mit dem weiteren Wachstum der bisherigen Strukturen nicht zu vereinbaren ist.

Viel weniger Energie- und Rohstoffverbrauch, viel weniger Verpackungen und Transporte, Abbau von Monopolstrukturen, Förderung kleinteiliger Strukturen, eine Regionalisierung der Wirtschaft, ein weitgehendes Ende des motorisierten Individualverkehrs, mehr lebensdienliche Arbeit, mehr Zeit und vor allem viel mehr Gerechtigkeit,- das ist notwendig,- also eine wirklich radikale sozial-ökologische Transformation.

Auch wenn die Wissenschaft inzwischen vom „Klima-Endspiel“ schreibt, betreibt die etablierte Politik aber unverändert eine völlig illusionäre Politik der unendlichen Akkumulation und des unendlichen (grünen) Wachstums und benutzt den Staat für ihre Zwecke.

GRÜNE, aber auch Die LINKE müssen den Vorrang der Erhaltung der Lebensgrundlagen als zentral behaupten und viel entschiedener geltend machen und dürfen die Sicherung der Zukunft nicht für die tagespolitische Machteilhabe und Klientelpolitik aufgegeben. Wer soll denn die Interessen der Armen, der kommenden Generationen, des globalen Südens und die Natur verteidigen? Es gilt ein strategisches Zukunftsbündnis zu schmieden, das eine wirkliche Klimawende im Interesse der Vielen, gegen die Macht- und Profitinteressen der bisherigen Eliten durchsetzen könnte. Die Frage der Gerechtigkeit ist natürlich auch eine Frage der Macht, denn die bisherigen Vorteilsnehmer werden ihre bisherigen großen Stücke vom Kuchen nicht freiwillig hergeben. Naives Appellieren hilft da nicht!

Die Klimabewegung muss viel stärker politisch werden und sich erheblich verbreitern, um möglichst die ganze Gesellschaft zu erreichen. Motto: Zukunft für Alle- Alle für die Zukunft! L

Apokalypseblindheit und Katastrophendemenz

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer zeigte sich angesichts der brennenden Sächsischen Schweiz tief betroffen: „Man möchte die Augen verschließen vor diesem Anblick.“

Jedoch: die bisherige Apokalypseblindheit und Katastrophendemenz haben uns erst soweit gebracht. Kretschmer weiter: „… die Natur heilt alle Wunden!“,- was aber inzwischen längst ein frommer Wunsch sein dürfte. Es ist an uns, die Wunden der Natur zu heilen und ihr keine weiteren zufügen.

„Die Natur kann unsere Rettung sein, aber nur, wenn wir sie retten!“, sagte die Direktorin des UN-Umweltprogramms UNEP, Inger Andersen zum neuen Klimabericht des Weltklimarates IPCC.

UN-Generalsekretär António Guterres (72) erhob zur Vorstellung des 3.Teils des jüngsten Berichts des Weltklimarates IPCC schwere Vorwürfe gegen Wirtschaft und Politik. Der Bericht sei ein „Dokument der Schande, ein Katalog der leeren Versprechen, womit die Weichen klar in Richtung einer unbewohnbaren Erde gestellt werden.“, sagte der Portugiese in einer Videobotschaft (UN-Klimabericht Guterres spricht von „Dokument der Schande“ Express.de).

Guterres schlussfolgert aus dem Bericht: „Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind diejenigen, die die Produktion von fossiler Energie weiter erhöhen.“ Und nicht drastisch reduzieren, ist hinzuzufügen.

Der IPCC warnt in seinem neuen Bericht: „Falls die globale Erwärmung über 1,5 °C hinausgeht, auch vorübergehend in Form eines Overshoots, dann werden eine Vielzahl menschlicher wie auch natürlicher Systeme zusätzlichen schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sein. Abhängig davon, wie groß die Temperaturüberschreitung ausfällt oder wie lange sie andauert, werden manche Klimawandelfolgen eine zusätzliche Freisetzung von Treibhausgasen bewirken.

Wieder andere Folgen (für die Ökosysteme) werden unumkehrbar sein, selbst gesetzt den Fall, dass die Erwärmung später wieder verringert wird.“

Ein „weiter so“ ist also unverantwortlich und führt blindlinks in die permanente ökologische Katastrophe und zerstört die Reproduktionsfähigkeit der Lebensgrundlagen,- auch bei uns.

Wenn wir nicht endlich mit dem Schlimmsten rechnen, nämlich dem apokalyptischen Ernstfall,

– einer drohenden weitgehenden Vernichtung des Lebens auf der Erde und einer sich selbst verstärkenden Erderhitzung-, dann werden wir das Schlimmste auch nicht verhindern können.

Es gilt endlich aufzuwachen und die Augen weit zu öffnen und die weltweit dramatischen Entwicklungen ernst und wahr zu nehmen. Wir müssen JETZT den Übergang von unserer zerstörerischen fossil-mobilen Wirtschafts- und Lebensweise des „immer mehr“ zu einer Natur- und klimaverträglichen Reproduktionsweise schaffen, die die Erhaltung und den Fortbestand des Lebens in den Mittelpunkt stellt.

Urheberrecht
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Grafikquellen       :

Oben      —       Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel

Unten     —         Houseboat Row on South Roosevelt Boulevard after Hurricane Georges September 1998. From the Dale McDonald Collection. Hurricane Georges in Key West, Florida, September 1998.

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KOLUMNE – NAFRICHTEN

Erstellt von Redaktion am 22. September 2022

„Wetten, dass.?“ und „TV Total“ zurück
Boomer haben ausgedient

Bundesarchiv B 145 Bild-F086568-0060, Leipzig, Bundestagswahl, Wahlwerbung.jpg

Hinter den Tonnen scheint keine Sonne

Von Mohamed Amjahid

Verschiedene TV-Sender graben alte Sendungen wieder aus. Ist die Rückkehr von „Barbara Salesch“ und „Britt“ eine Nostalgie-Offensive für Millennials?

Ein Distinktionsmerkmal unter Aka­de­mi­ke­r*in­nen ist es, keinen Fernseher zu besitzen. Damit wollen sich viele Menschen mit Hochschulabschluss vom Rest der Bevölkerung absetzen. Ich besitze zwar auch keinen Fernseher, habe aber als Kind genug für ein ganzes Leben in die Röhre geglotzt.

Meine Persönlichkeit ist ein Produkt des TV-Programms der 1990er und 2000er. Natürlich wurde ich hellhörig, als in den vergangenen Wochen bekannt wurde, dass TV-Sendungen aus meiner Kindheit aus der Mottenkisten geholt wurden: „Britt, der Talk“ bei Sat.1; „Der Preis ist heiß“, „Die 100.000 Mark Show“, „Richterin Barbara Salesch“ bei RTL; „TV Total“ auf ProSieben oder „Wetten, dass..?“ beim ZDF. Diese Sendungen habe ich als Kind geguckt. Außer Thomas Gottschalk, der war mir schon immer zu peinlich, zu deutsch, zu wirr.

Damit ich mich nach so manch wirr-akademischer Diskussion auf Podien in westdeutschen Städten etwas erhole, schalte ich abends ab und zu den Fernseher im Hotelzimmer ein. Okay, eigentlich immer. Ich will ja auf dem Laufenden bleiben. Neulich lief „TV Total“ und ich fand es einfach nicht lustig.

Als 12-Jähriger habe ich mich über die Pipi-Kaka-Witze von Stefan Raab weggelacht, im Kölner Hotel mit den Holzimitat-Möbeln aus den 90er Jahren war ich nur erstaunt, dass sich der sowieso unlustige deutsche Humor in den vergangenen 30 Jahren null weiterentwickelt hat. Die trashige Sendung hat mich trotzdem etwas beruhigt. Ich habe mich kurz in Tage zurückversetzt, als die Matheklausur und die Aufmerksamkeit meiner ersten großen Liebe meine Sorgen waren.

Das ist, glaube ich, der Zweck der nostalgischen Fernsehoffensive großer privater und öffentlich-rechtlicher Fernsehsender. Generation-Tiktok ist eh im vertikalen Smartphone-Display-Kosmos gefangen, der ja nur eine billige Kopie von „Upps! Die Pannenshow“ ist. Abgesehen davon, dass jedes erdenkliche Format (meist zuerst in den Niederlanden) durchgenudelt wurde, zeigt der TV-Flashback, dass die Boomer bald ganz ausgedient haben.

Musikantenstadel war gestern, heute regiert der Geist von Harry Wijnvoord! Hmmm, wenn ich so nachdenke, scheint meine Analyse doch etwas wirr, ich weiß. Wenn Sie mir nicht weiter folgen können, schalten Sie einfach um.

Quelle         :       TAZ-online          >>>>>       weiterlesen

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Oben     —   For documentary purposes the German Federal Archive often retained the original image captions, which may be erroneous, biased, obsolete or politically extreme. 30.11.1990 Wahlwerbung der Parteien für die Wahl zum ersten gesamtdeutschen Bundestag in Leipzig.

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DL – Tagesticker 22.09.2022

Erstellt von Redaktion am 22. September 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Und daheim nicht mal ein Tempolimit  – . –  2.) New Yorker Staatsanwaltschaft verklagt Donald Trump  – . –   3.) Turbulenzen in der Linkspartei  – . –   4.)  Wir brauchen die Atomkraft nicht  – . –   5.) Stimmungsumschwung in Russland?  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Was die dort anwesenden Großkotze von anderen Einfordern, sind sie nicht einmal bereit im eigenen Land zu liefern ! Wie war es mit Scholz  seinen Pflichten als kleiner Bürgermeister in Hamburg zu Zeiten der G – 20 ? Nicht einmal vor der Anwesenheit einiger Gangster vermochte er die Demokratischen Rechte seiner Bürger-innen auf Meinungsfreiheit zu schützen!  Wer sich als Waschlappen benimmt, dem sollte man auch die Handtücher um die Ohren schlagen dürfen.

Flutkatastrophe in Pakistan. Vor den UN beschwor Olaf Scholz eine globale Solidarität, für die der Westen selbst nur wenig tut. Das belegt ein Blick auf die Flutkatastrophe in Pakistan.

1.) Und daheim nicht mal ein Tempolimit

Man hielt es schon nicht mehr für möglich: Nach knapp zwei Wochen ist die Doku-Soap über den Tod der Queen (sie möge in Frieden ruhen!), über die Thronfähigkeit ihres Sohnes und über die Armfreiheit von Meghan, Duchess of Sussex, (sie hat das Beerdigungskleid schon bei anderer Gelegenheit getragen!) zu Ende. Vielleicht wird diese Dauerberieselung auf allen Kanälen irgendwann, wenn alle wieder vom Alltag und der Vernunft eingeholt worden sind, als größte Publikumsvernebelung in die Geschichte der Medien eingehen. Bevor wir darauf noch einmal zu sprechen kommen, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf ein Ereignis lenken, das weniger Quoten- und Klickzahlenrenner ist, aber für den Zustand dieses Planeten deutlich relevanter: In New York hat diese Woche die Generalversammlung der Vereinten Nationen begonnen. Die Herren Xi und Putin schicken nur ihre Außenminister, aber die allermeisten anderen Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer reisen nach zwei Jahren Corona-Pause erstmals wieder persönlich an. Die Veranstaltung ist nicht deshalb bemerkenswert, weil sie Hoffnungen weckt. Sondern weil sie den Kontrast zwischen dem, was geschehen müsste, und dem, was geschieht, so deutlich macht. Mit etwas mehr Pathos formuliert: Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es so viele Krisenkaskaden, die ein global vernetztes Handeln erfordern. Und noch nie seit Gründung der UN war die Bereitschaft dazu so klein wie heute.

Zeit-online

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Sollte die Clan-Mentalität in den USA nicht so stark ausgeprägt sein als in vielen anderen Ländern auf dieser Erde ? Sonst hören wir immer nur von den großen Erbschaften der einstigen politischen Raubritter.  Ist es reiner Zufall das die Familie Trump aus Deutschland stammt?

Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaats New York erhebt eine Zivilklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump und seine Kinder wegen Betrugs. Sie sollen den wahren Wert von Trumps Vermögen um Milliarden Dollar aufgebläht haben.

2.) New Yorker Staatsanwaltschaft verklagt Donald Trump

Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaats New York erhebt eine Zivilklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump wegen Betrugs. Auch gegen Trumps Unternehmen und seine Kinder Donald Junior, Eric und Ivanka wird Anklage erhoben, wie Generalstaatsanwältin Letitia James am Mittwoch in New York ankündigte. Den Vorwürfen zufolge sollen die Angeklagten ihre Finanzen je nach Bedarf größer oder kleiner gerechnet haben, um beispielsweise einfacher an Kredite zu kommen oder um weniger Steuern zu zahlen. Auch die Deutsche Bank soll solche Kredite gewährt haben, sagte James. „Donald Trump hat fälschlicherweise sein Vermögen um Milliarden Dollar aufgebläht, um sich selbst zu Unrecht zu bereichern und um das System auszutricksen – und damit uns alle“, sagte James. Sie hat über drei Jahre hinweg zivilrechtliche Ermittlungen gegen Trumps Firmenimperium geleitet und laut Angaben vom Mittwoch mit 65 Zeugen für die Anklage gesprochen und „Millionen Dokumente“ ausgewertet. Trumps Konzern weist die Vorwürfe zurück. Donald Trump nennt Verfahren politisch motiviert In den USA gehören Generalstaatsanwälte meist zu einer Partei und werden in vielen Bundesstaaten vom Volk gewählt. James ist Mitglied der Demokratischen Partei und zählt zur Regierung des Bundesstaats New York. Der zur Republikanischen Partei gehörende Trump bezeichnet das Verfahren deshalb immer wieder als politisch motiviert und nennt es eine „Hexenjagd“.

Stern-online

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War es nicht ein Märchen aus alten Linkem Zeiten wo es immer hieß: „Das Tischlein deckt sich, wenn der Goldesel sich streckt?“ Wäre damit der Weg zum Erfolg schon lange vorgezeichnet. So folgt die Linke der SPD?  –  Hier der Blaue Brief an die Fraktion – Linken-Landeschefs beschweren sich.

Banalitäten als Provokation. Die Linksfraktion beschließt mehrheitlich Selbstverständlichkeiten. Für das Wagenknecht-Lager ist das aber schon eine Majestätsbeleidigung.

3.) Turbulenzen in der Linkspartei

Wer wissen will, in welchem Zustand sich die Linkspartei befindet, braucht sich nur anzuschauen, was ihre Bundestagsfraktion nach rund dreistündiger Diskussion am späten Dienstagnachmittag beschlossen hat. Nein, Dietmar Bartsch, Amira Mohamed Ali & Co. haben nichts Skandalöses verabschiedet, ganz im Gegenteil. Ihr „Beschluss über die Arbeitsweise der Fraktion“ enthält eigentlich nur Selbstverständlichkeiten. Doch in der Linkspartei ist eben nichts mehr selbstverständlich. Weswegen das Wagenknecht-Lager seine Zustimmung zu der Feststellung von Banalitäten verweigert hat. Das zeigt, wie tief die Zerrüttung ist. Die zentralen Punkte des beschlossenen Papiers: Für die Mitglieder der Linksfraktion bilden das Partei- und Wahlprogramm, sowie die Beschlüsse der Parteitage die Grundlage ihrer Arbeit. Grundsätzlich sollen Red­ne­r:in­nen im Bundestag die Mehrheitsmeinungen der Fraktion vortragen, über die Zuteilung von Redezeiten für davon abweichende Positionen entscheide die Fraktion. Außerdem sollen die Linken-Abgeordneten ihre Pflichten wahrnehmen, was insbesondere die Teilnahme an Fraktions-, Bundestags- und Ausschusssitzungen bedeute. Das ist nicht mehr als die Definition von Grundstandards parlamentarischer Zusammenarbeit, über die in anderen Fraktionen gar nicht erst diskutiert werden muss. Bei der Linksfraktion schon. Vier Abgeordnete stimmten dagegen, einer enthielt sich. Sahra Wagenknecht stimmte nicht mit. Und Sevim Dağdelen, eine ihrer treuesten Verbündeten, glänzte mal wieder durch Abwesenheit.

TAZ-online

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Warum unterziehen sich die Parteien nicht diesen Stresstest? Hätte der Merz nicht schon 16 Jahre lang so auf Opposition gegen Merkel machen können ? Aber NEIN – nicht gegen den eigenen Clan, Denn dann säße er nicht mehr im Herbst, so wäre lange im Winter – vor seiner Parteitüre erfroren. Das genau macht den Unterschied zwischen Kopf und Politik!

Auch nicht in dieser Energiekrise Keine Laufzeitverlängerung, kein Streckbetrieb und nicht mal eine Atomkraft-Notreserve sind notwendig, um der Krise angemessen zu begegnen. Das zeigt ein genauer Blick auf den zweiten Stresstest.

4.)  Wir brauchen die Atomkraft nicht 

Keine Debatte werde so faktenfrei geführt wie die um eine Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke, so brachte es Britta Haßelmann, Bundesfraktionsvorsitzende der Grünen, auf den Punkt. CDU-Chef Friedrich Merz jedenfalls lässt keine Gelegenheit aus, um zu behaupten, vor allem ein Weiterbetrieb der Atommeiler um drei bis fünf Jahre könne die gegenwärtige Energiekrise lösen. Ganz abgesehen von der Sicherheitsfrage, die in dieser Frage eigentlich an erster Stelle stehen müsste, lässt auch die Datenlage für den Strommarkt diesen Schluss nicht zu. Keine Laufzeitverlängerung, kein Streckbetrieb und nicht mal eine Atomkraft-Notreserve sind notwendig, um der Krise angemessen zu begegnen. Um das zu verstehen, hilf ein genauerer Blick auf den kürzlich veröffentlichten zweiten Stresstest. Entscheidend sind dabei die getroffenen Annahmen für das extremste der drei Szenarien. Dass man hierbei vom Schlimmsten ausgeht, gehört zum Wesen eines Stresstests. So wird in dem Szenario angenommen, dass im Winter nur knapp zwei Drittel der französischen Atomreaktoren verfügbar sind, dass Steinkohlekraftwerke wegen Niedrigwassers der Flüsse weniger Brennstoff erhalten und somit weniger Strom produzieren, dass der Gaspreis auf 300 Euro pro Megawattstunde steigt und der Winter besonders kalt wird. All das sind nachvollziehbare Parameter. Notfallplan: die letzte Stufe.

Freitag-online

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Ihr „Russkis“ – warten nur, irgendwann werden wir unseren kleinen Olaf in Euer Land schicken. Aber nur mit Schnäuzer! Die „German Angst“ greift hier nur wenn ins die USA bedroht

Nukleare Eskalation? Vier offene Fragen für Scholz und Deutschland. Die Teilmobilmachung in Russland erschreckt auch die deutsche Politik. Was ist nun zu tun – mit Atomdrohungen, Waffenwünschen und Flucht?

5.) Stimmungsumschwung in Russland?

 Eine Teilmobilisierung, vier Annexions-Referenden im Eilverfahren und neue Drohungen mit dem hauseigenen Atomarsenal: Dass Russlands Präsident Wladimir Putin eine neue Phase im Ukraine-Krieg einläuten will – es scheint auf der Hand zu liegen. Doch wie reagieren? Wie ernst sind die Warnungen aus dem Kreml zu nehmen? Auch die bundesdeutsche Politik hat am Mittwoch (21. September) besorgt bis aufgeschreckt auf die nächste Eskalationsstufe Putins reagiert. Deutschland und seine Ampel-Koalition müssen natürlich nicht alleine auf die veränderte Lage reagieren. Aber ein „Entscheidungszentrum“ ist Berlin durchaus. Das war zuletzt auch – in wenig erfreulichem Kontext – aus Russland zu vernehmen. Wie deutsche Politiker die Lage einschätzen und welche Debatten nun anstehen. Was bedeutet Putins Teilmobilmachung? Die Bundesregierung scheint sich in ihrer offiziellen Deutung einig: Der Kreml befindet sich in großer Sorge. Die geplante Teilmobilmachung von rund 300.000 russischen Reservisten sei ein „Akt der Verzweiflung“, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Sein Stellvertreter Robert Habeck (Grüne) sprach von einer „weiteren Eskalation dieses völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine“. Die Mobilisierung der russischen Reservisten sei ein „schlimmer und falscher Schritt aus Russland“. Auch FDP-Chef Christian Lindner attestierte ein „Zeichen der Schwäche“. Er richtete zugleich aber auch eine Mahnung an die Menschen in Deutschland. Alles deute nun auf einen langen Konflikt hin. Der Bild sagte der Finanzminister, Deutschland müsse nun „im Kreis der Verbündeten und Partner prüfen“, wie man die Ukraine „dauerhaft“ unterstützen könne.

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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