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RENTENANGST

Archiv für August, 2022

Krieg und Gedächtnis

Erstellt von Redaktion am 31. August 2022

Wie man einen Krieg nennt, liegt in den Händen der Betrachter und an ihren politischen Absichten.

Ein Schlagloch von Charlotte Wiedemann

Der aktuellen Debatte täte mehr Rationalität gut. Wie kann der besonderen Dimension der NS-Verbrechen gedacht werden, ohne andere Vergehen zu bagatellisieren.

Es war windig auf dem Rigaer Siegesplatz, vermutlich weil das hoch aufschießende sowjetische Ehrenmal die Luftströmungen teilte. Es zerteilte auch anderes, Erinnerungen, Gefühle, Geschichtspolitik, alles, was sich hinter der schlichten Aufschrift „1941 * 1945“ verbarg; nur die russische Minderheit feierte hier am 9. Mai.

Nun wurde das Denkmal in Riga gestürzt, und während ich mich frage, was diese hochsymbolische Geste für die Zukunft des Erinnerns in Europa bedeutet, bin ich in Gedanken noch einmal auf dem Platz, wo ich den Obelisken vor einem Jahr sah. Vom Podest fielen die Platten ab, auf den Fahnenmasten trat Rost zutage. Verfall, schlechtes Material, kein Vergleich mit den pompösen gepflegten sowjetischen Ehrenmalen in Berlin. Aber wie haltbar ist dieser Unterschied? Und wie haltbar soll er sein? Wo beginnt Revisionismus und wo ein anderes historisches Begreifen?

Der Begriff Vernichtungskrieg ist für diese Erörterung besonders geeignet. Unter Politikern ist es mittlerweile gängig, den russischen Krieg mit einem Wort zu bezeichnen, das in Deutschland bisher für die Verbrechen der Wehrmacht reserviert war. Zugleich ist in der Bevölkerung das Wissen über die immensen Zahlen der im Osten ermordeten nichtjüdischen Zivilisten immer gering geblieben. Die Bundeszentrale für politische Bildung sah sich bereits im April veranlasst, eine Erinnerung an das Vorgehen der Wehrmacht in der Ukraine unter die Überschrift „Schon einmal Vernichtungskrieg“ zu stellen.

Auf der anderen Seite ist es keine russische Erfindung, einen Krieg, der auf die Zivilbevölkerung zielt, mit einer verharmlosenden Bezeichnung zu belegen. Frankreich bezeichnete seinen äußerst blutigen Algerienkrieg, dem Hunderttausende Einheimische zum Opfer fielen, noch drei Jahrzehnte nach dessen Ende als „Operation zur Aufrechterhaltung der Ordnung“. Dass es sich um einen Krieg handelte, erkannte der französische Staat erst 1999 an, und es brauchte noch einmal zwei Jahrzehnte, um den systematischen Einsatz von Folter einzuräumen.

Dem kolonial-deutschen Maji-Maji-Krieg in Tansania fielen zu Beginn des 20. Jahrhunderts etwa 200.000 Afrikaner zum Opfer, erschossen oder verhungert, nachdem die Kolonialtruppe Dörfer, Ernten und Saatgut niederbrannte. Genozidale Tendenzen? Vernichtungskrieg? Dazu gibt es keine Debatte, weil dieser Unrechtskomplex das deutsche Bewusstsein ohnehin noch kaum erreicht hat.

Benennungen sind also nie voraussetzungslos, genauso wenig wie das geschichtliche Ereignis. Das Wort Vernichtungskrieg war für die nachdenklichen Angehörigen meiner Generation so bedeutend, weil es dem Nationalsozialismus einen neuen dunklen Bezugspunkt gab: die massenhafte Schuld unserer Väter. Viele hatten Angst, den eigenen Vater auf einem Foto jener Wanderausstellung zu entdecken, die 1995 endlich mit dem Mythos der sauberen Wehrmacht brach.

Auch wenn wir heute mehr über das Ausmaß kolonialer Gewalt gegen Zivilbevölkerungen in den letzten 500 Jahren wissen, nimmt dies dem NS-Feldzug gegen die Gesellschaften der Sowjetunion nichts von seinem Schrecken: eine weltanschaulich wie rassistisch konditionierte Kriegsmaschine, mit allein zu Beginn bereits drei Millionen Soldaten.

Das Problem der Abwägung gegenüber Putins Krieg wirft Fragen auf, die sich der deutschen Erinnerungspolitik insgesamt stellen: Wie kann der besonderen Dimension der NS-Verbrechen gedacht werden, ohne dabei – willentlich oder unwillentlich – andere Vergehen zu bagatellisieren, seien es frühere oder heutige? Wie wird die deutsche Vergangenheit produktiv mit einer an Menschenrechten orientierten Politik der Gegenwart in Beziehung gesetzt? Und wie kann sich die deutsche Post-Tätergesellschaft von Psychodynamiken befreien, die einen klaren Blick auf diese Aufgaben behindern?

Im Verhältnis zu Israel vermag Deutschland bisher keine sinnvolle Antwort auf diese Fragen zu geben. Schuldgefühle begründen ein Loyalitätsverhältnis, das wenig geeignet ist, Menschenrechtsvergehen realistisch wahrzunehmen und darauf differenziert zu reagieren. Das Verhältnis zum Ukrainekrieg scheint zunächst von ganz anderer Natur, doch zeigen sich verwandte Muster – wenn etwa Versuche, sich dem Krieg analytisch zu nähern, sogleich als Verharmlosung Putins geschmäht werden.

Quelle         :           TAZ-online       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —   Lettische SSR, Riga. Militärparade am 1. Mai 1941 auf dem Siegesplatz.

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Klare Kante – Chatkontrolle

Erstellt von Redaktion am 31. August 2022

FDP-Papier bringt Innenministerin Faeser in Zugzwang

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von 

Chatnachrichten durchleuchten, private Fotos scannen: Für die FDP-geführten Ministerien kreuzt die von der EU-Kommission geplante Chatkontrolle an vielen Stellen „rote Linien“. Ein internes Dokument zeigt, die Bundesregierung ist sich bei dem Thema nicht ganz einig.

Die FDP-geführten Bundesministerien machen offenbar intern Druck auf die Bundesregierung, denn die von der EU-Kommission geplante Chatkontrolle geht ihnen zu weit. Das wird aus einer Liste von „roten Linien“ deutlich, die das Justizministerium und das Digitalministerium laut Tagesspiegel Background an das SPD-geführte Innenministerium geschickt haben. (Wir veröffentlichen die Liste im Volltext.)

Mit Chatkontrolle sind Pläne der EU-Kommission gemeint, um die Verbreitung von Aufnahmen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu bekämpfen. Die Kommission hat im Mai einen Entwurf vorgelegt, der weitreichende Pflichten für Tech-Unternehmen vorsieht. Unter anderem sollen sie bekannte und bislang unbekannte Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder automatisch erkennen, auch in privaten Chats. Die Pläne haben teils vernichtende Kritik geerntet, unter anderem warnten die EU-Datenschutzbehörden vor einer anlasslosen Massenüberwachung.

Auch die Bundesregierung übte Kritik an den geplanten Maßnahmen. Sie löcherte die EU-Kommission in einem Schreiben mit mehr als 60 teils sehr pointierten Rückfragen, etwa zum Stellenwert der verschlüsselten Kommunikation oder den zu erwartenden Fehlerquoten bei der Erkennung solcher Bilder. Jetzt zeigt ein Schreiben, die kritische Haltung innerhalb der Bundesregierung ist offenbar nicht konsistent. Wie Tagesspiegel Background berichtet, wenden sich in dem Papier das  Justiz- und Digitalministerium an das in der Sache federführende Innenministerium (BMI) von SPD-Ministerin Nancy Faeser.

„Rote Linien“: Kein Scan nach unbekannten Aufnahmen

Die in dem Schreiben gezogenen „roten Linien“ betreffen den Kern der geplanten EU-Gesetzgebung. Unter anderem fordern die Ministerien: „Keine Regelungen, die zu einer Chatkontrolle führen“. Nachrichten, die man per Messenger oder E-Mail verschickt, sollen ausdrücklich von der automatisierten Durchsuchung ausgenommen werden. Damit würde die zentrale und namensgebende Maßnahme aus der geplanten Verordnung entfallen.

Auch Material, das Nutzer:innen in persönliche Cloudspeicher hochladen und mit niemandem teilen, etwa ein Backup der eigenen Fotos auf dem Handy, sollte demnach nicht unter die Anordnungen zur Durchsuchung fallen.

Ein weiterer Punkt dreht sich um einen besonders umstrittenen Teil der geplanten EU-Verordnung. Tech-Unternehmen sollen demnach nicht nur gezwungen werden, nach bereits bekanntem Material in den Daten ihrer Nutzer:innen suchen müssen. So etwas ist mit weniger invasiven Verfahren möglich. Die Unternehmen sollen darüber hinaus auch neues, bislang unbekanntes Material aufspüren. Außerdem sollen sie auch automatisch die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen erkennen, das sogenannte Grooming. Das bedeutet weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre Millionen unschuldiger Nutzer:innen. Beide Maßnahmen sollen dem Papier zufolge verworfen werden.

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung soll bleiben

In dem Papier kommen die Ministerien auch auf die Vertraulichkeit privater Kommunikation zu sprechen. Die EU-Verordnung soll demnach ausdrücklich ausschließen, dass Unternehmen die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben können, um automatisch Inhalte zu durchleuchten. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung stellt sicher, dass nur Empfänger:in und Sender:in eine verschickte Nachricht lesen können. Eine Aufhebung der Verschlüsselung von Nachrichten würde insgesamt die Möglichkeit zur sicheren Kommunikation schwächen.

Das Papier lehnt auch ausdrücklich das sogenannte Client-Side-Scanning ab. Dabei durchleuchten Anbieter die Nachrichten ihrer Nutzer:innen direkt auf dem Gerät, noch bevor sie Ende-zu-Ende-verschlüsselt verschickt werden. Diese Methode gilt als eine der wenigen Möglichkeiten, um Inhalte trotz Ende-zu-Ende-Verschlüsselung überprüfen zu können. Doch auch ein Scannen vorm Verschicken schwächt anonyme Kommunikation. Davor hatten auch die EU-Datenschutzbehörden schon gewarnt.

Wojciech Wiewiórowski, Assistent Supervisor, European Data Protektion Supervisor

Nicht verhandelbare „rote Linien“ sind für die FDP-Ministerien offenbar auch die Kommissions-Pläne zur Alterskontrolle. Die EU-Kommission will, dass Anbieter das Alter Ihrer Nutzer:innen überprüfen. Die Ministerien fordern, im Text der Verordnung müsse ausgeschlossen werden, dass dabei ein Personalausweis oder ein anderes Identifikationsmittel vorgelegt werden muss. In Deutschland lässt sich die Volljährigkeit mit der Online-Ausweisfunktion bestätigen, ohne weitere Daten preiszugeben. Solche Technologien gibt es aber nicht für alle EU-Bürger:innen. Diese könnten dann gezwungen sein, weitere Daten preiszugeben.

Die Ministerien fordern auch, dass Inhalte und Verhaltensweisen, die nach nationalem Recht nicht strafbar seien, aus der Verordnung ausgenommen werden. Dabei geht es wohl um ein Problem, das das internationale Vorgehen gegen Darstellungen sexualisierter Gewalt erschwert. Je nach nationalem Recht sind bestimmte Aufnahmen nicht strafbar – etwa weil sich das Alter der sexuellen Mündigkeit unterscheidet. Das betrifft zum Beispiel Nacktaufnahmen, die beim einvernehmlichen Sexting zwischen Jugendlichen verschickt werden. Schon heute ist mehr als Hälfte der Tatverdächtigen bei sogenannter Kinderpornographie selbst minderjährig.

Kein Durchleuchten von Audionachrichten

Die FDP-Ministerien prangern einen weiteren Punkt an, der bislang kaum beachtet wurde. Zuletzt hatten ihn die EU-Datenschutzbehörden in ihrer Einschätzung aufgegriffen: Sprachnachrichten und Audiokommunikation in Echtzeit, also Telefonate, sollen demnach in der Verordnung ausdrücklich ausgenommen werden. Der Entwurf der EU-Kommission schließt bislang nicht ausdrücklich aus, dass Anbieter auch Audio-Dateien wie etwa Sprachnachrichten und Telefonate durchleuchten müssen.

Die Forderungen in der Liste sind teils sehr knapp gehalten und vor allem negativ formuliert: Es geht um das, was in der Verordnung nicht passieren darf. Ob die Ministerien darüber hinaus auch eigene Vorschläge für Alternativen machen werden und wann das Papier verschickt wurde, wollten wir gerne vom Justizministerium wissen. Zu Einzelheiten laufender regierungsinterner Abstimmungen äußere man sich nicht, war die Antwort. Stattdessen verwies das Ministerium auf ein allgemeines Statement des Justizministers Marco Buschmann zur Chatkontrolle. Er sei „sehr skeptisch, was diesen neuen Entwurf angeht“ und lehne eine „generelle flächendeckende Überwachungsmaßnahmen privater Korrespondenz“ ab.

Auch das Bundesinnenministerium schrieb auf Anfrage nur, dass im Rahmen der aktuellen Verhandlungen „nach gängiger Praxis“ alle beteiligten Ressorts aufgefordert wurden, ihre Position für die weitere Diskussion zu übermitteln.

Die Forderungen aus den FDP-Ressorts sind in dem Papier klar abgesteckt. Die Frage ist, was das Bundesinnenministerium nun damit macht. Zumindest einige der Forderungen lassen sich direkt aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung ableiten. Darin steht: „Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht lehnen wir ab.“ In einem nächsten Schritt soll das Ministerium im Digitalausschuss des Bundestages einen Bericht zu den Plänen der Kommission vorstellen, wie Tagesspiegel Background berichtet.


Rote Linien BMDV und BMJ

Folgenden Forderungen müssen zumindest erfüllt sein, um dem Verordnungsentwurf der KOM (VO-E) zustimmen zu können („rote Linien“):

  • Klare Vorgaben für den Erlass von Aufdeckungsanordnungen (hinreichende Eingrenzung des „erheblichen Risikos“ in der VO, näheren Vorgaben für die Abwägungsentscheidung nach Art. 7 (4) b) des VO-E).
  • Keine Regelungen, die zu einer Chatkontrolle führen (auszuschließen durch Streichung der Anwendbarkeit des Art. 7 VO-E auf interpersonelle Kommunikationsdienste (insb. E-Mail-Dienste, Messenger) nach Art. 2 b) VO-E).
  • Ausschluss persönlicher Speicher, die nicht geteilt werden. Cloudspeicher, die etwa als Backup der eigenen Fotos auf dem Handy dienen, dürfen von den Regelungen zur Aufdeckungsanordnung ausdrücklich nicht erfasst werden (auszuschließen durch Ausschluss der Anwendbarkeit des Art. 7 VO-E auf persönliche Speicher).
  • Streichung der Anwendbarkeit des Art. 7 VO-E auf sog. unbekanntes Material und Grooming.
  • Expliziter Ausschluss des Einsatzes von Client-Side-Scanning und der Aufhebung der Ende-zu-Ende Verschlüsselung zur Erfüllung von Pflichten aus dem VO-E (auszuschließen in eigenem Artikel des VO-E).
  • Audiokommunikation (Sprachaufzeichnungen und Echtzeit-Audiokommunikation) ist wie in Interims-VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich des VO-E auszuschließen.
  • Anbietern muss es möglich sein, die Pflichten aus dem VO-E (RisikobewertungRisikominderung, Löschung/Sperrung) zu erfüllen, ohne die in Artikel 10 Abs. 1 VO-E beschriebenen Aufdeckungstechnologien Dies ist im Text des VO-E festzulegen.
  • Altersverifizierung zur Umsetzung der Pflichten aus dem VO-E (wie Risikominderung, Artikel 4 VO-E, Verpflichtung für App-Stores in Artikel 6 (1)(c) VO-E) nur, wenn die Möglichkeit einer anonymen oder pseudonymen Nutzung der betroffenen Dienste gewahrt bleibt. Hierzu ist im Text des VO-E die Vorlage des Personalausweises oder eines anderen Identifikationsmittels zum Zweck der Altersverifizierung auszuschließen.
  • Keine Einbeziehung von Inhalten oder Verhaltensweisen, die nach nationalem Recht nicht strafbar sind (Begriffsbestimmungen in Artikel 2 des VO-E müssen die in der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (RL) gewährten Entscheidungsspielräume der MS berücksichtigen, insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des Alters der sexuellen Mündigkeit (Artikel 6 der RL) und der Straflosigkeit bestimmter Handlungen (Artikel 5 Abs. 8 der RL)).

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —   re:publica 2022: Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Sesion ‚Der resiliente Staat: Die Folgen des Ukrainekriegs für das digitale Deutschland‘

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USA, Bruder oder böser Wolf

Erstellt von Redaktion am 31. August 2022

Arroganz und Angst sind schlechte Berater

Drei große Soldaten

Quelle       :        Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

In unserer Zeit des politischen und wirtschaftlichen Chaos fehlt jegliche auf Frieden und Verständigung gerichtete Initiative der USA, die seit 1945 hegemoniale Macht über die Welt zu haben gewohnt sind und sich jetzt in der für sie unfassbaren Situation befinden, ihren Willen nicht mehr wie bisher überall durchsetzen zu können.

Das ist für die Welt eine unerwartete Bedrohung insofern, als sich zu der dummdreisten Arroganz jetzt in den USA Angst vor einem geopolitischen Gegenpol aufkommt. Diese Angst und die gewohnte Arroganz sind jedoch schlechte Berater in einer Zeit, die kluge Führung braucht. Ausgerechnet der chinesische Staatsführer mahnt wiederholt: „Wir müssen die Mentalität des Kalten Krieges aufgeben und friedliche Koexistenz anstreben“, „Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass Konfrontation keine Probleme löst, sondern katastrophale Konsequenzen heraufbeschwört.“

Und das auch noch vor dem Hintergrund, dass China seit der Gründung der Volksrepublik 1949 kein einziges Land zur Durchsetzung eigener Interessen überfallen hat, während die USA mit über 700 Militärbasen weltweit und unzähligen Kriegen der Welt ihren Willen aufzuzwingen suchen. Als waffenstarrende Weltmacht stets gegen einen imaginären, schwächeren Gegner. Und doch sind sie überall gescheitert. Die Pax Americana ist ein Wunschtraum. Und das erkennen nun endlich viele Nationen und verweigert den USA blinde Gefolgschaft. Mit Ausnahme der BRD und des UK.

Nach dem ebenso beispiellosen wie beispielhaften Aufstieg der Volksrepublik China wird diese plötzlich arrogant zum Feind Nr.1 der USA erklärt, nachdem eben diese USA durch profitgeile Fertigungsaufträge ganz erheblich zu diesem Aufstieg beigetragen haben. Pecunia non olet! (Geld stinkt nicht). Diese Arroganz versperrt nun den Blick für jede vernünftige Lösung in der derzeitigen Weltlage. Dass man mit einer Seidenstraße mehr ausgewogene Beziehungen mit anderen Ländern schaffen kann als mit Kriegen, ist den USA völlig fremd und somit gegen ihre Interessen.

Weil man sich aber die eigenen Hände nicht schmutzig machen will, schiebt man andere Organisationen wie NATO oder QUAD (Quartett aus USA, Australien, Indien, Japan) vor, ohne allerdings das Kommando aus der Hand zu geben. Hoch lebe die US-Waffenindustrie! Aber Achtung: an die vielbeschworene „regelbasierte internationale Ordnung“, deren Regeln von den USA bestimmt worden sind, glaubt heute kein Mensch mit Verstand. Und weil dieses Privileg der USA schwindet, beschleicht sie jetzt pure Angst, die sie hinter der unverbindlichen Floskel dadurch kaschiert, dass sie ihre irrwitzigen Handlungen als „Selbstverteidigung“ bezeichnet.

Wann endlich sehen auch unsere Politiker ein, dass es eine friedvolle Welt nur gibt, wenn sich die verschiedenen Kulturen vernünftig verständigen und Wettbewerb als Anregung verstehen. Nach der unsäglichen Ausplünderung großer Teile der Welt in der Kolonialzeit gehört zu der Verständigung aber auch, dass der Wohlhabende dem Armen hilft. Das aber geht nicht mit Arroganz und Angst.

Urheberrecht
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Oben      — Drei große Soldaten

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 31. August 2022

Vorbildwirkung von Prominenten: Täglich gut sein, 129 Jahre lang

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Lukas Wallraff.

Ob Karl May, Olaf Scholz oder Sanna Marin: Prominente müssen immer und überall ohne Fehl und Tadel sein – sogar über das eigene Leben hinaus.

Wer in dieser Welt Gutes tun will, hat es nicht leicht. Ständig kommt etwas in die Quere und durchkreuzt die schönsten Pläne. Selbst der beste Vorsatz entpuppt sich als falsche Idee. Da willst du zum Beispiel den Deutschen erklären, was für kluge und edle Menschen die Indianer waren, denen viel Unrecht widerfahren ist, und schon 129 Jahre später wird dir vorgeworfen, du seist ein Rassist. Und dann haben deine Kri­ti­ke­r*in­nen auch noch Recht, weil es inzwischen andere, präzisere Worte gibt. Pech.

Natürlich tut mir Karl May auch deshalb leid, weil es mir so ähnlich geht. Kaum nehme ich mir etwa zum Schulanfang vor, meinen Kindern das zu servieren, was ihnen schmeckt, werde ich vom Verpackungshinweis auf die Massentierhaltung verschreckt. Klar, auch das zu Recht.

Aber ich habe mehr Glück als Karl May. Ich lebe im heutigen Kreuzberg, kann mich noch ändern und gemeinsam mit meinen Kindern lernen, dass der neu eröffnete Veganer nebenan mindestens genauso leckere Sachen hat wie Curry36 und die Dönerbude, die wir als lokalpatriotische Berliner sonst immer als Erstes nach dem Urlaub aufgesucht haben. Was mit denen geschieht, wenn keiner mehr hingeht, muss meine Sorge nicht sein, da soll sich der Wirtschaftsminister drum kümmern. Dafür ist er doch da.

Aber Mist, für eine sozialökologische Umstellung auf nachhaltige Ernährung hat Robert Habeck im Moment leider keine Zeit. Der Mann, der sich vorgenommen hatte, Deutschland grün und fossilfrei zu gestalten, muss jetzt erst mal Kohle verfeuern und in Kanada um Frackinggas betteln, weil die Lieferungen aus Katar nicht reichen, um durch den Winter zu kommen. Ob es moralisch besser ist, aus fragwürdigen Quellen ganz weit weg Energie zu beziehen, als in Niedersachsen selbst nach Gas zu schürfen, bleibt das Geheimnis der Grünen.

Zählen Politiker-innen dann eher nicht zu den Prominenten, da sie weit, weit über ihren Tod hinaus, sehr – sehr viel Reichtum vererben können ?

Dass Habeck gerade offen eingeräumt hat, nicht mehr zu wissen, was im Kampf gegen Putin wirklich richtig oder falsch ist und ob die Gasumlage auch für gut verdienende Konzerne bei näherer Betrachtung eine glänzende Idee war, ist ehren- und höchst lobenswert. Ich kann es ja auch nicht beurteilen, denn ich hatte schon wieder Glück und eine gute Ausrede: Dank einer Bindehautentzündung sind meine Augen dauernd verklebt und ich sehe die Weltlage nur noch verschwommen. Niemand kann von mir verlangen, unter diesen Umständen die Unterschiede zwischen Gut und Böse zu erkennen.

Immerhin die deutsche Medienlandschaft kann ich noch schemenhaft wahrnehmen, und das beruhigt ganz ungemein. Denn ganz so schlimm scheint die Lage nicht zu sein, obwohl die Ukraine seit einem halben Jahr zerbombt und Europas größtes Atomkraftwerk von beiden Seiten als Schießbude genutzt wird. Mag sein, dass wir uns bald nach dem Fallout von Tschernobyl sehnen, als wir nur auf Pilze verzichten mussten. Bei spiegel.de war trotzdem der Aufmacher ein bitterböser Kommentar darüber, dass die korrekt PCR-getesteten Regierungsmitglieder im Flugzeug nach Kanada keine Masken trugen. Als ich abends sah, dass Rudolf Augsteins digitale Nachfolger keine anderen Sorgen haben, konnte ich endlich wieder mal gut schlafen.

Quelle    :        TAZ-online      >>>>>          weiterlesen 

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 31.08.2022

Erstellt von Redaktion am 31. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.)  Reaktionen auf Tod von Michail Gorbatschow  – . –   2.) KLAUSUR AUF SCHLOSS MESEBERG  – . –   3.) Zwischen Entwarnung und Panik  – . –   4.)  Wenn die Heizung aus bleibt  – . –   5.) LINKSPARTEI IN DER KRISE  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Jetzt überbieten sich die politischen Fürsten-innen der Welten-Dunkelheit einmal mehr mit Lobeshymnen, welche über den verstorbenen  Michael Gorbatschow ausgegossen werden. Bietet sich doch eine einzigartigen Möglichkeit dem Putin zu zeigen, wie klein er in der heutigen, politischen Wirklichkeit wahrgenommen wird. Da helfen dann sogar die letzten verrosteten Konservendosen von der Hinterbänken, aus den Parteien im Spiel einem dem Sommerschlussverkauf gleichenden Einkauf boom  mit. 

„Mann mit einer bemerkenswerten Vision“. „Einzigartiger Staatsmann“, „ebnete den Weg für ein freies Europa“: Zahlreiche Politikerinnen und Politiker weltweit haben den früheren sowjetischen Staatschef gewürdigt.

1.) Reaktionen auf Tod von Michail Gorbatschow

Mit Trauer und Anerkennung haben Politiker und Politikerinnen weltweit auf den Tod des ehemaligen sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow reagiert. US-Präsident Joe Biden würdigte Gorbatschow als einen „Mann mit einer bemerkenswerten Vision“. Dieser habe sich in der Sowjetunion nach Jahrzehnten brutaler politischer Unterdrückung für demokratische Reformen eingesetzt, sagte Biden. „Dies waren die Taten einer außerordentlichen Führungspersönlichkeit – einer, die die Vorstellungskraft besaß, eine andere Zukunft für möglich zu halten, und den Mut hatte, ihre gesamte Karriere zu riskieren, um dies zu erreichen. Das Ergebnis war eine sicherere Welt und größere Freiheit für Millionen von Menschen.“ Biden sagte, Gorbatschow habe an Glasnost und Perestroika geglaubt – nicht als bloße Schlagworte, sondern als den Weg nach vorn für die Menschen in der Sowjetunion nach so vielen Jahren der Isolation und Entbehrung. Der Kalte Krieg habe schon fast 40 Jahre gedauert, als Gorbatschow an die Macht gekommen sei. Nur wenige hochrangige sowjetische Funktionäre hätten den Mut gehabt, zuzugeben, dass sich die Dinge ändern mussten. Als Mitglied des Ausschusses für auswärtige Beziehungen des Senats habe er (Biden) miterleben können, wie Gorbatschow dies und noch mehr getan habe. António Guterres: „einzigartiger Staatsmann“. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „zutiefst traurig“ über den Tod des früheren Staatschefs. Gorbatschow sei ein „einzigartiger Staatsmann“ gewesen, der den Lauf der Geschichte verändert habe, teilte Guterres mit. „Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden.“ Der Portugiese sprach der Familie Gorbatschows und der Bevölkerung Russlands sein Beileid aus. Die Aussage des Friedensnobelpreisträgers, dass Frieden nicht Einheit in Gleichartigkeit, sondern Einheit in Vielfalt sei, habe dieser mit seiner Politik in die Praxis umgesetzt.

Zeit-online

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Welche-r Politiker-in war noch nie auf den Meseberg ? Der hat auch noch nie eine Klau-Kul-t-s-ur unter zerstrittenen Parteien erlebt. Dort Fordert und Bietet ein Jeder dem Anderen, was er zuvor seinen Wählern genommen hat. Wichtig hierbei ist einzig, dass die eigenen Taschen gefüllt werden und das nicht alleine durch die Spesen. Jeder der diesen Berg überlebt bleibt der politische Schummel Chef.

Preise, Gas und Missgunst: „Klassentreffen“ für die gereizte Ampel. Eigentlich wollte Ampel-Koalition eine Regierung der Reformen sein, doch stattdessen muss sie allen Ecken Brände löschen. In Meseberg sitzen nun alle zusammen, vor allem um die hohen Preise abzufedern. Nicht nur das kratzt am Nervenkostüm.

2.) KLAUSUR AUF SCHLOSS MESEBERG

Das Bundeskabinett geht in Klausur – doch das Thema, das Bürger wie Politik gerade am meisten beschäftigt, steht auf der Tagesordnung maximal verklausuliert: „Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Energieversorgungssicherheit in Deutschland.“ Klar ist: Die zunehmend erhitzte Debatte über neue Entlastungen wegen der hohen Preise werden Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Minister beim „Klassentreffen“ auf Schloss Meseberg nicht ausblenden können. Die Ampel steht unter Druck, und SPD, Grüne und FDP beginnen zunehmend auch gegeneinander auszuteilen. Die Nerven scheinen arg strapaziert – aus unterschiedlichen Gründen: Habecks erster offensichtlicher Fehler. Grünen-Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck, in Umfragen das beliebteste Mitglied des Scholz-Kabinetts, hat seinen ersten offensichtlichen Fehler gemacht. Von seiner unter Zeitdruck gestrickten Gasumlage, einer Abgabe für Privathaushalte und Industrie, könnten auch wirtschaftlich stabile Gasimporteure profitieren. Habeck hat eine Korrektur zugesagt. Doch juristisch ist das kompliziert, und inzwischen verlieren angesichts des öffentlichen Drucks sogar die Koalitionspartner die Geduld.  Die FDP fordert Ideen bis zur Kabinettsklausur. SPD-Chef Lars Klingbeil wirft Habeck in deutlichen Worten handwerkliche Fehler vor. Am Ende zählten in der Politik eben nicht nur schöne Worte, merkte er bei „Zeit online“ spitz an. „Es muss vor allem die Substanz stimmen.“ Daraufhin keilte der Fraktionsvize der Grünen, Konstantin von Notz, auf Twitter gegen Klingbeils Genossen Scholz aus: „schlechte Performance des Bundeskanzlers“, „miese Umfragewerte“, Erinnerungslücken im Hamburger Steuerskandal – all das werde „durch unloyales Verhalten und Missgunst“ in der Koalition nicht geheilt.

Stern-online

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Die genaue Definition weiß noch niemand von denen in  diesem Schloss auf den  Meseberg  einsitzenden. Aber ist nicht alles mit einer gewissen Vorsicht zu genießen wenn über die Strompriese eine Ärztin entscheidet, welche irgendwann sagen miss: „Operation gelingen, aber leider nahm dieser Patient die falschen Medikamente ein und ist daran Verstorben.“

Reform des Strommarkts. Minister Habeck setzt auf Entlastung von Verbrauchern. Kommissionschefin von der Leyen will in den Energiemarkt eingreifen – eine gefährliche Idee.

3.) Zwischen Entwarnung und Panik

Robert Habeck rudert zurück. Vor wenigen Tagen hatte er noch gesagt, er wolle den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln. Das klang, als wolle er die gesamte Marktlogik des Stromhandels über den Haufen werfen. Da bereits im Koalitionsvertrag steht, man wolle ein „neues Strommarktdesign erarbeiten“ (wobei noch niemand erklären konnte, was das konkret heißt), musste man auf alles gefasst sein. Nun folgte eine gewisse Entwarnung. Habeck stellte – was nur vernünftig ist – klar, dass er an der Preisbildung im europäischen Stromgroßhandel nicht rütteln will. Der Mechanismus, wonach immer das letzte gerade noch nötige Kraftwerk die Preise setzt, basiert schließlich auf ökonomischen Grundrechenarten. Das Konzept hat niemand erfunden, es folgt einer inhärenten Logik. Jedes andere Modell würde die Funktion des Strommarkts gefährden und damit die Versorgung. Ob das auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiß? Sie brachte – ohne Details zu nennen – kurzfristige Eingriffe in die europäischen Energiemärkte ins Spiel, die eher nach gefährlicher Panik klingen als nach einem durchdachten Konzept. Dagegen setzt Habeck auf eines, das grundsätzlich funktionieren kann: Er will lediglich die Endkundenpreise von den Börsenpreisen entkoppeln, indem eine Übergewinnsteuer die Preise für Verbraucher subventioniert. Details sind auch hier noch offen.

TAZ-online

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Sollte der Sport nicht als eine der schönsten Freizeitbeschäftigungen in dieser, ach so grauen Welt gesehen, werden ? Neben bei – Politiker-innen und Sport – so viele Polizisten-innen gibt es doch gar nicht, welche diese Sporttreibenden vor den ganz normalen Spaziergängern-innen schützen können. Politiker-innen erwecken doch immer den Eindruck sehr wichtig zu sein !

Die drohende Energiekrise dürfte auch den Breitensport hart treffen. Im Winter dürfte sich rächen, dass nicht genug in die energetische Sanierung von Sport­anlagen investiert wurde.

4.)  Wenn die Heizung aus bleibt

Es ist ein wunderbarer Sommer. Die Sonne scheint, die Freibäder sind voll, und wer kann, verbringt möglichst viel Zeit in Parks oder auf dem Balkon, einem Ort, an dem man ganz hervorragend auch Artikel für die Jungle World schreiben kann. Doch die Erfahrung lehrt uns, dass auch der schönste Sommer irgendwann zu Ende geht, ihm erst der Herbst und dann der Winter folgt. Und dann wird es kalt und dunkel. Wer vorhat, sich im kommenden Winter durch sportliche Aktivitäten warmzuhalten, dem könnte das in der Praxis schwerfallen. Wer vorhat, sich im kommenden Winter durch sportliche Aktivitäten warmzuhalten, dem könnte das in der Praxis schwerfallen. Über sechs Monate hinweg, da soll man sich nichts vormachen, ist ein zivilisiertes öffentliches Leben in Deutschland nicht möglich. Die Temperaturen ebenso wie die immer länger werdenden Nächte lassen das einfach nicht zu. Während die Klügeren sich schon in der Spätantike dazu entschlossen, in den Süden zu ziehen, blieben am Ende nur noch die Verlierer der Völkerwanderung, um diese garstige Region zumindest rudimentär zu besiedeln. Erst seit der Industrialisierung war wieder ein Leben in diesem Land möglich, dass sich von dem eines Wildschweinrudels unterschied: Die Häuser bekamen größere Fenster, das Beheizen wurde bequemer und irgendwann gab es sogar Strom, um sie ausreichend zu beleuchten. An der Fenstergröße wird sich auch im kommenden Winter wohl nichts ändern. Beim Heizen und Beleuchten könnte es eng werden. Die Kombination aus einer »Energiewende«, die das Wall Street Journal als die »dümmste Energiepolitik der Welt« bezeichnet, und den Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, lässt die Energiepreise steigen und die Versorgungssicherheit sinken. Deutschland wird Kaltland, und das nicht nur im übertragenen Sinne.

jungle-world-online

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Wer von den Links Protestierenden möchte denn auch mit schmutzigen Händen nach Hause gehen ? So ist es nicht schon als eine Überraschung zu werten, wenn Sahra alleine Protestieren will, so ganz ohne sich auf ihren alten Esel stützen zu können? 

File:ETH-BIB-Taormina, Esel-Karren-Dia 247-05635.tif

Leipziger Dreieck. –  Die Linke: Wagenknecht bei Protestkundgebung am 5. September nicht erwünscht. Rechter Flügel der Partei erhöht Druck.

5.) LINKSPARTEI IN DER KRISE

Wenige Tage vor der vom Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann mit Unterstützung der Linke-Bundestagsfraktion für den 5. September in Leipzig organisierten Kundgebung gegen die Verarmungspolitik der Bundesregierung verschärfen sich die Auseinandersetzungen innerhalb der Partei Die Linke. Verschiedene Medien berichteten in der Nacht zu Dienstag über eine »Ausladung« der Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, die nach jW-Informationen zunächst neben anderen Bundespolitikern der Partei als Rednerin für die Veranstaltung auf dem Augustusplatz vorgesehen war. Reden sollen neben der Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali am 5. September dem Vernehmen nach der ehemalige Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi und der im Juni beim Bundesparteitag Erfurt gewählte Koparteivorsitzende Martin Schirdewan. Beide stehen innerparteilich für den Ansatz, die Linkspartei im Kontext der für den Herbst erwarteten Protestbewegung als ausschließlich sozialpolitische Opposition aufzustellen, die von der Regierung fordert, die Menschen zu »entlasten« und die Preise zu »deckeln«, während die Außenpolitik in Hinsicht auf Russland – also insbesondere auch der gegen Moskau geführte, für die Teuerungswelle wesentlich verantwortliche Wirtschaftskrieg – nicht offensiv in Frage gestellt, sondern unter dem Strich mitgetragen wird. Wagenknecht dagegen hat sich immer wieder offen gegen die Sanktionspolitik gewandt. Es liegt nahe, dass diejenigen in der Partei, die verhindern wollen, dass die Linkspartei gegen die Sanktionspolitik auftritt, keinerlei Interesse daran haben, dass Wagenknecht bei der bundesweit beachteten Kundgebung in Leipzig auftritt.

junge. Welt-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten    — 

Photographer
Title
Taormina, Esel-Karren
Description
Kolorierung des Dias durch Margrit Wehrli-Frey, 1933
Depicted place Taormina
Date 1932
Medium Fotografie : Glasdiapositiv
Dimensions 8,5 x 10 cm
Accession number
ETH-Bibliothek_Dia_247-05635
Source E-Pics Bildarchiv online http://doi.org/10.3932/ethz-a-000079401

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Debatte über „Winnetou“

Erstellt von Redaktion am 30. August 2022

Aus der Zeit gefallen

Wurde nicht schon immer der größte rassistische Schrott innerhalb der politischen Parteien ausgegoren über die ganze Welt ausgossen, indem alles was nicht „Weiß“ war, getötet oder mit Verachtung Versklavt wurde ?  Das wurde bis heute nicht – und wenn doch, nur hinter der vorgehaltenen Hand leise gesäuselt.

Von Alina Schwermer

Auch im Streit über „Winnetou“ gilt: Es gibt kein Recht auf rassistischen Schrott. Aber wichtiger als Verbannungen sind Kompetenzen im Umgang damit.

Nun hat es also auch den alten May erwischt. Nachdem der Ravensburger Verlag vergangene Woche seinen Winnetou-Abklatsch zu einem aktuellen Film zurückzog, brennt das Lagerfeuer der Aufklärung plötzlich lichterloh: Darf man noch Karl-May-Festspiele abhalten? Mays Werke verkaufen? Muss Winnetou ein zweites Mal sterben, diesmal endgültig?

Das weiße rassistische Denken in Deutschland entdeckt plötzlich seine Liebe zum Blutsbruder; die Karl-May-Gesellschaft verfasst eine tausendfach unterzeichnete Petition für einen differenzierten Umgang, der im Wesentlichen „Weiter so“ heißt. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie schlecht Cancel-Debatten oft laufen. In einer Welt, in der ein gehöriger Teil von Kunst Sexismus, Klassismus oder Rassismus enthält: Wie viel ist zu viel? Wie geht man sinnvoll mit rassistischer Kunst um? Es ist überfällig, das klüger zu diskutieren.

Viel zu viel kreist um Canceln oder Nicht-Canceln, also die Konsequenzen, dabei hat sich die Gesellschaft noch gar nicht verständigt, was eigentlich das Problem ist – jenseits von plakativen Vorwürfen wie „kulturelle Aneignung“, die selbst hochproblematisch sind. Mays Werke des 19. Jahrhunderts, die Filme der sechziger Jahre, die vielen Remakes bis hin zur homophoben Satire „Schuh des Manitu“; 150 Jahre Stoff ist nicht ein Werk. Was ist also an den May-Büchern das Problem?

Kurz: Sie sind dermaßen rassistisch, deutschtümelnd und frauenfeindlich, dass man nur hoffen kann, Sigmar Gabriel weiß gar nicht, was drinsteht: Die „naturnah“ dargestellten, geistig meist limitierten „Indianer“; der seiner „Rasse“ überlegene Winnetou, der als „roter Weißer“ die Romantisierung erst möglich macht; der N* namens Bob, der Babysprache spricht, treu den Weißen dient und als Trottel herhalten muss. Ist das zumutbar?

Die deutlich entschärften Filme der sechziger Jahre haben das Kolonialverbrechen dann individualisiert: Gute Weiße und gute weiße Soldaten helfen den „Indianern“ in einer irren rassistischen Verdrehung gegen einzelne, meist Latino-Bösewichte. Die jetzt getilgten Kommerz-Kinderbücher sind vermutlich der harmloseste Winnetou, den es je gab. Winnetous Evolution ist auch ein Abbild der Fortschritte im Antirassismusdiskurs. Und rassistischer Konstanten. Die deutsche Gesellschaft stellt gerade fest, dass sie all das nicht umstandslos in die historische Tonne kloppen kann. Vorher muss sie aufarbeiten.

Karl Mays Winnetou – eine Selbsttherapie für ein Volk von Ras­sis­t-in­nen und Mör­de­r-in­nen

Auch das läuft völlig wirr. Ravensburg entschuldigt sich dafür, dass „wir die Gefühle anderer verletzt haben“. Das ist Teil des großen, oft absichtlichen Missverständnisses um „Cancel Culture“. Kunst verletzt zwangsläufig und zum Glück Gefühle. Das Problem an rassistischen Werken sind nicht Befindlichkeiten, sondern es ist ihr Rassismus. Es wäre allerdings infantil, den größten Teil von 2.000 Jahren Kulturgeschichte zu schreddern (was freilich bisher auch niemand verlangt hat).

Oliver-Twist-1922.jpg

Es geht um die Überwindung von Verhältnissen, nicht ums Vernichten ihrer historischen Abbildung. Gleichzeitig ist es ebenso naiv, Kunst für ein totes, unveränderliches Stück Holz zu halten. Charles Dickens schrieb Oliver Twist um, nachdem ein jüdischer Kritiker ihm den Antisemitismus aufzeigte. Disney hat sein ultrarassistisches Musical „Song of the South“ (1946) nach Protesten nie auf US-Video veröffentlicht. Erfolgreiche Cancel Culture schon damals. Es gibt kein Recht auf rassistischen Schrott, nur weil er Kunst heißt. Und natürlich kann man sich bei den originalen May-Werken mit guten Gründen entscheiden, sie nicht mehr kommerziell zu vertreiben.

Zugleich lohnt es, zu erinnern: Weltbilder bilden sich komplex aus, einzelne Filme oder Bücher werden in ihrem Effekt eher überbewertet. Denn die Winnetou-Debatte ist ja auch eine Scheindebatte. Die Öffentlichkeit diskutiert verbissen über Werke, die ohnehin fast keiner mehr kauft, Gegenwartskultur fällt dagegen meist sträflich unter den Tisch. Alles, was die heutigen jungen Erwachsenen und Kinder formt(e) – von rassistischen Disney-Filmen der neunziger Jahre wie „Pocahontas“ und „Aladdin“ über sexistische Welterfolge wie „Die Eiskönigin“ bis hin zur Frage, wer eigentlich weiterhin Geschichten erzählt (wohlhabende US-Bürger:innen) –, wird kaum debattiert.

Keine kritische Analyse in den Schulen

Quelle           :           TAZ-online          >>>>>      weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —    Winnetou (links) und Ribanna auf der ersten Winnetou-Darstellung aus dem Jahr 1879. Illustration zur Erzählung Im fernen Westen.

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StaMi-Akten zu Stuttgart 21

Erstellt von Redaktion am 30. August 2022

Anleitungen für die Zeugen

Wollte er den Bahnhof in das Rathaus holen? 

Von Johanna Henkel-Waidhofer

Stefan Mappus hat ausweislich neu eingesehener Akten seine Rolle beim „Schwarzen Donnerstag“ heruntergespielt, als er Ende 2010 vor dem Untersuchungsausschuss aussagte. Aber nicht nur der frühere CDU-Ministerpräsident Baden-Württembergs versuchte, die Wahrheit zu verschleiern.

Plausibel war die Lesart nie, wonach ausgerechnet der robuste Regierungschef, dem der eigene FDP-Justizminister Ulrich Goll den Spitznamen „Mappi-Schnappi, das Krokodil“ verpasst hatte, am 29. September 2010 lammfromm am Tisch in der Villa Reitzenstein gesessen hätte, um der Polizeiführung zu lauschen. Die Situation war angespannt: Durch den immer stärkeren Protest gegen Stuttgart 21 fühlte sich der CDU-Ministerpräsident unter Druck, Stefan Mappus sah sich von den Projektgegnern mit dem „Fehde-Handschuh“ konfrontiert und wollte unbedingt die Wahl im kommenden März gewinnen. Nun mussten die Baumfällarbeiten im Stuttgarter Schlossgarten zur Einrichtung der Megabaustelle beginnen, doch der ursprüngliche Termin um 15 Uhr am 30. September 2010 war durchgestochen worden, die Gegner alarmiert. Um sich informieren zu lassen, „wie man mit dieser Situation umzugehen gedenke, habe ich die zuständigen Ressorts – das Innenministerium für die Polizei, das Umwelt- und Verkehrsministerium als verantwortliches Ministerium für Stuttgart 21 – zu einer Informationsbesprechung in das Staatsministerium eingeladen“, sagt Mappus in seiner Zeugenaussage im Landtag am 22. Dezember 2010. Und weiter: Er habe sich bewusst zurückgehalten und abschließend „nur gefragt, was denn jetzt gemacht wird“.

Nur gefragt? Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum brutalen, völlig aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz sollte auch der Frage nachgehen, ob es stattdessen Versuche politischer Einflussnahme auf die Polizeiführung gab. Mappus hatte viele Gründe anzunehmen, dass seine vor dem Ausschuss präsentierte Version halten würde. SPD und Grüne, damals beide in der Opposition, wollten den Ministerpräsidenten gleich zum Auftakt der öffentlichen Vernehmungen Anfang November hören, die Regierungsparteien CDU und FDP setzten mit ihrer Stimmenmehrheit im Ausschuss allerdings durch, dass er erst als letzter in der achten Sitzung an die Reihe kam. Und in die ging er bestens präpariert durch seine Beamten im Staatsministerium (Siehe dazu in dieser Ausgabe auch „Gott sei Dank, Herr Pope“) und durch die Regierungsbeauftragten, die per Gesetz die Ausschussarbeit mitverfolgten, ihn aber regelmäßig mit immer neuen Vermerken und Notizen aus anderen Zeugeneinvernahmen fütterten.

„Die vorgeschlagenen Aussagen sind eine Anregung“

„Drehbücher à la Hollywood“ seien es, die die Beamten erstellten, so der ehemalige Richter Dieter Reicherter, dem vor kurzem Einsicht in die entsprechenden Dokumente des Staatsministeriums gewährt wurde (Kontext berichtete). Das Ziel der Autoren: Dem Chef klarzumachen, dass er seinen Part bei jenem Treffen mit der Polizeiführung harmloser beschreiben kann, als er war. Darunter dieser inzwischen mehrfach zitierte, fett gedruckte „Hinweis für MP“: „Ihr in der Sitzung gemachtes Angebot, ggf. selbst mit verschiedenen MP’s zu sprechen, um zusätzliche Kräfte aus anderen Ländern zu gewinnen, wurde bislang von keinem Zeugen der Besprechung thematisiert“ (hier das ganze Dokument, Zitat auf S. 8/000034). Das beweist, dass Mappus vor den Abgeordneten eben nicht alles sagte, was er wusste. Zugleich heißt es in den Dokumenten mehrfach: „Die vorgeschlagenen Aussagen sind lediglich eine Anregung. Sie spiegeln den Eindruck der bisherigen Zeugenaussagen wider. Entscheidend für eine wahrheitsgemäße Aussage sind ausschließlich Ihre eigenen Erinnerungen.“ Diese jedenfalls nicht zur Gänze zu bemühen, war Mappus geschmeidig genug.

Drehbücher finden sich in den Akten nicht nur für Mappus. Vom damaligen Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf, gleich zweimal geladen, wird eine Aussage erhofft zur Bestätigung der Leseart, es habe keine politische Einflussnahme gegeben, so eine auf den 28. Oktober datierte Notiz: „Taktisch wäre es in unserem Sinn, wenn PP Stumpf nach Bekanntwerden des ursprünglichen Einsatzbeginns (um die Mittagszeit) bereits im PP Maßnahmen ergriffen hätte, um den Einsatz auf 10.00 Uhr vorzuziehen. (…) Dann wäre klar, dass PP Stumpf seine Linie von Anfang bis Ende durchgehalten hat“ (hier das ganze Dokument, Zitat auf S. 3/000128). Und in einer auf den 13. November datierten Notiz werden Vorschläge für die bevorstehende Vernehmung von Stumpf noch einmal konkretisiert: „PP könnte ggf. kritische Punkte, die aus den Akten (…) sowieso erkennbar sind, selbst ansprechen, um eine defensive Lage von vornherein zu vermeiden. Bsp.: „Ich hatte mich bereits vor dem Gespräch im Staatsministerium auf einen Einsatzzeitpunkt um 10.00 Uhr festgelegt (…)“ (hier das ganze Dokument, Zitat auf S. 1/000112). In seiner Aussage erinnerte sich Stumpf dann entsprechend.

Zeugen in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen werden vor ihrer Aussage belehrt, dass sie die Wahrheit sagen müssen und nichts Erhebliches weglassen dürfen. Und dass auch eine uneidliche Falschaussage strafrechtlich relevant sein kann. Der Kurzzeit-Regierungschef für 13 Monate hätte gute Chancen gehabt, belangt zu werden, wäre seine deutlich aktivere Rolle – besagter Rundruf bei Kollegen in der Republik, um die Notlage zu beschreiben und Polizeikräfte zu erbitten – bei der Besprechung mit der Polizei publik geworden. Schon im Spätsommer 2012 werden im Staatsministerium die Sicherheitskopien von Mails von Mappus entdeckt. Doch dann kämpft er vor Gericht – schlussendlich erfolgreich – um die Löschung. Und fünf Jahre nach der Aussage ist die Sache verjährt.

Der grüne Amtschef und die Mappus-Anwälte

Hier scheint auch nur der Hintergrund Grün und er Orden Braun?

Die Akten, die Dieter Reicherter und der frühere Bruchsaler Grünen-Stadtrat und Transparenz-Spezialist Gert Meisel nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) vor bald zehn Jahren erstmals einzusehen begehrten, sind aber weiter vorhanden. Jedenfalls zeigt eine Mail vom November 2012 an jenen Beamten, der federführend war für die Vorbereitung von Mappus‘ Aussage am 22. Dezember, dass das inzwischen grüngeführte Staatsministerium von dem umfangreichen Material in der Registratur Kenntnis hatte. Im April 2013 wird dem Amtschef Klaus-Peter Murawski sogar vorgeschlagen, mit Mappus‘ Anwälten über Bande zu spielen: Ihnen soll das Einsichtsgesuch gerade mit Blick auf das noch offene Löschungsverfahren in der Erwartung vorgelegt werden, „dass die Anwälte die Herausgabe ablehnen werden“. Auf diese Weise werde „die Position des StM im Verwaltungs- und möglicherweise anschließenden Verwaltungsgerichtsverfahren nochmals stärker abgesichert“. Dabei war damals Reicherter und anderen schon längst bekannt, dass als intern eingestufte Unterlagen rund um den Untersuchungsausschuss aus Mappus´ Regierungszentrale auch an die CDU-Landtagsfraktion weitergeleitet worden waren.

Quelle        :         KONTEXT-Wochenzeitung-online       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —     Stefan Mappus spricht auf dem Bundesparteitag der CDU in Karlsruhe

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Unten      —     Klaus-Peter Murawski (rechts) und Winfried Kretschmann, 2021

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Und nun auch das noch!

Erstellt von Redaktion am 30. August 2022

Putin verarmt und spaltet „uns“.

So wird auch gespaltet !

Quelle       :        Scharf  —  Links

Von Frank Bernhardt und Johannes Schillo

Aber Armutsforschung und Gewerkschaften stehen dem hiesigen Fußvolk zur Seite und kümmern sich – wenn auch um sonst nichts – um den nationalen Schulterschluss.

Dass es in Deutschland, nicht zu knapp, materielles Elend gibt (https://www.heise.de/tp/features/Verarmung-und-Spaltung-neuerdings-nur-durch-Putin-7216949.html), ist keine Kritik subversiver Außenseiter mehr, sondern spätestens, seit Rotgrün vor 20 Jahren ganz regierungsoffiziell Armuts- und Reichtumsberichte beschloss, allseits anerkanntes Sorgethema. Wer vom Lohn abhängig ist, wird im Blick auf die Wechselfälle und Härten, die das Lohnarbeiterdasein bereit hält (Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität, Altersarmut), regelmäßig begutachtet.

Deutschland kann hier mittlerweile einiges vorweisen, wie eine Bilanz noch vor Beginn des Ukrainekriegs festhielt (https://www.heise.de/tp/features/Warum-die-Armutsdefinition-den-Blick-auf-die-Realitaet-verzerrt-6345411.html): Neben Kinderarmut, Altersarmut, Bildungsarmut wird schon seit Längerem die Armut von Alleinerziehenden, Langzeitarbeitslosen oder Migranten thematisiert – und dann vor allem als die entscheidende „neue soziale Frage“ (Seehofer, CSU) die Wohnungsarmut herausgestellt. Dass Wohnen immer teurer wird und viele Menschen sich Mieten kaum noch leisten können (https://www.heise.de/tp/features/Mietbremse-und-Mietendeckel-Rumdoktern-an-Symptomen-6122236.html), war z.B. ein Wahlkampfthema 2021, bei dem die Parteien mächtig aufdrehten.

Und bereits 2021 wurde ein weiterer Problemfall, die Energiearmut, mit Nachdruck bekannt gemacht. Angesichts stark gestiegener Energiepreise warnte der EU-Arbeitskommissar Schmit im Oktober 2021 vor mehr Energiearmut in Europa. Es gebe bereits Millionen Menschen, die unter Energiearmut litten, „und diese Zahl könnte noch größer werden“, sagte er. Der europäische Gewerkschaftsbund ETUC hatte zuvor die Befürchtung geäußert, „dass mehr als 2,7 Millionen Menschen in Europa es sich nicht leisten könnten, ihre Wohnung vernünftig zu wärmen, obwohl sie Arbeit hätten.“

Plötzlich ist sie wieder da – die soziale Frage

Sozialforscher und Sozialverbände sind in der Sache aktiv, machen regelmäßig Rückmeldung. Christoph Butterwegge, einer der bekanntesten Armutsforscher der Republik, hatte zuletzt noch in seiner Veröffentlichung „Polarisierende Pandemie“ (2022) die Klassenstruktur der BRD eindrucksvoll nachgezeichnet und auf die zunehmenden Tendenzen der Verarmung und Prekarisierung hingewiesen. Auch das Statistische Bundesamt veröffentlichte im August 2022 wieder Zahlen zur Armut in Deutschland 2021.

Und last but not least haben die Menschen, die vor der Notwendigkeit stehen, „durch Zusammenhalt wirksame Gegenmacht gegen Arbeitgeber- und Kapitalmacht zu schaffen“ (DGB-Grundsatzprogramm), natürlich ein eigenes Vereinswesen auf ihrer Seite – nämlich die zahlreichen Gewerkschaften, die es hierzulande im (und auch neben dem) Dachverband DGB gibt und die in vielstimmiger Form Klage führen. Mit dem Aufschwung der Globalisierungsrhetorik Ende des 20. Jahrhunderts wurde ja auch in der gewerkschaftlichen Bildung der Fokus auf die „Rückkehr der sozialen Frage“ gerichtet – passend zum rotgrünen Vorhaben der Agenda 2010 in Sachen Volksverarmung, an dem ein prominenter Gewerkschafter wie der berüchtigte Peter Hartz mitwirkte.

Die nachfolgende Finanz- und Wirtschaftskrise bestätigte die Notwendigkeit, auf verarmte Menschen aufzupassen, denn der hochgelobte Marktmechanismus versagte erneut bei seiner Aufgabe, allgemeine Wohlstandsmehrung zustande zu bringen. In den USA soll ja sogar die Vergabe von Immobilienkrediten an arme Menschen im „Subprime“-Bereich das globale Finanzdesaster herbeigeführt haben. Die Folge war jedenfalls: Etwa zehn Millionen Hausbesitzer … erlebten zwischen 2006 und 2014 eine Zwangsversteigerung ihres Hauses“, so die Meldung von BUSINESS INSIDER. Es waren „bis zu 500 Menschen, so die Schätzungen, [die] … pro Tag in den USA ihr Heim durch Zwangsversteigerung“ (www.tagesspiegel.de, 24.3.09) verloren.

Hat nun die neue Aufmerksamkeit für das „Armutsproblem“, das ja im Zuge der gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wieder vielfach besprochen und mit viel Respekt für besonders betroffene Bevölkerungsgruppen ausgebreitet wurde, zur Verringerung der materiellen Not geführt? Weit gefehlt! Das „Problem“ hat sich vielmehr verschärft, es macht den Fachleuten Sorgen, beherrscht die Titelseiten der Zeitungen und kommt jetzt, allerdings in einer leicht verfremdeten Weise, als allergrößte Herausforderung fürs Land daher, in dem doch angeblich dank „Sozialer Marktwirtschaft“ allseitige Güterversorgung und breiter Wohlstand bestehen.

Wachsende Armut in Deutschland, hieß es letztens in einer Analyse bei Krass & Konkret, wird offiziell „angesagt, geleugnet und gleichzeitig als epochale Herausforderung ins Bedrohungsszenario vom bösen Putin eingebaut.“ (https://overton-magazin.de/krass-konkret/an-der-heimatfront-die-reihen-fest-geschlossen/) In dem Kontext war ausführlich vom neuen Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands die Rede, der zum Juni 2022 erschienen war und nicht, wie üblich, in der Öffentlichkeit als Pflichtübung wohlwollend zur Kenntnis genommen, sondern ganz forsch von einflussreichen Medien mit halbseidenen bis irreführenden Interpretationen zurückgewiesen wurde.

Die Junge Welt (3.8.22) hat das in einem Beitrag „Akzeptiertes Elend“ ausführlich dargelegt. Stein des Anstoßes war für die Medien demnach die erste und zentrale Aussage des Sozialverbandes, dass die Armut im Lande bereits vor Beginn des Ukrainekriegs ein Rekordhoch erreicht hatte: „Laut Paritätischem Armutsbericht 2022 hat die Armut in Deutschland mit einer Armutsquote von 16,6 Prozent im zweiten Pandemie-Jahr (2021) einen traurigen neuen Höchststand erreicht. 13,8 Millionen Menschen müssen demnach hierzulande derzeit zu den Armen gerechnet werden, 600.000 mehr als vor der Pandemie. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnet angesichts der aktuellen Inflation mit einer weiteren Verschärfung der Lage…“ (Der Paritätische – Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege, „Armutsbericht 2022“: https://www.der-paritaetische.de.)

Ungleichheit tötet“

Die Rechenkunststücke der Experten, die das Problem schönzureden versuchten, waren erstaunlich. Ein allgemeiner Trend wurde bezweifelt, einzelne Härtefälle zugegeben. Dabei sind relative und absolute Armut mit ihren jeweiligen Folgen, hierzulande und im globalen Süden, nicht zu übersehen. „Ungleichheit tötet“ hieß es z.B. Anfang des Jahres im Oxfam-Bericht, der das Elend der globalisierten Marktwirtschaft ins Visier genommen hatte. Friedhelm Hengsbach wies jüngst in einem Kommentar (https://overton-magazin.de/buchempfehlungen/ungleichheit-toetet/) auf die Befunde des Reports hin, demzufolge „163 Millionen Menschen mehr als vor der Pandemie seit Anfang?2020 zusätzlich in eine Armutslage abgerutscht“ sind.

Oxfam hatte den Report Ende Januar 2022 vorgelegt. Einen Monat später, mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und der nachfolgenden „Zeitenwende“ in Deutschland, hat sich dann der Blick aufs Elend in der Welt verändert: Es ist nicht mehr marktwirtschaftlich hausgemacht, sondern kennt einen persönlichen Verursacher, einen Mann, der in Moskau residiert.

Putin – und nicht die Ungleichheit – tötet systematisch Menschen auf dem Globus, wie die jüngsten westlichen Einlassungen zum Welthungerproblem (https://www.jungewelt.de/artikel/430674.ukrainekrieg-welthunger-als-waffe.html) noch einmal klargestellt haben. Und dass Preise steigen – übrigens bereits vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine – soll man sich, wenn nicht gerade ein nationales Feindbild zur Hand ist, wie einen Naturprozess vorstellen, verursacht durchs Steigen an der einen Stelle, was dann Dasselbe an anderer Stelle nach sich zieht usw. So gehen Erklärungen von Experten – streng genommen ein weiterer „Fall von Desinformation“ (https://www.heise.de/tp/features/Inflation-Krieg-Spekulation-6667414.html).

Und die Gegenwehr?

Aber es gibt ja in Deutschland, wie gesagt, eine machtvolle Interessenvertretung der legendären „kleinen Leute“, eben die Gewerkschaften. Und auch wenn sie immer mehr Mitglieder verlieren, stellen sie nach wie vor einen Machtfaktor dar. Einen Faktor, der sogar, wenn er sich wirklich für die Belange derjenigen einsetzen würde, die von der „Arbeitgeber- und Kapitalmacht“ (DGB) abhängig sind, an Attraktivität gewinnen könnte. Dafür müssten diese Vereine aber erst einmal besagten Gegensatz ins Auge fassen. Leider ist das das Letzte, was ihnen (von Ausnahmen abgesehen) in den Sinn kommt, speziell in der gegenwärtigen Lage.

So gab es am 1. August einen Aufruf „Fu?r Solidarität und Zusammenhalt jetzt!“, initiiert von der DGB-Gewerkschaft Verdi (https://www.verdi.de/themen/politik-wirtschaft/++co++950107b4-0f2d-11ed-99f1-001a4a16012a). In dessen Forderungsteil heißt es: „Russlands Machthaber Wladimir Putin will die westlichen Demokratien destabilisieren und spalten. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf: Treten wir dieser zerstörerischen Strategie durch unseren Zusammenhalt gemeinsam entgegen!“

Man könnte dies mit einem Statement aus dem Verteidigungsministerium verwechseln. Aber es folgen doch noch einige organisationstypische Punkte. Mit drastischen Worten benennt der Arbeitnehmerverein die „gewaltigen Aufgaben, vor denen die Menschheit derzeit steht“, und fordert entsprechende Konsequenzen. Vor allem die „Inflation mit dramatisch steigenden Preisen fu?r Energie und Lebensmittel und höchst unsozialen Folgen“ wird beklagt, also die Verarmung der Bevölkerung im kommenden Winter, wo u.a. für die Alten und Gebrechlichen schon „Wärmehallen“ wie im Winter 1929/1930 nach dem großen Börsencrash eingerichtet werden sollen.

Die unsozialen Folgen sind aber, siehe oben, gegenwärtig schon zu verzeichnen und werden selbstverständlich – beredt von Seiten der Politik – als neue Lebensform in „harten Zeiten“ angekündigt: „Die Einschränkungen sind nur der Anfang“, so Katrin Göring-Eckardt von den Grünen (www.t-online.de, 29.7.22). Die Deutschen müssten „sich auf eine neue Definition von Wohlstand einstellen“. Diese offiziellen Ansagen werden gleichzeitig mir trostreichen Vorschlägen garniert, die laut Butterwegge „kleinteiliges Flickwerk“ sind, bei dem eins klar sei: „Die Armut wird sich weiter ausbreiten“ (www.General-Anzeiger, 12.8.22).

Die Gewerkschaftsinitiative bezieht sich dagegen ganz treuherzig auf das Flickwerk von oben: „Wir brauchen umgehend ein zielgenaues und wirksames Entlastungspaket für die, die bereits heute fast zwei Drittel ihres Einkommens für Lebensmittel, Energie und Miete aufbringen müssen. Gute Vorschläge dazu liegen bereits vor. Sie müssen jetzt politisch umgesetzt und gegenfinanziert werden von denen, die das leisten können und womöglich sogar von den diversen Krisen profitieren.“

Eingeladen war übrigens alle Welt, den Gewerkschafts-Aufruf zu unterschreiben. Und es folgten ihm auch einige Prominente – bis auf Vertreter der Arbeitgeberseite (und der katholischen Kirche). Aber mit der Kapitalseite hatte man sich ja schon drei Wochen vorher im Rahmen der „Konzertierten Aktion“ getroffen, zu der Kanzler Scholz Arbeitgeber und Gewerkschaften als Tarifparteien an einen Tisch geholt hatte. „Die Belastungen durch die hohe Inflation sind unbestreitbar – darauf braucht es jetzt Antworten“, erklärte hier der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke im Einvernehmen mit den anderen Beteiligten.

Der Bundeskanzler dankte den Sozialpartnern, dass sie seine Initiative aufgegriffen hatten und mitmachten: „Wichtig ist mir die Botschaft: Wir stehen zusammen.“ Das war das regierungsoffizielle Resümee nach der Auftaktsitzung der Konzertierten Aktion (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/konzertierte-aktion-2059532). „Wir können diese Krise nur gemeinsam bewältigen“, so auch Arbeitgeberpräsident (BDA) Rainer Dulger. Das große „Wir“ wurde allseits beschworen. Und damit begründete Verdi dann seine eigene Initiative:

„Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir Gräben überwinden, füreinander da sein und füreinander einstehen? Wann, wenn nicht jetzt, wo wir nicht nur in einer Krise stecken, sondern gleich in mehreren?“ (Verdi-Homepage) Doch mit dem allerbreitesten Konsens fangen die Probleme der Initiative gleich an, denn der Gegensatz von Kapital und Arbeit, der Existenzgrund einer Gewerkschaft, kommt hier gar nicht vor, sondern nur noch eine Verantwortungsgemeinschaft. So heißt es im Verdi-Aufruf abschließend: „Unser Gemeinwesen gründet auf gelebter Solidarität.“ Mit diesen Fake-News – „unser“ Gemeinwesen gründet schließlich auf einem Klassengegensatz – bekennt man sich also letztlich zur Idee der Volksgemeinschaft, in der (eigentlich) alle ihren Platz haben.

In ähnlicher Weise hatte übrigens der DGB gleich eine Woche nach Beginn des Ukrainekriegs klare Verhältnisse geschaffen und, wie eine Analyse des Gegenstandpunkts festhielt, „das proletarische Einverständnis mit der Zeitenwende verkündet“ (https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/leistung-deutschen-gewerkschaft-kriegszeiten): Der DGB-Aufruf kommt daher als „eine Ermunterung an die Regierung, den Krieg zu beenden und den Frieden einkehren zu lassen, indem sie genau den militärischen und diplomatischen Kurs fährt, auf den sie die Nation längst eingeschworen hat.“

Und wie das Gewerkschaftsforum Dortmund am 5. August ausführte (https://gewerkschaftsforum.de/), wird diese Linie vom neuen DGB-Aufruf vollauf bestätigt (www.dgb.de). Der Dachverband hat sich nämlich zum Antikriegstag am 1. September, mit dem die deutschen Gewerkschaften traditioneller Weise an den deutschen Überfall auf Polen und den Beginn des Zweiten Weltkriegs erinnern, zu Wort gemeldet, ohne zu konkreten Aktionen aufzurufen. Im Endeffekt, so das Gewerkschaftsforum, unterstützt der neue Aufruf die Regierungspolitik mit ihren Sanktionsmaßnahmen und ihrem „Anti-Russland-Wahn“ und verabschiedet sich von einer Antikriegsposition.

„Die Finanzierung militärischer Friedenssicherung darf weder auf Kosten der Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates gehen und die soziale Ungleichheit in unserem Lande verschärfen“, heißt es. In dem Sinne hatten die Gewerkschaften auch schon am 1. Mai vor „Sozialabbau“ durch eine neuen „Rüstungswettlauf“ gewarnt. Denn: die „militärische Friedenssicherung“ könnte den „sozialen Frieden“ gefährden. Die erste Sorge gilt also nicht den Armen. Vielmehr machen sich sofort Bedenken breit, dass die Leute gegen ihre Verarmung auf die Barrikaden gehen könnten. Von einer „sozialen Zerreißprobe“ spricht denn auch der Fachmann, so Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung; gar „Gelbwestenbewegungen“ (www.handelsblatt.com, 10.7.22) werden befürchtet.

Der DGB-Aufruf „Nie wieder Krieg“ zum Anti-Kriegstag erinnert an die „schrecklichen Folgen von Krieg, Gewalt und Faschismus“. Wenn aber Gewerkschaftsführer ihre seit 65 Jahren gepflegte Kriegsgegnerschaft über Bord werfen und nun explizit eine „Friedenssicherung durch Krieg“ befürworten; wenn Gewerkschaftsmassen sich nach solchen Aufrufen für Kriegsunterstützung und gegen „Kriegsmüdigkeit“ mobilisieren lassen; wenn Lohnabhängige also ihre eigene Lage als deckungsgleich mit dem nationalen Interesse einer „europäischen Führungsmacht“ (Scholz) definieren – dann sieht es wohl eher schlecht aus für die soziale Frage.

Dann ist die angekündigte Verarmung ein nationaler Notstand, der nur einen Gegner kennt: „Putin dreht am Gashahn“ (www.eurotopics.net, 17.6.22). Dann werden für die Bewältigung der „Gaskrise“ – die durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland verursacht ist – die eigenen Interessen an auskömmlichem Lohn bei nicht ruinöser Arbeit noch weiter den Bach runter gehen. Die Härte des politischen Anspruchs ist klar, deswegen kommt auch die Warnung vor „Volksaufständen“ (Baerbock) ins Spiel. Vor 150 Jahren warnte Bismarck vor den „vaterlandslosen Gesellen“. Damit meinte er die für eine sozialistische Gesellschaftsordnung kämpfende Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, die gegen die Aufrüstung des wilhelminischen Deutschland agitierte und die dann „wegen gemeingefährlicher Bestrebungen“ etwa mit den „Sozialistengesetzen“ kriminalisiert wurde. Dieses Geschäft betreiben seit dem 20. Jahrhundert die Sozialdemokraten an der Macht…

Natürlich tut die Ampel auch Gutes: Der Sozialstaat bleibt in Kraft, Rentner und „arme Menschen“ sollen „Entlastungspakete“ zur Lebenshilfe erhalten. Kanzler Scholz lässt, wie er im Sommerinterview versichert, keinen allein; „You‘ll never walk alone“ heißt seine Devise; „walk on through the rain, though your dreams be tossed and blown“ geht’s weiter im Lied: also, auch wenn alles in die Hose geht – du bist nicht allein! Finanzminister Lindner will im Herbst überlegen, ob „soziale Härten ab[zu]federn“ (MDR Kultur, 12.8.22) sind. Zuvor hatte er angekündigt, den „Rotstift bei den Ärmsten“ (www.taz.de, 7.7.22) anzusetzen. So will er etwa ab 2023 sukzessive die Gelder für Hilfsangebote bei der Eingliederung Arbeitsloser einsparen.

Zeitenwende auch in der Pädagogik?

Und die Bildungsgewerkschaft GEW? Von der christlichen Parteien wurde schon vor Jahren gefordert, die Bürger_innen, natürlich auch in den Schulen, aktiv zu unterrichten, „um [ihnen] den Sinn bewaffneter Auslandseinsätze zu vermitteln“ (www.taz.de, 2010). Dagegen trat die GEW bislang offensiv auf: Unter dem Motto „Gegen die Militarisierung des Bildungswesens!“ (http://www.ag-friedensforschung.de, 1.9.12) rief die Gewerkschaft z.B. zur bundesweiten Kampagnenwoche gegen den wachsenden Einfluss von Bundeswehr und Rüstungsindustrie auf das Bildungssystem auf.

Gegen den „Kooperationsvertrag“ (www.schleswig-holstein.de, 4.8.21) zwischen dem „Bildungsministerium“ und der „Bundeswehr“ machten sich etwa im letzten Jahr die GEW in Schleswig-Holstein und auch andere Landesverbände stark, z.B. beteiligte sich die GEW Baden-Württemberg aktiv an der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“; die Berliner GEW steht wie der Hauptvorstand auf Bundesebene kritisch den Aktivitäten der Bundeswehr an Schulen gegenüber; die GEW Rheinland-Pfalz spricht sich gegen den zunehmenden Einfluss der Bundeswehr aus und gegen die damit geforderte inhaltliche Gestaltung des Unterrichts, so auch der Lehreraus- und -fortbildung; die GEW Hamburg ist gegen Militärwerbung an den Schulen und hat die Rekrutierung von Unter-18-jährigen verurteilt. 2020 hat es immerhin 1.148 neu eingestellte „Minderjährige“ (www.gew.de, 01/21) bei der Bundeswehr gegeben.

Solche Positionsbestimmungen sind jetzt aber im Fluss. Das oberste Organ der GEW Hamburg hatte auf dem Gewerkschaftstag im April 2022 beschlossen, „das Bildungsprogramm des Hamburg-Tribunals [das mit der Russel Peace Foundation kooperiert] gegen Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen zu unterstützen“ (www.gew-hamburg.de, 15.5.22). Kurz davor sprach sich die Mehrheit des Vorstands gegen die Unterstützung des Tribunals aus. Die Begründung: „man wolle … angesichts des Ukraine-Krieges … den Hamburger Senat nicht auf der Anklagebank sehen“ – ein „Paradigmenwechsel“, wie die Hamburger Lehrer_innenzeitung befand (hlz 3-4/2022, S. 38/39)! Der Beschluss des obersten Gremiums der Gewerkschaft wurde schlicht ignoriert. Damit dürfte auch die „antimilitaristische Position“ des Hamburger Landesverbandes ihr Ende gefunden haben.

Die Berliner SPD hat übrigens vor drei Jahren auf ihrem Landesparteitag den Beschluss „Für Töten und Sterben macht man keine Werbung“ (www.news4teachers.de, 04/19) gefasst; Parteiprominenz verwahrte sich sofort dagegen, hier sah man schon die neuen Zeiten kommen. In Zeiten des Krieges sieht jetzt Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Lehrerverband ein „enormes Informationsbedürfnis über sicherheitspolitische Fragen“ (www.welt.de, 9.3.22) und wirbt dafür, „Jugendoffiziere der Bundeswehr in den Unterricht einzubinden“: „Seit Jahren werde versucht, der Bundeswehr systematisch den Zugang zu Schulen zu verwehren und sie als militaristische Organisation darzustellen. ‚Eine solche Dämonisierung der Bundeswehr lehne ich entschieden ab‘, sagt Meidinger. ‚Es ist höchste Zeit, dass wir uns den Realitäten stellen‘.“

Bildergebnis für Wikimedia Commons Bilder Bundeswehr in Schulen Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Eine Werbung der Deutschen Wach und Schießgesellschaft ?

Anja Bensinger-Stolze, ehemalige Vorsitzende der GEW Hamburg, heute Leiterin des Organisationsbereichs Schule in der Bundes-GEW, wendet sich dagegen: „Krieg als schulisches Thema gehört in die Hand der dafür ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen, zum Beispiel in der politischen Bildung.“ Dazu seien Fachleute in den Schulen vorhanden, um Ängste und Nöte junger Menschen altersangemessen zu besprechen. Wie zivilgesellschaftliche Bündnisse sieht auch die GEW die Gefahr, dass die Offiziere letztlich unwillkürlich Werbung für den Soldatenberuf machen. „Durch die Präsenz von Militär an Schulen sollen die Kinder und Eltern an die Normalität des Krieges gewöhnt und die Schüler_innen als neue Soldat_innen geworben werden“, heißt es etwa auf der Homepage des Bündnisses (https://schuleohnemilitaer.com).

Im nationalen Feindbild vereint

Dass es gesellschaftliche Gegensätze gibt, dass die einen die Lasten zu tragen haben, wovon die anderen – „womöglich“ (!) – profitieren, das klingt zwar im Verdi-Aufruf ganz am Rande an; und auch bei der Konzertierten Aktion bestanden die Tarifparteien auf der Banalität, dass in Deutschland der Rechtsstaat eine Tarifautonomie vorgesehen hat, also das Recht gewerkschaftlicher Eigenaktivität gilt, das sogar bei formeller Ausrufung des Notstands in gewissen Grenzen garantiert sein soll.

Aber solche Differenzen fallen gleich wieder unter den Tisch, wenn die Gewerkschaft auf den entscheidenden Punkt, das Große Ganze, blickt. Jetzt soll gelten: In der Stunde der Not steht das Volk zusammen. Deutschland kennt keine Klassen, Parteien und Konfessionen mehr, die Preissteigerungen kommen, bei elementaren Bedürfnissen wird es Einschränkungen geben, prekäre Verhältnisse breiten sich aus – aber da müssen „wir“ durch.

Und wie sich das für die Beschwörung eines nationalen „Wir“ gehört, kennt der gemeinschaftliche Geist einer völkischen Gemeinschaft, die in Opferbereitschaft zutiefst verbunden ist (solange es nur gerecht zugeht und alle ihr Päckchen zu tragen haben!), seinen Gegenpart, der eben nicht dazu gehört. Denn der Verdi-Aufruf hat ja einen Gegensatz im Auge, den er ganz konsequent austragen will: nein, natürlich nicht den von Kapital und Arbeit, von nationalen Führungen und ihrem Fußvolk, sondern den von guten und schlechten Nationen bzw. ihren Führern. Hier redet der Aufruf Klartext: Wir müssen zusammenstehen, um der „zerstörerischen Strategie“ Putins entgegenzutreten. Das ist die Parole fürs Hinterland.

Durchhalten ist jetzt angesagt, um Deutschland in seinem Wirtschaftskrieg zu unterstützen, der laut Außenministerin Baerbock darauf angelegt ist, Russland zu „ruinieren“. Wachstumseinbruch, Produktionsausfälle, Entlassungen, Verelendung – dass soll drüben beim Iwan passieren, je mehr um so besser. Das müssen „wir“ konsequent weiter verfolgen. Eventuelle Schäden, die hier bei uns anfallen, sind der Preis, der dafür zu zahlen ist. Die deutsche Bevölkerung muss die Lektion lernen, dass sie die Heimatfront in diesem Kriegsgeschehen stellt. Und was in Russland gerade passieren soll, dass die Folgen des westlichen Sanktionsregimes die politische Herrschaft destabilisieren und Volk und Führung spalten, darf auf keinen Fall bei uns eintreten.

Politik und Mainstream-Medien beschwören hierzulande ja schon die Gefahren, die der Republik im Herbst drohen. Friedensbewegter Einspruch – und gibt er sich noch so moderat mit seinen Vorschlägen für diplomatische Lösungen oder Deeskalationsmaßnahmen – ist das Werk der „fünften Kolonne Wladimir Putins“, wie Graf Lambsdorff (FDP) feststellte (https://www.heise.de/tp/features/Fuenfte-Kolonne-2022-7206981.html), Friedensfreunde sind moralisch verkommene „Unterwerfungspazifisten“ (so der Politologe Herfried Münkler).

Und Protest gegen Krieg, Aufrüstung und Verelendung soll man sich als ein „Werk des Rechtsextremismus“ vorstellen, wie diverse Bekanntmachungen der Sicherheitsbehörden vermelden (https://overton-magazin.de/krass-konkret/antimilitarismus-und-volksaufstaende-von-rechts/). Bevor noch der erste Pflasterstein geflogen kommt, steht die Republik also schon in Hab-Acht-Stellung. Und alle Verantwortlichen wissen: Wer jetzt noch gegen die nationale Formierung die Klappe aufmacht, ist im Grunde ein Fall für die Extremismusbekämpfung.

Und wer das noch nicht aus den Nachrichten wusste und die Reden von Scholz oder Habeck verpasst hat, bekommt es jetzt noch einmal schriftlich von der Gewerkschaft und darf, wenn er einen Namen hat, ihn den (bislang) knapp tausend Unterschriften hinzufügen.

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Über die Autoren

Frank Bernhardt, bis 2015 Tätigkeit an Förderschulen und im Personalrat VR So sowie im Schul-PR. Mitglied in der IG Metall seit 1968, seit 1971 in der GEW.

Johannes Schillo, Journalist, bis 2015 als Redakteur tätig, kann auf 47 Jahre Mitgliedschaft im DGB zurückblicken und ist Verdi-Mitglied der ersten Stunde.

Der Text erschien zuerst beim GEW-Magazin Ansbach.

Urheberrecht
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Oben      —      AbuEzra Resistance Street Art / Poster im DuPont Circle North in der Connecticut Avenue, NW, Washington DC am Samstagnachmittag, 11. August 2018 von Elvert Barnes Photography AbuEzra Resistance Street Art von CRAIG TINSKY <a href=“http://craigtinsky.com/“ rel=“nofollow“>craigtinsky.com/</a> SCHREIBEN AN DEN WÄNDEN: Anti-Trump Street Art Paste-ups / Poster Reise nach Washington DC für Day Before Unite The Right 2 Rally / März

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Abspaltungstendenzen links

Erstellt von Redaktion am 30. August 2022

Konkurrenzkandidatur zur EU-Wahl?

Noch nicht einmal Manfred Kapluck mit Sarg wurde aufgefahren um die anwesenden Gemüter zu beruhigen. So gab es dann nicht einmal einen freien Sitzplatz für den KV – WAF mit ihrem Lieschen und der langer Schnute.

Von Pascal Beucker

Auf einem Fest der DKP ziehen Noch- und Ex-Abgeordnete der Linken über ihre Partei her. Das Wagenknecht-Lager scheint auf dem Absprung zu sein.

Rückt die Abspaltung des Wagenknecht-Lagers von der Linkspartei näher? Erstmalig hat jetzt einer der prominentesten Vertreter des linkskonservativen Flügels öffentlich eine Konkurrenzkandidatur bei der Europawahl 2024 ins Gespräch gebracht. „Es muss eine Kraft antreten, die diesem Abbruchunternehmen da drüben im Karl-Liebknecht-Haus eine Alternative entgegensetzt“, sagte der frühere Bundestagsabgeordnete Diether Dehm am Sonntag auf einer Veranstaltung in Berlin.

Dehm, der von 2005 bis 2021 dem Bundestag angehört hat, nahm an einer Diskussion im Rahmen des von der DKP organisierten „UZ-Pressefestes“ auf dem Rosa-Luxemburg-Platz teil, an den die Parteizentrale der Linken grenzt. Die Frage einer Alternativkandidatur sei „der weiße Elefant im Raum“, sagte der 72-jährige Musikproduzent, der als einer der treuesten Anhänger Sahra Wagenknechts gilt, in seinem Redebeitrag aus dem Publikum. Er hoffe auf ein „breites Bündnis“ für die Europawahl – unter Einschluss der DKP. Die Kleinpartei, die bis heute der DDR nachtrauert, war früher moskau- und ist heute mehr pekingorientiert.

Vom Podium der gut besuchten Veranstaltung, in der es laut Ankündigung über „die Perspektiven der Linkskräfte in Zeiten von Krieg und Krise“ gehen sollte, erntete Dehm keinen Widerspruch. Das ist bemerkenswert, weil dort neben dem DKP-Chef Patrik Köbele unter anderem die Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen und ihr Ex-Fraktionskollege Wolfgang Gehrcke saßen. Beide wiesen Dehms Vorstoß nicht etwa offensiv zurück, sondern ließen stattdessen an ihrer (Noch-)Partei kein gutes Haar.

So empörte sich Gehrcke darüber, dass die Linkspartei es abgelehnt hatte, der DKP Räume im Karl-Liebknecht-Haus für ihr Fest zu vermieten. Das finde er „eine Schande“, sagte der 78-Jährige. „Ich schäme mich dafür.“ Für ihn passt das ins Gesamtbild: „Ich finde, die Politik der Linken ist auf der schiefen Bahn und die schiefe Bahn ist mit Schmierseife poliert“, sagte Gehrcke, der 2007 zu den Grün­de­r:in­nen der Linken gehörte und lange im Parteivorstand saß.

So verbinde ihn mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow nichts mehr, sie seien nur noch „zufälligerweise in einer Partei, ansonsten rutscht er mir den Buckel runter“. Die heutigen Linken-Parlamentarier:innen rief Gehrcke, der 2017 aus dem Bundestag ausgeschieden ist, auf: „Brecht die Fraktionsdisziplin der Linken, wenn sie weiter auf einen Pro-Nato-Kurs und Pro-Kriegskurs einschwenkt.“

Gehrcke: „Brutale Hetze gegen Russland“

Unter Zustimmung des Publikums machte er für den Überfall Russlands auf die Ukraine die USA und die Nato verantwortlich. Der Krieg sei „vom Zaune gebrochen worden“, weil diese die Sicherheitsinteressen von Russland und China nicht hätten anerkennen wollen. „Das ist der reale, tatsächliche Hintergrund des Krieges“, zeigte sich Gehrcke überzeugt – und beklagte eine „brutale Hetze gegen Russland“.

Fraktion vor Ort in Bochum (8404145869).jpg

Entgegen der Beschlusslage ihrer Partei sprach sich Sevim Dağdelen grundsätzlich gegen die verhängten Sanktionen gegen Russland aus. Denn es gäbe laut UN-Charta nur ein Gremium, „das befugt ist, Sanktionen völkerrechtskonform zu beschließen, und das ist der UN-Sicherheitsrat“. Daher seien nicht von ihm beschlossene Sanktionen völkerrechtswidrig. „Wenn Rechts als Hauptfeind China und Russland ausgemacht hat, dann denke ich, sollten Linke da besser aufpassen, dass sie sich nicht zu Instrumenten der Rechten machen“, sagte Dağdelen. „Unser Feind sind weder Russland noch China, unser Feind steht im eigenen Land.“

Quelle        :          TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Bundesparteitag DIE LINKE Mai 2014 in Berlin, Velodrom Diether Dehm

Autor   :   Blömke/Kosinsky/Tschöpe

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Unten        —       Bundestagsfraktion solidarisch mit Opelanern von Bochum

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DL – Tagesticker 30.08.2022

Erstellt von Redaktion am 30. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) AMPEL UND GASUMLAGE  – . –  2.) Der Rohrkrepierer kommt auf Schloss Meseberg ?  – . –   3.) Keine Antwort auf die Krise  – . –  4.) Befindet sich Erdogan im freien Fall?  – . –   5.) Linke kommt langsam in die Gänge  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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In der Kürze liegt die Würze! Auch in der Politik, in der wir Meister brauchten und leine Hilfsarbeiter. Menschen, welche die Schulen besuchten und keine Analphabeten mit ihren geklauten Titeln! Bevor Doktor-innen und Professor-innen ihr  Nichtwissen an den Pulten der Dummschwätzenden Politiker-innen, an die Frauen oder Männer bringen wollen, sollten sie sich zuvor auf den Redebühnen der Universitäten ausprobieren, um sich dort mit den Widersprüchen von Wissenden auseinander zu setzen. Eine Arbeit in den Praktiken von Medizinern wäre ebenfalls anzuraten, um den Nachweis einer Leistung belegen zu können. Lange studiert zu haben – bedeutet nicht, auch etwas gelernt zu haben!

Politik mit dem Waschlappen. Politiker der Ampel wollen Unternehmen und Bürgern moralische Vorgaben machen. Lieber sollten sie sich um handwerklich gute Politik kümmern. Nur so werden die Bürger den Kampf der Ukraine weiter unterstützen.

1.) AMPEL UND GASUMLAGE

Die handwerkliche Qualität von Politik kann man ganz gut daran messen, welche Rolle moralische Überlegungen und Forderungen spielen. Klar, ohne Moral geht es nicht, aber allzu oft wird sie genutzt, um handfeste Defizite zu überdecken. So auch jetzt bei der Debatte über die Belastung von Bürgern und Unternehmen durch die explodierenden Preise von Energieträgern. Erst hieß es in der Bundesregierung, einige Firmen sollten freiwillig auf die Gasumlage verzichten. So nobel soll man also sein, weil das Bundeswirtschaftsministerium es nicht geschafft hat, rechtssicher zwischen mehr und weniger bedürftigen Unternehmen zu unterscheiden? Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil setzte noch einen drauf und sprach von „unanständiger Trittbrettfahrerei“. So spricht keine souverän agierende Kanzlerpartei. Was daran liegen könnte, dass die SPD gerade alles andere als selbstbewusst daherkommt. Denn sie schießt nicht nur gegen Unternehmen, sondern auch heftig gegen den Spitzenvertreter ihres grünen Koalitionspartners, Wirtschaftsminister Robert Habeck. Neuer Stil, respektvoller Umgang, gemeinschaftliches Suchen nach Lösungen? Ach, was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, hätte ein CDU-Kanzler gesagt. Klingbeil zweifelt öffentlich an Habecks fachlicher Substanz, der Sprecher des Seeheimer Kreises meint zum Prinzip Habeck: Auftritt filmreif, handwerkliche Umsetzung bedenklich, und am Ende zahlt der Bürger drauf. Im Wahlkampf ging es zwischen den Parteien gesitteter zu als jetzt in der Koalition. Damals profitierte Scholz von den Fehlern der anderen. Das wollen einige in der SPD jetzt wieder. Niemand will ernsthaft einen Bruch der Koalition

FAZ-online

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Wer kann sich denn bildlich Vorstellen wenn Fahrzeuge vor einer Ampel stehend und alle gleichzeitig Anfahren, nur wenn es zu einen Kurzschluss kommt und alle Farben zusammen aufleuchten? Aber wie sagte es schon der Volksmund: „Dummheit regiert diese Welt und damit auch dieses Land – schon immer ?

Wo das Märchen der Ampelkoalition noch geschrieben werden muss. Am Dienstag und Mittwoch trifft sich das Kabinett von Kanzler Olaf Scholz zu einer Klausurtagung auf Schloss Meseberg in Brandenburg. Ob das Märchen der Ampelkoalition im Schloss Meseberg wohl neu geschrieben wird?

2.) Der Rohrkrepierer folgt auf Schloss Meseberg ?

Alles begann mit einem sympathischen Handy-Foto von Grünen und Liberalen. Man stand gleichermaßen respekt- wie liebevoll beieinander. Spitzbübisch wird in die Kamera gelächelt. Die Ampel-Koalition wirkte als verschworene und abenteuerlustige Truppe – so wie einst die Bremer Stadtmusikanten. Etwas Besseres als den Tod werden wir nach 16 langen Merkel-Jahren überall finden. Doch wenn heute die Klausurtagung der Regierung in Schloss Meseberg beginnt, muss das Drehbuch gewechselt werden. Oder schlimmer noch: Es gibt gar kein einheitliches Drehbuch mehr, das für alle passt. Jeder der Akteure lebt in seinem eigenen Märchenfilm. Aschenputtel Baerbock. Annalena Baerbock war durch allerlei Flunkereien als Aschenputtel in den Wahlkampf gestartet und steht nun – da das Ballgeschehen Fahrt aufnimmt – als die begehrte Tänzerin einer neuen Zeit auf dem Parkett. Leichtfüßig schwebt sie durch die Krisenregionen dieser Welt. Ihr Ballkleid sieht aus wie eine schusssichere Weste. Sie wirkt nicht mehr armselig, sondern anmutig. Habeck in der Rolle des Hans im Glück. Robert Habeck muss aufpassen, dass für ihn nicht die Rolle als Hans im Glück übrig bleibt. Er war mit dem goldenen Klumpen als Publikumsliebling gestartet und tauschte seine Glaubwürdigkeit als Klimakämpfer beim katarischen Prinzen gegen ein loses Lieferversprechen auf große Mengen Gas, die nie kamen. Nun hängt ihm seine Gasumlage, mit deren Hilfe er von 21 Millionen Gaskunden 34 Milliarden Euro einsammeln will, wie ein Mühlstein um den Hals. Der zieht nach unten, auch weil seine lieben Parteifreunde keine Gelegenheit auslassen, ihn durch öffentliche Äußerungen weiter zu beschweren.

Focus-online

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Ja – was kann ein Käfer, wenn er erst einmal auf seinen Rücken liegt ? Dann ist er wohl mit seinen Lamentieren am Ende gelangt? Ganz schlimm – da nach dem Worte-Hausierer der Hausmeister kommt und damit der Höchstpunkt auf der Ampel erreicht ist. Da kann dann selbst die weiße Fledermaus aus der EU, als bekennende Ärztin, keinen zappelnden Käfer mehr auf die Beine helfen..

Selatosomus cruciatus under.jpg

Scholz‘ Prag-Rede zur Europapolitik. Bundeskanzler Olaf Scholz hat lediglich sattsam bekannte Probleme der EU angesprochen. Fragen zu stellen ist gut, aber gesucht werden Lösungen. „Als Olaf Scholz eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte   … fand er sich in Prag zu eunem Redner mit Visionen für Europa verwandelt. „Was ist mir geschehen?“, dachte der Kanzler. Er sah auf einmal ganz klar, dass die große EU mit ihrem Einstimmigkeitsprinzip handlungsunfähig wird und warnte vor „kafkaesken Verhältnissen““ (Text – Franz Kafka – Heute – Schlagzeile TAZ)

3.) Keine Antwort auf die Krise

Europäische Antworten auf die Zeitenwende: Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Grundsatzrede an der Prager Karls-Universität gefordert. Leider ist der SPD-Politiker diese Antworten selbst schuldig geblieben. Scholz hat zwar viel Richtiges gesagt. Ja, die EU muss unabhängiger werden – nicht nur von Gas aus Russland, sondern auch von Waffen aus den USA. Ja, wir brauchen Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik. Ja, das Vetorecht ist ein Anachronismus. Doch wie er diese Ziele erreichen will, hat Scholz nicht verraten. Über die Abschaffung des Vetorechts diskutiert Brüssel schon seit Jahren. Bisher hat niemand eine Lösung gefunden – denn gegen die Abschaffung können die EU-Staaten selbst ein Veto einlegen. Das ist kafkaesk – und ruft nach neuen, kreativen Ideen. Diese Ideen sucht man bei Scholz vergebens. Er wiederholt sattsam bekannte Wünsche zur EU-Reform, die schon den deutschen Ratsvorsitz 2020 beschäftigt haben, zeigt jedoch keine Lösungen auf. Unklar bleibt auch, was die Zeitenwende für Europa bedeuten soll. Der Kanzler sicherte der Ukraine zwar dauerhafte Hilfe zu. Er erklärte sich auch bereit, „besondere Verantwortung beim Aufbau der ukrainischen Artillerie“ zu übernehmen. Doch angesichts der bisherigen Zögerlichkeit ist dieser Vorschlag wenig überzeugend. Aus der Defensive kommt Scholz damit nicht. Und die Bürger von seiner Europapolitik überzeugen kann er so auch nicht.

TAZ-online

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Wer mit dem Einstieg in seine Hose die Beine mit einen Reißverschluss verwechselt braucht nicht verwundert zu gucken, wenn sich der Reißverschluss nicht mehr schließen lässt! Aber gut, auch die EU hat ihm ja lange genug eine lange Nase gezeigt !

Warum sich Erdoğan an Russland orientiert. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan will an der Macht bleiben. Sein Mittel dafür? Eine Annäherung an Russland.

4.) Befindet sich Erdogan im freien Fall?

Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Türkei braucht Präsident Recep Tayyip Erdoğan dringend einen Plan, um auch nach den Wahlen im Juni 2023 an der Macht zu bleiben. Er setzt auf engere Beziehungen zu Russland. Aber reicht das aus? In den vergangenen Jahren stand die Türkei international zunehmend isoliert da. Das lag zum einen an ihrer schlechten Menschenrechtsbilanz in den vergangenen zehn Jahren. Dazu kamen aggressive Schritte, die zu einem angespannten Verhältnis zu den meisten Nachbarländern führten. Doch die russische Invasion der Ukraine eröffnete der Türkei eine seltene Gelegenheit: Präsident Erdoğan ist einer der wenigen Staatschefs, mit denen beide Seiten Kontakt pflegen. Das ermöglichte es der Türkei, als Mittler aufzutreten. Kürzlich erst über einen Korridor, der es sowohl der Ukraine als auch Russland ermöglicht, Nahrungsmittel und Dünger über das Schwarze Meer zu exportieren. Das Abkommen wurde im Juli 2022 in Istanbul durch die UN ausgehandelt. UN-Chef António Guterres bezeichnete die Entwicklung als Hoffnungsschimmer. Dennoch ist unklar, ob allein die Rhetorik davon, „wieder ein entscheidender Player zu sein“, Erdoğans Popularität zu Hause verbessern kann. Laut jüngster Umfrage des türkischen Meinungsforschungsinstituts Yöneylem im Juli gaben 58,4 Prozent der türkischen Wählerschaft an, Erdoğan auf keinen Fall zu wählen zu wollen. Jüngere Türken fliehe. Die Wirtschaft des Landes befindet sich seit 2018 in einer Abwärtsspirale. Allein in diesem Jahr verlor die türkische Lira die Hälfte ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar. Die jährliche Inflation liegt bei rund 80 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeitsrate bei über 20 Prozent. Wegen weit verbreiteter Korruption und Vetternwirtschaft ist der Vertrauensverlust gegenüber dem System groß. Bei einer Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung im Jahr 2021 sagten mehr als 70 Prozent aller jungen Befragten, dass sie das Land verlassen würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Nach den Ergebnissen fast aller jüngeren Umfragen ist die Unterstützung für Erdoğan und seine rechte Koalition weit unter die 50 Prozent der Stimmen gefallen, die für ihr Überleben notwendig sind. Unter dem Schirm der sozialdemokratischen Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) und der ultranationalistischen İyi Parti hat sich unterdessen eine Oppositions-Allianz zusammengeschlossen, die die prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) ausschließt. Die Allianz zeigt sich sehr optimistisch, dass sie die anstehenden Wahlen gewinnen wird.

Freitag-online

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Wer bislang aber noch nicht seinen Einstieg in diesen heißen Sommer gefunden hat, dem wird auch der lauteste Donner eines nahenden Gewitter nicht mehr aufwecken !

Sozialproteste im Herbst. Parteichefin präsentiert Kampagne für »heißen Herbst gegen soziale Kälte«  Man könnte meinen, dass die SPD der Linken den Wind aus den Segeln nehmen wollte, indem sie just am Montag ihren Maßnahmenkatalog zur Entlastung der Bürger veröffentlichte. Doch Linke-Chefin Janine Wissler bleibt dabei: Es brauche einen »heißen Herbst gegen soziale Kälte«..

5.) Linke kommt langsam in die Gänge

Bei der Vorstellung der Sozialkampagne ihrer Partei in Berlin verwies Wissler darauf, dass die Sozialdemokraten ihre Ideen erst einmal innerhalb der Ampelkoalition durchsetzen müsse. Die »Kanzlerpartei« sei in der Pflicht, den Worten Taten folgen zu lassen. Gleichwohl begrüße sie es, dass diese nun Forderungen der Linken wie die nach einer Übergewinnsteuer aufgreife. Dass sie das tue, sei aber auch darauf zurückzuführen, dass es »breite Kritik von Gewerkschaften, Sozialverbänden, Tafeln und der Linken« an der Sozialpolitik der Ampel gebe. Der linke Protest sei zugleich »kein Selbstzweck«, versicherte die Linke-Vorsitzende. Vielmehr gehe es darum, »die Situation zu ändern, dass 14 Millionen Menschen in diesem reichen Land in Armut leben«. Den »heißen Herbst« hatten die Linke-Vorsitzenden Wissler und Martin Schirdewan bereits in einem am 12. Juli veröffentlichten Strategiepapier angekündigt und die damit verbundenen politischen Forderungen vorgestellt. Seither sei die Partei mit der Vorbereitung und Organisation von Demonstrationen, »Lärm- und Kochtopfaktionen« beschäftigt, sagte Wissler am Montag. Der im Juni auf dem Bundesparteitag gewählte Bundesgeschäftsführer Tobias Bank koordiniere die Proteste in Abstimmung mit Landes- und Kreisverbänden. Vor Ort arbeite man mit Gewerkschaften und Sozialverbänden sowie mit der bundesweiten Initiative »Ich bin armutsbetroffen« zusammen.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten    —      Selatosomus cruciatus von Ungarn, Vértes-Bergland bei Pusztavám am 10. Juni 2015, Unterseite

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Zurück zur Planwirtschaft

Erstellt von Redaktion am 29. August 2022

Konzerne können Mitarbeiter motivieren, sei es durch variable Vergütungen oder Karriereleitern

Niemand sollte das jahrelange Versagen der Politik den Konzernen zu Gute schreiben !

Von Oliver Roßmannek

Die zentrale Planung von Großkonzernen ist heute effizienter als in der Vergangenheit. Moderne Informationstechnologien sind mit ein Grund dafür.

Spätestens mit dem Untergang der Sowjetunion 1991 endete die Utopie, dass eine sozialistische Wirtschaftsordnung dauerhaft tragfähig ist. Es war nicht mehr zu leugnen, dass eine Planwirtschaft dermaßen ineffizient und innovationsfeindlich ist, dass sie nur mittels Unterdrückung und autoritärer Regime überleben kann. Wäre es ein Boxkampf, hätte die Marktwirtschaft durch K. o. gewonnen. Folglich waren privates Eigentum und wirtschaftliche Steuerung über Marktpreise die Mittel der Wahl für erfolgreiche Staaten.

Das sozialistische China verwandelte sich unter Deng Xiaoping in den 1990ern schleichend in eine Marktwirtschaft und wurde quasi zum Synonym für Wirtschaftswachstum. Sozialistische Länder ohne marktwirtschaftliche Reformen wie Kuba oder Nordkorea versanken dagegen in wirtschaftlicher Stagnation. Die Geschichte ist damit allerdings nicht zu Ende. Selbst Rocky Balboa verlor seinen ersten Titelkampf, trat aber schließlich erfolgreich zum Re-Match an. Die Planwirtschaft kommt zurück. Und ganz wie Rocky könnte sie am Ende gewinnen.

Wieder ist China Vorreiter, diesmal getrieben von den diktatorischen Allmachtsfantasien des Xi Jinping. Im Geiste Maos initiierte Xi in den letzten Jahren massive Programme, um junge großstädtische Akademiker auf dem Land anzusiedeln. Und noch immer erholt sich die chinesische Tech-Branche von den harten Regulierungsmaßnahmen die Xi in den letzten Monaten auferlegte. Auch wenn das Ergebnis dieses „Großen Sprungs in die Vergangenheit“ noch nicht feststeht und die Reformen selbst innerhalb der kommunistischen Partei umstritten sind, könnte der Kurs Richtung Planwirtschaft langfristig klappen.

Betriebswirtschaftlich lässt sich das damit erklären, dass eine zentrale Planung in großen Konzernen und Organisationen heute weitaus effizienter ist als noch einige Jahrzehnte zuvor. Eine gängige Annahme unter Ökonomen und Managern ist, dass die Performance von Konzernen leidet, wenn zu viele verschiedene Geschäftsbereiche in einem Konzern verwaltet werden. Die steigende Komplexität könne die zentrale Planung in einem Konzernvorstand schnell überfordern, glaubt man. Nicht ohne Grund spaltet der Siemens-Konzern seit 2010 viele Geschäftsbereiche ab. Nun zeigen aktuelle Ergebnisse einer großen wissenschaftlichen Vergleichsstudie, dass diese gängige Annahme immer weniger stimmt. Ergebnisse aus den letzten 50 Jahren indizieren, dass Konzerne mit vielen Geschäftsbereichen immer weniger unter dieser Struktur leiden.

Ein maßgeblicher Treiber dieser Entwicklung sind Fortschritte in den Organisationswissenschaften. So hat sich in vielen Konzernen die Nutzung von internen Märkten durchgesetzt. Mit Simulation einer Marktwirtschaft können einzelne Teile eines Konzerns miteinander Handel treiben und marktübliche Preise nutzen, also wären sie unabhängige Unternehmen. Damit reduziert sich die Komplexität für den zentralen Unternehmensvorstand und die Effizienz von Marktmechanismen kommt dem Konzern zugute.

Ganz ohne Plan und ohne Ziel – schaffen sie es nie!

Ein anderer Treiber ist die verstärkte Anwendung von organisationspsychologischen Erkenntnissen. Traditionell haben Konzerne mit einer relativ geringen Motivation ihrer Mitarbeiter zu kämpfen. Kleine selbstständige Unternehmer sind dagegen höher motiviert, da sie sich abseits von Hierarchien gut selbst verwirklichen können und außerdem für den eigenen Wohlstand arbeiten. Jedoch gelingt es Konzernen immer besser, Mitarbeiter zu motivieren, sei es durch variable Vergütungen, verheißungsvolle Karriereleitern oder eine sinnstiftende Unternehmensvision. Auch kommen immer mehr Happiness Manager zum Einsatz für den Stressabbau der Mitarbeiter und die Steigerung des Engagements.

Große Staatskonzerne müssen nicht zwangsweise innovationshemmend sein. Konzepte wie das sogenannte Intrapreneurship ermöglichen es Mitarbeitern, eigene Produkte und Geschäftsmodelle innerhalb der Konzernstrukturen zu entwickeln. So hat allein die Deutsche Bahn über 75 Intrapreneurship-Teams, die die Digitalisierung der Branche vorantreiben sollen. Andere Staatskonzerne wie Airbus können überhaupt erst so innovativ sein, da sie auf die Finanzmittel und politische Unterstützung von Staaten bauen können. Großflugzeuge sind so kapitalintensiv, dass neue private Investoren kaum in den Markt einsteigen können.

Quelle      :        TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —     Bahnhof Saalfeld/Saale.

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Unten      —      Unterzeichnung des Koalitionsvertrags für die 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages am 7. Dezember 2021

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EnBW, LBBW und Flüssiggas

Erstellt von Redaktion am 29. August 2022

Wahnsinnsgeschäfte mit Fracking

Von Jürgen Lessat

Der Karlsruher Energieversorger EnBW kauft in den USA Fracking-Flüssiggas (LNG) in rauen Mengen. Für deren Verschiffung braucht es im fernen Louisiana ein milliardenschweres LNG-Terminal, das die Landesbank Baden-Württemberg mitfinanziert. Unter den Augen der grün geführten Landesregierung torpedieren zwei öffentliche Unternehmen den Klimaschutz.

Mit Sekundenkleber und Bauschaum kleben sich seit Jahresbeginn jugendliche Klimaaktivist:innen auf Straßen fest, um wirksamen Klimaschutz zu erzwingen. Ziviler Ungehorsam, der die Gemüter erhitzt: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte vor gezielten Attacken auf den Energiesektor. „Von Autobahnblockaden halte ich mal gar nichts. Das sind schwere Rechtsverletzungen, die man nicht rechtfertigen kann“, sagte Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Von „Klima-Terrorismus“ spricht gar die konservative FAZ.

Ganz anders sieht dies der UN-Generalsekretär: „Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt. Doch die wirklich gefährlichen Radikalen sind die Länder, die die Produktion fossiler Brennstoffe ausweiten. Investitionen in neue Infrastrukturen für fossile Brennstoffe sind moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn“, twitterte António Guterres Anfang April an seine 1,8 Millionen Follower.

Wenn es nach Guterres geht, treiben diesen Wahnsinn ausgerechnet zwei Konzerne aus Baden-Württemberg voran, die unter Aufsicht der grün geführten Landesregierung von Ministerpräsident Kretschmann stehen: Der Karlsruher Energieversorger EnBW und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in Stuttgart.

Die EnBW AG, an der das Land und mehrere oberschwäbische Landkreise die Aktienmehrheit halten, ist über ihre Leipziger Tochtergesellschaft VNG Handel & Vertrieb GmbH (VNG H&V) einer der größten Player auf dem deutschen Gasmarkt. Im ersten Halbjahr 2022 bezog die EnBW nach eigenen Angaben Erdgas im Wesentlichen über Lieferverträge aus Norwegen und Russland sowie vom europäischen Großhandelsmarkt. VNG H&V hielt zwei Gaslieferverträge, die von Liefereinschränkungen aus Russland betroffen sind. Einen weiteren Vertrag mit dem russischen Lieferanten Novatek beendete die EnBW im April „einvernehmlich vorzeitig“. „Nicht nur vor diesem Hintergrund haben wir uns verstärkt bemüht, unsere Bezugsquellen für Gas deutlich zu diversifizieren“, sagt die EnBW.

Neben konventionellem Erdgas versucht der Konzern seitdem an große Mengen LNG zu kommen. Die Buchstaben stehen für Liquefied Natural Gas, übersetzt Flüssiggas. Es soll Europa über den Winter retten, nachdem Russland den Gashahn immer weiter zudreht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) klapperte dafür die wichtigsten Erdgas-Exportländer ab. In Windeseile organisierte er auch vier schwimmende LNG-Terminals, an denen Tankschiffe Import-Gas in Binnenpipelines einspeisen können. Bereits zum Jahreswechsel sollen die ersten beiden Anlagen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Betrieb gehen.

Am 16. August sicherten die Energieversorger Uniper, RWE und EnBW Habeck in einem „Memorandum of Understanding“ die Belieferung der beiden Terminals zu. Vorgaben, woher die Konzerne das LNG importieren, gibt es nicht. Mögliche LNG-Lieferungen würden lediglich „politisch flankiert“, hieß es seitens der Regierung auf eine parlamentarische Anfrage. Die EnBW-Pressestelle teilt mit, dass es „für Fragen zur Beschaffung im Kontext dieser noch auszuarbeitenden Verträge noch zu früh“ sei.

Allerdings hat die EnBW bereits im Juni zwei Abnahmeverträge mit dem US-Unternehmen Venture Global LNG abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der LNG-Mengen beträgt 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr, die ab 2026 je zur Hälfte aus den Venture Global LNG-Anlagen Plaquemines und Calcasieu Pass 2 bezogen werden. Angeliefert wird das US-Flüssiggas vermutlich über das geplante LNG-Terminal Hanseatic Energy Hub (HEH) in Stade, das ebenfalls in 2026 mit einer jährlichen Kapazität von 12 Milliarden Kubikmetern Gas in Betrieb gehen soll. Diese Menge entspricht rund zehn Prozent des derzeitigen deutschen Bedarfs. Bereits im März hat die EnBW eine entsprechende Absichtserklärung mit dem HEH unterzeichnet, dessen Gesellschafter der belgische Gasinfrastrukturbetreiber Fluxys, der schweizerische Vermögensverwalter Partners Group, der Logistikkonzern Buss-Group des Hamburger Unternehmers Johann Killinger sowie der US-Chemiekonzern Dow sind.

EnBW wird viel mehr Gas importieren als nötig

Auffallend an den Lieferverträgen mit Venture Global LNG ist die lange Vertragsdauer von 20 Jahren: Noch bis ins Jahr 2046 bezieht die EnBW demnach große Mengen fossiles Erdgas, obwohl Deutschland laut Klimaschutzgesetz bis spätestens 2045 klimaneutral sein soll. Baden-Württemberg, das Heimatland des Versorgers, will sogar schon im Jahr 2040 netto keine Treibhausgase mehr emittieren. Klimaschützer:innen kritisieren, dass langfristige LNG-Lieferungen das Pariser Klimaabkommen gefährden. Nach Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) würden die aktuell geplanten LNG-Terminals hierzulande mit 2,1 Gigatonnen CO2 drei Viertel des Restbudgets aufzehren, das Deutschland zur Einhaltung des Pariser Klimalimits bleibt. „Die geplanten Importkapazitäten sind weit höher als der Anteil russischen Gases, der, wenn überhaupt, ersetzt werden müsste“, kritisiert die DUH. Verschärfend kommt hinzu, dass die LNG-Tanker im EnBW-Auftrag Fracking-Gas herankarren. „Wir haben in den Gesprächen mit Venture Global explizit darauf hingewiesen, dass wir eine Minimierung des Anteils aus unkonventionellem Fracking wünschen und dies unter anderem durch den Einsatz innovativer Technologien von VG erwarten“, teilt ein EnBW-Sprecher auf Anfrage mit. Doch dies dürfte ein frommer Wunsch bleiben.

„Grundsätzlich handelt es sich bei LNG um Erdgas und damit um einen fossilen Brennstoff, der bei seiner Verbrennung CO2-Emissionen freisetzt“, schreibt die EnBW im eigenen Internet-Blog. Zwar würden diese im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern wie Kohle und Erdöl „deutlich geringer und damit klimaschonender“ ausfallen. „Doch ein Problem bei LNG ist, dass die Herstellung von der Reinigung des Rohgases bis zur Verflüssigung, die Kühlung und der Transport bis hin zur Regasifizierung an den LNG-Terminals selbst einen hohen Energiebedarf aufweisen“, heißt es korrekterweise. Damit Erdgas flüssig wird, muss es auf −162 °C abgekühlt werden. Die Kältemaschinen verbrauchen dafür bis zu 25 Prozent des Heizwerts des Erdgases. „Dadurch fallen mehr CO2-Emissionen an als beispielsweise beim Transport über Erdgas-Pipeline“, so der EnBW-Blog.

„Ein weiterer Faktor in der Klimabilanz ist die Herkunft von LNG“, heißt es weiter im Blog. LNG wird hauptsächlich in den USA, Australien und Katar gefördert. Australisches Flüssiggas stammt zum Großteil aus Erdgas, das beim Abbau von Kohle freigesetzt wird. In Katar wird es direkt aus dem Boden unter dem Persischen Golf gewonnen. US-Unternehmen fördern Gas zur Herstellung von LNG vor allem durch Fracking. „Die Methode ist aber mit größeren Auswirkungen auf die Umwelt und Emissionswerten als in Katar oder Australien verbunden“, betont der EnBW-Blog. 2019 ermittelte eine Kurzstudie im Auftrag des Umweltbundesamts, dass im Vergleich zu russischem Pipeline-Gas bei LNG aus den USA die 1,5-fache Menge an Treibhausgasen entsteht.

Beim Fracking eingesetzte Chemikalien sind teils hochgiftig und gefährden Grundwasser und Gesundheit der Bevölkerung. Umweltrelevant ist auch der hohe Wasserverbrauch. Aus aufgegebenen Bohrungen entweicht das besonders klimaschädliche Methan, wie Umweltschützer:innen nachwiesen. Die US-Fracking-Hochburgen in Louisiana und Texas am Golf von Mexico, wo sich Bohrloch an Bohrloch reiht, ähneln Mondlandschaften. Aus all diesen Gründen gibt es im dichtbesiedelten Deutschland ein Fracking-Verbot – das die Ampel-Partei FDP sowie die Springer-Medien „Bild“ und „Welt“ gerade in Frage stellen.

Neben der EnBW sicherten sich auch polnische, spanische, britische, französische und italienische Versorger große Mengen Flüssiggas bei Venture Global LNG. Damit stießen die Konzerne die bislang größte Investition in fossile Energieinfrastruktur weltweit in diesem Jahr an. Der Grund: Das Plaquemines-Terminal muss erst noch gebaut werden. Die Kosten inklusive einer dazugehörigen Pipeline beziffert Venture Global auf 13,2 Milliarden US-Dollar. „Zu den Kreditgebern für die Projektfinanzierung gehören die weltweit führenden Banken auf mehreren Kontinenten“, verkündete das Unternehmen Ende Mai stolz. Geld geben auch hiesige Institute: die Deutsche Bank in Frankfurt und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aus Stuttgart.

Die LBBW stellt sich selbst als nachhaltig dar

Für die im öffentlichen Besitz befindliche LBBW – Träger sind das Land Baden-Württemberg, der baden-württembergische Sparkassenverband sowie die Landeshauptstadt Stuttgart – könnte das Engagement noch zum Bumerang werden. Denn gebetsmühlenhaft beteuert die Bank, nachhaltig zu arbeiten. „Die LBBW bekennt sich zu den Social Development Goals der UN sowie zum Pariser Klimaabkommen“, betont sie. „Wir leisten einen aktiven Beitrag für den Übergang von einer treibhausgasintensiven zu einer emissionsarmen Wirtschaftsweise.“ Dazu „richten wir unsere Kredit- und Investmentportfolien entsprechend den Zielen des Pariser Abkommens bis 2050 klimaneutral aus“ – so die allerdings großzügige Einschränkung.

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Unser-e neue-n Braunbär-in

Erstellt von Redaktion am 29. August 2022

Wenn ein Bär einen Bock nach dem anderen schießt

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Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Ein Schuss ins Ofenrohr sei einer Außenministerin zugestanden, die bei ihrem Amtsantritt keine Ahnung davon haben konnte, wie sich die Krisen in der Welt entwickeln würden.

Kritisch wird es aber, wenn unsere Außenministerin entgegen ihren bisherigen Gebahren und Überzeugungen Dinge tut und Aussagen macht, die unserem Staat schaden. So hat sie einen kapitalen Bock damit geschossen, dass sie in der überaus brisanten Taiwan-Krise den USA ihre volle Solidarität zugesagt hat und sich somit klar auf die Seite des Kriegstreibers stellt. Damit zeigt sie, dass sie in der Taiwan-Frage keine Ahnung hat. Und das scheint sich in ihrer ganzen Haltung gegenüber China fortzusetzen.

So z.B. die Ein-China-Politik, die zu den Grundpfeilern von Außenpolitik gehört, inklusive USA. Danach ist die seit 1949 selbst verwaltete Insel Taiwan völkerrechtlich eine Provinz von China und hat sich bis heute auch nicht als unabhängiger Staat erklärt und wird als solcher weder von den USA noch von Deutschland anerkannt. Vergleichbar ist die Lage etwa mit einer Bürgerkriegssituation in Deutschland, wobei sich die Verlierer auf die Insel Fehmarn zurückziehen, während die Sieger sich im Restdeutschland ausbreiten.

Nicht verwunderlich also, dass Peking alle Dinge betreffend Festlandchina und die vorgelagerte Insel Taiwan als innere Angelegenheit Chinas betrachten und als solche respektiert sehen will. Aber nein, der Bär schießt mit ungewöhnlich harter und lauter Stimme den nächsten Bock. Sie warnt China vor einem Überfall auf Taiwan mit der dummdreisten Aussage: „Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleinen Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China, gerade in diesen Tagen.“.

In welcher Welt lebt diese Frau? Ist sie wirklich so naiv, zu glauben, dass sie ihrer Warnung Taten folgen lassen kann? Ist ihr wirklich nicht bewusst, dass eine nachhaltige Störung der Beziehungen zu China zum Bankrott unserer Wirtschaft führt? Und prompt kommt auch die Rüge aus Peking, sie habe sich in innere Angelegenheiten eingemischt und Sachverhalte absichtlich verzerrt. Zutreffend und souverän mahnt China: „Deutschland und die europäischen Länder sollten abwägen, ob sie „die gefährlichen und provokativen Aktionen der USA“ weiterhin unterstützen und damit internationale Konfrontationen riskieren wollen“.

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Da braucht der Bär ganz offensichtlich noch viele Nachhilfestunden in Sachen Diplomatie, Geschichte und Respekt vor anderen Völkern und Kulturen. Und vor allem muss das Buckeln vor den USA mit deren internationaler regelbasierter Ordnung ein Ende haben. Oder hat der Bär in seiner Tollpatschigkeit immer noch nicht verstanden, dass diese Ordnung ein reines Machtspiel der USA ist, von der sich mehr und mehr Länder distanzieren.

Mit jedem Kotau vor den USA schießt der Bär einen neuen Bock und mutiert zu einem Fördere der America-First-Ideologie. Damit aber fügt unsere Aussenministerin dem eigenen Land und Europa langfristig großen Schaden zu, von den kurzfristigen Peinlichkeiten ganz zu schweigen. Vielleicht sollte der Bär einmal die Wirtschaft und das Volk fragen, ob die sich in einen Krieg der USA gegen China hineinziehen lassen wollen. Oder ganz einfach abdanken.

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Oben      —   auf dem Grouse Mountain in Vancouver BC… die Grizzlies (Ursus arctos horribillis). Vor 4 Jahren waren sie Jungtiere… aber nicht jetzt!!! …

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DIE * WOCHE

Erstellt von Redaktion am 29. August 2022

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

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Kolumne von Friedrich Küppersbusch

RBB, Gasumlage und 9-Euro-Ticket – Wandel der Grünen : Annalena Baerbock beweist mit ihrer Reise nach Marokko ihre Qualität als Außenministerin. Außerdem: Ideen für eine Nachfolge beim rbb : Rentner an die Spitze und klatschen für die großen Konzerne und Taxi-Flatrate für alle.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Gas­umlage.

Und was wird besser in dieser?

Gasumlage kommt weg und wir klatschen vom Balkon für die armen Konzerne.

Der RBB sucht nun „schnellstmöglich“ gern auch ein:e Rent­ne­r:in für das „Himmelfahrtskommando“ Interimsintendanz. Bedauern Sie, dass Sie noch so jung sind? Und was wären ihre drei Feenwünsche für den RBB?

Die Jobbeschreibung nähert sich dem Sandmännchen. Oder Vorgängerin Dagmar Reim als Trümmerfrau. Keine Ahnung, ob sie sich das antut. Sie kennt den Sender, ersparte ihm die endgültige Demütigung einer fremden Nanny und träfe auch auf alte Konflikte, etwa mit den Freien. Ziele wären eben, eine Kolonialisierung durch andere ARD-Sender zu verhindern, das TV-Programm in längeren Fenstern auf die ungleichen Länder auseinanderzuschalten und dafür die Priorität von Architektur auf Rundfunk zurück zu verlagern. Im Utopiebereich steht die Chance, den Gremieninfarkt des RBB zum Anlass einer strukturellen Veränderung zu nehmen. Und die Intendantenbüros gehen natürlich an den Personalrat.

Die Springer-Marke Business Insider hat nun auch Ungutes beim NDR entdeckt, von „politischen Filtern“ bei der Berichterstattung und einem „Klima der Angst“ ist die Rede? Hatten Sie auch mal Angst vor Ihren Vorgesetzten?

Nach dem Rauswurf nicht mehr. Günther Jauch schmähte 2007 die „Gremien voller Gremlins“ in der ARD und warf später entnervt hin. Die Untersuchung von sexuellen Übergriffen im WDR führte 2018 zu einem Abschlussbericht „Mehr als #MeToo“. Testiert wurden „Machtmissbrauch, Diskriminierung, Frust“. Die vereinfachte Schlagzeile hieße „Öffentlich-Rechtliche auch nicht besser als andere Konzerne“, was besonders bei Springer tiefe Anteilnahme auslösen dürfte. Das Kernübel: Die Gremien – also die Macht – sind Beute politischer Netzwerker. Das Kernübel im Kernübel: Sonst macht’s keiner. Die Melange aus PolitikerInnen, die in den Journalismus pfuschen, und JournalistInnen, die politisch intrigieren, macht das Gemisch mitunter toxisch.

Ein Berliner Mobilitätsforscher fordert ein 29-Euro-Ticket inklusive Taxi-Flatrate. Würden Sie dafür Ihren Dienstwagen aufgeben, wenn Sie einen hätten?

In Berlin? Mit Kusshand. Und wenn der Taxifahrer vorbeigerauscht ist, weil er keinen Bock auf „800-Meter-bis-zur-Haltestelle“ hat, ist davon noch ein Stinkefinger übrig. Auf dem Land haben Anruf-Sammel-Taxis bisher wenig gelindert. Apropos: Der Finanzminister hausiert mit einer Zahl von 14 Milliarden, die ein immerwährendes 9-Euro-Ticket kosten würde. Bisher zahlte der Bund 2,5 Milliarden für ein Quartal. 2,5 mal 4 = ewiges Wunder Rechenkompetenz. Berlin will eine Insellösung, für den Rest zeigt die grüne Verkehrssenatorin auf den Bund wie ihr CDU-Kollege in zum Beispiel Düsseldorf. Die Ampel macht – siehe Gasumlage – Fehler, für die sie sich nicht entschuldigt. Dafür tun ihr ihre Erfolge aber herzlich leid.

Audi wird 2026 in die Formel 1 einsteigen. Wir dachten immer, die Audi Fahrer fahren schon Grand Prix auf den deutschen Autobahnen, aber Ernst beiseite: Wie nachhaltig ist diese Entscheidung?

Quelle          :         TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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DL – Tagesticker 29.08.2022

Erstellt von Redaktion am 29. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Streit über Corona Politik  – . –   2.) Cum-Ex, Warburg, Scholz  – . –   3.) Untergang des Andenlands  – . –  4.) Es droht eine neue Expertokratie  – . –   5.) Alter und neuer Terror  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Als Kinder droschen wir früher immer auf die Büsche ein, um zu sehen wer daraus hervorkam. In Heutiger Zeit braucht niemand mehr einen Stock zum schlagen – es reicht ein Blick und die  Gespinste machen  uns freiwillig  auf ihre ganz persönliche, epidemische Notlage aufmerksam.

Buschmann wirft Lauterbach Panikmache vor.  Gesundheitsminister Lauterbach stimmt die Deutschen auf einen schwierigen Corona Herbst ein – und bringt die epidemische Notlage wieder ins Spiel. Justizminister Buschmann reagiert darauf nun deutlich.

1.) Streit über Corona Politik

Gesundheitsminister Lauterbach stimmt die Deutschen auf einen schwierigen Corona Herbst ein – und bringt die epidemische Notlage wieder ins Spiel. Justizminister Buschmann reagiert darauf nun deutlich. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bezichtigt seinen Gesundheitskollegen Karl Lauterbach (SPD) der Panikmache in der Coronapolitik. Lauterbach hatte die Deutschen zuvor in einem Interview auf einen schwierigen Coronaherbst eingestimmt. Dabei erklärte er auch, wenn ein Wechsel der Virusvarianten ausbleibe, dann werde Deutschland nicht in eine epidemische Lage kommen. »Trotzdem brauchen wir für den Notfall Werkzeuge«, sagte Lauterbach. Der Rechtsstatus der epidemischen Lage nationaler Tragweite war im vergangenen Winter Grundlage für schärfere Maßnahmen gewesen, als derzeit für den Herbst geplant – etwa für Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen. Buschmann sagte der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«  nun dazu: »Von Panikmache halte ich gar nichts. Für solche Virusvarianten gibt es derzeit nirgendwo Anzeichen.« Er fügte hinzu: »Zur Reaktivierung müsste der Bundestag dem zustimmen. Dafür gibt es keine Mehrheit in der Koalition. Denn die Freien Demokraten haben gesagt, es müsste sich schon regelrecht die Hölle unter uns auftun, ehe wir dem zustimmen.«

Spiegel-online

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Mann kann aber miss nicht bis zum Neubeginn dieser Republik zurückgehen um sen entstandenen politischen Schrott beurteilen zu können. Dazu reichten alleine die letzten Jahre nach dem Einkauf der DDR aus. Wenn wir dann betrachten wie hoch die politischen Versager gedudelt werden, hält man sich am besten die Ohren zu. 

Organisierte Kriminalität – und kein Ende in Sicht. Ende vergangener Woche hatte Olaf Scholz wieder einmal einen seiner typischen Auftritte vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft. Er kam, sah und siegte. Denkt jedenfalls die SPD. Doch Scholz fördert langfristig defätistische Haltungen und die innere Abkehr der Bürger vom Modell Bundesrepublik. Denn er legt die Axt an ein System, das auf Übereinstimmung mit den allgemeinen Regeln basiert.

2.) Cum-Ex, Warburg, Scholz

So dumm kann man sich stellen, muss es aber nicht. – Am 19. Februar 2020 meldete sich die Steuerverwaltung in Person des Senatsdirektors Ernst Stoll mit einer „Erklärung der Hamburger Steuerverwaltung“ zu Wort: „Es hat in Hamburg weder bezüglich Cum-Ex-Gestaltungen noch sonst Versuche gegeben, politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen“. Das hört sich gut an. Kein Bürgermeister und kein Finanzsenator rufen beim Finanzamt an und fordern die dort Beschäftigten auf, die Steuersätze der politischen Gegner zu erhöhen und die verdienter Parteigetreuen abzusenken. Schließlich leben wir ja auch nicht in einer Bananenrepublik, sondern in Hamburg, wo alles seine Ordnung hat. Wie aber war es 2016, dem Jahr, als Hamburg auf die Rückforderungen von Steuern verzichtete, die sich eine Privatbank zu Unrecht erstatten ließ? Fragen wir Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts (20.08.2022). Herr Iken, wie war das damals? „Werfen wir den Blick zurück: 2016 konnte niemand sicher wissen, dass Cum-ex-Geschäfte als Steuerhinterziehung gewertet werden, – das entschied der Bundesgerichtshof erst im vergangenen Jahr. Was wäre los gewesen, wenn es ganz anders gekommen wäre? Wenn das Bankhaus wegen einer Steuerrückforderung, die auch hätte falsch sein können, gekippt wäre? Gäbe es dann einen Untersuchungsausschuss, vielleicht mit dem Vorwurf, dass Tschentscher und Scholz Warburg nichts taten?“ (HA, 20.08.2022). So muss es wohl gewesen sein, denn es entspricht ziemlich genau dem, was auch die für Strafverfolgung in Hamburg zuständige Behörde ausgeführt hatte, als sie eine Beschwerde von Rechtsanwalt Gerhard Strate zurückwies. Die Behörde hat übrigens eine grüne Senatorin (Magister Artium Politikwissenschaft) und einen SPD-Staatsrat (promovierter Jurist und von 2002 bis 2006 Richter am Land- und Amtsgericht in Hamburg). Verteidigungsschrift frei Haus Der Generalstaatsanwalt schrieb u.a. an Gerhard Strate:

Cicero-online

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Politische Think-Tanks  und entsprechende Stiftungen dienten den Parteien Clans immer schon als unkontrollierbare Helfer  zu Steuerhinterziehungen. Auch die Colonia Dignidad von Paul Schäfer wird noch bei manch Einer/n in Erinnerung sein.

Chile vor dem Referendum. Chiles Ultrarechte versuchen, die Annahme der neuen Verfassung am 4. September zu verhindern. Dafür greifen sie zu Falschmeldungen und Panikmache.

3.) Untergang des Andenlands

Bilder des Verfassungskonvents und des linken chilenischen Präsidenten Gabriel Boric flimmern bei Gruselmusik und flackerndem Licht über den Bildschirm, dann erscheinen leuchtende Buchstaben: „Wie die politische Elite unseren Verstand kontrolliert“. Die neue Verfassung wolle in Rentenfonds eingezahlte Ersparnisse der Bür­ge­r*in­nen enteignen, eine „totale Kontrolle“ über die Gesundheit ausüben und das Bewusstsein durch ein staatliches Bildungssystem manipulieren. Das Video mit dem Titel: „Plan der politischen Kontrolle aufgedeckt“ wurde seit dem 1. August mehr als 95.000 Mal auf Youtube aufgerufen. Die Stimme aus dem Off stammt von der rechtsextremen Politikerin Teresa Marinovic. Die 49-jährige Mutter von neun Kindern ist Abtreibungsgegnerin und Präsidentin der libertär-konservativen Stiftung Nueva Mente. Auf Twitter folgen ihr mehr als 260.000 Menschen. Sie war mit den zweitmeisten Stimmen im ganzen Land zum Mitglied des Verfassungskonvents gewählt worden und bezeichnet andere Mitglieder als „Parasiten“. Der Verfassungskonvent, dessen 155 Mitglieder im Mai 2021 mit Geschlechterparität und reservierten Sitzen für Indigene gewählt wurden, war mehrheitlich von linken und progressiven Kräften geprägt. Ein Jahr lang erarbeiteten sie einen Verfassungsentwurf, über den die Menschen in Chile jetzt am 4. September bei einem Referendum abstimmen werden. Der Ruf nach einem neuen Grundgesetz wurde während der sozialen Revolte im Oktober 2019 lauter. In einem Referendum im Oktober 2020 stimmten knapp 80 Prozent für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Das aktuell in Chile gültige Grundgesetz stammt noch aus der Pinochet-Diktatur. In ihm ist das neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell verankert, das unter Militärgewalt und Staatsterror in Chile implementiert wurde. Die Verfassung von 1980 reduziert die soziale Verantwortung des Staats auf ein Minimum und schreibt der ökonomischen Freiheit mehr Gewicht zu als den Grundrechten der Bürger*innen. Neoliberale Thinktanks.

TAZ-online

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Die Dümmsten von den in der nahen Vergangenheit praktizieren Politiker-innen suchen noch heute nach den passenden Erklärungen. Warum sollte den Heutigen dann etwas gelingen, was schon ihren Vorläufern zu schwierig war, da die Erklärer nicht verstanden was sie erklären sollten, ansonsten fänden wir sie nicht in den Parteien.

Wir „Menschen da draußen“ bekommen’s von Robert Habeck, Annalena Baerbock und Karl Lauterbach: „erklärt“: Du bist Laie? Dann hör mal gut zu – und lass die Profis machen: – Warum wir diesen Politikstil nicht hinnehmen dürfen

4.) Es droht eine neue Expertokratie

Sie nehme „natürlich wahr, dass die Menschen sich von dieser Regierung wünschen, dass wir noch mehr noch klarer kommunizieren, dass wir auch noch besser erklären“. Katharina Dröge, Co-Fraktionschefin der Bundestagsgrünen, schaffte es Ende April in einem Deutschlandfunk-Interview, das Wort „erklären“ gleich fünf Mal in einer einzigen Antwort unterzubringen. Das dürfte frequenzmäßig Rekord sein. Denn dass „Politik“ – schneidig ohne Artikel – mehr „erklären“ müsse, hörte man zwar schon länger gelegentlich. Nun aber ist das „Erklären“ scheinbar allgegenwärtig. Oft sprechen jüngere grüne Abgeordnete davon, wie wichtig das für „die Menschen“ oder gar „die Menschen da draußen“ sei. Und wer den Wirtschaftsminister Robert Habeck beobachtet, spürt irgendwann, dass es hier um mehr geht als nur eine modische Floskel, nämlich um einen politischen Modus. Ob „schwere Waffen“, Ölembargo oder nun die „Gaskrise“: Der Vizekanzler erklärt den Menschen permanent irgendwas – aber stets erst dann, wenn wichtige Entscheidungen längst gefallen sind. Ganz so, wie es seine Parteifreundin Dröge in jenem Radiogespräch den Menschen da draußen recht treuherzig auseinandersetzte: Sie wolle ja „gerade erklären, warum man nicht immer alles kommunizieren kann, bevor man etwas tut“. Erklärungsbedürftige Entscheidungen, sollte man meinen, müsste die Politik vor ihrer Umsetzung breit debattieren. Nicht nur mit wenigen Fachleuten, sondern auch mit all denen, die deren massive Folgen (mit)tragen sollen. Das würde Widerspruch ermöglichen. Wer dagegen sein Handeln erst im Nachhinein erläutert, enthebt sich dessen. Doch scheint die PR-Technik, den Menschen da draußen die Welt zu erklären, bis dato aufzugehen. Mit seiner grünen Kabinettskollegin Annalena Baerbock, die jüngst bei ihrer Reise ins Baltikum ihre Politik „in 40 Punkten noch mal erklären“ wollte, steht Habeck an der Spitze des Rankings im ARD-Deutschlandtrend. Dabei steht hinter dem politischen Modus des „Erklärens“ ein zutiefst hierarchisches Selbstverständnis: Wir hier oben wissen Bescheid, ihr da unten eben weit weniger. Wir haben den Überblick, eure Einwände sind irrelevant, weil ihr unwissend seid. Deshalb sagen wir euch jetzt, wie das richtig läuft und warum.

Freitag-online

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Was sollte sich denn Verändern, wenn in der Politik nur die leeren Köpfe getauscht werden und die gleichen Trolle aus anderen Parteien in der Regierung sitzen? So ist Deutschland und ließen sich die Bürger-Innen auch von der Nachkriegspolitik erziehen ! 

RECHTE GEWALT GEGEN GEFLÜCHTETE – 30 Jahre nach Pogromen: Antifaschisten demonstrieren in Rostock-Lichtenhagen. Brandanschlag auf Geflüchteten Unterkunft in Leipzig-Grünau

5.) Alter und neuer Terror

Rund 5.000 Menschen haben anlässlich der faschistischen Pogrome vor 30 Jahren am Sonnabend in Rostock-Lichtenhagen demonstriert, um an die Ereignisse von 1992 zu erinnern und gegen bis heute anhaltenden rechten Terror und Gewalt zu protestieren. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus antifaschistischen Vereinigungen und Initiativen gegen Rassismus. Die nach wie vor bestehende Gefahr von rechts wurde durch einen wohl nicht zufällig in der Nacht von Freitag zu Sonnabend verübten Brandanschlag auf eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Leipzig deutlich.Die Demonstration in Rostock wurde angeführt von einem kraftvollen »We’ll come United«-Block. Dahinter folgte ein lautstarker Antifablock. Dort sehr präsent waren zwei viele Meter lange Seitentransparente mit den Aufschriften »Antifaschistischer Selbstschutz!« sowie »Die Pogrome von morgen verhindern«. Nach dem Entzünden eines Nebeltopfes ertönte die Durchsage, dass es Demonstrationskonsens sei, an diesem Tag auf Pyrotechnik zu verzichten, um Retraumatisierungen auszuschließen. In Redebeiträgen kamen zahlreiche Betroffene zu Wort.Ein Redner des »Counseling and Information Center for Roma in Poland« forderte, dass die BRD Verantwortung übernehme und Romnija ein Bleiberecht ermögliche. Von seinen Erfahrungen als Geflüchteter aus Afghanistan in Deutschland, die Lage in den Camps und strukturellem Rassismus berichtete ein Aktivist von »Jugendliche ohne Grenzen«. Auf der Abschlusskundgebung erklärte die Initiative »19. Februar Hanau«, nicht eher Ruhe geben zu wollen, bis die rassistischen Kontinuitäten bei der Polizei und in der Gesellschaft gebrochen seien. Das Bündnis »Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992« kritisierte im Aufruf zur Demonstration, dass die Hansestadt Rostock sich bis heute scheue, die Ereignisse klar als Pogrom zu benennen.

Junge-Welt-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Uno von der Hinterbank

Erstellt von Redaktion am 28. August 2022

Olaf Scholz hätte mal besser Uno spielen sollen

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Manche Kinder spielen „Blinde Kuh“ und lernen trotzdem stets dazu

Von Antje Lang-Lendorff

Olaf Scholz hat kürzlich einen ungewöhnlichen Einblick in sein Privatleben gewährt. Das ging ein bisschen unter im Nachrichtengewimmel von Gasumlage, toten Fischen und Krieg. Beim Tag der offenen Tür im Kanzleramt erzählte er Kindern am vergangenen Wochenende, dass er in der Schule früher gut war.

Seine Hobbys damals? „Ich war jemand, der ziemlich viel gelesen hat.“ So weit, so langweilig. Dann aber fragte ein Junge, ob der Kanzler Uno möge. Scholz wirkte irritiert. „Das ist ein Kartenspiel“, schob der Junge hinterher. Scholz antwortete: „Danke für den Nachsatz, das hätte ich nicht gewusst, also kann ich das auch nicht bewerten.“

Olaf Scholz kennt Uno nicht? Man mag es kaum glauben. Ist das jetzt wieder eine von seinen schwer zu erklärenden Erinnerungslücken? Meint er das ernst?

„Waaaaas?“, fragt auch der Elfjährige, als ich ihm davon erzähle. Für ihn gehört Uno zu seiner Kindheit wie Bolzplatz und Erdbeereis. Und nicht nur für ihn. Uno, diese knallbunte Variante von Mau-Mau, ist seit Jahrzehnten ein Klassiker, bei Kindern wie bei Erwachsenen.

Ziel des Spiels ist es, möglichst zügig alle Karten auf der Hand loszuwerden. Uno ist spaßig, leicht zu erklären und relativ schnell gespielt. Am Küchentisch. In der Kneipe. Auf Schulhöfen. In Zügen und Autos. Auf nassen Handtüchern im Freibad. Könnte man die in Deutschland mit Uno verbrachten Stunden zusammenrechnen, wären das vermutlich viele Millionen, um es in der Sprache des ehemaligen Finanzministers zu sagen. Oder anders ausgedrückt: Uno ist eine der besten Ideen, die je jemand hatte (sie stammt übrigens von einem Friseursalonbesitzer aus Ohio, USA; er hat das Spiel vor über 50 Jahren erfunden).

Wenn Scholz Uno nicht kennt, kann er einem leidtun. Zu Ende gedacht heißt das ja, dass in seinem ganzen Leben nie jemand mit ihm Uno spielen wollte. Ach herrje.

Da hat er echt etwas verpasst. Hätte Olaf Scholz in seiner Kindheit ein paar Bücher weniger gelesen und stattdessen Uno gespielt, er wäre auf das Amt des Bundeskanzlers wohl besser vorbereitet gewesen.

Voller Saal mit leeren Köpfen

Denn Uno ist nicht nur lustig. Es fördert auch kognitive und soziale Fähigkeiten, wie man bei Päd­ago­g*in­nen nachlesen kann. Etwa strategisches Denken: Welche Karte spiele ich wann aus? Und auch das „Durchhaltevermögen“, wie es in einem erziehungswissenschaftlichen Papier der Uni Bielefeld heißt. Das wird Scholz noch brauchen, die SPD liegt in Umfragen inzwischen auf dem dritten Platz hinter CDU und Grünen, Robert Habeck kommt als Person bislang deutlich besser an als er.

Ob Scholz das frustriert? Wenn ja: Uno soll auch den „Umgang mit eigenen Emotionen“ schulen. Okay, seine Gefühle hat Pokerface Scholz üblicherweise gut im Griff. Jedenfalls wirkt es so. Uno ist aber auch lebendig, kommunikativ, vielleicht hätte es ihm geholfen, mehr aus sich heraus zu kommen.

Noch eine Zeitenwende

Die Konzentrationsfähigkeit und eine schnelle Auffassungsgabe werden beim Spielen ebenfalls gefördert. Wenn man nur noch eine Karte auf der Hand hat, muss man geschwind „Uno!“ rufen, bevor der oder die Nächste an der Reihe ist, sonst gibt es Strafkarten. Wer nicht schnell genug schaltet, hat Pech. Uno ist wie Gehirnjogging. Und das hilft nicht nur am Spieletisch, sondern im Zweifel auch bei Problem-Pressekonferenzen mit falschen historischen Vergleichen.

Quelle       :            TAZ-online        >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Baraja de UNO

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Unten      —         I FNs generalforsamling i hovedkvarteret i New York.

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Ende Berliner Modellprojekt:

Erstellt von Redaktion am 28. August 2022

Politik und Polizei streiten über Taser

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von     :   

Seit der Jahrtausendwende sind deutsche Spezialeinheiten mit „Distanzelektroimpulsgeräten“ ausgestattet, immer mehr Länder erlauben sie nun im Streifendienst. Innerhalb von drei Jahren starben sechs Personen in Deutschland nach einem Beschuss. Der Einsatz dieser Waffe ist in Berlin umkämpft.

Seit fünf Jahren testet die Polizei in Berlin Taser im alltäglichen Dienst. Dieser bereits um ein Jahr verlängerte Probelauf solle bald beendet und die Geräte nicht weiter benutzt werden, meldete das Berliner Boulevardblatt B.Z. vergangene Woche unter Berufung auf eine E-Mail des Staatssekretärs Torsten Akmann (SPD). Dem widerspricht seine Parteikollegin und vorgesetzte Innensenatorin Iris Spranger heute in einer Pressemitteilung, die mit den Worten „Der Taser muss bleiben“ beginnt. Ähnlich hatte sich die Sozialdemokratin bereits gegenüber der Presseagentur dpa geäußert.

Auch das Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei Berlin verfügt über Taser. Für das SEK steht der Weiterbetrieb der Taser selbst beim linken Partner der Rot-Grün-Roten Koalition nicht infrage. Seit 2017 haben SEK-Einheiten die Geräte in drei Einsätzen zur Verhinderung eines Suizids genutzt, insgesamt wurden sie dort 18 Mal ausgelöst.

Schüsse „möglichst gegen den Rücken“

Die bei der Polizei bundesweit gebräuchlichen Taser werden als „Distanzelektroimpulsgeräte“ (DEIG) bezeichnet und stammen von der Firma Axon. Werden sie scharf gestellt, zeigen sie einen Lichtbogen zwischen den Elektroden, das Ziel wird mit einem farbigen Laser anvisiert. Taser können zwei Drähte mit Elektroden verschießen, die wenige Millimeter in die Haut eindringen. Das Opfer wird durch einen Stromimpuls für einige Sekunden gelähmt.

Seit der Jahrtausendwende werden Taser von der Polizei in allen Bundesländern genutzt, allerdings bis vor wenigen Jahren ausschließlich durch SEKs. In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist dies auch weiterhin der Fall. In Bremen sprach sich die Bürgerschaft dagegen aus, eine Ausnahme gibt es aber für Bremerhaven. Bundesweit sollen sie im vergangenen Jahr mindestens 1.005 Mal eingesetzt worden sein, berichtet das RedaktionsNetzwerk Deutschland unter Berufung auf eine Abfrage in allen Landesinnenministerien. Gegenüber 2020 ist dies ein Anstieg von über 65 Prozent. Als Grund dafür gilt eine groß angelegte Erprobungsphase in Nordrhein-Westfalen mit 1.392 Geräten. Insgesamt sollen die Landespolizeien und SEKs über mindestens 2.432 Taser verfügen.

Ein weiteres Pilotprojekt führt die Bundespolizei in Berlin, Kaiserslautern und Frankfurt/Main Hauptbahnhof durch. Dort sollen die Beamt:innen laut einer Verwaltungsvorschrift Schüsse „möglichst gegen den Rücken“ oder auf den unteren Oberkörper der Zielperson abfeuern. Nicht erlaubt ist die gleichzeitige Nutzung zweier Geräte gegen eine Person. Auf Kinder darf geschossen werden, wenn es sich um Notwehr oder Nothilfe handelt.

40 weitere Taser für Berlin

Im Rahmen des Berliner Modellprojekts sind die Polizeiabschnitte 53 (Kreuzberg) und 57 (Mitte) mit jeweils zehn Tasern ausgestattet. Die „Brennpunkt-und Präsenzeinheit“ der Polizeidirektion 5 (City) hat weitere acht. Zusammen mit Geräten, die zur Aus- und Fortbildung oder als Reserve dienen, wurden für das Projekt 40 Taser beschafft.

Der Probelauf beim Streifendienst geht auf eine Idee des früheren CDU-Innensenators Frank Henkel zurück, umgesetzt wurde es aber durch seinen SPD-Nachfolger Andreas Geisel. Laut der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten und innenpolitischen Sprechers der Fraktion, Niklas Schrader, hat die Berliner Polizei dafür 144.102 Euro ausgegeben. Darin enthalten sind auch „Munition“ und die Wartung der Geräte. Im Februar, zum Zeitpunkt der Anfrage, waren 69 Beamt:innen für den Einsatz an einem DEIG geschult.

Den Zahlen zufolge nutzte der Streifendienst die „Distanzelektroimpulsgeräte“ wenig. Seit 2017 seien sie 15 Mal ausgelöst worden, in ähnlich vielen Fällen wurde der Einsatz nur angedroht. Komplikationen nach den Einsätzen sind dem Senat laut eigener Auskunft nicht bekannt. In einer früheren Antwort hatte es geheißen, die Taser hinterließen „lediglich kleine Wundmale durch die Elektroden“. Die Betroffenen seien deshalb ärztlich versorgt worden.

Polizeigewerkschaft will Taser wie Knüppel einsetzen

Der Berliner Taser-Test endet offiziell am 31. Dezember 2022. Dann will der Senat entscheiden, ob weitere Dienststellen damit ausgestattet werden. Darauf verweist auch die Innensenatorin Spranger in ihrer heutigen Pressemitteilung. „Dafür werde ich mir die Ergebnisse der Evaluierung genau ansehen“, schreibt Spranger. Fällt diese Entscheidung negativ aus, sollen die übrig bleibenden Geräte dem SEK zur Verfügung gestellt werden, erklärte der Senat im Februar.

Eine Lehrstunde der Demokratie für den kleinen Olaf als Bürgermeister von Hamburg.

In sämtlichen Einsätzen lagen laut der Antwort des Senats auf die Anfrage von Niklas Schrader die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vor. Die Taser dürfen also nicht wie ein Polizeiknüppel oder Pfefferspray genutzt werden.

Genau dies erzürnt die Polizeigewerkschaften, die seit Beginn des Modellprojekts eine Absenkung der Schwelle fordern. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) beklagt ein „Misstrauen“ in die Polizei. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) unterstellt der „Berliner Politik“ eine „Realitätsverweigerung, vermutlich aus ideologischen Gründen“.

Kein Gesetz für Taser in Berlin

Der DPolG-Landessprecher will den Probelauf deshalb sogar noch erweitern und fordert, „seine Rechtsgrundlagen zu verbessern“. Diese Rechtsgrundlagen existieren jedoch gar nicht, weil der Senat für die Taser kein eigenes Gesetz erlassen hat. Deshalb gelten sie weiterhin als Schusswaffe und sind dem Gebrauch von Pistolen oder Langwaffen gleichgestellt.

Auch die Opposition hat das Thema nach dem Boulevard-Bericht skandalisiert. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion spricht von einem „Kniefall“ der SPD-geführten Innenverwaltung „vor Polizeigegnern der Linken und Grünen“. Tatsächlich sind die Berliner Grünen jedoch in der Frage nicht pauschal ablehnend. „Ich bin grundsätzlich skeptisch, weil es zu wenig Zahlen für eine valide Datengrundlage gibt“, schreibt Vasili Franco auf Nachfrage von netzpolitik.org. Taser könnten jedoch „grundsätzlich sinnvoll sein“, so der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.

Deutlich gegen die Ausweitung von Tasern auf den Berliner Streifendienst – jedoch für die Beibehaltung bei SEKs – spricht sich Amnesty International in Deutschland aus und verweist auf Zahlen der US-amerikanischen Sektion. Deren Statistiken zählen bereits Hunderte von Toten im Zusammenhang mit Taser-Einsätzen.

Sechs Tote nach Einsätzen in Deutschland

In Deutschland starben in den vergangenen drei Jahren sechs Personen nach dem Beschuss mit einem Taser, davon je zwei in Rheinland-Pfalz und Hessen, zwei weitere in Bayern und Niedersachsen. Außer Niedersachsen erlauben diese Bundesländer den Taser-Einsatz auch im Streifendienst.

Meist befanden sich die Betroffenen der tödlichen Einsätze in einer psychischen Ausnahmesituation. „Für so etwas ist die Polizei aber nicht ausgebildet“, schreibt Niklas Schrader dazu auf Anfrage von netzpolitik.org. Ziel müsse es deshalb sein, gefährliche Situationen zu deeskalieren, „und zwar bevor es zum Einsatz von Waffen kommt“. Würde der Taser polizeiliches Alltagsinstrument, stiegen die Gefahren insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen oder unter Drogeneinfluss.

Der grüne Innenpolitiker Vasili Franco will statt Polizei mit Taser oder Schusswaffe lieber „multiprofessionelle Kriseninterventionsteams“ in kritische Einsätze schicken. Diese seien „ein Ansatz, der sowohl Polizei wirksam unterstützen und Betroffene besser schützen könnte“. Schrader verweist dazu auf den Berliner Koalitionsvertrag von Linken, Grünen und Sozialdemokrat:innen, der die Schaffung von „mobilen Kriseninterventionsteam“ mit psychologisch ausgebildeten Fachleuten vorsieht. Diese sollen in einem Modellprojekt erprobt werden. Die Ausweitung des Taser-Einsatzes sei hingegen im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen, merkt Schrader an.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben     —   Der X-26-TASER (älteres Modell von Axon) in der Polizei-Version

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Scheinriese + Möchtegerne

Erstellt von Redaktion am 28. August 2022

Gegen einen «Scheinriesen» rüstet Europa mit Milliarden auf

Verkriechen sich nicht auch Politiker-innen hinter Schutzzäune um ihren Schwachsinn zu verkaufen?

Quelle      :        INFOsperber CH.

Urs P. Gasche /   

Die russische Armee entpuppe sich als «Scheinriese» und sei «konventionell keine Bedrohung». Das schreibt NZZ-Chef Eric Gujer.

Am 8. Juni 2022 vertrat ich auf Infosperber die Meinung, dass es keinen Grund zum Aufrüsten gebe, denn «der Krieg schwächt Russland». Die Lobbys der Militärs und der Rüstungskonzerne würden die Kriegsbilder ausnutzen, um Gefahren an die Wand zu malen und sich bei den Politikern für ihre Interessen durchzusetzen.

Nicht erst der jetzige Krieg schwächt Russland. Am 27. August kommt NZZ-Chefredaktor Eric Gujer in einem Frontseite-Leitartikel zum Schluss, dass die militärische Stärke Russlands schon vorher massiv überschätzt worden sei: «Westliche Beobachter waren davon ausgegangen, dass die Armee nach postsowjetischem Zerfall umfassend modernisiert worden sei. Welch ein Irrtum.»

Es fehle «an vielem, was den zeitgenössischen High-Tech-Krieg ausmacht», darunter «Präzisionswaffen, multisensorische Aufklärung und genaue Zielerfassung». Die meisten Panzerfahrzeuge würden «auf Entwicklungen aus den siebziger Jahren» basieren und seien «gegen Projektile der ukrainischen Infanterie unzureichend geschützt». Flugzeuge der fünften Generation – wie der amerikanische F-35 – hätten in Russland «die Serienproduktion noch nicht erreicht».

Fazit von Erich Gujer: «Diese Armee ist ein Scheinriese.»

Streitkräfte, «die wie vor achtzig Jahren kämpfen», fährt Gujer fort, «verlieren für jeden halbwegs gerüsteten Gegner viel von ihrer Bedrohlichkeit». Moskaus Armee werde «mit syrischen Milizen fertig – und sonst?». Helmut Schmidt habe die Sowjetunion einmal als «Obervolta mit Atomraketen» bezeichnet. «Drei Jahrzehnte der Reformversuche haben an der Gültigkeit dieses Aphorismus nichts geändert», meint Gujer. Jedenfalls sei Russland «in einem konventionellen Schlagabtausch keine Bedrohung für die Nato».

Es war und ist nicht davon auszugehen, dass Russland westliche Nachbarstaaten militärisch angreift

Die Lobbys der westlichen Militärs und der Rüstungskonzerne behaupten zwar das Gegenteil. Doch der Putin-Clan, Patriarch Kyrill und die Staatsmedien würden es selbst mit allen Propaganda-Tricks kaum schaffen, den Russinnen und Russen weiszumachen, dass auch Polen, die baltischen Staaten oder Finnland zur russischen Identität gehören oder es dort eine Nazi-Regierung zu bekämpfen gebe, welche einen Genozid an Russen verübe.
Was die Schweiz betrifft, ist nicht nachvollziehbar, weshalb Russland dieses Land angreifen sollte. Die Schweiz verfügt über zwei attraktive Werte für andere Staaten: die technologisch hochstehende Industrien und die Nord/Süd-Alpentransversalen. Ein Krieg würde beides zerstören, womit die Schweiz für einen Angreifer wertlos würde.

Die Wächter der Lobbygruppen

Russland ist nicht mehr in der Lage, Teile anderer Nachbarländer militärisch zu annektieren

  • Das russische Militär konnte in sechs langen Kriegsmonaten nicht einmal den ganzen Donbass und die Schwarzmeerküste unter seine Kontrolle bringen. Der Krieg zerstört einen namhaften Teil der russischen Armee. Sie verliert hunderte Kampfflugzeuge und Panzer sowie einen grossen Teil ihres besten Militärpersonals.
    Auf jeden Fall wird das russische Militär nach diesem Krieg noch schwächer sein als vorher. Es wird Jahre dauern, bis die russische Armee auch nur auf dem gleichen Level sein kann wie vor dem Krieg.
    Polen, die baltischen Staaten und bald auch Finnland gehören der Nato an. Die Nato ist Russland schon heute militärisch mit Kampfflugzeugen und logistisch haushoch überlegen.
  • Auch die russische Wirtschaft wird stark geschwächt aus diesem Krieg hervorgehen. Neben den hohen Kriegskosten bekommt Russland die Folgen der drastischen Sanktionen Monat für Monat stärker zu spüren. Die Leidensfähigkeit der russischen Bevölkerung ist bekannt, aber auch diese hat Grenzen. Um einen konventionellen Krieg zu führen, braucht es nicht nur das Militär, sondern auch eine genügend starke Wirtschaft.

Die Fakten sprechen dagegen, dass Russland für Westeuropa und die baltischen Staaten oder für Finnland auf absehbare Zeit eine Gefahr darstellt.

Die atomare Bedrohung

Eine Ausnahme wäre ein Angriff mit taktischen Atomwaffen: «Bei taktischen und operativ-taktischen Nuklearwaffen ist Russland eindeutig überlegen», erklärte Sicherheitsexperte und SVP-Politiker Albert A. Stahel gegenüber Infosperber. Und das sei «nicht zu unterschätzen».

Doch vor solchen atomaren Vernichtungsschlägen können weder Kampfpanzer noch Kampfjets die Bevölkerungen schützen.

Es gibt deshalb keinen ausreichenden Grund, weshalb Deutschland für seine Sicherheit aufrüsten und sich dafür mit 100 Milliarden Euro verschulden muss. Und es gibt keinen überzeugenden Grund, weshalb die Schweiz für sechs Milliarden Franken 36 US-Kampfjets kaufen muss. Drohnen oder Flugabwehrgeräte wären – wenn schon – adäquater.

Alle diese Milliarden werden dringend zum Bewältigen existenzieller Probleme der Menschheit gebraucht.

Dessen ungeachtet werden das Pentagon, die vielen grossen Industriekonzerne, welche auch Waffen herstellen, sowie die von ihnen mitfinanzierten sogenannten Think Tanks und Stiftungen* weiterhin ausgeklügelte Narrative für die Politik und für die Medien verbreiten, wonach Putin-Russland das alte Sowjetreich wiederherstellen möchte und dazu auch tatsächlich in der Lage sei, sofern der Westen nicht massiv aufrüste.

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*Einige Think Tanks und Stiftungen

Sollten sich diese Clans nicht besser in : „Wir Denken und ihr zahlt für euere Dummheit“, umbenannt werden ?“

Einige von ihnen werden vom Pentagon oder der US-Regierung mitfinanziert. Etliche weisen nicht transparent aus, wer die «Spender» oder «Sponsoren» sind.

«National Endowment for Democracy». Sie wurde von Ronald Reagans CIA-Chef Bill Casey gegründet und finanziert u.a. NGOs in über hundert Ländern;
«Brookings Institution» ist laut Economist der prestigeträchtigste US-Think Tank;
«Council on Foreign Relations». Unter den Mitgliedern sind ehemalige US-Aussenminister und CIA-Direktoren.
«Heritage Foundation». Diese politische Forschungsinstitution hat das Motto «Leadership for America» («Führung für Amerika»). Es verfolgt nach eigenen Worten die Förderung «konservativer Politik auf der Grundlage der freien Marktwirtschaft, des minimalen Staats, der individuellen Freiheit, traditioneller amerikanischer Werten und einer starken nationalen Verteidigung».
«Stiftung Mercator» in Deutschland und der Schweiz;
«Victor Pinchuk Foundation» in der Ukraine;
«Quincy Institute for Responsible Statecraft». George Soros und die erzkonservative «Koch Foundation» finanzierten den Start im Jahr 2019.
«Young Leaders Programme von Atlantik-Brücke und Weltwirtschaftsforum». Siehe Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags;
«Atlantik-Brücke». Dieser Verein will die Zusammenarbeit und die Freundschaft zwischen Europa und den USA fördern.
«Atlantic Council». Nach eigenen Angaben: «Der Rat bietet ein wichtiges Forum für die Bewältigung der dramatischen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen, die das einundzwanzigste Jahrhundert bestimmen, indem er sein einzigartig einflussreiches Netzwerk globaler Führungskräfte informiert und mobilisiert. Der Atlantic Council – durch die von ihm veröffentlichten Papiere, die von ihm entwickelten Ideen, die von ihm entwickelten zukünftigen Führungskräfte und die von ihm aufgebauten Gemeinschaften – prägt politische Entscheidungen und Strategien zur Schaffung einer freieren, sichereren und wohlhabenderen Welt.»
Laut Wikipedia: «Sein Auftrag ist die Förderung von konstruktiver US-Führung und -Engagement in internationalen Angelegenheiten auf Basis der zentralen Rolle der atlantischen Gemeinschaft bei der Bewältigung der internationalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Bis zu seiner Nominierung 27. Februar 2013 als US-Verteidigungsminister war Chuck Hagel Vorsitzender.»
Bilderberg-Konferenzen. Die meisten Teilnehmer kommen seit jeher aus NATO-Staaten. Seit 1989 nehmen zunehmend Personen aus anderen Ländern an den jährlichen Konferenzen teil. Anmerkung von Wikipedia: «Aufgrund des rechtlich informellen Charakters des Treffens können keine ausführbaren Beschlüsse getroffen werden. Durch die Diskussionen soll ein Konsens über eine gemeinsame Denk- und Handlungslinie erreicht werden.»

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Oben      —     Das ****s-Hotel Taschenbergpalais in Dresden-Altstadt, mit Absperrungen für die Bilderberg-Konferenz 2016

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Unten     —     Fairfax County PD at the main entrance.

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KOLUMNE * MATERIE

Erstellt von Redaktion am 28. August 2022

Klimakrise und Klimapolitik: Ein Sommer geht zu Ende

Eine Kolumne von Kersten Augustin

Am Ende des Hitzesommers schaut unser Kolumnist einen Horrorfilm und liest in der Bibel. Aber auch dort findet er keine Lösung für die Klimakrise.

Der Sommer geht zu Ende! Noch nie klang dieser Satz so vorfreudig wie in diesem Jahr. Morgens ist jetzt manchmal das Fenster leicht beschlagen, aber vielleicht liegt das auch am Pfusch am Bau.

Ein Sommer geht zu Ende, den man sich auch als den Beginn eines Horrorfilms vorstellen könnte. Ein Kameraflug über die französische Atlantikküste. Wir sehen einen Campingplatz von oben. Idylle. Am Horizont etwas Rauch. Dann explodieren Gasflaschen, Menschen rennen schreiend aus ihren brennenden Zelten. Dröhnende Hans-Zimmer-Musik setzt ein. Cut. Eine Fernsehmoderatorin steht in der Mitte eines ausgetrockneten Flussbettes. Cut. Ein weinender Fischer zieht tote Fische aus der Oder. Cut. Schwarzer Bildschirm.

In einem Horrorfilm würden in der nächsten Szene die Zombies aus ihren Löchern steigen. Aber die Realität ist brutaler. Da steigt ein Mann mit einer Ledertasche aus dem Flugzeug, senkt die Steuern auf Erdgas und grinst spitzbübisch. Dieser Albtraum heißt Olaf Scholz. Und die Untoten sind die Gasunternehmen, die als erstes Robert Habeck fressen, der in dieser Geschichte leider auch nicht zum Helden taugt.

Wenn Sie mit apokalyptischen Filmen nichts anfangen können, können Sie ja die Bibel aus Ihrem Nachtschrank nehmen. Denn auch dort wird der Sommer 2022 und das Fischsterben in der Oder beschrieben. Zum Beispiel im Buch Hosea: „Darum wird das Land dürre stehen, und alle seine Bewohner werden dahinwelken; auch die Tiere auf dem Felde und die ­Vögel ­unter dem Himmel und die Fische im Meer werden weggerafft.“

Vom Stammtisch der späteren Wüstennomaden. Sie schaffen das !!

Es brennt in der Gegenwart

Ich glaube nicht daran, dass uns ein Gott straft oder rettet, das müssen wir schon selber tun. Nur war das politische Zeitfenster, in dem eine Mehrheit der Bevölkerung die Klimakrise nicht mehr geleugnet hat, bis zu dem Moment, in dem sie mit voller Wucht den Alltag bestimmt, viel zu kurz. Was folgt daraus?

Eine realistische Klimapolitik kann sich nach diesem Sommer nicht darauf beschränken, für eine klimaneutrale Welt 2050 zu kämpfen. Vielleicht ist dieses Ziel sowieso utopisch und unvereinbar mit Moderne.

Seit der ­Industriellen Revolution steigt die Konzentration von CO2 in der Luft. Wohlstand für alle, das gab und gibt es nur mit immer mehr CO2. Nur wenn die Weltwirtschaft zusammenbrach, wie 2009 und 2020, sanken auch die Emissionen.

Natürlich bleibt das Ziel einer klimaneutralen Welt richtig. Aber dieser Sommer hat gezeigt, dass es nicht reicht, für ein fernes Ziel zu kämpfen, wenn schon die Gegenwart brennt.

Quelle         :            TAZ-online       >>>>>        weiterlesen

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Unten        —     Aktivist*innen von Extinction Rebellion spielen Koalitionsverhandlungen von SPD, Grüne und FDP (vlnr Christian Lindner, Olaf Scholz, Analena Baerbock, Robert Habeck)

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DL – Tagesticker 28.08.2022

Erstellt von Redaktion am 28. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) Kritik an Habeck: „Handwerkliche Fehler“  – . –  2.) Nach Durchsuchung bei Trump  – . –  3.) Was wurde aus der Zeitenwende von Scholz ?  – . –   4.) Den Betroffenen eine Stimme geben  – . –  5.) Hilfsorganisation SOS Méditerranée  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Oh – Die Politiker-innen : „Wann kommt Eure Zeit und ihr werdet fit?“ Wann ist das Ende eurer prosaischen Sprüche erreicht? Nur dank Sprüche und Versagen könnt ihr nur Tote-Wähler  in eueren Urnen begraben. Wer im leeren Kopf nichts halten kann, sollte es einmal mit den Händen versuchen.

Von Oktober an sollen Gaskunden eine staatliche Umlage zahlen, um Importfirmen zu entlasten und einen Kollaps bei der Energieversorgung zu verhindern. Der Unmut über die Abgabe ist groß – auch innerhalb der Ampelkoalition.

1.) Kritik an Habeck: „Handwerkliche Fehler“

Die geplante staatliche Gasumlage zur Stützung großer Energieimporteure sorgt auch in der Regierungskoalition für wachsende Spannungen. SPD-Chef Lars Klingbeil warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) handwerkliche Fehler vor und forderte statt „schöner Worte“ Korrekturen und eine Politik mit Substanz. Die Bundesregierung hatte Änderungen bei der Gasumlage in Aussicht gestellt. Aus der Opposition sowie von Ökonomen und Wirtschaftsverbänden kommen aber weiter Forderungen nach einer Reform oder einem Verzicht auf die Umlage, die Privathaushalte und Industrie ab Oktober zahlen sollen. Die Umlage soll die wegen knapper russischer Gaslieferungen stark gestiegenen Kosten von Großimporteuren ausgleichen, um diese vor einer Pleite und das Energiesystem vor dem Kollaps zu bewahren. Alle Gaskunden sollen zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Kritisiert wird vor allem, dass auch Firmen profitieren könnten, denen es wirtschaftlich gut geht. Deshalb prüft die Bundesregierung nun Korrekturen. Dies gilt allerdings als juristisch kompliziert. Habeck hatte angekündigt, rechtssichere Möglichkeiten auszuloten, um „Trittbrettfahrer“ bei der Umlage wieder auszusortieren. Klingbeil sagte, zweifelsohne habe Habeck einen interessanten Kommunikationsstil. „Und natürlich merken wir, dass das in der Öffentlichkeit gut ankommt“, sagte der SPD-Chef Zeit-Online. Am Ende zählten in der Politik aber nicht nur schöne Worte: „Es muss vor allem die Substanz stimmen. Daran werden wir gemessen.“ Deshalb sei es wichtig, die handwerklichen Fehler gemeinsam auszuräumen: „Es kann nicht sein, dass Unternehmen, die in der Krise Milliarden verdient haben, noch Milliarden an Steuergeld kassieren.“

Süddeutsche-Zeitung-online

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Und was lernen wir aus dieser Geschichte ? Politiker-innen schrieben schon immer ihre ureigenen Gedichte Und dieses besonders Dann: „Wenn vorherige Hinterbänkler ihren Mann ver-be-urteilen müssen welcher Diese zuvor in Positionen erhoben hat – welche sie ohne den Anschub niemals erreicht hätten. Das Krähenvolk unter sich nach Internationalen Maßstab.

Geheimdienste werten Geheim-Dokumente aus. Die Durchsuchung bei Trump in Florida war für die USA einmalig – nie ging das FBI so gegen einen früheren Präsidenten vor. Nun berichtet „Politico“, dass der Geheimdienst diese nun auswertet. 

2.) Nach Durchsuchung bei Trump

Die geheimen Dokumente, die der ehemalige US-Präsident Donald Trump nach dem Ende seiner Amtszeit mitgenommen hat, sollen nach einem Medienbericht von den US-Geheimdiensten ausgewertet werden. Das berichtete das Magazin „Politico“ unter Berufung auf ein Schreiben von Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines an hochrangige Mitarbeiter. Damit soll geklärt werden, ob aus der Aufbewahrung in Trumps Villa Mar-a-Lago in Florida Risiken für die nationale Sicherheit entstanden.  „Das Justizministerium und das Büro der US-Geheimdienstkoordinatorin arbeiten zusammen, um eine Klassifizierungsprüfung der relevanten Materialien zu erleichtern, einschließlich der bei der Durchsuchung sichergestellten“, schrieb Haines dem Magazin zufolge. Die Geheimdienste könnten dem Bericht zufolge auch prüfen, ob Unbefugte Zugang zu den Dokumenten hatten. Dies könne von strafrechtlicher Relevanz sein. Haines gehört als Geheimdienstkoordinatorin der Regierung von Trums Nachfolger Joe Biden an.

NTV-online

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Morgen, Morgen nur nicht Heute, sagen alle faulen Leute.  Zu den politischer Aussagen sollte das  naive Wahlvolk hinzufügen: „Heute Versprochen – „wird schon Morgen wieder gebrochen.“ Politiker welche beim Lügen – laut Lachen!

Deutsche Reaktion auf Russlands Krieg: Vor sechs Monaten verkündete Olaf Scholz die „Zeitenwende“ und 100 Milliarden für die Bundeswehr. Was wurde daraus?  „Wir müssen die Ukraine in dieser verzweifelten Lage unterstützen.“

3.) Was wurde aus der von Scholz Zeitenwende?

Hat Deutschland dieses Versprechen gehalten und genug getan, um dem Opfer der russischen Aggression zu helfen? Der Tenor in vielen Medien war: Der Kanzler hat versagt. Deutschland hätte zackig Panzer und Haubitzen sofort an die Front liefern müssen, um die Ukraine zu retten. Stattdessen habe Scholz gezögert, getäuscht und geschwiegen. Doch die Debatte um die Lieferung schwerer Waffen war schief. Die Idee, dass es auf ein paar Marder-Panzer ankomme, suggestiv. Die USA haben bis August 2022 für 25 Milliarden Euro Waffen und militärische Ausrüstung geliefert – ein Vielfaches von dem, was alle anderen Länder zusammen nach Kiew exportierten. Faktisch rüsten die USA die Ukraine aus, die Bedeutung des deutschen Beitrags wurde verzerrt und überschätzt. Scholz hat das Tabu, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, gebrochen und gerade jüngst Lieferungen für 500 Million Euro angekündigt. Er hätte von Beginn an klarmachen sollen, welche Waffen Deutschland liefern wird und welche nicht. So wirkte er wie ein Getriebener. Insgesamt hat sich die Ampel an der erprobten bundesdeutschen Rolle in Kriegen und Krisen orientiert: Man macht bei Militär und Waffen „im Geleitzug“ (Scholz) der Nato mit, drängelt sich aber nicht nach vorne. Dafür setzt die Bundesrepublik ein, wovon sie mehr hat als funktionstüchtige Waffen: Soft Power, Diplomatie und Geld. In Afrika, Asien oder Lateinamerika halten viele den Ukrainekrieg keineswegs für eine Zeitenwende – und sind offen für Russlands Position und für billiges Öl von dort. Die Ampel hat mit konkreten und symbolischen Hilfsangeboten in Indien und Senegal, Indonesien und Südafrika für die Unterstützung der Ukraine geworben. Ein wenig gewürdigter Verdienst. „Wir müssen Putin von seinem Kriegskurs abbringen.“

TAZ-online

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Die Hände welche füttern, werden nicht gebissen ! Dieser eine Satz beschreibt Haargenau die Verhältnisse von Behörden zu ihrem Suppen-Küchen Staat. Wo der Glaube per Vereidigung zum Dienen seien Einzug feiert, beginnt die Unfähigkeit und bestimmen die Vorverurteilungen  ihren Lauf. Das ist die einzige Möglichkeit der Politik zu jeder Zeit an ihrer Macht festzuhalten. 

Die rechtsextreme Anschlagserie in Berlin-Neukölln wird endlich aufgearbeitet. Es gibt viele Ungereimtheiten – vor allem auf Seiten von Justiz und Polizei

4.) Den Betroffenen eine Stimme geben

Es ist die erste Meldung, die Ferat Koçak nach seinem Urlaub in diesem Monat liest: „Im Südosten Berlins ritzen Unbekannte Hakenkreuze in mehr als 80 Autos.“ Der rechte Terror in Neukölln geht also weiter. So erzählt es Koçak nach seiner Rückkehr nach Berlin in seinem Abgeordnetenbüro in Neukölln. Koçak, schwarzes Shirt mit dem Aufdruck „Black Lives Matter“, rot gefärbter Bart, sitzt seit vergangenem Jahr für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus. Er twittert als @der_neukoellner, sieht sich als antifaschistischer Aktivist im Parlament und wirkt wie jemand, den nichts so schnell umhauen kann – wäre da nicht die Nacht zum 1. Februar 2018. In jener Nacht wurde ein Brandanschlag auf sein Auto verübt, das in der Garageneinfahrt neben dem Haus seiner Eltern stand. Gegen drei Uhr nachts sei er wach geworden. „Draußen war es viel zu hell für diese Uhrzeit. Ich ging also zum Fenster und sah meterhohe Flammen, die schon auf die Hausfassade übergesprungen waren. Fast hätten sie auch die Gasleitung erreicht, das wäre dann wohl tödlich ausgegangen.“ Wenn Koçak von dieser Nacht berichtet, scheint sie nicht schon vier Jahre zurückzuliegen. Die Bilder des Feuers haben sich in seine Erinnerung eingebrannt. Am 29. August startet in Berlin nun der Prozess gegen die Hauptverdächtigen der rechtsextremen Anschlagsserie, die als Neukölln-Komplex bezeichnet wird. Allein zwischen 2016 und 2019 zählt das Landeskriminalamt 70 Taten, darunter mindestens 14 Brandstiftungen und 35 Sachbeschädigungen. Meistens traf es Menschen, die sich im Bezirk Neukölln gegen Rechtsextremismus engagieren und wohl deswegen eingeschüchtert werden sollten. Die Hauptangeklagten heißen Tilo P. und Sebastian T. – beide sind fest im rechtsextremen Milieu verankert. Von der AfD zur NPD.

Freitag-online

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Um eine solche Freiwillige Dienstleistung als Politiker-innen leisten zu können, stände Heute im Klimawandel, wohl nicht einmal mehr genügend Wasser zur Verfügung, um die Hände zuvor vom Blut reinigen zu können. Diesen Menschen gehörten die Auszeichnungen welche sich Politiker-innen voller Stolz schmücken lassen. Aber die meisten Freiwilligen würden sich mit solch einen Schund erst gar nicht abgeben.

„Ocean Viking“ rettet mehr als 460 Menschen aus Mittelmeer. Die freiwilligen Helfer holten die Menschen von überfüllten Holz- und Schlauchbooten an Bord. Die Migranten kommen meist von den Küsten Nordafrikas.

5.) Hilfsorganisation SOS Méditerranée

Die private Hilfsorganisation SOS Méditerranée hat im zentralen Mittelmeer bei mehreren Einsätzen weitere  Bootsmigranten vor dem Ertrinken bewahrt. Die Crew der „Ocean Viking“ habe damit fast 470 gerettete Menschen an Bord, wie die Organisation auf Twitter in der Nacht zu Sonntag mitteilte. Die freiwilligen Helfer hätten die Menschen von überfüllten Holz- und Schlauchbooten in der maltesischen Such- und Rettungszone an Bord geholt. Viele seien körperlich erschöpft, einige seien ohne Rettungswesten auf dem offenen Meer unterwegs gewesen.  Unterdessen wartete die deutsche Organisation Resqship mit ihrem Motorsegelboot „Nadir“ und fast 60 geretteten Migranten an Bord auf einen sicheren Hafen. Die zivilen Seenotretter mahnten in einem Tweet, dass ihr Boot für die Versorgung so vieler Menschen nicht ausgelegt sei. Die „Nadir“ hatte die Menschen am Freitag gerettet. Normalerweise erreicht sie in Seenot geratene Migrantenboote, alarmiert die Behörden oder andere Hilfsorganisationen mit größeren Schiffen.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

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Auf die Straßen, fertig, los

Erstellt von Redaktion am 27. August 2022

Europa könnte wegen steigender Preise ein Wutwinter bevorstehen

Da steigt die Angst der Politiker vor Hummeln, und schicken ihre Bullen. 

Von Christian Jakob

 In Frankreich hoffen die Gelbwesten auf neuen Schwung, in Österreich hat die Querdenkerszene ein neues Thema gefunden, und in Italien dominiert die Teuerung bereits den Wahlkampf.

Als wir angefangen haben, kostete ein Liter Diesel 1,54 Euro. Jetzt sind es 1,84 Euro,“ sagt Damien Mallot*. Der Klempner aus Melun, eine Autostunde südöstlich von Paris, war 2018 von Anfang an bei den Protesten der Gelbwesten dabei. Seine Frau sitzt seit einigen Jahren im Rollstuhl, ist chronisch krank, arbeitsunfähig. Das Paar lebt mit der 14-jährigen Tochter in einer 65-Quadratmeter-Wohnung. Mallot hat zwei Jobs, 2.200 Euro im Monat bringen die insgesamt ein. Nach Abzug aller festen Kosten bleiben ihnen 800 Euro zum Leben, sagt er. Und bei den Energiepreisen kommt die große ­Teuerungswelle erst noch.

Frankreichs Regierung versuche, die Situation unter Kontrolle zu halten – etwa durch eine Ausweitung des „Kaufkraftpakets“ – scheitere damit aber, sagt Mallot. „Die Leute haben die Nase voll von den Steuern. Miete und Heizung bringen viele in sehr große Schwierigkeiten.“ Die Teuerungsrate lag im Juli bei 6,1 Prozent pro Jahr – ein Jahr zuvor waren es 1,2 Prozent. „Das sollte die Menschen auf die Straße treiben“, sagt Mallot.

Vom drohenden „Wutwinter“ in Europa ist gerade viel zu hören: Die einen fürchten, dass er als Konjunkturprogramm für die extreme Rechte wirken könne. Andere hoffen, mit Druck von der Straße, linke Forderungen wie Preiskontrollen und Lohnerhöhungen durchsetzen zu können.

In Deutschland warnt der Verfassungsschutz davor, dass Rechtsex­treme die Protestbewegungen kapern könnten, Sozialverbände beklagen eine Vorab-Diffamierung legitimer Proteste und die grüne Außenministerin Annalena Baerbock spricht gar von möglichen „Volksaufständen“ gegen die hohen Gaspreise.

Sicher ist: Die Inflation von 8,9 Prozent im Juli in der Eurozone ist Treibstoff für Frust und Widerstand.

Wie in den Ländern Europas der Unmut über die steigenden Lebenshaltungskosten politisch zu kanalisieren versucht wird, ist höchst unterschiedlich. Stets werden drei Themen mitverhandelt: Klimaschutz, der Ukrainekrieg und die Coronapolitik. Die Preisexplosion verschmilzt mit den anderen Großkrisen dieser Zeit zu einem teils hochtoxischen Gefüge.

In Frankreich etwa geschieht dies in einer politischen Landschaft, die mit den Gelbwesten erst kürzlich ein ideologisch heterogenes, aber äußerst mobilisierungsfähiges Protestmilieu hervorgebracht hat. Der Regierung von Emmanuel Macron wurde dies so gefährlich, dass der Schatten der Gelbwesten bis heute durch Klimaschutzverhandlungen geistert. Und das nicht nur in Frankreich: Übertreibt es nicht, sonst kommen wir wieder.

„Frankreich in Wut“ so nannten sich die Gelbwesten selbst, es passt zu einem drohenden „Wutwinter“, es passt auch zu Mallot, der sich eine Zigarette nach der anderen ansteckt, wie um Druck abzulassen, während er erzählt, wie das damals war, im Herbst 2018, mit den Sternmärschen und Großdemos.

Über Facebook, den Messengerdienst Discord und Whatsapp verabredeten sie sich zur Blockade der Straßenkreuzungen – zunächst, um Emmanuel Macrons Pläne für eine CO2-Steuer von 6,5 Cent pro Liter Diesel und 2,9 Cent für Benzin zu kippen. Die Idee, „alles Fossile zu stoppen, war eine Dummheit, das ist extrem teuer für die kleinen Leute“, sagt Mallot.

Ihn selbst hatte damals aufgebracht, dass sein Einkommen für die Berechnung der Behindertenbeihilfe seiner Frau mit angerechnet wurde. So bekam sie statt 500 nur 185 Euro Beihilfe – während er selbst immer weniger arbeiten konnte, weil er sich um seine zunehmend hilfsbedürftige Frau kümmern musste.

Von Beginn an hat er in seiner Heimatstadt die Aktionen der Gelbwesten koordiniert. Jede Woche freitags von 19 bis 23 Uhr, samstags von 9 bis 19 Uhr, standen sie an der Europa-Kreuzung, zu Hochzeiten mit 80 Aktiven. „Ich habe es geliebt, ich habe unglaubliche Leute kennengelernt“, sagt er. Sie wollten nicht nur stabile Preise an der Zapfsäule, sondern mehr im Geldbeutel: höhere Löhne, niedrigere Steuern, mehr Sozialleistungen. „Umverteilung des Reichtums, darum ging es letztlich“, sagt Mallot. „Bürgerproteste“ seien das gewesen, ein wenig wie jene der Französischen Revolution 1789, getragen von der Mittelschicht, das ist Mallot wichtig: „Denn die zahlt für den ganzen Rest. Für die Reichen, die keine Steuern zahlen, und für die Armen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.“

Melun ist für die Gelbwesten ein besonderer Ort: Hier lebt auch der Lkw-Fahrer Eric Drouet, der Ende Oktober 2018 zu einer Autofahrer-Kundgebung auf der Pariser Ringautobahn aufruft. 300.000 machen schließlich landesweit mit. Die Gelbwesten sind geboren und Drouet ruft zum Sturm auf den ­Élysée-Palast.

Alle, die gegen Präsident Macron waren, versuchen damals, die Gelbwesten zu vereinnahmen. Marine Le Pen, Anführerin des rechten Rassemblement National (RN), versichert, sie unterstütze die Gelbwesten „seit der ersten Stunde“.

„Die Leute haben die Nase voll von den Steuern. Miete und Heizung bringen viele in sehr große Schwierigkeiten“

DAMIEN MALLOT, EX-GELBWESTEN-AKTIVIST AUS FRANKREICH

Der Linke Jean-Luc ­Melenchon, Anführer der populistischen Bewegung La France Insoumise („Unbeugsames Frankreich“, LFI), bejubelt die Gelbwesten als „Bürgerrevolution“ und bezeugte Drouet öffentlich seine Bewunderung. Beide, so sagt Drouet später, hätten ihn erfolglos als Kandidat für die EU-Wahl im Mai 2019 zu gewinnen versucht.

Auf den großen Gelbwesten-Demos gibt es teils Krawalle, die Polizei reagiert mit extremer Gewalt. Mitte 2019 flauen die Proteste wieder ab. Verschwunden aber sind die Westenträger nicht.

Macron führt in diesem Jahr vor den Parlamentswahlen am 19. Juni zwar einen mittlerweile auf satte 30 Cent pro Liter angehobenen Tankrabatt ein. Der soll die Preiserhöhungen durch die Russland-Sanktionen abdämpfen und so den Populisten das Thema entziehen. Doch der Rabatt läuft Ende August aus. Ideale Voraussetzungen für ein Comeback der Gelbwesten also.

Die seien allerdings nicht mehr das, was sie mal waren, findet Damien ­Mallot. Er hat die Bewegung mittlerweile verlassen. „Destruktiv“ sei diese geworden. „Es gibt keinen Anführer. Denn jeder, der dies werden wollte, wurde angegriffen, vom Staat und von innen.“ Dazu komme der „Black Block“, der Repression der Polizei provoziert hätte, sagt Mallot.

Für die nächsten Wochen planen die Gelbwesten mindestens zwei Großproteste. Doch das, was da nun komme, sei nicht zu vergleichen mit 2018: Die Aktionen gehen „mehr von Gewerkschaften und Parteien, nicht mehr von den Bürgern aus“, sagt Mallot. Vor allem Mélenchons LFI versuche seit jeher die Gelbwesten zu vereinnahmen und habe dabei zuletzt wachsenden Erfolg. „Eher nicht mein Ding“, sagt Mallot. Auch viele andere hätten die Bewegung deshalb verlassen.

Das rechte RN werde die Proteste nicht dominieren können, glaubt er. „Die Wurzeln des RN liegen in der Kollaboration mit den Nationalsozialisten. Sie sind keine republikanische Partei.“

Doch tatsächlich hatten einer Umfrage von 2019 zufolge 44 Prozent der Gelbwesten bei den damaligen EU-Wahlen das RN gewählt, mehr als jede andere Partei. Und auch heute hat das RN eine bessere Ausgangslage, um von Protestierenden als politische Repräsentanz anerkannt zu werden. Denn die Partei der Putin-Freundin Le Pen ist seit jeher gegen Russland-Sanktionen. Der Linke Mélenchon hingegen hält diese im Ukrainekrieg, bei aller Skepsis, für „das Einzige, was zu tun bleibt.“

Und auch das, was derzeit in den Aufrufen zur Pariser Gelbwesten-Demo zu lesen ist, ist durchaus anschlussfähig für Le Pen: Neben Maßnahmen gegen die Inflation und für mehr öffentliche Dienstleistungen wird ein Ende der „totalitären“ Gesundheitspolitik – gemeint sind Coronamaßnahmen – sowie ein Austritt Frankreichs aus Nato, EU, WHO und „jeder supranationalen globalistischen Organisation“ gefordert.

Während es also in einem französischen „Wutwinter“ auf das Erbe der Gelbwesten ankommen könnte, dürfte in Österreich die Querdenkerszene eine wichtige Rolle spielen. Viele Corona-Demonstrant*innen marschieren direkt weiter – auf Demos gegen die Teuerung. Etwa im oberösterreichischen Steyer – einer Hochburg der Corona-„Spaziergänge“, mit teils Tausenden Teil­neh­me­r*in­nen und engen Kontakten zur deutschen Querdenken-Bewegung. Die Wortführerin in Steyer ist die selbst ernannte Schamanin Sabine Brandner. „Es geht mittlerweile um ein leistbares Leben, darum, dass man im Winter nicht bei 13 Grad Innentemperatur dasitzen kann,“ sagte sie beim Spaziergang am vergangenen Sonntag dem Regionalsender RTV.

Die Querdenkerszene ist dabei stark verbunden mit der rechtsextremen FPÖ, die seit jeher Putin nahe steht. Deren Botschaft: Der Wohlstandsverlust ist zu groß, das Land müsse im Ukraine­krieg deshalb eine neutrale Position einnehmen. Im September wird die FPÖ einen Antrag auf eine Volksbefragung zu den Sanktionen ins Parlament einbringen. Parallel dazu hetzt sie auf allen Kanälen gegen angeblich ankommende Flüchtlingsmassen. „2015 wiederholt sich“ heißt es in einem am vergangenen Sonntag von der FPÖ veröffentlichten Video, das zeigt, wie angeblich „tagtäglich unzählige illegale Einwanderer aufgegriffen“ werden.

Mit dem Thema versucht die Partei zu punkten seit es sie gibt. Und seit 2015 haben sich zwei Dinge zu ihren Gunsten verändert: Das Ressentiment gegen Flüchtlinge trifft nun auf eine real begründete, wachsende Angst vor Verarmung. Gleichzeitig hat die FPÖ – anders als 2015 – seit den Coronademos eine soziale Basis auf der Straße. Denn gegen die Pandemiepolitik sind Identitäre und andere Rechtsextreme ganz vorn mitmarschiert. Ein zuvor sehr heterogenes Milieu von Coronaskeptikern hat deshalb fast zwei Jahre lang Verschwörungsideologie und extrem rechte Propaganda aufgesogen. Die „Plandemie“ ist darin nur der Anfang, Ukrainekrieg und Preisexplosion sind die Fortsetzung. Alles Übel wird als Teil des „Great Reset“ hingestellt – einer Art Universal-Verschwörungstheorie. Vor allem über Telegram abonnieren heute Hunderttausende nonstop abstruseste Fake News, die vor allem eine Wirkung ­haben: Immer mehr Menschen wenden sich vom demokratischen Gemeinwesen ab.

Da soll die Rinderbrühe gekocht werden?

Konstantina Rösch, eine Allgemeinmedizinerin, der im Februar die Zulassung als Ärztin entzogen wurde, ist eine der bekanntesten Figuren der Corona-Demonstrant*innen in Österreich. Die Maskenpflicht nennt sie die „vorderste Frontline“ im Kampf gegen den „feigen, erbärmlichen und so lächerlichen Gegner“ – gemeint ist die ÖVP-Grünen-­Regierung. „Die allermeisten Menschen im Land wissen, dass mit der Politik etwas nicht stimmt, dass das im besten Fall Kasper sind, dass nichts hinhaut“, sagte Rösch dem extrem rechten Online-Fernsehsender Auf1-TV. „Was sie aber noch nicht verknüpfen können, ist, dass die Menschen, die sie belogen haben, schuld am wirtschaftlichen Niedergang, am Verlust der Lebensqualität sind. Diese Verknüpfung fehlt noch. Wenn die da ist, wird der Zorn der Menschen sehr ungut werden.“

Auf1-TV hat allein auf Telegram 210.000 Follower und seit Kurzem ein Büro in Berlin – geführt von Martin Müller-Mertens, einem Redakteur des rechtsextremen Magazins Compact. Wer hier zuschaut kriegt ein Verschwörungs-Vollprogramm: Die US-Regierung­ als „Marionetten der Globalisten“, Klimaschutz als Gesundheitsgefahr und Bill Gates, der „uns zu überwachten Cyborgs machen will“.

Quelle       :           TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Gelbwesten blockieren am 17. November 2018 die Route nationale 19 bei Vesoul (Haute-Saône)

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Trotzstolz auf Winnetou

Erstellt von Redaktion am 27. August 2022

Nah am Silbersee gebaut

Stellen sich heutige Politiker-innen nicht selber ein geistiges Armutszeugnis aus, sich über Kinderbücher aus vergangenen Zeiten zu ereifern, oder ist das nur eine gefundene Möglichkeit von den eigenen Vergehen und denen ihrer politischen Vorgänger abzulenken? So Zeitvergessen und dämlich können nur Politiker reagieren, welche nicht einmal ihren eigenen Aufgaben nachkommen können. Dabei vermutet ein Jeder, welcher die Bücher gelesen hat, dass der Schreiber Karl May, wohl niemals in seinen Leben ein fremdes Land richtig erlebt hat. Wo wir denn wieder bei den politischen Nullen wären.

Eine Kolumne von Samira El Ouassil

Kritik? Na und! Was treibt Menschen dazu, jetzt erst recht Winnetou zu lesen, SUV zu fahren, heiß zu duschen und Layla zu huldigen? Es ist der Trotzstolz.

Nach zweieinhalb Wochen Funkstille meldet sich Sigmar Gabriel mit etwas ungewohntem Pathos auf Twitter , um zu verkünden, dass er etwas Großes tun werde; ja, er, der alte Transatlantiker, werde seinen Kindern sein Wissen weitergeben, so wie es einst die indigenen Völker Nordamerikas mit ihren Nachkommen taten.

In einem ähnlichen Rhythmus gestand uns Thüringens FDP-Landeschef Thomas Kemmerich vorgestern, ähnlich emotional wie Gabriel, seine Tränen und stimmte auf die Langlebigkeit dieser Literatur ein :

Dank Karl May wissen wir: die indigenen Völker Nordamerikas kannten keinen Schmerz . Aber selbst er konnte nicht ahnen: deutsche Politiker sind nah am Silbersee gebaut. Möglicherweise sind mit der Bedeutung des Namens Winnetou, die bekanntlich »Brennendes Wasser« lautet, genau diese leidenschaftlichen Tränen gemeint. Winnetou gelesen. Geweint. #WinnemeToo.

Bei Gabriel existierten also zweieinhalb Wochen lang keine Impulse, die ihm eine Äußerung zum Weltgeschehen entlocken konnten. Klar, vielleicht lag’s am Sommerloch oder er machte mal Twitter-Urlaub; vielleicht hat er auch einfach kein so großes Interesse daran, wie hart der kommende Herbst für viele Bürger:innen wird, die Gas, Strom oder sonstige Energie beziehen – und ansonsten ist ja außer Krieg und so nicht viel passiert. Doch im Falle des literarischen Erbes von Karl May verspürte er augenscheinlich das Bedürfnis, dessen Œuvre zu verteidigen. Und damit waren er und Kemmerich natürlich nicht allein. Auch z. B. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestand, 45 Bücher von May gelesen zu haben. Wobei sie betonte, dass sie dennoch weder Rassistin noch Kolonialistin sei .

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Unten       —     02.05.2018, Berlin: Diskussion: Eröffnungspanel: Die Revolution disst ihre Kinder – alte Linke, neue Rechte und das Internet Speaker: Friedemann Karig, Stefan Niggemeier, Samira El Ouassil, Nils Markwardt. Die re:publica ist eine der weltweit wichtigsten Konferenzen zu den Themen der digitalen Gesellschaft und findet in diesem Jahr vom 02. bis 04. Mai in der STATION-Berlin statt. Foto: Gregor Fischer/re:publica

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Der dialektische Dreischritt

Erstellt von Redaktion am 27. August 2022

Ist der demokratische Sozialismus die Gesellschaftsform der Zukunft?

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :    Christoph-Maria Liegener

Die Synthese des dialektischen Dreischritts.  Viele behaupten es, aber keiner kann es beweisen: Kommt der demokratische Sozialismus?

Diese Frage ernsthaft zu beantworten, verlangt, die Entwicklung der Menschheit als Ganzes in ihrer Geschichte und im Hinblick auf ihre Zukunft zu betrachten. Wenn man das tut, stösst man darauf, dass sich der Charakter der Menschheit im Lauf der Geschichte mehrfach gewandelt hat und derzeit wieder wandelt. Ganz konkret: In den letzten Jahrhunderten wandelt sich der Charakter der Menschheit von „männlich“ zu „weiblich“. Das ist kürzlich festgestellt worden (Christoph-Maria Liegener: Die weiblich werdende Welt, 3. Aufl., Books on Demand, Norderstedt, 2022).Die Theorie von der weiblich werdenden Welt kommt zu dem Schluss, dass der demokratische Sozialismus die Gesellschaftsform der Zukunft ist, auch wenn er dann vielleicht nicht mehr so genannt werden wird. Die Theorie geht davon aus, dass der kollektiven Psyche der Menschheit ein Gender zugeschrieben werden kann. Dieses war bisher männlich und wird nun zunehmend weiblich. Der Wechsel des Gender der Menschheit kann in ähnliche Ereignisse in der Geschichte der Menschheit eingeordnet werden und erscheint daher als eine historische Notwendigkeit.

Folgende Episoden können identifiziert werden:

Die sich vor vier Millionen Jahren entwickelnden Vormenschen, die Australopithecinen, hatten eine männliche kollektive Psyche. Vor ungefähr zwei Millionen Jahren entwickelte sich die Gattung „Homo“, welche eine weibliche kollektive Psyche besass. In der Neolithischen Revolution vor etwa 10000 Jahren wurden die Menschen sesshaft und die kollektive Psyche wurde männlich. Ab dem Anbruch der Neuzeit ca. 1500 n.Chr. bis heute begann die kollektive Psyche, allmählich wieder weiblich zu werden.

Betrachtet man die Zeitabstände, wird deutlich, dass die letzte männliche Phase der Menschheit im Vergleich nur ein kurzes Intermezzo in der weiblichen Geschichte der Menschheit war. Dieses kurze Intermezzo hat ausgereicht, um die Menschheit von harmlosen Erdbewohnern zur grössten Bedrohung für den Planeten zu machen. Die derzeit laufende Transgenderisierung dürfte daher auch im Interesse unseres Planeten liegen. Und auf Mutter Erde muss der Muttersohn hören.

Das Weiblich-Werden der Menschheit vollzieht sich schleichend über Jahrhunderte und wird von den Menschen meist nicht wahrgenommen. Ein Ergebnis des Weiblich-Werdens ist, dass sich in den letzten Jahrhunderten die Demokratie immer weiter verbreitet hat – mit temporären Rückschlägen. Die Demokratie ist eine weibliche Regierungsform, Monarchie und Diktatur sind männliche. Das findet seinen Grund darin, dass Männer Hierarchien errichten, Frauen aber Netzwerke knüpfen.

Frauen sind geneigt, Fragen zu stellen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen wesentlich öfter nach dem Weg fragen als Männer. Wissenschaft beruht darauf, Fragen zu stellen. Die Wiege der europäischen Wissenschaft stand im antiken Griechenland. Es zeigt sich, dass die kollektive Psyche dort homosexuell war und weibliche Züge trug. Die Wissenschaft erlebte einen neuen Aufschwung in der Renaissance, dem Zeitpunkt, and dem das heutige Weiblich-Werden der Welt seinen Anfang nahm.

In der Höhle teilten die Frauen ihre Werkzeuge, während die Männer sich nur auf ihre eigenen Waffen verlassen konnten. Dementsprechend gehörte es zur weiblichen Denkweise, dass Produktionsmittel sich im Eigentum der Gemeinschaft befinden mussten, während Männer ihr Eigentum hüteten wie ihren Augapfel. Dieses alte Ideal der Frauen ging in der männlichen Welt verloren. In der weiblich werdenden Welt entwickelte sich der Sozialismus, in dem wieder die Produktionsmittel ins Eigentum der Gemeinschaft übergingen.

Datei:Pa shopping med hunden, Karin Beate Nosterud.jpg

Der real existierende Sozialismus zeugte also vom Weiblich-Werden der Welt. Die gewaltsame Machtausübung Leninscher Prägung schien zu seiner Durchsetzung notwendig gewesen zu sein, war aber letztlich der Grund für sein Scheitern, nicht zuletzt durch das Festhalten an der Planwirtschaft. Die weibliche Organisationsform ist die Demokratie, nicht die Diktatur, die Wirtschaftsform die Marktwirtschaft, nicht die Planwirtschaft.Die Synthese im dialektischen Dreischritt von real existierendem Sozialismus und Demokratie könnte der demokratische Sozialismus sein. Muss man etwas dafür tun, dass sich der demokratische Sozialismus entfaltet? Nein, er ist eine geschichtliche Notwendigkeit und wird automatisch kommen. Wir können uns zurücklehnen und abwarten.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Oben     —   Mao Zedong in seinem Studierzimmer in Yan’an

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KOLUMNE FERNSICHT – USA

Erstellt von Redaktion am 27. August 2022

Wenn niemand mehr eure Scheißjobs machen will

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Von   :   Laurie Roja

In den USA ist die gegenwärtige Lage am Arbeitsmarkt voller Widersprüchlichkeiten. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war Arbeitslosigkeit einer der wichtigsten Indikatoren für eine Wirtschaftskrise.

Doch die derzeitige Krise ist vor allem durch Inflation, eine drohende Rezession und steigende Lebenshaltungskosten gekennzeichnet. Das scheint alles nicht mit der These von der Great Resignation – der „Kündigungswelle“ zusammenzupassen.

Seit einem Jahr sieht man überall an den Straßen „Wir stellen ein“-Schilder. 2021 haben 40 Millionen Beschäftigte ihre Jobs aufgegeben. Pop-Megastar Beyoncé griff diese Entwicklung mit ihrem Song „Break My Soul“ auf, einer Hymne, in der sie davon singt, dass es die „neue Erlösung“ sei, den Job hinzuwerfen.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten gibt es in den USA derzeit doppelt so viele offene Stellen wie Arbeitssuchende. Gesucht wird vor allem für die Dienstleistungsbranche – Fastfood-Restaurants, Megamärkte, Tankstellen, Lagerhäuser und Einzelhandel – also was man gemeinhin Scheißjobs nennt.

Am anderen Ende des Spektrums findet man bei LinkedIn ständig Suchanzeigen von Krypto- und Technologiefirmen, die versuchen, mit hohen Gehältern und Hinweisen auf eine tolle Work-Life-Balance neue Mit­ar­bei­te­r*in­nen anzuwerben. Aber sind Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt derzeit tatsächlich im Vorteil?

Für mich als schon älteres Mitglied der Millennial-Generation mit einem Masterabschluss von einer amerikanischen Top-Universität (der wegen hoher Studiengebühren mit einem erklecklichen Schuldenberg erkauft werden musste) ist es keine Überraschung, dass sich niemand um diese offenen Stellen reißt. Mein beruflicher Werdegang musste drei finanziell turbulente Knock-outs wegstecken, die mir durch die Terroranschläge vom 11. September 2001, die Finanzkrise von 2008 und die Coronapandemie beschert wurden. Der Traum, irgendwann wie meine Eltern in den Ruhestand gehen zu können, ist schon lange vorbei. Die Great Resignation wird nicht nur durch die Pandemie ausgelöst, sondern durch den angesammelten Frust der Millennials und der nach ihnen kommenden Zoomer, die nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen, sondern mit ihrer Arbeit einen sinnvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten möchten.

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Hier schwebt ein Teil von den politischen Verbrechern !

Weil es für meine Generation so viel schwieriger geworden ist, ein eigenes Haus zu erwerben oder Geld fürs Alter zurückzulegen, scheinen sich die beruflichen Optionen auf ein „alles oder nichts“ zu reduzieren – und diese Sicht ist bei den Zoomern noch stärker verbreitet als bei uns Millennials. Also entweder du fährst rücksichtslos die Ellenbogen raus und rackerst mit gewaltigem Stress und ständiger Unsicherheit, oder du setzt auf volles Risiko und investierst in Start-ups oder Kryptowährungen, oder du verweigerst dich der Arbeitswelt ganz und führst ein klägliches Leben als Obdachloser und Drogenabhängiger. An beiden Enden des Spektrums hat sich das Ausmaß an Depressionen und Suiziden in dieser Generation vergrößert.

Quelle       :          TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Vogelbeobachtung in Panama

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DL – Tagesticker 27.08.2022

Erstellt von Redaktion am 27. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) STEINMEIER IN LICHTENHAGEN  – . –   2.) „Der Corona-Herbst wird kein Zuckerschlecken“  – . –   3.) Deutsche Dummheit  – . –   4.) Die Bahn ist unsere kaputte Zukunft  – . –  5.) Was hat Generalbundesanwalt Frank mit Erdogan besprochen?  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Sehen wir heute nicht auf das Spiegelbild einer Deutschen Gesellschaft welche sich von ihren Politiker-Clan in diese Richtung treiben ließ? Auf Adenauer (Gnade für Nazis zwecks NATO-Beitritt), folgten Ludwig Ehrhardt und  Georg Kiesinger aus gleicher Wohngemeinschaft. Deren Nachfolger Willy Brandt und Helmut Schmidt konnten nie  den Flickenteppich, welcher besonders über die Behörden lag reinigen. Na- und was dann noch folgte glich einen politischen Gnadenschuss: Kohl, Schröder und sechszehn lähmende Jahre mir Merkel. Was wir heute sehen ist nicht nur das komplette Versagen eines versuchten Landaufkauf. 

Eine fulminante Abrechnung mit der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik. Zum 30. Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen holt Bundespräsident Steinmeier nach, was die politische Elite in den vergangenen Jahrzehnten versäumte. Er hält die wohl stärkste Rede seiner bisherigen Amtszeit.

1.) STEINMEIER IN LICHTENHAGEN

Stell Dir vor, 47 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs tobt in einer deutschen Großstadt ein Pogrom – und kaum ein Politiker geht anschließend hin. Und dann dauert es noch einmal 30 Jahre, bis das Oberhaupt der Bundesrepublik den Tatort besichtigt – und das Nötige dazu sagt. Am Nachmittag des 25. August 2022 steht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor der Ostseite eines zwölfgeschossigen Plattenbaus in Rostock-Lichtenhagen. Die fensterlose Hauswand ist mit riesigen Sonnenblumen verziert. Steinmeier, begleitet von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, steckt vor dem Wohngebäude eine Sonnenblume in eine weiße Vase. Dann verharrt er schweigend vor der Wand. Reden wird er später, im Rostocker Rathaus. Sonnenblumen sind fröhliche, sommerliche Symbole für Lebensmut. Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen allerdings assoziiert man mit dem „Sonnenblumenhaus“, das inzwischen unter Denkmalschutz steht, nackte Todesangst. Der Bundespräsident besichtigt die Spuren einer rassistischen Volksaufwallung, bei der vor drei Jahrzehnten nur durch reinen Zufall niemand ums Leben kam. Nicht nur der sich über vier Tage hinziehende Straßenterror an sich, auch die Reaktionen darauf markierten einen Tiefpunkt der deutschen Nachkriegsgeschichte. Als das Sonnenblumenhaus am Abend des 24. August in Flammen stand, tobten die Krawalle schon drei Tage lang. Die Polizei war völlig überfordert, gerade mal zwei Dutzend Beamte versuchten verzweifelt, den Mob im Zaum zu halten. Junge Männer, darunter organisierte Neonazis, warfen Brandsätze, wenn die Flammen loderten, klatschten Tausende Bürger Beifall. Insgesamt 120 Menschen, darunter viele vietnamesische Vertragsarbeiter, die im Haus wohnten, entkamen nur knapp einem grausamen Feuertod. Pogrom galt als bedauerlicher Kollateralschaden eines holprigen Aufbau-Ost-Prozesses.

Welt-online

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Wer die Warnrufe eines gespenstisch,  anmutenden Klabautermann überlebt hat, braucht sich in Zukunft auch nicht vor den politischen Kassandra Rufen immer neuer Dämonen zu fürchten. Die redlich schaffenden Ärzte und Professoren trugen am wenigsten zu den  kritischen Infrastrukturen bei, denn Diese ließen bislang ihre geleistete Arbeit für sich selber sprechen ! 

Lauterbach: Wieder mehr Corona-Fälle erwartet. Der Gesundheitsminister warnt vor Ausfällen in Betrieben und der kritischen Infrastruktur. Schon bald werden die Corona Zahlen seiner Ansicht nach wieder steigen.

2.) „Der Corona-Herbst wird kein Zuckerschlecken“

Wegen steigender Corona-Zahlen im Herbst stehen Deutschland aus Sicht von Gesundheitsminister Karl Lauterbach schwierige Zeiten bevor. Mit der Omikron-Subvariante BA.5 werde man zumindest am Anfang des Herbstes einen Anstieg der Fallzahlen erleben, sagte der SPD-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Es wird dann zu Ausfällen in den Betrieben und der kritischen Infrastruktur kommen, etwa in Krankenhäusern. Es stehen uns also schwierige Zeiten bevor.“ Dies sei besonders dann der Fall, wenn der Aufenthalt in Innenräumen wegen der kalten Temperaturen zur Regel werde. Es seien schon jetzt zwischen 100 und 150 Corona-Tote pro Tag. „Meine Sorge ist, dass diese Zahl noch steigen könnte.“ Das sei nicht vertretbar. Daher müsse man gut vorbereitet sein. „Und wir sind es, wenn der Bundestag die vorgelegten Änderungen zum Infektionsschutzgesetz beschließt“, so der Minister. „Das ist ein Irrtum“. Lauterbach hofft auf einen Corona-Herbst ohne gravierenden Virus-Variantenwechsel. Wenn ein Variantenwechsel ausbleibe, dann werde Deutschland nicht in eine epidemische Lage kommen. „Trotzdem brauchen wir für den Notfall Werkzeuge“, sagte Lauterbach. „Der Corona-Herbst wird kein Zuckerschlecken.“ Er schloss im Interview die erneute Ausrufung einer „epidemischen Lage“ im Winter nicht aus.

T-online

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Gas wurde nach dem Krieg in Deutschland immer braun gemalt. Jetzt können wir auch in der Natur beobachten wie sich einst fette grüne Blätter langsam braun färben und von den Bäumen zu fallen. Die Umnebelung des November steht in diesen Jahr schon Ende August vor unseren Haustüren.  Lassen wir uns überraschen wie lange sich die Grüne Basis diesen Wertezerriss ansieht? Aber sagte Volksmund nicht immer schon: „Dort wo die Politik beginnt – war der Verstand schon lange im Arsch? 

Ärger um die Gasumlage. Wirtschaftsminister Habeck irrlichtert bei der Gasumlage. Die Ampel zeigt sich uneins und unfähig, die Eliten an den Krisenkosten zu beteiligen. Eigentlich hätte man in diesen Zeiten ja gern eine Regierung, die weiß, was sie tut.

3.) Deutsche Dummheit

Die Gaskunden sollen 34 Milliarden Euro mehr zahlen, um einen Kollaps der Gaskonzerne zu verhindern. Diese Umlage sei, so Robert Habeck, alternativlos. Dass der rhetorisch versierte Grüne, der die Sachzwänge, in denen er sich bewegt, sonst so einleuchtend darzulegen weiß, zu Merkels stereotyper Formel griff, war kein gutes Zeichen. Natürlich gibt es Alternativen – etwa die Verstaatlichung von Uniper. Dann stellte sich heraus, dass per Gasumlage Milliarden Euro in die Taschen von Konzernen fließen werden, die sowieso satte Gewinne machen. Mieter, die das Pech haben, mit Gas zu heizen, sollten also fortan Konzernkassen füllen. Ein handwerklicher Fehler, der enormen Schaden anrichtet. Man mag sich für eine Sekunde vorstellen, wie genüsslich der Oppositionspolitiker Habeck diese Politik verrissen hätte. Der amtierende Habeck will nun, nach Drohungen der SPD, die Umlage im Bundestag scheitern zu lassen, einlenken. Also Gasumlage vielleicht, aber irgendwie anders. Oder auch nicht. ­Habeck scheint bei seinen eigenen Entscheidungen nicht mehr durchzublicken. All das wirkt konfus. Eigentlich hätte man in diesen Zeiten ja gern eine Regierung, die weiß, was sie tut. Doch die Krisenkommunikation der Ampel ist, gelinde gesagt, unprofessionell. Erst wurde unbedacht die Gasabgabe beschlossen, dann die Mehrwertsteuer für Gas generell runtergesetzt. Scholz’ Versprechen „You’ll never walk alone“ klingt wie Hohn, wenn Grüne den Deutschen kalte Duschen oder Waschlappen empfehlen – Spitzenpolitiker, die sich einen goldenen Duschkopf leisten könnten. Die Unfähigkeit, dieses soziale Gefälle in die eigene politische Rhetorik einfließen zu lassen, wäre in normalen Zeiten unschön. Aber die Zeiten sind nicht normal. Und Gerechtigkeitsfragen sind in einer Gesellschaft, die ärmer wird, explosiv.

TAZ-online

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Auch eine der Deutschen Eigenschafften. Die Züge sollten schon immer schneller fahren als der Verstand der Politiker-innen arbeitete. Die „Deutsche Bahn“ kennt kein Wetter“ hörten wir einst in der Werbung. Heute steht die Bahn bei Sturm, starken Schneefall oder  Starkregen. Aber solange versagende Politiker-innen in die Vorstände abgeschoben werden, wird sich in Staatsbetrieben nichts ändern.

Zwischen 9-Euro-Ticket und Infrastruktur-Kollaps: Wir brauchen eine neue Bahnreform. Es darf keine Denkverbote geben.

4.) Die Bahn ist unsere kaputte Zukunft

Im Bund wird noch beraten, Berlin prescht schon mal vor: Zwar soll die von Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) geplante „Verlängerung“ des 9-Euro-Tickets nur für die Innenstadt gelten, schon das nahe Potsdam fiele nicht darunter. Dennoch ist dies nicht nur eine materielle Entlastung, sondern auch ein wichtiges Signal: Ein nahezu kostenfreier Personennahverkehr ist nicht mehr undenkbar. Und dass eine radikale Preissenkung auch im Regional- und Fernverkehr der Bahn nun bundesweit auf der Agenda steht, ist eine Revolution. Nun kommen Umschwünge oft überraschend. Noch im Januar konnte sich wohl niemand ein 9-Euro-Ticket auch nur vorstellen. So traf das Neue auf ungünstige Umstände: Der Schienen-Boom des Sommers zeigte drastisch auch einen Notstand auf: Nicht nur die Klima-, Ukraine-, Corona-, Gas- und Inflationskrise sind Megathemen, sondern auch die Krise der Deutschen Bahn. Personal- und Materialmangel und eine verbrauchte Basis-Technik von den Gleisen bis zu den Stellwerken lassen Zugausfälle und krasse Verspätungen normal werden. Das ist auch für die Bahn ein Problem – gehört doch zur Reiseroutine längst auch das Regressformular. Die Bevölkerung murmelt ob all dessen sarkastisch vor sich hin. Die Politik aber schweigt. Da zerbröselt vor aller Augen eine ganz basale Infrastruktur, die historisch viel dazu beigetragen hat, aus dem Flickenteppich der deutschen Fürstentümer einen funktionierenden Staat zu machen und deren künftige Bedeutung – Klimawandel, strategische Ölabhängigkeit – wir tagtäglich sehen. Doch scheint sich niemand auch nur zu dem Signal bemüßigt zu fühlen, dass die Bahn-Krise auf dem Zettel steht. Wo bleiben die „Zehn-Punkte-Pläne“, mit denen man uns sonst gerne traktiert?

Freitag-online

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Schickt jetzt dieses Land ihre einstigen Ballermann-Touristen als Diplomaten rund um die Welt ?  Und stehen dort auch überall schon die obligatorischen Liegestühle bereit. Was sich so eine Regierung der „Werte Demokratie“ alles gegenüber ihren Wählern erlauben kann, überrascht schon und das nicht nur ein wenig. 

Antwort der Bundesregierung empört Menschenrechtler. Der Türkei-Besuch des Generalbundesanwalts sorgte im Juli für Kritik. Die Antworten auf eine parlamentarische Anfrage werfen noch mehr Fragen auf.

5.) Was hat Generalbundesanwalt Frank mit Erdogan besprochen? 

Der Besuch von Generalbundesanwalt Peter Frank in der Türkei vom 5. bis zum 7. Juli 2022 sorgt noch immer für große Verwirrung. Frank war auf Einladung des obersten türkischen Staatsanwalts Bekir Sahin nach Ankara gereist und hatte sich dort auch mit Justizminister Bekir Bozdag und Präsident Recep Tayyip Erdogan getroffen. FR.de von IPPEN.MEDIA hat damals exklusiv darüber berichtet. Eine Anfrage unserer Redaktion zu den Gesprächsinhalten war vom Büro des Generalbundesanwalts allerdings nur unzureichend beantwortet worden. Themen waren „unter anderem die Aufgaben und Arbeit der jeweiligen Strafjustiz“, hieß es von einer Sprecherin des Generalbundesanwalts. Türkei-Besuch: Konkrete Inhalte des Gesprächs werden nicht genannt Jetzt gibt es neue Erkenntnisse zu den Hintergründen des Besuchs. Nach einer parlamentarischen Anfrage an die Bundesregierung hat die Abgeordnete Gökay Akbulut (Linke) nun Antworten zur Dienstreise Franks bekommen. Diese liegen unserer Redaktion vor. Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort darauf hin, „dass sie sich zu Inhalten von vertraulichen Treffen mit internationalen Gesprächspartnern grundsätzlich nicht näher äußert“. Es habe allerdings keine Gespräche zu konkreten Strafverfahren gegeben. Thema der Gespräche waren laut Bundesregierung die Aufgaben und die Arbeit der Strafjustiz. Konkrete Inhalte des dreitägigen Besuchs werden aber noch immer nicht genannt.

FR-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Brasilien am Scheideweg

Erstellt von Redaktion am 26. August 2022

Vier weitere Jahre unter „Kapitän Kettensäge“ ?

Die politischen Esel kommen alle aus den gleichen internationalen Stall. Ein Neuer wartet lange hinter der nächsten Ecke. Geld ohne Arbeit und Verantwortung bietet nur die Politik.

Von Niklas Franzen

Die Präsidentschaftswahl am 2. Oktober ist in der Landesgeschichte die wichtigste. Siegt Bolsonaro erneut, könnte der Umbau zur Diktatur beginnen.

Im politischen Diskurs sollte man sparsam mit Superlativen sein. Es ist allerdings nicht übertrieben, die für den 2. Oktober angesetzte Präsidentschaftswahl in Brasilien als die wichtigste Wahl in der Geschichte des Landes zu bezeichnen. Denn nichts weniger als die Demokratie steht auf dem Spiel. Mit Jair Messias Bolsonaro tritt nicht irgendein Politiker zur Wiederwahl an. Der ultrarechte Amtsinhaber hat nie einen Hehl daraus gemacht, wer er ist und wofür er steht: Er ist ein notorischer Antidemokrat, ein hasserfüllter Rechtsradikaler, ein glühender Bewunderer brutaler Militärdiktaturen.

In den dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit hat Bolsonaro eine Spur der Zerstörung im größten Land Lateinamerikas hinterlassen. Seine Angriffe gegen die Umwelt, internationale Konventionen und demokratische Normen haben Brasilien durchgerüttelt. Bolsonaro hat alte Wunden aufgerissen, neue hinzugefügt. Für Typen wie Bolsonaro sind Wahlen nur ein Mittel zum Zweck. Viele Ana­lys­t*in­nen sind sich sicher: Der ultrarechte Staatschef hätte längst geputscht, wenn er könnte. Doch Brasiliens Institutionen haben sich in den letzten Jahren als überraschend widerstandsfähig erwiesen und vielen autoritären Sehnsüchten des Pöbelpräsidenten getrotzt.

Es ist nicht gelungen, einen offenen Bruch zu provozieren. Ein Grund zur Beruhigung ist das trotzdem nicht. Denn Bolsonaro hat andere Wege gefunden, um das demokratische System auszuhöhlen: mit Attacken auf Medien und die Justiz, durch staatlich legitimierte Gewalt, Eingriffe im Bildungsbereich und den Aufbau von klaren Feindbildern. Wie auch in anderen Ländern geschieht die Erosion der brasilianischen Demokratie in vielen kleinen Schritten, die oft nicht direkt wahrnehmbar sind. In ihrem Buch „Wie Demokratien sterben“ schreiben die Harvard-Professoren Steven Levitsky und Daniel Ziblatt: „Aber es gibt noch eine andere Art des Zusammenbruchs, die zwar weniger dramatisch, aber genauso zerstörerisch ist. Demokratien können nicht nur von Militärs, sondern auch von ihren gewählten Führern zu Fall gebracht werden, von Präsidenten oder Ministerpräsidenten, die ebenjenen Prozess aushöhlen, der sie an die Macht gebracht hat.“

In Europa wird viel über das Konzept der „illiberalen Demokratien“ diskutiert, in denen eine demokratische Fassade aufrechterhalten wird, um ihre Substanz von innen aufzulösen. Auch hier verschwinden Demokratien meist nicht mehr über Nacht, mit einem großen Knall. Es sind Entwicklungen, oft langfristig angelegte Projekte. Der brasilianische „Autoritarismus über ­Wahlen“ steckt noch in seiner Anfangsphase. Und in vielen Punkten wurden Bolsonaro Grenzen aufgezeigt, vor allem von der Justiz. Der Blick in andere Länder offenbart aber auch: Wenn ein Kandidat wiedergewählt wird, öffnet das die Türen für einen autoritären Staatsumbau. Die Entwicklungen in Ungarn, Polen und der Türkei sollten deshalb eine Warnung für Brasilien sein. Eine zweite Amtszeit Bolsonaros wäre ein schwerer Schlag für Brasi­liens junge Demokratie.

So hat er bereits erklärt, den Obersten Gerichtshof umbauen zu wollen. Eine Mehrheit zugunsten konservativer Rich­te­r*in­nen könnte das Gefüge von Staat und Gesellschaft nachhaltig verrücken. Ähnlich wie in den USA, wo unlängst der Supreme Court das Recht auf Abtreibung kippte, könnten dann auch in Brasilien Grundsatzurteile fallen. Was außerdem Sorgen bereiten sollte: Bolsonaro hat angedeutet, rechte Fanatiker in ein mögliches neues Kabinett zu holen. Und er wird wahrscheinlich versuchen, autoritäre Projekte wie eine Reform des Antiterrorgesetzes voranzupeitschen. Eine zweite Amtszeit Bolsonaros wäre auch für die Umwelt eine Katastrophe. Der Raubbau am Regenwald hat bereits jetzt verheerende Auswirkungen. Die Prozesse, die unter Bolsonaro an Fahrt aufgenommen haben, werden sich nur schwer zurückdrehen lassen. Vier weitere Jahre unter „Kapitän Kettensäge“ könnten für das Weltklima dramatische Folgen haben. Somit ist die Wahl im Oktober nicht nur eine Richtungsentscheidung über die Zukunft des Landes, sondern eine über den gesamten Planeten.

Quelle      :         TAZ-online            >>>>>           weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —     2 de Outubro é dia de luta – Bolsonaro tem que sair – Impeachment já (2021) (Porto Alegre, Brasilien)

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Politik der Dummheit

Erstellt von Redaktion am 26. August 2022

KALIFORNIENS GRÜNE ATOMKRAFTFANS

Von Maxime Robin

In Belgien wird die Laufzeit von AKWs um zehn Jahre verlängert. Die EU adelt neue Atommeiler zu „klimafreundlichen“ Helfern in der Not. Die Klimakrise macht Atomkraft offenbar zur großen Versuchung. Sogar im seismisch gefährdeten Kalifornien kämpfen bekennende Grüne gegen die Stilllegung des letzten AKWs.

Für Umweltschutz sein und Atomenergie gut finden – für Heather Hoff ist das kein Widerspruch. Für sie gehört beides einfach zusammen. Die 43-jährige Mutter fährt leidenschaftlich gern Fahrrad, wandert, besitzt ein gebrauchtes Elektroauto. Und arbeitet als Reaktoroperatorin in der Diablo Canyon Power Plant. Das ist das letzte noch in Betrieb befindliche Atomkraftwerk Kaliforniens, das nach dem Willen der kalifornischen Regierung 2025 vom Netz gehen soll.

Das AKW Diablo Canyon liegt auf halbem Weg zwischen San Francisco und Los Angeles, direkt an der Pazifikküste, inmitten einer friedlichen Landschaft von Hügeln und Tälern, wo braune Kühe weiden. In dieser Postkartenidylle produzieren zwei Reaktoren auf einer Fläche einer großen Farm 10 Prozent des kalifornischen Stroms und mehr als die Hälfte des CO2-neutral produzierten Stroms.

Heather Hoff kämpft für den Erhalt ihres Arbeitsplatzes – gegen den Willen ihres Arbeitgebers Pacific Gas & Electric (PG&E) – und für die Wiederbelebung der Atomenergie in den USA. Sie sieht sich als „ultimative Umweltschützerin“, auch wenn sie damit einem seit 50 Jahren behaupteten Grundprinzip der Umweltbewegung widerspricht. „Ich könnte nichts Sinnvolleres für die Umwelt tun“, findet sie. „Als Jugendliche wollte ich für die Rettung von Walen kämpfen und für den Erhalt natürlicher Lebensräume. Aber die Unterstützung von Atomkraft bewirkt indirekt dasselbe.“

Wir treffen uns in einer Bar in San Luis Obispo, der dem Atomkraftwerk am nächsten gelegenen Stadt. Hoff trägt einen Anhänger um den Hals, der aus Thorium, einem fluoreszierenden, schwach radioaktiven Metall ist. Auch selbst produzierte Sticker hat sie dabei, die man auf Laptop oder Trinkflasche kleben kann. „I ♥ U235“ steht darauf. Ein anderer Sticker zeigt ein Herz, das von kleinen Elektronen umkreist wird. „Wenn man Atomkraftwerke schließt, werden sie durch fossile Brennstoffe ersetzt. Es hat eine Weile gedauert, zugegeben, bis mir das aufgegangen ist.“

Das AKW in der Teufelsschlucht

2016 stand die Entscheidung über eine Verlängerung der Betriebsgenehmigung für Diablo Canyon an, wie für alle Atomkraftwerke nach 40 Jahren Betrieb. Zur allgemeinen Überraschung einigten sich die Betreiberin PG&E und der Staat Kalifornien auf die Stilllegung. Da in Kalifornien die Regel gilt, dass bei der Stromerzeugung bevorzugt auf erneuerbare Energien zu setzen ist, wären die beiden Reaktoren von Dia­blo Canyon nur die halbe Zeit in Betrieb gewesen. Das aber hätte das Kraftwerk unrentabel gemacht, erklärte die PG&E, die ein privates, börsennotiertes Unternehmen ist.

Nach der Stilllegung von San Onofre 2013 geht mit Diablo Canyon das zweite und letzte kalifornische AKW vom Netz. Damit wird der Anteil von Atomstrom am Strommix des Bundesstaats, der 2013 noch bei 20 Prozent lag, 2025 auf null sinken. Bis dahin sollen die Kapazitäten bei den erneuerbaren Energien verdreifacht werden.

Kalifornien ist die Heimat der überaus umweltschädlichen IT-Branche mit Firmen wie Apple, Google, Meta (früher Facebook) und Uber und sieht sich gern als Avantgarde in Sachen Umweltschutz. In den letzten Jahren hat Kalifornien das Aus für die Atomenergie beschlossen und zugleich das Ziel festgeschrieben, ab 2045 für die Stromerzeugung auf fossile Energien zu verzichten. Das entsprechende Gesetz wurde 2018 verabschiedet; es verbietet zudem ab 2035 den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, was zu einer massiv steigenden Stromnachfrage führen wird.

Hoff hält die Stilllegung ihres Kraftwerks für absurd, wenn der CO2-Ausstoß sinken soll, also der Strombedarf weiter steigt. Gemeinsam mit einer Kollegin, der Ingenieurin Kristin Zaitz, gründete sie am Earth Day (dem 22. April) 2016 die Organisation „Mothers for Nuclear“. Auf ihrer Website finden sich lauter Fotos von Frauen, die Atomkraft unerlässlich finden – im Kampf gegen die globale Erwärmung und für eine lebenswerte Zukunft ihrer Kinder.

Luftaufnahme aus westlicher Richtung (Pazifik)

Die Teufel Schlucht – (Diabolo Canyon)

Auf der Website werden die Vorteile ausführlich gewürdigt: CO2-freie Energieerzeugung, flexibel steuerbare Kapazitäten, begrenzte Flächennutzung. Das alles würde die Risiken bei Weitem überwiegen, behauptet Hoff penetrant und ereifert sich: „Kaum jemand kämpft für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke, Umweltschützer am allerwenigsten. Dabei sollten doch gerade diejenigen, die sich wie wir für den Umweltschutz einsetzen, am ehesten dafür kämpfen.“

Was Sonnen- und Windenergie betrifft, so erkennt Heather Hoff deren Beitrag durchaus an, doch sie allein könnten wegen ihrer geringeren Energiedichte und ihrer ungleichmäßigen Produktion den gegenwärtigen Bedarf nicht decken, und den künftigen erst recht nicht. Die Physikprofessorin Jennifer Klay, eine der Aktivistinnen der Gruppe, sieht das auch so: „Wind- und Solarenergie sind großartig. Aber sie reduzieren die Nutzung fossiler Energieträger nur, wenn der Wind weht und die Sonne scheint; die Kernenergie dagegen kann fossile Brennstoffe rund um die Uhr ersetzen.“

Deshalb hält Klay das Konzept, Diablo Canyon zu schließen und zu versprechen, der Atomstrom sei kurz- bis mittelfristig zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien ersetzbar, für magisches Denken. Hoff und ihre Mitstreiterinnen wünschen sich für den kalifornischen Strommix eine „solide nukleare Basis“, die zumindest in den Nebenzeiten den reduzierten Bedarf voll abdecken könnte. Der Rest soll von erneuerbaren Energien kommen: Wasser- und Windkraft, Sonnenenergie und Geothermie.

Als Mothers for Nuclear gegründet wurde – wohlgemerkt ohne Gelder von der Atomlobby –, war Atomstrom in Kalifornien kein Thema. Doch seitdem sind gerade hier die Folgen des Klimawandels in Form von Dürren und Waldbränden zu einer massiven Bedrohung geworden. Die Zweifel wachsen, dass die Abschaltung von Diablo eine gute Idee ist, und plötzlich erfährt die Gruppe viel Unterstützung.

Eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Stanford University vom November 2021 wirkte wie eine verspätete Ini­tial­zün­dung. Sie kam zu dem Ergebnis, dass eine Laufzeitverlängerung der kalifornischen Atomkraftwerke um zehn Jahre den CO2-Ausstoß um 10 Prozent senken und damit auch die Abhängigkeit Kaliforniens von Gas reduzieren würde.1 In konkreten Zahlen: Ein Weiterbetrieb von Diablo Canyon bis 2045 würde bis zu 21 Milliarden US-Dollar an Kosten für das Stromnetz einsparen; zugleich könnte man 364 Quadratkilometer Land „retten“, die sonst für die Erzeugung erneuerbarer Energien genutzt werden müssten. Die Studie empfahl außerdem, die Energie von Diablo für den Betrieb einer Entsalzungsanlage zu nutzen, um den chronischen Trinkwassermangel in Kalifornien zu beheben.

Anfang Februar 2022 forderten 75 Wissenschaftler – darunter Steven Chu, Nobelpreisträger für Physik und Obamas Energieminister – in einem offenen Brief an den demokratischen Gouverneur Gavin Newsom, die Laufzeit des Atomkraftwerks zu verlängern. Sie argumentieren, die Bedrohung durch den Klimawandel sei „zu real und zu dringlich, als dass wir vorschnell handeln sollten“. Die Stilllegung von Diablo mache es „viel schwieriger und teurer, das Ziel zu erreichen, bis 2045 eine zu 100 Prozent kohlenstofffreie Stromversorgung zu erreichen“.

Tatsächlich waren nach der Abschaltung des Atomkraftwerks San Onofre im Jahr 2013 die CO2-Emis­sio­nen der kalifornischen Stromerzeuger um 35 Prozent angestiegen. Und da die Wasserkraftwerke wegen der chronischen Dürre weitgehend ausfielen, wurde die Nachfrage vor allem aus gasbetriebenen Kraftwerken gedeckt.2

Wassermangel, Waldbrände, marodes Stromnetz

In Washington gibt es zwar mit dem Nuclear Energy Institute eine Lobby der Stromversorger, die AKWs betreiben. Doch die setzen nicht allein auf die Atom-Karte, sondern zugleich auf Gas- und Kohlekraftwerke. „Ihre Haltung zur Atomenergie ist unklar“, erläutert der Energieexperte Edward Kee.3 Es handle sich weniger um eine schlagkräftigen Lobby als um einen Zusammenschluss von Unternehmen mit unterschiedlichen und manchmal widersprüchlichen Interessen.

Quelle        :         LE MONDE diplomatique-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —   Ein Blick auf den Donner Lake vom McClashan Point aus. Der Donner Lake ist ein Süßwassersee im Nordosten Kaliforniens (USA) am Osthang der Sierra Nevada.

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Zankapfel – Taiwan

Erstellt von Redaktion am 26. August 2022

Die USA schüren den nächsten Konflikt mit Weltkriegspotential

Datei:Bāng-uann Sentinel-2B MSI 2021-12-29.jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Von     :    Dr. Renate Dillmann

Der Besuch von Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses der USA, in Taipeh und ihr Zusammentreffen mit der taiwanesischen Präsidentin hat zu den erwarteten (und offensichtlich gewollten) Reaktionen auf chinesischer Seite geführt: Mehrtägige Militärmanöver, mit denen die Volksbefreiungsarmee demonstriert hat, wie es um ihre militärischen Fähigkeiten bezüglich einer möglichen Blockade der Insel bestellt ist.

Die westlichen Verbündeten der USA haben sich daraufhin ziemlich einhellig empört gezeigt (ohne ihre Nicht-Anerkennungspolitik gegenüber Taiwan zu ändern). Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat sich besonders engagiert. „Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China“, sagte Baerbock in New York.“

Na klar: Internationale Rechtsbrüche und völkerrechtswidrigen Angriffe akzeptiert der deutsche Staat („wir“) nur bei sich selbst und seinen Freunden und natürlich nicht bei seinen Gegnern – zu einem solchen wurde die Volksrepublik ja beim letzten Nato-Gipfel ernannt. Mit der Rede von den großen und kleinen „Nachbarn“ überspielt unsere gelernte Völkerrechtsspezialistin gekonnt den Kern eines Konflikts, der staats- bzw. völkerrechtlich ziemlich konfus ist – um das Mindeste zu sagen.

Immerhin gilt zurzeit noch unbestritten das „Ein-China-Prinzip“, das die USA selbst mit der Volksrepublik China „gedealt“ haben – wie Ex-Präsident Trump es formulieren würde. Indem unsere Annalena von „Nachbarn“ spricht, unterstellt sie bereits ohne weitere Umstände die Existenz zweier Staaten, um dann – wie es so ihre Kindergartentanten-Art ist – unsere Unterstützung für den „kleineren“ einzufordern. Im Fall der kleinen „Volksrepubliken“ gegen die große Ukraine gilt das augenscheinlich nicht – was aber auch wieder klar ist, schließlich könnte man Russland ansonsten nicht wegen seines „Angriffskriegs“ verurteilen, sondern müsste ihm gar zugutehalten, dass es „klein“ gegen „groß“ schütze… Man sieht: im Fall von Separatisten kommt man moralisch leicht in Teufels Küche und da ist es gut, dass einem die Regierung klipp und klar sagt, wie die ganze unübersichtliche Lage „wertebasiert“ zu deuten ist.

Es ist unübersehbar, dass die sog. „Taiwan-Frage“ – schon damit, dass man sie so nennt, rührt man übrigens auch von Seiten der Medien gezielt mit am „status quo“! – inzwischen mit schöner Regelmäßigkeit in den Schlagzeilen vorkommt. Erst im letzten Oktober waren Beschwerden Taiwans über angebliche chinesische Verletzungen seines „Luftraums“ Anlass für tagelange dramatische Berichte. Wobei sich dann herausstellte, dass es sich um die von Taiwan beanspruchte „Luftraumüberwachungszone“ handelte, die sich bis aufs chinesische Festland erstreckt – selbst die Deutsche Welle korrigierte ihre Berichterstattung dementsprechend.

Trotzdem blieb am Ende hängen: Taiwan ist ein eigenständiges und darüber hinaus demokratisches Staatswesen, dessen Souveränität durch ein übermächtiges, autoritäres China bedroht wird. Auf diese Botschaft kommt es offenbar an – sie wird in diesem Jahr mit Pelosis Besuchs erneut durchexerziert. Denn sie enthält – neben der inzwischen bereits üblichen Feindbild-Würze – die diplomatische Neu-Definition Taiwans, die westliche Politiker für ihren Konflikt mit der Volksrepublik haben wollen.

Ein etwas genauerer Blick auf die sogenannte „Taiwan-Frage“ ist deshalb angebracht. Was für eine Art Frage ist das eigentlich? Wer stellt sie? Und warum ist diese „Frage“ nicht mit dem Austausch von Argumenten zu beantworten, sondern ruft nach Raketen?

Die Geburtsstunde der „Taiwan-Frage“

Die Volksrepublik China wurde am 1. Oktober 1949 gegründet. Vorausgegangen war ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg zwischen der Kuomintang-Partei, die 1911 unter Sun Yat-Sen den letzten chinesischen Kaiser gestürzt hatte und das Land zu einer bürgerlichen Republik nach westlichem Vorbild machen wollte, unter ihrem damaligen Führer Ciang Kai-Shek und der Kommunistischen Partei unter Mao Zedong. Die Sowjetunion, die nach den Jahren des Bürgerkrieges und der Interventionen kapitalistischer Staaten in die junge Republik endlich Ruhe an ihrer langen Ostgrenze haben wollte, hatte seit den 1920er Jahren immer wieder versucht, beiden Parteien (gegen alle ideologischen Differenzen) die Bildung einer Volksfront ans Herz zu legen. Es gab sogar entsprechende Versuche.

Während des 2. Weltkriegs wurde China von den Japanern besetzt, die einen „Ergänzungsraum“ für ihren aufstrebenden Kapitalismus beanspruchten (20 Millionen Tote auf chinesischer Seite, unvorstellbare Gräueltaten), schlossen sich Kuomintang und Kommunisten zweimal zu einer Einheitsfront zusammen. Beide Versuche endeten allerdings damit, dass Ciang Kai-Shek die immer stärker werdenden kommunistischen Bündnispartner massakrieren ließ, um an der Macht zu bleiben und seine „Ordnung“ in China zu schützen: die geltende Eigentumsordnung mit den Interessen der großen Grundbesitzer, Handelskapitale und der wenigen großen industriellen Unternehmen sowie der ausländischen Investoren.

Letztendlich gelang ihm das nicht – trotz massiv militärischer Überlegenheit auf der Basis moderner Waffen, die ihm die USA nach 1945 noch einmal ganz verstärkt lieferten, weil sie verhindern wollten, dass „ihr China“ an das kommunistische Lager fiel. Der Grund für den im Westen unerwarteten Erfolg „der Roten“: Maos Kommunistische Partei bot den Millionen chinesischer Bauern mit dem Versprechen einer Landreform eine echte Lebensperspektive und die Volksbefreiungsarmee hatte den Japanern bis zum Kriegsende den wesentlich entschiedeneren Widerstand entgegengesetzt und damit auch patriotische Chinesen aller Klassen und Schichten für sich gewonnen.

Ciang Kai-Shek zog sich nach seiner Niederlage nach Taiwan zurück – eine Insel, die von 1895 bis 1945 von den Japanern besetzt gewesen war und damals noch „Formosa“ (aus dem Portugiesischen „die Schöne“) genannt wurde. Im Gepäck hatte er die Gold- und Devisenreserven des Landes; begleitet wurde er von Teilen der wirtschaftlichen und intellektuellen Elite. Sein klares Ziel war die gewaltsame Wiedereroberung des Festlandes aus der Hand der „Roten“. Dafür regierte er diktatorisch; bis 1987 galt der Ausnahmezustand – es gab weder Pressefreiheit noch Wahlen, die Kuomintang blieb als einzige Partei einfach an der Macht.

Ein eigenständiger oder unabhängiger Staat wollte die „Republik China“ bzw. das „National-China“ in dieser Zeit keinesfalls sein. Ciang Kai-Shek vertrat ebenso wie auf dem Festland Mao Zedong die „Theorie“, dass es sich um   e i n  unteilbares China handele – allerdings war er im Unterschied zur kommunistischen Partei des Festlands der Ansicht, dass eben er mit seiner Kuomintang-Partei dieses China repräsentiere. Die USA, die sich noch nicht mit einem kommunistischen China abgefunden hatten und diesen revanchistischen Standpunkt Taiwans im beginnenden „Kalten Krieg“ daher gut brauchen konnten, statteten den „Generalissimus“ für sein Vorhaben sofort mit Waffen aus. Nach dem Korea-Krieg stationierten sie darüber hinaus ihre 7. Flotte bleibend im Südpazifik und schlugen damit den Führern der Volksrepublik, die ihrerseits nicht gerade glücklich darüber waren, dass sich in unmittelbarer Nähe ihres Landes die Konterrevolution, unterstützt vom amerikanischen Hauptfeind, versammelte, die Option einer Rück-Eroberung der aus ihrer Sicht „abtrünnigen Provinz“ aus der Hand.

Ende der 1950er Jahre versuchte die Volksrepublik, sich durch Eroberung zwischengelagerter Inseln (Quemoy) strategische Vorteile zu verschaffen – was monatelangen Artillerie-Beschuss beider Seiten zur Folge hatte. 1962 wollte Ciang Kai-Shek Ernst machen mit der Eroberung des Festlands, erhielt aber kein grünes Licht von seinen amerikanischen Verbündeten. Sowohl Maos China wie die USA schreckten zu dieser Zeit vor einem großen Krieg zurück.

International sorgten die Vereinigten Staaten dafür, dass Taiwan – nicht Festland-China – den Platz Chinas in der UNO einnahm. China war als einer der anerkannten Weltkriegs-Gewinner-Staaten deren Gründungsmitglied und hatte einen der fünf Plätze als ständiges Mitglied im Weltsicherheits-Rat bekommen; regelmäßig gestellte Anträge verschiedener, vor allem sozialistischer Staaten, wehrten die USA mit ihrem Veto stets ab, so dass dieser Platz zunächst bei Taiwan blieb.

Ein asiatischer „Tiger“

Ökonomisch war es in der Folge ein gewisser Treppenwitz der Weltgeschichte, dass die Kuomintang-Partei auf der Insel eine Landreform durchführte (ab 1953) – also das, was sie den Bauern auf dem Festland über Jahrzehnte verweigert hatte, weil ihre Mitglieder selbst meist Grundbesitzer waren. Nun waren allerdings nicht diese betroffen, sondern die japanischen Grundbesitzer, und so konnte eine zügige Reform durchgeführt werden, die danach den Aufbau einer erfolgreichen cash-crop-Agrarwirtschaft als erstem Standbein der taiwanesischen Exportwirtschaft ermöglichte. Unterstützt von geostrategisch motivierten amerikanischen Subventionen und mithilfe einer staatlich geförderten Industrialisierung (Schutzzölle, Subventionen) arbeitete sich Taiwan über den Export von Textilien, Schuhen und Spielzeug hoch zu Elektronik-Artikeln und galt in den 1980er Jahren als einer der vier asiatischen „Tiger“.

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Nach Maos Tod 1976 beschloss die Kommunistische Partei Chinas, sich gegenüber dem Westen zu öffnen und in ihren „Sonderwirtschaftszonen“ ausländisches Kapital zuzulassen (Mehr zu den Gründen dieser Entscheidung und ihren bedeutenden Konsequenzen in Dillmann: China – ein Lehrstück. 4. erweiterte und aktualisierte Auflage 2021 Die Buchmacherei, Berlin). Das stellte gerade in der erfolgreichen Aufschwung-Phase ein Angebot erster Güteklasse für taiwanesisches Unternehmer dar, denn sowohl Territorium wie Bevölkerungszahl der Insel setzten ihrer Akkumulation Grenzen. Eine Expansion in die (Sonder-)Wirtschaftszonen des gegenüber liegenden südchinesischen Festlandes kam da sehr gelegen – insofern kein Wunder, dass Taiwan eines der Länder mit den größten ausländischen Direktinvestitionen in die Volksrepublik ist (Schätzungen zufolge an die 170 Milliarden Dollar). Mit seinen riesigen Fabriken in Südchina wurde Taiwan zu einem der großen Weltmarkt-Hersteller von Laptops, Tablets und Smartphones und führend in IT- wie Halbleiter-Technik.

Ping-Pong-Politik“ – die USA opfern Taiwan, um „Rotchina“ auf ihre Seite zu ziehen

Politisch sah die Entwicklung aus taiwanesischer Sicht nicht so rosig aus. Anfang der 1970er Jahre kam es überraschend zur Annäherung zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten im Zuge der „Ping-Pong-Politik“ (Mehr zu dieser vom amerikanischen Außenminister Henry Kissinger und seinem chinesischen Kollegen Zhou En-lai eingefädelten diplomatischen Wende in in Dillmann: China – ein Lehrstück).

Dazu gehörte auch eine Vereinbarung über die unterschiedlichen Standpunkte beider Mächte in der Taiwan-Frage: Amerika erkannte im ersten Shanghai-Communiqué von 1972 das „Eine China“ als Heimat der Völker auf beiden Seiten der Taiwanstraße an und versprach einen Rückzug seiner Truppen und eine Förderung der Wiedervereinigung.

Im Wortlaut: „The U.S. side declared: The United States acknowledges that all Chinese on either side of the Taiwan Strait maintain there is but one China und that Taiwan is a part of China. The United States Government does not challenge that position. It reaffirms its interest in a peaceful settlement of the Taiwan Question by the Chinese themselves. With this prospect in mind, it affirms the ultimative objective of the withdrawal of all U.S. forces and military installations from Taiwan. In the meantime, it will progressively reduce its forces and military installations on Taiwan as the tension in the area diminishes.”

In zwei weiteren Communiqués (1979 und 1982) sicherten die USA der VR China darüber hinaus zu, ihre Waffenlieferungen an Taiwan nicht nur nicht weiter zu erhöhen, sondern deutlich einzuschränken sowie Taiwan diplomatisch als „Nicht-Staat“ zu behandeln, was kurz darauf die Entfernung Taiwans aus vielen internationalen Organisationen nach sich zog.

In der UNO war dies bereits geschehen: 1971 hatte Albanien den entsprechenden Antrag gestellt und mit Blick auf ihre diplomatischen Ränkespiele hatten die USA dem nicht, wie zuvor üblich, widersprochen. Mit wachsender ökonomischer Bedeutung konnte die Volksrepublik Taiwan mit ihrer Variante der „Hallstein-Doktrin“ in den folgenden Jahren immer weiter isolieren: Heute erkennen nur noch 14 Staaten (inklusive Vatikan-Staat) Taiwan an. Hallstein hieß der bundesdeutsche Außenminister, der 1955 den „Alleinvertretungsanspruch“ der Bundesrepublik formulierte; Staaten, die die DDR diplomatisch anerkannten, wurde dieser Doktrin zufolge mit dem Bruch diplomatischer Beziehungen gedroht.

Mit ihren Zusagen schafften es die USA, diplomatische Beziehungen zu China aufzunehmen (die es bis dahin nicht gegeben hatte) und China aus dem sozialistischen Lager zu lösen.  Auf dieser Basis konnten sie die Sowjetunion fortan militärisch und rüstungsdiplomatisch stärker unter Druck setzen. Das war der Anfang vom Ende des sozialistischen Blocks.

Amerikanische Lesarten …

Die Vereinigten Staaten haben die Shanghai-Vereinbarungen allerdings immer als erzwungene Zugeständnisse betrachtet und das in der Folgezeit immer wieder klargestellt. 1979 (ein Jahr nach dem Abbruch ihrer offiziellen diplomatischen Beziehungen) verpflichteten sie sich im Taiwan Relation Act per Gesetz selbst dazu, dem ehemaligen Bündnispartner, den sie so hart fallen gelassen und in eine politisch isolierte Lage getrieben hatten, eine „adäquate Selbstverteidigungsfähigkeit“ zu liefern.

Das „Ein-China-Prinzip“ behielten sie als diplomatische Floskel bei – gleichzeitig aber wurde das Verhältnis der Volksrepublik zu Taiwan zu einem Dauer-Experimentierfeld US-amerikanischer Einflussnahme auf Beijing. Ihr im Communiqué formuliertes einseitiges „Interesse“ an einer „friedlichen Wiedervereinigung“ behandelten sie in der Folgezeit wie ein gemeinsames (also auch von der Volksrepublik unterschriebenes) Kriterium und setzen zusätzlich die Forderung in die Welt, das Volk Taiwans müsse „in freier Abstimmung“ über eine mögliche Wiedervereinigung entscheiden. Seit den 90er Jahren ärgern sie die VR China diplomatisch mit Reise-Visa für taiwanesische Politiker, militärischer Präsenz bei der ersten demokratischen Präsidentenwahl 1992, vor allem aber mit Waffenlieferungen.

Gegen alle Vereinbarungen mit der chinesischen Regierung rüsteten die USA Taiwan militärisch auf und hielten seit Mitte der 90er Jahre regelmäßig Militär-Manöver in der Taiwanstraße ab. Noch unter Clinton sicherten die USA Taiwan im Jahr 2000 im Taiwan Enhancement Act weitere große Waffenlieferungen zu (vier Zerstörer, acht U-Boote sowie U-Boot-Jagdflugzeuge nebst Ausbildung durch die US-Army, die Lieferung des supermodernen Aegis-Frühwarnradar-Systems). Gleich nach seinem Amtsantritt verkündete George W. Bush, dass sich die USA im Falle eines Angriffs auf Taiwan unmittelbar zu einer militärischen Beistandsleistung herausgefordert sehen, und auch Japan hat sich kurz darauf zum ersten Mal offiziell zur Schutzmacht Taiwans erklärt – kein Wunder, dass diese Patenschaften das taiwanesische Unabhängigkeitsstreben und damit „die Spannungen“ in der Taiwanstraße und im Chinesischen Meer schüren.

Friedensnobelpreisträger Obama genehmigte dann „Waffenlieferungen im Wert von rund 14 Milliarden US-Dollar, mehr als all seine Amtsvorgänger seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Beijing 1979 zusammen. US-Präsident Donald Trump steigerte die Summe in seiner Amtszeit auf mehr als 18 Milliarden US-Dollar. Sein Nachfolger Biden hat im August den nächsten Aufrüstungsschritt im Wert von rund 750 Millionen US-Dollar erlaubt.“

Kurz: Mit all dem schwingen sich die USA zum Richter über das chinesische Wiedervereinigungsprojekt auf, das inzwischen übrigens nur noch auf Seiten der Volksrepublik existiert.

Taiwan – eine eigene Nation?

Denn Taiwan hat seine Staatsräson in dieser Hinsicht korrigiert. 1988 wurde der bis dahin geltende militär-diktatorische Ausnahmezustand in Taiwan abgelöst und es gab erstmals so etwas wie Gewaltenteilung und Wahlen. Die dafür nötige Oppositions-Partei DPP (Democratic Progressive Party) hatten US-amerikanische Unternehmer und taiwanesische Dissidenten übrigens 1986 in Los Angeles gegründet. Der Grund für den Wechsel? Das ist vielleicht nicht ganz eindeutig zu beantworten. Vielleicht genügte die Einparteien-Regierung Taiwans den zwischenzeitlich entstandenen verschiedenen Kapital-Fraktionen des Inselstaats nicht mehr, vielleicht kamen diverse US-Interessen (trotz aller materiellen Abhängigkeit) nicht genügend zum Zug. Es kann aber auch sein, dass wichtige US-Strategen, die damals davon ausgingen, dass die Volksrepublik ihre ökonomische Öffnung durch eine politische Liberalisierung ergänzen würde, es aus außenpolitischen Gründen etwas unpassend fanden, dass der eigene Verbündete keinen Funken demokratischer daherkam und nicht sonderlich als Vorbild taugte, das man den Festland-Chinesen vorhalten konnte. (Einerseits sehen die westlichen Nationen ihre Art des Regierens schlicht als die „menschengemäße“ Art an und können sich tatsächlich keine bessere oder schönere Staats-Ordnung vorstellen; andererseits gibt es bei ihnen ganz schlicht das praktische Bedürfnis, sich in einem anderen Staatswesen, mit dem sie Handel und Kapitalex-port betreiben, Einflussmöglichkeiten zu verschaffen. Das geht über demokratische Parteien, NGOs etc. erheb-lich einfacher, als wenn man es mit „Betonkommunisten“ zu tun hat.) Wie dem auch sei: Seitdem jedenfalls verfügt Taiwan über eine „Demokratie“ nach westlichem Vorbild. Das heißt: Während alles Wesentliche im Leben seiner Bürger mit den „alternativlosen“ Erfordernissen weiteren Wirtschaftswachstums feststeht, dürfen sich diese alle vier Jahre ihre Regierungsvertreter aus zwei (oder mehr) Parteien auswählen.

Die neue Partei, die sich dem Volk in Taiwan zur Wahl stellte, die DPP, hat sich dabei von Anfang an als Partei der Zukunft, des Fortschritts und des modernen Taiwans präsentiert. Während die alte Partei, die Kuomintang, ihren Jahrzehnte hart geltend gemachten Anspruch auf eine Wieder-Eroberung der Volksrepublik inzwischen angesichts der realen Machtverhältnisse eher stillschweigend aus dem Verkehr gezogen hat, lässt sie die Vorstellung von der „einen chinesischen Nation“ bestehen – alles andere wäre für sie ideologisch vermutlich zu harter Verrat. Dagegen setzt die DPP offensiv die Vorstellung einer taiwanesischen Eigenstaatlichkeit – was bei den jüngeren Wählern, für die die Kamellen von gestern eher unbedeutend sind, zunehmend gut ankommt. Um die Vorstellung einer eigenen Nation Taiwan zu unterfüttern, hat die DPP inzwischen auch damit begonnen, den 1949 ziemlich robust zur Seite geräumten „indigenen Völkern“ Taiwans Aufmerksamkeit zu schenken, hat deren Sprachen untersucht, sich für die „Härten der Vergangenheit“ bei der Übernahme der Insel  entschuldigt usw. – alles interessante Beispiele für nationale Geschichtspolitik und patriotische Mythenbildungen…

Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als sei das Anliegen der Fortschrittspartei „defensiv“ – schließlich besteht sie ja nicht mehr, wie früher die revanchistische Kuomintang, auf einer Wiedereroberung Chinas, sondern will „nur“ noch eine Anerkennung ihrer Existenz, sprich: Eigenstaatlichkeit. Und ja: Warum kann die riesige Volksrepublik mit ihren 1,4 Milliarden Menschen nicht auf diese gewissermaßen lächerlichen 23 Millionen Insulaner verzichten?

Der unsinkbare Flugzeugträger

Es gibt mehrere Gründe, warum die US-amerikanische Taiwan-Politik wie die inner-taiwanesische Entwicklung für die Volksrepublik nicht hinnehmbar ist.

Der erste ist ein sehr prinzipiell nationaler Grund. Seit ihrem Sieg im Bürgerkrieg verlangt die chinesische KP die Wiederherstellung der nationalen Einheit des Landes – ein Anliegen übrigens, das ja ansonsten, gerade in Deutschland, durchaus auf viel Verständnis stößt. Die Volksrepublik hat sich unter anderem deshalb zum Westen hin geöffnet und sich mit ihrem staatlich initiierten und geleiteten Umbau in ein kapitalistisches Land zu einer extrem erfolgreichen Weltwirtschaftsmacht entwickelt, um ihren nationalen Ambitionen zum Durchbruch zu verhelfen. Sie hat 1997 in den Verhandlungen mit Großbritannien einem 50jährigen Autonomie-Status für Hongkong zugestimmt, um mit dem Modell „Ein Land, zwei Systeme“ auch eine Vorlage für eine eventuelle Wiedervereinigung mit Taiwan zu liefern, die den taiwanesischen (Autonomie-)Ansprüchen und Besonderheiten Rechnung trägt. Das Ziel eines wiedervereinigten China stellt aus ihrer Sicht damit ein quasi „staats-natürliches“ Recht dar, das irgendwann einzulösen ist – für sie ein nationales Herzens-Anliegen, für das sie von anderen Staaten Respekt verlangt.

Der zweite Grund ist geostrategischer Art und bezieht seine neue Aktualität aus der Auseinandersetzung, die die USA gegen ihren neuen Hauptfeind ausgerufen haben. Mit ihren jährlichen massiven Waffenlieferungen zur „Herstellung des militärischen Gleichgewichts in der Region“ rüsten sie Taiwan zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Aufmarschs gegen die Volksrepublik her: Nur 130 bis 180 km vom chinesischen Festland entfernt ist die Insel in ihrer Bedeutung als quasi unsinkbarer Flugzeugträger durchaus vergleichbar mit der Rolle Kubas als Vorposten der Sowjetunion im Kalten Krieg. (Übrigens: dessen Aufrüstung aus Moskau haben die USA bekanntlich mit einer atomaren Weltkriegsdrohung (Stichwort: Kuba-Krise!) unterbunden.)

Ihre unter Nixon berechnend ausgesprochene Duldung des Souveränitätsanspruchs der Volksrepublik auf Taiwan als Teil des „Einen China“ haben die Vereinigten Staaten heute de facto aus dem Verkehr gezogen. Sie heizen die Unabhängigkeits-Diplomatie der taiwanesischen DPP durch Einladungen (bspw. zu Joe Bidens Amtseinführung) an. Präsident Biden hat im Oktober 2021 mitgeteilt, die USA würden Taiwan gegen chinesische Angriffe verteidigen – es gebe eine Vereinbarung dazu. Damit hätten sie auch den Taiwan Relation Act von 1979 außer Kraft gesetzt. Zwar dementierte das Weiße Haus unmittelbar und erklärte, dass sich an der prinzipiellen Politik – „nur“ eine Stärkung der Selbstverteidigungskräfte Taiwans – nichts geändert habe. Ob Ungeschicklichkeit oder arbeitsteilige Vorkriegs-Diplomatie: So werden in der Region jedenfalls „Spannungen“ erzeugt, die Volksrepublik gezielt im Unklaren über den Stand der amerikanischen Planung gelassen und Washington behält sich gleichzeitig – bei allem Anheizen der Feindseligkeiten – die Freiheit seiner Entscheidung über ein militärisches Eingreifen vor.

Der dritte Grund liegt in der Bedeutung der Taiwanstraße als einer der weltweit wichtigsten Handelsstraßen. Deren freie Befahrbarkeit verlangen die Vereinigten Staaten ebenso wie EU und Japan für sich – als Teil ihrer „vitalen Interessen“ – wie es in ihrem Sprachgebrauch heißt. Zitat aus dem Deutschlandfunk: „Das Südchinesische Meer und die Taiwanstraße sind wichtige Routen für den Welthandel und für den Wohlstand in den USA, Japan und Europa. Damit die Navigationsfreiheit nicht gestört wird, gebe es jetzt ein Umdenken, sagt US-Militärstratege Fanell. Franzosen, Briten und auch Deutschland verstärken ihre Militärpräsenz im Indopazifik.“

Diesen Standpunkt untermauern die USA seit langem durch Militärschiffe, die sie dort – gegen chinesische Proteste – durchschicken; gerade hat Großbritannien dasselbe exerziert. Die deutsche Fregatte Bayern hat zwar nicht die Taiwanstraße durchfahren, ansonsten aber mit allerhand kleinen Provokationen (durch Anlaufen völkerrechtlich umstrittener Stützpunkte der Briten und Amerikaner) auf die deutschen Ansprüche in dieser Weltgegend aufmerksam gemacht. „Wir reden nicht nur über die Freiheit von Seewegen, die von China gefährdet wird, sondern wir sind auch bereit, etwas dafür zu tun“, erklärte Annegret Kramp-Karrenbauer. Und  weiter: „Ich möchte, dass wir nicht nur schöne Worte machen, sondern wirklich etwas tun.“ Frage an dieser Stelle: Wie würde es wohl das deutsche Publikum und seine Medien finden, wenn ein chinesisches Kriegsschiff vor Helgoland aufkreuzt?

Flugzeugträger der Marine der Volksbefreiungsarmee.jpg

Die Bedeutung der Taiwanstraße sieht die Regierung in Beijing genauso wie ihre westlichen Kollegen – und zwar aus sehr gleichgearteten Gründen. Als Welt-Exportnation verlangt sie freie Fahrt für ihren Schiffsverkehr – und sie kennt die US-amerikanischen Embargo-Maßnahmen gegen missliebige Staaten. Um sich in dieser Hinsicht zu schützen, hat sie in den vergangenen Jahren nicht nur die Neue Seidenstraße mit ihren kontinentalen Ausweich-Routen ins Leben gerufen, sondern vor allem ihre Marine gewaltig aufgerüstet.

Im Unterschied zu den anderen Beteiligten liegt der Ort der Auseinandersetzung allerdings direkt vor dem chinesischen Festland – weshalb die chinesischen Strategen eine Art Sicherungslinie einziehen wollen und deshalb „zunehmend über die erste Inselkette hinaus (drängen). US-Strategen sprechen vom chinesischen Versuch, aus ihr ,auszubrechen‘ und Einfluss im Westpazifik zu gewinnen. Das wiederum will Washington mit allen Mitteln verhindern.“

Für die Volksrepublik ist die Zeit der Angebote vorbei

Um das Veto der USA gegen das Recht auf die Heimholung ihrer „Provinz“ aufzuweichen, hatte die chinesische Außenpolitik zu Beginn der 2000er Jahre eine Zeitlang diplomatische Angebote mit dem Inhalt lanciert, Festlandchina werde auf eine förmliche staatsrechtliche Wiedervereinigung eventuell verzichten, wenn Taiwan seine Feindseligkeit aufgebe, sich als Tochternation des „einen großen China“ bekenne und das durch strikte Neutralität und Abrüstung untermauere. Auch heute wird diese Option noch im Spiel gehalten.

Gleichzeitig – und in Folge der ablehnenden Haltung Taiwans wie der aktuellen Konfrontations- und Aufrüstungspolitik der USA – pocht Beijing allerdings ziemlich kompromisslos auf sein „gutes Recht“, sich alle Mittel, militärische Gewalt eingeschlossen, vorzubehalten.

Bereits 2005 hatte der Nationale Volkskongress dieses Recht als „Anti-Abspaltungs-Gesetz“ offiziell in Gesetzesform gegossen. Chinas Armee hat heute mehr als 1000 Mittelstreckenraketen auf Taiwan gerichtet und präpariert einen relevanten Teil ihrer Truppen für die Eroberung der Insel. Der chinesische Ministerpräsident Xi Jinping hat anlässlich des taiwanesischen Nationalfeiertags 2021 zu einer „friedlichen Wiedervereinigung“ aufgerufen, die am besten „den Interessen der gesamten chinesischen Nation diene“. Er hat aber auch die gewarnt, die „das Land spalten“ wollen – „sie würden kein gutes Ende nehmen“. Und Außenminister Wang Yi erklärte im März 2022: „Die beiden Seiten der Taiwanstraße müssen sich vereinen und sie werden sich vereinen. Dies ist der kollektive Wille des chinesischen Volkes. Die chinesische Regierung ist unerschütterlich entschlossen, die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu wahren. Wir sind in der Lage, jede Form von separatistischen Aktionen zur ‚Unabhängigkeit Taiwans‘ zu vereiteln.“

Die Volksrepublik zeigt damit deutlich, dass sie an ihrem Ziel festhalten will. Auch für sie ist das ein geostrategisches „Muss“, wenn sie sich nicht von den westlichen, speziell US-Streitkräften, vor ihrer Küste einschnüren lassen will. Das untermauert sie – insbesondere dann, wenn sie sich durch US-Waffendeals oder Aktionen der taiwanesischen Regierung düpiert sieht – auch demonstrativ mit Flügen, die die von Taiwan beanspruchte „Luftverteidigungszone“ verletzen und die taiwanesischen „Selbstverteidigungskräfte“ beschäftigen ebenso wie mit den massiven Manövern nach dem Besuch von Nancy Pelosi.

Resumee

Taiwan ist einer der vielen notwendigen Streitfälle in der Konkurrenz der Weltmächte. Die USA halten den Aufstieg Chinas, den sie ein gutes Stück weit selbst aus politischen und ökonomischen Interessen heraus ermöglicht haben, nicht (mehr) aus. Sie haben China deshalb zum Feind Nr. 1 ihrer Weltordnung erklärt und bereiten sich auf allen erdenklichen Ebenen auf eine große Auseinandersetzung vor.

Taiwan hat von seiner Lage und Bedeutung durchaus das Zeug dazu, zum „Hotspot“ dieser Auseinandersetzung zu avancieren. Die USA instrumentalisieren die Insel seit Gründung der Volksrepublik für ihre Interessen; umgekehrt basiert die „taiwanesische Staatsräson“ weitgehend auf der Rolle, die die Insel für die Geostrategie der Vereinigten Staaten spielt. China will den weiteren Ausbau eines US-Stützpunktes in seiner unmittelbaren Nachbarschaft nicht hinnehmen – auch seiner Führung ist die „Kuba-Krise“ bekannt! Und es beansprucht freie Durchfahrt für seine Schiffe in der Taiwanstraße.

Eine Frage von gut und böse, von demokratisch und autoritär, von wertebasierter Regelordnung undsoweiter ist das alles nicht – sondern eine der internationalen Staatenkonkurrenz und deren Verlaufsformen bis hin in die mediale Feindbildpflege.

Wie stets bereiten die USA die anstehenden Auseinandersetzungen sorgfältig vor; die eingangs zitierte Darstellung der Konstellation als die des „kleinen“, „demokratischen“ Taiwan, das vom autoritär-aggressiven China grundlos „angegriffen“ wird, ist Bestandteil des „framing“, das die als nötig erachtete Zustimmung für die westlichen Strategien in der internationalen Öffentlichkeit erzeugen soll (Mehr dazu in Michael Lüders, Die scheinheilige Supermacht (2021)). Dafür hat Nancy Pelosi mit dem Wirbel um ihren Besuch einen weiteren Beitrag geliefert, den sie offenbar als scheidende Sprecherin des Repräsentatenhauses ihrem Land schuldig zu sein glaubte. Und wie stets konnten sich die Politiker dabei auf ihre freie Presse verlassen, die die regierungsamtlichen Verlautbarungen getreulich ans Volk weitergibt, ganz ohne jede Zensur.

PS: Die Bertelsmann-Stiftung hat das Handeln der „Akteure“ 2021 so zusammengefasst: „Obwohl die Großmächte … sich der Gefahren einer Eskalation durchaus bewusst sind, scheint ein kooperatives Arrangement im Sinne eines Multilateralismus- oder G2-Szenarios derzeit nicht der inneren Logik der Systeme zu entsprechen.“

Da hat die Welt wohl ein weiteres Mal Pech gehabt – jedenfalls wenn diejenigen, die in Europa, Amerika wie China das Kanonenfutter ihrer Regierungen sind, nicht einmal daran gehen, diese globale Staatenkonkurrenz und ihre mörderischen „Eskalationen“ auszuhebeln. Gründe dafür hätten sie reichlich – nicht nur in den Fragen von Krieg und Frieden, sondern schon in den Konsequenzen, die die Konkurrenz ihrer Unternehmen wie Staaten für sie an ihren ganz alltäglichen Arbeitsplätzen hat …

https://overton-magazin.de/krass-konkret/zankapfel-taiwan/

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Grafikquellen      :

Oben     —        Satellitenbild von Bāng-uann-tó (Insel Wang’an) zusammen mit den umliegenden Inseln und Inselchen, aufgenommen vom MultiSpectral Instrument (MSI) an Bord des ESA-Satelliten Sentinel-2B am 29. Dezember 2021 (UTC).

© Dieses Bild enthält Daten von einem Satelliten des Copernicus-Programms, wie Sentinel-1, Sentinel-2 oder Sentinel-3. Bei der Verwendung dieses Bildes ist eine Namensnennung erforderlich.

Namensnennung: Enthält modifizierte Copernicus Sentinel-Daten 2021

Die Verwendung von Copernicus Sentinel-Daten unterliegt dem EU-Recht (Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1159/2013 der Kommission und Verordnung (EU) Nr. 377/2014). Relevante Auszüge:

GMES-dedizierte Daten […] können weltweit ohne zeitliche Einschränkungen verwendet werden.

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2.) von Oben       —      Taipei Sonnenaufgang Panorama. Dieses Bild wurde in Hugin mit Panini-Generalprojektion zusammengefügt.

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Unten         —       建造中的中国海军首艘国产航空母舰

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Ein Ukraine – Tagebuch

Erstellt von Redaktion am 26. August 2022

„Krieg und Frieden“
Normalität vor dem Hintergrund des Grauens

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Aus Riga von Maria Bobyleva

In verschiedenen Medien habe ich folgendes gehört und gelesen: Viele Russen, die Anfang März überstürzt nach Georgien, Armenien und in die Türkei gefahren sind, kommen zurück.

Einige haben kein Geld mehr, andere konnten an den neuen Orten keinen Job finden. Und diejenigen, die ausgereist waren, weil sie Angst vor einer Generalmobilmachung hatten, haben beschlossen, dass es in der Heimat wohl doch nicht so gefährlich ist.

Aus Riga sehe ich keine Rückkehrwelle von Russen, die hierher emigriert sind. Aber ich sehe etwas anderes. Viele fahren für eine bestimmte Zeit zurück nach Russland. Und das irritiert mich persönlich.

Eine Freundin von mir ist schon das zweite Mal in die Heimat gefahren und wiedergekommen: das erste Mal, um Sachen zu holen und ihre Mietwohnung aufzulösen. Das zweite Mal, um sich einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen. Und nächsten Monat fährt sie wieder – um den fertigen Pass abzuholen und gleichzeitig mal wieder „in echt“ mit ihre Kollegen zusammenzuarbeiten. Eine andere Freundin will zurück nach Moskau fahren, um ihre Wohnung zu verkaufen. Dafür möchte sie dort aber einige Monate bleiben – um ihren Steuerwohnsitz in Russland zu behalten und keine exorbitanten Steuern für den Verkauf zahlen zu müssen.

Riga - Latvia.jpg

Ich selber denke jetzt auch schon darüber nach, ob ich nicht mal fahren sollte. Ich bin genau zwischen zwei ziemlich heftigen Zahnbehandlungen weggefahren, und in Lettland bin ich ein Niemand, nicht krankenversichert, und Zahnärzte sind hier um ein Vielfaches teurer als in Russland.

Alle, die nach Russland fahren, sagen das Gleiche: dass sich fast nichts geändert hat. Die Leute chillen auf den Sommerterrassen, trinken Sekt, sonnen sich in den Parks. Ja, Ikea und H&M haben geschlossen, statt McDonald’s gibt es jetzt etwas, das „Lecker und Punkt“ heißt und statt Coca-Cola und Sprite trinkt man jetzt die russischen Limonaden-Klassiker „Buratino“ und „Duchesse“, aber im Großen und Ganzen habe sich das Leben nicht geändert. Kein Krieg, alles gut.

Quelle       :       TAZ-online       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.

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Unten     —    View of Riga towards the cathedral and Vanšu Bridge.

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DL – Tagesticker 26.08.2022

Erstellt von Redaktion am 26. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Scholz besucht Soldaten aus Ukraine bei Ausbildung  – . –  2.) „Putin war konsequent“  – . –   3.) Mein Haus, mein Dienstwagen, mein Boot  – . –   4.) Heißer Herbst schon in Bremen-Gröpelingen  – . –  5.)  Regierung droht weiterhin Verfehlen der Klimaziele  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Und sitzt der Hahn auf seinen Mist – dann stinkt auch er und das Wetter bleibt wie es ist. Nah – das ist aber der denkbar schlechteste Ausbildungs-Platz, um für seine Job-Tätigkeit noch etwas da zu zulernen ! Aber egal sagt der Hahn – jetzt weiß ich wenigstens wie ein Panzer aussieht. Der EX Walter Scheel hätte wenigsten noch Fehlerfrei die Hymne der FDP singen können: „Hoch auf den gelben Wagen!“

Truppenübungsplatz an der Ostsee. Ukrainische Soldaten trainieren sechs Wochen am Flugabwehrkanonenpanzer Gepard bevor es in den Krieg geht. Kanzler Olaf Scholz besuchte die Ausbildung an der Ostsee.

1.) Scholz besucht Soldaten aus Ukraine bei Ausbildung

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag den Truppenübungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein besucht. Dort werden Ukrainer an dem Flugabwehrkanonenpanzer Gepard ausgebildet. Auch der Kanzler bestieg das Militärgerät und besichtigte es von innen. Deutschland wolle dazu beitragen, „dass die Soldatinnen und Soldaten die optimale Unterstützung haben, die sie brauchen“, sagte Scholz. Die Bundesrepublik stelle moderne und effektive Waffen zur Verfügung, „weil die Ukraine das Recht hat, das eigene Land, die Integrität, die Unabhängigkeit und die Souveränität zu verteidigen“, so der Kanzler. Den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten drückte er seine „Bewunderung“ für ihren „Mut“ aus. Der Bundeswehr dankte er für ihr Engagement bei der Panzerausbildung. Scholz nimmt Panzer selbst in Augenschein Scholz kam auf dem Truppenübungsplatz mit dem Ausbildungsleiter und mit Soldatinnen und Soldaten aus der Ukraine zusammen. Er nahm auch einen der Panzer selbst in Augenschein und ließ sich auf ihm fotografieren.

Stuttgarter Zeitung-online

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Sorry, sorry – sprach der Hahn, als er von seiner Ente kam. Aber wo sollten Politiker-innen auch politisches Handling lernen – wenn sie schon ihre Schulzeit verpennt haben? Lebens-Erfahrungen können nicht erlernt werden.

Ex-OSZE-Botschafter zu den Wurzeln des Ukraine-Krieges. Deutschland und der Westen rutschen in eine neue Weltunordnung ab, warnt der ehemalige Botschafter Deutschlands bei der OSZE, Rüdiger Lüdeking. 

2.) „Putin war konsequent“

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat ihren Auftritt vor der 10. Überprüfungskonferenz des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages Anfang August mit einem zentralen Ziel der deutschen Außenpolitik begründet: der Verteidigung der regelbasierten internationalen Ordnung. Die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen und die Schaffung eines institutionellen Ordnungsrahmens für das friedliche Zusammenleben der Völker waren auch nach den Schrecken des letzten Weltkriegs wichtige Anliegen der Siegermächte. Die völkerrechtliche Ordnung wurde jedoch durch eine auf Durchsetzung von Ideologien und nationalen Interessen insbesondere der Großmächte ausgerichtete Weltordnung überlagert. Die Missachtung des Gewaltverbots der UN-Charta durch Russland in der Ukraine ist ein starkes Beispiel dafür.  „Rote Linien“ und Rüstungskontrolle in der bipolaren Weltordnung des Kalten Kriegs Die ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg waren geprägt durch die bipolare Weltordnung zwischen Ost und West, die nahezu alle Aspekte der internationalen Beziehungen bestimmte. Die Welt respektierte im Interesse der Vermeidung eines neuen, möglicherweise auch nuklear geführten großen Kriegs die roten Linien der jeweils anderen Seite und suchte vor allem seit Ende der 1960er-Jahre durch Dialog, Zusammenarbeit und auf die Gewährleistung eines nachhaltigen militärischen Gleichgewichts ausgerichteten Rüstungskontrollvereinbarungen Sicherheit und Stabilität trotz der zunächst unüberwindbar erscheinenden Konfrontation zwischen den „Systemen“ herzustellen.

Berliner Zeitung-online

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Die Gier nach mehr wächst in den Instituten je einfacher der Staat seinem liebsten Viechern die Anhänglichkeit zeigt. Ist doch die Herrschende Politik auf die Meinung seiner direkten Untergebenen angewiesen, um den Herdentrieb zu stützen. Da muss die freie Meinung nach Möglichkeit sehr gut geleitet werden um gewünschte Ziele erreichen zu können. Wo würde Staat denn Enden  –  wenn nicht neben der freien Meinung auch noch die Privilegien gesteuert würden ? 

Flimmern und Rauschen. – Das „Dienstwagenprivileg“ gehört zu den ganz großen deutschen Errungenschaften, gleich nach der „Parkraumbewirtschaftung“ und dem Grundsatz „Auf der Terrasse gibt’s nur Kännchen“.

3.) Mein Haus, mein Dienstwagen, mein Boot

Womit sonst ließe sich der ewige Protzvergleich „Mein Haus, mein Wagen, mein Boot“ besser bestreiten als mit der Karre? Vor allem, wenn es sich wie bei den Führungsetagen der öffentlich-rechtlichen Sender überwiegend um beitragsfinanzierte Luxuslimousinen handelt. Ach nee, ’tschuldigung. Das sind ja „rollende Büros“ für emsige In­ten­dan­t*in­nen und Direktor*innen. Sie sind immer auf Achse und manche wohnen da quasi drin. Wobei ein Kleintransporter viel geräumiger und im Zweifelsfall billiger wäre. Denn das Sekretariat passt gleich mit rein. Und was macht das öffentlich-rechtliche Fußvolk? Das fährt bekanntermaßen auch und flucht über die auf den meisten Anstaltsparkplätzen praktizierte Parkraumbewirtschaftung. Beim NDR gab es früher mal beim hauseigenen Vo­lon­tär*in­nen­-Wett­be­werb „Sehstern“ allen Ernstes einen Gratisparkplatz zu gewinnen. Wenn es die Öffentlich-Rechtlichen mit ihrem Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und „Green Production“ allerdings ernst meinen, sollten sie lieber den öffentlich-rechtlichen Personennahverkehr fördern. Aber wie sieht es denn aus mit Jobtickets und freier ÖPNV-Fahrt bei ARD, ZDF & Co? Die meisten ARD-Anstalten zahlen einen Zuschuss zwischen 10 und 25 Euro im Monat. Beim ZDF gibt es Job­tickets in Mainz und sonst einen „Öko-Zuschuss“ von 15 Euro, so viel zahlt auch die Deutsche Welle. Beim BR muss das Jobticket selbst gezahlt werden, Vo­lon­tä­r*in­nen bekommen immerhin einen Zuschuss von 40 Euro. Beim Deutschlandfunk heißt es: „Es hat dazu in der Vergangenheit durchaus Initiativen aus der Geschäftsleitung gegeben, die aber bisher nicht mit den Tarifparteien vereinbart wurden.“ Da ist noch viel Luft nach oben.

TAZ-online

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Wobei die Linke immer noch – wie seit ca. 20 Jahren auf ihr: „Weg mit Hartz 4 plärrt. Nichts ist gewesen – außer die Spesen der Mitglieder, welche so langsam darin die Unfähigkeiten ihre Schmeißfliegen zu erkennen. Wo der Esel fehlt welcher den Wagen von der Backe zieht wird auf beiden Augen blind Enden. Wobei Niemand noch daran glaubt das die t-r-oten Sozialisten in der Regierung den von ihren Vorschachernden verursachten Dreck, bis auf einige schöne Umschreibungen ändern wollen! Die Lehrzeit noch Politik erlernen zu können ist schon lange vorbei.

Der linke Protest auf der Straße ist schon da! Rechte träumen von einem zweiten Pegida-Winter, viele Linke zerbrechen sich den Kopf über eine hypothetische Querfront. Doch einige kämpfen bereits konkret für die Umverteilung der Kosten dieser Krise.

4.) Heißer Herbst schon in Bremen-Gröpelingen

Der vielleicht nahende heiße Herbst gegen kalte Wohnungen hält Journalisten, Politikerinnen und Sicherheitsbehörden in Atem: Kommt es zu linken Protesten? Oder droht eine rechts offene bis offen rechte Pegida-Neuauflage? Gebannt blicken nonkonformistische Protest-Enthusiasten wie defätistische Bedenkenträger auf die Mobilisierungen für den 5. September in Leipzig, wo der Linken-Politiker Sören Pellmann an die Montagsdemos gegen die Hartz-Reformen 2004 anknüpfen will. Rechtsradikale wie die Freien Sachsen, der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer und Jürgen Elsässer vom faschistischen Compact-Magazin reiben sich die Hände, rufen direkt oder indirekt zur Beteiligung auf. Aber jenseits von Leipzig und hypothetischen Debatten über den Charakter möglicher Demonstrationen gibt es bereits Anti-Inflations-Proteste! Nur scheint die konkrete Realität weniger interessant als Blicke in die Glaskugel. Im Norden kämpft Verdi für rund 12.000 Beschäftigte der Häfen in Bremen, Hamburg und Niedersachsen um einen Tarifvertrag, der einen tatsächlichen Inflationsausgleich vorsieht. Der Konflikt dauert schon Wochen an und führte zu Demonstrationen mit mehreren tausend Menschen, zu prügelnden Polizisten – und zu Solidarisierungen von Linken: Das linkstrotzkistische Medienprojekt Klasse gegen Klasse berichtet intensiv über den Arbeitskampf und bietet den Streikenden eine Bühne, die ihnen etablierte Medien verwehren.

Freitag-online

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Niemand hatte doch gesagt das es ausreiche wenn politische Trolle versuchen würden mit Balancestangen über einen drohenden Abgrund auf dem Seil zu stolpern. 

Trotz Klimaschutz-Sofortprogrammen. Vor allem am Einsparen von Treibhausgasen im Verkehr scheitert die Regierung. Fachleute bemängeln die Vorgehensweisen.

5.) Regierung droht weiterhin Verfehlen der Klimaziele

Mit den Klimaschutz-Sofortprogrammen der Regierung für den Gebäude- und Verkehrssektor droht Deutschland seine Klimaziele in diesen Bereichen nach Einschätzung eines unabhängigen Expertengremiums weiter zu verfehlen. Insbesondere bei den Bemühungen, Treibhausgase im Verkehr einzusparen, bleibe weiterhin eine große Lücke, teilte der Expertenrat für Klimafragen am Donnerstag in Berlin mit. Umweltverbände reagierten empört. „Das Sofortprogramm für den Verkehrssektor spart nach Angaben des Verkehrsministeriums nur 14 Megatonnen an Treibhausgas-Emissionen ein, so dass sich rechnerisch immer noch eine Erfüllungslücke von 261 Megatonnen bis 2030 ergibt“, erklärte die stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats, Brigitte Knopf. Das Ministerium habe nur Pläne zum Ausgleich der Lücke der Emissionen des Vorjahres vorgelegt, was „eine sehr spezielle Interpretation“ des Klimaschutzgesetzes sei. Zudem habe das Haus von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf das geplante umfassende Klimaschutz-Sofortprogramm der Bundesregierung verwiesen, das der Expertenrat ebenfalls prüfen wird. Auf eine umfassende Prüfung des Verkehrs-Sofortprogramms haben die Fachleute deshalb verzichtet. „Im Verkehrssektor wird das übergreifende Klimaschutz-Sofortprogramm erheblich über das vorgelegte sektorale Sofortprogramm hinausgehen müssen“, betonte Knopf. Scholz soll jetzt handeln.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Und alle gucken weg

Erstellt von Redaktion am 25. August 2022

Je höher der Status, desto größer das Ego

Kleine. unscheinbare Figuren werden in der Politik zu Riesen aufgeblasen – immer wieder.

Von Katherina Körting

Die Affäre Schlesinger demonstriert, wie die gebührenfinanzierte Mitnahmementalität funktioniert. Eine bessere Angriffsfläche hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen GegnerInnen von rechts nicht bieten können.

Die ARD-Intendanten entziehen ihr das Vertrauen, der RBB-Verwaltungsrat entlässt sie fristlos – Patricia Schlesinger, zuletzt Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, hat keine FreundInnen mehr. So schnell kann man gar nicht gucken, wie sich da nun alle von ihr abwenden – und nichts gewusst haben wollen. Aber es muss doch jemand gesehen haben! Wozu ist denn so ein Büro wie das von Schlesinger gut, wenn nicht, um gesehen zu werden? Es soll „Repräsentationszwecken“ dienen, Gäste in Empfang nehmen, entsprechend der grandiosen Bedeutung des Rundfunks und seiner Intendantin. Zumal diese seit Januar auch noch Vorsitzende der noch bedeutenderen ARD war – es muss also so großartig wie möglich sein. Da muss doch jemand mitbekommen haben, wie sehr die Intendantin über ihre und unser aller, der GebührenzahlerInnen, Verhältnisse lebte.

Mit gutem Grund sind wir BürgerInnen, die monatlich 18,36 Euro fürs öffentlich-rechtliche Radio, Fernsehen, Internet bezahlen müssen, wütend. Die grandiose Überschätzung des eigenen Verdienstes auf unsere Kosten ist eine grandiose Unverschämtheit. Erst die Honorare für die freien MitarbeiterInnen kürzen und sich dann selbst 16 Prozent Gehaltserhöhung gönnen. Die Aufregung darüber ist daher keine Neiddebatte, sondern eine um die fahrlässige Gefährdung demokratisch notwendiger Institutionen durch das eigene Personal. Schlesinger betrieb gewissermaßen Sabotage an der Glaubwürdigkeit der Demokratie. Eine bessere Angriffsfläche hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen GegnerInnen von weit rechts gar nicht bieten können. Und jetzt recherchiert der eigene Sender gegen sie – wir GebührenzahlerInnen bezahlen, dass endlich ans Licht kommt, was doch für viele offensichtlich sein musste!

In ihrer ersten „Panorama“-Sendung im Jahr 1997 hatte Schlesinger noch die Verschwendung von „unserem Steuergeld“ beklagt – es ging um Opferrenten für Naziverbrecher in Höhe von monatlich mehreren Tausend Euro. Sie selbst bezog mit 303.000 Euro ein deutlich höheres Jahresgehalt als jedeR deutsche MinisterpräsidentIn – warum? Und ob sie tatsächlich kein „Ruhegeld erhalten wird, wie vom RBB-Verwaltungsrat gewünscht, werden wohl erst Gerichte klären müssen, denn Schlesinger sieht sich als „Sündenbock“ missbraucht, ihre Kündigung sei „durch die Faktenlage keineswegs gedeckt“. Na wunderbar. Dem eigenen Ehemann besorgte sie, mutmaßlich in Vetternwirtschaft – die Staatsanwaltschaft hat erst nach einigem Zögern die Ermittlungen aufgenommen – einen honorierten Beraterjob, sie selbst ließ sich mal eben 20.000 Euro Bonus auszahlen – wofür? Und warum meinte diese oberste Angestellte – und mit ihr offenbar ihr gesamtes ge- und verblendetes Umfeld –, sie habe einen Dienstwagen für 145.000 Euro „verdient“, samt Massagesitzen und der Möglichkeit, ihn auch privat zu nutzen, zwei Chauffeure inklusive? Warum nur ging sie davon aus, dass der schicke neue Fußboden in ihrem Büro, Sofas vom Feinsten, Pflanzen mit automatischer Berieselung und so weiter und so fort – insgesamt kostete der Umbau der Indendantinnenetage rund 1,4 Millionen Euro – von Gebühren zu entrichten seien? Noch dazu an den vorgeschriebenen internen Prüfinstanzen vorbei? Größenwahn? Oder welche Mentalität steckt dahinter?

Ist das nicht das Einzige was Politik immer konnte ?

Je höher der Status, desto größer das Ego, desto mehr Gestaltungsspielraum, desto ungehemmter das Wirtschaften in die eigene Tasche. Die mit den dicksten Gehaltsansprüchen machen dann gern auf volkswirtschaftlich unentbehrlicheN „LeistungsträgerIn“. Aber auch unterhalb der oberen Zehntausend treibt nicht wenige der Anspruch durchs Leben, die Welt sei ihnen etwas schuldig. Mal eben den To-go-Müll auf die Straße werfen? „Macht jemand anders weg!“ Energiesparen im Büro? „Wieso? Zahlt doch die Firma!“ Die Schultoiletten sind verdreckt? Ungeheuerlich! Schon, aber warum sind sie es denn? Weil offenbar zu viele SchülerInnen, Lehrkräfte und Eltern davon ausgehen, sie seien nicht dafür zuständig, Devise: „Gehört mir nicht, machen andere sauber.“

Kaum jemand sieht sich in der Verantwortung fürs allgemeine, und jeder exzessiv fürs eigene Wohl. Die Marktwirtschaft hat das großartig gerichtet, so wie sie angeblich alles zum Guten wendet. Nach dem pseudoliberalen Motto: „Geht es mir gut, geht es allen gut“. Da wird Egoismus zum moralisch vertretbaren, weil gemeinnützigen Akt. Nehmen und Fordern, statt selbst mit anpacken – und andere bezahlen lassen. Und noch wichtiger: Man kann sich wahnsinnig bedeutend dabei fühlen und sich entsprechend wichtig machen, in Gestus, Kleidung, Büroausstattung, Luxusessen.

Dumm nur, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Einnahmen nicht auf dem freien Markt erwirtschaftet, sondern gebührenfinanziert. Er ist der Allgemeinheit verpflichtet. Die kapitalistische Mitnahmementalität funktioniert in einer Institution mit öffentlich-moralischem Anspruch nicht ganz so gut. Aber offenbar versagten alle Kontrollmechanismen.

Quelle         :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Olaf Scholz spricht 1984 auf dem Deutschen Jungsozialistenkongress

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Unten           —           Aktion der Grünen gegen das Betreuungsgeld im NRW-Landtagswahlkampf 2012

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Eine Deutsche Ausstellung

Erstellt von Redaktion am 25. August 2022

Die Documenta – Leitung
kann beim besten Willen keinen Judenhass entdecken

Früher waren es die Hexen und Hexer und wer hat die Rolle heute übernommen?

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Es hört einfach nicht auf mit dem Antisemitismus in Kassel. Bleibt nur eine Konsequenz: Macht die Ausstellung zu – sofort.

Es war ein Geniestreich des verstorbenen Martin Kippenberger, als er 1984 das Bild malte mit dem Titel »Ich kann beim besten Willen kein Hakenkreuz entdecken« . Das Werk müsste eigentlich bei der Antisemita fifteen, pardon: Documenta fifteen ausgestellt werden, als Leitmotiv im Umgang mit dem Antisemitismus auf der wichtigsten Kunstausstellung des Universums.

Moment, schon wieder Documenta, schon wieder Antisemitismus, schon wieder diese Debatte? Ja, leider, und leider ist es notwendig, denn es hört und hört und hört nicht auf.

Seit der ersten, großen Eskalation um das Banner der Gruppe Taring Padi mit mehreren judenfeindlichen Inhalten haben sich verschiedene Menschen und Institutionen die ausgestellten Werke angeschaut. Die Documenta ist sehr groß und sehr inhaltsmächtig, umfasst eine Vielzahl verschiedener Ausstellungsteile und Veranstaltungsbereiche, daher kann man dort nur schwer an einem Wochenende alles durchzappen. Auch deshalb ist nach und nach bekannt geworden (leider ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Weil man es – trotz jahrhundertelanger Forschung und wissenschaftlicher Aufarbeitung insbesondere auch durch Betroffene – nicht ausreichend oft sagen kann, hier noch mal die Kurzzusammenfassung, warum das alles antisemitisch ist, wenn auch zugegebenermaßen in verschiedener Intensität:

Die Gleichsetzung von Juden und/oder Israelis (»israelische Armee«) mit Nazis (»SS-Runen«) ist antisemitisch, weil so der Holocaust verharmlost und zugleich die Selbstverteidigung des jüdischen demokratischen Staates Israel delegitimiert wird.

Die Darstellung von Juden als Kindermörder ist eine mittelalterliche antisemitische Erzählung, die als emotionalisierte Begründung für eine Anzahl von Pogromen verwendet wurde. Sie wird auch heute noch (»Kindermörder Israel«) als antisemitische Parole gegen Israel verbreitet.

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Der »Wanderjude« oder »ewige Jude«  basiert auf der Erzählung, ein Jude trüge die Schuld an Jesu Tod und sei deshalb zum ewigen Wandern verflucht worden. Geldbezüge sind oft antisemitisch, weil sie die Erzählung der »stets reichen, mächtigen, sich im Hintergrund verschwörenden Juden« transportieren. Ein sehr gefährliches Klischee, das auch außerhalb von so begründeten Pogromen nachweislich bereits Opfer gefordert hat, katastrophal mustergültig etwa bei einer Entführung eines jüdischen jungen Mannes in Paris 2006. Die Entführer, eine Jugendgang, hatten von der weitgehend mittellosen Familie 450.000 Euro Lösegeld gefordert, weil sie der Meinung waren, dass alle Juden reich seien oder zumindest an Geld herankommen könnten. Als die Angehörigen nicht zahlen konnten, interpretierten die Entführer das als bösen Willen und folterten das Opfer zu Tode.

Die BDS-Bewegung  ist unter anderem von Parlamenten oder Regierungen Österreichs, Tschechiens, Deutschlands sowie von mehr als dreißig US-Bundesstaaten als antisemitisch eingestuft worden (weil sie antisemitisch ist). Warum schließlich im jüdischen Kontext Haken- und Bogennasen-Darstellungen, wulstige Lippen und Schweineköpfe antisemitisch sind, muss ich wohl nicht begründen.

Quelle         :         Spiegel-online        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —     Einblattdruck zu einer Hexenverbrennung in Derenburg (Grafschaft Reinstein) 1555

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Ein Brief an meine Göttin

Erstellt von Redaktion am 25. August 2022

Warum braucht Europa Waffen?

Datei:Defender Europe 2022 DVIDS7224627.jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :    Eckhard Mieder

Warum – eine meiner Fragen, eine dieser Fragen, wie Dussel sie stellen – braucht Europa Waffen?

Meine liebe Eirene,gestatten Sie mir, der ich nicht vorhatte, jemals über den derzeitigen Krieg zwischen zwei nationalistischen Oligarchen-Staaten zu schreiben –, gestatten Sie mir die Ausnahme in Form der folgenden Überlegungen, die Sie Vision nennen dürfen, Idiotie oder die Ansichten eines Clowns. Sie dürfte Ihnen gefallen. Nämlich plädiere ich dafür, dass in Europa sämtliche Waffen (ausgenommen die Waffen der Jäger, der Polizei und der Geldtransporteure) abgeschafft werden. Sie gehören nicht ins Meer; der Umwelt zuliebe gehören sie in den Schmelzofen und verwandelt zu Klumpen aus Stahl, Aluminium, Titan, Polymere u. ä., aus denen mehr zu formen geht als Pflugscharen. (Meer oder Ofen – es müsste untersucht werden, auf welche Weise die Natur am wenigsten gestört wird.)

Warum – eine meiner Fragen, eine dieser Fragen, wie Dussel sie stellen – braucht Europa Waffen?

Es ist ein Reflex, als Antwort sofort zu rufen und zu hören: Wir müssen uns verteidigen können. Wir müssen wehrbereit sein, und zu diesem Behuf brauchen wir die neuesten Waffen, die neuesten Technologien des Menschenvernichtungszeugs. Wir müssen stärker und besser sein – als der Gegner, der Feind, das Böse.

Ich frage mich, Eirene, wer ist der Gegner, der Feind, das Böse? (Wer Europa ist, frage ich grad nicht.) Im Angebot gibt es viele und vieles. Terroristen, Diktatoren, Autokraten aller Farben, Religionen und Designs mitsamt ihren Regimes, Nationen, Besitzständen.

Oder wer anderes?

Die USA – für den einen oder anderen der Feind schlechthin; aber als Aggressor für Europa scheiden sie aus, glaube ich. Aber wer weiss. Ich habe nicht das Gefühl, dass Europa für die USA unbedingt mehr ist als ein Aussenposten, als ein Markt, als etwas wie ein zweckmässig sortierter Fast-Bundesstaat? Russland – Russland ist aktuell ein prächtiger Grund, zu den vorhandenen Waffen noch etliche draufzupacken. Der Russe, gilt als ausgemacht, bedroht uns. Ich glaube zwar nicht, liebe Eirene, dass er in absehbarer Zeit auf dem Ku’damm paradiert oder seine Filzstiefel auf den Chaiselongues im Versailler Schloss platziert – aber wer weiss. Er teilt ja unsere Werte nicht. Während der Amerikaner – dessen Werte teilen wir. Dass ich, Ihnen darin gleich, für den obersten Wert halte, das Leben, die Existenz eines jeden Menschen zu schützen und zu wahren – nun, dieser Wert geht mir allerding über die Abstrakta Freiheit, Demokratie u. ä.

Auch darüber, weiss ich, liesse sich trefflich streiten. Ich geriet neulich in einen abendlichen Disput unter Rotwein-Menschen – ich geriete nicht unter sie, wäre ich nicht einer von ihnen, auch wenn ich trockene Weissweine bevorzuge –, in dem plötzlich bekannt wurde, die Ermordung Gaddafis und die rasche Erhängung Husseins sei mit Genugtuung und Freude aufgenommen worden und ein solches wünsche man Putin u. a. auch – ich gestehe, beste Freundin, ich war irritiert, als ich in die Augen theoretisierend-bramarbasierender Tyrannenmörder blickte.

Wir hätten noch die Chinesen im Angebot. Ich erinnere mich an einen Witz, der in der DDR erzählt wurde. Die Chinesen haben Europa erobert, überrollt kraft Masse Mensch und Material, aber eine kleine, asterixhafte Region hat widerstanden: die Bergrepublik Suhl. Wenn ich den Witz richtig verstanden habe, dann lebte er von zweierlei Frivolitäten. A) die Chinesen wären quasi per Menschenmasse über den Erdball gequollen wie der Brei aus dem sagenhaften Topf im Märchen. B) nur so sturköpfige Hinterwälder wie die da im DDR-deutschen Süden wollten nicht untergebuttert werden; schon comic, schon sympathisch. Und das vor über dreissig Jahren. Jetzt rückt der Chinese auf der neuen Seidenstrasse tatsächlich näher auf die europäische Pelle. Doch zurück zu meiner Vision.

Warum verlange ich nicht, dass nicht nur die Waffen in Europa abgeschafft werden, sondern auf der ganzen Welt? Nun, einer muss den Anfang machen. Warum nicht wir Europäer? Wir sind doch die oberschlaue Avantgarde des Fortschritts, die Speerspitze der Evolution? Muss ich mich vor der indischen, südafrikanischen, israelischen, mexikanischen Armee fürchten? Oder dann doch vor den Russen, wenn sie gemeinsame Sache mit den Chinesen machen – und es gibt nicht mal mehr den Bezirk Suhl!

Ich sah vor kurzem auf einem Foto etwas Krasses, Grässliches, Einschüchterndes, doch auch Schönes; eine irre Mischung von Eindrücken, die jene Dutzenden von Panzern, die reparatur- oder abwrackbedürftig waren und in einer schier endlosen Reihe in Reih und Glied standen, in mir auslösten. Eine ungeheure Masse an geformten Ressourcen, die vormals der Erde abgewonnen wurden. Eine unfassbare Menge an menschlicher Erfindungs- und Arbeitskraft, die in den Geräten des Krieges (oder seiner Verhinderung; wie absurd, dachte ich plötzlich; oder gibt es irgendeine menschheitliche Verabredung zu einem gigantischen Duell?) steckte. Eine unbegreifliche Verschwendung, die mich – wie oft, wenn ich mir atemberaubende Bauten, Kreuzfahrtschiffe, Bunker, Raumschiffe, Hafenanlagen, Flughäfen betrachte – seltsam berührte: Zu welcher Bau-Leistung der Mensch fähig ist! Wie er mit seinen Köpfen und mit seinen Händen die Gaben der Natur für seine Zwecke formen kann! Nur: Müssen es Panzer, Kanonen, Schlachtschiffe, Düsenbomber sein? Immer neue, nächste, zerstörungskräftigere?

Ich weiss, Eirene, es gehört zu den Grundpflichten eines Staates – zum Fundament, ohne dass es einen Staat nicht braucht – das Land, zu deren verantwortlicher Dienerschaft er installiert und organisiert ist, gegen äussere Feinde zu verteidigen. Dazu braucht es Geld und Gerät. Das Geld bekommt er vom Bürger und vom Gewerbe, das Gerät fertigt die Industrie. Daraus ergeben sich Verantwortlichkeiten der Politiker, der Industriellen und des Volkes, eine Verwaltung von Interessen, die frei ist von Profitgier, Korruption, Lobbyismus u. ä.

Sehe ich Sie, liebste Eirene, amüsiert lächeln und sacht den Kopf schütteln über mich kleinen, süssen Idioten?

Ich bin halsstarrig. Schreiben Sie es meinem Alter zu, dem üblicherweise Naivität nicht zugestanden wird; allenfalls darf ich von Verwandten der Naivität wie Trotteligkeit, Vergesslichkeit, Demenz besucht werden. Trotzdem frage ich mich wieder und wieder, welche äusseren Feinde hat mein Land Deutschland?

Ich sehe keinen Feind, der es militärisch darauf absieht, das Land oder Europa zu erobern. Ich gehe, glaube ich, nicht fehl in er Annahme, dass eine Besetzung Berlins durch Russen und Chinesen (oder wer sonst noch?) nicht bevorsteht oder auch nur irgendwo geplant wird. Eine Landnahme Frankreichs durch selbige scheint mir ebenfalls unwahrscheinlich. Dass demnächst das Kolosseum in Rom von einem vorwiegend arabisch oder chinesisch sprechendem Publikum bevölkert wird, das begeistert den slowakischen, litauischen, polnischen, schwedischen, spanischen etc. pp. Gladiatoren in ihren Kämpfen auf Leben und Tod folgt und applaudiert – auch das übersteigt meine Vorstellungskraft, beste Eirene.

Landesverteidigung – ein Wort kristallener Härte und Schwere; aber gegen wen? Bündnispartnerschaft – mit wem in einem Bündnis, für welche Werte? Wenn für mich, wie ich schon erwähnte, Teuerste, der oberste Wert der Erhalt des Lebens eines jeden Menschen ist – und nicht irgendein Abstraktum –, dann kommt mir die Produktion von Waffen wie die Produktion von Mord, Krieg, Aggression vor. Es ist eine Produktion jeder denkbaren Abscheulichkeit – in Lauerstellung. Es gibt den Satz, den jeder Kriminalist kennt: Wer eine Pistole besitzt, der möchte sie irgendwann benutzen.

Mir fällt grad der Ort ein, wo ich die existierenden Waffen abladen würde: auf der Schlangeninsel im Schwarzen Meer. Sie wird zu klein sein für so viel Gerümpel. Aber ich sehe Pflanzen und Bäume Wurzeln schlagen und wachsen. Vögel nisten in den Rohren der Kanonen, in den Luken der Panzer, in den Cockpits der Jets. Ich höre das Knistern der Erosion und wie sich Stahl zurückverwandelt in irdene Atome. Und weil dieser Haufen Müll nachrutscht, passen immer mal wieder Raketen, Panzer, Flugzeuge rauf. Und umschwärmt wird die Insel von Booten, in denen fröhliche Eltern sitzen, die ihren Kindern von dem Aberwitz erzählen, zu dem Menschen in der Lage sind: eines Rohstoffes wegen, einer Ideologie wegen, eines Machtanspruchs wegen dem Nachbarn den Schädel einzuschlagen, sein Haus zu plündern, und das alles aus Gründen der Selbstverteidigung etc. pp.

Können Sie uns helfen, teure Freundin, so als Göttin ausser Dienst?

Mit heiteren Grüßen, Ihr weltfremder Freund

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben     —    Die französische Armee bereitet sich darauf vor, den Narew-Fluss während des Defender Europe in Lomza, Polen, zu überqueren, 19. Mai 2022

Verfasser U.S. Army Foto von Spc. Devin Klecan    /    Quelle   :  https://www.dvidshub.net/image/7224616/defender-europe-2022-wet-gap-crossing-exercise
Gemeinfreiheit
Diese Datei ist ein Werk eines Soldaten oder Angestellten der US-Armee, das im Rahmen der offiziellen Pflichten dieser Person aufgenommen oder hergestellt wurde. Als Werk der US-Bundesregierung ist es in den Vereinigten Staaten gemeinfrei.

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Unten     —     Eckhard Mieder, 2014

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KOLUMNE * HABIBITUS

Erstellt von Redaktion am 25. August 2022

Trotz Deutschland leben, lieben und lachen

KOLUMNE VON HENGAMEH YAGHOOBIFARAH

Eigentlich sollte dieser Text von Hoffnung handeln. Einen optimistischen Blick in die Zukunft gewährleisten, der gleichermaßen nah an der Realität ist und Mut macht, weiterzukämpfen. Immer nur meckern geht nicht, heißt es in dem Land, in dem abwechselnd gemeckert und gejammert wird, aber sich selten etwas ändert.

Vielleicht ist es dieser zähe Sommer, dessen Ende ich mir antriebslos und deprimiert herbeisehne, denn es ist entweder zu heiß oder zu grau, und da geht es schon wieder los, das Gemeckere. Vielleicht ist es das näher rückende Ende des 9-Euro-Tickets, bei dem nach drei Monaten zugänglicherer Mobilität alles zum Alten zurückkehrt. Vielleicht ist es die Trauer um die vier Menschen, die allesamt diesen Monat von deutschen Polizist_innen getötet wurden. Vielleicht ist es das Gedenken an die rassistischen Pogrome von Rostock-Lichtenhagen, die genau heute vor 30 Jahren nach vier Tagen beendet wurden. Hinsichtlich rechter Gewalt hat sich wenig geändert: Angefeuert durch Brandsätze von Politiker_innen und Springer-Medien hat niemand in Deutschland so viel Rücken wie Täter_innen aus dem rechten Spektrum – Legitimation und Normalisierung durch die sogenannte bürgerliche Mitte inklusive. „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen“, sagte die Antifaschistin und Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano im Jahr 2015 und es stimmt immer noch.

So feierten einst die Iren

6½ Jahre lang konnten Sie an dieser Stelle meine Kolumnen über Feminismus, Faschismus, Fashion und Food lesen, heute zum letzten Mal. Ich habe in der Zeit viel gelernt, unter anderem, dass es für jede gute Nachricht mindestens zwei schlechte gibt, die es unglaublich schwer gestalten, weitermachen zu wollen. Paradoxerweise möchte ich in diesem Text dennoch genau dazu ermutigen: dranbleiben.

Am Wochenende feierte meine geschätzte Kollegin Simone Dede Ayivi ihren Geburtstag und wünschte sich zwei Sätze über Dinge, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten verbessert haben. Dabei entstand ein Blick auf die Errungenschaften Schwarzer, geflüchteter, feministischer und queerer Bewegungen, die uns zeigen, dass Veränderung zwar dauert, aber möglich ist.

Quelle       :        TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Hengameh Yaghoobifarah (2016)

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DL – Tagesticker 25.08.2022

Erstellt von Redaktion am 25. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) Die Geschichte zeigt:   – . –  2.) Hälfte aller Fische in der Oder tot  – . –   3.) Hindernislauf zur Klimaneutralität  – . –  4.) Was regelt der Markt und was die Spekulation?  – . –   5.) Opposition ätzt über „eingebaute Fehlerstellen”  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Hat es sich nicht auch bestätigt, das die Staaten dieser Erde immer schon die größten Verbrecher an ihre Spitzen spülte ? Knapp gefolgt von den Religionen welche sich keine Politik  als Gegner erlauben kann. Beide haben genau die Bevölkerung geprägt, wie sie heute zu sehen ist. Ein guter Glaubender ist auch immer ein treuer Wähler gewesen, der seine Teufel in der Politik nie erkannt hat, sondern nur die auf der höherer Sinnebene.

Der Staat kann es eben nicht besser. Ob Industriepolitik, Energieversorgung oder Konsumverhalten: Neuerdings soll der Staat alles richten. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte: Das ist fast noch nie gut gegangen.

1.) Die Geschichte zeigt:

Der 1776 veröffentlichte und bis heute überaus einflussreiche Text von Adam Smith über den Wohlstand der Nationen war nicht primär ein theoretischer Entwurf über die moderne Wirtschaft, obwohl er schnell so gelesen wurde. Es war vor allem eine Abrechnung mit der merkantilistischen Wirtschaftspolitik, die den Alltag in fast allen großen europäischen Staaten bestimmte. Die jeweiligen Staaten kontrollierten nicht nur den Außenhandel ihrer Territorien, um den eigenen Nutzen zu mehren und den Interessen ihrer möglichen Konkurrenten massiv zu schaden zu können. Sie mischten sich auch unmittelbar in den wirtschaftlichen Alltag ein, sei es durch Binnenzölle, Handelsvorschriften oder Preis- und Zinstaxen, sei es durch kostspielige Projekte zur Gewerbe- und Handelsförderung, deren Nutzen häufig mehr als umstritten war, sei es schließlich durch weitgehende Produktionsgebote und -Verbote.  Das geschah keineswegs immer willkürlich. Dahinter steckte vielmehr ein Konzept, nämlich die Vorstellung, dass allein die Obrigkeit wisse, was – wie die Zeitgenossen sagten – für den „Flor des Landes“ gut sei, eine eudämonische Vorstellung, die staatliches Handeln zum Ankerpunkt des wirtschaftlichen Erfolges erklärte. Unwirksam waren die zahlreichen Vorschriften keineswegs; insbesondere die englischen Navigationsakten, die den Außenhandel des Landes nationalisierten und unter scharfe Kontrolle stellten, trugen maßgeblich dazu bei, die ausländische Konkurrenz, namentlich die Niederlande, von den europäischen und Weltmärkten zu verdrängen, zumindest aber ihre Handlungschancen deutlich zu beschränken. Smith war kein „Marktradikaler“.

WI.WO-online

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Da der Fisch immer am Kopf zu stinken anfängt, leben bislang alle Politiker noch. Hat den folgenden Satz denn noch niemand gehört: „Kaum ein Politiker ist je in das kalte Wasser gesprungen, da er schon durch seinen tiefen Fall vom Wickeltisch unterkühlt wurde. Ein sehr schönes Beispeil warum dann die Politik ihre Religion benötigt ! Diese wird den Fischen dann das neue Leben einhauchen !

FISCHSTERBEN: Über 100 Tonnen Fischkadaver wurden schon aus der Oder geborgen. Experten rechnen mit dem Tod von bis zu 50 Prozent des Fischbestands. 

2.) Hälfte aller Fische in der Oder tot

Das Fischsterben in der Oder hat Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel zufolge „gigantische Ausmaße“ erreicht. Laut Expertenmeinung könnten bis zu 50 Prozent des Fischbestandes verendet sein. Mehr als 100 Tonnen Fischkadaver wurden bereits aus dem Fluss gezogen. Es könnte noch Jahre dauern, bis sich der Bestand von der Umweltkatastrophe erholt hat. Dem Fischsterben im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder könnten nach Meinung des Instituts für Binnenfischerei (IfB) ein Viertelbis die Hälfte des Bestandes zum Opfer gefallen sein. Laut IfB-Direktor Uwe Brämicke sei mit 200 bis 400 Tonnen toter Fische zu rechnen: „Wir müssen davon ausgehen, dass zwei- bis viermal so viel Fische gestorben sind, wie geborgen und entsorgt worden sind“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Fischsterben in Oder könnte noch in vier Jahren bemerkbar sein Brandenburgischen Behörden zufolge sind alleine auf der deutschen Uferseite bereits 30 Tonnen Kadaver verbrannt worden. Rund 90 Tonnen sind zur Entsorgung angemeldet. Erheblichen wirtschaftlichen Schaden hat das auch für die 12 Fischereibetriebe an der Oder: Bis der Fischbestand wieder für die üblichen Fangquoten von 50 bis 60 Tonnen angewachsen ist, könne es bis zu vier Jahre dauern, so die Behörden.

H-Abendblatt-online

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Waren wir nicht alle bester Hoffnung, dieses alles endlich hinter uns gelassen zu haben. Aber nur die Älteren unter uns können sich an den Hype erinnern, als die Atomkraftwerke, unter den Versprechungen einer billigen Stromversorgung, aus der Erde sprossen? Da stopften sich nicht nur die Politiker-innen die Taschen bis unter die Kragenspitzen voll – auf das ihre Erben ihr Leben noch weitere 1000 Jahre in Sorglosigkeit verplanen können! Erst als sich die Kraftwerke als wahre Atombomben bestätigten und den Gesellschaften um die Ohren flogen, erwachte der politische „Deppen Adel“ und fand als eigene Selbst-Krönung bis Heute noch keine Entsorgung! Mit ihrer Endlösung waren frühere Generationen vor dem 2.) Weltkrieg – schneller zur Hand. Jetzt kommen also die Wasserstoffbomben ?

Kanadischer Wasserstoff – Der Plan von Bundeskanzler Scholz und Kanadas Regierungschef Trudeau verspricht Lösungen für die Energiewende. Der Weg dorthin ist allerdings lang.

3.) Hindernislauf zur Klimaneutralität

Das könnte die Zukunft sein – und zwar eine einigermaßen menschen- und umweltfreundliche. Wasserstoff aus Kanada soll die Energiewende in Deutschland befeuern. Laut Plan der beiden Regierungen sollen Windräder in Neufundland Ökostrom produzieren. Damit wird Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Diesen, in Ammoniak umgewandelt, transportieren Schiffe nach Deutschland, wo er beispielsweise Erdgas in der Chemieindustrie ersetzt. So lässt sich der Abschied von fossilen Energien auch in Wirtschaftsbranchen organisieren, die erneuerbaren Strom nicht direkt verwenden können. Klimaschutz ist ein Ergebnis, ein anderes die Abkopplung vom Erdgas- und Ölverkäufer Russland. Denn wegen der wachsenden weltweiten Systemkonkurrenz müssen sich Staaten wie Deutschland unabhängiger von Russland und China machen. So sollten beispielsweise die Rohstoffe aus Ländern kommen, die nicht damit drohen, ihre Exporte zu stoppen. Besser Gas aus dem Westen als aus dem Osten. Kanada ist ein sympathischer Lieferant. Doch vorläufig geht es eben nur um einen Plan. So müssen die 164 Windturbinen, von denen Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Kanzler Olaf Scholz sprachen, erst errichtet werden. Ähnliches gilt für die anderen Elemente der künftigen Produktionskette: die Wassergewinnung, Elektrolyse, Pipelines und Häfen, die einige Umweltverbände bekämpfen.

TAZ-online

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Ja richtig Putin alleine ist der Aggressor und damit der Verantwortliche für diesen Krieg ! Wurde er aber nicht durch eine vollkommen verfehlte Westpolitik in die Situation hineingeführt ? Was haben denn alle die westlichen Institutionen anderes  gebracht als die steuerzahlenden Bürger-innen an ihren Nasen herumzuführen ? Jetzt sehen sich die Verblödeten Machthaber-innen gegenseitig in die stumpfen Augen finden haben ihre Fluchttüren der Diplomatie verbaut. Sage Volk nicht schon immer: „Wer nicht kommt zur rechten Zeit – der muss nehmen was übrig bleibt?“

Gaspreis außer Kontrolle. Der Anstieg der Preise für Rohstoffe und Gas hat mit Knappheit zu tun und mit politischen Entscheidungen. Dabei sollte man aber die Rolle der Spekulanten nicht vergessen.

4.) Was regelt der Markt und was die Spekulation?

Die Preise steigen immer schneller, die Inflationsrate in Deutschland wird im nächsten Monat voraussichtlich auf neun Prozent springen. Inflationstreiber sind wesentlich die Agrar- und Rohstoffpreise, die nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in die Höhe geschnellt sind. Erklärt wird der Preisanstieg gemeinhin mit einem Mangel: Gas etwa ist knapp – daher wird es teurer. Der Preis sendet dann sein Signal. „Das Gas wird zu den Gebieten mit der größten Knappheit umgelenkt“, so beschreibt das die Commerzbank. „Der europäische Gasmarkt funktioniert also.“ Es lohnt sich ein Blick darauf, was da wie funktioniert. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich nicht um eine physische Knappheit an Rohstoffen handelt, sondern um eine politisch hergestellte. Auf die russische Invasion der Ukraine antwortete der Westen mit Wirtschaftssanktionen, deren Ziel es sei, „den Kollaps der russischen Wirtschaft zu provozieren“, sagte im Februar Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Russland antwortete mit Gegensanktionen, die vor allem in der Drosselung der Gaslieferungen bestehen. Europa greift nun auf teurere Energiequellen wie Flüssiggas (LNG) zurück, einerseits, um ausgefallene russische Lieferungen zu kompensieren, und andererseits, um Russland von Exporteinnahmen abzuschneiden. „Wir sollten alles dafür tun, Putin den Geldhahn abzudrehen“, sagte Ursula von der Leyen. Damit ist ein globales Rennen um LNG-Reserven entstanden.

Freitag-online

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Opposition – haben bislang immer nur die Rechten gelernt und gezeigt! Nun kommt die Kinderüberraschung: Auch die Linke Gesundheitsexpertin wagt eine Aussage ! Dabei wurde aber die Frage nach Höhe der Bonusanteile für Politiker-innen noch nicht gestellt.

Wie mag ein Kaspernder Professor aussehen wenn er am Morgen aus dem Bett kommt, da er schon auf der Arbeit als Wirrkopf auftritt?

So will die Ampel die Herbst-Welle in den Griff bekommen. Die Ampel stellt die Weichen für den Pandemie-Herbst. Bei steigenden Infektionszahlen können die Länder Maßnahmen verschärfen. Die Opposition warnt vor neuem Chaos.

5.) Opposition ätzt über „eingebaute Fehlerstellen”.

Im Herbst droht eine neue Coronavirus-Welle. Davon ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überzeugt. „Und diesmal wollen wir besser gerüstet sein als im vergangenen Jahr“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin. Wie das gelingen soll? Mit der Rückkehr zur Maskenpflicht – zumindest teilweise. So soll unter anderem das Tragen einer FFP2-Maske ab dem 1. Oktober bundesweit in Fernzügen und Flugzeugen wieder verbindlich sein. Das sieht der Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vor, der vom Kabinett gebilligt wurde.  Von einem „breiten Instrumentarium“ an Maßnahmen sprach der Gesundheitsminister vor Journalisten. Dazu gehört auch die Maskenpflicht in Kliniken und Pflegeheimen, die zudem durch einen negativen Corona-Test ergänzt werden soll. Und: Die Länder können – je nach Infektionslage – auch schärfere Maßnahmen erlassen. Das können eine erneute Maskenpflicht in Innenräumen sein, Obergrenzen bei Veranstaltungen oder Abstandsregelungen. Schulschließungen und Lockdowns zählen nicht dazu. Wohlgemerkt: Bei den Möglichkeiten zu Einschränkungen handelt es sich um „Kann“-Regelungen, es gibt keine Verpflichtung. Neues Infektionsschutzgesetz: Justizminister Buschmann lobt „gutes, maßvolles“ Konzept „Es ist der maximale Rahmen, der ausgenutzt werden kann“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Einig sei man sich in der Koalition, dass es Lockdowns und Schulschließungen nicht mehr geben dürfe. Was jetzt beschlossen worden ist, sei ein „gutes, maßvolles“ Konzept, so der Liberale. Auf Kritik der Länder hat die Ampel an einer entscheidenden Stelle nachgebessert: Eine zwingende Ausnahme von der Maskenpflicht soll es geben, wenn man beim Besuch von Kultur-, Freizeit- oder Sportveranstaltungen und in der Gastronomie einen negativen Test vorzeigt. Zunächst war diese Ausnahme auch für Genesene und frisch Geimpfte vorgesehen. Die Länder können sie zwar erlassen, müssen es aber nicht. Infektionsschutzgesetz: Linken-Gesundheitsexpertin kritisiert „eingebaute Fehlerstelle“

FR-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten       — Karl Lauterbach am 2. 11. 2016 als Pate des Freiherr vom Stein-Gymnasiums Leverkusen für den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“

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Kritik in der Krise

Erstellt von Redaktion am 24. August 2022

Werden die Rechten radikal, werden die Linken automatisch gemäßigt.

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Ein Schlagloch von Robert Misik

Das ist ein Problem für Demokratien, die nur noch von Rechts getrieben werden. Linke scheitern daran, eine akzentuierte Alternative zu präsentieren, oder kriegen sich über Frisuren in die Haare.

Der Systemkritiker hat die Eliten und ihre Herrscher-Netzwerke unter Generalverdacht, und er macht sich, von diesem Verdacht ausgehend, auf Entdeckungstour. Er recherchiert, stöbert in den unterdrückten Nachrichten, kommt unbekannten Verbindungen auf die Spur, verdeckten Geheimnissen, über die man in den Konzernmedien der herrschenden Mächte niemals lesen würde. Er sieht, wie das alles zusammenhängt, wie die Etablierten ihre Macht absichern, die normalen Menschen ausbeuten, er entschließt sich, ihre Machenschaften aufzudecken.

Der Systemkritiker ist erregt ob seiner Entdeckungen, fühlt sich aber auch erhaben, weil er ein Wissen hat, das die anderen nicht haben. Die Angepassten, die von der Macht gegängelt sind, die in einem raffinierten Kokon von Komplizenschaft gefangen sind, der die Unterdrückten noch zu Kumpanen ihrer eigenen Unterdrückung macht. Ein bisschen ist der Systemkritiker wie ein Detektiv, der Puzzlesteine zusammenfügt, eine Art Hercule Poirot, insofern ist das Systemkritisieren auch eine äußerst lustvolle Tätigkeit. Dass die Täter unentdeckt bleiben, ist übrigens gänzlich ausgeschlossen, was ein glückliches Ende der Unternehmung von vorneherein garantiert. Die Täter werden immer entlarvt, und es sind nicht zu wenige, mal heißen sie Merkel, mal Scholz, mal Gates und immer Soros. Die aktiveren Gesellen unter den Systemkritikern gründen Anti-Mainstream-Medien, in denen all die Stimmen und Fakten ausgebreitet werden. Krise und Kritik sind eng miteinander verbunden, das wissen schon die Etymologen, die gerne auf den gemeinsamen Wortstamm der beiden Begriffe hinweisen, auf das griechische Krisis, was so viel wie „unterscheiden“, „trennen“ aber auch „zuspitzen“ heißen kann. Erstens, Kritik ist sowieso immer gut und wichtig. Zweitens: In der Krise ist die Kritik besonders notwendig. Denn drittens: Eine Krise wird nur überwunden werden, wenn kritikwürdige Umstände dem Säurebad der Subversion ausgesetzt werden. Kritik ist aber nicht nur die Antwort auf die Krise, sondern kann selbst in die Krise geraten: Die Krise der Kritik.

Die oben hingepinselten Strukturen der Verschwörungserzählung haben einige Elemente des kritischen Denkens gekapert: das Hinterfragen des Hergebrachten, des scheinbar Evidenten. Den aufklärerischen Gestus des detektivischen Enthüllens. Den gesunden Verdacht gegenüber der Macht. Distanziert betrachtet ist es erstaunlich, wie gut es gelingt, Motive des Aufklärerischen, des Emanzipatorischen in den Dienst der Verblendung, der Erzählung von Lügengeschichten und Propagandamärchen, ja, einfach in den Dienst des Fanatismus zu stellen. Die nagende Kritik der Vernunft und fanatische Verbohrtheit und Glaubenseifer sind gar nicht immer leicht zu unterscheiden. Nun kann man es wie jener frühere US-Höchstrichter halten, der über Pornos den legendären Satz sagte, was ein Porno sei, sei schwer zu definieren, aber wenn er einen sehe, dann erkenne er ihn. Was den Unterschied zwischen aufklärerischer Kritik und verschwörungstheoretischem Dauerressentiment anlangt, wird der Unterschied ähnlich leicht erkennbar sein wie der zwischen einem Arthouse-Film mit Sexeinsprengsel und Hardcore-Pornografie.

File:DIE LINKE Bundesparteitag 10. Mai 2014-2.jpg

Diese Bühne wurde schon verlassen.

Aber: Radikale Systemkritik ist nach Rechtsaußen gewandert, sie bedient sich dabei auch Rhetoriken, die früher ausschließlich von der radikalen Linken benützt wurden (wenngleich auch meist der blödesten Rhetoriken der radikalen Linken). Zugleich ist nicht ganz klar, wo berechtigte, aber schwerst versimpelte Kritik aufhört und die Verschwörungstheorie und das Lügenmärchen schon anfängt. Ist die linke Kritik am „Neoliberalismus“ und den „Masters of the Universe“, die sich allen Reichtum krallen und bei Treffen sinistrer Figuren in Mont Pèlerin verschworen haben, eine etwas unterschlaue Kritik realer Vorgänge – oder schon eher eine Conspiracy Theory?

Nun würde dumme rechtsradikale Anti-System-Kritik nicht notwendigerweise ein Problem darstellen, wenn die Linke einfach die schlauere Kritik hätte, die die herrschenden Verhältnisse unterminiert oder sukzessive zum Besseren verändert, oder einfach eine breite, intelligente Protestbewegung triggert. Irgend so etwas halt. Das Problem ist die Neigung zur relationalen Ordnung im politischen Diskursfeld. Klingt jetzt etwas deppert akademisch. Wie könnte man das einfacher beschreiben? Dass man die eigenen Positionen nicht immer nur quasi aus sich heraus entwickelt, sondern in Abgrenzung und im Konflikt zu Positionen, die andere haben. Was dann auch heißt: Wird der breite Strom der Rechten blöde und radikal, dann werden die Linken automatisch gemäßigt, halten die Vernünftigkeit hoch, bestehen darauf, dass einfache Wahrheiten meist einfache Dummheiten sind, dass man jedes Argument zehnmal durchdenken und alle Ambiguitäten beachten solle.

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben        —     Caricature de R. Fuzier sur le congrès international fasciste de Montreux. Outre les fascistes italiens en chemise noire, on reconnaît un franciste français et un nazi allemand (en réalité, le parti d‘Hitler n’était pas représenté au congrès).

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Die Logik der Erpressung

Erstellt von Redaktion am 24. August 2022

Plädoyer für ein ökologisches Grundgesetz

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Digitalstrategie -Regierung

Erstellt von Redaktion am 24. August 2022

Werte schöpfen Zweipunktnull

Für die Digitalstrategie ist federführend der FDP-Digitalminister Volker Wissing verantwortlich – und sieht Digitalisierung vor allem unter wirtschafts- und technologiepolitischen Gesichtspunkten.

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von      :       – in Technologie

Der überarbeitete Entwurf zur Digitalstrategie verspricht „einen umfassenden digitalen Aufbruch“ für Deutschland. Tatsächlich aber offenbart er, was die Bundesregierung zuallererst unter Digitalisierung versteht: Wirtschafts- und Technologiepolitik. Wir veröffentlichen den Entwurf.

Die Bundesregierung hat nachgelegt und ihren Entwurf für eine Digitalstrategie überarbeitet. Das neue Papier vom 18. August ist deutlich länger als eine Fassung von Anfang Juli – es hat nun mehr als 50 statt rund 30 Seiten – und wird dem Kabinett am 31. August auf seiner Regierungsklausur auf Schloss Meseberg vorgelegt. Wir veröffentlichen den Entwurf, der einen Streifzug durch die digitalpolitischen Prioritäten der Bundesregierung ermöglicht.

Die Ziele der Bundesregierung sind hochgesteckt: Mit ihrer Digitalstrategie will die Ampel-Koalition Deutschland „einen umfassenden digitalen Aufbruch“ bescheren. So hatte sie es bereits – neben vielem anderen in diesen Papier – auch schon wortwörtlich in ihrem Koalitionsvertrag formuliert. Die Strategie fasst „die politischen Schwerpunkte der Bundesregierung beim Querschnittsthema Digitalisierung“ nun zusammen. Gemeinsam bilden sie „den übergeordneten Rahmen für die Digitalpolitik bis 2025“.

Im Fokus stehen dabei drei Handlungsfelder, die mit „Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft“, „Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung“ und „Lernender, digitaler Staat“ überschrieben sind. Die jeweiligen Kapitel bieten einen Überblick über die zentralen digitalpolitischen Vorhaben, die die zuständigen Ministerien jeweils „in eigener Verantwortung“ umsetzen.

Die Lektüre offenbart viel Altbekanntes. So plant die Regierung unter anderem bis 2030 „die flächendeckende energie- und ressourceneffiziente Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus und dem neuesten Mobilfunkstandard“ – und zwar „überall dort, wo Menschen leben, arbeiten und unterwegs sind – auch in ländlichen Gebieten.“ Das entspricht weitgehend der bereits seit Wochen bekannten Gigabitstrategie von Digitalminister Volker Wissing. Auch die Elektronische Patientenakte und das E-Rezept harren seit Jahren der Umsetzung, sollen nun aber endlich den Sprung in unseren Alltag schaffen; ebenso soll der Online-Ausweis samt digitaler ID sicher auf dem Smartphone ankommen. Bereits diese Beispiele verdeutlichen, dass die Digitalpolitik der Bundesregierung vor allem wirtschafts- und technologiepolitische Maßnahmen vorsieht. Nicht ohne Grund trägt das Strategiepapier den Titel „Gemeinsam digitale Werte schöpfen“.

Zivilgesellschaft soll KI vertrauen

Diese Verengung zeigt sich geradezu exemplarisch in dem Abschnitt zur „Digitalen Zivilgesellschaft“, der als Tiger springt und als Bettvorleger landet. Die Regierung will Hassrede, Desinformation und digitaler Gewalt „entschieden begegnen“ – konkret unter anderem mit einem Gesetz gegen digitale Gewalt und der Stärkung des digitalen Ehrenamts. Im Papier erkennt sie zwar die „zentrale Rolle“ der Zivilgesellschaft „bei der Gestaltung der digitalen Gesellschaft“ an, offenbart aber ein verengtes Verständnis davon, was diese Zivilgesellschaft ist.

Ganz oben auf der Agenda steht das Leuchtturmprojekt „Civic Coding ‒ Innovationsnetz KI für das Gemeinwohl“. Die Initiative – Motto: „Mit Künstlicher Intelligenz die Welt besser machen“ – startete bereits im Mai vergangenen Jahres auf der re:publica 21. Sie soll „Infrastrukturen, Förderprogramme, Initiativen, Projekte und Communities“ zu einem „starken KI-Innovationsnetz für das Gemeinwohl“ zusammenführen. Darüber hinaus plant die Regierung, „die Verbrauchersouveränität im Umgang mit KI-Systemen“ zu stärken, „beispielsweise durch den Ausbau des Zentrums für vertrauenswürdige KI (ZVKI) für die Zivilgesellschaft“. Abseitig präsentiert sich auch das gewählte Anschauungsbeispiel über eine Werkstatt für Holzspielzeug und eine KI-gestützte App, die Behördendeutsch in einfache Sprache übersetzt.

KI-Vertrauen, Verbrauchersouveränität und Datenkompetenz spiegeln jedoch nur einen Teil dessen wider, was unter digitaler Zivilgesellschaft zu verstehen ist. Grundlegende soziale Themen wie Gerechtigkeit, Solidarität, Teilhabe und Zugang kommen in dem entsprechenden Kapitel nur am Rande vor. Dass die Bundesregierung diese Aspekte in den Hintergrund rückt, hängt offenbar mit ihrer Wahrnehmung der Zivilgesellschaft als eine Ansammlung von „Verbrauchern“ zusammen, die sich als solche in „Ideenwerkstätten“ und auf KI-gestützten „Innovationsplattformen“ miteinander vernetzen und informieren sollen.

Damit aber umgeht die Digitalstrategie entscheidende Fragen zu gesellschaftlicher und demokratischer Teilhabe: Wie ließe sich etwa eine dezentrale digitale Infrastruktur aufbauen, die jenseits mächtiger Tech-Konzerne das Empowerment und die Partizipation vieler Menschen ermöglicht und auf diese Weise das Gemeinwohl fördert? Und wie könnte die Bundesregierung digitale Diversität gezielt und vor allem verbindlich fördern? Vorschläge, wie dies gehen könnte, gibt es zur Genüge. Möglich wären etwa „verbindliche Diversitätsziele bei Hightech-Förderung und Forschungsmitteln für Technikfolgenabschätzung für die Gesellschaft“. Gerade in der gezielten, selbstverpflichteten Einbindung und damit unmittelbaren Stärkung der Zivilgesellschaft läge daher eine große Chance, die die Bundesregierung jedoch vorbeiziehen lässt.

Gaia-X: Erloschenes Leuchtturmprojekt

Mindestens ebenso ideenlos erscheint ein anderer Aspekt der Digitalstrategie: Gleich mehrfach greift das Papier ein anderes Leuchtturmprojekt auf, dessen Signalkraft längst erloschen schien: Gaia-X.

Dabei handelt es sich um ein europäisches Dateninfrastruktur-Großprojekt, das das Ziel der „digitalen Souveränität“ verfolgt. Das Vorhaben wurde Ende 2019 gemeinsam vom deutschen und französischen Wirtschaftsministerium vorgestellt. Seit Februar 2021 trägt es eine internationale Non-Profit-Organisation mit Sitz in Brüssel. Laut Website gehören ihr inzwischen über 350 Mitglieder an, unter ihnen Microsoft, Alibaba, Amazon, Google und Palantir sowie zahlreiche mittelständische Unternehmen aus ganz Europa.

Allerdings kam das Vorhaben nicht recht vom Fleck. Zuletzt wurde Gaia-X dafür kritisiert, dass amerikanische und chinesische Techkonzerne die Entscheidungen des Gaia-X-Verwaltungsrates zu stark beeinflussen, obwohl das Projekt gerade die Unabhängigkeit zu ihnen herstellen soll. Nun heißt es in der Digitalstrategie, dass „mit Gaia-X ein sektorübergreifend nutzbares, europäisches, offenes, innovatives Ökosystem für datengetriebene Geschäftsmodelle und Produkte enstehen“ soll. Verstanden wird das als Dateninfrastruktur, die „Cloud- und Edge-Angebote über Open-Source-Anwendungen“ miteinander verbindet.

Wie das im Detail aussehen soll, wird weder auf der Projekt-Website noch im Strategiepapier deutlich. Aufschlussreich ist, dass die Ampel-Koalition in dem Strategiepapier erklärt, „den technologischen und wirtschaftlichen Nutzen von Gaia-X“ bis 2025 erst noch illustrieren zu wollen – beispielsweise durch eine stärkere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft, um der Forschung einen besseren Zugang zu Daten aus der Wirtschaft zu verschaffen. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass die Wirtschaft einen besseren Zugang zu Forschungsdaten erhält.

Verwaltungsdigitalisierung als nachholende Daueraufgabe

Geradezu bescheiden lesen sich die Ziele hinsichtlich der Digitalisierung des Staates – obwohl die Regierung hier ein prall gefülltes Pflichtenheft hat. Oder aber die Ziele sind in diesem Strategieabschnitt einfach nur realistisch formuliert. So sollen nur bestimmte Prioritäten aus dem Onlinezugangsgesetz (OZG) bis 2025 flächendeckend umgesetzt sein, unter anderem ein weiter ausgebautes Verwaltungsportal des Bundes. Eigentlich wäre der Stichtag für die OZG-Umsetzung schon Ende 2022 gewesen. Da absehbar war, dass dieser Zeitplan nicht eingehalten werden kann, priorisierte der IT-Planungsrat bereits im Mai 35 Leistungen, die in diesem Jahr entwickelt und umgesetzt werden sollen.

Bürger:innen werden sich also gedulden müssen, bis sie wirklich alle Behördengänge einfach und per Mausklick erledigen können – schon allein, weil die Ampelkoalition zunächst das Registermodernisierungsgesetz „verfassungsfest“ reformieren will. Erst danach werden sich beispielsweise Nachweise nach dem „Once-Only-Prinzip“ nur einmal einreichen und umgekehrt von den Ämtern datensparsam abrufen lassen. Generell soll die Verwaltungsdigitalisierung zur „Daueraufgabe“ werden und schließlich in ein OZG 2.0 münden.

Mehr Offenheit verspricht ein nationaler Bekanntmachungsservice, wo sich öffentliche Auftragsvergaben frei abrufen lassen sollen. Zudem will die Ampel einen Rechtsanspruch auf Open Data einführen und damit ein Versäumnis der Vorgängerregierung gutmachen – was wohl auf eine erneute Novelle des Open-Data-Gesetzes hinausläuft. Letztlich sollen deutlich mehr Verwaltungs- und Forschungsdaten der Allgemeinheit zur Verfügung stehen und sich auch sinnvoll – also maschinenlesbar – nutzen lassen.

Anders als im Koalitionsvertrag spielt transparentere Gesetzgebung keine besondere Rolle im Digitalstrategieentwurf. Zum Amtsantritt war noch die Rede davon, ein digitales Gesetzgebungsportal mit öffentlichen Kommentierungsmöglichkeiten zu schaffen. Zudem sollte sich dort einsehen lassen, in welcher Phase sich die Vorhaben befinden. Im Entwurf der Strategie findet sich nur mehr ein Portal, wo Gesetze und Rechtsverordnungen digital zur Verfügung stehen sollen. Auch ein gestärktes und digitalisiertes Petitionsverfahren findet sich nicht im Papier.

Justiz und Polizei ohne Medienbrüche

Digitalisieren will die Bundesregierung auch die Justiz. So formuliert die Strategie unter anderem das Ziel, dass ein Kläger nie wieder ein Gerichtsgebäude betreten müsse, um eine Klage durchzuführen. Doch die Ziele der Bundesregierung bis 2025 sind nicht allzu ehrgeizig: In drei Jahren soll eine gesetzliche Regelung für digitale Zivilverfahren bestehen, mit der Programmierung einer Software für Justizdienstleistungen begonnen oder das bundeseinheitliche Videoportal der Justiz genutzt werden können. Das ist noch weit entfernt von den formulierten digitalen Träumen, aber immerhin ein Anfang.

Auch bei der Polizei soll digitalisiert werden, hier stellt die Bundesregierung die Harmonisierung der IT und die ortsunabhängige und mobile Nutzung dieser in den Vordergrund. Gleichzeitig sollen „polizeiliche IT-Angebote“ nur einmal entwickelt werden – und dann den „Bedarfsträgern“ zur Verfügung gestellt werden. Eine gute Idee, wenn man die IT harmonisieren will.

Bis 2025 soll allerdings erst einmal ein gemeinsames Datenhaus für die polizeiliche Sachbearbeitung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus soll bis dahin „ein medienbruchfreier Austausch von Daten zwischen Polizei in Bund und Ländern und der Justiz möglich“ sein – heißt konkret: Ein Austausch, der zum Beispiel nahtlos digital erfolgt und nicht eine Mischung aus Fax, Mail und Briefen.

Schwachstellen mit Widersprüchen

Weiter geht’s kurz mit etwas Erfreulichem: Um die IT-Sicherheit zu stärken, möchte die Bundesregierung ein Recht auf Verschlüsselung einführen. Zusätzlich soll der Staat verpflichtet werden, „echte verschlüsselte Kommunikation“ anzubieten.

Für Sicherheitslücken will der Staat ein Schwachstellenmanagement einführen „mit dem Ziel, Sicherheitslücken zu schließen“. Im Koalitionsvertrag hieß es, dass alle staatlichen Stellen dazu verpflichtet werden sollen, ihnen bekannte Sicherheitslücken beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu melden. Diese explizite Verpflichtung taucht in der Digitalstrategie nicht auf.

An anderer Stelle des Papiers wird es bestimmter: Denn Hersteller von unsicherer Software sollen künftig stärker in die Pflicht genommen werden. Sie sollen für all jene Schäden haften, die in ihren Produkten fahrlässig durch IT-Sicherheitslücken verursacht werden.

Dabei zeigt sich die Ampel-Koalition selbst besorgt, dass sie ausgespäht werden könnte: „Nicht-vertrauenswürdige Unternehmen“ sollen laut Digitalstrategie am Ausbau kritischer Infrastruktur nicht mehr beteiligt werden. Das könnte etwa den chinesischen Konzern Huawei betreffen. Das Unternehmen liefert Hardware für den Mobilfunkausbau in Deutschland. In den letzten Jahren gab es immer wieder eine Diskussion darüber, die Verwendung dieser Bauteile zu verbieten.

Apropos BSI: Laut Digitalstrategie soll das BSI zur „Zentralstelle im Bereich der IT-Sicherheit“ ausgebaut und „unabhängiger“ aufgestellt werden. Ob es damit in Zukunft auch nicht mehr dem BMI unterstellt sein wird, lässt die Strategie offen. Die FDP hatte im Wahlkampf noch verkündet, BMI und BSI voneinander zu trennen. Ebendies forderte auch der Chaos Computer Club.

Ausgebremster Aufbruch

Angesichts der wirtschaftspolitischen Fokussierung des Strategiepapiers ist es mehr als fraglich, ob der Bundesregierung mit ihrem Entwurf zur Digitalstrategie ein „umfassender digitaler Aufbruch“ gelingt. Denn die Digitalstrategie zeigt auch in Version 2.0, was die Bundesregierung zuallererst unter Digitalisierung versteht: Wirtschafts- und Technologiepolitik.

Die Hoffnung, dass die Ampel-Koalition beim Schwerpunktthema Digitalisierung auch digitale Grundrechte priorisieren und stärken würde, kann das vorliegende Papier noch nicht erfüllen. Bis zur Kabinettsklausur ist noch eine Woche Zeit.

Entwurf – Stand 18.08.2022

Digitalstrategie – Gemeinsam digitale Werte schöpfen

– Entwurf –

Inhalt
1. Kurzübersicht
2. Ausgangslage
3. Zielbild und Projekte mit Hebelwirkung
4. Handlungsfelder
4.1. Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft
Digitale Infrastrukturen
Bildung in allen Lebensphasen
Gesundheit und Pflege
Mobilität
Bau, Smart Cities und Smart Regions
Digitale Zivilgesellschaft
Kultur und Medien
Teilhabe, Gleichstellung und digitale Barrierefreiheit
4.2. Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung
Datenökonomie
Wissenschaft und Forschung
Standortentwicklung
Schlüsseltechnologien für die digitale Souveränität Deutschlands und Europas
Qualifizierung und Fachkräftesicherung
Neue Arbeitswelt
Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen
Nachhaltige Landwirtschaft und Resilienz in ländlichen Räumen
4.3. Lernender, digitaler Staat
Digitale Verwaltung
Open-Data und Datenkompetenz in der öffentlichen Verwaltung
Digitale Justiz
Digitale Polizei
Digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung
Cybersicherheit
Verteidigung
Internationales
5. Umsetzung

1. Kurzübersicht

Die vorliegende Strategie führt die politischen Schwerpunkte der Bundesregierung beim Querschnittsthema Digitalisierung unter einem Dach zusammen und bildet den übergeordneten Rahmen für die Digitalpolitik bis 2025.

Ausgehend von einer kurzen Beschreibung der Ausgangslage formuliert sie das Zielbild für den digitalen Fortschritt in der laufenden Dekade – gegliedert in die Handlungsfelder „Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft“, „Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung“ und „Lernender, digitaler Staat“. Um dieses Zielbild zu erreichen, sollen Projekte in den Bereichen moderne, leistungsfähige und nachhaltige Netze und Verfügbarkeit von Daten und Datenwerkzeugen, internationale einheitliche technische Normen und Standards sowie sichere und nutzerfreundliche digitale Identitäten und moderne Register priorisiert werden, da von ihrer Umsetzung die größte Hebelwirkung zu erwarten ist. Darüber hinaus haben die strategischen Themen Digitale Souveränität, Schlüsseltechnologien, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Desinformation und Plattformregulierung besondere Priorität..

Darauf aufbauend gibt die Strategie einen Überblick über die wesentlichen digitalpolitischen Vorhaben, die jedes Ressort in eigener Verantwortung umsetzt. Dabei werden 18 Leuchtturmprojekte durch kurze Geschichten ergänzt, die veranschaulichen, wie Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Staat das Leben der Bürgerinnen und Bürger mit Hilfe der Digitalisierung konkret verbessern.

Jeder Abschnitt endet mit einer Auflistung der Ergebnisse, die bis 2025 erreicht werden sollen. Besonders wichtige Punkte sind:

  • die Versorgung von mindestens der Hälfte der Haushalte und Unternehmen mit Glasfaseranschlüssen sowie im Mobilfunk bis möglichst 2026 flächendeckende Verfügbarkeit unterbrechungsfreier drahtloser Sprach- und Datendienste für alle Endnutzerinnen und Endnutzer;
  • der Aufbau eines interoperablen Bildungs-Ökosystems, das einen chancengleichen und barrierefreien Zugang zu digitaler Bildung eröffnet und von den Menschen in allen Lebensphasen aktiv genutzt wird;
  • die Nutzung der elektronische Patientenakte durch mindestens 80% der gesetzlich Krankenversicherten und die Etablierung des E-Rezepts als Standard in der Arzneimittelversorgung als Grundlage für bessere, digital gestützte Gesundheitsversorgung;
  • ein moderner Rechtsrahmen für die erfolgreiche Entwicklung der Datenökonomie und die verbesserte Nutzung von Daten durch vernetzte Datenräume in Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft;
  • die Stärkung der Fachkräftebasis für die Digitalisierung und mehr Diversität in der Digitalbranche;
  • die umfassende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, damit sich Behördengeschäfte auch mit Hilfe staatlicher digitaler IDs – ortsunabhängig und effizient elektronisch erledigen lassen;
  • ein transparenter und demokratischer Multistakeholder-Ansatz in der europäischen und internationalen Zusammenarbeit für verlässliche Rahmenbedingungen auf allen Ebenen der digitalen Welt, für die technische Einheit des Internets und für eine globale digitale Ordnung auf Basis der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie des Schutzes der Privatsphäre.

2. Ausgangslage

Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch. Als Europas industrieller Motor und eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt, aber auch als Soziale Marktwirtschaft mit dem Anspruch auf Teilhabegerechtigkeit, betrachten wir die Digitalisierung als entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Daher wollen wir hier an der Spitze der internationalen Entwicklung Taktgeber für Innovation und Wachstum durch Digitalisierung sein. Bislang sind wir im europäischen Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI, Bericht 2022) aber insgesamt nur auf Platz 13 von 27 EU-Mitgliedstaaten. Während wir dabei bei der digitalen Infrastruktur („Konnektivität“, Platz 4) deutlich über dem EU-Durchschnitt liegen, liegen wir in den Dimensionen Kompetenzen und Fachkräfte („Humankapital“, Platz 16), der digitalen Durchdringung von Unternehmen („Integration der Datentechnik“, Platz 16) und bei den Digitalen öffentlichen Diensten (Platz 18) unter dem EU-Durchschnitt. Das kann und darf uns nicht genügen, wenn wir im internationalen Wettbewerb auch künftig in der ersten Liga spielen wollen. Mit dieser Digitalstrategie und der Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen wollen wir unter die TOP 10 im DESI vorstoßen.

Mit der Verstärkung der digitalpolitischen Anstrengungen steht Deutschland im Einklang mit dem Europäischen Aufbruch in die „digitale Dekade“ und den damit verbundenen ambitionierten Zielen bis 2030: mindestens 80 Prozent der Bevölkerung, so schlägt es der „Digitale Kompass“ vor, sollen bis dahin über digitale Grundkenntnisse verfügen, die Zahl der IT-Experten soll auf 20 Millionen in der EU steigen. Auch die digitale Durchdringung der Unternehmen soll nachweisbar steigen: 75 Prozent der Unternehmen sollen mit Clouds, KI oder Big Data-Anwendungen arbeiten, 90 Prozent der Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sollen mindestens ein Basisniveau an digitaler Ausstattung vorweisen können und die Zahl der Unicorns (Start-ups mit einem Wert von über 1 Mrd. EUR) soll sich verdoppeln. Im Bereich der Infrastruktur beschränkt sich die EU nicht nur auf Gigabit für alle Haushalte, sondern will 20 Prozent der Produktion von Avantgarde-Halbleiter in Europa realisieren, 10.000 klimaneutrale „edge nodes“ und bis 2025 den ersten quantenbeschleunigten Computer in der EU vorweisen können. Alle Wesentlichen Verwaltungsakte sollen für die Bürgerinnen und Bürger digital zugänglich sein, dafür benötigen diese auch zu 100% einen entsprechenden Internetzugang sowie sichere Identifikationsnummern und -wege.

Hinter diesen Zahlen steht das Interesse aller Mitgliedstaaten, das Potenzial der Digitalisierung stärker zu nutzen, um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu verbessern, Gemeinwohl zu fördern und die Leistungsfähigkeit von Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Staat zu erhöhen. Insbesondere gilt es, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Forschung Raum zur Entfaltung und zur Verwirklichung von neuen Ideen und technologischen und sozialen Innovationen zu eröffnen. Dies kann nur gelingen, wenn die Menschen in digitale Angebote vertrauen. Hierzu müssen wir die Digitale Souveränität jedes und jeder Einzelnen stärken und in allen Bereichen zu mehr Gestaltungsfähigkeit im Digitalen, aber auch zu mehr Kontrollfähigkeit und Sicherheit für schützenswerte Daten und Prozesse gelangen. Zugleich ist es erforderlich, die Digitalisierung so zu gestalten, dass alle Menschen von ihr profitieren können – unabhängig von Alter, Geschlecht, körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, sozialer und ethnischer Herkunft. Weiterhin stellt sich die Frage nach einer sozial, wirtschaftlich und insbesondere ökologisch nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung. Hierfür sind die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG) Richtschnur der Politik der Bundesregierung und auch der Digitalstrategie. Konkret bedeutet das, Digitalisierung als Treiber ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit zu nutzen, ohne deren gegenteilige Wirkung zu verkennen.

Die umfassende Digitalisierung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eröffnet auch Angriffsflächen für Ausspähung, Einflussnahme und Disruption z. B. durch gegnerische Staaten und Cyber-Kriminelle. Die mit dem Ukraine-Krieg verbundene „Zeitenwende“ ist ein Weckruf, neben der Befähigung zur Abwehr von Gefahren aus dem Cyber-Raum, auch die Schaffung von Resilienz und die Befähigung zur Schadensbegrenzung mitzudenken. Digitalisierung ist ein Querschnittsthema: Die damit verbundenen großen Ziele werden wir nur gemeinsam erreichen. In diesem Sinne ist die Digitalstrategie als Dachstrategie zu verstehen, die den übergeordneten Rahmen der Digitalpolitik in Deutschland vorgibt. Sie dient allen Ressorts als Kursbuch für die jeweiligen fachspezifischen Strategien und Maßnahmen. Die hier festgelegten Schritte sind in erster Linie eine Verpflichtung für die Bundesregierung. Für das im Koalitionsvertrag vorgesehene Digitalbudget zur Umsetzung zentraler Vorhaben der Digitalstrategie wird vom Bundesministerium der Finanzen (BMF), dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in enger Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt (BKAmt) ein Konzept erarbeitet.

Mit dieser Strategie wollen wir die Rahmenbedingungen verbessern und dazu beitragen, dass der digitale Wandel im Sinne einer nachhaltigen, vielfältigen, inklusiven und demokratischen Gesellschaft geschlechtergerecht und diskriminierungsfrei gestaltet werden kann und insbesondere Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft die Chancen der Digitalisierung und die Gestaltungsmöglichkeiten des digitalen Wandels im Sinne der Menschen nutzen können. Der Staat wird hierbei im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen und seine Anstrengungen darauf richten, Vorbild für die notwendige digitale Transformation zu sein.

3. Zielbild und Projekte mit Hebelwirkung

Um aufzuzeigen, wie wir Deutschland in dieser Legislatur und darüber hinaus mit Blick auf die digitale Transformation voranbringen wollen, beschreibt die Strategie für das laufende Jahrzehnt das Zielbild anhand von drei übergreifenden Handlungsfeldern.

Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft

Deutschland ist bei der Gestaltung der digitalen Gesellschaft deutlich vorangekommen, hat die Potenziale der Digitalisierung für eine offene und integrative Gesellschaft genutzt und nimmt im DESI Ranking einen Platz unter den Top 10 ein. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt der Digitalisierung.

Ende 2025 ist die Hälfte aller Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser versorgt. Im Mobilfunk werden bis möglichst 2026 unterbrechungsfreie drahtlose Sprach- und Datendienste für alle Endnutzerinnen und Endnutzer flächendeckend erreicht. Der Glasfaser- und Mobilfunkausbau geht weiter zügig voran und schafft damit eine leistungsfähige, nachhaltige und sichere Basis für die gesamte digitale Entwicklung in Deutschland. 2030 werden wir eine flächendeckende energie- und ressourceneffiziente Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus haben. Der neuste Mobilfunkstandard wird 2030 überall dort verfügbar sein, wo Menschen leben, arbeiten und unterwegs sind.

Alle Bildungseinrichtungen wie Kindertageseinrichtungen, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen für berufliche Bildung und Weiterqualifizierung, aber auch non-formale und informelle Bildungsorte machen sich stärker das Potential der Digitalisierung für bessere Bildung und mehr Chancengerechtigkeit zunutze. Sie sind an schnelle Netze angeschlossen, verbessern wirksam die Digitalkompetenz von Lehrenden wie Lernenden in allen Lebensphasen, setzen innovative digitale Werkzeuge ein und sorgen für das grundlegende Verständnis der Potenziale und Chancen als auch für die nötige Sensibilität gegenüber Risiken.

Mit inklusiven digitalen Räumen tragen wir zum demokratischen und gleichberechtigten Zusammenleben bei. Ein abwägendes Chancen- und Risikomanagement und die Berücksichtigung vulnerabler Gruppen kann die Akzeptanz von Geschäftsmodellen von Plattformbetreibern bei Nutzerinnen und Nutzern sichern und zu ihren nachhaltigen Erfolg beitragen.

Die Verbesserungen und Innovationen in der beruflichen (Weiter-)Bildung wie beispielsweise die digitalen Beratungsangebote sowie Bildungs- und Weiterbildungsplattformen ermöglichen es den Menschen, individuelle Beschäftigungschancen zu nutzen und sich auch in einer Arbeitswelt im Wandel neue Perspektiven zu erschließen.

Vielfältige, transparente und inklusive Angebote für das lebenslange Lernen schaffen die Grundlage für Teilhabe und Resilienz aller Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Alter, Geschlecht, Fähigkeiten, sozialer und ethnischer Herkunft. Die Potenziale der Digitalisierung für barrierefreie Zugänge zu Informationen und Kommunikation ermöglichen ein selbstbestimmteres Leben in der Stadt und auf dem Land. Digitale Instrumente werden genutzt, um Barrieren und dadurch Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen abzubauen, Exklusionsrisiken wird aktiv entgegengewirkt. Die digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen wird in allen Lebensbereichen mitgedacht und umgesetzt. Dadurch werden Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gewährleistet. Geschlechtergerechtigkeit ist bei allen Angeboten realisiert.

Im Gesundheitswesen und in der Pflege ist eine flächendeckende digitale Datenverfügbarkeit realisiert, die zu einer besseren und effizienteren Versorgung sowie einer engeren Vernetzung mit der Forschung beiträgt. So wird die Abstimmung zwischen Ärztinnen und Ärzten, Pflegenden und weiteren Gesundheitsfachberufen erleichtert, weil es ihnen möglich ist, stets auf die aktuellen Gesundheitsinformationen zuzugreifen. Dabei ist der Schutz sensibler, persönlicher Gesundheitsdaten vollständig gewährleistet. Die Gesundheitsforschung wird gestärkt und Forschungsergebnisse kommen innovativen Therapien und Medikamenten zugute mit besseren Perspektiven für alle Patientinnen und Patienten. Dazu zählen auch Maßnahmen zur Stärkung der Patientensouveränität. Digitale Lösungen ermöglichen insbesondere der wachsenden Gruppe älterer Menschen ein längeres, selbstbestimmtes Leben und einen Verbleib in der Häuslichkeit bzw. im vertrauten Umfeld.

Mit den breiten Einsatzmöglichkeiten der Digitalisierung sind neuartige und moderne Lösungen und Ansätze zur Bewältigung der Herausforderungen in ländlichen Räumen entstanden. Digitale Anwendungen leisten hier einen wichtigen Beitrag – insbesondere bei der Verbesserung der Daseinsvorsorge. Die Digitalisierung in den Bereichen Bildung, Kinder- und Jugendhilfe, Arbeit, Gesundheit, Pflege, Mobilität, Nahversorgung, bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt führt zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in urbanen und ländlichen Räumen und trägt somit zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse bei.

Im Mobilitätsbereich ermöglichen digitale Plattformen intermodale Angebote, in denen sich für jeden Bedarf eine passende und kostengünstige Lösung findet – auch bei internationalen Reisen. Deutschland ist Innovationsstandort für automatisiertes, autonomes und vernetztes Fahren und soll dies auch in anderen Bereichen der Digitalisierung im Verkehr sein. Entsprechend ausgestattete Fahrzeuge entlasten Fahrerinnen und Fahrer von Routineaufgaben und verbessern den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit oder machen Mobilität erst möglich. Bahn und Bahnhöfe nutzen KI zur besseren Strecken- und Gleisplanung, in allen Zügen können Passagiere auf stabiles, kostenloses WLAN zurückgreifen. Auch Informationen zu Fahrradstraßen und -unterstellmöglichkeiten wie zu anderen Fortbewegungsmitteln sind digital erhältlich. So kann Mobilität komfortabler, sicherer, effizienter, inklusiver und nachhaltiger werden.

Building Information Modeling (BIM) sowie digitale Zwillinge finden im Bauwesen immer stärkere Verbreitung und sorgen für mehr Effizienz bei Planung, Bau und Bewirtschaftung von Bauwerken. Der Bund ist hier Vorreiter und nutzt BIM für den Verkehrsinfrastrukturbau ebenso wie für den Hochbau. Angeregt durch Smart Cities und Smart Regions-Modellprojekte erkennen und nutzen Kommunen in ganz Deutschland zunehmend die Potenziale der Digitalisierung für eine nachhaltige, zukunftsgerechte und barrierefreie Stadt- und Raumentwicklung und für gleichwertige Lebensverhältnisse in ländlichen und urbanen Räumen.

Die Chancen der Digitalisierung werden intelligent genutzt für gleichberechtigten Zugang sowie nutzungsfreundliche und sichere digitale Angebote und Dienste. Risiken für Freiheitsrechte, Persönlichkeitsrechte, Selbstbestimmung, Schutz personenbezogener Daten, Privatsphäre und Gesundheit werden frühzeitig erkannt und ihnen wird wirksam und angemessen entgegengewirkt. Grundrechte werden auch im digitalen Raum konsequent geschützt. Digitale Angebote, Dienste und Technik werden von vornherein konsequent so gestaltet, dass diese barrierefrei, nutzer- und datenschutzfreundlich sowie sicher by design sind und dadurch für die Menschen domänen-übergreifend ein souveräner Umgang mit ihren eigenen Daten auf Grundlage eines starken und modernen Datenschutzes gewährleistet wird.

Im digitalen Raum ist für einen besseren Schutz sowohl unserer Bürgerinnen und Bürger, als auch unserer Demokratie, Bürgerrechte und Freiheiten gesorgt. Wir begegnen einerseits der Verbreitung illegaler und strafbarer Inhalte im Netz konsequent und nutzen z.B. das Potenzial von KI im Kampf gegen Desinformationskampagnen. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass die Meinungsfreiheit auch online Bestand hat und Überwachungsrisiken systematisch minimiert werden, etwa mit einem Recht auf Verschlüsselung, oder einem Verbot von Social-Scoring-Systemen. Es gibt mehr geschützte, öffentlich-rechtliche, virtuelle Räume, in denen sich Kinder und Jugendliche, Mädchen und Frauen und vulnerable Gruppen jenseits von Geschlechterstereotypen und in ihrer Vielfalt austauschen und positionieren können.

Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung

Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht im Fokus der Digitalpolitik, da die Rahmenbedingungen stimmen: Unternehmensgründungen sind schnell, einfach und ortsunabhängig digital möglich. Wagniskapital steht, für Frauen und Männer gleichermaßen, ausreichend und impulsgebend zur Verfügung. Deep-Tech Ausgründungen aus Wissenschaft und Forschung führen zu aussichtsreichen Unicorns. Durch signifikante Verbesserungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung und stärkere Teilhabe der Arbeitnehmer am Erfolg ihres Unternehmens wird der Standort für Start-ups gestärkt. Die Wirtschaft ist mit Hilfe der Digitalisierung erfolgreich gewachsen und stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Digitale Technologien machen die Umwelttechnik effizienter und zukunftsfähig. Sie unterstützen den Umbau der Energieversorgung und die Entwicklung hin zu einer zukunftssicheren und nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft und einer Kreislaufwirtschaft zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Sie stärken regionale Wertschöpfungsketten ebenso wie eine klima- und umweltverträglichere Mobilität. Zugleich wird auch die Digitalisierung selbst mit energieeffizienten, ressourcenschonenden und innovativen Technologien (Clean & Green Tech) und dem Schließen von Stoffkreisläufen nachhaltig und klimaverträglich gestaltet. Dabei wird auch eine ganzheitliche Betrachtungsweise von digitalen Technologien vorgenommen, um etwaig entstehende soziale und ökologische Rebound-Effekte zu verhindern. Bei dieser Entwicklung unterstützt auch ein Fokus auf digitale und soziale Unternehmensverantwortung. Corporate Digital and Social Responsibility ist eine prägende Leitlinie der Digitalwirtschaft im internationalen Vergleich.

Der Transfer von Wissenschaft und Forschung in die Praxis ist sprunghaft angestiegen. Forschung forciert die Digitalisierung in verschiedener Weise – digitale Methoden und Anwendungen ermöglichen neue wissenschaftliche Ansätze und bahnbrechende Erkenntnisse; Forschung stellt Daten zur Verfügung und treibt gleichzeitig die Entwicklung digitaler Lösungen und datenbasierter Geschäftsmodelle in allen Handlungsfeldern voran. Forschung begleitet auch den Digitalisierungsprozess selbst und ermöglicht so unter anderem evidenzbasierte Regulierung.

Daten werden in großem Umfang von der und auch für die Forschung verfügbar gemacht, um ihr Innovationspotenzial zu heben. Dafür entsteht ein wissenschafts- und innovationsfreundliches Datenökosystem. Der Zugang zu Daten und Diensten über offene und einheitliche Schnittstellen ist deutlich erweitert und verbessert. Die Interoperabilität von Daten, insbesondere Mess- und Forschungsdaten, wird basierend auf internationalen Standards sichergestellt. Damit ist eine wichtige Grundlage gelegt für die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle, für Wertschöpfung durch digitale und soziale Innovation durch zivilgesellschaftliche Akteure, Start-ups, Mittelstand und Industrie.

Auch in Wissenschaft und Forschung hat sich die Nutzbarkeit von Daten signifikant verbessert. Exzellente Hochschul- und Forschungseinrichtungen gewinnen neue Erkenntnisse aus der intelligenten Analyse von Daten. Sie sind mit ihren Datenangeboten wichtige Partner von öffentlicher Verwaltung und Unternehmen. Sie treiben die innovative Entwicklung, auch durch erfolgreichen Transfer und Ausgründungen.

Künstliche Intelligenz (KI) und Robotik werden in Deutschland und Europa technologieoffen und innovationsfreundlich erforscht und weiterentwickelt. Wir haben eingeführte Prozesse, um ihre Chancen für Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Gesellschaft und Nachhaltigkeit immer wieder von Neuem auszuschöpfen, die Risiken für Individuum und Gesellschaft neu zu verstehen und sie beherrschbar zu machen.

Beim Internet of Things (IoT), und Schlüsseltechnologien wie KI, automatisierten und autonomen Systemen, Robotik, Quantencomputing, Mikroelektronik, 5G/6G und Cybersicherheit ist die deutsche Wissenschaft Teil der globalen Spitzengruppe. Der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wurde deutlich gestärkt. Wir konzentrieren uns dabei sowohl auf Schlüsseltechnologien, als auch auf die Entwicklung des jeweiligen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Ökosystems und auf den Transfer der Ergebnisse in Anwendungen und Dienstleistungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Staat. Wir setzen dabei auf einen menschen-zentrierten Ansatz.

Der digitale Wandel der Arbeitswelt wird mit Sicherheit und Respekt für alle gestaltet. Eine verantwortungsvolle, und diskriminierungsfreie Nutzung von Daten und digitalen Technologien bildet dabei die Handlungsgrundlage. Mit modernen Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz sind die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen geschützt und Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte geschaffen. Damit können die Potenziale neuer Technologien bestmöglich genutzt werden.

Mit zahlreichen Maßnahmen haben wir die Fachkräftebasis in der Digitalbranche deutlich gestärkt, obgleich die Herausforderungen der Fachkräftesicherung in den IT-Berufen über alle Branchen hinweg groß bleibt. Deutschlands Digitalunternehmen sind auch im internationalen Wettbewerb attraktive Arbeitgeber für High Potentials. Die Digitalbranche ist diverser geworden. Frauen sind gleichberechtigt in ihr vertreten. Insbesondere eine exzellente Hochschul- und berufliche Bildung und ein transparentes digitales Weiterbildungsangebot machen es Staat und Unternehmen leichter, Qualifizierungsbedarfe ihrer Beschäftigten zu decken und qualifizierte Fachkräfte zu finden, die dank flächendeckend verfügbarer, hochleistungsfähiger digitaler Infrastruktur ortsunabhängig arbeiten können. Daneben erlauben geänderte Einreise- und Aufenthaltsbedingungen die leichtere Zuwanderung ausländischer IT-Fachkräfte.

Auf europäischer Ebene sorgen klare und verlässliche Rahmenbedingungen auf allen Ebenen der digitalen Welt (Netze, Dienste, Daten und Anwendungen), einschließlich KI und Plattformen für ein nutzer- und wettbewerbsfreundliches Umfeld, das Wachstum und Innovation für eine starke Wirtschaft, hohe Verbraucherschutz- und Umweltstandards gewährleistet, digitale Teilhabe sichert und die digitale Souveränität Europas schafft. Im internationalen Wettbewerb kann Europa auch deshalb bestehen, weil das europäische Wettbewerbsrecht kontinuierlich fit für das digitale Zeitalter gemacht wird und europäischen Unternehmen faire Rahmenbedingungen und Wettbewerbschancen ohne neue Marktbarrieren oder digitalen Protektionismus ermöglicht werden.

Lernender, digitaler Staat

Verwaltung wird konsequent aus der Nutzerinnen- und Nutzerperspektive gedacht und gewährleistet die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen durch ein digitales, barrierefreies Angebot: Dies gilt von der Beratung über die Beantragung bis zur Bekanntgabe des Bescheides. Mit der Einführung der digitalen Identität und der Umsetzung des „Once-Only-Prinzips“ (auch im europäischen Kontext) sind wesentliche Meilensteine dafür erreicht. So können Bürgerinnen und Bürger ebenso wie juristische Personen und rechtsfähige Vereinigungen ihre Behördengeschäfte ortsunabhängig und effizient elektronisch erledigen. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) wird weiterentwickelt. Durch den Aufbau von Wissen, Fachkräften und Kapazität sowie den prioritären Einsatz von Open Source Software und die verbindliche Nutzung von offenen Standards soll die digitale Souveränität auch auf der Seite der Verwaltung stärker in den Fokus genommen werden. Wichtig für die Digitalisierung der Verwaltung war und ist es, kontinuierlich rechtssichere und klare Rahmenbedingungen für die Nutzung digitaler Anwendungen festzulegen.

Grundlage für die Digitalisierung ist ein digital- und praxistaugliches Recht. Die Digitalisierungsperspektive wird von Anfang an mitgedacht. Mit einem Digitalcheck wird sichergestellt, dass Gesetzentwürfe aus Prozesssicht digitaltauglich erstellt werden. Schriftformerfordernisse stehen der Digitalisierung nicht mehr entgegen. Digital gestützte Verfahren sorgen für effiziente und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsprozesse und haben die Modernisierung der Infrastruktur deutlich vorangebracht.

Die Verwaltung selbst ist digitaler geworden. Im lernenden, digitalen Staat nutzt sie souverän digitale Plattformen und vielfältige digitale Werkzeuge inklusive KI, wertet ihre Daten selbst besser aus und nutzt die gewonnen Erkenntnisse für Entscheidungen und deren evidenzbasierte Vorbereitung. Sie stärkt die digitalen Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden langfristig und entlastet sie.

Auch als Bundesregierung wollen wir modern und digital zusammenarbeiten. Wir werden eine moderne Führungs- und Verwaltungskultur vorantreiben und für digitale Lösungen sorgen. So setzen wir beispielsweise auf kollaboratives Arbeiten über Ressortgrenzen hinweg und nutzen dafür zeitgemäße, digitale Werkzeuge wie Messenger und Anwendung für die cloudbasierte Dokumenten- und Aufgabenverwaltung, die speziell für die Arbeit der Bundesregierung angepasst wurden und betrieben werden.

Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit garantiert der Staat Schutz und Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für die Wirtschaft. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir die Fähigkeiten zur Vermeidung, frühzeitiger Erkennung sowie der Abwehr von Bedrohungen aus dem Cyberraum deutlich gestärkt. Durch die Harmonisierung und Modernisierung der polizeilichen IT-Architektur ist die Arbeit der Polizei und der Zollverwaltung effizienter und zielgerichteter. Die digitale Transformation der Bundeswehr gewährleistet auch in Zeiten einer herausfordernden, volatilen Bedrohungslage jederzeit eine verlässliche Verteidigung.

Internationale Datenpolitik

Grundlage jeder erfolgreichen Digitalpolitik ist ein globales, offenes, freies und sicheres Internet. Daran arbeitet Deutschland kontinuierlich in internationaler Abstimmung und Zusammenarbeit und verfolgt dabei einen transparenten und demokratischen Multistakeholder-Ansatz bei der Verwaltung der Internet-Infrastruktur und der Entwicklung technischer Normen und Standards für den Betrieb des Internets. Unsere aktive Mitarbeit in internationalen Gremien, Normungs- und Standardisierungsprozessen sowie Multi-Stakeholder-Foren, wie z. B. im Internet Governance Forum ist die Grundlage für unsere digitale Souveränität. Die transatlantische Partnerschaft ist dank des Handels- und Technologierates (TTC) gestärkt, der Einsatz für mehr Demokratie im Netz zeigt Erfolg und ein freies, offenes und globales Internet bietet Räume für sichere und unbeschwerte Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen über nationalstaatliche Grenzen hinweg.

Deutschland setzt sich für einen vertrauensvollen regel- und wertebasierten Austausch von Daten zwischen demokratischen Staaten ein und überzeugt durch offenes transparentes Verwaltungshandeln – gerade auch in Abgrenzung zu repressiven Regimen. Kernpunkte dieses Engagements sind die technische Einheit des Internets als universelle Ressource und die Gestaltung einer globalen digitalen Ordnung, im Sinne eines international abgestimmten Rahmens für die Nutzung des Internets, insbesondere in den Bereichen Menschenrechte, Cybersicherheit und Regeln für die digitale Wirtschaft. Dass diese Ordnung auf den Grundprinzipien der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie des Schutzes der Privatsphäre beruhen muss, ist nicht verhandelbar.

Mit Blick auf das 2025 auslaufende Mandat des Internet Governance Forums und die anstehenden Entscheidungen über die künftige Architektur der Internet-Governance intensiviert Deutschland die digitalpolitische Zusammenarbeit mit den Staaten, die sich für das Modell der Multistakeholder-Governance aussprechen oder davon überzeugt werden können.

Insgesamt arbeitet Deutschland weltweit eng mit gleichgesinnten Partnern u. a. im Rahmen der Europäischen Union, der G7, der OECD, dem globalen Süden und in bilateralen Kooperationsformaten zusammen, um die digitale Transformation voranzutreiben. Zusammengenommen stärken wir so die digitale Souveränität Deutschlands und Europas in internationalen Partnerschaften.

Projekte mit Hebelwirkung

Um dieses Zielbild zu erreichen, werden wir solche Vorhaben mit Priorität vorantreiben, von denen ressortübergreifend die größte Hebelwirkung im Rahmen unserer digitalpolitischen Ziele zu erwarten ist. Dabei werden wir folgende grundlegende strategische Vorhaben umsetzen:

  • Voraussetzungen digitaler Angebote und ihrer Nutzung sind moderne, leistungsfähige und nachhaltige Netze und die Verfügbarkeit von Daten und Datenwerkzeugen. Wir werden den Gigabitausbau gemeinsam mit der Wirtschaft weiter vorantreiben und Datenräume domänenübergreifend miteinander vernetzen sowie mehr staatliche Daten und entsprechende Werkzeuge unter Beachtung eines hohen Datenschutzniveaus für die digitale Wertschöpfung einerseits und die Politikgestaltung andererseits bereitstellen.
  • Internationale einheitliche technische Normen und Standards ermöglichen Interoperabilität und die Skalierung von Lösungen durch ihre marktöffnende Wirkung. Sie unterstützen den Transfer von Innovationen in marktfähige Produkte. Deshalb kommt es zum einen entscheidend darauf an, die in dieser Strategie beschriebenen Projekte standardbasiert, technologisch offen, interoperabel sowie rechtlich und technologisch sicher zu gestalten. Zum anderen ist es aber ebenso zentral, einen noch stärkeren Einfluss auf die Schaffung zukünftiger internationaler technischer Standards zu nehmen. Die internationale Mitgestaltung von Standards wird wesentlicher Bestandteil einer aktiven Wirtschafts- und Digitalpolitik und auch stärker unter außenpolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Dafür werden wir auch die Besetzung in internationalen Gremien stärker unterstützen.
  • Sichere und nutzerfreundliche digitale Identitäten und moderne Register sind Voraussetzung für digitale Dienste der öffentlichen Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen, Bildung und Ausbildung sowie digitale Angebote in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie ermöglichen, soweit erforderlich, die sichere Identifikation und Verrechnung von Online-Leistungen und -diensten und führen maßgeblich zu weiterer digitaler Wertschöpfung. Denn die zweifelsfreie Feststellung der Identität ist die Basis einer jeden Vertrauensbeziehung, die allen elektronischen Geschäfts- und Verwaltungsprozessen zugrunde liegt. Es ist daher eine Kernaufgabe des Staates, sichere Identifizierungsmittel zur Verfügung zu stellen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Lösungen auch europaweit interoperabel sind und schnell zur Verfügung stehen. Grundlage für Akzeptanz und Vertrauen ist dabei, dass sowohl die IT-Sicherheit als auch der Datenschutz ernst genommen werden und keine Nutzerprofile erstellt werden können. Der Einzelne muss zu jeder Zeit in der Lage sein zu erkennen, welche Behörden Zugriff auf welche persönlichen Daten haben.

Diese Vorhaben sind zentral für alle Projekte und Maßnahmen, die in den Ressorts jeweils eigenverantwortlich umgesetzt werden. Darüber hinaus werden wir die strategischen Themen Digitale Souveränität, Schlüsseltechnologien, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Desinformation und Plattformregulierung in den kommenden Jahren prioritär bearbeiten. Diese ziehen sich als Querschnittsthemen durch alle Kapitel der Digitalstrategie oder werden in den einzelnen Themenbereichen explizit behandelt.

Wir wollen die Digitalstrategie auch nutzen, um den grundlegenden Wandel hin zu einem lernenden, digitalen Staat voranzutreiben, der vorausschauend für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet. Dafür werden wir die Strategie von Anfang an durch eine regelmäßige und umfassende Wirkungsprüfung begleiten und Effektivität wie auch Effizienz der Maßnahmen kontinuierlich bewerten. So schaffen wir ein wichtiges Instrument, um einschätzen zu können, ob mit den implementierten Maßnahmen die gewünschten Ziele erreicht werden und, falls dies nicht der Fall ist, Anpassungen vornehmen zu können.

Dadurch wird uns die digitale Transformation im Sinne einer Neuausrichtung von Prozessen auf der Grundlage einfacher und effizienter digitaler Verfahren gelingen und wir werden die digitale Souveränität Europas stärken.

4. Handlungsfelder

Um aufzuzeigen, wie wir der digitalen Gesellschaft mit den Menschen im Mittelpunkt neuen Schub verleihen wollen, werden im Folgenden für die drei Handlungsfelder (1) vernetzte und digitale souveräne Gesellschaft, (2) Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung sowie (3) digitaler Staat wesentliche Maßnahmen vorgestellt, die jedes Ressort in eigener Verantwortung und im Rahmen der in der Haushalts- und Finanzplanung jeweils zur Verfügung stehenden Mittel umsetzt. Zugleich wird anhand konkreter Beispiele dargestellt, wie Staat, Zivilgesellschaft, Unternehmen und Wissenschaft mit Hilfe der Digitalisierung das Leben einfacher, effizienter, sicherer und sozialer machen.

4.1. Vernetzte und digital souveräne Gesellschaft

Digitale Infrastrukturen

Leistungsfähige und nachhaltige digitale Infrastrukturen sind eine elementare Grundlage für die Digitalisierung. Auf Grundlage der gemeinsam mit Ländern, Kommunen und Telekommunikationswirtschaft erarbeiteten Gigabitstrategie sorgen wir für einen schnelleren Ausbau. Übergeordnetes Ziel der Bundesregierung für ein modernes Deutschland ist die flächendeckende energie- und ressourceneffiziente Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis ins Haus und dem neuesten Mobilfunkstandard, überall dort, wo Menschen leben, arbeiten und unterwegs sind – auch in ländlichen Gebieten. Diese Ziele sollen bis 2030 erreicht werden.

  • Durch einfachere und digitalisierte Genehmigungsverfahren sorgen wir für einen schnelleren Start von Ausbauvorhaben.
  • Wir stärken die Nutzung alternativer Verlegetechniken indem wir die Normierung und Standardisierung mindertiefer Verlegetechniken voranbringen und ein Konzept für die Nutzung oberirdischer Verlegung erarbeiten.
  • Mit dem Gigabit-Grundbuch schaffen wir ein zentrales Zugangsportal, das relevante Informationen bereitstellt – für die Planung des Infrastrukturausbaus sowie über den aktuellen und künftigen Grad der Versorgung im Bereich der Telekommunikation.
  • Wir schließen mit dem Mobilfunkförderprogramm Versorgungslücken, wo kein eigenwirtschaftlicher Ausbau erfolgt.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • Genehmigungsverfahren für den Bau von Telekommunikationsinfrastrukturen beschleunigt und digitalisiert wurden.
  • mindestens die Hälfte der Haushalte und Unternehmen mit Glasfaseranschlüssen versorgt sowie im Mobilfunk bis möglichst 2026 unterbrechungsfreie drahtlose Sprach- und Datendienste für alle Endnutzerinnen und Endnutzer flächendeckend verfügbar sind.
  • die Nutzung alternativer Verlegetechniken deutlich gestärkt wurde.
  • durch das Gigabitgrundbuch mehr Transparenz hinsichtlich der für den Gigabit-Ausbau relevanten Informationen geschaffen wurde.
  • Lücken in der Mobilfunkabdeckung durch die Umsetzung der Mobilfunkförderung geschlossen wurden.

Bildung in allen Lebensphasen

Die digitaltechnologische Durchdringung verändert das gesamte Leben und erfordert veränderte Kompetenz- und Qualifizierungsprofile. Digitalkompetenzen fördern die Selbstbestimmung, die gesellschaftliche Teilhabe und den Zusammenhalt, aber auch die individuelle Beschäftigungsfähigkeit und den Wohlstand. Um die technologische und soziale Innovationskraft unseres Landes ebenso wie die Souveränität der Bevölkerung aller Altersgruppen im Hinblick auf Digitalität zu sichern, sind mehr und gezieltere Investitionen in Aus-, Fort- und Weiterbildung und ein besonderer Fokus auf informelle Lern- und Bildungsangebote notwendig.

  • Wir werden den DigitalPakt für Schulen nachhaltig gestalten. Dazu werden wir mit den Ländern die bisher erreichten Ergebnisse bilanzieren und die weiteren Bedarfe erheben, um in dieser Legislaturperiode einen Digitalpakt 2.0 mit einer Laufzeit bis 2030 abzuschließen. Dabei sollen die Prozesse deutlich einfacher und flexibler gestaltet werden.
  • Mit dem MINT-Aktionsplan 2.0 schaffen wir mit gezielten Förderungen entlang der gesamten Bildungskette Zugänge zu MINT-Bildung. Gerade auch bei der Zielgruppe der bisher im MINT-Bereich unterrepräsentierten Mädchen und Frauen fördern wir das Interesse für Ausbildung oder Studium in MINT-Berufen und tragen damit zur Sicherung der Fachkräftebasis bei. Hierzu gehört die Vermittlung digitalisierungsbezogener Kompetenzen bereits in der frühkindlichen und schulischen Bildung.
  • Mit Initiativen wie dem Aktionstag Girls‘ Day und YouCodeGirls entwickeln wir Angebote, um Geschlechterstereotype in der Berufsorientierung zu durchbrechen. Auf diese Weise stärken wir junge Frauen frühzeitig auf ihrem Bildungsweg in Digitalisierung, Informationstechnologie und Programmierung. So leisten wir einen Beitrag zur nachhaltigen Steigerung des Anteils von Frauen in IT-Berufen.
  • Wir fördern über das Hochschulforum Digitalisierung länder- und hochschulübergreifend Vernetzung, Kompetenzaufbau und Strategieentwicklung für digitale Hochschulbildung.
  • Wir werden die Kompetenzbildung in Zukunftsfeldern wie Künstliche Intelligenz unterstützen und entwickeln den KI-Campus als die Lernplattform für Künstliche Intelligenz weiter.
  • Wir stärken im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie (NWS) die Kultur der Weiterbildung und setzen uns dafür ein, dass Weiterbildung ein selbstverständlicher Teil des Erwerbslebens wird.
  • In einer Gesellschaft des langen Lebens kommt Bildung im Alter eine besondere Bedeutung zu. Daher wollen wir auch den souveränen Umgang mit dem Digitalen im Alter stärken.
  • Wir gestalten und treiben den bildungspolitischen Prozess zur Entwicklung eines Digitalen Bildungsraumes mit einer Nationalen Bildungsplattform (NBP) gemeinsam mit unseren Partnern voran. Im Zusammenspiel mit der Domäne Bildung in GAIA-X ermöglichen wir so eine individuelle digitale Bildungsreise über die einzelnen Bildungsbereiche- auch karrierebegleitend im Beruf. Die NBP wird Bildungseinrichtungen, -anbieter und Content-Produzenten zu einem interoperablen, barrierefreien Bildungs-Ökosystem verbinden.
  • Wir setzen das regelmäßige Monitoring der digitalen Kompetenzen in der Bevölkerung fort, verknüpfen Forschung und Praxisentwicklung und entwickeln gezielt Maßnahmen für die Gruppen, die ein erhöhtes Risiko haben, digital abgehängt zu werden.

Digitaler Bildungsraum: Die Weiterbildung für die Arbeit von morgen finden

Henrietta arbeitet in einem Maschinenbauunternehmen. Schon in den letzten Jahren, aber noch mehr während der Pandemie ist ihre Arbeit noch sehr viel digitaler geworden, Technische Dokumentationen sind online abrufbar und weisen zunehmend interaktive Elementen auf; Einweisungen von Kundenmitarbeitern in die Programmierung der neuesten Generation von fernwartbaren CNC-Maschinen finden in digitalen Lernräumen statt. Henrietta ist beeindruckt, dass hier sofort auch kollegiale Fachdiskussionen stattfinden, auch unternehmensübergreifend.

Sie findet, dass eine solcher Austausch allen nutzt und die Kunden und ihre Mitarbeiter an die Firma binden. Sie entdeckt darin eine auch für sie selbst attraktive berufliche Perspektive und beschließt, sich hier zu professionalisieren.

Auf der Suche nach Informationen zum Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung nutzt sie wie schon die letzten Jahre die Nationale Bildungsplattform als Vernetzungsinfrastruktur. Diese ermöglicht es ihr, sich mit einem einzigen Login (SSO) im digitalen Bildungsraum zu bewegen und ihre Wallet als Ablage zu nutzen und ihre Daten selbstsouverän zu verwalten. Um die angebotsübergreifende Suche im digitalen Bildungsraum bestmöglich auf ihre Vorkenntnisse und Bedürfnisse einzugrenzen, ruft sie ihr aktuelles Kompetenzprofil in der Bildungswallet auf und teilt speziell ihre für die Professionalisierung wichtigen Kenntnisse für eine Suche mittels Katalogfunktion der NBP.

Unter den Angebotstreffern finden sich analoge, reine online und hybride Weiterbildungsangebote. Die Agentur „Zusammen-Lernen-Jetzt“ mit ihrem hybriden Angebot für ein peerangeleitetes Moderationstraining zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich: Hier werden nicht nur digital Kompetenzen durch Kolleginnen und Kollegen untereinander vermittelt, sondern themenspezifisch Fälle und Erfahrungen geteilt und in der online Fachgemeinschaft diskutiert. Der Blog dieser Gruppe hatte bereits eine große Zahl von Followern, darunter auch viele ehemalige Teilnehmer des Trainings, die nach wie vor aktiv Beiträge posten und kommentieren. Sie tritt bei.

Drei Jahre später, Henrietta arbeitet inzwischen bei der Stahl-Hart AG in Bielefeld. Sie ist immer noch begeistert, wie lebendig der Austausch mit den Fachkolleginnen und -kollegen auch über Firmen hinweg funktionieren kann. Und das Moderationstraining war Gold wert: Seit nunmehr zwei Jahren moderiert sie selbst eine internationale Onlinegruppe zu automatisierten Fertigungssystemen. Eine Referenz und Kompetenz, die ihr nicht zuletzt bei der Bewerbung einen Vorteil verschafft hat.

Und gestern haben sich die Aktiven und Ehemaligen aus „Zusammen-Lernen-Jetzt“ zum persönlichen Austausch im Biergarten getroffen – der gemeinsam Kalender macht’s. möglich. Es war mal wieder ein Fest!

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • der DigitalPakt für Schulen nachhaltig gestaltet ist und ein Digitalpakt 2.0 beschlossen ist.
  • sich die neuen Maßnahmen in den Aktionsfeldern des MINT-Aktionsplans 2.0 (Kooperation, Qualität, Forschung, Berufsorientierung für Familien, Frühstart) in der Umsetzung befinden.
  • Initiativen wie YouCodeGirls einen breiten Kreis von Nutzerinnen erfolgreich beim Erwerb von Coding-Kompetenzen unterstützt und in der Entscheidung für IT-Berufe bestärkt.
  • ein interoperables Bildungs-Ökosystem etabliert ist, das einen chancengleichen und barrierefreien Zugang zu digitaler Bildung eröffnet und von den Menschen in allen Lebensphasen aktiv genutzt wird. Übergreifendes Ziel ist auch fachgebiets- und sektorübergreifende Interoperabilität. Hierzu werden wir entsprechende Indikatoren entwickeln.
  • ein regelmäßiges Monitoring Verbesserungen bei den digitalen Kompetenzen der Bevölkerung ergibt, insbesondere bei den digitalisierungsfernen Gruppen.
  • die Ergebnisse des Monitorings als Ausgangspunkt für die Entwicklung von gezielten Kompetenzvermittlungsangeboten bei den digitalisierungsfernen Gruppen gedient haben.
  • alle aktuellen und relevanten Studien und Modelle zur Medien- und Digitalkompetenz der deutschen Bevölkerung in einer Datenbank zusammengefasst sind und Forschungslücken durch zusätzliche empirische Studien geschlossen wurden.

Gesundheit und Pflege

Die Möglichkeiten der Digitalisierung wollen wir für die Gesundheit der Menschen ethisch verantwortlich nutzen und dazu beitragen, dass Deutschland eine Vorreiterrolle bei Digital Health einnimmt. Davon sollen Versicherte unabhängig von den individuellen Voraussetzungen umfassend profitieren. Die Digitalisierung soll damit auch einen Beitrag zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten leisten. Wir treiben durch konsequente Digitalisierung die Modernisierung und Vernetzung des Gesundheitswesens voran. Damit verbessern wir die Versorgung von Patientinnen und Patienten und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und Gesundheitsberufe. Außerdem heben wir dadurch Effizienzpotential für eine nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens. Ein resilientes Gesundheitssystem baut auch auf einer starken Gesundheitsforschung auf. Die digitale Vernetzung zum raschen Austausch von Erkenntnissen und Innovationen zwischen lebens- und gesundheitswissenschaftlicher Forschung und Versorgung ist gemeinsame Voraussetzung für eine international wettbewerbsfähige Forschung und für ein exzellentes Gesundheitssystem.

Wir werden im Jahr 2022 einen partizipativen Strategieprozess zur Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen und in der Pflege starten. Dabei werden wir besonderen Fokus auf die Lösung von Versorgungsproblemen und die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer legen. So werden wir im Dialog mit allen relevanten Akteuren die gemeinsame Vision einer Versorgung der Zukunft formulieren.

Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) werden wir die bislang an verschiedenen Stellen (z. B. Praxen und Krankenhäuser und Öffentlicher Gesundheitsdienst) existierenden bzw. entstehenden Patientendaten digital integrieren. Damit Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer schnellstmöglich von den besonderen Potenzialen der ePA profitieren können, werden wir die Bereitstellung und Nutzung der ePA erleichtern. Hierdurch wird deren Nutzen und die Nutzung in der Breite der Bevölkerung weiter gesteigert.

Durch die Möglichkeit der freiwilligen Datenfreigabe im Rahmen der ePA wird ab 2023 auch die Forschung und damit die gesamte Gesellschaft im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung von der Nutzung der Daten profitieren können.

Elektronische Patientenakte – Herzstück digital vernetzter Gesundheitsversorgung

Seit ihrer Diabetesdiagnose vor 18 Jahren war Elif in mehreren Arztpraxen und Kliniken in Behandlung. Lange Zeit war es nicht einfach, bei den vielen Befunden, Arztbriefen und Laborergebnissen den Überblick zu behalten.

Inzwischen verfügt Elif jedoch über eine elektronische Patientenakte (ePA). In dieser sind alle ihre Erkrankung betreffenden Informationen – auch die Daten aus ihrer Diabetes-App – übersichtlich gebündelt und über eine Suchfunktion schnell auffindbar.

Die täglichen Blutzuckerwerte werden automatisch in der ePA hinterlegt und mit ihrer Einwilligung an ihren Hausarzt übermittelt. Mit diesem tauscht sich Elif regelmäßig per Videosprechstunde oder Messenger über den Therapieverlauf aus. Die wichtigsten Daten zum Therapieverlauf werden nach Absprache in der ePA dokumentiert.

Diese Daten nutzt auch der ambulante Pflegedienst, der seit einem halben Jahr Elifs Wunde am Fuß versorgt. Diese verheilt schlecht und bedarf einer spezialisierten Wundversorgung in Abstimmung zwischen Arzt und Pflegenden. Über die ePA haben alle Beteiligten Zugriff auf das jeweils aktuellste Wundprotokoll. Das nötige Material wird über elektronische Verordnungen direkt bei der Apotheke oder im Sanitätshaus bestellt.

Als sich Elif einmal zu viel Insulin injiziert, muss der Rettungsdienst gerufen werden. Glücklicherweise hat Elif ihren Neffen als zugriffsberechtigten Vertreter bevollmächtigt, so dass dieser die in der ePA gespeicherten wesentlichen Gesundheitsdaten sowie ihren Medikationsplan der Notärztin für eine schnelle und zielgerichtete Erstversorgung bereitstellen kann. Das Krankenhaus wird bereits vor der Einlieferung über ihren Zustand informiert.

Zur Entlassung werden alle Unterlagen in digitaler Form an die passenden Stellen versandt: Elifs Hausarzt erhält den Entlassbrief, der Pflegedienst den Pflegeüberleitungsbogen. Zudem kann sie ihr Entlassrezept komfortabel einer Apotheke ihrer Wahl zuweisen.

Elif möchte, dass anderen Menschen durch ihre Krankengeschichte geholfen werden kann. Deshalb gibt sie ihre Daten aus der ePA für die Forschung frei. Mit ihrer Unterstützung arbeiten nun Forschende an neuen Therapieansätzen für Diabetikerinnen und Diabetiker.

Das erzählt Elif in ihrer Selbsthilfegruppe. Durch den regelmäßigen Austausch erfährt Elif Neuigkeiten und kann auch selbst Tipps geben. Jasmin, die durch ihre Diabeteserkrankung erblindet ist, ist skeptisch, ob sie die ePA nutzen kann. Gemeinsam probieren sie es aus. Durch die barrierefreie Gestaltung der App findet sich Jasmin gut zurecht. Befunde und Therapieempfehlungen kann sie sich vorlesen lassen. Das erleichtert ihren Alltag und Jasmin behält selbst den Überblick über ihre Daten.

  • Wir werden das E-Rezept als Ersatz des bisherigen Papierrezepts als Pflichtanwendung für die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel zunächst in der gesetzlichen Krankenversicherung schrittweise einführen.
  • Wir werden die gematik als digitale Gesundheitsagentur für die zentrale Plattform für digitale Anwendungen im deutschen Gesundheitswesen (Telematikinfrastruktur) zukunftsfest aufstellen.
  • Wir stärken die Vernetzung der Gesundheitsämter über alle Ebenen hinweg und bauen die Interoperabilität im Gesundheitswesen weiter aus.
  • Zum besseren Schutz vor Infektionskrankheiten bauen wir das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz (DEMIS) zur Nutzung in Gesundheitseinrichtungen und im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) sukzessive weiter aus.
  • In der Pflegeversorgung schaffen wir die Grundlagen für eine vollelektronische Abrechnung im ambulanten Bereich und treiben die Erprobung von Telepflege voran.
  • Wir unterstützen die Pflegeeinrichtungen mit dem Förderprogramm zur Anschaffung von digitalen und technischen Lösungen zur Entlastung der Pflegekräfte.
  • Wir schaffen die Grundlagen für ein Recht der Patientinnen und Patienten auf Interoperabilität und Datensouveränität zur nachhaltigen Verbesserung der Versorgung. Der barrierefreie Zugang zu den Daten wird gewährleistet.
  • Wir fördern die intelligente, verantwortungsvolle und standortübergreifende Nutzung digitalisierter Gesundheitsdaten, um Patientenversorgung und Forschung bedeutend zu verbessern und setzen uns dafür ein, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Nutzung von Gesundheitsdaten forschungskompatibel weiterzuentwickeln. Dabei bauen wir auf den Erfahrungen des Netzwerks Universitätsmedizin und der Medizininformatik-Initiative auf.

Wir gestalten den Europäischen Gesundheitsdatenraum und bauen ein interoperables Gesundheitsdatenökosystem mit einer dezentralen Forschungsdateninfrastruktur auf. So können die benötigten Gesundheitsdaten z. B. für die Weiterentwicklung der Versorgung und für die Forschung verfügbar und verknüpfbar werden.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • mindestens 80% der GKV-Versicherten über eine elektronische Patientenakte (ePA) verfügen und das E-Rezept als Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert ist (Papierrezept „Muster 16“ lediglich als Rückfalloption).
  • das Gesundheitswesen die Potenziale der Digitalisierung besser ausschöpft und dadurch alle Menschen insbesondere vulnerable Bevölkerungsgruppen, umfassend durch eine bessere Versorgung profitieren.
  • sich die Datenverfügbarkeit bei der Gesundheitsversorgung verbessert hat und eine verbesserte Datengrundlage für die Forschung, zur Qualitätssicherung und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung zur Verfügung steht.
  • die Freigabe von ePA-Daten zu konkreten Mehrwerten für Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten sowie für die Wissenschaft geführt hat.
  • das Pflegewesen durch die Digitalisierung und Robotik eine spürbare Unterstützung und Entlastung erfährt, die Patientinnen und Patienten aber auch deren Angehörigen und den Pflegekräften zugutekommt.
  • wir zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten der EU einen „Datenraum Gesundheit“ aufbauen, der europäischen Sicherheitsstandards gerecht wird und grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung und -forschung erleichtert.

Mobilität

Digitale Vernetzung und Automatisierung unterstützen das Erreichen eines effizienten, sicheren, inklusiven und leistungsfähigen Mobilitätssystems, das sich flexibel dem Gesamtbedarf für Personen- und Gütertransport anpasst. Die Mobilität der Zukunft ist zunehmend digital. Sie schafft nutzerfreundliche, barrierefreie, intelligente und maßgeschneiderte Mobilitätsangebote, ermöglicht soziale und kulturelle Teilhabe und trägt zum Erreichen unserer Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele bei.

  • Wir setzen die Förderung des automatisierten, autonomen und vernetzten Fahrens fort mit dem Ziel, es zu einem festen Bestandteil des Mobilitätssystems zumachen. So bauen wir Deutschlands Position als Innovationsstandort weiter aus und sichern die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie im internationalen Kontext.
  • Wir sorgen für mehr Effizienz auf der Schiene. Im Projekt „Kapazitätsplanung und -zuweisung der Zukunft“ wird die Grundlage für digital optimierte Kapazitätsausnutzung auf der Schiene erarbeitet. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Schiene, zur Realisierung des Deutschlandtakts und zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes geleistet. Die zukünftigen digitalen Prozesse des Fahrplan- und Kapazitätsmanagements werden kundenfreundlich, schnell und effizient sein und eine optimale Nutzung der begrenzten Infrastrukturkapazitäten unterstützen. Der Einsatz von Predictive Maintenance verhindert technische Defekte an Fahrzeugen und Schienenkörper proaktiv. Das steigert Leistungsfähigkeit, Verlässlichkeit und Attraktivität des Schienenverkehrs.
  • Gemeinsam mit der Luftverkehrsbranche und anderen Beteiligten erarbeiten wir bis zum Ende des Jahres ein Konzept zur Integration und Digitalisierung der Abfertigungsprozesse an Flughäfen, um diese durch die Nutzung von technologischen Innovationen wie zum Beispiel die Nutzung biometrischer Daten sicherer, effizienter, schneller und komfortabler zu gestalten.
  • Für den Markthochlauf von Elektrofahrzeugen treiben wir den Ausbau der Ladeinfrastruktur auf Grundlage des Masterplans Ladeinfrastruktur passgenau voran. Dabei wird die digitale Bereitstellung von Daten zu Standorten, Ladepreisen, Nutzungsmöglichkeiten und Barrierefreiheit betrachtet mit dem Ziel, ein für alle Nutzerinnen und Nutzer jederzeit verlässliches Ladenetz verfügbar zu machen.
  • Wir unterstützen den Aufbau eines zukunftsgerichteten und datenschutzkonformen Mobilitätsdatenökosystems durch die Verknüpfung zwischen Mobility Data Space (MDS) und dem Nationalen Zugangspunkt zu Mobilitätsdaten (Mobilithek). So schaffen wir die Grundlage für digitale Anwendungen und innovative Geschäftsmodelle im Mobilitätssektor und darüber hinaus.
  • Zukünftig wollen wir die sektorübergreifende Interoperabilität des MDS weiter ausbauen. Dafür wollen wir Datenräume aus anderen Branchen und Sektoren mit dem MDS vernetzen.

Mobilitätsdaten-Ökosystem ausbauen

Marita lebt in Eberswalde (Brandenburg) und möchte in den Winterferien ihre Großeltern in Kastellaun (Rheinland-Pfalz) besuchen. Für den Weg von zuhause nach Kastellaun nutzt sie verschiedene Verkehrsmittel vom E-Scooter über den Bus, die Bahn, bis hin zum Car-Sharing. Statt jedes Verkehrsmittel einzeln zu buchen und Fahrpläne zu vergleichen nutzt sie smarte Anwendungen, die auf Daten verschiedener Mobilitätsanbieter basieren. Sie findet hierin alles Notwendige um eine Reise à la carte zu buchen (Fahrpläne, Verbindungen, Preise etc.), die ihren speziellen Bedürfnissen gerecht wird.

Marita nutzt die smarte Welt, um sicher ans Ziel zu kommen. Während Sie mit dem Wagen des Car-Sharing Anbieters durch den Hunsrück fährt, warnt sie das Auto vor Glätte auf den Kuppen, weil dieses mit dynamischen Wetterdaten gespeist wird. Sie fährt somit vorsichtig, aber trotzdem aus Versehen durch ein kleines Schlagloch und schmunzelt. Es ist nichts passiert und sie weiß, dass ihr Auto diese Erschütterung an einen Datenpool meldet. Das hat sie in den Mietbedingungen gelesen und selbstbestimmt zugestimmt. Diese Daten werden für die Straßenbauverwaltung ausgewertet, um die Schäden an der Straße schnellstmöglich zu erkennen und reparieren zu können.

  • Wir beschleunigen die Verfahren durch kürzere Planungszeiten und dadurch, dass wir die planungsrechtlichen Antrags- und Beteiligungsverfahren im Bereich Verkehr und Offshore-Vorhaben über das Fachplanungsportal des Bundes digitalisieren.
  • Wir werden Standards für ein digitales Projekt- und Risikomanagement insbesondere für Großprojekte aufsetzen, um die Kosten und die verschiedenen Prozesse (u.a. Zeitpläne, Vertragsmanagement, Zulieferungen etc.) leichter bearbeiten zu können.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • durch die verbesserte Verfügbarkeit von Mobilitätsdaten aus MDS und Mobilithek die Entwicklung neuer datenbasierter Mobilitätslösungen wirksam gestärkt wird, indem wir die Zahl der Unternehmen, die im MDS aktiv sind von heute 50 Unternehmen auf 250 Unternehmen verfünffachen.
  • alle Behörden im Geschäftsbereich des BMDV aktive Datenanbieter in der Mobilithek sind, indem über 1.000 Organisationen Daten über die Mobilithek bereitstellen und monatlich 80 Millionen Datenpakete mit einem Gesamtvolumen von mehr als 60 Terabyte ausliefert und mehr als 10.000 Daten-Abonnements bedient werden können.
  • das automatisierte, autonome und vernetzte Fahren den Sprung von Pilotvorhaben und Projekten in die Praxis und Anwendung im Alltag geschafft hat, indem wir mit der Durchführungsverordnung zum Gesetz zum autonomen Fahren die rechtlichen Voraussetzungen vervollständigt haben. Gleichzeitig wollen wir bis Ende 2023 mit der wissenschaftlichen Evaluierung des Rechtsrahmens zum autonomen Fahren beginnen um etwaigen Änderungsbedarf am Rechtsrahmen zu adressieren.
  • unser Engagement auf europäischer Ebene zur weiteren Harmonisierung und der EU-Großseriengenehmigung autonomer Kraftfahrzeuge geführt hat, um einen breiten und skalierbaren Fahrzeugzulauf in den Regelbetrieb zu gewährleisten, der mehr als die bisher möglichen Fahrzeuge erlaubt (1500 Fahrzeuge auf EU-Ebene und 250 Fahrzeuge auf nationaler Ebene pro Typ pro Jahr bzw. Mitgliedstaat).
  • durch möglichst bundesweite Anwendungen, die Verknüpfung des ÖPNV mit anderen (geteilten) Verkehrsangeboten einfach und kundenfreundlich funktioniert.
  • ein Konzept zur Digitalisierung der Abfertigungsprozesse an Flughäfen vorliegt.
  • digitales Kapazitätsmanagement und Predictive Maintenance zu einem leistungsfähigeren, verlässlicheren und attraktiveren Schienenverkehr beitragen.
  • bis Ende 2022 das gemeinsame Fachplanungsportal von Eisenbahn-Bundesamt (EBA), Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Fernstraßen-Bundesamt (FBA) und der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) in Betrieb genommen und bis Ende 2023 durch ein digitales Einwendungsmanagement ergänzt wurde und dadurch die durchschnittliche Verfahrensdauer reduziert werden konnte.

Bau, Smart Cities und Smart Regions

Durch digitale Modelle für Planung, Steuerung des Bauablaufs und Übergabe von Bauwerksdaten für den späteren Betrieb sorgt Building Information Modelling (BIM) für mehr Effizienz im gesamten Lebenszyklus von Bauwerken. Digitale Simulationen und Variantenuntersuchungen ermöglichen unter anderem frühzeitige Nachhaltigkeitsbetrachtungen und die Bewertung von CO2-Bilanzen, und bilden damit die Grundlage für mehr Wirtschaftlichkeit und Klimaverträglichkeit. Allen Marktteilnehmern soll eine Teilhabe an der Digitalisierung möglich sein. Insbesondere den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) der deutschen Wertschöpfungskette Bau wird hier Rechnung getragen.

Für die Stadt- und Raumentwicklung kommt den Kommunen eine Schlüsselrolle zu. Der Bund schafft die Voraussetzungen, dass unterschiedliche Stadt- und Raumentwicklungsziele effizient und mithilfe intelligenter Datenintegration nachhaltig gemeistert werden können. Hierzu bedarf es einheitlicher Standardisierungen und Prozessvereinheitlichungen.

  • Wir treiben die Einführung von BIM als Standard für die Verkehrsinfrastruktur und den Hochbau des Bundes weiter voran und fördern Innovationen zum digitalen Planen, Bauen und Betreiben.
  • Wir etablieren mit dem BIM-Portal des Bundes eine Plattform, mit der Anforderungsdefinitionen zum digitalen Bauen mit BIM klar und präzise formuliert werden können und die mit bestehenden BIM-Portalen kompatibel ist.
  • Mit „BIM Deutschland – Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens“ fördern wir die Anwendung von BIM und digitalen Methoden in Deutschland, stellen technische Beratung für beteiligte Praxisakteurinnen und -akteure bereit und unterstützen die Entwicklung nationaler und internationaler Standards in Koordination mit der nationalen Normungsorganisation.
  • Aufbauend auf Smart City und Smart Regions-Modellprojekten ermöglichen wir digitale Lösungen für bessere Teilhabe, Planung und Visualisierung von Planungsentscheidungen und stärken Vernetzung und Wissenstransfer zwischen den Kommunen.
  • Wir bieten Kommunen Unterstützung bei ganzheitlichen Digitalisierungsansätzen, fördern Dialog und Vernetzung der Akteure und stellen Wissen und Informationen bereit.
  • Wir werden aufbauend auf den Erfahrungen der Modellprojekte Smart Cities einen SmartCity-Stufenplan entwickeln. Die Koordinierungs- und Transferstelle der Modellprojekte Smart Cities richten wir als Smart-City-Kompetenzzentrum ein, das die Kommunen effektiv bei ihrem Smart City Ansatz unterstützt.

Connected Urban Twins – Deine Stadt im digitalen Raum

Lisa und Tarek wohnen schon lange in der Stadt. Sehr heiße Sommer, aber auch Starkregenereignisse sind in ihrem Wohnviertel in den letzten Jahren spürbar häufiger geworden. Wie viele andere machen sie sich Sorgen um die Zukunft. Sie werden auf ein Angebot der Stadtverwaltung aufmerksam, in einer Workshop-Reihe mit einem Digitalen Zwilling Ideen zum Mikroklima und zur Grünplanung für ihren Bezirk einzubringen.

Urbane Digitale Zwillinge bündeln vielfältige Daten zu einem realitätsnahen, digitalen Abbild der Stadt. Es dient nicht nur der Visualisierung, sondern ermöglicht auch die Simulation von Was-Wäre-Wenn-Szenarien.

In einem Workshop präsentiert die Stadtverwaltung Tarek, Lisa und anderen Bürgerinnen und Bürgern ein 3D-Stadtmodell ihres Heimatortes an einem Touchtisch. Von einer Übersichtskarte aus kann Lisa selbst bis auf ihre Straße zoomen. Sie diskutiert mit den anderen, wo neue Stadtbäume platziert werden können, die im Sommer für zusätzlichen Schatten sorgen. Eine Virtual Reality-Brille vermittelt Tarek in interaktiver lebensnaher Form, wo bei Starkregen Überschwemmungen drohen könnten. Die Stadtplanerin Sina präsentiert ihre Ideen für mögliche Schutzmaßnahmen. Alle Mitwirkenden können im Workshop, Orte in der Karte markieren und Kommentare mit weiteren Ideen hinzufügen.

Solche und weitere Anwendungen sind Beispiele dafür, wie Urbane Digitale Zwillinge komplexe städtische Zusammenhänge auch für Nicht-Fachleute nachvollziehbar machen. Neue Möglichkeiten für die Beteiligung der Stadtgesellschaft ermöglichen eine fundierte Basis für den Diskurs und letztlich schnellere und neu durchdachte Entscheidungen in der Stadtentwicklung.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die Etablierung von BIM als Standard in allen Verkehrsträgerbereichen sowie im Wohnungs -und Hochbau deutliche Fortschritte gemacht hat und hierdurch die Grundlagen für bessere Wirtschaftlichkeit und Ökobilanzierung bei Planung, Bau und Betrieb von Bau- und Infrastrukturvorhaben geschaffen werden.
  • die für 2025 vorgesehenen Meilensteine des Masterplans BIM für Bundesbauten erreicht wurden und der Bundeshochbau auch für private Bauträger ein Vorbild zur Anwendung der Methode BIM ist.
  • mindestens eine zentrale cloudbasierte Kollaborationsplattform für den Bereich Bundesbau erfolgreich etabliert wurde.
  • das BIM-Portal des Bundes verkehrsträgerübergreifend genutzt wird und das Zielbild des digitalen Zwillings in vielen Maßnahmenbereichen des Infrastrukturmanagements zur Anwendung kommt.
  • die Modellprojekte Smart Cities innovative und übertragbare digitale Lösungen für stadtentwicklungspolitische Aufgaben zur Verfügung stellen und um einen Ansatz für Smart Regions ergänzt sind.
  • der Smart-City-Stufenplan entwickelt wurde und die Koordinierungs- und Transfer-Stelle der Modellprojekte Smart Cities als Smart-City-Kompetenzzentrum die Kommunen effektiv bei der Gestaltung des digitalen Wandels unterstützt.

Digitale Zivilgesellschaft

Die Zivilgesellschaft spielt eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Deshalb wollen wir Infrastrukturen, Förderprogramme, Initiativen, Projekte und Communities so vernetzen, dass daraus ein starkes Fundament für das Gemeinwohl wird – über alle Sektoren hinweg: für die demokratische Teilhabe, für die digitale Souveränität der Gesellschaft, für die Umwelt und das Klima, für ein friedliches Zusammenleben.

Der digitale Raum ermöglicht aber nicht nur neue Formate demokratischer Teilhabe und Debatten. Entwicklungen wie Hassrede, Desinformation und digitale Gewalt sind Gefahren für unsere Grundrechte, denen wir entschieden begegnen müssen – auch hier gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Trägerinnen und Trägern.

Mit der Initiative „Civic Coding – Innovationsnetz KI für das Gemeinwohl“ stärken wir Daten- und KI-Kompetenzen der Zivilgesellschaft, bündeln Förderprogramme und Unterstützungsmaßnahmen, leisten Unterstützung bei der Realisierung von Digitalprojekten und fördern eine soziale, partizipative und nachhaltige Technikgestaltung. Durch Plattformen und Begegnungsräume wie der Civic Innovation Platform und den KI-Ideenwerkstätten für Umweltschutz unterstützen wir die Vernetzung (zivilgesellschaftlicher) Akteurinnen und Akteure und ermöglichen die Erprobung digitaler Technologien. Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen setzen wir uns im Rahmen eines Civic Data Labs dafür ein, gemeinwohlorientierte Datenräume zu schaffen.

KI-Technologien für den gesellschaftlichen und sozialen Fortschritt nutzbar machen

Tim kann geschickt mit Werkzeugen umgehen und fertigt tolles Holzspielzeug für Kinder an. Er arbeitet in einem kleinen Handwerksbetrieb und versteht sich gut mit Bahira, seiner syrischen Kollegin. Bahira hat in den letzten Monaten sehr gut Deutsch gelernt und unterstützt im Personalbüro. Wenn es aber um Behördengänge geht, fühlt sie sich sehr hilflos, sie versteht nicht, wie sie Leistungen beantragen kann. Auch Tim hat Schwierigkeiten mit dem Amtsdeutsch und fragt in solchen Fällen seinen Freund Justus um Rat. Justus hat vor ein paar Monaten zusammen mit Maja ein Start-up gegründet, beide kennen sich gut mit den Möglichkeiten von KI aus, sie haben schon einige Anwendungen programmiert.

Sie überlegen, wie sie die Technologie nutzbar machen können, um Tim und Bahira zu helfen. Am liebsten würden sie einmal mit einer Behörde sprechen, um zu verstehen, wie Amtstexte entstehen. Maja hat von der Civic Innovation Platform gehört, auf der ganz unterschiedliche Menschen gemeinsam KI-Anwendungen für alltägliche Probleme entwickeln. Sie stellt ihre Idee einer KI-Anwendung, die Formulare und Amtstexte in Leichte Sprache übersetzt, auf der Plattform ein. Sie muss nicht lange warten, bis sich ein Bürgeramt meldet, das gerne an dieser Anwendung mitarbeiten möchte. Tim und Bahira sind begeistert von der App, die aus dieser Zusammenarbeit entstanden ist, und nutzen sie, um sich auf der Website der Behörde zu orientieren und die notwendigen Unterlagen zusammenzustellen. Justus und Maja überlegen nun, wie ihre nächste KI-Anwendung aussehen könnte und haben über die Plattform Kontakt zum Verband sehbehinderter Menschen aufgenommen, Maja hat schon eine Idee für ein sprachgesteuertes GPS.

Verbrauchersouveränität im Umgang mit KI-Systemen stärken

Mani studiert Informatik und beobachtet oft, dass sich gefährliche Inhalte im Netz sehr schnell verbreiten. Auch hat er festgestellt, dass all seine Freunde in scheinbar parallelen Welten im Netz unterwegs sind und allen unterschiedliche Inhalte angezeigt werden. Je nach Gefühlslage von Personen wechseln diese Inhalte schlagartig. Mani möchte der Sache auf den Grund gehen und erfährt vom Zentrum für vertrauenswürdige KI und der Vielzahl von Informationen, die in den letzten Jahren zu den gesellschaftlichen Auswirkungen von Algorithmen entwickelt wurden. Mani findet hier auch konkrete Informationen, was er gegen potentielle Benachteiligungen durch den Einsatz von Algorithmen unternehmen kann.

  • Wir stärken digitale Kompetenzen und das Engagement gegen Hass im Netz. Mit dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ fördern wir gezielt zivilgesellschaftliche Träger, die mittels ihrer Projekte Bürgerinnen und Bürgern darin stärken und befähigen, Desinformation zu erkennen und Hass im Netz wirksam zu begegnen.
  • Mit einem Gesetz gegen digitale Gewalt werden wir rechtliche Hürden für Betroffene, wie Lücken bei Auskunftsrechten, abbauen. Wir werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Verfahren zur Anzeigenerstattung sowie richterlich angeordnete Accountsperren prüfen. Wir werden Beratungsangebote für Betroffene von digitaler Gewalt fördern.
  • Wir werden das digitale Ehrenamt sichtbarer machen, unterstützen und rechtlich stärken. Die Zivilgesellschaft binden wir besser in digitalpolitische Vorhaben ein und unterstützen sie, insbesondere in den Bereichen Diversität und Civic Tech.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die Civic Coding Initiative zu einer Stärkung von Daten- und KI-Kompetenzen in der Zivilgesellschaft beiträgt, neue Allianzen zwischen Akteur*innen fördert und Anschub für neue KI-Projekte leistet. Dies werden wir anhand entsprechender Indikatoren belegen.
  • für Zivilgesellschaft und Verwaltung Beratungs- und Informationszentren für KI geschaffen bzw. ausgebaut wurden, beispielsweise mit dem ZVKI ein Ort der Debatte für die Zivilgesellschaft in Deutschland rund um gesellschaftliche Fragen zu KI und algorithmischen Systemen etabliert ist und Verbraucher hier Informationen über ihre Rechte finden können. Dazu wollen wir die Größe des Netzwerks verdoppeln
  • die im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ geförderten 28 Modellprojekte mit Digitalbezug sowie die Maßnahmen des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz erfolgreich abgeschlossen worden sind, Betroffene von Hass und Hetze im Netz unterstützen und zivilgesellschaftliche Akteure darin gestärkt haben, die digitalen Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger für ein Engagement gegen Hass im Netz zu fördern.
  • das Gesetz gegen digitale Gewalt und die entsprechenden Beratungsangebote den Betroffenen wirksame Unterstützung bieten, um sich gegen digitale Gewalt zu wehren und geeignete Indikatoren zur Überprüfung entwickelt sind.

Kultur und Medien

Die digitale Transformation des Kulturbereichs ermöglicht innovative Wege, Kultur einem breiten Publikum zu erschließen und bietet neue Chancen für Teilhabe und Interaktion. Digitale Technologien eröffnen zugleich effektive Möglichkeiten, Kulturgüter zu bewahren und zu sichern. Die Medien sind tiefgreifenden Transformationsprozessen im Kontext der Digitalisierung ausgesetzt. Sie benötigen neue Geschäftsideen und -modelle, um sich dauerhaft in einem immer vielfältigeren und sich stetig verändernden Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Werbeeinnahmen durchsetzen. Faire Wettbewerbsbedingungen, Staatsferne und ein funktionierender Markt (Monopolfreiheit) sind die Voraussetzung dafür. Zugleich ist das – auch digitale – Angebot der Qualitätsmedien ein unverzichtbarer Beitrag, um Desinformationen im Internet wirksam entgegenzutreten und Orientierung in der Flut an Informationen zu bieten.

  • Wir bringen das Projekt Datenraum Kultur auf den Weg und helfen, eine überregionale IT-Infrastruktur einzurichten, die einen dezentralen, sicheren und selbstbestimmten Datenaustausch im Kulturbereich ermöglicht. Durch eine erleichterte Verfügbarkeit und die Vernetzung von Kulturdaten werden digital basierte Angebote und Geschäftsmodelle entstehen.
  • Wir entwickeln die Deutsche Digitale Bibliothek, die nationale Internetplattform für die Präsentation von Kulturerbe und Wissen, weiter – als nutzerattraktiven Ort der Vernetzung digitaler Angebote deutscher Kultur- und Wissenseinrichtungen aller Sparten (Archive, Bibliotheken, Museen, Mediatheken).
  • Wir arbeiten intensiv weiter an fairen Wettbewerbsbedingungen für Qualitätsmedien in Europa. So setzen wir uns in den Verhandlungen zum European Media Freedom Act für die Unabhängigkeit und Staatsferne der Medien auch im Kontext europäischer Regulierung digitaler Transformationsprozesse und Vorgaben für den Medienmarkt ein.

Datenraum Kultur

Amira arbeitet in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eines Stadttheaters nahe München. Ihre Aufgabe ist es, den Theaterspielplan in die lokale Presse, das Kulturmagazin der Stadt und Münchens einzutragen. Es ärgert sie, dass alle Anbieter eigene Eingabemasken haben, so dass sie zwei Tage daran sitzt, die Daten einzupflegen. In Zukunft wird der Spielplan direkt von der Webseite des Theaters in das Modul „Smarte Theaterdienste“ des Datenraums Kultur eingelesen und Kulturplattformen oder Veranstaltungskalender von Zeitungen können auf die Daten zugreifen und sie auf ihren Seiten einbinden. Über Verknüpfungen mit den Daten anderer Kultureinrichtungen und Echtzeit-Informationen aus dem ÖPNV oder sogar dem Wetter können sie das lokale Kulturangebot maßgeschneidert präsentieren. In der gewonnenen Zeit kann sich Amira um eine reichweitenstarke SoMe-Kampagne für die nächste Premiere kümmern.

Ihre Freundin Claudia, die im Einzugsbereich von zwei größeren Städten wohnt, liebt die Theater in beiden Städten. Mit Hilfe der maschinenlesbaren Spielpläne des Datenraums Kultur hat ihr lokales Stadtmagazin eine App entwickelt, die in Echtzeit Kulturdaten mit Mobilitätsdaten verknüpft, und Claudia nur die Termine anzeigt, mit denen sie am Abend noch den letzten Bus nach Hause erwischt.

Arne ist ein großer Wagner-Fan und verbringt einen großen Teil seiner Freizeit damit, sich verschiedene Inszenierungen seiner Lieblingsstücke anzusehen. Es kostet ihn viel Zeit, die Spielpläne der Opernhäuser im Internet abzugleichen, um seine jährliche Reiseroute zusammenzustellen. Dank der maschinenlesbaren Spielpläne hat er jetzt eine App, die ihm alle Inszenierungen des „Ring des Nibelungen“ nach Regionen sortiert anzeigt. So kann er sich durch die Verknüpfung mit Hotel- und Mobilitätsdaten bequem seine Reiseroute, Ticketbuchungen und Übernachtungen zusammenstellen.

Amiras Cousine Jasmin ist blind und liebt Theatervorstellungen mit Audiodeskription. Gerne reist sie mit ihrem Freund Rainer, der einen Rollstuhl nutzt, durch die Bundesrepublik, um eine moderne Inszenierung mit Audiodeskription zu erleben. Früher musste Rainer lange im Internet suchen, um eine Vorstellung zu finden, in die beide problemlos gehen konnten. Weil für Jasmin die Webseiten oft nicht barrierefrei nutzbar waren, musste er die Suche übernehmen. Die Spielpläne des Datenraums Kultur sind nun barrierefrei und beinhalten zudem eine eigene Kategorie, in der die Zugänglichkeit der einzelnen Inszenierung beschrieben ist. So finden Jasmin und Rainer auf die Schnelle bundesweit die Inszenierungen, die sie mit ihren Kriterien „Zugänglich für mobilitätseingeschränkte Person und Audiodeskription“ besuchen können. Und das Beste ist: Jasmin kann jetzt alleine eine neue Theatervorstellung finden und buchen und Rainer damit überraschen.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • wir das Projekt Datenraum Kultur auf den Weg gebracht und dabei schon vorhandene Aktivitäten der Kulturinstitutionen, der Zivilgesellschaft sowie der Kultur- und Kreativwirtschaft einbezogen haben, indem wir in einer Initialphase bis Mitte 2023 die Machbarkeit einer Datenraumanwendung aus den Use Cases „Vernetzte Kulturplattformen“, „Smarte Museumsdienste“, „Smarte Theaterdienste“ und „Smarte Musikdienste“ belegt haben.
  • wir auf der Grundlage eines bis Ende 2022 abgeschlossenen Relaunch der Deutschen Digitalen Bibliothek diese zu einem Portal entwickelt haben, welches das kulturelle Erbe Deutschlands noch intuitiv erfahrbarer macht.
  • wir ein Förderprogramm zur Stärkung der Nachrichtenkompetenz bis Ende 2023 auf den Weg gebracht haben, das dazu beiträgt, die Digitalkompetenz in der Gesellschaft zu erhöhen, Qualitätsmedien zu erkennen und insbesondere Desinformation im Internet zu bekämpfen.
  • wir einen stabilen und fairen Wettbewerbsrahmen geschaffen haben, der die notwendige Transformation von Medienangeboten ermöglicht und durch den Qualitätsjournalismus in seiner Vielfalt und Unabhängigkeit auch nach der Transformation weiterhin Bestand haben kann.

Teilhabe, Gleichstellung und digitale Barrierefreiheit

Umfassende Teilhabe, Geschlechtergerechtigkeit und digitale Barrierefreiheit sind Qualitätsmerkmale eines modernen Landes und für alle ein Gewinn. Digitale Innovationen haben großes Potenzial, Orientierung zu bieten, Wissen leichter zu vermitteln und den Alltag der Menschen einfacher, nachhaltiger, sicherer, barrierefreier und sozialer zu machen. Zugleich muss bei der Gestaltung der Digitalisierung der Schutz vor Ausnutzung von Schwächen und von verletzlichen Gruppen besonders gewährleistet sein. Zu diesen vulnerablen Gruppen gehören insbesondere Kinder und Jugendliche, Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, LGBTQ und Menschen mit Einwanderungsgeschichte.

  • Wir sorgen dafür, dass schon Kinder und Jugendliche in einem sicheren digitalen Umfeld und geschützten digitalen Räumen teilhaben und Chancen für sich nutzen können. Dafür setzen wir die aktuellen gesetzlichen Reformen konsequent durch – u. a. mit der neu aufgestellten Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz.
  • Mit der Initiative Gutes Aufwachsen mit Medien fördern wir bereits ab dem frühen Kindesalter digitale Kompetenzen, auch unter Einbeziehung von Eltern und Fachkräften.
  • Wir erarbeiten mit Ländern, Kommunen und freien Trägern eine gemeinsame Strategie zur Kooperation bei der Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe und verbessern den Zugang zu Angeboten und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, z. B. durch die Entwicklung digitaler Anwendungen und Unterstützungssysteme für Jugendämter.
  • Wir entwickeln innovative „Digitale Familienassistenten“ rund um Familien und Familienleistungen, die als Vorreiter für ein modernes und nutzerfreundliches Informationsangebot der Bundesregierung dienen sollen (StartApp Familie, Chatbot Familie).

Digitale Familienassistenten

Mathilda und Ali sind ein junges Paar mit einigen Jahren Berufserfahrung. Sie ist selbständig, er ist Angestellter. Sie haben vor kurzem erfahren, dass Mathilda schwanger ist und freuen sich auf ihr erstes Kind. Beiden sind ihre Berufe wichtig, sie wollen sich die Aufgaben partnerschaftlich aufteilen. Aber die Suche nach verlässlichen Informationen ist zunächst mühsam. Auf welche staatlichen Leistungen haben sie Anspruch und wo kann man sie beantragen? Wer geht wie in Elternzeit mit welchen Folgen für die Rente? Mit jeder Antwort wird es schwieriger für beide, zu überblicken, was relevant ist und auf denselben Informationsstand kommen.

Doch zum Glück gibt es die Digitalen Familienassistenten: Ein paar Antworten auf Fragen zu ihrer persönlichen Situation sind zu geben, und schon wird ihnen angezeigt, worauf es ankommt. Sie erfahren, auf welche Leistungen sie Anspruch haben und wo sie diese digital beantragen können. Nützliche Praxistipps zeigen ihnen, worauf es ankommt, um ihre Berufswege weiter zu gehen und auch mit Familie ihr eigenes Geld zu verdienen, so wie es sich beide vorstellen. Alles kommt nun in eine überschaubare und logische Reihenfolge, sie werden an Antragsfristen erinnert und an die Entscheidungen, die anstehen. Ihnen werden Beratungsstellen vorgeschlagen. So wie ihnen helfen innovative Tools vielen jungen Paaren und Eltern und tragen dazu bei, dass beide Partner wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen und ihre Aufgaben so aufteilen, wie sie es sich wünschen – immer gut verständlich und in attraktivem Design.

Tabea ist Mutter von drei Kindern. Ihr jüngster Sohn, der 4-jährige Karl, hat ein Down-Syndrom. Für ihn sucht Tabea händeringend nach einem geeigneten Kitaplatz. Über die Internetseite der Stadt erfährt sie vom digitalem Beratungstool des Jugendamtes. Nach Beantwortung einiger Fragen zu ihrer Lebenssituation und zum Kind ist das Beratungstool in der Lage, sie über die Möglichkeiten der Betreuung ihres Kindes in einem Kindergarten und die Inanspruchnahme von Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen zu informieren. Das Beratungstool verweist sie direkt an die richtige zuständige Stelle, das örtliche Sozialamt und vermittelt den Kontakt.

  • Unter dem Dach des „Digitalpakt Alter“ vernetzen wir bundesweit erfolgreiche Projekte und Initiativen zur digitalen Kompetenzvermittlung gegenüber älteren Menschen. So schaffen wir ein breites gesellschaftliches Bündnis zur Stärkung der digitalen Teilhabe.
  • Mit dem Forschungsprogramm „Miteinander durch Innovation“ entwickeln wir interaktive Technologien für Gesundheit und Lebensqualität, unter anderem Roboter für Assistenzfunktionen, innovative Lösungen für Nähe und zwischenmenschliche Kommunikation über Distanz oder Anwendungen der virtuellen Realität für die Teilhabe eingeschränkter Personen.
  • Mit dem Projekt „KI-Kompass inklusiv“ wollen wir Menschen mit Behinderungen, Leistungserbringer der beruflichen Rehabilitation, Unternehmen und weitere Stakeholder niedrigschwellig, bedarfsorientiert und praxisnah bei der Erprobung und Einführung KI-gestützter Assistenztechnologien informieren, beraten und unterstützen, um Menschen mit Behinderungen besser am Arbeitsleben teilhaben zu lassen. Dazu wird u. a. eine Datenbank entsprechender Technologien aufgebaut.
  • Mit der geplanten Weiterentwicklung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes werden wir die digitale Barrierefreiheit verbessern, bestehende Barrieren weiter abbauen und damit die Teilhabechancen für Menschen mit Behinderung erweitern.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • Bund, Länder, Kommunen und freie Träger auf Basis einer gemeinsamen Strategie zur Digitalisierung in der Kinder- und Jugendhilfe kooperieren,
  • die Anregung und Förderung von Aktivitäten in der Kinder- und Jugendhilfe zur Stärkung der Digitalkompetenzen von jungen Menschen und Fachkräften durch den Bund erheblich zugenommen hat und digitale Werkzeuge zu qualifizierterer Beratung und stärkerer Nutzung von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe beitragen.
  • 10 Prozent (werdende) Familien vom Informationsangebot und den Digitalen Familienassistenten Gebrauch machen.
  • die digitale Teilhabe älterer Menschen oder anderen Einschränkungen wirksam gestärkt werden konnte. Dies soll mit 20 Partnern an über 200 Erfahrungsorten über 350 Angebote erreicht werden.
  • Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation KI-basierte Assistenztechnologien dank des Projekts „KI-Kompass inklusiv“ besser kennen und nutzen.
  • die digitale Barrierefreiheit verbessert wurde.
  • die Chancen, die der digitale Transformationsprozess für die Gleichstellung von Frauen und Männern bietet, wirksam wahrgenommen werden, insbesondere ob – der Frauenanteil in der IT-Branche gestiegen ist (2021: 17 Prozent).
  • der Anteil an Frauen, die an Fortbildungsmaßnahmen mit Digitalbezug teilnehmen, gestiegen ist (2018: 26 Prozent).
  • der Anteil an erwerbstätigen Frauen, die im Homeoffice arbeiten können, gestiegen ist (2020: 14 Prozent, laut einer Befragung des DGB).

4.2. Innovative Wirtschaft, Arbeitswelt, Wissenschaft und Forschung

Datenökonomie

Die Gestaltung einer attraktiven, sicheren und agilen Datenwirtschaft gehört zu den strategischen Prioritäten der Bundesregierung. Sie ist Grundlage für künftige Wettbewerbsfähigkeit und ermöglicht eine effektive Nutzung des Potenzials von Daten, um das Leben für alle Menschen besser zu machen. Wir brauchen ein umfassendes und offenes Datenökosystem als Baustein eines starken europäischen Daten-Binnenmarktes. Der Aufbau von Dateninfrastrukturen wie Datenplattformen und Datenräumen in allen Sektoren muss zügig weiter vorangetrieben werden. Die Verfügbarkeit und Nutzung von Daten ist sektorübergreifend zu stärken, auch als Grundlage für innovative KI-Anwendungen.

  • Wir wollen die durchgängige Vernetzung der Dateninseln gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in Deutschland konkret auf den Weg bringen. Die Nutzung von Daten soll so einfach vernetzt sein wie das Roaming bei der Telekommunikation. Dafür werden wir die Datenstrategie weiterentwickeln.
  • Mit Gaia-X entsteht ein sektorübergreifend nutzbares, europäisches, offenes, innovatives Ökosystem für datengetriebene Geschäftsmodelle und Produkte. Dieses basiert auf einer Dateninfrastruktur, die Cloud- und Edge-Angebote über Open Source-Anwendungen und interoperable Standards verbindet und auch in die Wissenschaft hinein vernetzt. Diese Entwicklung unterstützen wir, weil sie digitale Souveränität durch Transparenz und Selbstbestimmtheit für die Nutzerinnen und Nutzer gewährleistet.
  • Wir werden verschiedene Datenräume domänenübergreifend miteinander vernetzen. Ziel ist ein sektorübergreifendes digitales Datenökosystem, in dem Daten unter Wahrung der Datensouveränität und des Datenschutzes zwischen Akteuren geteilt werden können. Hierzu unterstützen wir die Entwicklung eines universalen globalen Datenstandards und etablieren dafür strategische internationale Partnerschaften.
  • Ein Dateninstitut soll Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben, Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren. So verbessern wir praxisnah und bedarfsorientiert die Datenverfügbarkeit in Deutschland und stärken eine datenbasierte Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung.
  • Mit dem EU Data Act wollen wir ein innovationsorientiertes Datenrecht für fairen Datenzugang und faire Datennutzung in Europa fördern, und insbesondere für KMU und für Verbraucherinnen und Verbraucher Verbesserungen erreichen, Anreize zum Erheben und Teilen von Daten setzen und den Anbieterwechsel bei Clouddiensten erleichtern.
  • Mit einem Datengesetz schaffen wir für diese Maßnahmen die notwendigen rechtlichen Grundlagen auf nationaler Ebene.
  • Wir setzen die KI-Strategie mit dem Ziel der verantwortungsvollen Entwicklung und Nutzung von KI weiter um, indem wir die Vernetzung der KI-Akteure zu einem KI-Ökosystem unterstützen, den Transfer von der Forschung in die Anwendung und die wirtschaftliche Verwertung voranbringen.
  • Daneben setzen wir uns dafür ein, die EU-Verordnung für künstliche Intelligenz innovationsfreundlich und -ermöglichend bei einem gleichzeitig hohen Sicherheitsniveau zu gestalten.
  • Wir bauen KI-Servicezentren für die stärkere Nutzung von KI auch im Mittelstand auf und machen Deutschland und Europa zu einem führenden KI-Standort in Wissenschaft und Wirtschaft.

KIKStart (KI für KMU und Start-ups)

Wir bringen Anwendungen im Bereich Daten und KI in die Breite der deutschen Wirtschaft, mit besonderem Fokus auf Start-ups und den Mittelstand.

Paul fährt mit Vorfreude in sein mittelständisches Unternehmen, das regional erzeugte Säfte in Mehrwegflaschen abfüllt. Heute wird ein neues System in Betrieb genommen. Mit diesem kann die Firma besser und schneller produzieren. Für die Abfüllanlagen gibt es nun „digitale Zwillinge“, also eine digitale Version der jeweiligen Anlage, die genauso reagiert wie die „echte“. Technische Defekte und Abnutzungszeitpunkte können präziser vorhergesagt und Stillstand bei der Umrüstung der Maschinen verkürzt werden. Durch automatisierte Bildverarbeitung werden Schäden an Gefäßen vor dem Abfüllen ebenso rasch erkannt wie Ausschuss nach dem Abfüllen. Damit kommt ein sechsmonatiges Projekt erfolgreich zum Abschluss. Unterstützt wurde das Unternehmen von Paul durch das von Natascha gegründete KI-Start-up. Dieses hat bei der Nachrüstung der Anlagen mit Sensoren geholfen, mit den daraus erfassten zusätzlichen Daten werden die „digitalen Zwillinge“ gefüttert. Mit Kamerabildern erkennt das System rasend schnell Qualitätsmängel, denn es wurde speziell auf diese Produkte trainiert. Erst war Paul skeptisch, aber in einem von der Bundesregierung geförderten Mittelstand-Digital Zentrum in seiner Nähe konnte er sich anhand eines Demonstrators von den Vorteilen einer datenbasierten Produktion überzeugen und auch mit echten Maschinen experimentieren. Das Start-up von Natascha ist GAIA-X-zertifiziert und nutzt GAIA-X konforme Cloud-Rechenleistung und Daten.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • Daten aus verschiedenen Datenräumen in Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Gesellschaft nach Nutzerinteressen kombinierbar sind.
  • weitere Anwendungsbeispiele umgesetzt wurden, die den technologischen und wirtschaftlichen Nutzen von Gaia-X illustrieren.
  • ein Dateninstitut eingerichtet ist, das die Datenverfügbarkeit und Datenstandardisierung in Deutschland vorantreibt und Datentreuhändlermodelle sowie Lizenzen etabliert.
  • die rechtlichen Regelungen insbesondere zu Datenzugang, Datenportabilität und Interoperabilität weiterentwickelt sind und den Rahmen für eine erfolgreiche Entwicklung der Datenökonomie bilden.
  • es gelungen ist, die Anwendungsbreite und den Transfer von KI in die Praxis zu erhöhen, etwa durch die KI-Servicezentren für Wissenschaft und Wirtschaft.

Wissenschaft und Forschung

Die Etablierung einer umfassend vernetzten, nachhaltigen Datenkultur in Wissenschaft und Forschung ist eine Schlüsselaufgabe der kommenden Jahre. Diese Aufgabe beinhaltet einerseits, Forschungsdaten übergreifend und langfristig für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen, um hieraus neues Innovationspotenzial zu generieren, andererseits Daten für Forschungszwecke weitreichend verfügbar zu machen. Auf dieser Grundlage nimmt die Forschung eine zentrale Rolle bei der Begleitung der Digitalisierung ein.

  • Wir erschließen und systematisieren Forschungsdatenbestände in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) durch den Aufbau eines dezentralen und vernetzten Datenraums zur nachhaltigen Sicherung und Nutzbarmachung von Forschungsdaten.
  • Wir gründen die Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI), um technologische und soziale Innovationen insbesondere an den Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAWs) und kmUnis in Zusammenarbeit mit u.a. mit Start-ups, KMU sowie sozialen und öffentlichen Organisationen zu fördern.
  • Wir entwickeln die Agentur für Sprunginnovationen (SPRIND) auf Basis einer Evaluation weiter mit dem Ziel, disruptive Innovationen noch schneller und flexibler fördern zu können. Mit Spin-off-Forschungsinitiativen stärken wir Ausgründungen aus Forschung und Wissenschaft.
  • Wir vernetzen Wissenschaft und Wirtschaft insbesondere durch Gaia-X als innovatives Instrument des Wissens- und Technologietransfers und durch Interoperabilität zwischen den Datenräumen.
  • Wir schaffen Datenzugangsrechte für die Forschung (Forschungsklauseln), um Forschung im Interesse einer umfassenden, nachhaltigen und werteorientierten Datenkultur zu ermöglichen.
  • Wir verbessern bereits Datenkompetenzen auf allen Karrierestufen in der Wissenschaft innerhalb des Rahmenprogramms Erforschung von Universum und Materie (ErUM) mit dem Aktionsplan ErUM-Data und möchten dies für alle Wissenschaftsbereiche mit einem Förderprogramm im Rahmen unseres Aktionsplans Forschungsdaten umsetzen.
  • Wir stärken die Fähigkeit zur Datenverarbeitung durch den Ausbau der digitalen Infrastruktur des Hoch- und Höchstleistungsrechnens.
  • Darüber hinaus werden wir mit der Zukunftsstrategie die Forschungs- und Innovationspolitik weiterentwickeln, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu gewährleisten, die Resilienz der Gesellschaft zu stärken und die technologische Souveränität zu sichern.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • ein Forschungsdatengesetz den Zugang zu Forschungsdaten für öffentliche und private Forschung umfassend verbessert und vereinfacht hat und Forschungsklauseln eingeführt wurden.
  • sich die NFDI als „das Netzwerk“ in der deutschen Wissenschaftslandschaft etabliert hat und Forschungsdaten zur Nutzung für neue Geschäftsmodelle, Innovationen und einen modernen Staat besser zugänglich sind.
  • SPRIND durch ihre Aktivitäten zur Förderung digitaler Technologien mit gesellschaftlichem Nutzen beiträgt.
  • die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft gestärkt ist und die Forschung dadurch besseren Zugang zu Daten aus der Wirtschaft hat.
  • sich Datenkompetenzen auf allen Karrierestufen in der Wissenschaft verbessert haben wir Rechenleistung im Exascale-Bereich zur Verfügung stellen können.

Standortentwicklung

Eine international wettbewerbsfähige Industrie und ein starker Mittelstand, die die Möglichkeiten der Digitalisierung aktiv für Wachstum und Nachhaltigkeit nutzen, sind für Innovationen, wirtschaftliche Dynamik und zukunftssichere Arbeitsplätze von ebenso entscheidender Bedeutung wie innovative und dynamische Selbstständige und Start-ups. Gemeinsam brauchen sie Freiräume zur Erprobung von Innovationen eine zeitgemäße digitale Ordnungspolitik für fairen Wettbewerb.

  • Anhand der Ziele der Start-up-Strategie werden wir die Bedingungen für Start-ups im Land konsequent und spürbar verbessern. Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz mobilisieren wir privates Kapital und nutzen dieses als Hebel für die Wachstumsfinanzierung.
  • Wir stärken den Mittelstand und unterstützen die sichere digitale Transformation mit dem Förderschwerpunkt „Mittelstand-Digital“ und dem Investitionszuschussprogramm „Digital Jetzt“.
  • Wir werden Deutschland zu einem der führenden Standorte für Unternehmen der digitalen Finanzbranche (u.a. FinTechs, NeoBroker, InsurTechs) entwickeln. Dafür setzen wir auf effektive und zügige Genehmigungsverfahren, Rechtssicherheit für digitale Technologien und die Stärkung von IT- und Cybersicherheit.
  • Wir wollen, dass digitale Finanzdienstleistung ohne Medienbrüche funktionieren. Durch die Setzung eines Rechtsrahmens wollen wir diesen Schritt unterstützen.
  • Zu digitalen Finanzmärkten gehört auch eine digitalisierte Finanzdienstleistungsaufsicht. Die BaFin entwickelt daher ihre Arbeitsweisen und ihre Aufsichtskultur weiter, insbesondere durch Digitalisierung ihrer Prozesse und die Anwendung moderner Technologien in der Aufsicht, um das Tempo und die Qualität der Aufsichtsentscheidungen zu erhöhen.
  • Wir wollen den Standort Deutschland im Bereich der Finanzinnovationen und Krypto-Token weiter stärken. Dazu braucht es weiter klare und rechtssichere Steuerregeln, um Entwicklungen nicht zu behindern. Wir wollen die Finanzaufsicht weiter darin bestärken, neue, innovative Geschäftsmodelle auch bei komplexen Strukturen zu durchdringen. Wir setzen uns für eine europäische Aufsicht im Kryptobereich ein, um innerhalb Europas einheitliche Standards zu fördern.
  • Wir schaffen einen Datenraum Industrie 4.0 zur Entwicklung datenbasierter Geschäftsmodelle in der Industrie (z.B. für mehr Resilienz und Nachhaltigkeit) sowie zur Steigerung von Effizienz und Flexibilität in der Produktion. Hierzu richten wir die Plattform Industrie 4.0 neu aus und unterstützen die branchenübergreifende Initiative „Manufacturing-X“. Wie entwickeln ein Konzept, um Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ebenso zu fördern wie den Transfer von Technologien und Anwendungen in die Breite des Mittelstandes.
  • Wir werden ein Gesetz vorlegen, das einheitliche und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Reallabore bietet und neue Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglicht.
  • Wir stärken die private Rechtsdurchsetzung im digitalen Bereich und schaffen eine Ermächtigung für das Bundeskartellamt, Ermittlungsmaßnahmen nach dem Digital Markets Act durchzuführen.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die in der Start-up-Strategie gebündelten Maßnahmen umgesetzt sind, das Start-up-Ökosysteme dadurch gestärkt ist und sich die Gründerquote erhöht hat.
  • sich der Digitalisierungsgrad des deutschen Mittelstandes, wie beispielsweise im Digitalisierungsindex Mittelstand gemessen, signifikant verbessert hat.
  • Deutschland insbesondere für junge Unternehmen der digitalen Finanzbranche ein attraktiverer Standort geworden ist.
  • der offene Datenraum Industrie 4.0 ca. 10 neue datenbasierte Anwendungsszenarien ermöglicht hat.
  • moderne rechtliche Rahmenbedingungen für Reallabore geschaffen sind und die Erprobung von Innovationen unter realen Bedingungen dadurch besser zum digitalen und nachhaltigen Wandel beiträgt.

Schlüsseltechnologien für die digitale Souveränität Deutschlands und Europas

Die Erforschung, Anwendung und Einführung von Schlüsseltechnologien als Grundlage für digitale Souveränität wird konsequent vorangetrieben und stets am Menschen ausgerichtet. Dabei steht die Entwicklung starker wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ökosysteme ebenso im Fokus wie der Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis. Digitale Souveränität denken wir auch im Kontext der Europäischen Union, denn nur durch ein gemeinsames Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten lassen sich die Potentiale des digitalen Binnenmarktes und seine Größenvorteile voll erschließen.

  • Wir bauen Kompetenzen in Schlüsseltechnologien wie KI, Mikroelektronik, 5G/6G, automatisierten und autonomen Systemen, Robotik, Quantencomputing und Cybersicherheit aus und stärken ganzheitlich die dazugehörigen Ökosysteme.
  • Mit der Umsetzung der KI-Strategie werden wir „Artificial Intelligence (AI) made in Germany“ zu einem weltweit anerkannten Gütesiegel machen. Die starke Position der deutschen Forschung und der Industrie 4.0 in diesem Bereich bauen wir weiter aus.
  • Wir stärken das Mikroelektronikökosystem entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Deutschland und Europa durch die Key Digital Technologies Partnerschaft und die Umsetzung des IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien. Außerdem bringen wir den European Chips Act voran, unter dem wir Investitionen in neuartige Halbleiterfertigungsanlagen sowie Halbleitertechnologien und -anwendungen unterstützen wollen.
  • Wir ermöglichen datenbasierte Geschäftsmodelle durch Cloud-Edge-Infrastruktur und setzen hierfür das IPCEI Next Generation Cloud Infrastructure and Services – Industrial Cloud um. Wir streben Spillover-Effekte in andere Branchen und Mitgliedsstaaten an.
  • Wir fördern das Open-Source Ökosystem und insbesondere Basistechnologien mit einem Sovereign Tech Funds (STF).
  • In der Außen- und Wirtschaftspolitik werden wir unsere technologische Abhängigkeit stärker in den Fokus rücken und ein System zum Monitoring von internationalen Lieferketten einrichten.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • wir bei der KI-Forschung an der europäischen Spitze stehen, beim Transfer zu den weltweit fünf besten Ländern gehören und in der Software-Entwicklung einen deutlichen Schub für Deutschland kreieren konnten.
  • wir mit vertrauenswürdiger und nachhaltiger Mikroelektronik einseitige internationale Abhängigkeiten reduzieren und Engpässe verhindern.
  • wir in einer hypervernetzten Gesellschaft mit Forschung und Entwicklung zu sicheren und vertrauenswürdigen Kommunikationstechnologien der Zukunft (6G, Quantenkommunikation), die notwendigen neuen, leistungsfähigen und sicheren Kommunikationsinfrastrukturen ermöglichen.
  • wir im europäischen Verbund bei Quantentechnologien über starke Ökosysteme verfügen und in Quantensensorik und Quantencomputing in Forschung und Industrie weltweit zur Spitzengruppe von fünf Staaten gehören.
  • wir durch den STF die Open-Source basierte Infrastruktur abgesichert haben, sich das Angebot an Open-Source Technologien verbessert und ggf. die Anzahl der dahinterstehenden Unternehmen erhöht hat.
  • wir als Teil unserer Außen- und Wirtschaftspolitik ein wirkungsvolles System zum Monitoring von internationalen Lieferketten und sich daraus ergebenden Abhängigkeiten aufgebaut haben.

Qualifizierung und Fachkräftesicherung

Der digitale Strukturwandel ist eine große Chance, die wir optimistisch, pragmatisch und sozial verträglich gestaltet werden, damit sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte noch bessere Perspektive haben. Die rasche Digitalisierung trägt zu anhaltenden und branchenübergreifenden Engpässen in IT-Berufen bei. Gerade in der zunehmend ortsunabhängigen Digitalbranche stehen deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb um High Potentials. Fachkräfteknappheit darf nicht zur Bremse für die digitale Transformation werden. Die Sicherung von Fachkräften ist zuvorderst eine Aufgabe der Unternehmen. Die Fachkräftestrategie der Bundesregierung setzt einen unterstützenden Rahmen.

  • Wir stärken die Aus-, Fort- und Weiterbildung, damit die Beschäftigten digital kompetent die neue Arbeitswelt gestalten und komplexe Herausforderungen meistern können. Dafür setzen die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) ambitioniert fort. Weiterbildung soll ein selbstverständlicher Teil des Erwerbslebens und eine Weiterbildungskultur in den Unternehmen, den Bildungseinrichtungen und der Gesellschaft fest verankert werden.
  • Wir machen die Vielfalt an Akteuren, Angeboten und Fördermöglichkeiten im Bereich der beruflichen Weiterbildung transparenter und fördern die Entwicklung der Nationalen Online-Weiterbildungsplattform (NOW!) durch die Bundesagentur für Arbeit. NOW! soll als ein zentrales Online-Eingangsportal für die berufliche Weiterbildung in Deutschland mit der bildungsbereichsübergreifenden Nationalen Bildungsplattform verzahnt werden.

Mehr und leichter passende Weiterbildung für die Arbeit von morgen finden

Elena arbeitet in einem kleinen Unternehmen in der Veranstaltungsbranche. Während der Corona-Pandemie ist die Arbeit notgedrungen sehr viel digitaler geworden, da anstelle von Präsenzformaten hybride und virtuelle Veranstaltungen zu organisieren und durchzuführen waren. Sich daran zu gewöhnen, ist ihr schwergefallen. Elena macht sich deshalb zunehmend Sorgen, ob sie in Zukunft beruflich noch mithalten kann.

Um ihre digitalen Kompetenzen zu verbessern, fasst sie den Entschluss, eine Weiterbildung zu machen. Durch eine Anzeige wird sie zufällig auf ein Online-Angebot der Bundesagentur für Arbeit aufmerksam. Die Nationale Online-Weiterbildungsplattform (NOW!) hilft ihr dabei, eine passende Qualifizierungsmaßnahme zu finden. Auf der Plattform erfährt sie außerdem, dass es einen Zuschuss für die Weiterbildung gibt, der für sie in Frage kommt und den sie direkt online beantragen kann.

Elena schließt die Weiterbildung erfolgreich ab und ist beruflich nun deutlich breiter und besser für die Zukunft aufgestellt.

Nationale Online-Weiterbildungsplattform (NOW!)

  • Wir stärken die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt als durchgängiges Prinzip, auch in bislang von Männern dominierten Berufen und erleichtern über eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben das Fundament für eine stärkere Erwerbsbeteiligung.
  • Wir werden neue Kanäle / Netzwerke für Ausschreibungen identifizieren um unterrepräsentierte Zielgruppen wie Frauen und Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu erreichen.
  • Unter der Arbeitgeber-Dachmarke Bundesverwaltung werden wir die Bundesverwaltung als Arbeitgeber attraktiver auf dem Arbeitsmarkt positionieren, um High Potentials für eine Tätigkeit in Staat und Verwaltung zu gewinnen.
  • Deutschland muss ein Einwanderungsland sein, das auch im internationalen Wettbewerb insbesondere um IT-Fachkräfte attraktiv ist. Wir werden die Rahmenbedingungen der Einwanderung verbessern, damit ausländische Fachkräfte und ihre Familien gern in Deutschland leben und arbeiten.
  • Wir entwickeln das Auslandsportal zur Digitalisierung der Prozesse im Rechts- und Konsularbereich für krisenresiliente und kundenfreundliche Verwaltungsdienstleistungen bei der Beantragung und Ausstellung von Visa und Pässen. So fördern wir ein modernes Deutschlandbild im Ausland und erhöhen unsere Attraktivität für hochqualifizierte Fachkräfte.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die zentrale Weiterbildungsplattform (NOW!) entwickelt wurde und Interessierte unterstützt, passende Beratung, Weiterbildung und Förderung zu finden.
  • Beschäftigte durch NOW! eine Qualifizierung erlangt haben.
  • es Unternehmen leichter fällt, passende Angebote zu finden, um die Qualifizierungsbedarfe ihrer Beschäftigten zu decken und sich so zukunftssicher aufzustellen.
  • der Frauenanteil in Informatik und digitaler Wirtschaft deutlich gesteigert wurde – der Frauenanteil an Gründerinnen in der Digitalbranche deutlich gesteigert wurde, u.a. durch verbesserten Zugang zu Fördermitteln, bessere Vernetzung und weibliche Vorbilder.
  • die Arbeitgeber-Dachmarke Bundesverwaltung zu einer Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber geführt hat, und sich dies an gesteigerten Bewerberzahlen nachweisen lässt.
  • Visa für ausländische Fachkräfte online beantragt werden können und dies zu einer Steigerung der Attraktivität Deutschlands für hochqualifizierte Fachkräfte beiträgt.

Neue Arbeitswelt

In einer sich stetig wandelnden digitalen Wirtschaft verändern sich auch die Organisation und die Kultur von Arbeit. Um die Chancen von flexiblen Arbeitsmodellen, Plattformökonomie, KI und datengetriebenen Innovationen für die neue Arbeitswelt bestmöglich zu nutzen, müssen wir den Rahmen so gestalten, dass sich Arbeitsverhältnisse an den Bedürfnissen der Beschäftigten und Unternehmen sowie den Anforderungen an gute Arbeit orientieren.

  • Wir entwickeln einen praxisgerechten, modernen Rechtsrahmen für mobile Arbeit, der die Interessen von Beschäftigten und Unternehmen nach Flexibilität berücksichtigt und einen fairen Interessenausgleich zwischen den Belangen der Beschäftigten und der Unternehmen ermöglicht.
  • Wir werden mit modernen Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz grundrechtswahrend und rechtssicher den Weg ebnen, um die Potenziale neuer Technologien für eine moderne Arbeitswelt zu nutzen.
  • Wir werden Gewerkschaften und Arbeitgeber dabei unterstützen, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Noch im Jahre 2022 schaffen wir eine befristete Regelung mit Evaluationsklausel, um im Rahmen von Tarifverträgen die Arbeitszeit flexibler gestaltbar zu machen.
  • Wir schaffen Experimentierräume für eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, auf Grund von Tarifverträgen, dies vorsehen.
  • Wir werden die innovativen Potenziale von Plattformen sichern und Beschäftigtenrechte schützen, indem wir den nationalen Rechtsrahmen überprüfen und die Initiative der EU-Kommission zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf Plattformen konstruktiv begleiten.
  • Wir unterstützen innovative Modelle zur Datennutzung in Unternehmen, die unter Sicherstellung des Datenschutzes dazu beitragen, digitale Souveränität und Datenhoheit von Beschäftigten und Unternehmen zu steigern (z. B. über eine Prüfung von Datentreuhändermodellen im Betrieb).
  • Mit dem KI-Observatorium analysieren und gestalten wir die Auswirkungen von KI auf Arbeit und Gesellschaft, um eine menschenzentrierte und wirtschaftlich innovative Einführung und Anwendung von KI in Deutschland zu unterstützen.
  • Wir bringen gute Beispiele einer menschenzentrierten, innovativen Einführung und Anwendung von KI in Unternehmen, insbesondere KMU, über die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) in den Transfer.
  • Wir begleiten Unternehmen, insbesondere KMU und ihre Beschäftigten sowie (Solo- )Selbstständige in der digitalen Transformation mit passgenauen Analysen, Beratungs- und innovativen Qualifizierungsangeboten.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • ein moderner Rechtsrahmen für mobile Arbeit geschaffen ist, der die Interessen von Beschäftigten und Unternehmen nach Flexibilität gleichermaßen berücksichtigt.
  • sich die Regeln für den Beschäftigtendatenschutz in der betrieblichen Praxis bewährt haben und aus Sicht aller Beteiligten zu mehr Rechtssicherheit beitragen.
  • es gelungen ist, mindestens 10 gute Beispiele einer menschenzentrierten, innovativen Einführung und Anwendung von KI in Unternehmen, insbesondere KMU, in Artikelform über das Portal der Initiative Neue Qualität der Arbeit (inqa.de) in den Transfer zu bringen.

Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen

Die Digitalisierung eröffnet neue Chancen für den Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen. Digitale Technologien bieten beträchtliche Potenziale im Kampf gegen die Klimakrise, den Verlust der Biodiversität und die Verschmutzung der Natur durch Schadstoffe und Abfall. Umweltdaten und künstliche Intelligenz können genutzt werden, umweltpolitische Maßnahmen effizienter zu gestalten. Diese Werkzeuge werden wir für die nachhaltige Weiterentwicklung unseres Landes einsetzen – vom Umbau unserer Energieversorgung, über den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft und bis hin zum Schließen von Stoffkreisläufen. Dabei kommt es auch darauf an, dass wir die Digitalisierung insgesamt dafür nutzen, auch ökologische Nachhaltigkeit einfacher und kosteneffizienter zu erreichen.

  • Mit einem Onlineportal, das 2023 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich sein wird, stellen wir einen zentralen Zugang zu deutschlandweit verfügbaren Umweltdaten- und Informationen bereit. So stärken wir die Transparenz zum Zustand unserer Umwelt und verbessern die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe an Umwelt- und Naturschutz.
  • Wir werden den Rechtsrahmen und die Standards für intelligente Messsysteme (Smart Meter) unter Berücksichtigung von Datenschutz und IT-Sicherheit weiterentwickeln, um den Rollout zu entbürokratisieren und zu beschleunigen. Zusammen mit den 450-MHz-Frequenzen schaffen wir digitale Infrastruktur, mit der sich private Haushalte und Unternehmen über digitale Technologien aktiv an der Energiewende beteiligen können.
  • Wir fördern die digital automatisierte Steuerung der Energienachfrage in der Industrie und schaffen damit eine wichtige Voraussetzung für die verlässliche und günstige Versorgung mit klimaneutraler Energie.
  • Wir schaffen die Grundlage für eine stärkere Nutzung der Abwärme von Rechenzentren sowie für Energie- und Umweltmanagementsysteme und treiben den Einsatz umwelt- und klimafreundlicher Kühlmethoden, insbesondere Wasserkühlung, voran.
  • Wir regeln Effizienzanforderungen für Rechenzentren und entwickeln Indikatoren, um einen Wettbewerb für die größte Effizienzleistung unter den Betreiberinnen und Betreibern auszulösen.
  • Wir werden Förderprogramme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcenschutz (wie bspw. die KI-Leuchttürme) weiterentwickeln und ausbauen, um die Potentiale von digitalen Lösungen unter anderem im Bereich Green ICT/Clean IT zu heben und den Transfer von der Forschung in die Anwendung zu stärken.

SynErgie – energieflexible Industrie

Pablo fährt mit dem E-Bike an einem sonnigen Morgen zur Arbeit. Er schaltet den Motor eine Stufe höher, denn der Wind bläst ihm ins Gesicht. Angekommen, schließt er das E-Bike an der Ladesäule an und schaut im Vorbeigehen auf einen Bildschirm im Flur. Er sieht, dass die Solarzellen auf dem Dach der Firma viel Strom erzeugen – und weil heute in ganz Deutschland die Sonne scheint und der Wind weht, ist auch der Strom aus der Steckdose besonders sauber und günstig. Die E-Bikes und die E-Autos auf dem Parkplatz werden jetzt automatisch geladen und in der Werkshalle brummen die Maschinen.

In seinem Büro angekommen, überprüft Pablo als erstes, welche Autoteile heute hergestellt werden sollen. Auf seinem Computer sieht er, dass die automatisierte Software einen Plan erstellt hat. Alle Maschinen sollen so viel produzieren wie möglich, denn die Stromkosten sind gering und der Stromnetzbetreiber bezahlt sogar dafür, dass diese Nacht von 22:00 Uhr – 06:00 Uhr besonders viel Strom verbraucht wird. Pablo überlegt kurz: „Gut, dass die Maschinen automatisch arbeiten und die Kollegen aus der Nachtschicht nur zweimal zusätzlich die Autoteile mit dem elektrischen Gabelstapler in das Lager bringen müssen.“ Er klickt auf die grüne Taste und die Software macht jetzt alles von alleine.

Pablo schaut auf die Uhr und lächelt. Er hat gleich eine Besprechung mit seiner Chefin und die ist immer gut gelaunt, wenn sie für das Stromverbrauchen bezahlt werden und der CO2-Fußabdruck der Produkte gering ist – darüber freuen sich alle, auch die Kunden.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • ca. 300 unterschiedliche Datenquellen (Bundesbehörden, Umweltverwaltungen der Länder, kommunale Verwaltungen, Wirtschaft, Wissenschaft, NGO und Verbände) in das Onlineportal für Umweltdaten eingebunden sind und wir damit die Datenverfügbarkeit für Geschäftsmodelle, Forschung und gemeinnützige Zwecke verbessert haben.
  • die Nutzung intelligenter Messsysteme in privaten Haushalten und Unternehmen um 80 Prozent zugenommen hat und zur Energie-, Mobilitäts- und Wärmewende sowie zu einem effizienteren Energieverbrauch beiträgt.
  • die Abwärme von Rechenzentren besser genutzt wird und sich der Einsatz umwelt- und klimafreundlicher Kühlmethoden verbessert hat. Um dieses Ziel zu erreichen werden wir Beschaffungsrichtlinien anpassen und im Rahmen der gesetzlichen Verankerung der kommunalen Wärmeplanung einen Anspruch auf Wärmeeinspeisung für wassergekühlte Rechenzentren prüfen, wenn dies ökologisch sinnvoll ist.
  • der Aufbau eines Energieeffizienzregisters für Rechenzentren einen Wettbewerb unter den – Methoden zur energieeffizienten Softwareentwicklung und effizienter KI-Entwicklung und -Rechenzentrums-Betreibern um die größte Energieeffizienzleistung ausgelöst hat. Übertragung etabliert sind.
  • wir mit Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten im Bereich Green ICT/Clean IT energieeffiziente und ressourcenschonende digitale Lösungen in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) voranbringen.

Nachhaltige Landwirtschaft und Resilienz in ländlichen Räumen

Die Digitalisierung spielt eine große Rolle dabei, unsere Landwirtschaft und die ländlichen Räume zukunftsfest zu gestalten. In den ländlichen Räumen werden die Vielfalt unserer Lebensmittel, der nachwachsenden Rohstoffe und der Großteil der erneuerbaren Energie erzeugt. Digitale Technologien können die Landwirtschaft nachhaltiger, tiergerechter, ressourcenschonender, effizienter und somit resilienter machen. So helfen sie dabei, unsere Lebensgrundlagen und die Grundlagen für die Zukunft unserer Wirtschaft zu sichern. Sie unterstützen uns zudem bei der Verbesserung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sowie der Tiergesundheit und leisten damit auch einen wesentlichen Beitrag für mehr Lebensmittelsicherheit.

  • Wir stärken Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft durch Erprobung und Entwicklung digitaler Technologien auf Experimentierfeldern, unterstützt durch ein breites Informationsangebot.
  • Wir werden konkrete Vorschläge für digitale Techniken in einer Runde von Expertinnen und Experten erarbeiten, die dem Tierwohl und der Tiergesundheit dienen und dieses monitoren.
  • Wir werden die von der Landwirtschaft benötigten öffentlichen Daten einfacher und in geeigneter Qualität und Aktualität den berechtigten Nutzerinnen und Nutzern frei zur Verfügung stellen.
  • In Zukunftsregionen und verschiedenen Modellvorhaben werden neue digitale Ansätze entwickelt und in der Praxis getestet, die regionale Wertschöpfungsketten in ländlichen Räumen stärken und das Lebens- und Arbeitsumfeld attraktiver machen.
  • Durch Vernetzung und Aufbau von KI- und Datenkompetenzen im Agrifood-System sorgen wir für freien Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis.

Nachhaltige Digitalisierung in Landwirtschaft und ländlichen Räumen

Auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Müller werden Kühe gehalten, Getreide angebaut und frisches Gemüse und erneuerbare Energien erzeugt. Dabei unterstützen heute viele digitale Helfer und machen den Betrieb nachhaltiger und tiergerechter. Die Kühe gehen immer dann zum Melkroboter, wenn sie es wollen und nicht zu vorgegebenen Zeiten. Die Milchqualität wird in Echtzeit erfasst. Die Kühe tragen digitale Hals- und Fußbänder, ähnlich einer Smartwatch. Diese senden der Bäuerin aktuelle Daten über den Gesundheitszustand der Kühe auf ihr Smartphone. Beim Anbau des Getreides und des Gemüses werden zur Beseitigung der Unkräuter kamera- und satellitengesteuerte Hackgeräte eingesetzt und Pflanzenschutzmittel extrem zielgenau nur dort eingesetzt, wo dies zwingend notwendig ist. Mit dem Biogas, das aus der Gülle der Kühe erzeugt wird, beheizt die Familie den eigenen Betrieb sowie das Neubaugebiet im Ort und speist Strom ins Netz. Mit dem Strom der Photovoltaikanlage auf dem Stall und über dem Gemüsefeld wird das nahe Gewerbegebiet mit Sonnenstrom und die hofeigene Elektroladesäule für die Kundinnen und Kunden des Hofladens und den Elektrotraktor versorgt. Alles wird digital gesteuert, um das Energieangebot optimal auf die Nachfrage abzustimmen.

Bevor sich die Landwirtin die geeigneten Geräte angeschafft hat, hat sie sich auf den digitalen Experimentierfeldern des BMEL informiert. So konnte sie sich im Detail über die Vor- und Nachteile der neuesten Digitaltechnik erkundigen und die passenden Geräte für sich auswählen.

Dank der inzwischen guten Mobilfunk- und Internetverbindung in ländlichen Räumen vermarktet Familie Müller ihre Produkte nicht mehr nur über den Hofladen, sondern liefert drei Mal pro Woche die auf der Homepage bestellten Produkte an die Bewohnerinnen und Bewohner der umliegenden Dörfer aus. Die Betriebe der Region haben sich digital zusammengeschlossen und vermarkten ihre Produkte auf dem digitalen Regionalmarktplatz, der im Rahmen des Projektes Zukunftsbetriebe/Zukunftsregionen entwickelt wurde. Dadurch ist die Produktvielfalt größer, Einkaufsfahrten werden überflüssig, die Region profitiert und Menschen mit eingeschränkter Mobilität erhalten frische Nahrungsmittel direkt an die Haustür geliefert.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die Anwendung digitaler Technologien in der Landwirtschaft zugenommen hat und einen wirksamen Beitrag zu mehr Effizienz, Nachhaltigkeit und Tierwohl leistet.
  • die Anzahl der Personen, die durch Wissenstransfermaßnahmen in der Digitalisierung der Landwirtschaft erreicht wurden, messbar zugenommen hat.
  • ein einrichtungsübergreifendes Kompetenzzentrum für KI- und Big Data-Anwendungen im Bereich von Agrifood-Systemen eingerichtet ist.
  • die Anzahl der Veröffentlichungen von maschinenlesbaren Datensätzen zu landwirtschaftlichen Themen signifikant zugenommen hat.
  • wir gemeinsam mit den Ländern die nachhaltige Modernisierung der zentralen IT-Architektur für die Verbesserung des Datenmanagements für den gesundheitlichen Verbraucherschutz und die Tiergesundheit gestartet haben (Abstimmung, Planung und Umsetzung).

4.3. Lernender, digitaler Staat

Digitale Verwaltung

Die Orientierung an Nutzerinnen und Nutzern ist unser oberstes Prinzip bei der Digitalisierung des Verwaltungshandelns. Digitale Verwaltungsleistungen müssen für alle Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen möglichst einfach, barrierefrei, sicher, jederzeit, transparent und an jedem Ort nutzbar sein und zu spürbaren Erleichterungen im Alltag führen. Damit die Verwaltung diese Anforderungen erfüllen kann, müssen auf allen Ebenen die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden.

  • Als Grundlage für die Digitalisierung in den Bundesbehörden treiben wir die IT-Konsolidierung Bund mit Blick auf die Harmonisierung von Diensten und Betrieb weiter voran.
  • Daneben wollen wir auch den digitalen Kulturwandel mit den Themen Change-Management und Organisationsentwicklung in Bundesverwaltung verankern, denn Digitalisierung von Staat und Verwaltung funktioniert nur mit digitalkompetenten Beschäftigten. Konkret heißt das, für eine neue Form der digitalen Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung zu sorgen und das alte Silodenken der einzelnen Ressorts zu überwinden. Zur Unterstützung werden wir die ressortübergreifende Plattform GovLabDE für die Zusammenarbeit bei hochkomplexen Projekten aufbauen und dort dauerhaft Ressourcen, Infrastrukturen, Methoden und Fachexpertise bereitstellen und bündeln.
  • Wir werden das OZG weiterentwickeln und die Verwaltungsdigitalisierung als Daueraufgabe etablieren. Die im Zuge der OZG-Umsetzung flächendeckend etablierten Strukturen werden wir weiter verstetigen, damit sie langfristig tragfähig sind.
  • Wir sorgen gemeinsam mit den Ländern für die Anpassung besonders relevanter dezentraler und zentraler Register in Bund, Ländern und Kommunen nachdem wir das bestehende Registermodernisierungsgesetz verfassungsfest reformiert haben. Dadurch soll die Verwaltung auf Wunsch des Antragstellenden die in Registern vorhandenen Daten bei der Erbringung von Verwaltungsleistungen datenschutzkonform und datensparsam abrufen können (Once-Only-Prinzip). So ermöglichen wir, dass Informationen und Nachweise im Kontakt mit Behörde künftig nur noch einmal eingereicht werden müssen.
  • Die Verwaltungsmodernisierung im Sinne des Staates als Dienstleister muss mit der Einsetzbarkeit digitaler Identitäten und der Registermodernisierung Hand in Hand gehen. Daher werden wir Digitalisierungshemmnisse wie Schriftformerfordernisse mittels Generalklausel abbauen, Begriffe vereinheitlichen und proaktives Verwaltungshandeln durch antragslose und automatisierte Verfahren gesetzlich verankern.
  • Wir schaffen einen Portalverbund, in dem Portale, Onlinedienste, Basisdienste und sonstige IT-Komponenten zur Realisierung von Verwaltungsleistungen modular und über alle föderalen Ebenen interagieren. Hierfür werden wir die notwendigen gemeinsamen Standards und Schnittstellen abstimmen und verbindlich vorgeben.
  • Das Verwaltungsportal des Bundes (Bundesportal) werden wir als zentralen Einstiegspunkt und Informationsquelle für Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen weiter ausbauen und das Bundesportal befähigen, die Beantragung aller relevanten OZG-Leistungen direkt durchzuführen.
  • Rechtsvorschriften sollen möglichst vollständig digital ohne Medienbrüche vollziehbar sein. Gesetze müssen digital gedacht und entwickelt werden. Dazu werden künftig Gesetze in einem Digitalcheck im Vorfeld eines Rechtsetzungsverfahrens auf Digital- und Umsetzungstauglichkeit geprüft.
  • Wir vereinfachen den Online-Ausweis in seiner Nutzung, indem wir ihn auf das Smartphone bringen. Die staatlich bereitgestellte digitale ID und das Nutzerkonto des Bundes entwickeln wir bedienerfreundlich weiter und machen die bestehenden Funktionalitäten anschlussfähig an ein Ökosystem digitaler Identitäten. Dabei sollen auf Wunsch auch weitere Merkmale von Personen, die eine digitale Identität ausmachen, wie zum Beispiel Führerschein, Bildungsabschlüsse oder Zugangsberechtigungen, die von anderer Stelle als dem Staat ausgestellt werden, integriert werden können. Aufgrund der Vielzahl der Anwendungsbereiche arbeiten wir bei der Entwicklung und fachlichen Umsetzung in ressort- und behördenübergreifenden agile Projektteams und Innovationseinheiten zusammen.
  • Mit der Digitalen Rentenübersicht ermöglichen wir Bürgerinnen und Bürgern, Informationen über ihre individuelle Absicherung im Alter auf einen Blick und an einem Ort digital abzurufen. Mit diesem Angebot soll der Kenntnisstand über die eigene Altersvorsorge verbessert werden.
  • Digitale Finanzverwaltung: Wir werden die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens konsequent weiter vorantreiben und dafür sorgen, dass steuerliche Regelungen grundsätzlich auch digital umsetzbar sind. In der Finanzverwaltung werden wir durch digitale Verfahren, wie beispielsweise vorausgefüllte Steuererklärungen und Easy Tax, die Erfüllung steuerlicher Pflichten erleichtern. Die gesamte Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung soll dabei möglichst digital sein.
  • Auch für Unternehmen werden wir die Steuerbürokratie mit Hilfe von verbesserten Schnittstellen, Standardisierung und dem sinnvollen Einsatz neuer Technologien deutlich verringern. Dies soll die Betriebsprüfung modernisieren und beschleunigen. Zur Sicherung der Anschlussfähigkeit der Steuerverwaltung an den digitalen Wandel und für eine spürbare Verringerung der Steuerbürokratie wird eine zentrale Organisationseinheit auf Bundesebene eingerichtet.
  • Wir werden schnellstmöglich ein elektronisches Meldesystem bundesweit einheitlich einführen, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet wird. So senken wir die Betrugsanfälligkeit unseres Mehrwertsteuersystems erheblich und modernisieren und entbürokratisieren gleichzeitig die Schnittstelle zwischen der Verwaltung und den Betrieben. Aufbauend auf den Maßnahmen der letzten Legislaturperiode werden wir alles dafür tun, missbräuchliche Dividendenarbitragegeschäfte zu unterbinden. Um dies betrugssicher sicher zu stellen, wollen wir neue technische Möglichkeiten, z.B. Blockchain, noch stärker nutzen.
  • Wir fördern und nutzen konsequent Daten über den öffentlichen Einkauf zur Herstellung von Transparenz, zur Erleichterung des Zugangs für interessierte Wirtschaftsteilnehmer und als Basis einer strategisch sowie nachhaltig ausgerichteten Beschaffung. Dazu zählt ein nationaler Bekanntmachungsservice und die Nutzung einheitlicher Datenstandards.

Ökosystem digitale Identitäten

Die im Klimaschutz engagierte Ella zieht zuhause aus. Sie beginnt ihr Studium an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät in Rostock. Ihre Eltern Milena und Björn sind Bauern im Parchimer Landkreis und gründen gerade ihr zweites Unternehmen: Sie versenden ihre nachhaltig angebauten Schnittblumen bundesweit im Abo.

Nachdem Ella ein WG-Zimmer gefunden hat, meldet sie sich elektronisch um. Sie nutzt dafür ihre digitale ID am Smartphone. Dass bei der digitalen ID der Datenschutz ernst genommen wird und kein Nutzerprofil von ihr erstellt werden kann, ist Ella wichtig. Sie verwendet die digitale ID auch für den Login auf der Plattform eines bundesweiten Netzwerks für Klimaschutz. Auch ihre Hausbank bietet die schnelle und einfache Konto-Eröffnung mit der digitalen ID an.

Ihr Konto bei der Bank gibt Ella wenig später im BAföG-Antrag an. Es ist Freitag und sie sitzt im Zug auf dem Weg zu ihren Eltern, als ihr einfällt, dass sie den Antrag noch stellen muss. Die benötigten Nachweise hat sie, weil alle Nachweise, auf ihrem Smartphone gespeichert sind. Für die Authentisierung nutzt Ella wieder ihre digitale ID und lädt die Nachweise hoch. Während ihre Tochter noch im Zug sitzt, ergänzt Milena die Nachweise der Eltern und meldet ihr neues Gewerbe beim Amt Parchimer Umland online an. Fertig!

Einfach und sicher spenden!

Anna ist ehrenamtlich engagiert. Sie möchte Geld an eine gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Organisation spenden. Sie weiß aber nicht, welche Organisationen Spenden annehmen dürfen, für die Themen, die sie gern fördern möchte. Sie informiert sich online im Zuwendungsempfängerregister. Sie findet dort nicht nur den Namen und die Anschrift des Vereins, dessen Arbeit sie mit ihrem Geld finanziell unterstützen möchte, sondern auch dessen staatlich geprüfte Kontoverbindung. So kann Anna sicher sein, dass ihr Geld auch für den Zweck, den sie fördern möchte, eingesetzt wird und dass das Finanzamt die Spende bei ihrer Einkommensteuererklärung steuermindernd berücksichtigt.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • im Rahmen der IT-Konsolidierung Bund (Programms Dienstekonsolidierung) das bestehende Angebot an Querschnitts-, Basis- und Infrastrukturdiensten harmonisiert, optimiert und weitestgehend beim IT-Dienstleister des Bundes zusammengeführt ist.
  • im Rahmen der IT-Konsolidierung Bund (Programm Betriebskonsolidierung) mit der Zusammenführung von Rechenzentren der Bundesbehörden in den Masterrechenzentren des IT-Dienstleisters des Bundes begonnen wurde.
  • jedes Ministerium der Bundesregierung organisatorische Maßnahmen zum Change-Management für die gezielte Unterstützung des digitalen Kulturwandel in seinem Geschäftsbereich getroffen hat.
  • die ressortübergreifende Plattform GovLabDE für die Zusammenarbeit bei hochkomplexen Projekten aufgebaut ist und für die Bundesverwaltung wirksame Unterstützung leistet.
  • Bund, Länder und Kommunen die Voraussetzungen zur Umsetzung des Once-Only-Prinzips für die TOP-Register des IT-Planungsrates geschaffen haben und dadurch bei der Beantragung von Verwaltungsleistungen durch Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen bereits vorhandene Nachweise nicht mehr erbracht werden müssen.
  • in Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes die Digitalisierung der innerhalb der Bundesregierung priorisierten Leistungen flächendeckend realisiert ist und eine fortwährende Harmonisierung der Plattformangebote umgesetzt wird und die Erfahrungen aus der Umsetzung bei Bund und Ländern Eingang in ein „OZG 2.0“ gefunden haben.
  • der Personalausweis und der Führerschein auch als digitale Nachweise zur Nutzung mit mobilen Endgeräten verfügbar sind.
  • in mindestens fünf Wirtschaftssektoren eine staatlich bereitgestellte digitale ID als unternehmensunabhängige Identität zur Identifizierung genutzt werden kann.
  • ein nationaler Bekanntmachungsservice im Betrieb ist, über den die Bekanntmachungsdaten zu öffentlichen Auftragsvergaben in Deutschland an einer Stelle zentral und frei zugänglich zur Verfügung gestellt werden können.
  • wir im DESI Verwaltungsranking unter die Top 10 gelangt sind.

Open-Data und Datenkompetenz in der öffentlichen Verwaltung

  • Aktuelle, zugängliche und gut strukturierte oder gar verknüpfte und weiterverwendbare maschinenlesbare Daten sind eine Grundvoraussetzung für wegweisende Datennutzung, aber auch eine wichtige Grundlage für gemeinwohlorientierte Datenarbeit, für die Information der Öffentlichkeit und die Entwicklung innovativer digitaler Lösungen in Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
  • Mit der Umsetzung der Open-Data-Strategie verbessern wir die Verfügbarkeit von Verwaltungs- und Forschungsdaten, damit sie von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung selbst besser genutzt werden können.
  • Durch die Etablierung von Open-Data-Prozessen analog zu Verfahrensabläufen bei Fragen zum Datenschutz in den Bundesbehörden wird die Bereitstellung von Open-Data auch nachhaltig sichergestellt.
  • Wir werden einen Rechtsanspruch auf Open-Data einführen.
  • Durch die Einrichtung, Weiterentwicklung und dauerhafte Verstetigung von Datenlaboren und Datencockpits in allen Bundesressorts stärken wir die Datenkompetenz der Verwaltung weiter und stellen geeignete Werkzeuge und Ressourcen zur Datenanalyse bereit.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • alle Ressorts ihren gesetzlichen Open-Data-Verpflichtungen nachgekommen sind und den Nutzen der Daten in ihrem Zuständigkeitsbereich in der Breite bekannt gemacht haben.
  • Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung deutlich mehr und qualitativ hochwertigere Daten als Open-Data zur digitalen Wertschöpfung zur Verfügung stehen.
  • Bundesbehörden Prozesse eingeführt haben, die die Bereitstellung von Open-Data in den Arbeitsalltag integrieren.
  • alle Ressorts Datenlabore etabliert und verstetigt haben.

Digitale Justiz

Die Digitalisierung der Justiz ist entscheidend, um sie mit attraktiven und zukunftsorientierten Angeboten als Säule des Rechtsstaats zu stärken.

  • Mit dem Digitalpakt für die Justiz schaffen wir koordiniert neue bundeseinheitliche digitale Justizangebote und verbessern die Arbeitsprozesse innerhalb der Justiz von Bund und Ländern. Der Bund übernimmt künftig mehr Verantwortung für die technische Seite der Justizdigitalisierung und stärkt dadurch auch seine Kompetenz für eine digitaltaugliche Gesetzgebung. So ermöglichen wir bessere Gesetze, effizientere Verfahren und einen zeitgemäßen, bürgerfreundlichen Zugang zum Recht.
  • Innovative Dienste werden für die Justiz nutzbar gemacht, indem sie der Bund entwickelt oder ihre Entwicklung durch die Länder koordiniert und unterstützt. In der Justiz bleibt der Mensch im Mittelpunkt, sowohl vor als auch hinter der Richterbank. Aber die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz werden zur Unterstützung der Menschen vermehrt genutzt.
  • Darüber hinaus verkünden wir Gesetze und Rechtsverordnungen künftig elektronisch und machen Rechtsinformationen des Bundes in digitalen Formaten über ein zentrales Portal leichter für Öffentlichkeit und Forschung zugänglich.

Digitalisierte Justiz – für mehr Effizienz und leichteren Zugang zum Recht

Sascha ist im Urlaub und sehr unzufrieden. Der versprochene Pool ist leer und in seinem Hotelzimmer geht das Licht nicht. Schon während der Rückreise geht er ins Internet und findet auf dem Justizportal verlässliche Informationen über die Möglichkeiten, seine Rechte bei Reisemängeln geltend zu machen. Mithilfe eines Online-Werkzeugs auf dem Portal schreibt er einen Beschwerdebrief an den Reiseveranstalter. Als der die teilweise Erstattung des Reisepreises ablehnt, reicht Sascha online eine Klage ein, was ziemlich einfach geht, weil das Klagetool ihn durch alle relevanten Fragen lotst und er sich mit seiner digitalen ID ausweisen kann. Seine Fotos und Videos von den Mängeln fügt er seiner Klage elektronisch bei. Auch das anschließende Gerichtsverfahren wird komplett digital geführt. Benachrichtigungen zum Verfahrensstand erhält Sascha auf sein Smartphone. Im Verfahren wird ein anderer Hotelgast als Zeuge per Videokonferenz gehört. Sascha verfolgt die Vernehmung am Laptop. Bald darauf übermittelt das Gericht Sascha das Urteil digital. Seine Klage war erfolgreich, deshalb erhält er kurz darauf auch das Geld vom Reiseveranstalter, ohne dass er ein einziges Mal ein Gerichtsgebäude betreten musste.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die gesetzliche Regelung für die Erprobung vollständig digital geführter Zivilverfahren geschaffen und an einzelnen Pilotgerichten mit der Erprobung vollständig digital geführter Zivilverfahren begonnen wurde.
  • für eine bundesweit einsetzbare Software für Justizdienstleistungen in einer digitalen Rechtsantragstelle bis Ende 2023 ein Minimum Viable Product (MVP) entwickelt wurde und bereits erste Justizdienstleistungen in einer digitalen Rechtsantragstelle angeboten werden.
  • die gesetzliche Regelung für die digitale Aufzeichnung der strafgerichtlichen Hauptverhandlung in Bild und Ton mit automatisiertem Transkript geschaffen wurde.
  • das bundeseinheitliche Videoportal der Justiz deutschlandweit für Videoverhandlungen und Online-Termine der Justiz spätestens ab 2024 genutzt werden kann.
  • Gesetze und Verordnungen elektronisch verkündet werden.
  • eine Schnittstelle für die kontrollierte Übergabe von Justizdaten zur Ermöglichung KI-gestützter cloudbasierter Justizdienste geschaffen wurde.
  • wir ein Konzept für eine bundesweite Justizcloud der Zukunft entwickelt haben.

Digitale Polizei

Im Programm Polizei 20/20 arbeiten wir gemeinsam mit den Polizeien von Bund und Ländern sowie der Zollverwaltung an der Harmonisierung und Modernisierung der polizeilichen IT-Systeme und Verfahren. So erhöhen wir die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und gestalten die Zukunft der deutschen Polizei.

  • Wir stellen sicher, dass die zukünftige IT der Polizei einfach, anwenderfreundlich und immer auf dem Stand der Technik und IT-Sicherheit ist. Durch die Harmonisierung der polizeilichen Informationsarchitektur ermöglichen wir die digitale und medienbruchfreie Vernetzung der Polizeien mit ihren nationalen und internationalen Partnern, einheitliche Lagebilder und zentren.
  • Wir gewähren jeder Polizistin und jedem Polizisten innerhalb der rechtlichen Rahmenbedingungen jederzeit und überall Zugriff auf die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen. Mit Hilfe von modernen Zugriffs- und Berechtigungskonzepten stärken wir gleichzeitig den Datenschutz durch Technik.
  • Wir entwickeln relevante polizeiliche IT-Angebote künftig einmal und stellen diese den Bedarfsträgern zur Verfügung. Auch Daten werden in Zukunft nur noch einmal erhoben. So schaffen wir die Voraussetzung für bessere Erkenntnisse und eine schnellere Reaktionsfähigkeit in der Polizeiarbeit.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • ein gemeinsames Datenhaus zur Verfügung steht, in dem sowohl Daten, Funktionen und Anwendungen für die polizeiliche Sachbearbeitung als auch Basisdienste zentral zusammengefasst sind.
  • konsolidierte Verfahren der polizeilichen Sachbearbeitung (z.B. ein einheitliches Fallbearbeitungssystem sowie Interims-Vorgangsbearbeitungssysteme) erste Daten an das Datenhaus anliefern.
  • ein medienbruchfreier Austausch von Daten zwischen Polizei in Bund und Ländern und der Justiz möglich ist, der u.a. dem gesetzlichen Erfordernis zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen genügt.

Digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung

Um die Kontrolle über die eigene IT sicherzustellen und insbesondere Informations- und Datenschutz gewährleisten zu können, muss die öffentliche Verwaltung unabhängiger von einzelnen Anbietern und Produkten werden. Daher werden wir die Digitalisierung der Verwaltung über einen offenen und wettbewerbsfähigen Markt unterstützen.

  • Gemeinsam mit Ländern und Kommunen minimieren wir die Abhängigkeiten von Technologieanbietern mit Hilfe von Open-Source, offenen Schnittstellen und offenen Standards und entwickeln eine Multi Cloud Struktur. Hierfür setzen wir die Deutsche-Verwaltungscloud-Strategie um.
  • Mit der Gründung des Zentrums für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (ZenDis) schaffen wir eine übergreifende organisatorische Einheit, um die Verfügbarkeit leistungsfähiger Open-Source-Lösungen sicherzustellen. Dafür arbeiten wir unter anderem daran, die weitere Entwicklung des Souveränen Arbeitsplatzes zu unterstützen und ihn stärker zu etablieren.
  • Wir stärken die digitale Souveränität, Cybersicherheit und Krisenresilienz durch Weiterentwicklung der nationalen Krypto-Technologien in Form hochsicherer Kommunikation zum Schutz von Geheimnissen von Staat und Wirtschaft. Wir ermöglichen damit schnellere, virtuelle Abstimmungen zu sensiblen Themen.

Digitale Geheimkommunikation – Souveränität für Regierung und Unternehmen

Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist Europa näher zusammengerückt. Annika muss sich in kürzester Zeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen in den anderen europäischen Hauptstädten abstimmen und fundierte Entscheidungen der Regierungschefs vorzubereiten. Sichere Geheimkommunikation ist für sie von größter Bedeutung. Schnelle Reaktionen der europäischen Regierungen auf weltpolitische Situationen können digital und sicher per Audio & Video abgestimmt werden.

Auch für die Wirtschaft ist die Weiterentwicklung der Geheimkommunikation äußerst hilfreich: So kann Jona, der Geschäftsführer der Musterfirma AG, ohne zeitaufwändige Anreise in die Behörde Angebote zu seiner Dienstleistung für ein als VS-Vertraulich eingestuftes Projekt abstimmen. Das spart komplizierte Terminkoordinierung und erlaubt einen deutlich schnelleren Projektbeginn.

  • Mit der „Platform Analysis and Information Systems“ (PLAIN) haben wir einen Standard für die souveräne und geschützte Bearbeitung von Big Data Problemen in der Bundesregierung geschaffen, mit dem Ziel die Informationsgrundlage für politische Entscheidungen zu verbessern.
  • Sichere und zuverlässige staatliche IT bei physischen oder virtuellen Bedrohungen kann durch eine mehrfache und unabhängig voneinander stehende Bereitstellung von IT-Infrastruktur garantiert werden. Zur weiteren Verbesserung der Georedundanz arbeiten wir an der Schaffung einer digitalen Datenbotschaft („Digital Embassy“) der Bundesregierung im Ausland – abgesichert durch einen völkerrechtlichen Vertrag.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die Multi Cloud Struktur als Teil der deutschen Verwaltungscloud-Strategie realisiert ist.
  • wir das ZenDiS gegründet haben und gemeinsam mit den Ländern den Souveränen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen können.
  • wir eine hochverfügbare und hochsichere Cloudinfrastruktur aufgebaut und zur Nutzung über öffentliche Providernetze zugänglich gemacht haben.
  • wir für mittelständische Unternehmen kosteneffiziente IT-Dienstleistungen mit sehr hohem Schutzbedarf ermöglichen.
  • wir PLAIN als themenoffen nutzbaren Standard für KI-gestützte Datenanalyse in der gesamten Bundesverwaltung verfügbar gemacht haben.
  • die digitalen Datenbotschaft eingerichtet ist.

Cybersicherheit

Cybersicherheit ist für die Digitalisierung von Zivilgesellschaft, Wirtschaft, und Staat ein elementarer Bestandteil mit nationalen und internationalen sicherheitspolitischen Verknüpfungen. Sie trägt substantiell zur gesamtstaatlichen Handlungsfähigkeit und Resilienz bei. Daher ist das staatliche Handeln im Bereich Cybersicherheit geprägt durch Cyberinnenpolitik, Cyberaußenpolitik und Cyberverteidigung.

  • Wir entwickeln die Cybersicherheitsstrategie für Deutschland weiter und schaffen so einen modernen, ressortübergreifenden Rahmen für die Aktivitäten der Bundesregierung.
  • Aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung und Vernetzung werden wir die Anforderungen an die Cybersicherheit der Kritischen Infrastrukturen anpassen. Hierbei ist eines unserer Ziele, dass nicht-vertrauenswürdige Unternehmen beim Ausbau kritischer Infrastrukturen nicht beteiligt werden.
  • Das bestehende ressortgemeinsame Instrumentarium der Bundesregierung zur Krisenfrüherkennung und strategischen Vorausschau nutzen wir, um Bedrohung aus dem digitalen Raum zu antizipieren und frühzeitig Handlungsoptionen zu entwickeln. Wir setzen dabei weiterhin konsequent auf PREVIEW und die zu Grunde liegende Plattform PLAIN.
  • Wir entwickeln das Nationale Cyber-Abwehrzentrum weiter, stärken damit nachhaltig die ressortübergreifende und gesamtstaatliche Zusammenarbeit in der Cybersicherheit und ermöglichen das Verdichten von Informationen zu einem gemeinsamen und umfassenden Lagebild der Cybersicherheit.
  • Wir vertiefen die föderale Zusammenarbeit in der Cybersicherheit deutlich, indem wir das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Zentralstelle im Bereich der IT-Sicherheit ausbauen und unabhängiger aufstellen.
  • Durch die Forschungsbeauftragung der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit und Nutzbarmachung der Ergebnisse stärken wir gezielt die digitale Souveränität im Bereich Cybersicherheit.
  • Wir führen ein Recht auf Verschlüsselung, ein wirksames Schwachstellenmanagement, mit dem Ziel Sicherheitslücken zu schließen, und die Vorgaben „security-by-design/default“ ein. Auch der Staat muss verpflichtend die Möglichkeit echter verschlüsselter Kommunikation anbieten. Hersteller haften für Schäden, die fahrlässig durch IT-Sicherheitslücken in ihren Produkten verursacht werden.
  • Wir arbeiten mit der Wirtschaft zusammen und unterstützen diese mit geeigneten Maßnahmen zur Erhöhung der Cybersicherheit in den Unternehmen und schaffen einen konsistenten Rahmen für den sicheren Einsatz von digitalen Produkten und Dienstleistungen.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • die Cybersicherheitsstrategie weiterentwickelt ist und Fortschritte bei der Modernisierung der staatlichen Netzinfrastrukturen erzielt wurden.
  • die Anforderungen an die Cybersicherheit der Kritischen Infrastrukturen der aktuellen Bedrohungslage angemessen sind.
  • PREVIEW einen effektiven Beitrag leistet, um Bedrohung aus dem digitalen Raum zu antizipieren und frühzeitig Handlungsoptionen zu entwickeln.
  • das Nationale Cyber-Abwehrzentrum weiterwickelt wurde.
  • die föderale Zusammenarbeit in der Cybersicherheit mit dem BSI als Zentralstelle verbessert wurde.
  • die Forschungsergebnisse der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit vorliegen.
  • Handlungsempfehlungen zur Cybersicherheit in den Unternehmen entwickelt sind.

Verteidigung

Eine zukunftsfähige Landes- und Bündnisverteidigung erfordert Abwehrfähigkeiten in allen Dimensionen und benötigt zur Abwehr von Bedrohungen im Cyberraum auch eine fortgesetzte „Digitale Transformation der Bundeswehr, insbesondere der Streitkräfte“.

  • Wir sorgen für eine robuste und resiliente Vernetzung digitalisierter Streitkräfte, um gegen aktuelle und zukünftige Bedrohungen in allen Dimensionen (Land, Luft, See, Cyber- und Informationsraum sowie Weltraum) durchsetzungs- und verteidigungsfähig zu sein. Dazu bauen wir die digitalen Fähigkeiten der Streitkräfte kontinuierlich weiter aus.
  • Wir arbeiten weiter stringent an der Digitalisierung der Prozesse zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte.
  • Parallel dazu ermöglichen wir eine innovative und wertorientierte Nutzung unserer Daten auch übergreifend mit nationalen und multinationalen Partnern.
  • Wir fördern Ideen und Innovationen insbesondere im Bereich der sich entwickelnden und disruptiven Technologien und stärken die multilaterale Innovationslandschaft durch unsere Beteiligung an den Initiativen der NATO und EU, wie den Defence Innovation Accelerator of the North Atlantic (DIANA), den NATO-Innovation Fund (NIF) und den Hub for European Defence Innovation HEDI.

Nutzung von Big Data und Data Analytics auf dem Gefechtsfeld

Digitalisierung und KI eröffnen den Streitkräften neue Fähigkeiten und Chancen. Dies gilt sowohl im Fall der Ausbildung und Übung als auch im Ernstfall, wenn bspw. unsere Streitkräfte zur Unterstützung unserer Verbündeten eingesetzt werden, die sich von einer kriegerischen Auseinandersetzung bedroht fühlen.

Wie Digitalisierung und KI und die dadurch verstärkt zur Verfügung stehenden Informationen helfen können, zeigt das Beispiel der Aufklärung. Bei der effizienten und effektiven Überwachung von bedrohten Landesgrenzen kann KI unterstützen. Damit kann im Vorfeld einer Krise das Ausmaß der möglichen Bedrohung besser und schneller abgeschätzt werden. Im Konfliktfall gelingt bspw. Gefechtsverbänden eine wirkungsvolle und schnelle Aufklärung gegnerischer Aktivitäten, wenn etwa Aufklärungssysteme Informationen über Feindmeldungen erfassen und austauschen. KI kann hier sekundenschnell zur Identifizierung der erfassten Objekte führen, so dass aus den Daten einsatzrelevante Informationen werden. Sichere digitale Übertragungswege sorgen dafür, dass die so gewonnenen Informationen in Echtzeit der militärischen Führung bereitgestellt werden. Neben einer qualitätsgesteigerten, schnelleren Informationsauswertung ist diese Art der Aufklärung und Auswertung mit weniger Personal und gefahrloser möglich.

Eine derart technologisch ausgestattete Bundeswehr ist auch auf dem digitalisierten Gefechtsfeld einsatzbereit und mit Blick auf Kommunikation, Datenverarbeitung und Datenaustausch anschlussfähig an die verbündeten Nationen.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • wir erste Fähigkeiten zum Aufbau des durchgängigen Informations- und Kommunikationsverbundes auf dem Gefechtsfeld für die Truppe bereitgestellt haben, um mit schnell verfügbaren Informationen die Entscheidungsfindung im Übungs- und Einsatzfall zu beschleunigen.
  • wir Kapazitäten und Fähigkeiten aufgebaut haben, um Daten auf dem Gefechtsfeld schneller mit Hilfe von KI zu analysieren und damit die Effektivität auf dem Gefechtsfeld zu erhöhen.

Internationales

Eine erfolgreiche Digitale Transformation, die den Menschen in den Fokus rückt, ist weltweit von zentraler Bedeutung, um die globalen Dekarbonisierungsziele zu erreichen, die Folgen der Covid-19-Pandemie abzumildern, Hunger und Armut zu bekämpfen, Verbraucherschutz zu stärken, Diskriminierung abzubauen, konfliktpräventiv und stabilisierend zu wirken und Gleichberechtigung und Inklusion zu fördern und zu gewährleisten. Deutschland und Europa sind hier besonders gefordert, um im geopolitischen Wettrennen eine menschenzentrierte Digitalpolitik mit europäischen Standards zur Gestaltung der Digitalisierung anzubieten.

Die rasante Entwicklung digitaler Technologien und auf ihnen beruhender Geschäftsmodelle, die zunehmende Konzentration von Marktmacht bei einer geringen Anzahl von Digitalkonzernen und die Zunahme von missbräuchlicher Nutzung dieser Technologien durch staatliche und nichtstaatliche Akteure erfordern eine menschenzentrierte, wertebasierte und innovationsfördernde Regulierung neuer Technologien und digitaler Märkte, die eine sichere, diskriminierungsfreie und selbstbestimmte Nutzung digitaler Technologien gewährleistet.

Deutschland engagiert sich in allen relevanten multilateralen und Multistakeholder-Foren dafür, dass die digitale Welt auf den Grundprinzipien der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie des Schutzes der Privatsphäre beruhen sollte, um allen Menschen eine sichere und diskriminierungsfreie Nutzung von Online-Angeboten und digitalen Diensten zu ermöglichen.

  • Wir tragen zur Verringerung digitaler Brüche bei und beschleunigen die Umsetzung der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen mit digitalen Lösungen.
  • Wir unterstützen die Umsetzung des Global Digital Compacts
  • Wir setzen uns gemeinsam mit unserer nationalen Vertretung in internationalen Normungsorganisationen für die Entwicklung internationaler Standards auf Grundlage der „Digital Principles“ ein.
  • Wir fördern die Harmonisierung von internationalen Gesetzgebungsprozessen, um die Datensouveränität auch unserer Partnerländer zu steigern.
  • Mit dem Projekt „GovStack“ unterstützen wir im Rahmen der Vereinten Nationen weltweit bessere digitale Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger und stärken so die digitale Souveränität und die Eigenverantwortung von Regierungen für E-Government-Lösungen.

GovStack – Digitale Verwaltungsdienstleistungen nach dem Baukastenprinzip

Adaku Obiaka arbeitet in der öffentlichen Verwaltung im nigerianischen Bundesstaat Nassarawa und setzt sich dafür ein, wichtige Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger zu digitalisieren, um gleichen Zugang zu Bildung und sozialen Sicherungsleistungen zu ermöglichen. Vor allem die Beantragung und Zahlungen für das Ausstellen von wichtigen Dokumenten wie Geburtsurkunden usw. steht als erstes auf ihrer Liste. Sie veranlasst die entsprechenden Behörden dazu, die im Rahmen der GovStack Initiative entwickelten digitalen Grund-Anwendungen zu nutzen und sorgt so dafür, dass erhebliche Kosten gegenüber einer Neuentwicklung des digitalen Antragssystems gespart werden können. Die Verantwortlichen in Nassarawa bedienen sich nun in Zukunft zur Umsetzung ihrer digitalen Bedarfe regelmäßig am sogenannten GovStack Baukasten, der für eine Vielzahlt digitaler Anwendungen bereits geprüfte, offen weiterzuentwickelnde Bausteine vorhält. So können sie sichere und interoperable Anwendungen in ihre jeweiligen Online-Auftritte integrieren und Bürgerinnen und Bürger digital teilhaben lassen.

  • Wir verstärken unser Engagement deutlich in den bestehenden Prozessen der Internet Governance sowie in multilateralen und Multistakeholder-Foren (z. B. IGF, ICANN, ITU, WSIS, UN, OEWG, G7, G20, OECD, OSZE, WTO, GPAI, Menschenrechtsrat, Freedom Online Coalition).
  • Wir unterstützen die Weiterentwicklung des transatlantischen Handels- und Technologierates (TTC) und setzen uns für den schnellstmöglichen Abschluss eines neuen Abkommens zur sicheren Regelung des transatlantischen Datenverkehrs ein.
  • Wir bauen den Dialog und unsere Zusammenarbeit mit den Staaten aus, die wichtige politische, wirtschaftliche und regulatorische Akteure im digitalen Bereich sind – bilateral sowie in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. In diese Digitaldialoge beziehen wir Wirtschaft, Wissenschaft, technische Community und Zivilgesellschaft ein.
  • Wir engagieren uns mit einer aktiven digitalen Außenpolitik.
  • Mit unseren Partnern engagieren wir uns für den Aufbau ihrer unabhängigen digitalen Infrastruktur zur Stärkung ihrer digitalen Souveränität. Dazu bringen wir uns digitalpolitisch auch stärker in europäischen Vorhaben wie der EU Global Gateway Initiative ein.
  • Wir werden eine Strategie für internationale Digitalpolitik entwickeln.

Wir wollen uns 2025 daran messen lassen, ob:

  • wir die digitale Souveränität unserer Partner – insbesondere im außereuropäischen Raum – wirksam gestärkt haben.
  • dazu beigetragen haben, digitale Gräben zu überwinden und Teilhabe durch digitale Beteiligung zu ermöglichen.
  • wir eine Strategie für internationale Digitalpolitik vorgelegt haben.

5. Umsetzung

Die Umsetzung der Digitalstrategie wird durch einen Staatssekretärsausschuss unter Vorsitz des BMDV begleitet und gesteuert. Die Begleitung und Steuerung wird auf Grundlage eines umfassenden Monitoringprozesses sichergestellt. Es ist unsere große Herausforderung, koordiniert an einem Strang zu ziehen. Wir werden uns sowohl horizontal zwischen den Ressorts als auch vertikal zwischen der europäischen Ebene, Bund, Ländern und Kommunen und unter Einbindung der Wirtschaft und Gesellschaft so abstimmen, dass wir ein gemeinsames Verständnis entwickeln und unser Zielbild mit vereinten Kräften verfolgen. Mit der Konzentration auf die eingangs genannten strategischen Vorhaben mit Hebelwirkung und einem ständigen Abstimmungsprozess kann uns die digitale Transformation im Sinne einer Neuausrichtung von Prozessen auf der Grundlage einfacherer und effizienterer digitaler Verfahren gelingen.

Dabei wollen wir gemeinsam neue, agile Wege gehen und nutzen bewusst die Unterstützung des Digital Service der Bundesregierung. Projekte und Abläufe denken wir von Beginn an digital und nachhaltig, um digitale Teilhabe zu ermöglichen. Wir wollen in der Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Strategie eine Fehler- und Lernkultur ermöglichen, die nach vorne gerichtet ist und den Erkenntnisgewinn aus Fehlern konsequent für Verbesserungen auf dem Weg zu optimalen Ergebnissen nutzt. Wir stärken agiles Arbeiten und interdisziplinäre Vernetzung, um das Silodenken zu überwinden und in der übergreifenden Zusammenarbeit neue Wege für kreative und bessere Lösungen zu eröffnen.

Die in der Digitalstrategie festgehaltenen Ziele sind eine Verpflichtung für die Bundesregierung und sind, wo immer möglich, bis zum Ende der Legislaturperiode zu erreichen. Die Wirkung der Strategie werden wir einer unabhängigen wissenschaftlichen Analyse unterziehen und für die interessierte Öffentlichkeit transparent machen.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —     re:publica 2022: von links: Markus Beckedahl (Co-Founder re:publica und Gründer von netzpolitik.org) und Volker Wissing (Bundesminister für Digitales und Verkehr) bei der Session ‚Das Momentum nutzen!‘

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 24. August 2022

Scholz, Abbas und die SPD: Unglaublich nah am Bullyradar

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Ariane Lemme

Man muss den Mund aufmachen, damit Bullys nicht die Macht übernehmen. Das gilt für Olaf Scholz, für die Autorin und ihre Tochter.

Es ist ja immer peinlich, wenn das eigene Leben nur auf Kalenderspruchniveau dahindümpelt. Aber tja, nun. Die quälendsten Erinnerungen habe ich halt tatsächlich nicht an Dinge, die ich gesagt, sondern an Momente, in denen ich geschwiegen habe. Und weil ich ein konfliktscheuer Mensch bin, sind das viele. Was ich damit sagen will: Olaf (ich finde, in dieser Kolumne bleiben wir beim Du mit dem Bundeskanzler, das ist demokratisch, und Siezen doch ganz allgemein ziemlich antiquiert), Olaf also, ich versteh dich. Ein bisschen wenigstens versteh ich dich.

Andererseits bist du eben Chef von Schland und ich nicht. Mein alter Freund M. zitiert in solchen Fällen gern das Peter-Prinzip, nach dem jeder Beschäftigte bis zur Stufe seiner persönlichen Unfähigkeit aufsteigt. Die sollte man kennen. Wenn ich auch sonst wenig erreicht hab im Leben – ich kenne meine. Deshalb würde ich nie, wirklich nie, nicht mal im nächsten Leben Politikerin werden.

Denn da brauchts Leute, die im richtigen Moment den Mund aufmachen. Manchmal ist der nur Sekunden kurz. Etwa, wenn ein Möchtegern-Präsident – wer sich nicht mehr demokratisch legitimieren lässt, gilt mir nur noch als Wannabe (looking at you, Wladi) – Holocaustvergleiche zieht. Dabei ist egal, wo der Möchtegern das tut, weil den Holocaust vergleichen immer und überall falsch ist.

Also, Olaf, klar, es ist immer unangenehm, wenn der Gast sich danebenbenimmt. Man mag nicht unhöflich sein, nicht kleinherzig rüberkommen. Aber die Bullys enablen, ihnen also ermöglichen, Bullys zu sein, ist auch keine Lösung. Deshalb hier ein Rat von meinem Therapeuten, gratis für Dich: „Trauen Sie sich!“ (sorry, aber mein Therapeut siezt eben noch). Apropos Bully, es gab ja in meinem Leben schon einmal einen SPD-Kanzler. Meistens kann ich das ganz gut verdrängen, so wie man manche Bekanntschaften verdrängt, bei denen man anfangs dachte: Wow, das ist aber mal eine verwandte Seele, hier rennt der Schmäh, alles geschmeidig.

Wie immer auch der Würfel fällt – die SPD wird immer ein Glücksspiel bleiben..

Altlasten der Fehleinschätzung

Bis man sich nach einigen Wochen fragt, warum man sich nach jedem Treffen so leer und erschöpft fühlt. Und warum man sich schon lange nicht mehr bei seinen echten Freunden gemeldet hat. Dann checkt man: Die Euphorie über die neue Bekanntschaft war nur da, weils vorher noch ätzender war (looking at you, Helmut). Und noch mal ein paar Wochen später ist es einem peinlich, dass man wieder ei­ne-n Nar­ziss­t-in nicht erkannt hat.

Manchmal bleiben sogar unschöne Altlasten der eigenen Fehleinschätzung. Der Hartz-Bericht etwa, der das Elendspaket erst möglich machte, ist diese Woche 20 Jahre alt geworden, herzlichen Glückwunsch! Glücklicherweise wird der Bullyradar feiner, wenn man Eltern wird. Vielleicht als Ausgleich zum Restverstand, der in einem Säurebad aus Schlafmangel und Glückshormonen korrodiert. Während meine Tochter noch freundlich winkend „Hallo“ ruft, sehe ich inzwischen schon, dass der angehimmelte Knirps ihr gleich ihr eigenes Spielzeug über den Schädel ziehen wird. Ich hoffe, diese neue Begabung überträgt sich auch in mein Wahlverhalten – politisch wie privat.

Quelle       :          TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 24.08.2022

Erstellt von Redaktion am 24. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Die Ampel arbeitet nach dem Prinzip Hoffnung  – . –   2.) Schlechte Ernten und Wassermangel drohen  – . –   3.) Zwischen Widerstand, Hass und Hoffnung  – . –   4.) Der Westen versucht, den Ukraine-Krieg stillschweigend zu vergessen  – . –  5.) Eine SPD-Tradition der Erinnerungslücken  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Hat das Volk seinen politischen Schrott erst einmal auf einen Haufen gesammelt, wird es sehr lange darauf warten müssen, bis sich Dieser aufgelöst hat. Das war bei Corona, dem Klimawandel und vielen anderen Vortaten gleich so. Das Land muss sich erst als Wüste zeigen und wartet nun darauf, die Hirne der politischen Nicht-Macher im gleichen Zustand zu sehen. Gab es doch auch Zeiten im Land, da das Gas erst bezahlt werden musste, bevor man es mit in seine Kammer nehmen durfte,

Die Entlastung für Gaskunden ist kompliziert und typisch deutsch. Erst das Gas durch drei Umlagen weiter verteuern, um dann die Mehrwertsteuer darauf zu senken. Umständlicher geht es kaum. Dabei gibt es doch eine einfache Lösung.

1.) Die Ampel arbeitet nach dem Prinzip Hoffnung

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Im Bemühen, Millionen von Haushalten einen kalten Winter zu ersparen, haben sich die Ampelparteien auf eine Maßnahme aus dem politischen Absurdistan verständigt: Erst erhöhen sie den Gaspreis mit drei teuren Umlagen zur Rettung angeschlagener Versorger, um den Preisschock für die Kunden dann in einem zweiten Schritt durch eine Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Gas wieder zu lindern. Zur einfachsten Lösung, wankenden Konzernen wie Uniper mit einer Kombination aus staatlichen Krediten und Zuschüssen zu helfen und die privaten Gaskunden mit Hilfe von Direktzahlungen zu entlasten, führt in Steuerdeutschland offenbar kein Weg. Energiepauschale: Die Arbeitgeber helfen aus. Das liegt nicht nur an dem sehr deutschen Hang zu Bürokratie und Umständlichkeit, sondern auch an einem Konstruktionsfehler in den Finanzbeziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern: Bis heute gibt es keinen Mechanismus, mit dem die Finanzverwaltung alle Menschen schnell und direkt erreicht. Bei der Energiepreispauschale etwa übernehmen im September die Arbeitgeber die Auszahlung für ihre Beschäftigten, Freiberufler und Selbstständige dagegen müssen sich selbst um ihr Geld kümmern und ihre Steuervorauszahlungen um 300 Euro kürzen. Obwohl jeder Mensch in Deutschland quasi mit der Geburt eine Steuernummer erhält, kann der Staat einen solchen Zuschuss nicht auf Knopfdruck überweisen.

Augsburger-Allgemeine-online

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Leben wir alle nicht in einen verrückten Land, wenn wir den politischen Wirrwarr erst bemerken, nachdem das Elfchen ihren Turm verlassen hat? Was Menschen wie die Dr. Physikerin doch alles nicht gelernt haben – obgleich auf ein Studium hingewiesen wurde ?

EU-Experten warnen vor schlimmster Dürre seit 500 Jahren:  In Europa herrscht die schlimmste Dürre seit einem halben Jahrtausend – mit verheerenden Folgen für unsere Umwelt. Helfen könnte nur noch Regen. Doch auch der kann tückisch sein.

2.) Schlechte Ernten und Wassermangel drohen

Die aktuelle Dürre in Europa ist nach Einschätzung von EU-Experten vermutlich die schlimmste seit einem halben Jahrtausend. „Die Dürre scheint die schlimmste seit mindestens 500 Jahren zu sein“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Dies sei eine erste Einschätzung der Europäischen Dürrebeobachtungsstelle, die noch durch die endgültigen Daten am Ende der Saison bestätigt werden müsse. In einem am Montag veröffentlichten Bericht befanden die Forscher, dass fast die Hälfte Europas von Dürre bedroht sei. Mit Stand 10. August werde für 47 Prozent des europäischen Gebiets vor Dürre gewarnt. Darüber hinaus sei der Zustand bereits auf 17 Prozent der Fläche alarmierend. Die Dürre habe stark negative Auswirkungen auf die Ernte von Sommerkulturen, am stärksten betroffen seien Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen. Die Europäische Dürrebeobachtungsstelle ist eine Institution der Europäischen Kommission. Schlimmste Dürre seit 500 Jahren: Ernten und Flüsse in Gefahr. Weiter hieß es in dem Bericht, die schwere Dürre, von der viele Regionen Europas seit Anfang des Jahres betroffen seien, habe sich seit Anfang August weiter ausgedehnt und verschlimmert. Sie hänge mit einem anhaltenden Niederschlagsmangel in Verbindung mit einer Reihe von Hitzewellen seit Mai zusammen. Das habe auch Auswirkungen auf den Abfluss von Flüssen. Das geringere gespeicherte Wasservolumen habe auch starke Beeinträchtigungen für den Energiesektor zur Folge, sowohl für die Wasserkrafterzeugung als auch für die Kühlsysteme von Kraftwerken.

Merkur-online

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Aber ist dieser Krieg nicht im ganz besonderen  ein Hinweise darauf, wie viele, an sich Hilf- und Nutz-lose Institutionen sich die Politik geschaffen als Alibi hat, um ihren Steuerzahlern das Fell über den Kopf zu ziehen? Turnen denn wirklich in allen Ländern nur noch gelernte Hausmeister in den Regierungen vor? Am politischen Elend geht diese Welt zugrunde an der politischen Verderbtheit !

Sechs Monate Krieg in der Ukraine. Der russische Angriffskrieg hat weltpolitische Koordinaten verschoben und alte Gewissheiten ins Wanken gebracht. Selbst wenn die Waffen schweigen, wird er nicht zu Ende sein.

3.) Zwischen Widerstand, Hass und Hoffnung

Der 24. Februar 2022 wird als Zäsur in die Geschichte eingehen. An diesem Tag gingen die ersten russischen Bomben auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw und andere Orte in der Ukraine nieder. Es war ein Schock – nicht nur für die Ukrainer*innen, sondern auch für all jene, die die Vorzeichen nicht hatten wahrnehmen wollen oder bis zum letzten Augenblick gehofft hatten, in Moskau werde doch noch der gesunde Menschenverstand obsiegen. Seit nunmehr sechs Monaten tobt dieser Krieg. Der Anspruch Moskaus ist dabei kein geringerer als der, die Ukraine, der die Existenzberechtigung abgesprochen wird, als selbstständigen Staat auszulöschen und von der Landkarte zu tilgen. Diese sechs Monate Krieg haben Spuren hinterlassen. Sie haben weltpolitisch Koordinaten verschoben und alte Gewissheiten ins Wanken gebracht. Von dem vermeintlichen Ruhm der russischen Armee ist nicht viel geblieben. Anstatt die Ukraine im Sturm zu nehmen, verschleißen sich Wladimir Putins Truppen in einem Abnutzungskrieg, in dem Zi­vi­lis­t*in­nen und zivile In­fra­struk­tur legitime Ziele sind. Schon jetzt haben sich Namen wie Butscha, Irpen und Mariupol in das Gedächtnis vieler Menschen eingebrannt – Chiffren für das Schicksal zahl- und wehrloser Männer, Frauen und Kinder, die russische Truppen sinnlos in höherem Auftrag abschlachten. Hass auf alles Russische. Dieser Krieg wird nicht nur mit Panzern, Bomben und Kampfflugzeugen geführt. Die Schlacht wird auch an der „Informationsfront“ geschlagen – unter Ausnutzung aller Möglichkeiten, die die moderne Technik zu bieten hat. Eine Quasi Hinrichtung von Flüchtenden, die sich in Sicherheit zu bringen versuchen? Bomben auf Wohnhäuser in Charkiw? Wir sind live dabei.

TAZ-online

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Wollte nicht gerade in diesem Land die Politik ihre Fehler aus der Vergangenheit immer schön unter den Teppich kehren? Wann wird die Berliner Deppenschule endlich einmal durchlüftet, anstatt sie mittels einer Klimaanlage künstlich herunterzufahren. Sind die trostlosen, schwarzen Steine nicht genügend Beweis für die Einfallslosigkeit der Deutschen  Politik?

Die täglichen Gräueltaten verschwinden zunehmend aus den Schlagzeilen. Die Menschen wollen nichts mehr vom Krieg hören. Doch ohne große Opfer, Kampf und Not ist das russische Machtsystem nicht zu bezwingen. 

4.) Der Westen versucht, den Ukraine-Krieg stillschweigend zu vergessen

„Auf der Titelseite – Krieg, auf der letzten Seite – das Kreuzworträtsel.” An diese Zeile aus meinem Roman „Das Licht und die Dunkelheit“ musste ich denken, als ich kurz nach der russischen Invasion der Ukraine in einem Zug reiste. Mir gegenüber saß ein Passagier, der eine Zeitung las: Auf der Titelseite ging es um Krieg; auf der letzten Seite stand das Kreuzworträtsel. Seither ist Zeit vergangen und die täglichen Gräueltaten verschwinden zunehmend aus den Schlagzeilen, obwohl die Auseinandersetzungen jeden Tag brutaler werden. Aber niemand im Westen möchte noch etwas vom Krieg hören – die Menschen sind des Schreckens und der Solidarität müde. Sie wollen Frieden, keine Preiserhöhungen. Sie wollen ein ruhiges Leben und einen schönen Urlaub. Es war nicht das erste Mal, dass mein Schreiben wegen kommender Schrecken Alarm schlug. Vor der Annexion der Krim-Halbinsel nutzte ich eine Analogie zum russischen Märchen Teremok – deutsch: Das Tierhäuschen –, um Europas unsichere Zukunft zu beschreiben. Es waren einmal einige Waldtiere, die zusammen in einem gemütlichen kleinen Haus wohnten – einem Teremok. Eines Tages klopfte ein Frosch an die Tür. „Klopf, klopf! Wer wohnt in diesem Teremok? Lasst mich herein, ich würde gern bei euch leben.” Die Tiere ließen den Frosch herein, und alle waren sich einig, dass sie ein glückliches und gemütliches Heim hatten. Sie ließen auch noch Kyward, den Hasen, und Reynard, den Fuchs, herein – im Teremok ist Platz für alle. Aber dann kam Bruin, der Bär, vorbei. So sehr er es auch versuchte, er passte nicht ins Häuschen. Da gerät er in Wut und setzte sich auf das Häuschen. Das war das Ende des Teremok – und des Märchens. Wellen des russischen Patriotismus. Doch meine Warnungen blieben unbeachtet. 2014, kurz nach der Annexion der Krim, schrieb ich mit wachsender Dringlichkeit, dass „es im 21. Jahrhundert keinen Krieg mehr gibt, der weit weg und örtlich begrenzt ist. Jeder Krieg ist heute ein europäischer Krieg. Und dieser europäische Krieg hat bereits begonnen.” Ich warnte davor, dass Wladimir Putins Annexion der Krim „eine Welle des Patriotismus hervorbringen wird. Früher oder später wird diese Welle brechen, und dann wird Putin neuen Wind brauchen.” Ich schrieb darüber, wie die Jahre chronischer Instabilität in den Balkanländern zu lähmend hoher Migration in die europäischen Länder führen würde; mit einer „unvorstellbar angestiegenen Flüchtlingswelle aus der Ukraine”.

Freitag-online

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Die negative Beeinflussung von Unqualifizierten Finanzminister wurde und wird nur durch die Clans der Parteien gesteuert. Das wird sich auch nicht verändern solange die Bürger-Innen hier keine Mitsprache  einfordern. Ist es nicht geradezu eine Einladung, endlich die Möglichkeit geboten zu bekommen, für den Rest des Lebens auszusorgen? 

Cum-Ex-Skandal. Schon Peer Steinbrück spielte eine unrühmliche Rolle bei Cum-Ex. Gerhard Schick glaubt nicht, dass Bundeskanzler Olaf Scholz diesen Freitag das letzte Mal vorm Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss aussagen wird. »Der Prozess der Aufarbeitung wird weiter gehen«, sagt der Cum-Ex-Experte und Vorstand von Finanzwende. Die Erinnerungslücken nehme er dem SPD-Politiker Scholz nicht ab.

5.) Eine SPD-Tradition der Erinnerungslücken

In einer Onlinepetition, die bereits über 10 000 Unterstützer*innen unterschrieben haben, fordert seine Initiative von Scholz, dass er volle Transparenz schafft bezüglich seiner Verstrickungen in den Cum-Ex-Skandal rund um die Hamburger Warburg-Bank. »Mit jeder Veröffentlichung leidet das Vertrauen in die Politik, für das Sie als Bundeskanzler und Demokrat besondere Verantwortung tragen«, heißt es in der Petition. Dabei war die Warburg-Bank laut Schick zwar ein »relevanter« Teil im Cum-Ex-Skandal, letztlich gab es aber noch weitaus größere Player. »Cum-Ex ist als Thema jahrelang unterschätzt worden. Hamburg ist nur die Spitze des Eisberges«, sagt der ehemalige Grünen-Politiker. Es gebe noch viele weitere Politiker, die sich da an die Nase fassen und längst persönliche Konsequenzen hätten ziehen müssen. Schick weiß, wovon er spricht. Er beschäftigt sich nicht erst seit gestern mit dem Cum-Ex-Skandal. Ganz im Gegenteil: Als er noch im Bundestag saß, initiierte er einen Cum-Ex-Untersuchungsausschuss mit. In dem Bundestagsausschuss ging es auch um die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die illegalen Deals um den Dividenden-Stichtag überhaupt so viele Jahre lang möglich waren. »Das jahrelange Cum/Ex-Treiben war nur möglich durch ein massives Staatsversagen, insbesondere im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), aber auch auf Landesebene«, schrieb Schick im Jahr 2017 in seinem Sondervotum zum Abschlussbericht des Cum-Ex-Untersuchungsausschusses. Dabei wurde in den Untersuchungen deutlich, dass Kanzler Scholz nicht der erste SPD-Spitzenpolitiker ist, der eine unrühmliche Rolle in dem Skandal spielte.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten       —     Peer Steinbrück (September 2011)

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Westliche Besserwisserei

Erstellt von Redaktion am 23. August 2022

Wie konnte der Westen nur so unsolidarisch werden?

Von Monireh Kazemi und Ulrike Becker

Feministische Kulturrelativistinnen kritisieren den Kampf der Iranerinnen gegen den Hidschab-Zwang. Den Kritikerinnen fällt nicht auf, dass sie als weiße Frauen Iranerinnen Feminismus erklären wollen.

Der Kampf iranischer Frauen gegen den Schleierzwang ist so alt wie die Islamische Republik selbst. Im März 1979 ordnete Revolutionsführer Ruhollah Chomeini per Dekret den Schleierzwang in der Öffentlichkeit an. Unmittelbar darauf gingen iranische Frauen zu Hunderttausenden in allen großen Städten Irans auf die Straße. „Wir wollen keinen Schleierzwang“, riefen sie, und: „Freiheit ist weder westlich noch östlich, sondern universell“.

Damit markierten die für ihre Rechte kämpfenden iranischen Frauen den Schleierzwang als Angriff auf die Errungenschaften der Emanzipation, die sie als universell begriffen und selbstverständlich für sich in Anspruch nahmen. Westliche Feministinnen wie Kate Millet aus den USA reisten in den Iran und zeigten ihre Solidarität. Etwas Ähnliches wäre heute kaum noch vorstellbar. Denn hierzulande dominieren zunehmend Kulturrelativistinnen, die sich als feministisch begreifen, die Debatten. Beispielhaft für diesen Ansatz steht die Kritik an dem Dokumentarfilm „Mit wehenden Haaren gegen die Mullahs“. Regisseurin Nahid Persson wird vorgehalten, sie reproduziere gefährliche westliche Ideologien. Persson kommt selbst aus dem Iran, ihr Bruder wurde hingerichtet.

Ihr aktueller Film porträtiert die Aktivistin Masih Alinejad, die den Kampf iranischer Frauen gegen den Schleierzwang weltweit bekannt macht, aber auch Proteste gegen Willkürherrschaft, Korruption und Gewalt. Perssons Film zeigt, wie iranische Frauen Kraft daraus schöpfen, dass ihre Proteste wahrgenommen werden. „Ich schreie, weil ich weiß, dass du uns überall Gehör verschaffst“, erklärt Shahnaz Akmali, deren Sohn bei einer Kundgebung erschossen wurde. Alinejad erhält täglich unzählige Anrufe und Videos aus dem Iran. Die kulturrelativistischen Kritikerinnen gehen auf all die Nöte der Frauen, die der Film zeigt, nicht ein. Frauen bräuchten keine Stimme, die für sie spricht. Damit verhöhnen sie diejenigen, die sich an Alinejad wenden, weil es im Land kaum möglich ist, feministische Kämpfe bekannt zu machen.

Laut Reporter ohne Grenzen ist der Iran ein totalitäres Regime, eines der repressivsten Länder der Welt, auf Platz 178 von 180 Staaten bei der Meinungsfreiheit. Einige der im Film gezeigten Frauen haben für ihren Kampf gegen den Schleierzwang jahrzehntelange Haftstrafen erhalten, sie wurden geschlagen und gefoltert. Die Ärztin Zahra Bani Yaghoub starb in ihrer Zelle, nachdem sie festgenommen worden war, weil sie unverheiratet neben einem Mann auf einer Parkbank saß.

Kulturrelativistinnen halten dagegen etwas anderes für gefährlich. Alinejad reproduziere eine Idee aus der Kolonialzeit, nämlich dass weiße Männer Frauen of Color vor Männern of Color schützen müssen. Es ist empörend, wenn der Kampf iranischer Frauen so zu einer Sache weißer Männer umgedeutet wird. Das funktioniert nur unter Ausblendung der Geschichte der iranischen Frauenbewegung wie auch der Tatsache, dass fast alle Protagonistinnen des Films Frauen aus dem Iran sind. Weiße Männer kommen gar nicht vor.

Der Aktivistin wird zudem vorgeworfen, mit ihrer Arbeit Vorstellungen westlicher Überlegenheit zu reproduzieren. Es wird argumentiert, Alinejad bediene die Erzählung, dass Frauen vom Kopftuch und damit vom Islam befreit werden müssten – und die USA als Land der Demokratie und Freiheit sie retten könne. Den Kampf gegen die totalitäre Gewaltherrschaft als islamfeindlich zu framen ist eine Argumentationsstrategie des islamistischen Regimes, um Kritik zu delegitimieren. Alinejad kritisiert nicht den Hidschab an sich, sondern den Hidschab-Zwang. Und sie versteht sich als Sprachrohr der Frauen im Iran, denen unter Androhung von Gewalt das Sprechen verboten wird, nicht als ihre Anführerin aus dem Westen.

Masih Alinejad

Alinejad wurde 2009 ins Exil gezwungen, ist jedoch weiter Ziel iranischer Geheimdienste. Das FBI vereitelte einen Versuch, die prominente Aktivistin aus ihrem Haus in Brooklyn zu kidnappen und in den Iran zu entführen. Welches Schicksal sie dort erwartet hätte, zeigt der Fall des Journalisten Jamshid Sharmahd, der 2020 in den Iran entführt wurde und dem jetzt die Todesstrafe droht.

Woher kommen diese Entsolidarisierung, die Empathielosigkeit und die Anklagen gegen eine Frau, die ihr Leben dem Kampf der iranischen Frauen für Selbstbestimmung widmet und dafür mit Mord und Folter bedroht wird? Die Dominanz postkolonialer Theorien hat dazu geführt, dass westliche Linke auf politische Bewegungen im Globalen Süden, die sich an universellen Menschenrechten orientieren, zunehmend mit dem Vorwurf einer „mentalen Kolonisierung“ reagieren. Diese feindselige Haltung gegenüber feministischen Kämpfen im Iran hat vor allem mit der Tatsache zu tun, dass sich Teile progressiver Kreise seit Jahrzehnten weigern, emanzipatorische Kritik an den Zuständen im Iran zu formulieren.

Quelle        :          TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Dekorierter Blick auf Teheran

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Streit über fossile Energie

Erstellt von Redaktion am 23. August 2022

Die Katastrophe ist doch so lukrativ!

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Eine Kolumne von Christian Stöcker

Warum schafft die Menschheit es nicht, sich von fossilen Brennstoffen zu lösen? Es gibt technische Hürden, einiges müsste man anders machen – vor allem aber wird mit CO₂ viel Geld verdient. Von ziemlich wenigen.

Zehn Banken, Finanzdienstleister und Staaten besitzen einer brandneuen, in einer wissenschaftlichen Publikation erschienenen Studie zufolge , gemeinsam die Rechte an fast fünfzig Prozent aller fossilen Brennstoffvorräte in privatwirtschaftlicher Hand. Das hier ist die Liste:

Die Kapitalinteressen dieser zehn stehen, das sollte klar sein, im Widerspruch zum Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Dass die Buchstabenkombination US in dieser Liste sehr oft auftaucht, ist natürlich kein Zufall – und es dürfte zwischen diesem Umstand, und der Tatsache, dass in den USA jetzt der Supreme Court dabei ist, elementarste Umweltregeln außer Kraft zu setzen, einen Zusammenhang geben.

Investoren zur Rechenschaft ziehen

Die Autoren der Studie stammen aus KanadaNeuseeland und Frankreich. Einer der Autoren, Alain Naef, arbeitet für die Banque de France, die französische Zentralbank also. Die Studie kommt deshalb mit dem Disclaimer daher, dass sie »nicht die Meinungen der Banque de France oder des Eurosystems« repräsentiere. Dass Europa auf der Liste nur in Gestalt des Nicht-Eurolandes Norwegen auftaucht, ist aber ein Faktum.

Tatsächlich enthält die Studie nicht nur Fakten, sondern auch Meinungen. Diese hier zum Beispiel: »Es erscheint unwahrscheinlich, dass das Finanzsystem die transformativen Veränderungen mittragen wird, die notwendig sind, um auf die Klimakrise zu reagieren, wenn es nicht dazu gebracht wird (im Original steht hier »disciplined to do so«).« Es sei nötig, Investoren zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie die nötige Transformation behinderten oder bremsten.

»Wahnsinn«, sagt der Uno-Generalsekretär

Das ist nicht optional, es ist überlebenswichtig. Oder um es mit Uno-Generalsekretär Antonio Guterres zu sagen : »Neue Investitionen in Exploration und Förderinfrastruktur für fossile Brennstoffe sind Wahnsinn.«Die Liste der zehn Übeltäter basiert auf einer Netzwerk- und Investitionsanalyse einer anderen, längeren Liste: den sogenannten Carbon Underground 200 . Die wiederum hat ein anderes Investmentunternehmen ermittelt – eines, das ausschließlich CO₂-freie Investitionen verspricht. Diese Liste umfasst je 100 börsennotierte Unternehmen, die entweder über noch nicht geförderte Gas- und Öl- oder über Kohlevorkommen verfügen.

Das Wort »börsennotiert« ist hier relevant, denn in Wahrheit gibt es noch mehr Öl, Gas und Kohle als von der Zehner- und der Zweihunderterliste erfasst wird – viel mehr. Zu den Top fünf der Öl- und Gasproduzenten etwa gehören neben den zwar staatlichen, aber dennoch börsennotierten Unternehmen Aramco (saudi-arabisch), Gazprom und Rosneft (russisch) auch die iranische Ölfirma NIOC und der chinesische Staatskonzern CNPC. Nach diesen fünf erst folgen ExxonMobil, BP, Shell und Chevron, wie der »Economist« kürzlich ermittelte .

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Die Grenzen des Kapitals:

Erstellt von Redaktion am 23. August 2022

 Extreme Verschuldung und Klimawandel-
Anpassung im Globalen Süden

Quelle        :     Berliner Gazette

Von         :        Tomasz Konicz

Die extreme Verschuldung gerät außer Kontrolle, vor allem in Afrika und im globalen Süden insgesamt, wo Wirtschafts- und Klimakrisen miteinander verwoben sind, sich gegenseitig befeuern und im Zuge dessen erkennbar machen, dass die inneren und äußeren Grenzen des Kapitals erreicht sind, wie Tomasz Konicz in seinem Beitrag zur BG-Textreihe “After Extractivism” argumentiert.

Eigentlich kann sich der Spätkapitalismus keine kostspielige Klimapolitik mehr leisten. Schon gar nicht dort, wo es vor allem darauf ankäme: im globalen Süden.

Die Weltbank warnte Anfang Juni angesichts hoher weltweiter Staatsverschuldung, die im Verlauf der Pandemiebekämpfung sprunghaft anstieg, vor einer schweren Schuldenkrise in Ländern mit „niedrigen und mittleren Einkommen“, ähnlich derjenigen Welle von Staatspleiten und Wirtschaftseinbrüchen, die in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts viele Entwicklungsländer verwüstete. Gegenüber 2019 drohe weiteren 75 Millionen Menschen in der Peripherie des Weltsystems der Absturz in „extreme Armut“, da extreme Schuldenlast, Inflation und ein rasch steigendes Zinsniveau eine Wirtschaftslage zur Folge hätten, die „ähnlich den 1970ern“ sei, hieß es weiter (siehe hierzu auch: „Zurück zur Stagflation?“).

Blackrock und Afrika

Von den 305 Billionen US-Dollar, auf die sich die weltweiten Schuldenberge inzwischen summieren, entfallen rund 100 Billionen auf Schwellenländer inklusive China. Die globale Gesamtverschuldung betrug 2019, am Vorabend der Pandemie, rund 320 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Sie liegt nun, nach einem Spitzenwert von 360 Prozent 2020, bei 350 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Dabei ist ein Großteil des Schuldenwachstums, das vornehmlich durch die Gelddruckerei der Notenbanken ermöglicht wurde, gerade in der Semiperipherie zu verorten. Mehr als 80 Prozent der im letzten Jahr akkumulierten Schulden sind in den Schwellenländern neu aufgenommen worden.

Die Entwicklungs- und Schwellenländer drohen somit unter ihrer Schuldenlast gerade zu dem Zeitpunkt zusammenzubrechen, wo umfassende Investitionen in den Klimaschutz notwendig wären. Geradezu dramatisch entfaltet sich die Wechselwirkung aus ökologischer und ökonomischer Krise auf dem weitgehend wirtschaftlich abgehängten Kontinent, der am wenigsten zur Klimakrise beigetragen hat: im subsaharischen Afrika. Der gesamte afrikanische Kontinent ist nur für vier Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, die – historisch betrachtet – zum überwiegenden Teil vom globalen Norden verursacht worden sind. Dennoch wird ein Großteil der ohnehin zu knappen Klimahilfen der Zentren für Afrika in Form von Krediten geleistet, mit denen die Schuldenlast in der Peripherie weiter ansteigt, während Investmentgesellschaften wie Blackrock – mit Investments von mehr 10 Billionen Dollar der weltweit größte Vermögensverwalter – sich weiterhin weigern, einem substanziellen Schuldenerlass zuzustimmen.

Blackrock war auch der größte Gläubiger Sambias, das Ende 2020 den Staatsbankrott erklären musste, nachdem der Vermögensverwalter sich weigerte, einer Aussetzung des Schuldendienstes zuzustimmen. Die Pleite des südafrikanischen Staates, der mit 13 Milliarden Dollar in der Kreide stand, dürfte aber nur den Auftakt der afrikanischen Schuldenkrise bilden. 2015 waren laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) acht Staaten im subsaharischen Afrika überschuldet und liefen Gefahr, in den Staatsbankrott zu taumeln. Im März 2022 waren es schon 23 Staaten. Die Wirtschafts- und Einnahmeneinbrüche im Verlauf der Pandemie, das Auslaufen eines Zinsmoratoriums im Dezember 2021, der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 und die Zinswende der US-Notenbank Fed lassen immer mehr afrikanische Staatshaushalte in Schieflage geraten. Zudem sieht sich China, das in den vergangenen Jahren als wichtiger Kreditgeber und Wirtschaftspartner Afrikas agierte, selber mit den Folgen einer gigantischen Immobilienblase und des pandemiebedingten Lockdowns konfrontiert. Die Gesamtverschuldung der Region hat sich von 380,9 Milliarden 2012 auf rund 702,4 Milliarden im Pandemiejahr 2020 nahezu verdoppelt.

Diese Schuldenlast erstickt alle Ansätze, die Folgen der Klimakrise in der Peripherie mit umfassenden Maßnahmepaketen zu mildern, wie Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Herbst 2021 warnten. Demnach ist die Summe, die von den 34 ärmsten Staaten der Welt zur Bedienung ihrer Schulden aufgewendet werden muss, um das Fünffache größer als ihre Investitionen in den Klimaschutz. Den Schuldenzahlungen in Höhe von 29,4 Milliarden Dollar stehen Klimaschutzmaßnahmen im Umfang von 5,4 Milliarden entgegen. Jahrelang haben Weltbank und IWF die Entwicklungsländer zur Aufnahme von Krediten bei der Finanzierung von Entwicklungsprojekten ermuntert, doch seien deren Zinsen aufgrund des höheren Risikos um ein Vielfaches höher als in den Industriestaaten, warnte die NGO Jubilee Debt Campaign. Mitunter sind Zinssätze von mehr als zehn Prozent üblich, wobei die Zinswende der Fed diese Finanzierungskosten in der Peripherie noch weiter hochtreiben dürfte.

Kapitalistische Schuldenkrise und Klimakrise

Das Ineinandergreifen von kapitalistischer Schuldenkrise und Klimakrise torpediert nicht nur die Klimapolitik in den besonders gefährdeten Regionen der Peripherie des Weltsystems, die sich kaum noch Klimaschutz leisten können. Zusätzlich belasten die sich in zunehmenden Wetterextremen und Naturkatastrophen manifestierenden Folgen der Klimakrise die Staatshaushalte vieler Staaten aufgrund der damit einhergehenden Kosten – und sie tragen zur Destabilisierung des aufgeblähten globalen Weltfinanzsystems bei. Allein 2021 summierten sich die Kosten der zehn größten Naturkatastrophen auf rund 170 Milliarden Dollar, die – zumindest bei der Instandsetzung der zerstörten Infrastruktur – von den Staatshaushalten gestemmt werden müssten. Die Klimakrise wirkt somit längst als ein weiterer Kostenfaktor in dem überschuldeten spätkapitalistischen Weltsystem. Der Klimawandel beschleunigt somit das Wachstum der globalen Schuldenberge zusätzlich, er trägt somit zur Destabilisierung des Finanzsystems bei.

Diese Kombination aus Schuldenbergen und eskalierender Klimakrise könnte sich zu einem „systemischen Risiko“ für die Weltwirtschaft entwickeln, warnten US-Medien 2021 unter Verweis auf Einschätzungen der Weltbank und des IWF. Untragbare Schulden, Klimawandel und Umweltzerstörung würden demnach einen „Zyklus aus verringerten Einnahmen, steigenden Ausgaben und zunehmenden klimatischen Anfälligkeiten“ verstärken. Evident ist diese Krisenmechanik in der Periphere: Während Entwicklungsländer schon 2019 Kredite von rund 8,1 Billionen gegenüber ausländischen Gläubigern akkumuliert hatten, deren Bedienung 17,4 Prozent ihrer Staatseinnahmen verschlang (eine Verdreifachung der Schuldenlast gegenüber 2011!), ist von den versprochenen Klimahilfen des Nordens, die sich auf 100 Milliarden Dollar summieren sollen, kaum etwas geflossen.

Die verheerende Wechselwirkung aus Überschuldung und Naturkatastrophen wird etwa am Beispiel des südwestafrikanischen Entwicklungslandes Mosambik deutlich, das schon 2019 unter einer hohen Verschuldung litt, als es von zwei Zyklonen verwüstet wurde, die mehr als 1000 Menschen töteten und Schäden von 870 Millionen Dollar verursachten. Die Regierung in Maputo sah sich genötigt, infolge des Extremwetterereignisses weiter Kredite aufzunehmen, um die Schäden zumindest teilweise zu beseitigen. Nun ist Mosambik auf der besagten IWF-Liste der vom Staatsbankrott gefährdeten afrikanischen Länder zu finden. Im vergangenen März warnten bereits die Finanzminister etlicher afrikanischer Staaten, dass „ein beträchtlicher Teil“ ihrer Haushaltsmittel in Reaktion auf Extremwetterereignisse wie Dürren und Überflutungen aufgewendet werden müsse, die „Finanzpuffer“ seien bereits weitgehend erschöpft.

Das Finanzsystem in künftigen sozial-ökologischen Krisen

Doch die Klimakrise dürfte auch das gesamte Weltfinanzsystem zunehmend in Schieflage bringen, da dessen einstmals als solide erachtetes Fundament, der Markt für Staatsanleihen, kaum noch die wachsenden Risiken reflektiert, warnte jüngst die Nachrichtenagentur Bloomberg. Demnach würden institutionelle Investoren zunehmend die Bewertung von Staatsanleihen durch die großen Ratingagenturen hinterfragen, da die plötzlichen Erschütterungen durch Extremwetterereignisse kaum in deren Berechnungen einfließen würden. Die Noten, die Ratingagenturen wie Moody’s Investors Service, S&P Global Ratings, und Fitch Ratings für Anleihen vergeben, sind aber entscheidend für deren Zinsniveau. Je schlechter die Benotung, desto teurer gestaltet sich der Schuldendienst.

Eine umfassende „Einpreisung“ von Klimarisiken würde somit den Schuldendienst verteuern, was die Gefahr von Staatspleiten ansteigen lassen würde. Dies gilt nicht nur für die Peripherie des kapitalistischen Weltsystems, wie Bloomberg ausführte. Auch Länder wie Japan, Mexiko, Südafrika oder Spanien könnten in den kommenden Dekaden durch die Wechselwirkung aus Kreditlast und Klimakrise in die Staatspleite getrieben werden, wenn ihre Bemühungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen „zu spät, zu abrupt oder ökonomisch schädigend“ seien. In Schieflage könnten aber auch Staaten wie Russland, Kanada oder Australien geraten, die sehr stark vom Export fossiler Energieträger abhängig sind.

Staatsanleihen, insbesondere in den Zentrumsländern wie USA oder BRD, gelten aber als das Fundament, als der Beton des globalen Finanzkartenhauses. Bei jeder Krise flieht Kapital aus risikoreichen Investments in den „sicheren“ Anleihemarkt. Sollte dieser Anleihemarkt nicht mehr als ein „sicherer Hafen“ angesehen werden können, dann würde dies das gesamte Finanzsystem bei künftigen sozioökologischen Krisenschüben destabilisieren. Der Staatsanleihenmarkt sei „das Auffangnetz“ des Weltfinanzsystems, erklärte ein Analyst gegenüber Bloomberg, „jeder zieht sich dorthin zurück in Zeiten von Turbulenzen und Desastern“.

Diese üblichen Krisenreflexe auf den Finanzmärkten, die durch die gute Bewertung von Staatsanleihen durch Ratingagenturen befördert werden, stimmen aber nicht mehr mit der Realität der Klimakrise überein. Die Ratingagenturen haben schon früher katastrophale Fehleinschätzungen abgegeben, im Vorfeld der Weltfinanzkrise von 2008, als Hypothekenverbriefungen, die während der Immobilienblase in den USA und der EU die Finanzmärkte überfluteten, viel zu gut bewertet wurden. Nun droht ein ähnliches Szenario auf den Anleihemärkten, wo die Risiken der Klimakrise systematisch ausgeblendet werden.

Die Staaten fungieren ohnehin seit dem Platzen der transatlantischen Immobilienblase 2008 als letztes Aufgebot des an seiner Produktivität erstickenden Spätkapitalismus, der nur noch durch immer neue, kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, durch extreme Gelddruckerei seine Agonie prolongieren kann. Diese innere Schranke des Kapitals tritt somit auch auf den Anleihemärkten in direkte Wechselwirkung mit der äußeren Schranke des Kapitals, der Endlichkeit des Planeten Erde und den Grenzen seiner ökologischen Belastbarkeit.

Anm.d.Red.: Dieser Text ist ein Beitrag zur Textreihe “After Extractivism” der Berliner Gazette. Die englischsprachige Version des Texts ist auf Mediapart verfügbar. Weitere Inhalte finden Sie auf unserer englischsprachigen “After Extractivism”-Website. Werfen Sie einen Blick darauf: https://after-extractivism.berlinergazette.de Der Autor dieses Beitrags finanziert seine journalistische Tätigkeit größtenteils durch Spenden. Falls Ihnen dieser Text zusagt, dann können Sie sich gerne daran beteiligen – entweder über Patreon, oder durch direkte Banküberweisung nach Absprache per Mail.

Copyright | Creative Commons-Lizenz

Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Unported Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte auf creativecommons.org oder schicken Sie einen Brief an Creative Commons, 171 Second Street, Suite 300, San Francisco, California 94105, USA.

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Grafikquellen     :

Oben       —      Ilustração publicada no Diário do Alto Tietê em matéria sobre pessoas devedoras.

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Ein Ukraine – Tagebuch

Erstellt von Redaktion am 23. August 2022

„Krieg und Frieden“
Kinderhilfe: Großer Dampfer kleiner Traktor

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Aus Odessa von Tatjana Milimko

Es gibt noch gute Tage in Odessa: Eine Getreidelieferung sorgt für große Aufregung. Zugleich spielen Kinder gemeinsam in einem Park „Krieg beenden“.

An diesem Morgen erwachte die Stadt nicht vom Luftalarm oder von Raktenexplosionen, sondern vom Dröhnen eines Dampfers. Drei Signaltöne waren vom Hafen von Odessa zu hören. Ein Schiff, beladen mit 26.000 Tonnen ukrainischem Mais, lief aus. Kinder mit vor Erstaunen geöffneten Mündern beobachteten dieses historische Ereignis. Sie verfolgten aufmerksam die Nachrichten und wollten wissen, ob der „Getreidekorridor“ funktioniert.

Meine Söhne baten mich, das riesige Schiff bei seiner Jungfernfahrt sehen zu können. Sie hielten Pakete in ihren Händen – darin: Spielzeugautos, Soldaten und Traktoren.

Aber meine Jungs hatten nicht vor, an diesem Tag zu spielen. Am Vorabend des Ereignisses hatten Denis und Timofej alle ihre Kisten mit Spielsachen herausgeholt und begonnen, sie sorgfältig zu sortieren. Die kaputten wurden beiseitegelegt und die, die noch in gutem Zustand waren, separat aufgeschichtet.

Die Jungs waren entschlossen, bei unserem Ausflug in die Innenstadt unbedingt andere Kinder zu treffen und ihre Spielsachen mit ihnen zu teilen. Die Frontstadt Odessa hat Tausende Mi­gran­t*in­nen aufgenommen. Zu uns kommen vor allem Menschen aus Mykolajiw, Charkiw und dem provisorisch besetzten Cherson. Sie fliehen mit ihren Familien vor dem Krieg und nehmen nur das Wichtigste mit. Und da stehen Spielsachen nicht immer auf ihrer Liste.

Die Kinder wollen den Krieg beenden

In einem der Parks von Odessa hatten sich ungefähr hundert Kinder versammelt. Jemand spielte auf einem Musikinstrument, ein anderer errichtete auf einer Bank einen improvisierten Laden und verkaufte Kunsthandwerk. Das gesammelte Geld sollte an ukrainische Soldaten gehen – für den Kauf von Regenmänteln.

Passagierterminal

Gleich nachdem das Schiff den Hafen verlassen hatte, kamen wir im Park an. Unter den Mi­gran­t*in­nen gab es kein anderes Gesprächsthema. Manche von ihnen hörten zum ersten Mal das Grollen eines Dampfers und erschraken.

Stolz hielten meine Söhne ihr Paket anderen Kindern entgegen. Ich weiß, dass darin ihre Lieblingsspielsachen waren. Vor allem ein Traktor. Ihn nahmen die Kinder zuerst, um damit zu spielen. Sie hängten einen Spielzeugpanzer an ihn an und legten los mit den Worten: „So werden wir den Krieg beenden.“

In der Ukraine sind solche Geschichten tatsächlich passiert. Traktorfahrer nahmen die von den Besatzern zurückgelassenen Panzer in Besitz und übergaben sie den ukrainischen Soldaten, wofür sie den Titel „Traktortruppen“ erhielten.

Quelle       :         TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.

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Unten         —       Passagierterminal

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DL – Tagesticker 23.08.2022

Erstellt von Redaktion am 23. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) PRESSEFREIHEIT  – . –  2.) Italien – Kommt es zu einem Rechtsruck?  – . –  3.) Lange her und noch nicht vorbei  4.) Extreme Wetterereignisse zeigen:  – . –  5. ) Lindner-Plakate zu 9-Euro-Ticket gefakt.  –  – . –  DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Behandelt Eure Politiker endlich so wie sie sich geben und nicht wie sich selber zeigen möchten! Die Schmarotzer aus der Gesellschaft werden nie wieder einen vergleichbaren Job finden. Es sei denn sich wechseln in die USA als Tellerwäscher. Wie gut das der politische Gernegroß keine Schusswaffe mit sich führte.

Thüringer Bürgermeister attackiert Journalisten heftig. Ein Reporter der „Ostthüringer Zeitung“ will einen umstrittenen Bürgermeister auf einem Fest konfrontieren. Doch der attackiert ihn.

1.) PRESSEFREIHEIT

<„text-align: center;“>Der Bürgermeister von Bad Lobenstein hat einen FUNKE-Journalisten angegriffen. Er bedrängte Reporter Peter Hagen, der bei der Attacke zu Fall kam. Politiker sind entsetzt und verurteilen den Angriff scharf  Plötzlich geht Thomas Weigelt los, mit schnellen Schritten, den linken Arm voraus. Der Bürgermeister von Bad Lobenstein drängt den Reporter zurück, drückt gegen das Handy des Journalisten, schubst, immer weiter. Bis der Reporter auf den Pflastersteinboden stürzt. Die Videoaufnahme von dem Handy zeigt nur noch grau, im Hintergrund ist Blasmusik zu hören. Peter Hagen ist Reporter der Ostthüringer Zeitung (OTZ), die auch zur FUNKE Mediengruppe gehört. Er wollte von dem öffentlichen Empfang durch den Bürgermeister auf dem Stadtfest der Kleinstadt in Thüringen berichten, auch Aufnahmen machen. Doch Bürgermeister Weigelt attackierte Hagen, wollte die Aufnahmen mit körperlicher Gewalt unterbinden. Bei dem Sturz wurde der Reporter nach eigenen Angaben leicht verletzt, ein Teil der Kameraausrüstung zerstört. Angriff auf Journalisten: „So etwas geht einfach gar nicht!“. Nach dem Angriff äußerten sich Politiker bestürzt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fand deutliche Worte. „Angst, Einschüchterung und Gewalt dürfen nie Mittel der Auseinandersetzung sein“, sagte Faeser unserer Redaktion. „Der gewaltsame Übergriff in Bad Lobenstein muss vollständig aufgeklärt werden.“

WAZ-online

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Alter schützt vor Torheit nicht! Ein Zeichen wie schön und Sorgenfrei das Leben unter der politischen Narrenfreiheit ist, oder reicht als Aussage die Feststellung das hier auch die Dümmsten ihre Plätzchen finden?

Kandidaten für Wahl in Italien angemeldet – Berlusconi tritt wieder an. In etwas mehr als einem Monat geht es für Italien um die politische Zukunft. In der drittgrößten EU-Volkswirtschaft könnte es zu einem Rechtsruck kommen. Jetzt ist klar, wer kandidiert.

2.) Italien – Kommt es zu einem Rechtsruck?

Gut einen Monat vor der Parlamentswahl in Italien haben die Parteien ihre Kandidatenlisten eingereicht. In einigen Regionen führt das zum Aufeinandertreffen alter Bekannter. In der wirtschaftlich stärksten Region Lombardei treten etwa die Ex-Regierungschefs Matteo Renzi von der Zentrumspartei Italia Viva und Silvio Berlusconi von der konservativen Forza Italia an. Sie tauchen als Kandidaten für den Senat in Rom aber auch auf Listen anderer Regionen auf. Für Berlusconi wäre es die Rückkehr in die kleinere Parlamentskammer, nachdem der 85-Jährige 2013 im Zuge einer Verurteilung wegen Steuerbetrugs dort rausflog. Seine 53 Jahre jüngere Partnerin Marta Fascina kandidiert in der Lombardei, allerdings für die größere Abgeordnetenkammer. Die Menschen in Italien sind nach dem Rücktritt des scheidenden Regierungschefs Mario Draghi aufgerufen, am 25. September ein neues Parlament zu wählen. Das Mitte-Rechts-Bündnis aus den rechtsextremen Fratelli d’Italia, der Lega und Forza Italia, das aktuell in Umfragen führt, baut laut Beobachtern auf alte politische Versprechen, wie mehr Rente und Steuersenkungen. Bleibt es dabei könnte Fratelli-Chefin Giorgia Meloni nach Abmachung mit ihren Koalitionspartnern die erste Ministerpräsidentin Italiens werden. Viele Italiener sind aber noch unentschlossen. Claudio Durigon tritt für die rechte Lega an.

Ostsee-Zeitung-online

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Aber – hat nicht genau so, der Deutsche Michel immer reagiert! Er zog sich die Mütze über den Kopf und wählte Adolf Hitler ! Wer kann in diesem so unpolitischen Land je so viel fressen – um anschließend über mehrere Tage alles wieder hinauszukotzen ? Nach den verlorenen Krieg badet doch jeder Kanzler nur noch in Selbstmitleid, um mit der Hilfe endlich einen Krieg Siegreich beenden zu können.

30 Jahre nach den rassistischen Angriffen in Rostock-Lichtenhagen geht der Kampf um die Erinnerung weiter. Die Opfer gehören in den Vordergrund.

3.) Lange her und noch nicht vorbei

30 Jahre ist es her, dass ein rassistischer Mob die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Ar­bei­te­r*in­nen in Rostock-Lichtenhagen tagelang angriff und teilweise in Brand steckte. Die Bilder gingen um die Welt, das Entsetzen über die Wut der Angreifer im Rausch saß tief. Rostock-Lichtenhagen ist bis heute mit dem Makel der rassistischen Terrortage im August 1992 belegt. Was vor drei Jahrzehnten geschah, wurde zu Recht als die schlimmsten rassistisch motivierten Attacken der Nachkriegsgeschichte benannt. Und zu Recht kritisieren Zeitzeugen wie der damalige Ausländerbeauftragte Wolfgang Richter, dass die Aufarbeitung der Ereignisse bis heute nicht abgeschlossen ist. Von der Übernahme politischer Verantwortung fehlte und fehlt bis heute jede Spur. Mölln, Solingen, Heidenau, Hanau. Rassistische Anschläge auf Menschen, die fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft sind, haben auch nach Rostock-Lichtenhagen nie aufgehört. In den allermeisten Fällen standen die Tä­te­r:in­nen im Vordergrund. Es ging um Ermittlungen, um ihre Beweggründe, um das Scheitern der Integration der Menschen, die nach Deutschland kamen, um hier Zuflucht zu suchen und sich ein neues Leben aufzubauen.

TAZ-online

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Jeder, der es Wissen wollte konnte schon vor mehr als 40 Jahren erfahren, das die Erde auf einen Klimawandel zu steuerte. Nur die Politiker-Innen wollten und wollen es immer noch nicht wissen, da es ihre Gier nach immer mehr zerstört. Brauchten sie nicht nur ihre Scheuklappen von den Augen nehmen, wenn sie sich ohne jeden Plan, sinnenleert um die Welt reisen lassen? 

Wir leben bereits tief im Zeitalter der Klimazerstörung.  Eine groß angelegte Guardian-Analyse wissenschaftlicher Studien belegt, dass die vom Menschen verursachte globale Erwärmung auf dem ganzen Planeten häufigere und tödliche Katastrophen antreibt.

4.) Extreme Wetterereignisse zeigen:

Eine neue Guardian-Analyse macht nicht nur die verheerende Zunahme von extremen Wetterbedingungen deutlich. Menschen auf der ganzen Welt verlieren durch von der Klimakrise verursachte, tödlichere und häufigere Hitzewellen, Überflutungen, Waldfeuer und Dürren ihr Leben oder ihren Lebensunterhalt. Die Analyse hunderter wissenschaftlicher Studien ist die bisher umfassendste Zusammenstellung dieser Art. Sie zeigt eindeutig, wie die enormen Kohlenstoffemissionen der Menschheit das Klima in katastrophale neue Extreme treiben. Mindestens ein Dutzend der schwerwiegendsten Ereignisse – von tödlichen Hitzewellen bis hin zu kochenden Meeren – wären laut der Analyse ohne die vom Menschen verursachte globale Erwärmung praktisch nicht möglich gewesen. Besonders besorgniserregend ist, dass dies alles bei einem Anstieg der Durchschnittstemperatur auf der Erde um nur ein Grad Celsius geschieht. Die Verstärkung extremer Wetterereignisse durch globale Erwärmung erfolgt dabei laut Wissenschaftler:innen mit „erstaunlicher Geschwindigkeit“. „Die Welt verändert sich schnell und es tut uns bereits jetzt weh – das ist die kurze Zusammenfassung“, erklärte Professor Maarten van Aalst, Leiter des International Red Cross Red Crescent Climate Centre. Dabei ist die Welt derzeit auf dem Weg hin zu mindestens 2,5 Grad Celsius Erderwärmung. Basierend auf den bisherigen Erfahrungen würde das noch mehr Tod und Zerstörung bedeuten.

Freitag-online

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Jetzt muss sich sogar der „Staatsschutz“ zu Lindner bemühen ! Ich finde es herrlich wenn ein Staatsschuss für solche einen Nonsens Zeit hat. Mag eine solche Aktion als eine Einladung für den Porsche-Chef sein Lindner als seinen Finanzberater einzustellen ? 

Im öffentlichen Raum hängen Plakate mit Aussagen von Bundesfinanzminister Lindner zur Diskussion um das 9-Euro-Ticket. Sie spielen auf das Faible des FDP-Chefs für Porsche-Sportwagen an und sind gefälscht. Dahinter steckt wohl eine Gruppe, der nun rechtliche Konsequenzen drohen.

5. ) Lindner-Plakate zu 9-Euro-Ticket gefakt. 

Die Polizei hat in Düsseldorf offensichtlich gefälschte Plakate mit einer Aussage von FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner zum 9-Euro-Ticket sichergestellt. Diese ähneln im Design echten FDP-Plakaten. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, sagte ein Polizeisprecher in Düsseldorf. Auf dem Plakat wird Lindner im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket zitiert mit: „Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren“. Die Plakate spielen augenscheinlich auf Christian Lindners Ablehnung von Finanzierungsspielräumen für eine Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets an – in Verbindung mit seiner bekannten Vorliebe für schnelle Sportwagen der Marke Porsche. In der Diskussion um das 9-Euro-Ticket hatte der Bundesfinanzminister deutlich gemacht, dass für eine Nachfolgelösung keine Mittel bereitstünden. Er sei von einer „Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen“ auch im öffentlichen Nahverkehr nicht überzeugt. Zu seiner Hochzeit fuhr der FDP-Politiker hingegen kürzlich mit einem Porsche Targa (oder Tanga) vor. Wenige Wochen zuvor wurden ihm gegenüber Vorwürfe geäußert, eine besondere Nähe zu Porsche-Chef Oliver Blume zu pflegen samt gut genutzten Kommunikationskanälen. Auch Wissler mit Porsche-Anspielung.

NTV-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Aufbruchstimmung in Chile

Erstellt von Redaktion am 22. August 2022

Chile stimmt über eine neue Verfassung ab.

Von    :    Sophie Boddenberg

Das Land, das als Labor des Neoliberalismus gilt, könnte bald zum Labor von dessen Überwindung werden. Chile zeigt: Mit kollektiver gesellschaftlicher Kraft können tiefgreifende Veränderungen angestoßen werden.

In Chile hat eine soziale Revolte geschafft, woran linke Parteien jahrzehntelang gescheitert sind: einen grundlegenden politischen Wandel anzustoßen. Eine demokratisch gewählte Versammlung hat eine neue Verfassung ausgearbeitet, über die am 4. September bei einem Referendum abgestimmt wird. Es lohnt sich, einen Blick nach Chile zu werfen: Das Land, das als Labor des Neoliberalismus gilt, könnte bald zum Labor von dessen Überwindung werden.

Alles fing an mit dem Aufstand, der im Oktober 2019 das gesamte Land erfasste. Proteste gegen eine Erhöhung der Fahrpreise der U-Bahn in der Hauptstadt Santiago waren der Auslöser, aber schnell war klar, dass es um viel mehr ging: una vida digna – ein würdevolles Leben. Niedrige Löhne und Renten, prekäre Arbeitsbedingungen, hohe Studiengebühren trieben Millionen von Menschen auf die Straße – es waren die größten Proteste seit dem Ende der Pinochet-Diktatur. Sie hatten keine Anführer*innen, wurden von keinen politischen Parteien gelenkt. Die Unzufriedenheit über die soziale Ungleichheit vereinte Millionen von Menschen, die monatelang demonstrierten und sich in basisdemokratischen Nachbarschaftsversammlungen organisierten. Dort begann der verfassungsgebende Prozess.

Während der Militärdiktatur privatisierte Pinochet – beraten von den Chicago Boys, einer Gruppe von chilenischen Ökonomen, die an der University of Chicago die neoliberalen Lehren von Milton Friedman studiert hatten – zu großen Teilen das Bildungs- und Gesundheitswesen sowie das Rentensystem und das Wasser, baute Ar­bei­te­r*in­nen­rech­te ab und zerschlug Gewerkschaften. 1980 verabschiedete er eine Verfassung, die den neoliberalen Weg zementieren sollte. Zehn Jahre später kehrte Chile zwar zur Demokratie zurück, aber die Verfassung blieb in Kraft. Während der Revolte war deshalb schnell klar, dass nur eine verfassungsgebende Versammlung einen Ausweg aus der Krise finden könnte.

Im Oktober 2020 stimmten bei einem Referendum fast 80 Prozent für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Im Mai 2021 wählten die Menschen Feminist*innen, Um­welt­schüt­ze­r*in­nen und soziale Ak­ti­vis­t*in­nen in die Versammlung, die die neue Verfassung ausarbeiten sollte. Sie bestand zur Hälfte aus Frauen und hatte Sitze für die zehn indigenen Völker reserviert. Lehrkräfte, Kran­ken­pfle­ge­r*in­nen und Wis­sen­schaft­le­r*in­nen aus verschiedenen Regionen Chiles wurden gewählt, um die neue Verfassung zu schreiben. Noch nie repräsentierte ein politisches Organ so stark die chilenische Gesellschaft. Es war ein klares Zeichen: Nicht mehr die oligarchische Elite sollte die Zukunft des Landes bestimmen, sondern diejenigen, die bisher von den politischen Entscheidungen ausgeschlossen worden waren.

Santiago en invierno.jpg

Nicht einmal ein Drittel der Sitze erhielten die Rechten, wodurch sie nicht in der Lage waren, Entscheidungen zu blockieren. Das Ergebnis: Veränderungen, für die sozialen Bewegungen seit Jahrzehnten kämpfen, verabschiedete der Verfassungskonvent mit einer Zweidrittelmehrheit: das Recht auf menschenwürdigen Wohnraum, auf Bildung und Gesundheit, Landrechte von Indigenen, die Entprivatisierung des Wassers, Umweltschutz, Rechte von Frauen und LGBTIQ+. Die neue Verfassung, wenn sie in Kraft tritt, wird eine der fortschrittlichsten der Welt sein: Sie verpflichtet den Staat zum Klimaschutz, erkennt Pflege- und Sorgearbeit an und garantiert Geschlechterparität in staatlichen Institutionen.

Die neue Verfassung dürfte nicht von heute auf morgen alle Probleme Chiles lösen. Aber sie würde die Möglichkeit eröffnen, strukturelle Veränderungen umzusetzen und die politische Richtung der nächsten Jahrzehnte vorzugeben. Die wirtschaftliche Elite Chiles, die sich seit der Diktatur auf Grundlage der aktuellen Verfassung bereichert hat, setzt alles darauf, ihre Privilegien zu schützen. Sie investiert viel Geld in eine Kampagne gegen eine neue Verfassung und verbreitet Falschmeldungen und Verschwörungstheorien, um Angst und Verunsicherung zu erzeugen.

Einer der Sprecher der Kampagne sagte, die neue Verfassung würde einer „kommunistischen Diktatur“ die Türen öffnen. Auf sozialen Netzwerken kursieren Videos, die davor warnen, dass Häuser und Wohnungen enteignet und in Staatseigentum übergehen würden. Ein rechter Politiker warnte davor, Abtreibungen würden bis zum neunten Monat erlaubt werden. All diese Vorwürfe entbehren jeglicher Grundlage im Verfassungstext.

Quelle       :       TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Oben     —     Presidente Boric firma acuerdo ambiental de Escazú, 18 de marzo de 2022.

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Spähtrupp – Bundespolizei:

Erstellt von Redaktion am 22. August 2022

Kleinste Mücken und riesige Elefanten im Villenviertel

Datei:Kuwait Embassy Berlin - Mutter Erde fec.jpg

Botschaft von Kuwait in Berlin-Grunewald, Griegstraße 5-7.

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von        :         

Das „Quartiersmanagement Grunewald“ wehrt sich gerichtlich gegen eine Überwachungsmaßnahme der Bundespolizei. Die hatte die An- und Abreisewege zu einer satirischen Versammlung gefilmt. Ob das mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit vereinbar ist, wird am Montag verhandelt. Wir sprechen mit einer der Organisatorinnen.

Die Bundespolizei filmte in Berlin am 1. Mai 2019 heimlich alle an- und abreisenden Teilnehmer einer Satire-Demo. Gegen diese Videoüberwachung klagte im Jahr 2020 beim Berliner Verwaltungsgericht das „Quartiersmanagement Grunewald“, das die Proteste organisiert hatte.

Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) unterstützte die Klage treuhänderisch, um die Prozesskosten abzufedern. Das „Quartiersmanagement Grunewald“ veranstaltet bereits seit 2018 Demonstrationen im Berliner Viertel Grunewald.

Diesen Montag findet die mündliche Verhandlung beim Verwaltungsgericht Berlin statt. Ob diese Form der Überwachung rechtens oder wegen ihrer einschüchternden oder gar abschreckenden Wirkung auf Demo-Teilnehmer unrechtmäßig war, wird nun das Gericht bewerten.

Frauke Geldher beantwortete unsere Fragen. Sie ist im satirischen „Quartiersmanagement Grunewald“ aktiv.

Hintergrund: Ungleichverteilung von Vermögen

 

Frauke Geldher: Das Quartiersmanagement Grunewald kümmert sich seit 2018 um den Problemkiez Grunewald, das Villenviertel im Berliner Südwesten. Die Villenkolonie hat sämtlichen Kontakt zur Realität verloren, lebt dort isoliert als Parallelgesellschaft und gefährdet so den sozialen Frieden im Rest der Stadt. Wir kümmern uns!

Wir versuchen, die Reichen wieder in die Gesellschaft zu re-integrieren, durch Sozialarbeit. Also beispielsweise machen wir „Hausbesuche“: Wir gehen einfach mal vorbei und schauen über den Gartenzaun und suchen die Begegnung – nicht nur, aber vor allem jedes Jahr am 1. Mai., zusammen mit einem Team aus Tausenden autonomen Sozialarbeiter:innen.

netzpolitik.org: Welche politischen Ziele stehen dahinter?

Frauke Geldher: Hintergrund ist die extreme Ungleichverteilung von Vermögen und die Tatsache, dass bei Krisen sehr viel umverteilt wird, aber leider immer weiter von unten nach oben. Wir wollen das umdrehen: Umverteilung von oben nach unten. Den Gini-Koeffizienten weg von der Eins, hin zur Null drücken. Dafür gibt es ja politische Antworten – Vermögenssteuer, Erbschaftsteuer, Übergewinnsteuer etc.

Wir brauchen dringend eine Debatte über all das. Über Armut wird viel geredet, Reichtum bleibt diskret. Darum gehen wir immer wieder in den reichen Problemkiez und sagen: „Ihr seid Teil des Problems, ihr müsst auch Teil der Lösung sein!“

Ein Vorzug, warum wir immer wieder ins Villenviertel gehen, ist die Offensichtlichkeit. Die Verhältnisse kriegt man da um die Ohren gehauen. Während beispielsweise Sticker in Berlin-Kreuzberg zum Alltag gehören, reagiert im Grunewald die Polizei nach komplett anderen Maßstäben und ermittelt wegen Landfriedensbruch. Wegen eines angebrachten Stickers! Sozioökonomische Ungleichheit wird so auf unseren Demos „erfahrbar“.

netzpolitik.org: Die Bundespolizei hat das Geschehen vor und während der Demo systematisch gefilmt und soll die Daten gespeichert gehaben. Was war die Begründung dafür?

Frauke Geldher: Zum 1. Mai 2019 hat die Bundespolizei mehrere Kameras im Bahnhof Grunewald installiert. Der infrastrukturell schwache Problemkiez ist auch in Sachen ÖPNV nicht gut an die Stadt angebunden. Der Bahnhof Grunewald ist eine der wenigen Möglichkeiten anzureisen. So filmte die Polizei also praktisch alle Versammlungsteilnehmer:innen kurz vor der Ankunft am Versammlungsort ab. Aus unserer Sicht ist das ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Die Aufnahmen wurden für fünfzehn Tage gespeichert.

Im Voraus oder während der Versammlung begründete die Polizei die Filmerei gar nicht. Im Nachgang baten wir den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, den Vorgang zu prüfen. Als Begründung führte die Polizei dann eine mögliche Überfüllung des Bahnhofs durch die anreisenden Personen an – ein Umstand, dem wohl kaum durch eine umfassende Videoüberwachung beizukommen sein dürfte.

Schutz durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit

netzpolitik.org: Ihr wehrt euch gerichtlich gegen die Überwachungsmaßnahmen. Mit welchen Argumenten?

Frauke Geldher: Auch An- und Abreisewege zu Versammlungen sind durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt. Das heißt: Wie auf der Versammlung selbst darf die Polizei auch während der An- oder Abreise nicht einfach Videoaufnahmen von den Teilnehmenden anfertigen. Schon die Präsenz einer Kamera ist ein Umstand, der Protestierende davon abhalten kann, von der Teilnahme an der Versammlung oder folgenden abzusehen. In Zeiten automatisierter Gesichtserkennung gleicht das Abfilmen einer Demo dem potenziellen Anfertigen einer Teilnehmendenliste. Das geht gar nicht.

Was im Laufe des Verfahrens ans Tageslicht kam, ist skandalös. Es entsteht der starke Eindruck, dass die Intention der Polizei eine gänzlich andere war, als sie offiziell verlauten lässt – nämlich das von uns befürchtete Registrieren der Teilnehmenden für eine mögliche spätere Registrierung und/oder Strafverfolgung. Dies ergibt sich beispielsweise aus dem Umstand, dass der Zeitpunkt der Löschung der Aufnahmen vom Verlauf des Einsatzgeschehens im gesamten Stadtgebiet abhängig gemacht werden sollte. Oder dass die Bundespolizei im Nachgang die Berliner Polizei anfragte, ob sie die Aufnahmen weiterverwenden mag.

Weiterhin wurden explizit dreh- und schwenkbare Kameras mit Zoom-Funktion für den Einsatz geplant – vollkommen unnötig, um Übersichtsaufnahmen anzufertigen. Außerdem fand bei der Polizei im Voraus keine Abwägung statt, ob mildere Mittel in Frage kommen, um das offiziell erklärte Ziel des Einsatzes zu erreichen. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist eigentlich vorgeschrieben und hätte ergeben, dass man genauso gut eine:n Polizist:in auf dem Bahnsteig hätte postieren können, statt alle Anreisenden abzufilmen. Dass dies noch nicht mal in Erwägung gezogen wurde, kritisierte auch der Bundesdatenschutzbeauftragte.

netzpolitik.org: Warum unternehmt ihr die Anstrengung, gegen den Vorgang zu klagen? Schließlich gibt es auch viel gravierendere Eingriffe in die Versammlungsfreiheit, etwa bei Polizeigewalt.

Frauke Geldher: Das ist richtig, es gibt viel brutalere Angriffe auf die Versammlungsfreiheit und auf Protestierende. Dennoch ist unsere Klage wichtig: Der Vorgang zeigt, dass die Polizei ihre Kompetenzen auch subtil und im Verborgenen immer wieder überschreiten wird, wenn man ihr nicht genauestens auf die Finger schaut. An diesen Übergriffen gilt es sie aktiv zu hindern – sie sind Teil eines strukturellen Polizeiproblems.

Villa Konschewski, Gemälde von Oskar Kaufmann, 1923

Darüber hinaus ist es ein Novum, dass Kameras eigens installiert werden, um Teilnehmende vor der Anreise zu filmen. Dazu gibt es bisher keine Rechtsprechung. Wir hoffen also auch, mit dem Verfahren ein Grundsatzurteil zu erstreiten, damit sowas in Zukunft nicht mehr vorkommt.

„Absurde“ Kontrollen

netzpolitik.org: Wie sahen die „verdachtsunabhängigen“ Personenkontrollen praktisch aus?

Frauke Geldher: 2019 waren die Kontrollen absurd. Der S-Bahnhof Grunewald war sehr voll, ca. 8.000 Personen waren zu unserer Demo angereist. Speziell ist an dem S-Bahnhof ein relativ langer Tunnel, der zum Vorplatz führt. Dieser wurde durch die Polizei abgeriegelt, so dass sich die Menschen stauten und einige Personen schon Love-Parade-Assoziationen bekamen. Gerade für Kinder – unsere Demo ist explizit familienfreundlich – war dieser Spießrutenlauf sehr bedrohlich.

Die Polizei durchsuchte willkürlich Teilnehmer:innen und erteilte für das Mitführen harmlosester Sticker Platzverweise. Viele Personen wurden zur Identitätsfeststellung in einer extra auf dem naheliegenden Supermarktparkplatz aufgebauten Bearbeitungsstraße lange festgehalten – unter anderem ein Redner, der sich wegen einer Kinder-Bastelschere mit runden Ecken mit dem Tatvorwurf der Bewaffnung auseinandersetzen musste. Insgesamt wurde quasi nichts gefunden, aber um den absolut überzogenen Polizeiaufwand zu rechtfertigen, hat die Polizei aus den kleinsten Mücken riesige Elefanten gemacht.

netzpolitik.org: Sind Protestformen wie die aufgeführte Oper „Grunewalddämmerung“ oder auch die Interventionen genauso geschützt wie politische Demonstrationen?

Frauke Geldher: Rechtlich sind auch Aktionen wie die Oper genauso geschützt, da es Versammlungen sind. Das Recht sich zu versammeln ist im Grundgesetz in Artikel 8 festgeschrieben und wird in Berlin durch das kürzlich neu gefasste Versammlungsfreiheitsgesetz ausgeführt. Die Rechtsgrundlagen und der Schutz sind also die gleichen – soweit die Theorie.

Man kann sagen, die Polizei reagierte von Anfang an alarmiert und allergisch, als wir angefangen haben, im Grunewald zu protestieren. Es gab viel politischen Druck, dass da nichts passieren darf. Mittlerweile haben sie nur noch Angst vor der unübersichtlichen Lage am 1. Mai, weshalb sie jedes Jahr den Bezirk komplett abriegeln. Selbst im Corona-Jahr, in dem wir mit nur zwanzig Leuten einen Autokorso gemacht haben, war jede noch so kleine Nebenstraße mit Polizeieinheiten abgesperrt.

Andere kleinere Aktionen außerhalb des 1. Mai wie die Oper „Grunewalddämmerung“ werden entspannter gesehen. Da hatten wir eher Probleme mit Pöbeleien seitens der Villenbesitzer. Wir sind aber gespannt, wie die Stimmung weitergeht. Wir planen auch Aktionen zum Heißen Herbst der Sozialproteste. Insgesamt könnte die Stimmung wütender und die Reaktionen demnach repressiver werden.

netzpolitik.org: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

Offenlegung: Constanze Kurz ist Mitglied des Beirats des FIfF.

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Nestlé und das Wasser

Erstellt von Redaktion am 22. August 2022

Wie Nestlé und Co. mit der Ausbeutung von Wasser Profit machen

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Quelle      :        INFOsperber CH.

Andres Eberhard /   

Grosskonzerne zapfen Trinkwasser an, Anwohner sitzen auf dem Trockenen. Ein Dokumentarfilm zeigt die Zustände in Vittel und Volvic.

Seit Jahren steht Nestlé in Vittel in der Kritik. Dasselbe gilt für Danone in Volvic. Die beiden Konzerne stehen im Verruf, mit abgefülltem Wasser Millionen zu verdienen, während der Bevölkerung das Trinkwasser langsam aber sicher ausgeht. Infosperber berichtete mehrmals über die Skandale in Frankreich. Ein Dokumentarfilm veranschaulicht nun, wie die Konzerne dabei vorgehen. Vordergründig ernsthaft um Lösungen bemüht, agieren sie hinter den Kulissen kühl berechnend, immer um den eigenen Vorteil bedacht. Mit dem Ziel, Mineralwasser zu verkaufen. Greenwashing par excellence.

Auf den Punkt bringt es im Film die Pariser Rechtsprofessorin Aurore Chaigneau: «Nestlé Waters stellen sich als Hüter der Ressource Wasser dar. Doch aus rechtlicher Sicht sind sie bloss Nutzer. Halten wir fest, dass sie nur da sind, um abgefülltes Wasser zu verkaufen. Dieses Unternehmen hat nur einen Zweck, nämlich aus der Ausbeutung von Wasser Profit zu schlagen.»

Diese Klarstellung ist nötig, nachdem die Dokumentation auch die Sicht des Unternehmens zeigte sowie Interessenskonflikte in der Lokalbevölkerung thematisierte. Denn allzu schnell entsteht ein Abwägen zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen. Vor einigen Jahren noch hatte Nestlé etwa 1300 Angestellte in Vittel, zum Zeitpunkt des Filmdrehs im Jahr 2021 waren es noch 900. Dieser Trend dürfte sich verschärfen, nachdem das Unternehmen Anfang 2022 bekannt gegeben hatte, Vittel-Wasser vom deutschen Markt zu nehmen. Dorthin waren die mit Abstand meisten Exporte gegangen.

Vor diesem Hintergrund kann man sich die Diskussionen in der örtlichen Wasserkommission gut vorstellen, als in den Vogesen vor einigen Jahren das Wasser knapp wurde. Was tun? Nestlé den Hahn zudrehen und damit Arbeitsplätze gefährden, vielleicht sogar jene von Freunden, Ehemännern und -frauen, des halben Dorfs? Oder dann doch lieber Trinkwasser über eine mehrere Millionen Euro teure Pipeline aus den Nachbardörfern anpumpen? Die Wasserkommission entschied sich für Letzteres. Doch später kam ans Licht, dass die Vorsitzende mit einem Nestlé Manager verheiratet war, der dem Verein La Vigie de l’eau vorstand. Dieser wiederum gibt vor, wissenschaftlich zu arbeiten, wird aber massgeblich durch Nestlé finanziert. Unter Druck kippte die Wasserkommission den Entscheid schliesslich und sagte das Pipeline-Projekt ab. Ob das Ganze für Nestlé juristische Folgen haben wird, ist noch offen. Wie so oft in solchen Fällen ist es schwer zu beweisen, ob Nestlé sich einer illegalen Einflussnahme schuldig gemacht hat, wie Kritiker dem Konzern vorwerfen.

«Wir entnehmen mehr Wasser, als sich bildet»

Rechtsprofessorin Chaigneau, die 2020 für Forschungen nach Vittel reiste, hält solche Interessenskonflikte in der Lokalbevölkerung für verständlich. Darum plädiert sie dafür, dass der Staat eingreift und eine rechtliche Basis schafft: «Es geht nicht darum, den Menschen vor Ort die Schuld zuzuschieben. Wir müssen schlicht dafür sorgen, dass wir auch an den Erhalt des Wassers denken, nicht nur an seinen Verbrauch. So etwas sieht das französische Recht bisher kaum vor.» Oder zugespitzt formuliert: Man kann das Schicksal des Planeten nicht jenen Konzernen überlassen, die komplett andere Ziele verfolgen – selbst wenn sie sich noch so umweltfreundlich geben.

Proteste auch in Kanada gegen die Wasserentnahme

In Vittel ist die Kritik am Vorgehen von Nestlé über die Jahre gewachsen. Denn auch zum Vorschein gekommene Plastik-Müllhalden und Hunderte von Lastwagen, die durch das Vogesental donnern, erzürnen Anwohnende. Es bildete sich eine Bürgerinitiative, die für eine gerechtere Verteilung des Wassers kämpft. Das Problem streitet mittlerweile nicht einmal mehr Nestlé selbst ab: Der Grundwasserpegel sinkt seit Jahrzehnten bedrohlich. «Wir entnehmen mehr Wasser, als sich neu bildet», sagt ein Nestlé-Mann im Film erstaunlich offenherzig. «Dass der Pegel sinkt, ist nichts Neues.» Der Konzern wies aber auch darauf hin, dass er die Entnahmen freiwillig um etwa die Hälfte reduziere und ausserdem Gelder für die Regenierung der Ökosysteme ausgebe. Bis 2027 soll das Sinken des Grundwasserpegels gestoppt werden. Kritiker halten das für zu spät.

Danone kontrolliert sich selbst

Was der Wassermangel für die Bevölkerung bedeutet, wird in Volvic deutlich sichtbar, wo der Danone-Konzern Wasser entnimmt, in Flaschen abfüllt und danach in Frankreich und halb Europa verkauft: Die Bäche führen immer weniger Wasser. Die älteste Fischzucht Europas musste den Betrieb einstellen. Behörden riefen wegen des sinkenden Grundwasserpegels zum Wassersparen auf und widerriefen bereits ausgestellte Baugenehmigungen, da es für zusätzliche Einwohner an Wasser fehlte. Und Danone? Der Konzern habe die Wasserentnahmen in dieser schwierigen Zeit gar noch erhöht, sagen Kritiker. Danone jedoch behauptet im Gegenteil, «als verantwortungsvoller Akteur den Wasserverbrauch seit 2018 gesenkt» zu haben. Die Entnahmen würden um 19 Prozent unter der genehmigten Menge liegen. Wer hat recht? Das Hauptproblem ist in diesem Fall, dass unabhängige Daten fehlen. Denn Danone selbst wurde von den Behörden angehalten, Daten zu sammeln, ob die eigenen Wasserentnahmen dem Ökosystem schaden. Anders gesagt: Danone überprüft sich selbst. Auch hier reibt man sich ob der Gutgläubigkeit der Behörden den Milliardenkonzernen gegenüber verwundert die Augen.

Dass man den Konzernen ganz genau auf die Finger schauen sollte, zeigen Recherchen von Journalisten der deutschen «Zeit». Sie machten eine wissenschaftliche Studie publik, die Danone 2012 selbst in Auftrag gegeben hatte. Diese weist nach, dass die Entnahmen Danones einen andauernden Einfluss auf den Pegel des Grundwassers haben. Doch Danone konnte die Arbeit lange geheim halten, weil der Konzern sie selbst finanziert hat – bis diese geleakt wurde.

Heute deutet alles darauf hin, dass das Sinken des Grundwasserpegels in Volvic zwar natürliche Ursachen hat, dass Danone mit seinen Wasserentnahmen das Problem aber zumindest verschärft. Danone widerspricht nach wie vor, für die Folgen der Wasserknappheit verantwortlich zu sein – kein Wunder, befindet es sich auch in einem Rechtsstreit mit einem Fischzüchter. Trotzdem hat sich der Konzern nach Ausstrahlung des Films mit den Behörden geeinigt. Die Wasserentnahmen sollen um 10 Prozent, ab 2025 um 20 Prozent reduziert werden.

Coca Cola blies Ausbaupläne in Norddeutschland ab

Was in Vittel und Volvic geschieht, passiert vielerorts auf der Welt. In Erinnerung ist der Schweizer Dokumentarfilm «Bottled Life» aus dem Jahr 2012, der das Geschäft von Nestlé mit dem Trinkwasser kritisiert. Der neue deutsche vom ZDF finanzierte Dokumentarfilm thematisiert auch die Situation im norddeutschen Lüneburg, wo Coca Cola einen dritten Brunnen für die Wassergewinnung installieren wollte, das Projekt nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung aber abblies.

Für Experten ist klar, dass der Klimawandel das Problem der schwindenden Wasserressourcen verschärfen wird. Entsprechend wird mehr staatlicher Einfluss gefordert. «Das Problem ist, dass die Folgen des Klimawandels noch nicht in den Gesetzen verankert sind», sagt Marianne Temmesfeld von der Bürgerbewegung in Lüneburg. Sie fordert ein Moratorium für Wassergesetze, ehe dies passiert ist. «Unser Wasser in Flaschen zu füllen und durch die Welt zu karren, das ist jedem klar, dass das keinen Sinn macht».

Auch die französische Professorin Chaigneau hält mehr staatlichen Einfluss für angebracht, um die Wasserressourcen langfristig zu sichern. «Im Gesetz wird Wasser stets im Zusammenhang mit Grundbesitz behandelt. Im Mittelpunkt stand der Boden. Heute ist uns bewusst, dass Wasser eine eigenständige Ressource ist», sagt sie. Das Schlusswort im Dokumentarfilm hat die ehemalige französische Umweltministerin Corinne Lepage, die als Anwältin einen betroffenen Fischzüchter gegen Danone vertritt: «A priori gehört das Wasser niemandem. Es gibt die Möglichkeit Wasser zu teilen, zu privatisieren. Aber das Wasser bleibt ein Gemeingut. Das Recht auf Wasser ist ein Menschenrecht wie das Recht auf Luft zum Atmen.»

FREIE NUTZUNGSRECHTE

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DIE * WOCHE

Erstellt von Redaktion am 22. August 2022

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

Dürre, Steuer, Masern: Madige Märchensteuer, Frenetische Finnin ind die Schlange mit der weißen Fahne. Kann auch eine Premierministerin mal ihren Namen tanzen? Oder dürfen das nur Masernimpfgegner: innen? Außerdem: ein röhrender Hirsch namens Kubicki.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Dürre, Trockenheit, staubige Flußbetten.

Und was wird besser in dieser?

Ich will mein Sommerloch zurück.

Die Regierung hat die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Gas verkündet. Wo würden Sie denn gerne mal weniger Mehrwertsteuer zahlen?

Ich kaufe ein „d“: Mehrwerdsteuer. Volkstümlicher Spitz- bzw. Stumpfname „Märchensteuer“, weil sie als abstrus, ungerecht und unbegreiflich empfunden wird. Finanzminister Lindner könnte sich standrechtlichlich verdenkmalen, wenn er da mal mit dem Kamm durchginge. Landläufige Beispiele: Kaffee 19 %, mit ordentlich Milch 7%, zum Mitnehmen 7%, aber mit Milch vor Ort getrunken wieder 19. Wer Knieschmerz ohne Medikamente – 19 % – durchsteht, bekommt irgendwann die Prothese günstig – 7 %. Der Bundesrechnungshof moniert das seit Jahrzehnten. Da wird doch der Hund – 19 % – in der Pfanne verrückt: bei Verzehr nur noch 7%. Wohlsein. Für den Gaspreis schallert der „Deckel für den Mindestverbrauch“ aus Nachbarländern herüber; also 7 % und Preisgrenze für den Mindestverbrauch, wer darüber herumgast zahlt eben mehr. Was die Ampel stattdessen tut, ist nur, eine miese Schlagzeile im Herbst zu verhindern: „Lindner verdient sich am Gaspreis dumm und dusselig“. Musser nich, isser schon.

Wir bleiben beim Gas. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht sich für eine Öffnung von Nord Stream 2 aus. Ist das eine gute Idee oder der Aufreger der Woche?

Kubicki ist sowas wie die FDP-Ultras: Im April staunte er über das Fiasko mit Russland: „50 Jahre meiner politischen Agenda haben sich in Luft aufgelöst“. Die pumpt er nun, gut erholt, in aller verfügbaren Pipelines und schaut mal, wie es verpufft. Unter Gorbi und Jelzin waren das sehr liebe Projekte, und unter Putins NachfolgerIn werden sie es wieder sein: Wenn westhörige Oligarchen oder Konzerne die Deals machen. Alle Ost-West-Pipelines sind schnöde Technik, nicht gut noch böse, sondern logische Verbindungen zwischen Rohstoffquellen und potenten Verbrauchern. Kubicki, der röhrende Hirsch, ahnt das Wutpotenzial bei den Verbrauchern und versucht, ähnlich wie bei Corona, die FDP als menschliche Alternative zu AfD und Linke zu positionieren.

Die finnische Premierministerin Sanna Marin feiert, und das Internet rastet aus. Was ist so besonders an tanzenden Politiker*innen?

Von Friedrich Merz kursierte neulich auch ein Tanzvideo, bei dem er seinen Namen eurythmisch darbot. Vorausgesetzt, er heißt insgeheim „verkrampfte Dampflok“. Grüne luden bereits solidarisch ein Filmchen mit swinging Baerbock zu Twitter hoch, Kathrin Göring-Eckart entstammt einer TanzlehrerInnen-Dynastie und steht also unmittelbar vor einem Comeback. Boulevard, fass: „Kanzler Scholz – er hat nur Angst vor der Damenwahl“.

Am Freitag musste Olaf Scholz sich den Fragen eines Untersuchungsausschusses zur Cum-Ex-Affäre stellen. Ist Schweigen eigentlich die Spezialität unseres Kanzlers?

Wissen ist Macht, Nichtwissen macht Arbeit: Scholz ist glänzend vorbereitet. Es muss viel mehr Arbeit machen, rechtzeitig Nichtwissen zu organisieren.

In der Ukraine hat sich der türkische Präsident Erdoğan mit Selenskyj und dem UN-Generalsekretär getroffen. Erdoğan als Streitschlichter, geht das?

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>       weiterlesen

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DL – Tagesticker 22.08.2022

Erstellt von Redaktion am 22. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Bundeskanzler der SPD  – . –  2.) SPD-GENERALSEKRETÄR – Kevin Kühnert  – . –  3,)Die Altkader vom BDI  – . –  4.) Die Basis zerbröckelt  – . –   5.) Intransparente Ausbeutung    . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Wie sieht Kanada heute die SPD mit ihren Kross-Kotzen – Schröder, Gabriel, Kahrs, Scholz? Alles Sozial-Demokraten welche die Partei als private Taschen-Füller ausnutzen. Fragen wir doch einmal bei den Partei-Nachbarn an, ob dieser dieses alles noch auf seinen Bierdeckel bekommt? Waren diese Oben erwähnten denn je mehr als Urlaubsreisende auf Kosten der Steuerzahler?

Olaf Scholz sieht Kanada als demokratische Rohstoffalternative. Drei Tage besucht der Bundeskanzler mit Robert Habeck und einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation Kanada. Ein Thema ist die Lieferung von Flüssiggas nach Deutschland.

1.) Bundeskanzler der SPD

Bundeskanzler Olaf Scholz will bei seinem dreitägigen Kanada-Besuch die Zusammenarbeit mit dem zweitgrößten Land der Welt bei der Erschließung von Rohstoffen deutlich ausbauen. „Das Land verfügt über ähnliche reiche Bodenschätze wie Russland – mit dem Unterschied, dass es eine verlässliche Demokratie ist“, sagte Scholz nach seiner Ankunft in Montreal. „So eröffnen sich neue Felder der Zusammenarbeit. Insbesondere beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft wollen wir eng kooperieren.“ Der SPD-Politiker besucht derzeit Kanada zusammen mit Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Begleitet werden die beiden von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation. Nach seiner Ankunft in Montreal traf Scholz den kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau zu einem Abendessen. Es sind weitere politische Gespräche der beiden geplant. Während des Besuchs soll ein Abkommen über eine engere Zusammenarbeit bei Produktion und Transport von Wasserstoff unterzeichnet werden. Es geht aber auch um die Lieferung von Flüssiggas (LNG) nach Deutschland und die Förderung von in Kanada vorhandenen Mineralien und Metallen wie Nickel, Kobalt, Lithium und Grafit, die für die Herstellung von Batterien wichtig sind. Deutschland sei mit kaum einem anderen Land außerhalb der Europäischen Union so eng und freundschaftlich verbunden sei wie mit Kanada, sagte Scholz. „Wir teilen nicht nur gemeinsame Werte, sondern auch einen ähnlichen Blick auf die Welt.“ Kanada ist mit einer Fläche von fast einer Million Quadratkilometern nach Russland das zweitgrößte Land der Welt, mit etwa 37 Millionen Einwohnern aber vergleichsweise dünn besiedelt. Das Land ist Partner Deutschlands in der G7 wirtschaftsstarker Demokratien und in der Nato.

Zeit-online

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Aber – geht es denn anders? Irgendwann zeigt ein jeder Parteitroll, woran es in seinen Kopf fehlt, wenn er sich freiwillig in ein Glashaus setzt, um den unter 1.) genannten  Rohrkrepierern einer Partei helfend unter den Armen zu greifen!  Mitgegangen – Mitgefangen – Mitgehangern !

„Bilder, die ich gar nicht haben wollte“: So reagiert Kevin Kühnert auf Duschtipps anderer Politiker. In der Koalition steigt die Nervosität angesichts des bevorstehenden Winters. Viele Politiker geben Tipps zum Energiesparen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert reagiert darauf allergisch – und begründet das mit den Bildern in seinem Kopf.

2.) SPD-GENERALSEKRETÄR – Kevin Kühnert

Noch ist es draußen warm und kaum jemand muss derzeit seine private Wohnung beheizen. Doch das dürfte sich bald ändern: Der Winter steht bevor und niemand kann genau vorhersagen, welche Kosten angesichts der drastisch gestiegenen Energiekosten auf die Bürger zukommen. Klar ist nur: Es wird teuer. Um die Bürger darauf vorzubereiten und sie frühzeitig an einen geringeren Verbrauch zu gewöhnen, haben mehrere Politiker Empfehlungen ausgesprochen. So gab etwa Vizekanzler Robert Habeck über sein Ministerium Energiespartipps für den Alltag heraus und riet den Deutschen unter anderem, kürzer zu duschen. Sein Parteifreund Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, ging einen Schritt weiter und rief gar zum Duschverzicht auf: „Auch der Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung.“ Kevin Kühnert und die Bilder im Kopf, Bei Kevin Kühnert kommen derartige Einmischungen ins Privatleben der Menschen nicht gut an. „In der Praxis wissen ärmere Menschen nicht erst seit Putins Krieg, wie man im Alltag spart und wie hart das ist“, sagte der SPD-Generalsekretär im Interview mit „T-Online.de“. „Deshalb halten wir von der SPD uns auch mit Spartipps an die Bevölkerung zurück.“ Er finde es „schräg“, wenn Menschen mit fünfstelligem Monatseinkommen anderen erklären, wie man spare. „Das wissen die nämlich meist viel besser.“

Stern-online

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Aus einen Lösch-Eimer über über den Kopf wird lange kein Hut ! Auch im BDI, einen Abklatsch der politischen Parteien-Clans. nicht. Dort wurde lange gewerkelt um viele ihrer Wirtschaftsträger ins Ausland auszulagern – da dort für Löhne weniger bezahlt werden muss. Ist ein solches Verhalten schon mit Gangstertum vergleichbar?

Streit um Übergewinnsteuer. Russlands Überfall auf die Ukraine könnte hier Demokratie und Zusammenhalt fördern. Doch die deutschen Wirtschaftseliten wollen davon nichts wissen.

3.) Die Altkader vom BDI

Ein Freund hatte in den 1990er Jahren eine recht hoffnungsvolle Karriere im Kulturbetrieb eingeschlagen. Schon als studentische Hilfskraft kannte er keinen Feierabend, fuhr auf eigene Kosten durchs Land, um die Menschen persönlich kennenzulernen, für deren Schaffen er sich begeisterte. Trotzdem ging er die ganze Sache spielerisch an, er leistete sich partybedingte Aussetzer, war freundlich zu den Fleißigen und deutlich zu den Speichelleckern; und hätte man seine durchaus frenetische Aktivität als ‚Netzwerken‘ bezeichnet, dann wäre seine Antwort wohl gewesen: „Was soll das denn Grauenhaftes sein?“ Irgendwann in den späteren Nullerjahren, nachdem er sich schlechtbezahlt und dauerhaft befristet von Job zu Job gehangelt hatte, gab er auf. Seine Analyse war, dass sich das System, in dem wir leben – ob wir es nun soziale Marktwirtschaft, Westen oder neoliberalen Kapitalismus nennen wollen – nicht mehr für Kunst interessierte. Seit ‚wir‘ die Auseinandersetzung mit dem „Realen Sozialismus“ gewonnen hätten, sei die Geschäftsgrundlage entfallen, auf der seit den 1950er Jahren die Überlegenheit des freiheitlichen Systems durch einen „Cultural Cold War“ um die Herzen und Gehirne der Kunstschaffenden und des Publikums ausgefochten worden sei – unter Mobilisierung beträchtlicher Geldmengen. Wenn ein Kampf gewonnen ist, kann abgerüstet werden. Wenn die Gesellschaft nicht gegen einen Feind mobilisiert werden muss, braucht es keine Gesellschaft mehr. Die einzige Idee, die benötigt wird, um den Laden am Laufen zu halten – warum auch immer, könnte man zynisch fragen, ohne abzustreiten, dass es in den letzten Jahrzehnten auch eine Menge Spaß und Freiheit gebracht hat, in einer Nicht-Gesellschaft zu leben –, ist die des Marktes. Partner des heimischen Wirtschaftsmodells.

TAZ-online

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Das dieses in heutiger Zeit einmal mehr diskutiert wird, ist so überraschend nicht. Haben vielleicht viele der Wissenden endlich bemerkt das ihr Studium in der Politik rein gar keinen Wertung findet, da es dort auf ganz andere Voraussetzungen  ankommt? Wem nützt selbst das große Wissen, wenn sich Versager lange Oben festgesetzt haben, welche bei jeden Schnupfen einen Arzt oder Professor aufsuchen müssen, welche ihnen dann erklären. wieviel ihre gekauften Titel nicht Wert sind und die Erde unter dieser Politik dann auch den Bach hinuntergehen wird.

Warum Wissenschaftler-innen auf die Barrikaden gehen. Die Förderstopps seitens des FDP-geführten Bildungsministeriums schaden nicht nur der Forschung in den Sozialwissenschaften.

4.) Die Basis zerbröckelt 

Viel Frust schlägt Bettina Stark-Watzinger (FDP), der Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), seit einigen Wochen entgegen. Und das aus der Wissenschaft, die normalerweise als eher nüchterne Klientel gilt. Der Auslöser sind weitreichende Förderstopps und eine inakzeptable (Nicht-)Kommunikation des selbst ernannten „Chancenministeriums“. Klar ist, es wird an bestimmten Stellen gespart, aber an anderen mehr ausgegeben – etwa bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz. Das sind politische Entscheidungen, wie sollte es bei einem Ministerium auch anders sein? Ob das aber jeweils überzeugt und ob dies angemessen umgesetzt wird, daran gibt es in der Wissenschaft erhebliche Zweifel. Gespart werden soll zum Beispiel bei der im Sommer 2021 aufgelegten Forschungslinie zu den „gesellschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie“. Das ist politisch kurzsichtig, denn die Pandemie ist eine massive biosoziale Krise, die mit biowissenschaftlicher Expertise allein nicht gestaltbar ist. Es braucht auch und gerade sozialwissenschaftliche Forschung. Wir sprechen hier schließlich von Grundfragen gesellschaftlichen Zusammenlebens: Was ist systemrelevant? Wer ist von Gesundheit/Krankheit warum wie betroffen, und was hat das mit Ungleichheit zu tun? Welche Milieus, Gruppen, Schichten gehen wie mit einer solchen Krise um? Wie tangiert die Pandemie Familien, Wohnverhältnisse, Schulbildung, Erwerbsarbeit, Einkommen, Politik, Solidarität und vieles mehr? Das BMBF hat aber auch bereits laufende Projekte zur Erforschung des Klimawandels, die ihre Forschungsergebnisse in den kommenden Jahren für die Öffentlichkeit aufbereiten wollten, plötzlich gekappt. Ebenso wird bei der Erforschung von Rechtsextremismus und Rassismus und bei der DDR-Forschung gespart.

Der Freitag-online

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War es vielleicht das oberste Ziel der USA Wirtschaft den Kriegsgegner an die Kette zu legen. Oder gäbe es einen anderen Grund Adenauer in die Macht zu holen? Da schon wurden die Weichen für Heute gestellt!

ENERGIEKRISE – Gasumlage: Einkommensschwache Familien am stärksten belastet. Keine Transparenz über Berechnung.

5.) Intransparente Ausbeutung

Die Trading Hub Europe GmbH hat gesprochen: 2,419 Cent pro Kilowattstunde wird die Gasumlage betragen, die ab kommenden Oktober bis Ende März 2024 von Verbrauchern und Industrie kassiert werden soll, um gasimportierende Konzerne in Kriegszeiten zu unterstützen. Auf einen Einpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden kommen demnach jährliche Extrakosten von rund 121 Euro zu. Eine Familie mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden muss 484 Euro zusätzlich zahlen. Hinzu kommen die Kosten für die Gasspeicherumlage in Höhe von 0,059 Cent sowie für die Bilanzierungsumlage in Höhe von 0,57 Cent pro Kilowattstunde. Obendrauf kommt die Mehrwertsteuer, wenngleich die Bundesregierung beabsichtigt, diese für den gesamten Gasverbrauch auf sieben Prozent zu senken. Der Nichtbesteuerung der Umlage hatte die EU-Kommission am Dienstag eine Absage erteilt. Es bleibt dabei: Die über Gasknappheit vermittelten Kosten der deutschen Kriegsbeteiligung in Form von Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine sollen weder den Energiekonzernen überlassen noch aus dem Bundeshaushalt gestemmt werden. Statt dessen werden sie der Bevölkerung direkt aufgebürdet. Industrie übervorteilt. Am härtesten trifft die Gasumlage jene Haushalte, die ohnehin am wenigsten haben und deshalb auch bereits am stärksten unter der Inflation leiden. Am Mittwoch hatte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung vorgerechnet, dass einkommensschwache Familien mit einer Teuerungsrate von 8,4 Prozent überdurchschnittlich stark betroffen sind. Für Singles mit hohem Einkommen steigen die Kosten nur um 6,4 Prozent. Schließlich gilt: Je geringer das Einkommen, desto höher die proportionalen Ausgaben für Energie. Durch die Gasumlage wird die Inflation nun weiter angeheizt.

Junge-Welt-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Wenn Putin stürzen sollte

Erstellt von Redaktion am 21. August 2022

Nach dem Krieg in der Ukraine

Politik und Religionen spielten sich immer die Bälle zu.

ESSAY VON FJODOR KRASCHENINNIKOW

Die politische Führung eines neuen Russlands kann nicht aus der heutigen Elite rekrutiert werden. Die im Exil lebende Opposition sollte bereit sein.

Der Krieg in der Ukraine zieht sich hin. Die mangelnde Bereitschaft des Putin-Regimes, außen- oder innenpolitische Zugeständnisse zu machen, wird von Tag zu Tag deutlicher. Damit wird klar, dass russische politische Aktivist*innen, Journalist*innen, Men­schen­rechts­ak­ti­vis­t*in­nen und einfach russische Bürger*innen, die Putins Befehlen nicht Folge leisten, in naher Zukunft wohl kaum in ihre Heimat zurückkehren werden.

Mit anderen Worten: Sie werden sich zumindest für die nächsten Jahre, im schlimmsten Fall für viele Jahre, in Europa ansiedeln.Der Kreml vertreibt nicht nur mit allen in seiner Macht stehenden Instrumenten diejenigen aus dem Land, die sich dem Regime widersetzen. Vielmehr warnt er jene, die bereits gegangen sind, davor, überhaupt an eine Rückkehr zu denken. Die in den letzten Monaten verabschiedeten Gesetze kriminalisieren faktisch jede aktive Tätigkeit ihrer Bür­ge­r*in­nen im Ausland.

So sind beispielsweise die bei der Auswanderung unvermeidlichen Kontakte zu lokalen und internationalen Organisationen, von denen viele bereits verboten sind, nun offiziell ein Grund für die strafrechtliche Verfolgung in Russland. Weithin verbreitet ist heute die Praxis, Urteile auch in Abwesenheit von Angeklagten auszusprechen, die die sofortige Verhaftung bedeuten würden, sobald Rück­keh­re­r*in­nen aus der Emi­gration die russische Grenze überschreiten.

Selbst im Falle des Todes von Putin oder eines personellen Wechsels im Kreml wäre die Änderung einer Vielzahl von Gesetzen und die bedingungslose Amnestie aller bereits Verurteilten nötig, wenn Emi­gran­t*in­nen massenhaft zurückzukehren wünschten. Die weitreichende Rücknahme restrik­tiver Gesetze würde im Übrigen als der beste Indikator dafür herhalten, wie sehr sich eine hypothetische neue russische Führung von der derzeitigen unterscheidet.

Langer Weg zur Demokratie

Selbst ein Ende des Krieges in der Ukraine und Absichtserklärungen, die Außenpolitik zu ändern, werden keineswegs eine neue Ära für Russland und damit für Europa einläuten. Schließlich kann das Kremlregime auch eine aggressive Außenpolitik vorübergehend aufgeben – zum Beispiel, weil die militärischen und finanziellen Ressourcen erschöpft sind.

Dies bedeutet jedoch nicht automatisch eine Demokratisierung Russlands, die das Land langfristig zu einem guten Nachbarn und Verbündeten Europas macht. Um eine historische Analogie zu verwenden: Nikita Chruschtschow war sicherlich menschlicher als Josef Stalin, aber sein Aufstieg hat die UdSSR nicht zu einem demokratischen Land gemacht oder die Menschen, die vor den Schrecken des Bolschewismus geflohen waren, dazu gebracht, in Scharen nach Hause zurückzukehren.

Es gab zwar weniger Schrecken, aber der Bolschewismus blieb, wie die Beispiele Ungarn 1956 und der Aufstand von Ar­bei­te­r*in­nen im russischen Nowotscherkassk 1961 zeigten. Öffentlich Protestierende wurden im sowjetischen Einflussbereich weiterhin erschossen. Das moderne Europa hat viele eigene Probleme, besonders jetzt. Und natürlich verblassen die Probleme Russlands und der russischen Emigration gegenüber den Schrecken des Krieges in der Ukraine und seinen weitreichenden Folgen auf den Energie- und Nahrungsmittelmärkten.

Trotzdem müssen wir auch über die Gegenwart und Zukunft der russischen Emigration nachdenken – im Interesse einer besseren und friedlicheren Zukunft für den Kontinent. Daher sollte, alleine um der Zukunft Europas willen, das Thema nicht ignoriert und die Exi­lan­t*in­nen mit ihren zahlreichen Problemen, mit denen sie täglich konfrontiert sind, alleingelassen werden.

Verarmt und verzweifelt

Die Erfahrung des 20. Jahrhunderts zeigt, dass russische und sowjetische Emigrant*innen, die in Armut und Verzweiflung gerieten, entweder mit den sowjetischen Sicherheitsdiensten kooperierten oder es aufgaben, weiterhin politisch aktiv zu sein. Aber selbst diese Geschichten sind nur die Spitze des Eisbergs, denn die meisten menschlichen Tragödien blieben der Welt verborgen.

Unerwünscht, weil sie den Sinn des Lebens verloren hatten und keine Zukunft für sich sahen, tranken begabte und gute Menschen Alkohol, entwürdigten sich oder begingen Selbstmord, ohne ihrem Heimatland oder den Ländern, in denen sie lebten, einen Nutzen zu bringen. All dies könnte sich nun wiederholen, denn abgesehen von den Selbsthilfeorganisationen, -projekten und -medien, die praktisch täglich neu aus dem Boden schießen, haben die Russ*innen, die vor Putin geflohen sind, keine Anlaufstelle.

Und es ist unwahrscheinlich, dass selbst diese Gruppen lange überleben werden: Die meisten von ihnen verfügen über keine langfristigen Finanzierungsquellen und haben einzig das Ziel, im Moment zu überleben und auf den Zusammenbruch von Putins Regime zu warten. Die Zeit vergeht im 21. Jahrhundert viel schneller als im 20., und es ist unwahrscheinlich, dass Putins Regime viele Jahrzehnte überleben wird.

Aber selbst wenn es in der ein oder anderen Form die nächsten 5 bis 10 Jahre übersteht, ist das mehr als genug Zeit, dass sich für die heutige russische Diaspora das Schicksal der postrevolutionären Emigration des letzten Jahrhunderts im Schnelldurchlauf wiederholt. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gründeten die vor der sowjetischen Regierung geflohenen Menschen auch viele Medien und unterschiedliche Organisationen, von denen allerdings die allermeisten zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs der UdSSR schon nicht mehr existierten.

Auf Systemwechsel nicht vorbereitet

Die, die ihn erlebten, hatten dennoch keinen Einfluss auf die Prozesse in Russland. Zum Ende der Sowjetunion waren weder die seinerzeit ausgewanderten Russen und Russinnen noch die westlichen Länder, die sich der sowjetischen Diktatur widersetzten, auf einen Systemwechsel vorbereitet. Eine alternative Rechtsprechung war ebenso wenig verfügbar wie Spe­zia­lis­t*in­nen in den Geistes- und Sozialwissenschaften oder der modernen Pädagogik.

Es fehlte an russischsprachigen Personen, die über Erfahrungen in unabhängigen Medien oder in nichtsowjetischen politischen, sozialen und karitativen Organisationen verfügten. Selbst wenn es solche Menschen gegeben haben sollte, waren sie einsam und auf sich allein gestellt; in Russland wartete niemand auf sie, und der den Kalten Krieg gewinnende Westen bestand nicht darauf, selbst bekannte Kämpfer gegen die Sowjetherrschaft in die politische Elite Russlands zu integrieren.

Stattdessen erkannten die demokratischen Regierungen Europas und Amerikas nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einfach einen Teil der sowjetischen Elite voraussetzungslos als gleichberechtigten Teil der freien Welt an. Die Diktatur Putins beruht unter anderem auf der damals doch überraschenden Bereitschaft des Westens, Boris Jelzin und seine Mannschaft unhinterfragt als echte Alternative zur kommunistischen Partei anzuerkennen; als eine politische und legitime Alternative, die in der Lage ist, auf den Ruinen der UdSSR ein neues freies und demokratisches Land aufzubauen.

Datei:Wladimir Putin mit Alexander Solschenizyn-1.jpg

Doch die Nachkommen des Sowjetapparats waren durch die gesamte Erfahrung des politischen und wirtschaftlichen Lebens in der UdSSR korrumpiert und hielten dies auch in der neuen Umgebung für durchaus akzeptabel. Aus diesem Grund gab es keine Verurteilung der Verbrechen des Sowjetregimes, keine Wiedergutmachung. Menschen, die als ideologische Kämpfer gegen das Sowjetregime bekannt waren, wurden in das politische Leben des postsowjetischen Russlands kaum einbezogen.

Zentrale Positionen nur für Oppositionelle

Zugegeben: Der berühmte Dissident Alexander Solschenizyn kehrte triumphierend nach Russland zurück. Aber er verwandelte sich in ein Museumsexponat, mit dem der Kreml seine eigene Erneuerung dem Westen demonstrierte. Sowohl Jelzin als auch Putin haben zunächst höflich die Kritik am sowjetischen Regime akzeptiert. Jeder Versuch des Nobelpreisträgers, die amtierenden Behörden und Regierungen zu kritisieren, wurde indes mit offensichtlicher Irritation aufgenommen und bestenfalls ignoriert.

Schlimmer noch: Solschenizyns rechtskonservative politische Ansichten spielten den sowjetischen Revanchisten in die Hände, die bereits Kräfte für einen Gegenangriff sammelten. Zwar wurden einige ehemalige Dissidenten kurzzeitig Abgeordnete auf verschiedenen Ebenen und arbeiteten im Bereich des Menschenrechtsschutzes. Doch niemand durfte sich den Hebeln der Macht nähern.

Ist es da ein Wunder, dass Jelzin nur acht Jahre nach dem Zusammenbruch der KPdSU die Macht an einen KGB-Mann, Putin, übergab? Aus all dem ergeben sich mindestens zwei wichtige Schlussfolgerungen. Erstens sollte keine neue Post-Putin-Regierung in Russland ernst genommen werden, wenn sie nur aus der zweiten oder dritten Reihe von Putins Be­am­t*in­nen besteht und keinen einzigen nicht inhaftierten oder im Exil lebenden Kritiker Putins einbezieht.

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Düsseldorfer Karneval 2014

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Putins Erfolg macht ihn Stolz

Erstellt von Redaktion am 21. August 2022

Europas Natoisierung und die Verfeindung der Welt

48. G7-Gipfel in Elmau, Deutschland, Juni 2022

Die leeren Flaschen – hier füllen sich die Taschen !

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Der Persilschein für Krieg

Erstellt von Redaktion am 21. August 2022

Die große Sehnsucht nach dem Stahlbad

„Nie wieder Krieg:“ – Wem nützen diese Steine – wenn zu viele Irre an ihnen rütteln ?

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von          :        Rainer Wenger    kritisch-lesen.de

Das Buch des ZEIT-Politikchefs Bernd Ulrich demonstriert mustergültig, wie der deutsche Journalismus heutzutage seine Kriegstreiberei mittels pseudo-humanitärer Überlegungen verschleiert.

Eine wesentliche Neigung der fast ausschliesslich der saturierten Mittelklasse entstammenden Schreiberlinge des deutschen Journalismus ist es, sich den Kopf der Herrschenden zu zerbrechen. Nichts vermag dem handelsüblichen Leitartikler einer bürgerlichen Gazette mehr schlaflose Nächte zu bereiten als jene innerlich-moralischen Konflikte, die etwa der grüne Bombenbüttel Joseph Fischer einst auszustehen hatte. Ist beim Blick auf Fotos jener turbulenten Tage zwischen 1999 und 2001 seinem kriegskündenden Knautschgesicht nicht plastisch anzusehen, wie schwer es ihm gefallen ist, die von der Bundeswehr behelmten Truppen in den Kosovo oder nach Afghanistan zu schicken?Geht es nach den meisten der sogenannten Qualitätsmedien, sollten wir uns alle vor dem ehemaligen Bundesaussenminister für die von ihm begonnene „militärische Normalisierung Deutschlands“ (S. 73) – sprich für die Kriege im Kosovo und in Afghanistan – ehrfürchtig verneigen und uns bei ihm demütig für die erteilte Lehre bedanken, „dass Krieg unter bestimmten Umständen moralisch geboten sein kann“ (S. 35). Ein 2011 erschienenes Buch von Bernd Ulrich, dem Politik-Boss und stellvertretenden Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT, ist in diesem Sinne schon vom Titel her eine klare Ansage: „Wofür Deutschland Krieg führen darf“.So dürften vor drei Jahren die edlen Brunnenbohr- und Mädchenschulenaufbau-Propagandist_innen für eine Weile ihre Fottfinger von den Schalthebeln der Macht gelassen und dieses Werk gelesen haben, denn der werte Herr Ulrich stellt den Deutschen darin einen Persilschein für die bewaffnete Ausweitung ihrer Ideologiezone aus. Endlich, mögen sie sich gedacht haben, sagt’s mal einer klar und deutlich, denn jenseits dieses nach 1945 verordneten „Nationalpazifismus“ (S. 44) ist doch ohnehin allen klar, dass „wir“ (S. 13) Deutsche allesamt mit dem Messer zwischen den Zähnen das Licht der Welt erblicken.Selbstredend wäre der Lohnschreiber des Holtzbrinck-Verlags nicht jener realpolitisch-weise Genius, für den er sich selbst halten mag, wenn er im Buchtitel nicht noch ein „Und muss“ nachschöbe. Schliesslich leben wir alternativlos im nach permanenter Expansion strebenden und kompetitiven Kapitalismus, ob uns das gefallen mag oder nicht. Also: Stillgestanden und aufgemerkt, was Kamerad Bernd zu sagen hat!

Journalismus ist fast wie regieren

Sein essayistischer Ritt durch die jüngere bundesdeutsche Kriegsgeschichte startet mit einem Kriechgang in den Allerwertesten des Wehrmachtsveteranen, Ex-Bundeskanzlers (SPD) und aktuellen ZEIT-Herausgebers Helmut Schmidt („Das natürliche Zentrum aller Debatten über den Krieg bildet dabei Helmut Schmidt. Es macht eben einen immensen Unterschied, ob man das Thema abstrakt diskutiert oder mit jemandem, der weiss, wovon er redet, wenn er vom Krieg spricht“, S. 20). Dann beginnt Ulrich unvermittelt aus dem Nähkästchen seines Arbeitsalltags zu plaudern. Beim beredten Schweigen über die Redaktionskonferenzen, in denen sich viele Gedanken seines Buches entwickelten, giesst er seine ,Erkenntnisse‘ in stolzgeschwellte Worte:

„Diese Freitagsrunde ist nicht nur im Journalismus einzigartig, von ihr sagt Helmut Schmidt, sie sei oft besser als Kabinettssitzungen. Die Diskussionen dienen weniger dem operativen Zeitungsgeschäft als einer politischen Selbstvergewisserung, sind mehr ein Als-Ob-Regieren“ (S. 19).

Und dieser Als-Ob-Regierer hat sichtlich seinen Orwell gelesen, denn er verfügt über das in den meisten politikwissenschaftlichen Proseminaren auswendig zu lernende „Neusprech“ (Orwell 1984, S. 9). So schreibt er über „asymmetrische Kriege“ (S. 88) statt von Angriffskriegen, Deutschland bezeichnet er als „Mittelmacht“ (S. 64) statt als europäische Austeritäts-Grossmacht und deren Bevölkerungsmehrheit attestiert er eine „Interventionsverweigerung“ (S. 145) statt sie als gewaltfrei zu kennzeichnen.

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Hier erwirbt ein Deutscher Soldat seine Lizenz zum Töten !

Allein damit liegt Ulrich handzahm auf der Herrschaftslinie mit ihrem Motto „Krieg ist Frieden“ (Orwell 1984, S. 20) und dürfte seinen Job damit auf Jahre hinaus gesichert haben. Doch lehrte ihn George Orwell offenbar noch mehr: „Wenn alle anderen die von der Partei oktroyierte Lüge akzeptieren – wenn alle Berichte gleich lauteten – dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit“ (ebd., S. 36). Mit einem Krieg der NATO gegen den Iran liebäugelt Ulrich nämlich über ein allzu bekanntes Argument: „Das Regime in Teheran droht mit der Vernichtung Israels und ist dabei, sich Atomwaffen zu beschaffen“ (S. 72).

Gruppenzwang an der Taktiktafel im War Room

Zwar ist leicht nachzuweisen, dass der ehemalige iranische Präsident Ahmadinedschad niemals behauptet hat – wie in „westlichen“ Massenmedien immer wieder durch falsche Übersetzungen lanciert – er wolle Israel „auslöschen“ oder „ausradieren“ und habe ohnehin ein Recht auf Atomwaffen. Tatsächlich lauten die Sätze, die von dem Islamisten in dieser Hinsicht bislang kamen, so: „Der Staat Israel sollte in eine andere Weltgegend verlegt werden“ und „Unser verehrter Imam hat gesagt, dass das Besatzungsregime einmal aus den Seiten der Geschichte verschwinden muss“ (vgl. Berger 2007). Selbstverständlich täuscht das nicht darüber hinweg, dass das iranische Regime gegenüber Israel nicht gerade friedlich gesinnt ist. Die bewusste Verbreitung falscher Übersetzungen in diesem Fall ist Bernd Ulrich jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bekannt.

Seine Mission ist es aber nun einmal, „nach richtigen und falschen Kriegen zu fragen“ (S. 123) – und zwar ausschliesslich im Interesse der sogenannten westlichen Welt. Der 2003 begonnene Irak-Feldzug der USA sei ein „in seiner Begründung und Durchführung falscher und unmoralischer Krieg“ (S. 127) gewesen. Im Kosovo aber sei ein rundum richtiger Krieg geführt worden, denn dort habe die NATO aus reiner Nächstenliebe gehandelt; schliesslich gebe es an dieser Stelle „kein Öl weit und breit. Zudem sind die reichen Industrienationen jahrzehntelang gut ohne den Balkan ausgekommen, warum sollten sie nun seinetwegen in den Krieg ziehen – es sei denn, um Menschen in Not zu helfen?“ (S. 40).

Ausserdem, so Ulrich weiter, liess sich „die deutsche Zurückhaltung […] in der internationalen Debatte schlicht nicht mehr begründen“ (S. 31). Jaja, der Grossjournalist kennt sie, die liebe Not der Herrschenden inmitten des Gruppenzwangs an der Taktiktafel im War Room. Nur wollte dieses dumpfe Volk wieder mal nicht mitziehen, denn „die Deutschen brauchen mitunter sehr grosse Begründungen für sehr kleine militärische Beiträge. Im Fall des Kosovo-Krieges bestand dieser Beitrag in nicht mehr als ein paar Tornados“ (S. 36).
Feige wie dieser seine Machthabenden verzärtelt im Stich lassende Friedensfanatismus nun einmal ist, musste sich die Bundesregierung mit Notlügen wie dem „Hufeisenplan“ dann halt aus der Patsche helfen, um die paar Tornados zum NATO-zertifizierten Zerfetzen von Zivilisten da runter zu schicken. Aber, und da ist Ulrich ganz ehrliche Haut, er hat damals mit keiner Zeile für diesen Krieg argumentiert: „Der erste Krieg, für den ich mich offen ausgesprochen habe, war der gegen das Taliban-Regime in Afghanistan“ (S. 51).

„Das konnte man vorher nicht wissen“

Diesen befand der Schreibtisch-Hilfskommandant als „erste Gelegenheit für Deutschland, etwas zurückzugeben für die Befreiung von Hitler und die jahrzehntelange Unterstützung“ (S. 52). Dass nach gleicher Logik auch (und angesichts der weit höheren Opferzahlen im Kampf um den Sturz Hitlers sogar noch viel, viel mehr) die russischen Kriege gegen Tschetschenien oder Georgien zu unterstützen gewesen wären, lässt Ulrich natürlich galant unter den Tisch plumpsen, weil das böse Putin-Reich bekanntlich einer der grössten Gegner Deutschlands im Ringen um die ökonomische Weltherrschaft ist.

Bildergebnis für Wikimedia Commons Bilder Bundeswehr in Schulen Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Dachte Ulrich damals noch: „Richtiger kann ein Krieg nicht sein“ (S. 52), so hat der Publizist diese Position inzwischen reumütig zurückgenommen, zumal man im Strom der Opportunist_innen ja mithalten muss und keine Sekunde dagegen steuern darf, wo sich doch so viele speichelleckende Fische darin tummeln. Kein Wunder also, dass Ulrich freimütig bekennt: „Der Krieg, den ich selbst befürwortet habe, erfüllt mich heute immer wieder mit Trauer, wenngleich“ (S. 130) – so viel Selbstgefälligkeit muss dann doch sein – „nicht mit Scham; der Krieg war falsch, aber das konnte man vorher nicht wissen“ (S. 130).

Schämen musste sich Ulrich kurze Zeit später dann aber doch noch. Wenn auch nicht für sich selbst und auch nicht für das Gros seine Landsleute, sondern ausnahmsweise für seine Regierung und die Intellektuellen. Gar so sehr schämte er sich ob deren Unwilligkeit, in libysche Stahlgewitter aufzubrechen, dass er an dieser Stelle tonal ins Weinerliche verfällt. Schliesslich löcherten ihn seine arabischen Bekannten mit Fragen voller Unverständnis. Hätte er denen etwa sagen sollen:

„Das müsst ihr verstehen, als es in Afghanistan um unsere Sicherheit ging, da mussten wir eingreifen, ohne Mühen und Kosten zu scheuen, ohne Soldatenleben zu schonen, nun aber, da es um eure Revolution und eure Verwandten geht, können wir leider nichts tun? Ich konnte das nicht. Die deutsche Regierung schon“ (S. 100).

Weicheier, soweit das teutonische Auge reicht

Merke: Eine Regierung ist stets für eine Kriegsablehnung zu tadeln, wenn eine Vorgängeradministration ihrerseits irgendeinen Krieg geführt hat – mag dieser nun richtig gewesen sein oder nicht. Für Ulrich ist Deutschland kriegstechnisch dementsprechend in eine „Phase der Verlotterung“ (S. 178) eingetreten, in welcher der Bevölkerungswille in Fragen von Krieg und Frieden plötzlich skandalöserweise in wenigen Einzelfällen eine ernsthafte Rolle zu spielen scheint. Eine Rüge erhält diesbezüglich vor allem Horst Köhler, der 2010 in einem Radiointerview sinngemäss von legitimen deutschen Wirtschaftskriegen sprach; eine Aussage, die der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg noch ein halbes Jahr später stützte. So viel Abweichung vom „Neusprech“ gefährdet natürlich die grossdeutsche Mission und kann von dem Autoren keinesfalls akzeptiert werden.

Wut und Trauer schleichen sich daher bei Ulrich ein, denn Deutschland sei „dabei, sich dem Thema Krieg umfassend zu entfremden“ (S. 182f.) und zeige damit den Diktaturen allüberall, „dass es wenig Grund gibt, dem Westen zuzuhören, wenn er mal wieder seine idealistische Phase hat“ (S. 164). Heute gebe es Weicheier, soweit das teutonische Auge reiche: „Nur Kriege, die mit unvermischt lauteren Motiven geführt werden, sind gerechtfertigt. Dann würde die Weltgeschichte der legitimen Kriege ein schmales Büchlein“ (S. 118). Ob dem Redakteur der auflagenstarken ZEIT bewusst ist, wie stark solche Äusserungen an jenen Vorabend des Ersten Weltkrieges erinnern, der nun genau einhundert Jahre zurückliegt und an dem sich massgebliche deutsche Diskursteilnehmende nach einem Krieg als „Stahlbad der Nation“ (Fischer 1964, S. 61) sehnten, bleibt offen.

Was Bernd Ulrich inmitten seines tragikomischen Essays über den richtigen Krieg der Guten und den falschen Frieden der Bösen jedoch über jene Bücher schreibt, die seinem eigenen Standpunkt widersprechen, gerät summa summarum zur unfreiwilligen Charakterisierung seines eigenen Kriegs-Buches, das exemplarisch steht für zahllose andere in grossen Publikumsverlagen erscheinende Werke aus hegemonialer Perspektive. Könne man doch „den Wahrheitsgehalt solcher Bücher meist an der Lautstärke ablesen: Je lauter, desto falscher, je weniger tastend, desto weniger begreifend“ (S. 81).

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Oben     —   Kriegerdenkmal am Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg

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Kolumne * FERNSICHT Polen

Erstellt von Redaktion am 21. August 2022

Fischsterben in der Oder: Intransparenz und Verharmlosung

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Von  :  Karolina Wigura und Jaroslaw Kuisz

Zu spät und zu spärlich klärte die Regierung in Warschau über die Verseuchung der Oder auf. Für das deutsch-polnische Verhältnis ist das verheerend.

Es war schwer zu widerstehen. Als der Berlin–Warschau-Express auf die Eisenbahnbrücke rollte, die Deutschland mit Polen verbindet, klebten die Fahrgäste ihre Nasen an die Fenster. Alle suchten das schöne Oderufer sorgfältig mit den Augen ab und hielten Ausschau nach toten Fischen. Es war der 12. August, und die Wissenschaftler überschlugen sich mit Vermutungen, was diesen großen polnischen Fluss vergiftet haben könnte. Bis heute ist das Rätsel der ökologischen Tragödie nicht vollständig gelöst.

Seit zwei Wochen hatten die polnischen Medien an diesem Tag bereits darüber berichtet. Zunehmend wurde darauf hingewiesen, dass wir es höchstwahrscheinlich mit einer großen, von Menschen verursachten Katastrophe zu tun haben. Die Regierung von Mateusz Morawiecki in Warschau hatte sich jedoch zunächst kaum geäußert. Unser deutscher Nachbar erfuhr erst 24 Stunden vor der Überfahrt unseres Zugs von der Nachricht von der „Giftwelle an der Oder“.

Die Quelle des Flusses liegt in Polen, südlich von Breslau, und erst dann wendet sich die Oder nach Norden. Sowohl die polnischen als auch die deutschen Grenzgebiete hätten sich also darauf vorbereiten können, sie hätten die Giftwelle eindämmen können, aber Warschau beschloss zu schweigen. Heute ist die Oder an einigen Stellen praktisch tot. Dutzende von Tonnen toter Fische und anderer Wassertiere wurden aus dem Wasser gefischt.

Eine eilige Entsorgung wurde vorgenommen, doch die bittere Wahrheit ist, dass an manchen Stellen nichts mehr von der einstigen Artenvielfalt des Flusses übrig ist. In dieser dramatischen Angelegenheit spiegelt sich – wie in der Oberfläche eines Flusses – die aktuelle Politik wider. Erstens geht es um die Praxis der deutsch-polnischen Nachbarschaft. Theoretisch ist alles darüber gesagt, und praktisch sind alle möglichen Schritte unternommen worden.

Dynamik des Populismus

Von der im Schweiße des Angesichts aufgebauten deutsch-polnischen Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu den letzten Jahren, in denen die Regierung in Warschau eine dezente antideutsche Propaganda verbreitete. Jetzt aber hat die Nachbarschaft nicht so funktioniert, wie sie sollte. Mit der Zurückhaltung wichtiger Informationen hat Warschau so getan, als ob der westliche Nachbar einfach nicht existierte.

Zweitens geht es um die Dynamik des Populismus. In der ausgezeichneten Serie „Tschernobyl“ (2019) unter der Regie von Johan Renck sehen wir gleich nach der Explosion im berühmten Reaktor IV die gegensätzlichen Ziele der Figuren in diesem Drama. Auf der einen Seite gibt es Menschen, die versuchen, die Wahrheit über die Katastrophe herauszufinden. Auf der anderen Seite stehen die Behörden, die verhindern wollen, dass Informationen über das Ausmaß der Explosion bekannt werden.

Die Oder ist nicht Tschernobyl, Polen ist nicht die UdSSR, und 2022 ist nicht 1986. Trotzdem muss man sagen, dass der politische Mechanismus an alte Handlungsmuster erinnert. Hier wird, so lange es geht, eine Atmosphäre der Intransparenz und der Verharmlosung der möglichen Bedrohung aufrechterhalten.

Quelle      :      TAZ-online        >>>>>        weiterlesen

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DL – Tagesticker 21.08.2022

Erstellt von Redaktion am 21. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) MEINUNGSUMFRAGE zu Schmalz ohne Locken  – . –  2.) Eine Paradoxe Situation  – . –   3.) Die Massage ist die Message  – . –  4.) „You’ll never walk alone“? Wer’s glaubt …  – . –  5.) Der Scholzomat ist kaputt   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Das gelingt auch nur in der Politik! Der alten Versager-Spitze eine Neue zu verpassen. Vielleicht werden alle bald den Satz hören : „Ich hatte einfach die schlechteste Ausbilderin aller Zeiten, deren Posten ich einfach zur Fütterung meines Clan übernehmen musste.“  Wir wollen doch alle weiter Fürstlich gefüttert werden.

Rekordhohe Unzufriedenheitswerte für Kanzler Scholz. Fast zwei Drittel der Befragten sind unzufrieden mit dem Kanzler und der Arbeit der Ampel-Koalition. Gäbe es eine Direktwahl, würde wohl ein Anderer die Regierung führen.

1.) MEINUNGSUMFRAGE zu Schmalz ohne Locken

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Ampel-Koalition fallen auf die schlechtesten Beliebtheitswerte seit Amtsantritt Anfang Dezember. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für „Bild am Sonntag“ sind 62 Prozent der Menschen in Deutschland mit der Arbeit von Scholz unzufrieden, nur 25 Prozent bewerten sie positiv. Anfang März waren nur 39 Prozent unzufrieden mit Scholz‘ Arbeit zufrieden gewesen, 46 Prozent zufrieden.Auch die Werte für die Ampel-Koalition sind auf einem Tiefpunkt. 65 Prozent sind mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden, nur 27 Prozent zufrieden. Im März waren es noch 43 bzw. 44 Prozent gewesen. Sonntagsfrage: Union würde deutlich vor Grünen landen. Die Unionsparteien können in der Wählergunst weiter zulegen. CDU/CSU kommen laut Insa auf 28 Prozent, das ist ein Prozentpunkt mehr als in der Vorwoche. Damit liegt die Union sieben Punkte vor den Grünen, die 21 Prozent erreichen (minus ein Prozentpunkt). Die SPD steht unverändert bei 19 Prozent, die FDP verliert einen Punkt auf acht Prozent. Damit kommt die Ampel zusammen nur noch auf 48 Prozent.

FAZ-online

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Jetzt – wo die Frau verschwunden ist, kennt die wahre Liebe unter Männern, einfach keine Grenzen mehr ? Kann denn eine Bundesnetzagentur etwas anderes sagen, als es ihre Chefs aus der Politik vorgeben?

Energie-Irrsinn? Warum unser Gas statt in Speicher als Strom nach Frankreich fließt. Eigentlich wollte die Politik doch volle Energie darauf verwenden, die Gasspeicher bis zum Winter zu füllen. Doch im Juli 2022 wurde plötzlich mehr Gas verstromt als vor einem Jahr. Große Mengen fließen noch dazu ins Ausland. Wie kann das sein?

2.) Paradoxe Situation 

Das Wörterbuch liefert unter dem Stichwort Paradox „einen (scheinbar) unauflöslichen Widerspruch in sich enthaltend“. Und es klingt doch wirklich paradox, wenn in Deutschland angesichts des Zitterns um ausreichend große Gasliefermengen gerade mehr Strom aus Gas gemacht wird als noch vor einem Jahr. Lautete der Gas-Appell nicht neulich erst: sparen, sparen, sparen!? Die von Gaskraftwerken im Juli 2022 erzeugte Strommenge lag der Bundesnetzagentur zufolge bei 4036 Gigawattstunden im Vergleich zu 3558 Gigawattstunden im Vorjahresmonat. Das ist ein Plus von 13,5 Prozent. Und Otto-Normal-Gas-Verbraucher fragt sich: Wäre das Gas nicht besser im Speicher aufgehoben? Immerhin heizt damit halb Deutschland. Winter is coming. Ludwig Möhring, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG), geht im Gespräch mit FOCUS online dem scheinbaren Paradox auf den Grund und verspricht Auflösung: „Seit Juli 2021 sind in Deutschland drei Atomkraftwerke und eine Reihe von Kohlekraftwerken vom Netz und damit erhebliche Stromerzeugungskapazitäten verloren gegangen“, sagt Möhring. Diese Mengen gelte es zu ersetzen. „Insofern überrascht nicht, wenn tendenziell mehr Erdgas in der Verstromung eingesetzt werden muss, um den Strombedarf zu decken, als noch vor einem Jahr.“ Frankreich importiert große Strom-Mengen aus Deutschland.

Focus-online

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War Politik jemals anders? Nein – nur die Gesichter veränderten sich. Eine Diktatur w hat sich nie geändert und der Kommunismus auch nicht. Nur die Demokratien laufen von der Einen zu der Anderen Seite um für sich persönlich die Rosinen aus den Kuchen zu picken. Da bleibt den Völkern nur das große Staunen nach den Wahlen ! Müssten nicht der/die Wähler-Innen in Mithaftung genommen werden? Das ganze Land geht mit den Verfilzungen ihrer Politiker-Innen  unter.

Vorteilsnahme und Verschwendung. Man kann der Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger dankbar sein: Sie war so geizig, dass sie weder Grenzen noch Vorsicht kannte. 

3.) Die Massage ist die Message

RBB-Intendantin Patricia Schlesinger hat ihren Posten endgültig verloren. Am Montagabend wurde sie vom Rundfunkrat abberufen. Zum Verhängnis wurden ihr drei große V: Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Verschwendung. Das meiste davon ist nicht strafbar – und vieles sogar üblich in ihren Kreisen. Ein gutes Beispiel ist der Dienstwagen mit „Massagesitzen“, der für so viel Aufregung sorgte. Dieser Luxus-Audi A 8 kostet regulär 145.000 Euro, aber der RBB bekam ihn sehr viel günstiger, wie das Magazin Business Insider recherchiert hat. Dank eines Rabattes von knapp 70 Prozent betrug die Leasinggebühr pro Monat nur ganze 457,21 Euro. Das ist ein Schnäppchen und selbst für den armen RBB mühelos zu stemmen. Pikant ist aber, wie dieser Rabatt bei Audi heißt: nämlich „Regierungspreis“. Systematisch sponsert die deutsche Autoindustrie die Luxusgefährte der MinisterInnen in Berlin und in den Ländern. Ganz harmlos heißt dies „Marketing“. Die Wahrheit ist viel härter: Es handelt sich um Lobbyismus. Die MinisterInnen sollen auf ihren eigenen Pobacken erleben, wie weich und sanft eine deutsche Luxuskarosse dahingleiten kann. Wer dieses sinnliche Erlebnis genossen hat, so hofft die Autoindustrie, wird niemals am staatlichen Dienstwagenprivileg rütteln, das die Konzerne indirekt mit Milliarden subventioniert. Doch über diesen frechen Lobbyismus namens „Regierungspreis“ wird bisher nicht diskutiert. Stattdessen gilt als Skandal, dass Schlesinger dieses Schnäppchen ebenfalls nutzte. Da verrutschen Kategorien. Offiziell genehmigt!

TAZ-online 

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Einmal mehr zeigt ein-e Jede-r genau das, was er nie zuvor gelernt hat! Eine bonierte Dummheit schreitet der Politik wie  immer Meilenweit voran. Womit hat sich ein Volk, dieses Elend verdient ? Durch Wahlen?

Erst Gasumlage, dann Mehrwertsteuersenkung, jetzt neues Entlastungspaket: Was ist von der Krisenpolitik von Bundeskanzler Olaf Scholz und seiner Ampel-Koalition zu halten?

4.) „You’ll never walk alone“? Wer’s glaubt …

You’ll never walk alone“, keiner bleibt allein. So lautet das neuerdings gerne an Regierungsstatements rangeklatschte Versprechen der deutschen Sozialdemokratie in Zeiten stark steigender Lebenshaltungskosten. Wer nicht ohnehin schon skeptisch reagiert, wenn die Agenda-Partei androht, einen „nicht allein“ zu lassen, dem sollten spätestens nach Olaf Scholz’ jüngster Erklärung in Sachen Gaskosten Zweifel an der Aufrichtigkeit dieses Versprechens kommen. Nachdem zu Beginn der Woche die Höhe der geplanten Gasumlage bekanntgegeben worden war, schob die Bundesregierung drei Tage später die Ankündigung hinterher, dass – solange die Gasumlage gelte – die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf sieben Prozent gesenkt werde. „Mit diesem Schritt entlasten wir die Gaskunden insgesamt deutlich stärker als die Mehrbelastung, die durch die Gasumlage entsteht“, behauptete der Kanzler. Gas-Umlage und Mehrwertsteuersenkung. Doch das stimmt nicht. Seitdem durchgeführte Modellrechnungen zeigen, dass für viele Haushalte trotz der Mehrwertsteuersenkung die Umlage noch immer höhere Kosten bedeuten wird – zusätzlich zu den ohnehin schon enorm angezogenen Gaspreisen (von den insgesamt stark gestiegenen Lebenshaltungskosten ganz zu schweigen). Ob Scholz das wusste oder „nur“ schlecht beraten war, bleibt ebenso undurchsichtig wie die ganze Aktion: Weshalb überhaupt den Umweg über Gasumlage und Mehrwertsteuersenkung nehmen, wenn Staatsknete für gasimportierende Unternehmen hier im Grundsatz auf dasselbe hinauslaufen würde? Unklar. Klar hingegen: Am Grundsatz des Krisenmanagements der Ampel – sich vor Konzerne, Besitzende und Reiche zu stellen, selbst dann, wenn diese von der derzeitigen Situation eindeutig zusätzlich profitieren – ändert die Mehrwertsteuersenkung auf Gas rein gar nichts. Sie könnte sich im schlimmsten Fall sogar als weiteres Geschenk an die Energiekonzerne erweisen. Dann nämlich, wenn diese die Senkung nicht an die Kunden weitergeben.
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Wie kann es gelingen einen solchen Typen an die Spitze eines der „reichsten“ Staaten dieser Erde zu hieven, wenn er nicht von entsprechenden Clans gestützt wird ? Das liegt der Hase im Pfeffer. Hat er doch schon als OB in Hamburg nachgewiesen einer solchen Aufgaben -„im Namen des Volkes“ nicht nachkommen oder wollen zu können! Im Ergebnis hat sein Clan gut gewerkelt!

Kommentar zum Cum-Ex-Untersuchungsausschuss. Die Befragung des Bundeskanzlers vor dem Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss gerät zur Farce. 

5.) Der Scholzomat ist kaputt

 Olaf Scholz beruft sich erneut auf Erinnerungslücken und lässt Aufklärerinnen und Aufklärer ratlos zurück. Aber Ungereimtheiten bleiben, und für Scholz bleibt es gefährlich. „Da war nichts“, sagte Olaf Scholz am Ende seines Eingangsstatements vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex-Affäre. Er sagt es nach zweieinhalb Stunden noch einmal, drängender: „Wir könnten jetzt langsam mal zum Punkt kommen. Da war nichts.“ Scholz hat erneut „keine konkrete Erinnerung“. Scholz meint den Verdacht politischer Einflussnahme auf einen verdächtigen Sinneswandel des Hamburger Finanzamts 2016: Erst wollen die Steuerbeamten 47 Millionen Euro von der Warburg-Bank zurückfordern, dann lassen sie die Forderung verjähren. Es handelt sich um eine Rückzahlung aus dem größten Steuerbetrug, der bundesweit Dutzende Banken umfasste: die kriminellen Cum-Ex-Geschäfte. Auch die traditionsreiche Warburg-Bank mischte mit, sollte bestraft werden und hoffte auf politische Unterstützung. Zwei gut vernetzte SPD-Lobbyisten, darunter der damaligen Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, besorgten Termine beim damaligen Ersten Bürgermeister Scholz. Kurze Zeit danach kommt es zum Sinneswandel, und Kahrs bekommt vom Bankier eine Einladung zum Lunch für geleistete Dienste.

Kölner- Stadt-Anzeiger-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Schlands Energie-Gemeinde

Erstellt von Redaktion am 20. August 2022

Zwischen Reaktor, Gas und Meer

Von Anne Frieda Müller

Lubmin ist klein, aber in aller Munde. Hier enden die Gas-Pipelines. Hier stand mal ein AKW. Und hier soll bald Flüssiggas ankommen.

in dunkelblaues Tor trennt den Lubminer Yachthafen vom Industriehafen. Der 56-jährige Bürgermeister Axel Vogt öffnet es für den grauen Opel von Stefan Barthel. Der parkt direkt hinter dem Baucontainer, in dem Vogt eines seiner Büros unterhält, denn der Bürgermeister leitet auch den Hafen. Die beiden Männer stehen auf Betonboden und präsentieren den Industriehafen. Der gleicht einem Kanal, der in das flache Küstengewässer des Greifswalder Boddens führt.

Dieser Kanal beginnt bei den Lagerhallen um den letzten Reaktor des längst abgeschalteten Atomkraftwerks, das hier bis zur Wende den Strom produzierte. Auf der Uferseite, dort wo die Männer stehen, verlaufen Bahngleise. Auf der anderen Seite liegt ein Schiff. Dort übernachten die Arbeiter der nahen Windparks au hoher See. Hinter dem Schiff schimmern silberne Rohre in der Sonne: Das ist Nord Stream 1, die Gasleitung aus Russland, die derzeit nur zu 20 Prozent ausgelastet ist. Nord Stream 2 befindet sich ein paar hundert Meter hinter den Männern.

An diesem Augustmorgen unterhalten sich Barthel und Vogt über Sport und Energie. Zwischen ihnen liegt ein Altersunterschied von 23 Jahren. Gemeinsam haben sie einige Quadrathlons in der Gegend organisiert. Das sind Triathlons mit zusätzlichem Kanurennen. Das passt gut in die Gegend, denn Lubmin liegt in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee, am Greifswalder Bodden, zwischen den Inseln Rügen und Usedom. Die Hanse- und Universitätsstadt Greifswald ist eine 30-minütige Autofahrt entfernt. Doch das große Weltinteresse ist auf das Gewässer gerichtet, an dem Barthel und Vogt stehen und reden.

Hier an dem Kanal, am Industriehafen, kommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Lubmin zusammen. Zu DDR-Zeiten lief in dem Kanal das Kühlwasser des Atomkraftwerks in die Ostsee. Direkt daneben ragen heute die Rohre von Nord Stream 1 und Nord Stream 2 aus der Erde. Sie sind zum Sinnbild geworden für eine verfehlte Energiepolitik, für die gescheiterte Hoffnung, dass Frieden durch Handel zu erreichen ist. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine liegt Nord Stream 2 brach. Und wie lang durch Nord Stream 1 noch russisches Gas fließt, ist mehr als ungewiss.

Seit Kurzem steht fest, dass es in Lubmin trotzdem weitergeht mit dem Gasgeschäft, nur eben nicht mehr mit dem russischen. Zwei Flüssigerdgasterminals sollen hier in der nächsten Zeit entstehen. Eines baut der Bund, das andere ein privater Investor.

Der Bürgermeister setzt auf Wasserstoff

Der parteilose Bürgermeister Axel Vogt sitzt jetzt in dem Baucontainer an einem Besprechungstisch, hinter ihm das Wasser im Hafenbecken. Er glaubt nicht, dass Gas ein zukunftsträchtiges Geschäft für Lubmin wird. „Die Zukunft Lubmins liegt im Wasserstoff“, erklärt Vogt. Hier sei der perfekte Standort, denn mit drei Offshore-Windparks gebe es genug überschüssige erneuerbare Energie, die sich einspeichern lassen könnte.

Die produzierte, aber nicht benutzte Windenergie kann per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und gespeichert werden. Bei Bedarf lässt sich dieser Wasserstoff in Energie zurückverwandeln. Wasserstoffstofftechnologie gilt als nachhaltig, aber vor allem als weniger skandalträchtig als der Import von russischem Gas.

Ein politisches Ferkel-Treffen – Putin liefert Gas und die Ferkel die Kohlen

in dunkelblaues Tor trennt den Lubminer Yachthafen vom Industriehafen. Der 56-jährige Bürgermeister Axel Vogt öffnet es für den grauen Opel von Stefan Barthel. Der parkt direkt hinter dem Baucontainer, in dem Vogt eines seiner Büros unterhält, denn der Bürgermeister leitet auch den Hafen. Die beiden Männer stehen auf Betonboden und präsentieren den Industriehafen. Der gleicht einem Kanal, der in das flache Küstengewässer des Greifswalder Boddens führt.

Dieser Kanal beginnt bei den Lagerhallen um den letzten Reaktor des längst abgeschalteten Atomkraftwerks, das hier bis zur Wende den Strom produzierte. Auf der Uferseite, dort wo die Männer stehen, verlaufen Bahngleise. Auf der anderen Seite liegt ein Schiff. Dort übernachten die Arbeiter der nahen Windparks au hoher See. Hinter dem Schiff schimmern silberne Rohre in der Sonne: Das ist Nord Stream 1, die Gasleitung aus Russland, die derzeit nur zu 20 Prozent ausgelastet ist. Nord Stream 2 befindet sich ein paar hundert Meter hinter den Männern.

An diesem Augustmorgen unterhalten sich Barthel und Vogt über Sport und Energie. Zwischen ihnen liegt ein Altersunterschied von 23 Jahren. Gemeinsam haben sie einige Quadrathlons in der Gegend organisiert. Das sind Triathlons mit zusätzlichem Kanurennen. Das passt gut in die Gegend, denn Lubmin liegt in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee, am Greifswalder Bodden, zwischen den Inseln Rügen und Usedom. Die Hanse- und Universitätsstadt Greifswald ist eine 30-minütige Autofahrt entfernt. Doch das große Weltinteresse ist auf das Gewässer gerichtet, an dem Barthel und Vogt stehen und reden.

Hier an dem Kanal, am Industriehafen, kommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Lubmin zusammen. Zu DDR-Zeiten lief in dem Kanal das Kühlwasser des Atomkraftwerks in die Ostsee. Direkt daneben ragen heute die Rohre von Nord Stream 1 und Nord Stream 2 aus der Erde. Sie sind zum Sinnbild geworden für eine verfehlte Energiepolitik, für die gescheiterte Hoffnung, dass Frieden durch Handel zu erreichen ist. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine liegt Nord Stream 2 brach. Und wie lang durch Nord Stream 1 noch russisches Gas fließt, ist mehr als ungewiss.

Seit Kurzem steht fest, dass es in Lubmin trotzdem weitergeht mit dem Gasgeschäft, nur eben nicht mehr mit dem russischen. Zwei Flüssigerdgasterminals sollen hier in der nächsten Zeit entstehen. Eines baut der Bund, das andere ein privater Investor.

Der Bürgermeister setzt auf Wasserstoff

Der parteilose Bürgermeister Axel Vogt sitzt jetzt in dem Baucontainer an einem Besprechungstisch, hinter ihm das Wasser im Hafenbecken. Er glaubt nicht, dass Gas ein zukunftsträchtiges Geschäft für Lubmin wird. „Die Zukunft Lubmins liegt im Wasserstoff“, erklärt Vogt. Hier sei der perfekte Standort, denn mit drei Offshore-Windparks gebe es genug überschüssige erneuerbare Energie, die sich einspeichern lassen könnte.

Die produzierte, aber nicht benutzte Windenergie kann per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt und gespeichert werden. Bei Bedarf lässt sich dieser Wasserstoff in Energie zurückverwandeln. Wasserstoffstofftechnologie gilt als nachhaltig, aber vor allem als weniger skandalträchtig als der Import von russischem Gas.

An Lubmin bestand schon lange internationales Interesse. In Vogts Amtszeit als Bürgermeister zeigte sich das nach dem Reaktorunfall in Fukushima im Jahr 2011, in dessen Folge die Bundesregierung beschloss, aus der Atomenergie auszusteigen. Das AKW in der Kleinstadt ist schon 1990 abgeschaltet worden. Das Zwischenlager ist übrig geblieben. Und das Know-how.

„Die Experten aus Japan, aber auch aus Spanien und Frankreich kamen her, um zu sehen, wie man so ein großes Kernkraftwerk zurückbaut“, erzählt Vogt. Insbesondere die Weiternutzung des Energiestandorts fanden viele spannend. In Lubmin seien viele verschiedene kleine Firmen tätig. Neben dem Energiesektor gibt es noch ein Klärwerk und einen Produzenten für Rapsöl. Der Bürgermeister erklärt: „Wir arbeiten hier granular. Den einen großen Player mit vielen Arbeitsplätzen, den gibt es hier nicht mehr.“ Das Netzwerk am Industriestandort Lubminer Heide funktioniere gut.

Nord Stream und die Lubminer

Was mit Nord Stream dazu kam, was die Bevölkerung und der Bürgermeister von Lubmin bis dato nicht kannten, das waren die Skandale. „Die Leute sind einfach nur noch genervt“, erklärt Vogt die Stimmung im Ort. „Erstens von der politischen Diskussion.“ Nord Stream 1 sei schließlich 2011 fertiggestellt worden und das stolze Projekt der alten Bundesregierung in der Kooperation mit Russland. Für Lubmin hießen das jährlich zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen.

Der Bürgermeister erklärt, warum die Lubminer nicht mehr über Nord Stream reden wollen: „Zweitens waren sie genervt von dem, was die Amerikaner dort angedroht haben.“ In einem Brief forderten US-amerikanische Abgeordnete 2020 den Baustopp von Nord Stream 2. Sie drohten mit Sanktionen gegen den Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen, nicht weit von Lubmin entfernt. „Und drittens“, führt Vogt die Aufzählung zu Ende, „sind die Anwohner natürlich von der Medienpräsenz genervt.“ Im Ort heißt es, zu Energiefragen solle man den Bürgermeister sprechen. Die Menschen haben keine Lust mehr, man will seine Ruhe haben.

In Lubmin hat man Nord Stream 1 und 2 im letzten Jahrzehnt als technische Projekte zur Energieversorgung betrachtet, als Einnahmequelle und als positive wirtschaftliche Entwicklung für das ganze Bundesland. Umso größer ist der Frust, dass Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen wird. „Wir haben das Projekt Nord Stream 1 schon einmal erfolgreich gesehen, da ist es quasi reibungslos gelaufen“, erklärt Vogt. „Sowohl die Planungen als auch die Genehmigungsverfahren, der Bau, Ablauf und die Inbetriebnahme selbst.“ Und nun, da die Gaslieferung durch Nord Stream 1 immer geringer ausfallen und die Menschen in ganz Deutschland die Höhe der Gasrechnungen im kommenden Winter fürchten, wird immer wieder die Forderung laut, Nord Stream 2 wenigstens vorübergehend in Betrieb zu nehmen, zuletzt vom früheren Bundeskanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder.

Schwimmende Terminals für Lubmin

Das lehnt die Bundesregierung strikt ab. Unabhängig von russischem Gas soll in Zukunft geheizt werden. Als Zwischenlösung auf dem Weg dazu gelten LNG-Flüssiggasterminals. LNG steht für Liquified Natural, das heißt verflüssigtes Erdgas. Diese Form von Erdgas soll aus aller Welt nach Deutschland transportiert werden, um hier genutzt werden zu können. Dafür braucht es Terminals in Hafennähe, in denen das Flüssiggas wieder gasförmig gemacht werden kann. Zwei schwimmende Terminals sollen vor Lubmin gebaut werden, ein staatlich gefördertes und eines durch die Privatfirma ReGas.

Die Terminals selbst können nicht direkt vor Lubmin ankern, der Bodden ist hier zu flach. Mit sogenannten Shuttle-Schiffen könnte das flüssige Gas aber von den Ankerplätzen in der Ostsee in den Industriehafen gebracht werden, um hier verflüssigt zu werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Mecklenburg-Vorpommern (BUND) kritisiert dieses Vorhaben im Greifswalder Bodden: „Es kommt zu einem höheren Schiffsaufkommen und damit zu mehr Unterwasserlärm und Sichtstörungen.“ Insbesondere der Schutz von vulnerablen Vogelarten, die hier brüten, wäre durch den Lärm nicht mehr gewehrleistet.

Die LNG-Terminals sollen in Lubmin entstehen, weil hier die notwendige Infrastruktur zur Verteilung des Gases schon vorhanden ist. Hier gibt es die Pipelines OPAL und EUGAL, die in den Süden abgehen, und NEL in den Westen. Das sind die Leitungen, die eigentlich das russische Gas von Nord Stream nach Deutschland und Europa bringen sollen. Diese Infrastruktur könnte nun für LNG genutzt werden. Diese Gasleitungen sind unabhängig von Gazprom und anderem russischen Einfluss.

Die Pipelines gehören Gascade, einer deutschen Firma mit Sitz in Kassel. Bürgermeister Vogt erklärt, warum das geht: „Jede Anlage besteht aus zwei Betriebsteilen, die technisch, wirtschaftlich und rechtlich voneinander getrennt sind und unabhängig voneinander betrieben werden können.“ Der Bürgermeister nimmt sich ein Blatt mit IHL-Aufdruck, der für „Industriehafen Lubmin“ steht, und zeichnet zwei Vierecke auf. Das kleinere ist Nord Stream, das größere Gascade. Dort, wo sich die beiden Vierecke treffen, malt er einen Kreis auf und betont die Grenze: „Hier ist für die Russen Schluss.“ So erklärt Vogt, warum die Infrastruktur auch ohne Nord Stream genutzt werden kann. Das solle aber nur eine Übergangslösung sein.

Vor allem die nächsten Winter sollen die LNG-Terminals überbrücken helfen. Doch noch ist von den Terminals nichts zu sehen im Industriehafen in Lubmin. Der private Investor ReGas hatte geplant, schon am 1. Dezember 2022 in Betrieb zu gehen. Aber noch ist kein Antrag in der Landeshauptstadt Schwerin für das Projekt eingegangen. Und die Prüfung könnte über das Datum hinaus dauern. Die Firma ist außerdem neu im Energiegeschäft. Die beiden Gesellschafter waren eher für Beratertätigkeiten und Immobilien bekannt.

Wieder einmal steht Lubmin also im Mittelpunkt der Energiefragen Deutschlands. Nord Stream war nicht der erste Energiesektor, der Aufmerksamkeit mit sich brachte, und LNG wird nicht der letzte sein. Wenn man Stefan Barthel zuhört, wird klar: Das ist eine lange Geschichte.

Das stillgelegte Atomkraftwerk

Im Jahr 1967 begann der Bau des Atomkraftwerks, 1974 war es schrittweise fertiggestellt. In diesem Jahr kam auch Stefan Barthel nach Lubmin. Der gebürtige Sachse wuchs in Chemnitz auf, beim Sprechen klingt das „ei“ manchmal eher nach Doppel-e.

Bis 1990 war Stefan Barthel Koordin ator für die Instandhaltung. Um sieben Uhr morgens fing die Normalschicht mit einem Rapport über die Wechselsprechanlage an und endete um 15.30 Uhr mit der Vergabe der Tages- oder Schichtaufgaben. Nach der Wende wurden die aktiven Blöcke eins bis vier des AKWs schrittweise vom Netz genommen. Barthel avancierte bis zu seinem Renteneintritt 2006 zum Abteilungsleiter beim Demontageservice.

Er fährt mit seinem grauen Opel zum Informationszentrum des stillgelegten Atomkraftwerks, zeigt auf die Ecke eines Gebäudes und sagt: „Da wo das Fenster nach außen gekippt ist, da war mein letztes Büro.“ Wenn man ihn fragt, was er vom damaligen Abschalten des AKWs hält, sagt er: „Ich stehe hinter der Entscheidung, dass die Blöcke eins bis vier abgeschaltet wurden. Aber dass die fast fertigen Blöcke fünf und sechs nicht in Betrieb gegangen sind, verstehe ich nicht.“

Quelle        :           TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Oben      —       Blick nach Ostnordosten über Lubmin, das Kernkraftwerk und Usedom

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Mappus‘ Manipulationen

Erstellt von Redaktion am 20. August 2022

StaMi-Akten zu Stuttgart 21

Ganz genau so geht die Politik der Specknacken !

Von Johanna Henkel-Waidhofer und Oliver Stenze

Erst jetzt eingesehene Dokumente zur S-21-Schlichtung und zum ersten Untersuchungsausschuss zum „Schwarzen Donnerstag“ belegen, wie manipulativ die Regierung Mappus Ende 2010 vorgegangen war. Die grüngeführten Regierungen ab 2011 hätten für Aufklärung bei den massiven Täuschungen und Tricksereien sorgen können. Stattdessen führte ihre Blockade zur strafrechtlichen Verjährung.

Winfried Kretschmann wollte 2011, als neuer grüner Regierungschef in Baden-Württemberg, nicht das letzte Hemd hergeben, um Stuttgart 21 zu verhindern. Hätte er aber auch gar nicht müssen, wie jetzt nach langem Rechtsstreit freigegebene Akten aus CDU-Zeiten zeigen: Zuerst tricksten mit allen Mitteln die Projektfans im Staatsministerium seines Vorgängers Stefan Mappus, dann kamen die Grünen und deckten zu viele der Machenschaften.

Einen einzigen Ordner zu suchen und zu finden hätte gereicht. Jetzt wurden Dieter Reicherter Unterlagen, einmal 133 und einmal fünf Seiten, fortlaufend paginiert, im Staatsministerium in der Villa Reitzenstein vorgelegt. Der frühere Richter am Landgericht bekam in den ersten Augusttagen nicht zum ersten Mal Akteneinsicht, diesmal aber auch in Papiere, die er bereits Ende 2012 sehen wollte, und für deren Veröffentlichung er seit 2014 vor Gericht stritt. Die aber wollte das grüngeführte Staatsministerium über vier Instanzen bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhindern, die Deutsche Bahn dabei immer mit im Boot. Letztlich erfolglos.

Reicherter und sein Team kämpfen für viele Betroffene des „Schwarzen Donnerstags“, des brutalen Polizeieinsatzes gegen S-21-Gegner am 30. September 2010. Und dafür, dass belegt werden kann, was schon immer plausibel schien: Die Regierung Mappus hat nicht nur auf den Polizeieinsatz Einfluss genommen, sondern auch auf dessen Aufarbeitung in einem Untersuchungsausschuss, bei dem der MP zwei Tage vor Weihnachten 2010 als Zeuge geladen war. Dort wollten Mappus‘ Berater:innen nichts anbrennen lassen, ebenso wenig bei Heiner Geißlers S-21-Faktencheck, der sogenannten Schlichtung.

Drehbücher à la Hollywood

Den einen, den größeren Teil der nun eingesehenen Akten bezeichnet Reicherter als „Drehbücher à la Hollywood“ für den ersten parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz, der zweite befasst sich mit der Schlichtung.

Für den Untersuchungsausschuss, das zeigen die Dokumente, hat sich Mappus offenbar ungeniert auf Basis der Aussagen schon gehörter Zeug:innen präparieren lassen. Viele Aussagen zum Ablauf der Besprechung am Vorabend des Polizeieinsatzes waren darauf angelegt, die Rolle des Regierungschefs herunterzuspielen. Auf Seite 34 in der Aufstellung vieler Vermerke, Notizen, Faxe oder Vorschläge heißt es fett gedruckt: „(Hinweis für MP: Ihr in der Sitzung gemachtes Angebot, ggf. selbst mit verschiedenen MPs zu sprechen, um zusätzliche Kräfte aus anderen Ländern zu gewinnen, wurde bislang von keinem Zeugen der Besprechung thematisiert).“ Mappus beteuerte aber im Zeugenstand, operativ nichts mit dem Einsatz zu tun gehabt zu haben. Das Dokument belegt also, dass er vor dem parlamentarischen Gremium der Verpflichtung nicht nachgekommen ist, wahrheitsgemäß auszusagen und nicht Relevantes wegzulassen.

Und hier kommt nun die ab Mai 2011 grüngeführte Regierung ins Spiel. Bis 2015 hätte Kretschmanns Vorgänger möglicherweise wegen uneidlicher Falschaussage strafrechtlich belangt werden können – hätte das Staatsministerium die Akten nicht bis zuletzt gemauert. Doch nun ist die Sache verjährt.

Ins Spiel kommen die Grünen auch in ganz besonderer Weise bei der Schlichtung. Alles sollte auf den Tisch, das war die Devise von Heiner Geißler, und alle sollten an den Tisch. Auch der heutige Ministerpräsident. Aus den jetzt eingesehenen Akten geht aber hervor, dass und wie im Herbst 2010 in der Zentrale der CDU/FDP-Landesregierung völlig ungeniert strategische und taktische Überlegungen angestellt wurden, den Beratungen im Stuttgarter Rathaus längst bekannte Verbesserungsvorschläge als neue Ideen unterzujubeln.

„Nachsteuern im Windschatten des Schlichterspruchs“

Deren Notwendigkeit war nach außen immer geleugnet, intern aber schon eingeräumt worden bei diskreten Gesprächen zwischen Bahn und Projektträgern. „Das S-21-Konzept hat in Einzelpunkten Eng- und Schwachstellen (z.B. 2. Gleis Flughafen, Rohrer und Wendlinger Kurve)“, heißt es wörtlich in einer vertraulichen Notiz vom 10. November 2010, „bei denen ein Nachsteuern ‚im Windschatten‘ des Schlichterspruchs vorteilhaft sein könnte.“

In einer zweiten Aktennotiz 13 Tage später wird das weitere Vorgehen orchestriert. Offensichtlich beerdigt werden mussten die Versuche, den Schlichterspruch heimlich und allein zwischen Befürwortern und Geißler „vorab“ abzustimmen. O-Ton: „Dr. Geißler legt Wert auf seine Unabhängigkeit. Deshalb gibt es auf Arbeitsebene keine Möglichkeit, das Schlichtungsergebnis unmittelbar zu beeinflussen.“ So wurden höhere Ebenen angepeilt. Etwa ein Forschungsprojekt „Große Infrastrukturvorhaben“, das an den Politikprofessor Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim vergeben werden könnte. Oder eine Enquête-Kommission, die zur gesellschaftlichen Partizipation an politischen Entscheidungen arbeiten könnte, wenn auch erst „in der kommenden Legislaturperiode“.

In der jedoch regierten die Grünen zusammen mit den Sozialdemokraten und dem großen Versprechen von einem substanziellen Neuanfang („Der Wechsel beginnt“). Kretschmann zog in die Villa Reitzenstein ein und mit ihm das Ziel, der Bürgerschaft auf Augenhöhe zu begegnen. Also hätte er alles daran setzen müssen, die dunklen Aktenecken auszuleuchten.

Wer sich nie in politischen Posten einkaufte – grunzte auch nicht mit den Schweinen.

Zwar war der grüne MP Projektbefürworter:innen aus der SPD in die Falle gegangen und hatte sich mit dem Sozialdemokraten Peter Friedrich als Minister im Staatsministerium einen Aufpasser im eigenen Haus zur Seite stellen lassen. Auch die neue graue Eminenz in der Villa Reitzenstein, der Amtschef Peter Murawski, hatte sich nicht eben als Stuttgart-21-Kritiker und vor allem -Kenner hervorgetan. Aber Kretschmann wusste wie viele andere führende Grüne seit Jahren um die diversen Defizite des Tiefbahnhofs – und wusste deshalb sicher, wo er hätte suchen lassen können.

Frühere Akteneinsicht hätte Aus für S 21 sein können

Quelle       :        KONTEXT-Wochenzeitung        >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben      —       Stefan Mappus (* 4. April 1966), 2010 – 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg

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Unten      —           Winfried Kretschmann u. Winfried Aßfalg bei der Verleihung des Verdienstordens des Landes Baden-Württemberg am 23. April 2016 (seit 2016 in Form eines stilisierten Kreuzes)

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Süd- und Mittelamerika

Erstellt von Redaktion am 20. August 2022

Was in vielen unserer Medien unterging

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von     :    Romeo Rey /   

Romeo Rey, früher Lateinamerika-Korrespondent von Tages-Anzeiger und Frankfurter Rundschau, fasst die jüngste Entwicklung zusammen.

Inmitten eines Nachrichtenpanoramas, das auf einen sukzessiven Linksrutsch in Lateinamerika hindeutet, richtet sich jetzt der Fokus auf die nächste Präsidentenwahl in Brasilien. Die erste Runde soll am 2. Oktober stattfinden und die wahrscheinlich notwendige Stichwahl am 30. Oktober. Die hinsichtlich der Bevölkerungszahl, des wirtschaftlichen Gewichts und der geografischen Ausdehnung mit Abstand grösste Nation des Subkontinents steht vor einem schicksalhaften Entscheid: Laut aktuellen Umfragewerten liegt der gemässigt linksgerichtete Ex-Präsident Lula da Silva im beginnenden Wahlkampf deutlich vor dem amtierenden Staatschef Jair Bolsonaro. Der scheint jedoch entschlossen, einen Sieg des Gegners um jeden Preis zu verhindern.

Eine unter dem Namen Civil Society Spotlight Report erschienene Untersuchung, die sich an den 17 wichtigsten Kriterien der sogenannten Agenda 2030 der UNO orientiert und durch solides Quellenmaterial unterstützt wird, stellt in Brasilien nach fast vierjähriger Herrschaft Bolsonaros einen Rückschritt in praktisch allen Bereichen fest. Zwar hat der stramm konservative amtierende Präsident im Hinblick auf die für ihn bedenklichen Umfrageresultate noch kurz vor den Wahlen ein populistisch motiviertes und kurzfristig angelegtes Sozialhilfeprogramm angekündigt. Es stellt sich jetzt die Frage, wie viele BrasilianerInnen sich in den wenigen Wochen bis zu den Wahlen durch ein solches «Geschenk» verführen lassen. Eigentlich müsste man annehmen, dass in dem riesigen Land Millionen Menschen den vielfältigen Rückschritt am eigenen Körper und vor allem im eigenen Geldbeutel zu spüren bekommen. Doch in einem Land, wo Dutzende Millionen von der Hand in den Mund leben und grossartige, wenn auch letztlich leere Versprechungen in der Regel mehr gelten als makroökonomisch tragbare und für das Gemeinwohl sinnvolle Programme, ist alles möglich.

Neben Brasilien regieren Konservative derzeit auf dem südamerikanischen Halbkontinent nur noch in Ecuador, Paraguay und Uruguay – alles Länder, die hinsichtlich ihrer politischen und wirtschaftlichen Bedeutung Leichtgewichte sind. Auf der anderen Seite muss man sich fragen, wie weit es den linksgerichteten Kräften in den übrigen sechs Ländern, die ein Vielfaches auf die Waage bringen, gelingen wird, ihre Pläne zu einer gerechteren Verteilung von Einkommen und Reichtum zu verwirklichen. Immer und überall wird zudem entscheidend sein, wie die jeweils gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahlen ausfallen.

In Ecuador ist seit etwas mehr als einem Jahr der konservative Banker Guillermo Lasso, einer der reichsten Männer des Äquatorstaats, nach knapp gewonnener Wahl am Ruder. Die Ausübung der ihm anvertrauten Macht gestaltet sich für ihn jedoch schwieriger als erwartet. In wochenlangen Verhandlungen mit der Indigenen-Organisation Conaie, die von landesweiten Streiks begleitet wurden, musste er der immer massiver und selbstbewusster auftretenden Pachakutik-Bewegung der indigenen Bevölkerung Änderungen in seinen neoliberalen wirtschafts- und sozialpolitischen Plänen zugestehen. Der Einfluss dieser Indigenen-Organisation, die sich in den 1980er Jahren zu formieren begann, hat mittlerweile so weit zugenommen, dass er von keiner Regierung mehr ignoriert werden kann.

Scheinbar fest in den Händen der Rechten liegt die Macht in Guatemala. Die oligarchischen Kreise haben es in diesem zentralamerikanischen Staat verstanden, den jahrelangen, von der UNO direkt unterstützten Kampf oppositioneller Gruppen gegen die seit Jahrzehnten vorherrschende Korruption zu neutralisieren und das Ruder sogar auf den alten Kurs zurückzudrehen. In dieser dramatischen Auseinandersetzung wird jetzt Rache geschworen und Rache geübt. Es geht dabei letztlich um die Erhaltung von Privilegien und garantierte Straflosigkeit für die wieder frei herrschende Klasse der Mächtigen in Politik und Wirtschaft, die seit den 1960er Jahren mit wenigen Unterbrüchen schalten und walten. Diese Restauration des Ancien Régime wird, wie der Berichterstattung der spanischen Zeitung «El País» zu entnehmen ist, mit zunehmender Zensur und Repression durchgesetzt (Artikel hier und hier).

In jenen Ländern Lateinamerikas, wo das Pendel wieder einmal mehrheitlich zugunsten von linksgerichteten Kräften auszuschlagen scheint, sind zumindest einmal gewisse Zweifel und Vorbehalte anzumelden. Wie überwältigend die Zustimmung der Stimmberechtigten in Chile zum Entwurf eines neuen Grundgesetzes 2019 auch ausgefallen war: Bei der Umsetzung des Volkswillens gab es zahllose Hindernisse. Drei chilenische Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler haben den Versuch unternommen, die umstrittensten Punkte im neuen Verfassungstext herauszuarbeiten, der das definitive Ende der Pinochet-Epoche bedeuten sollte. Für einen nicht geringen Teil der Bevölkerung stellt sich jetzt die schwierige Wahl, ob sie das neue Grundgesetz mit vielen strittigen Punkten gutheissen soll oder mit einem Nein die konstitutionelle Grundlage aus den Zeiten der Diktatur für unbestimmte Zeit beibehalten würde.

Ob man die seit Ende 2018 amtierende Regierung in Mexiko als linksgerichtet einstufen kann, damit haben wir uns in der vorherigen Nachrichtenübersicht aus Lateinamerika ausführlich befasst. Einige Initiativen, die unter Präsident López Obrador in Angriff genommen wurden, sprechen dafür, aber ein einheitliches und kohärentes Bild entsteht dabei nicht. Ähnlich heterogen und widersprüchlich sind die jüngsten Massnahmen, die Amtskollege Alberto Fernández in Argentinien ergriffen hat. Dazu gehört in erster Linie die Ernennung eines «Superministers» in der Person von Sergio Massa, der in der Vergangenheit mit Parteien aller möglichen Couleur geliebäugelt hat und schlussendlich im Lager des seit jeher populistisch getünchten Peronismus gelandet ist. Man kann darin kaum etwas Anderes sehen als den verzweifelten Versuch, den seit den 1960er Jahren anhaltenden Niedergang mit chronischer Überschuldung, Kapitalflucht und Notstand bei den Devisenreserven, nunmehr mit 70 Prozent per annum galoppierender Inflation und einer tragischen Verelendung immer breiterer Kreise der Bevölkerung endlich aufzuhalten – eine wahre Sisyphusarbeit.

Einen zusehends fragwürdigen Kurs schlägt der damalige Chefkommandant der Sandinisten-Revolution in Nicaragua ein. Daniel Ortega, der mehrmals vom Volk zum Staatspräsidenten gewählt wurde, die Grundregeln demokratischer Herrschaft aber immer gröber missachtet, hat in letzter Zeit auch ehemals führende GenossInnen unter erbärmlichen Haftbedingungen einsperren lassen, zuletzt eine der ranghöchsten Frauen der Bewegung. Seine Herrschaft scheint auf ein Regime hinauszulaufen, das in erster Linie die Interessen des eigenen Klans vertritt. Sie gleicht damit in zentralen Aspekten jener der jahrzehntelangen Diktatur der Familie Somoza, die 1979 nach einem langen und aufreibenden Kampf von der FSLN-Guerilla gestürzt wurde.

Von Häme und Hass freie Analysen der Reformbemühungen in Kuba sind in bürgerlichen Medien absolute Mangelware. «Makroskop», ein entwicklungspolitisch orientiertes Magazin, hat den Versuch unternommen, diesen Prozess aus neutraler, wissenschaftlich bemühter Warte darzustellen. Wer sich für substantielle Fakten in dieser Geschichte interessiert, dem ist der «Makroskop»-Beitrag sehr zu empfehlen.

Ein letztes Wort soll Kolumbien gelten, wo am vergangenen Sonntag erstmals in der 200-jährigen Geschichte der Republik ein Linker die Präsidentschaft der 50-Millionen-Nation übernommen hat. Das allein grenzt eigentlich an ein Wunder: Mehrere namhafte, um eine sozial engagierte Politik bemühte Figuren wie Jorge Eliécer Gaitán (1948) und Luis Carlos Galán (1989) hatten neben Tausenden anderer Gesinnungsgenossen ihr Leben auf diesem langen Weg gelassen – Opfer einer unstillbaren Mord- und Rachlust gegen Linke. Gustavo Petro musste sich in seiner Wahlkampagne mit einer etwa zehn Mann starken Leibwache gegen ständig drohende Attentate schützen.

Anstatt von Regierungsplänen, die erst einmal umgesetzt werden müssen, sei an dieser Stelle von einer Episode die Rede, die den Akt im Palacio Nariño in Bogotá prägte: Die nicht-kommunistische, linkspopulistische M-19-Guerilla, der Präsident Petro in jungen Jahren angehörte, hatte 1974, am Tag ihrer Gründung, das Schwert des Befreiers Simón Bolívar aus einem Museum entwendet und verschwinden lassen. Diese Trophäe wurde dem kolumbianischen Staat 1990 anlässlich eines Friedensvertrags und der militärischen Demobilisierung der M-19 zurückerstattet.

„Wir haben alles geschafft ! Auch die Umwelt!“

Petro liess seinen Amtsvorgänger, den rechtsliberalen Iván Duque wissen, dass er das Schwert Bolívars nach der Machtübernahme in seinen Händen halten wolle. Duque lehnte kategorisch ab. Unmittelbar nach seiner Amtseinsetzung erklärte Petro, sein erster Regierungsakt bestehe darin, das Schwert, das den Landsleuten während mehr als drei Jahrzehnten verborgen geblieben war, in den Regierungspalast bringen zu lassen. Soldaten in historischen Uniformen wurden abkommandiert, um das Museumsstück herbeizuschaffen. Der neue Staatschef und das versammelte Volk harrten aus, bis die historisch so bedeutsame Waffe zur Stelle war.

Insgesamt verstärkt sich der Eindruck, dass Lateinamerika im Zuge des erneuten Linkstrends seine einst unverbrüchlich geglaubten Bindungen an Europa und Nordamerika allmählich auflöst und neue Möglichkeiten aussenpolitischer und wirtschaftlich-finanzieller Abkommen mit China und Russland sowie mit der von diesen angeführten BRICS-Gruppe ausbauen will, zu der bis anhin auch Indien, Brasilien und Südafrika gehören. Wie lange diese Umorientierung auf eine multipolare Welt dauern wird, ist eine offene Frage. Dass eine Rückkehr zu alten Allianzen und Gewohnheiten aber durchaus möglich ist, wenn die Resultate an den Urnen – oder zum Beispiel die Stimmung in den Streitkräften – wieder zugunsten der Rechten kippen sollte, kann ebenso wenig ausgeschlossen werden.

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Grafikquellen        :

Oben      —   Bebida tradicional dos povos indígenas de Rondônia

2-) von Oben       —     Degradação Florestal Amazônia

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Unten        —        Pascal ThibautVerifizierter Account

Grafikquelle: Verlinkung mit Twitter 

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Ein Ukraine – Tagebuch

Erstellt von Redaktion am 20. August 2022

„Krieg und Frieden“
Ausgangssperren und Maulbeeren

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AUS KIEW OLENA MAKARENKO

Kino, Fitnessstudio und der See gehören in der Ukraine noch zum Leben dazu – zumindest zwischen den Sperrstunden. Ein Blick in den Alltag in Kiew.

 In einem Witz, der hier im Internet kursiert, heißt es: „Leben, das ist das, was man zwischen zwei Luftalarmen tut.“ Ich würde es anders sagen: Leben, das ist das, was man in der Zeit zwischen zwei Sperrstunden tut. In Kiew beginnt sie um 23 Uhr abends und endet um 5 Uhr morgens.

Alles, was tagsüber abläuft – wenn wir das mal oberflächlich betrachten – unterscheidet sich praktisch nicht von dem, was vor einem Jahr war. Ich wohne in der Nähe eines Sees und einer Bucht. An beiden Orten ist die Badesaison in vollem Gange. In der Bucht können Katamarane, Kajaks und Boote gemietet werden.

Eines Abends ging ich hinaus, um mich ans Wasser zu setzen. Dort hörte ich folgendes Gespräch: „Es macht dir doch nichts aus, wenn ich die Grenze ein wenig verschiebe? Bitte warne mich vor, wenn du über mich herfallen willst. Aber ich habe eine superstarke Luftabwehr“ – zwei Jungen spielten in ihren Sandburgen.

Sportstudios sind geöffnet. Auch die Kinos haben ihre Arbeit wieder aufgenommen. Ich habe mir „Der schlimmste Mensch der Welt“ von Joachim Trier angesehen. Über eine junge Frau in den Dreißigern, die sich selbst sucht. Vor einem Jahr war dieses Thema auch für mich aktuell. Doch jetzt scheint es mir, als sei dieses ganze Suchen nach sich selbst etwas aus einem vergangenen Leben. Die Prioritäten haben sich geändert. Die Ziele haben sich verengt – darauf, den Krieg zu beenden, unseren Sieg. Für viele ist das tägliche Ziel einfach nur zu überleben.

Übrigens: Ungefähr zehn Zuschauer verließen das Kino, ohne den Film bis zum Ende gesehen zu haben. Das heißt nicht unbedingt, dass er ihnen nicht gefallen hat. Die U-Bahn schließt derzeit früher. Alle müssen jedoch vor der Ausgangssperre ankommen. Diese Regel gilt für alle, auch für Taxifahrer.

Vor der Ausgangssperre kann man jedes Dach, jedes Gebäude betreten. Aber gegen 22 Uhr herrscht Aufbruchstimmung, die Rechnung kommt und man wird höflich gebeten, zu gehen. Das Personal muss ja auch noch nach Hause kommen.

Doch Leute, die dagegen verstoßen, gibt es. Die Kiewer Polizei berichtete Ende Juni über das Ergebnis nächtlicher Razzien: 420 kontrollierte Bars und Restaurants, zwei von ihnen arbeiteten während der Ausgangssperre. 219 Vorladungen wurden dem Militärregistrierungs- und Einberufungsamt übergeben. Allerdings führen solche Strafen zu Diskussionen in der Gesellschaft. Das Militär und sogar der Verteidigungsminister sprachen sich dagegen aus. „Denn dem Land zu dienen und das Land zu verteidigen, ist definitiv keine Strafe.“

Quelle      :       TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.

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Unten     —     The consequences of a missile strike on Kyiv (2)

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DL – Tagesticker 20.08.2022

Erstellt von Redaktion am 20. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Die Linke in NRW  – . –   2.) Amerikas geopolitische Strategien  – . –   3.) Abschieben um jeden Preis  – . –  4.) Wenn statt Gas Moral strömt, wird es finster.  – . –  5.) „Das Verhalten ist parteischädigend“    . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Was die eigentliche Aufgabe eines Bundesvorstand wäre, wurde dort noch nie begriffen. So wird dann in den Ländern genau das gemacht, was die Partei von Grund auf an zerstört. So ganz ohne Denunziationen ist in NRW noch nie etwas gelaufen, oder was haben Leute wie Thome oder Blocks noch anderes gekonnt? 

Vorstandsmitglieder erheben #MeToo-Vorwürfe und geben Posten ab. »Sexismus und Übergriffe«: Im NRW-Landesvorstand der Linken gibt es nach SPIEGEL-Informationen Vorwürfe gegen ein ranghohes Mitglied. Zwei Frauen aus dem Gremium sind zurückgetreten, sie vermissen den »Willen zur Aufklärung«.

1.) Die Linke in NRW

Zwei Vorstandsmitglieder der Linken in NRW haben ihre Posten abgegeben, nachdem sie Vorwürfe wegen sexueller Übergriffe erhoben hatten. In einer Erklärung, die intern verschickt wurde, werfen sie der Parteiführung Untätigkeit vor: »Innerhalb des Landesvorstandes kam es von Seiten eines hochrangigen Mitglieds zu Sexismus und Übergriffen. Doch anstatt im Gremium auf Verständnis und den Willen zur Aufklärung wie Veränderung zu treffen, reagierte der Großteil des Landesvorstands mit Täter-Opfer-Umkehr sowie dem Silencing der Betroffenen.« Deshalb könne und wolle man »nicht weiter in diesem Gremium arbeiten«. In einer weiteren Mail wird Vorstandsmitgliedern vorgeworfen, Falschbehauptungen über die Betroffene zu verbreiten. Man sei froh gewesen, dass das Thema in einer geschlossenen Sitzung angesprochen wurde und habe »einen reflektierten Umgang mit dieser sensiblen Thematik« erhofft. »Leider war das Gegenteil der Fall«, heißt in der Mail. Die Debatte »strotzte nur so vor Täter-Opfer-Umkehr«. Dem Gremium wird vorgeworfen, den mutmaßlichen Täter zu schützen: »Seine Jungs waren natürlich gleich zur Stelle, um ihn zu decken.« Als eine Genossin im Landesvorstand klar Stellung bezog, sei sie »teils sehr aggressiv, angegangen und wiederholt als asozial bezeichnet« worden. Wagenknecht als Symptom.

Spiegel-online

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Waren die USA nicht schon immer sehr geschickt darin, die politische Verantwortung auf andere Schultern zu verteilen? Erst wurde Adenauer stark gemacht, dem K.G. Kiesinger folgen durfte. So wurde dem engsten Vasall dann auch Trump folgen. So bliebe zumindest eine indirekte Nachbarschaft zu Russland erhalten, da China strategisch leichter zu lenken scheint.

Warum China für die Vereinigten Staaten wichtiger ist als Russland. Amerikas Ziel in der Ukraine ist es, Russland die von ihm gewünschte strategische Tiefe vorzuenthalten. Mit Blick auf China geht es Washington hingegen darum, das Entstehen einer Macht mit globalem Handlungsradius zu verhindern.

2.) Amerikas geopolitische Strategien

Doch die Chinesen sind im Fall einer Wirtschaftskrise verletzlicher als Russland und daher nicht bereit, einen Krieg mit den Vereinigten Staaten zu riskieren. Der Krieg in der Ukraine, der nun seit etwa sechs Monaten andauert, ist aus verschiedenen Gründen von strategischer Bedeutung. Wenn Russland die Ukraine besiegt und die Kontrolle über das Land übernimmt, werden seine Streitkräfte an der Ostgrenze zur Europäischen Union stehen. Eine russische Präsenz dort würde auch das transatlantische Kräfteverhältnis verändern und damit die Vereinigten Staaten zwangsläufig dazu bringen, seine Streitkräfte in Europa zu verstärken. Was Russlands Absichten zu Beginn der Invasion waren, spielt keine Rolle. Absichten ändern sich, und die Strategie darf nicht auf Optimismus basieren. Was also im Ukrainekrieg auf dem Spiel steht, ist ein mögliches Wiederaufflammen des Kalten Krieges – mit allen damit verbundenen Risiken. Aus amerikanischer Sicht ist eine Auseinandersetzung mit Russland durch ukrainische Truppen in der Ukraine weit weniger riskant als ein neuer Kalter Krieg. Ein neuer Kalter Krieg? Der Kalte Krieg führte nicht zu einem ausgewachsenen Krieg, sondern nur zu der Angst vor einem solchen Krieg. Die Furcht des Westens vor den möglichen sowjetischen Absichten war größer, als es den tatsächlichen militärischen Fähigkeiten der Sowjets entsprochen hätte. Diese Angst wiederum hielt die Nato zusammen, sehr zum Leidwesen der führenden Politiker in Moskau. Keine ihrer schlimmsten Befürchtungen ist eingetreten, und daher hatte der Zusammenbruch der Sowjetunion mehr mit innerer Fäulnis als mit äußerer Bedrohung zu tun.

Cicero-online

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Müssten die Knechte der Politik in den Fußballstadien vorstellig werden, würde längst (in Anbindung an Bayern) das Lied: „Zieht den politischen Halunken die Lederhosen aus, Lederhosen aus.“ zu hören gewesen sein. Da diese aber kaum wissen wie rund ein Ball ist, dürfen sie weiter ihren politischen Schabernack treiben. Für Voll genommen werden diese Hampel-Männchen oder -Frauchen doch schon lange nicht mehr.

Abschiebezentrum am BER: Beim geplanten Abschiebezentrum am BER wird getrickst was das Zeug hält. Die Steu­er­zah­le­r*in­nen kostet das Millionen. Ein Wochenkommentar.

3.) Abschieben um jeden Preis

Während sich ganz Deutschland über die Gier der mittlerweile geschassten Ex-rbb-Intendantin Patricia Schlesinger und die Vetternwirtschaft beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk empört, droht ein weiterer Skandal in Sachen Steuergeldverschwendung und Klüngeleien unterzugehen: das Millionengrab Abschiebezentrum am Flughafen BER. Zwar geht es hier nicht um teuren Champagner, Luxus-Dienstwagen oder Edel-Parkettfußboden, der Schaden für die Öffentlichkeit ist dafür nicht minder groß. Wie in dieser Woche bekannt wurde, soll das geplante „Behördenzentrum“, hinter dessen Name sich das umstrittene Abschiebezentrum in Brandenburg versteckt, fast eine halbe Milliarde Euro kosten. Oder wie Schlesinger sagen würde: Mehr als 360.000 Massagesessel oder 11 Millionen Flaschen Champagner. Nicht für die Flüchtlinge natürlich, die bekommen ja schon ein Gratis-Ticket in ein Land, in das sie nicht zurück wollen und aus dem sie nicht ohne Grund und unter Einsatz ihres Lebens geflohen sind. Champagner fließen dürfte dafür beim wegen Korruption vorbestraften Investor Jürgen B. Harder und seiner Ehefrau, Ex-DDR-Schwimmstar Franziska van Almsick. Die würden durch den Deal mit dem Land Brandenburg schätzungsweise 200 Millionen Euro Gewinn einstreichen. Zu verdanken haben sie die Rekord-Rendite ausgerechnet der Linken: Wäre deren ehemaliger Finanzminister Christian Görke nicht so stur gewesen und hätte sich diesem überdimensionierten, unnötigen und menschenverachtenden Projekt nicht hartnäckig verweigert, hätte die SPD keinen krummen Deal mit einem windigen Investor machen müssen, um das Finanzministerium zu umgehen und das Projekt am Landtag vorbei durchzusetzen.

TAZ-online

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Ja, aber müsste der Wille Moral zu zeigen nicht erst einmal den unteren Schichten der Bevölkerung zu gute kommen, was seit vielen Jahren durch alle Regierungen in grob fahrlässiger Weise vernachlässigt  wurde? Jetzt wird versucht, dank einiger  politischen Sektsäufer dem Volk auch noch die letzten Tropfen Wasser abzugraben. Aber mit der Moral gerade beim Gas zu starten, würde doch allen anderen Religionen die Hände reiben lassen. Aber – so ungeschickt können eben nur Politiker dieses Landes sein!

Wolfgang Kubicki und Nord Stream 2: Wolfgang Kubicki wagt den Vorstoß: Er hinterfragt die Sanktionspolitik gegen Russland und will Nord Stream 2 für Gaslieferungen öffnen. Dafür erntet er heftige Kritik. Dabei hat er nicht unbedingt Unrecht

4.) Wenn statt Gas Moral strömt, wird es finster.

Es sind dunkle Zeiten, aber die Nachrichten sorgen für ein gewisses bitteres Amüsement: Erst zitiert die Sprecherin Wolfgang Kubicki, aber nur ganz kurz, als hätte sie Angst, sich an ihrer eigenen Nachricht zu verbrennen: Der FDP-Vize fordert, die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zu öffnen. Anschließend referiert sie ausführlich die daraufhin einsetzende Kritik, die ähnlich nervös wirkt. Als hätten auch die Kritiker Angst, sich an der Forderung ihres Parteifreundes zu verbrennen, wenn sie sie nicht sofort löschen. „Falsch und abwegig“, lässt der FDP-Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner verlauten. Es gebe keine Pläne der Bundesregierung, die in diese Richtung zielten. Der Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sieht bei einer Inbetriebnahme den politischen Konsens von EU und NATO in Gefahr. „Es ist mir völlig unbegreiflich, wie man auf so eine skurrile Idee kommen kann“, behauptet Franziska Brandmann, Vorsitzende der Jungen Liberalen. Was genau so völlig „falsch“, „unbegreiflich“, „skurril“ und „abwegig“ daran sein soll, eine so gut wie betriebsfertige Pipeline zu nutzen, verschweigt auch sie. Denn Gas ist Gas, ob es nun über die neue oder die alte Pipeline ins Land strömt. Was besser sein soll an US-amerikanischem Gas, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Es ist teurer und schadet Mensch und Umwelt. Der einzige Grund, warum Nord Stream 2 geschlossen bleiben soll, ist offenbar der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die mit ihm verbundene Verpflichtung, sich selbst maximal zu schaden. Als bestünde ein direkter moralischer und militärischer Zusammenhang. Statt die Sanktionen zu hinterfragen, hinterfragt die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele, inklusive Kohle- und Atomausstieg. Gefährdet den wackligen sozialen Frieden. Gibt Milliarden aus, um Unternehmen zu retten und Verbraucher zu „unterstützen“. Und zittert vor dem Volkszorn im sanktionsbedingten Friere-Winter 2022. Diskutiert die heiligen Sanktionen!

Freitag-online

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Macht Schröder in dieser Situation nicht auf sein mangelhaftes Selbstbewusstheit aufmerksam in dem er um seinen Parteirausschmiss streitet? Er wirft damit den Säuen seiner ehemaligen Partei genau die Perlen vor, mit denn schon ein Lafontaine zuvor seine Unfähigkeit zum Führen nachgewiesen hat. Wer seine Arbeit zuvor Verantwortlich erledigte, lässt sich mit hocherhobenen Kopf nach Hause schicken. 

Mehrere Verbände gehen gegen Schröders SPD-Verbleib in Berufung. Die Schiedskommission der SPD sah keine Veranlassung für einen Parteiausschuss des Altkanzlers. Mindestens sechs Gliederungen wollen das nicht akzeptieren.

5.) „Das Verhalten ist parteischädigend“

Mehrere SPD-Ortsvereine wollen die Entscheidung einer SPD-Schiedskommission im Verfahren gegen Altkanzler Gerhard Schröder anfechten. Von den 17 SPD-Gliederungen, die das Parteiordnungsverfahren gegen Schröder ins Rollen gebracht hatten, wollen mindestens sechs Berufung einlegen oder haben dies bereits getan, wie die Düsseldorfer „Rheinische Post“ am Samstag berichtete. Bislang vier SPD-Gliederungen sehen demnach von einer Berufung ab, bei den anderen stand ein Beschluss noch aus. Vor knapp zwei Wochen hatte die zuständige Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Hannover entschieden, dass der wegen seiner Russland-Verstrickungen in die Kritik geratene Altkanzler weiterhin Parteimitglied bleiben darf und auch keine Rüge erhält. Gegen den Beschluss vom 8. August kann innerhalb von zwei Wochen Berufung eingelegt werden.  Der „Rheinischen Post“ zufolge haben mittlerweile sechs SPD-Ortsvereine oder Kreisverbände beschlossen, gegen diese Entscheidung in Berufung zu gehen: Bochum-Schmechtingtal, Mettmann, Essen-Frohnhausen/Altendorf, Mülheim-Heißen/Heimaterde, Leutenbach und Leipzig-Ost/Nordost. „Wir interpretieren die Äußerungen des ehemaligen Kanzlers Schröder ganz anders als die Schiedskommission. Deswegen halten wir es für richtig, in die nächsthöhere Instanz zu gehen“, sagte der Vorsitzende des Ortsvereins Mülheim, Daniel Mühlenfeld, der Zeitung. Pierre Orthen vom Ortsverein Leutenbach sagte: „Wir haben uns einen anderen Ausgang des Verfahrens gewünscht. Das Verhalten von Gerhard Schröder ist parteischädigend.“

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Tödliche Staatsgewalt

Erstellt von Redaktion am 19. August 2022

Polizist erschießt Teenager

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Aus Dortmund Nordstadt von Aaron Wörz

Vor 11 Tagen tötete ein Polizist in Dortmund den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé. Wer war der Junge aus dem Senegal? Und wie kam es zu seinem Tod?

Wäre die Dortmunder Nordstadt ein Lied, dann wäre das Heulen der Polizeisirene ihre Melodie. Alle paar Minuten rast in dem Stadtteil ein Streifenwagen um die Ecke. Vorbei an Kiosken, Imbissen und vollgesprayten Gründerzeitfassaden. Ein kurzer Blick weg vom Handy, ein langsames Kopfdrehen – mehr Aufmerksamkeit schenken die Be­woh­ne­r:in­nen den Be­am­t:in­nen gewöhnlich nicht.

Das Lied ist abgedroschen, die An­woh­ne­r:in­nen kennen es zu gut: Im Vorjahr wurden in der Nordstadt mehr als 14.000 Straftaten von der Polizei registriert. Dortmund ist, das sagt zumindest die Kriminalstatistik, die gefährlichste Stadt im Ruhrgebiet.

Seit 2016 gibt es eine eigene „Ermittlungskommission Nordstadt“. In dem Stadtteil werden harte Drogen verkauft, es gibt oft Stress: Unter Konsument:innen, unter Dealer:innen. Kameras überwachen deshalb ganze Straßenzüge in dem Viertel, 24 Stunden am Tag. Die ständige Polizeipräsenz ist, ob von den knapp 60.000 Be­woh­ne­r:in­nen erwünscht oder nicht, ziemlich normal in der Nordstadt.

Auch der Polizeieinsatz, über den seit vorvergangenem Montag bundesweit diskutiert wird, findet zuerst keine besondere Beachtung. Ohne Sirenen, so berichten es mehrere An­woh­ne­r:in­nen vier Tage später der taz, rücken am 8. August zwölf Po­li­zis­t:in­nen um kurz vor halb fünf in die Missunder Straße aus. Erst das Rattern einer Maschinenpistole schreckt die Nachbarschaft auf: Das ist kein normaler Einsatz.

An dem heißen Sommernachmittag werden insgesamt sechs Schüsse im Innenhof einer Wohngruppe für Jugendliche abgefeuert. Fünf davon treffen ihr Ziel: Den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé.

Die Polizei schreibt am selben Abend, der Geflüchtete habe die eingesetzten Be­am­t:in­nen mit einem Messer angegriffen, woraufhin ein Polizist das Feuer eröffnete. Die Projektile treffen den jungen Senegalesen in den Bauch, den Arm, in die Schulter, am Hals und im Gesicht. Die Reanimationsversuche im Krankenhaus bleiben ohne Erfolg.

Es ist die Art, wie Mouhamed getötet wird, weshalb die Empörung über seinen Tod weit über die Stadtgrenzen von Dortmund hinaus schwappt. So brutal sich die Beschreibung des Polizeieinsatzes liest, so drängender stellen sich viele Menschen hinterher die Frage: Wieso endete der Einsatz so schonungslos tödlich für den Teenager?

Die Suche nach einer Antwort beginnt an dem Ort, an dem die Schüsse fielen. Vier Tage nach dem Tod von Mouhamed flattert erneut Absperrband in der Missunder Straße. Zwei Polizeiwagen versperren ankommenden Autos die Zufahrt. Mit einer Drohne und Kameras vermisst die Kriminalpolizei Recklinghausen den Tatort.

Ein schüchternen Teenager

Auf dem Gehweg vor dem Hof, in dem Mouhamed starb, erinnern Blumen und Trauerkerzen an den Getöteten. Immer wieder halten Pas­san­t-in­nen an, darunter viele Kinder aus dem Viertel. Sie tuscheln und zeigen mit dem Finger in den Hof.

Auslandsinstitut

Nur ein paar Meter vom Tatort entfernt lehnt Zoran Licic an einer Hauswand. Der 58-Jährige, ein kleiner Mann im Unterhemd, vergilbte Tattoos an seinen dürren Armen, wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Nordstadt. Seine Erdgeschosswohnung grenzt direkt an den Hof der katholischen Jugendeinrichtung. Im Sommer steht er oft vor der Tür und lässt seinen Blick über die Straße schweifen.

So auch an jenem Montag, erzählt Licic. Er habe aus wenigen Metern Abstand von der Seite dabei zugesehen, wie ein Polizist mit Maschinenpistole durch die Eisenstangen des Zaunes in Richtung Innenhof schoss. Was davor im Hof passiert ist, konnte er von seinem Standpunkt aus nicht sehen. Genauso wenig den getroffenen Mouhamed.

Trotzdem wirkt Licic mitgenommen, seine Augen werden wässrig. Er zittert: „Das Ganze ist einfach nur traurig.“ Ein paar Mal sei er Mouhamed vorher auf der Straße begegnet. Er sei sehr ruhig gewesen, ein schüchterner Teenager: „Der hätte keiner Fliege was getan. Der war doch erst 16, fast noch ein Kind.“

Licic ist einer der wenigen aus dem Viertel, der an diesem Freitag kein Problem damit hat, seinen Namen in der Zeitung zu lesen. Die Anwesenheit der Polizei verängstige die Leute, sagt er. Die meisten An­woh­ne­r:in­nen treten mit versteinerten Gesichtern vor die Tür. Man tauscht sich untereinander kurz aus und fragt rum: Wer weiß schon mehr?

Die am häufigsten gestellten Fragen auf der Straße sind die gleichen, die aktuell die Staatsanwaltschaft in Dortmund beschäftigen: Wer war Mouhamed? Und was ist kurz vor den tödlichen Schüssen passiert?

„Das mit dem Vertrauen in die Polizei ist als Ausländer in Dortmund kompliziert. Der Tod von Mouhamed hat die negative Stimmung gegenüber der Polizei nur verschlimmert“

Zu beiden Fragen kursierten in den vergangenen Wochen immer wieder Gerüchte. Und auf beide Fragen gibt es teils noch immer keine vollständigen Antworten. Bedingt Aufklärung über Mouhameds Flucht nach Deutschland liefern die Akten des Jugendamtes im Rhein-Pfalz-Kreis, wo er nach seiner Ankunft im April erstmals registriert wurde.

Demnach soll er sich bereits Ende 2019 aus dem Senegal auf den Weg nach Europa gemacht haben. Gemeinsam mit seinem Stiefbruder sei der Jugendliche nach Zwischenstopps in Mali und Mauretanien Ende 2021 mit einem Boot von Marokko nach Spanien übergesetzt. Sein Stiefbruder sei auf der Fahrt im Mittelmeer ertrunken.

Erstmal kein Platz für Mouhamed

Angekommen in Spanien wohnte er offenbar in einer Unterkunft für Asylsuchende in Sevilla. Weil es ihm dort nicht gefallen habe, soll er sich entschlossen haben, mit dem Zug über Paris nach Deutschland zu fahren. Die deutsch-französische Grenze habe er zu Fuß überquert und sich in den nächstbesten Zug gesetzt, bevor er sich in Worms bei der Polizei meldete. Von dort wurde er am 30. April nach Zornheim gebracht, ein kleines Dorf südlich von Mainz. Dort gab Mouhamed an, seine beiden Eltern seien im Senegal gestorben.

Diese Information wurde zunächst von der Stadt Dortmund verbreitet. Weil es in den umliegenden Einrichtungen keinen Platz für ihn gab, wurde Mouhamed schließlich am 1. August in die katholische Jugendeinrichtung St. Elisabeth in der Dortmunder Nordstadt gebracht.

Die Informationen über Mouhameds Flucht aus der Akte des Jugendamts beruhen auf seinen eigenen Aussagen. Sie lassen sich nur schwer überprüfen. Eine Woche nach seinem Tod wurde bekannt: Er hat noch nahe Angehörige im Senegal. Auf der Suche nach Familienmitgliedern haben mehrere senegalesische Nachrichtenseiten Bilder von Mouhamed verbreitet.

Jörg Stüdemann, Krisenmanager in Dortmund

„Das ist eine heterogene Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt, die eins eint: Sie sind am unteren Ende der sozialen Klaviatur“

Daraufhin meldeten sich sein Vater und sein Bruder. Sie stehen derzeit in Kontakt mit der senegalesischen Botschaft in Berlin und haben den Wunsch geäußert, Mouhamed in seinem Heimatdorf im Westen des Landes zu beerdigen.

Im Innenhof einer Moschee in der Dortmunder Nordstadt nehmen am Freitagnachmittag nach dem tödlichen Polizeieinsatz mehrere Hundert Menschen an einer Trauerfeier für den 16-Jährigen teil. Es verabschieden sich vor allem Menschen aus der afrikanischen und muslimischen Community. Unter den Zu­hö­re­r-in­nen sind kaum Menschen aus der weißen Stadtgesellschaft. Eine der wenigen Ausnahmen ist Thomas Westphal (SPD), Oberbürgermeister von Dortmund.

In seiner Trauerrede fällt wiederholt das Wort Vertrauen, das nicht verloren gehen dürfe. Er spricht vom Vertrauen in die Polizei, in die Justiz, in den Zusammenhalt aller Dortmunder-innen. Während der Rede gibt es immer wieder Zwischenrufe. Einige Teilnehmende sind verärgert, dass Westphal ausgerechnet im Moment des Innehaltens vom Vertrauen in die Behörde spricht, durch deren Waffe Mouhamed getötet wurde.

Über dem Hof der Moschee liegt an diesem Vormittag eine drückende Schwere. In den Blicken einiger Anwesender paart sich die Trauer mit Wut. Direkt im Anschluss ist eine Demonstration von der Moschee zum Rathaus geplant, die eine lückenlose Aufklärung des tödlichen Polizeieinsatzes fordert.

Bei der Trauerfeier und anschließenden Demo ist auch Mariama Sow dabei. Die 30-jährige Sozialarbeiterin aus Guinea, herzliches Lachen, runde Brillengläser, hat die muslimische Gedenkfeier mitorganisiert. Sie sagt: „Das mit dem Vertrauen in die Polizei ist als Ausländer in Dortmund kompliziert.“

Auffällig gewalttätig

Sow ist Mitglied im Integrationsrat der Stadt. Sie kennt die zahlreichen Geschichten von negativen Erfahrungen, die in Dortmund lebende People of Colour mit der Polizei machen. Sie selbst werde nach 12 Jahren in Dortmund regelmäßig auf der Straße nach ihrem Ausweis gefragt.

In letzter Zeit sei das Verhältnis zur Polizei besonders angespannt gewesen. In den vergangenen zwei Monaten fielen Po­li­zis­t-in­nen der Wache Nord zweimal mit gewalttätigen Einsätzen auf. Ende Mai wurden drei Teenagerinnen, die auf einem E-Scooter unterwegs waren, unsanft vom Roller geholt und von den Be­am­t:in­nen angeschrien.

Auf Tiktok machte ein Video des Vorfalls die Runde. Vier Tage später wurde ein flüchtender Kleindealer in der Nordstadt von einem Polizeiauto angefahren. Bereits 2019 wurde eine schwangere Frau von einem Polizisten mehrere Minuten auf den Boden gedrückt. Ihr Kiefer brach nach mehreren Schlägen ins Gesicht.

Quelle       :         TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Der Hannibal an der Bornstraße, Dortmund

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Fehlendes Tiermodel

Erstellt von Redaktion am 19. August 2022

Affen kriegen immer noch kein AIDS  (AID Syndrom).

Von Johannes Kreis

Bevor ich zu diesem Punkt kommen, möchte ich eine Vorbemerkung machen. Es gibt keinerlei universitäre Diskussion zu dem HIV=AIDS Dogma, weltweit. Dabei gibt es viele, seit Jahrzehnten offene Fragen zu denen es dringend einer Diskussion bedarf.

  • Zuallererst, die Geburtenrate in Afrika ist weiterhin hoch und die Bevölkerungszahl wächst, trotz HIV und allen tatsächlichen humanitärer Katastrophen, die man häufig hinter HIV verschwinden läßt.
  • Man weiß seit 30 Jahren, dass viel zu wenige CD4 Zellen einen HI Virus tragen, als dass dies zu einer Verringerung der CD4 Zellen des Immunsystems führen könnte. CD4 Zellen werden zudem in der Größenordnung von einigen Milliarden Zellen jeden Tag neu gebildet.
  • Es gibt keinen Normalwert der CD4 Zellenzahl beim Menschen und beliebige Infektionen, insbesondere die in Afrika verbreitete, AIDS-definierende Tuberkulose, senken die CD4 Zellenzahl. Dieser Biomarker ist zur Diagnose eines AID Syndroms vollkommen unbrauchbar.
  • Retroviren, zu denen auch HIV gehört, töten keine Zellen. Das war in den 1970er Jahren ein wesentlicher Grund, warum man sie als Ursache von Krebs untersucht hat.
  • HIV ist so variabel, dass keine zwei HIV+ gemessenen Menschen dieselbe Variante tragen, und jeder HIV+ gemessene Menschen trägt mehr als eine Variante. Wie kann das jedes Mal derselbe molekulare Mechanismus sein, der zum AID Syndrom führen soll? Man könnte auch fragen, was die HIV Test tatsächlich nachweisen?
  • Ca. 90 Jahre nach den, der Theorie nach, mindestens erforderlichen  13 Zoonosen in Afrika (4 für HIV-1 und 9 für HIV-2), 40 Jahre nachdem man die ersten AID Syndrom Fälle bei schwer drogenabhängigen und ohne neuen Virus tatsächlich schwer kranken Homosexuellen in den USA beobachtet hat, kann es sich selbst nach der Virushypothese des AID Syndroms nicht mehr um dasselbe Pathogen handeln. Es gibt zu diesem Punkt keinerlei Diskussion. Ein positiver Test triggert die Behandlung und nach 15 – 20 Jahren („Langsamer Virus“) sollen sich dann Symptome des AID Syndroms einstellen.
  • Warum sollen Antikörper gegen HIV ca. 90 Jahre nach den postulierten mindestens 13 Zoonosen immer noch wirkungslos sein, wie man seit den 1980er Jahren ohne Beweis unterstellt
  • Wie plausibel soll es sein, dass um 1930 herum sofort 2 HI Viren entstanden (HIV-1 und HIV-2), die sich im Genom um 45% unterscheiden? Stammbaumanalysen (phylogenetische Analysen) ergeben bei einem so variablen Virus wie HIV gar keinen Sinn. Wo ist der Beleg, dass es um 1930 herum tatsächlich zu mehreren, fast gleichzeitigen Zoonosen kam?
  • Es gibt keinerlei Diskussion zu dem praktisch nicht zu begründenden Konzept sogenannter „Langsamer Viren“, die 15 -20 Jahre nach einer Infektion und nachdem sie durch Antikörper neutralisiert worden sind, zu Symptomen führen sollen.
  • Die Schäden nach jahrelanger Behandlung bei HIV+ gemessenen Menschen entsprechen 1:1 den Nebenwirkungsprofilen der eingesetzten Substanzen.
  • Es gibt kein Tiermodell, weder zu HIV noch zum AID Syndrom. Dazu wird unter mehr gesagt werden.

Zu den Nachweisen vgl.

Nur Einzelne wagen es, die seit mehr als 30 Jahren offenen Fragen zur Virushypothese des AID Syndroms öffentlich zur Diskussion zu stellen und das sind in der Regel diejenigen unter den Wissenschaftlern, die schon aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden sind.

Dia Mundial de Luta contra a Aids – Assinatura da Declaração de Paris (51717507947).jpg

Es ist die Kernstrategie der Pharmalobby und der sogenannten Wissenschaft keine Diskussion zuzulassen. Einmal indem man selbst keine führt. Die Diskussion wird von arroganten Landesbeamten an den Universitäten für überflüssig erklärt. Und zum anderen diffamiert man diejenigen, die den Diskurs führen wollen.

Zumeist muß man zur Veröffentlichung von Widersprüchen in der Virustheorie des AID Syndroms auf alternative Webseiten ausweichen, die alle eine eigene Agenda haben, was der Diskussion nicht förderlich ist und der Unterstellung Vorschub leistet, es gäbe nichts, was wissenschaftlich zu diskutieren sei.

Diese alternativen Medien soll hier nicht kritisiert werden, im Gegenteil. Wir verdanken die jetzt beginnende Aufklärung zu den katastrophalen Nebenwirkungen der SARS-CoV2 Impfungen allein den alternativen Webseiten und den sozialen Medien.  Das muß man sich einmal bewußt machen. Das Bundesgesundheitsministerium gibt inzwischen 1 schwere Nebenwirkung in 5000 Injektionen zu.

„Korrektur: Die Melderate für schwerwiegende Reaktionen beträgt laut @PEI_Germany 0,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen.“

Erfahren hat man das nur aufgrund des Druckes von Nicht-Mainstream und Nicht-ÖRR Medien. Aber keine Sorge, der FOCUS hat aufgepasst, und hält zusammen mit dem Rest der Mainstream-Medien dagegen, insbesondere gegen die Dunkelziffer bei den Impfopfern, gerade bei alten Menschen im Pflegeheim. Da stand dann immer COVID-19 auf dem Totenschein.

„Dagegen argumentiert Holstein: „Erscheint jemand mit neu aufgetretenen Symptomen, für die es möglicherweise einen Zusammenhang mit der vorherigen Anwendung eines Medikaments gibt, dann schreibt man als ÄrztIn (unkompliziert) online, oder als Papier eine Meldung.“

In den 1980er und 1990er Jahren, als die sogenannte Wissenschaft begann HIV+ gemessene Menschen über Monate und Jahre hinweg mit hohen Dosen von Zellgiften aus der Chemotherapie zu „behandeln“, gab es noch keine soziale Medien. In den Mainstream-Medien traten nur „Experten“ auf, die von „im Allgemeinen gute verträglichen Medikamenten“ sprachen. Niemand erfuhr, dass die behandelten HIV+ gemessenen Menschen Bluttransfusionen brauchten, um die Behandlung zu überleben.

Nie, zu keinem Zeitpunkt gab es in der Wissenschaft eine Diskussion dazu. Wieviele der damals objektiv kranken, schwer drogenabhängigen, mehrfach mit Geschlechtskrankheiten infizierten Homosexuellen in den USA hätten überlebt, wenn man sie nicht mit AZT behandelt hätte? Niemand weiß es, da die Versuche aus „ethischen Gründen“ entblindet wurden. Seit 35 Jahren wartet man vergebens auf eine Diskussion zu AZT.

  • Richman et al., “The toxicity of azidothymidine (AZT) in the treatment of patients with AIDS and AIDS-related complex. A double-blind, placebo-controlled trial”, N Engl J Med, 1987 Jul 23;317(4):192-7, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3299090/

Twenty-one percent of AZT recipients and 4 percent of placebo recipients required multiple red-cell transfusions (P less than 0.001). Neutropenia (less than 500 cells per cubic millimeter) occurred in 16 percent of AZT recipients, as compared with 2 percent of placebo recipients (P less than 0.001).”

“Although a subset of patients tolerated AZT for an extended period with few toxic effects, the drug should be administered with caution because of its toxicity and the limited experience with it to date.”

The results of Concorde do not encourage the early use of zidovudine in symptom-free HIV-infected adults. They also call into question the uncritical use of CD4 cell counts as a surrogate endpoint for assessment of benefit from long-term antiretroviral therapy.”

In all, 99 Imm and 38 Def participants stopped trial capsules because of adverse events. In only 16 Imm and 2 Def was haematological toxicity the main reason; in the rest it was predominantly gastrointestinal or neurological symptoms (headache) or malaise (table 6). One or more blood transfusions were received by 18 Imm and 11 Def while they were taking trial capsules.”

Die tödliche Medikation ist der Grund, warum es keine Diskussion zu dem HIV=AIDS Dogma gibt. HIV muß ein (nach 15 – 20 Jahren) tödlicher Virus sein („Langsamer Virus“), um die lebenslange Behandlung mit Zellgiften aus der Chemotherapie zu rechtfertigen. Über die letzten 30 Jahre hat man die Dosen dramatisch reduziert und ist zu weniger toxischen Substanzen gewechselt. Und siehe da, die so Behandelten leben länger.

Einige der Substanzen sind so giftig, dass man sie still und leise vom Markt nehmen mußte, Didanosine (ddI), Stavudine (d4T), Fosamprenavir (FPV), Indinavir (IDV), Nelfinavir (NFV), Saquinavir (SQV) und Tipranavir (TPV). Zidovudin (AZT) ist weiterhin im Einsatz, besonders in Afrika.

Das ist die Ausgangslage für eine wissenschaftliche Diskussion zu der Virushypothese des AID Syndroms. Nun zu dem fehlenden Tiermodel des AID Syndroms.

Dass die Tiermodelle für HIV nicht funktionieren, d.h. es keinen in Bezug auf Virulenz, Pathogenese, Genetik, Proteine, Infektion und Wirtsantwort analogen Verlauf gibt, ist vielfach festgestellt worden.

Es gibt kein Tiermodell für HIV und/oder AIDS bei Tieren, obwohl dies immer wieder, z.B. in der Impfstoff-Forschung so dargestellt wird.

HIV/AIDS vaccine research using NHPs represents one of the most notable failures in animal experimentation translation. Immense resources and decades of time have been devoted to creating NHP (including chimpanzee) models of HIV. Yet all of about 90 HIV vaccines that succeeded in animals failed in humans.”

  • Shedlock et al., „Monkeying around with HIV vaccines: using rhesus macaques to define ‘gatekeepers’ for clinical trials“, Nat Rev Immunol. 2009 October ; 9(10): 717–728, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19859066

The major limitation surrounding HIV study in animal models is that the virus does not replicate in most animal species tested, including rodents and non-human primates (the rare exceptions being gibbon apes and chimpanzees; however, in these animals HIV-1 infection is typically not associated with clinical diseases and haematological abnormalities). Although chimpanzees are the closest species in evolutionary terms to humans, they are endangered, they are costly to maintain and their use can be of ethical concern. Thus, the focus has shifted to viral surrogates of HIV, simian immunodeficiency viruses (SIVs), for which infection in natural non-human primate hosts, such as sooty mangabeys and African green monkeys, is generally non-pathogenic, but experimental infection of non-natural hosts, such as Asian monkey species, including rhesus macaques (Macaca mulatta), results in the development of disease similar to that described in patients with AIDS (simian AIDS).

One of the major limitations in searching for cures and vaccines for HIV-1 has been the lack of an animal model that recapitulates all of the salient features of HIV-1 infection in humans. HIV-1 is a direct descendant of SIVcpz, a virus that infects Central Africa chimpanzees (Pan troglodytes troglodytes) and might have a substantial impact on wild chimpanzee communities. Nevertheless, HIV-1 infection of chimpanzees in captivity rarely results in the development of disease.

The animal relative closest to humans, the chimpanzee, had been exploited extensively in AIDS research, but it was realized off late that even chimpanzees do not develop human AIDS-like symptoms.

Rhesus macaque/SIV model has not contributed much to the development and optimization of AR therapy, because of their unsuitability.“ 

Vaccine responses in chimpanzees and humans are highly discordant. Claims of the importance of chimpanzees in AIDS vaccine development are without foundation, and a return to the use of chimpanzees in AIDS research/vaccine development is scientifically unjustifiable.

This analysis expands on previous data that underlined the poor performance of chimpanzees as models in HIV/AIDS research, evidenced by a large number of negative opinions and comments toward it and by the significant withdrawal of NIH funding for it.”

“Comparative studies of lentivirus infections in other species show that AIDS is not an inevitable outcome of infection because simian immunodeficiency virus in natural hosts seldom causes disease.”

  • Dunham et al., “The AIDS resistance of naturally SIV-infected sooty mangabeys is independent of cellular immunity to the virus.”, Blood. 2006 Jul 1;108(1):209-17. Epub 2006 Mar 7, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16522814

“These findings indicate that the absence of AIDS in naturally SIV-infected sooty mangabeys is independent of a strong cellular immune response to the virus.”

Zu diesem Punkt kann man sogar das RKI zitieren,

Reservoir

Einziges bekanntes Reservoir für HIV-1 und HIV-2 ist der Mensch. Schimpansen können mit HIV-1 infiziert werden, erkranken aber entweder gar nicht oder erst nach sehr langen Inkubationszeiten.“

Sehr lange Inkubationszeit ist hier als in der Größenordnung der Lebenserwartung gesunder Tiere zu lesen.

Nur mit speziell gezüchteten Viren lassen sich in einigen Affenarten “AIDS ähnliche” Symptome erzeugen. Beim Schimpansen, der dem Menschen am nächsten verwandt ist, funktioniert das nicht, siehe oben. Mit dem fehlenden Tiermodell fehlt aber auch die Erfüllung der Koch‘schen Postulate beim HI Virus.

Man kann aber auch umgekehrt fragen: wenn es diese „tödliche Seuche“ durch SIV bei Affen gibt, dann gibt es sie seit mehreren 10.000 Jahren und nicht erst seit 1930. Wie haben die Affen das überlebt? Und was ist mit den Vorfahren der heutigen Menschen, die damals diese Affen verzehrt haben?

Inzwischen glaubt man auf molekularer Ebene eine Erklärung dafür gefunden zu haben, dass Affen immer noch kein AIDS kriegen. Vgl.

  • Warren et al., “A glycan shield on chimpanzee CD4 protects against infection by primate lentiviruses (HIV/SIV).”, Proc Natl Acad Sci U S A. 2019 Jun 4;116(23):11460-11469, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31113887

und

Diese Arbeiten sind insofern bemerkenswert, als dass sie das bestätigen, was Kritiker des HIV=AIDS Dogmas seit 30 Jahren sagen. Aber, die sogenannte Wissenschaft steht nun vor dem Problem noch so viel Platz zu lassen, dass es noch für die Virushypothese von AIDS beim Menschen reicht. Es ist wichtig, diese Arbeiten in dem Kontext früherer Arbeiten zu sehen, denn es gab nie einen Beweis, dass Affen durch SIV am AID Syndrom erkranken können.

Beatrice Hahn (Co-Autor in Bibollet-Ruche  et al.) war die letzten 25 Jahre die Referenz für angebliches AIDS bei Affen und die Zoonose von SIV, also der Sprung vom Affen (SI Virus) auf den Menschen (HI Virus).

Welt-Aids-Tag PHOTO DU JOUR DU MERCREDI 1. DEZEMBER 2021.jpg

Die CD4 Zellen beim Affen wären sogar durch 2 Mechanismen vor dem Eindringen von SI Viren geschützt, einmal durch Glykolysierung des Rezeptors und zum anderen durch die Variabilität des CD4 Rezeptors. Wo ist überhaupt noch Platz für die  Virushypothese des Simian AIDS (SIV induziertes AIDS beim Affen)?

Da Affen kein AIDS kriegen, darf es keine Infektion geben. Da es aber SIV bei Affen gibt, müssen die CD4 Zellen, die bei AIDS zerstört werden sollen, zwangsläufig vor der Infektion mit dem mutmaßlichen Auslöser, SIV, geschützt sein.  Etwas anderes ist nach der Virus-Hypothese von AIDS nicht möglich, denn nach dem Eindringen soll der Virus die CD4 Zelle töten. Offen bleibt dabei in beiden Arbeiten, wie sich der SI Virus in dem Wirt vermehren soll, wenn er nicht in die Zellen eindringen kann. Und SIV vermehrt sich bei Affen, allerdings ohne CD4 Zellen zu töten.

Es war schon immer reines Wunschdenken, AIDS beim Affen zu unterstellen. Man brauchte einen tödlichen Virus bei Affen, damit die Zoonose-Theorie von HIV Sinn ergibt. Nämlich, aus dem tödlichen SIV beim Affen sei nun, um 1930 herum, der tödliche HIV Virus beim Menschen geworden. Aufgrund der engen genetischen Verwandtschaft von Menschen und Schimpansen ist das wesentlich plausibler, als wenn aus dem harmlosen SIV nun das tödliche HIV geworden wäre. Allein, es gab nie eine Pandemie bei Affen, auch nicht bei Schimpansen, die tatsächlich durch viele Faktoren bedroht sind, außer durch SIV.

Aber so konnte man sich die Daten zusammensuchen und danach alle anderen Faktoren, außer SIV, ignorieren. Das wird im Zusammenhang deutlich. Vgl. dazu eine Untersuchung von Hahn und Mitarbeiter von 2009 aus dem Gombe Nationalpark in Tanzania,

Diese Arbeit untersuchte den Stuhl und das Urin von Schimpansen der Unterart Pan trogylodytes schweinfurthii auf SIVcpz. Das ist eine der Unterarten, die durch die Diversität der CD4 Zellrezeptoren geschützt ist, wie Bibollet-Ruche et al. 2019 feststellten. Vgl. ebenda,

„One CD4 polymorphism that potently inhibits SIVcpzPts [SIVcpz bei Pan trogylodytes schweinfurthii] strains in vitro is the R25 substitution (Fig. 3). Despite screening over 500 chimpanzees, this polymorphism was found only in chimpanzees from Gombe National Park.”

Es fand bei Keele et al. (2009) keine Anamnese (Untersuchung) des Gesamtzustandes des einzelnen Affen statt, auch nicht zu den insgesamt vorhandenen Infektionen. Man fokussierte sich allein auf SIV.

Keele et al. (2009) ist die wesentliche Arbeit, die  belegen soll, dass Affen durch eine SIV Infektion an AIDS erkranken können. Damals haben Keele et al. aus 7 SIV+ gemessenen Schimpansen, die in 9 Jahren verschwanden oder starben, eine tödliche Epidemie bei Affen postuliert, vgl. ebenda,

“For this analysis, only Kasekela and Mitumba chimpanzees of known SIVcpz infection status were included. During the 9-year observation period, 7 of 17 infected and 11 of 77 uninfected chimpanzees died or disappeared.”

Auf diesen 7 Affen baut die ganz Theorie auf. Dabei wurden AIDS-ähnliche Symptome unterstellt, die u.a.  auf einer Analyse der CD4 Zellenzahl beruhte. Dieser Biomarker ist hochgradig fehleranfällig, da fast alle klassischen Infektionen bei Primaten zu einer Verringerung der CD4 Zellenzahl führen, einschließlich Sonnenbrand und der AIDS definierenden Tuberkulose beim Menschen.

Was in der Regel nicht zitiert wird, sind die Ergebnisse der weiteren Beobachtung der Schimpansen im Gombe National Park in Tanzania. Diese ergab, dass die Schimpansen unter starkem Parasitenbefall litten. Beatrice Hahn und Brandon Keele sind Co-Autoren dieser Arbeit.

„All of the chimpanzees greater than 1 yr of age had intestinal and mesenteric parasitic granulomas associated with true strongyles consistent with Oesophagostomum spp.”

“All SIVcpz-infected chimpanzees were infected with moderate to numerous Oesophagostomum spp.”

“In contrast to previous reports and demographic surveys of chimpanzees from Gombe and other locations, disease was an uncommon cause of death in this survey and no morbidity or mortality could be attributed to an anthropozoonotic disease in these chimpanzees.”

Die überwiegende Mehrzahl der Affen stirbt nicht an einer Krankheit und eine Abnahme der CD4 Zellenzahl ist symptomatisch für eine chronische Infektion durch Parasitenbefall, der auch beim Menschen in Afrika sehr häufig ist.

Unter dem Strich ist die Arbeit von Keele et al. eine reine Mutmaßung. Man liest sich aus den Daten was man braucht, ignoriert alles andere und verweigert dann die Diskussion.

Jedoch alles, was im Sinne der aktuellen Konsenstheorie behauptet wird, wird als richtig postuliert und darf publiziert werden.  Damit wird es dann zur Wissenschaft.

Mit Hinweis auf einen (1) Affen in Gefangenschaft, der 20 Jahren nach der Infektion krank wird, versuchen Hahn und Mitarbeiter weiterhin die Zoonose-Hypothese eines slow virus künstlich am Leben zu halten, vgl.

“Here, we report progressive immunodeficiency and clinical disease in captive western chimpanzee (P. t. verus) infected twenty years ago by intrarectal inoculation with an SIVcpz strain (ANT) from a wild-caught eastern chimpanzee (P. t. schweinfurthii).”

In Summe sind die Behauptungen absurd. Es gibt keinerlei Beleg, dass Affen in Afrika an demselben AID Syndrom erkranken können, wie es bei den schwer drogenabhängigen und multipel mit Geschlechtskrankheiten infizierten Homosexuellen Anfang der 1980er Jahre in den USA auftrat. Aber es ist nicht diskutierbar. Wer es versucht, sieht sich unsäglichen persönlichen Angriffen ausgesetzt.

Gedenktafel zum Welt-Aids-Tag, Liverpool (2). JPG-Datei

Jeder(!) HIV+ gemessene Mensch  soll laut WHO und UNAIDS so schnell und so intensiv wie möglich mit schwersten Zellgiften therapiert werden („hit hard and early“). Die schweren Nebenwirkungen der antiretroviralen Therapie (ART) stimmen 1:1 mit den sogenannten HIV related diseases überein, in Abgrenzung zu opportunistischen Infektionen, die nach 15+ Jahren als AID Syndrom auftreten sollen (slow virus).

Erst wenn man soweit Abstand gefunden hat, dass man wieder zwischen HIV und AIDS unterscheiden kann, ist man in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen. Und dabei gibt es eine ganz klare Richtung, nämlich die Fragen gehen an die Wissenschaft.

Dabei ist es nicht notwendig, dass man sofort die fertige Theorie liefert, wenn man das HIV=AIDS Dogma, 38 Jahre nach der Verkündigung der Virushypothese des AID Syndroms 1984 in einer Pressekonferenz, kritisiert. Es ist die Aufgabe der sogenannten Wissenschaft, die enormen Widersprüche in ihrer eigenen Theorie aufzuklären. Eine ethische Wissenschaft wird sich ernsthaften Fragen nicht verweigern. Nur von einer ethischen Wissenschaft sind wir eben weit entfernt. Man darf sich nicht von farbenfrohen 3D Graphiken zu unterstellten Molekülstrukturen und unbelegten Spekulationen auf der molekularen Ebene beeindrucken lassen. Es sind die einfachen Fragen, die die Wissenschaft nicht beantworten kann, siehe oben. Molekularbiologische Phantasien liefern keine Beweise und sie gehen zu Lasten der Betroffenen, die weiterhin mit schweren Zellgiften den Rest ihres Lebens behandelt werden sollen.

Es ist zulässig darauf zu verweisen, dass die einfachste Hypothese, die mit den wenigsten Annahmen auskommt, in der Regel die Richtige ist. Affen nehmen keine Drogen, weder Kokain noch Amylnitrite („Poppers“). Deshalb gibt es bei Affen auch kein AID Syndrom.

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Grafikquellen          :

Oben     —     Die drei weisen Affen als Symbol des Tabus

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Ein Skandal ohne Ende

Erstellt von Redaktion am 19. August 2022

Privatisierte Uni-Spitäler

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von     :     Bernd Hontschik /   

Im Land Hessen hatten CDU und FDP Investitionen gescheut und eine Spitalgruppe an einen Konzern verschachert. Jetzt wird’s teuer.

Red. Der Autor dieser Kolumne, Bernd Hontschik, ist Chirurg und Publizist.

Über den Verkauf der Universitätskliniken Marburg und Giessen (heute 86 Spitäler und Institute mit 11’000 Mitarbeitenden) an den börsennotierten Konzern Rhön-Klinikum AG (Umsatz 2011: 1,4 Milliarden Euro) ist in den vergangenen sechzehn Jahren eigentlich schon alles gesagt worden. Vorher hatte die Hessische Landesregierung ihre gesetzlichen Verpflichtungen der Krankenhausfinanzierung jahrelang und so lange ignoriert, bis die Kliniken in ihrer Bausubstanz soweit heruntergekommen waren, dass CDU und FDP sie für den Spottpreis von 116 Millionen Euro an den Rhön-Konzern verkaufen konnten, der seinen Aktionären seitdem zehn Prozent Rendite zukommen lässt. Die Landesregierung unter Roland Koch brüstete sich lauthals, den Landeshaushalt von der millionenschweren Last notwendiger Investitionen und Unterhaltskosten befreit zu haben. Was dem ärztlichen und pflegerischen Personal damit angetan wurde, interessierte nicht. Was das für die Medizin bedeutete, interessierte auch nicht. Heute wissen wir aber, dass alles sowieso ganz anders gekommen ist. Denn niemand weiss ja, was in dem Kaufvertrag von 2006 eigentlich vereinbart worden ist. Der Vertragstext ist nach wie vor geheim. Warum ist dieser Vertrag wohl geheim? Misstrauen ist angesagt.

Bernd Hontschik

Versprechungen wurden nicht eingehalten, vertraglich Vereinbartes gekündigtDruckversuche ausgeübt und die Öffentlichkeit immer wieder getäuscht, aber das Schlimmste ist: Seitdem lässt sich jede Hessische Landesregierung am Nasenring durch die Manege führen. Nicht einen einzigen Euro hat der Verkauf der Universitätskliniken erspart, im Gegenteil. Vor kurzem hat die Hessische Landesregierung sogar eine halbe Milliarde Euro für den Konzern locker gemacht, um die privatisierten Universitätskliniken «zu fördern»!

Weniger Forschung und hohe Ausschüttungen an Aktionäre

Red. Auf der Wikipedia-Seite über die privatisierten Universitätsspitäler ist folgende Anmerkung zu finden:
Der Autor und Journalist Werner Rügemer kritisierte in einer Analyse der Privatisierung, dass sich die Arbeitsbedingungen im Klinikum verschlechterten, weniger Geld in Forschung investiert werde, der Unterricht für Medizinstudenten regelmässig ausfällt und die Anzahl der Doktorarbeiten rückläufig ist. Gleichzeitig wurden im Zeitraum von 2015 bis 2019 insgesamt 278,2 Millionen Euro an die Aktionäre ausgeschüttet. Hinzu kamen 10 Millionen Euro an Aufsichtsratsmitglieder, der doppelte Betrag an aktive und ehemalige Vorstände sowie 6 Millionen Euro an das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PricewaterhouseCoopers.

Und in der ganzen langen Reihe von Tricks und Täuschungen ist aktuell nun die Partikeltherapie an der Reihe. Die Partikeltherapie war 2006 eine der grossen und gross angekündigten Versprechungen des Rhön-Konzerns, um die Vorteile der Privatisierung der Unikliniken anzupreisen. Bei der Partikeltherapie handelt es sich um eine Sonderform der Strahlentherapie zur Behandlung bösartiger Tumoren. Zur Anwendung kommen positive Ionen. Grosse Hoffnungen ruhen auf ihr. Die Partikeltherapie ist mit einem hohen technischen und apparativen Aufwand verbunden und der konventionellen Strahlentherapie überlegen, denn nicht nur das Bestrahlungsfeld lässt sich punktgenau konfigurieren, sondern auch die Bestrahlungstiefe. In Deutschland gibt es bislang nur zwei Zentren, die diese Therapie anwenden können, in Heidelberg und eben in Marburg.

Auszug aus der Wikipedia: Von Juli 2001 bis Juni 2013 war er Mitglied des Aufsichtsrats der Rhön-Klinikum AG. Hierbei geriet er in die Kritik, da der Rhön-Klinikum AG 2013 die Ausbeutung der Putzkräfte und Unterlaufen des Mindestlohns vorgeworfen wurde, in der Zeit, in der Lauterbach im Aufsichtsrat saß.[80] Er gab den Posten im Juni 2013 im Zusammenhang mit seiner Berufung in das Kompetenzteam von Peer Steinbrück für die Bundestagswahl 2013 ab.[81]

Und nun verkündet Christian Höftberger, der Vorstandsvorsitzende der Rhön-Klinikum AG, dass diese Technik in Marburg «an ihr Ende kommen wird, weil sie anscheinend zu komplex ist». Eingeweihte wissen natürlich, dass diese technischen Argumente nur vorgeschoben sind, um die betriebswirtschaftliche Logik der Argumentation zu verschleiern. Die Technik sei zu teuer, zu aufwändig und nicht rentabel. Und so ist die Partikeltherapie in Marburg ein eklatantes Beispiel dafür, was mit der Medizin passiert, wenn sie rote Zahlen schreibt: Sie wird gestrichen, geschlossen und eingestellt. Ein Versorgungsauftrag oder die Gesundheit der Betroffenen sind dabei gleichgültig.

Was hier geschieht, ist nicht verboten. Es folgt der einfachen Logik jedes Unternehmens: Kosten senken, Einnahmen steigern, Gewinne ausschütten. Ob das Klopapier, Elektroautos oder Gesundheitsleistungen sind, ist dem Kapital gleichgültig, Hauptsache es vermehrt sich. Wenn Krankenhäuser in Konzernbesitz geführt werden wie jedes andere Unternehmen, dann hat die Medizin abgedankt. Es gibt nur einen Ausweg, und das ist die Gemeinnützigkeit. koste es, was es wolle.

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Diese Kolumne erschien am 13. August in der «Frankfurter Rundschau».

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Oben      —    Universitätsklinikum Marburg

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Rumrenner ohne Ansagen

Erstellt von Redaktion am 19. August 2022

TV-Moderator Plasberg hört auf

Nehmen nicht alle Talk-Shows den gleichen Verlauf, da niemand über Lügen und Betrügen in der Politik fragt?

Von Steffen Grimberg

TV-Moderator Plasberg hört auf. Moderator Frank Plasberg macht Schluss bei „Hart aber fair“ und geht in Rente. Tatsächlich? Schade wäre das – und Jobs gibt es ja gerade.

Gefühlt hat Frank Plasberg noch Jahrzehnte vor sich. Aber bei Wikipedia steht’s schwarz auf weiß: Der Kerl ist tatsächlich schon 65. Und „Hart aber fair“ läuft auch schon seit über zwei Jahrzehnten.

Als die Sache anno 2001 startete, hieß der ARD-Polittalk noch „Sabine Christiansen“. Davor hatte „Talk im Turm“ im Privatsender Sat.1 den lässigen TV-Austausch mit der Politik salonfähig gemacht. Die ARD schaffte das Kunststück, das Konzept fast eins zu eins zu klauen und gleichzeitig das Niveau zu senken. Jetzt sind sie nach einem absoluten Tiefpunkt namens „Günther Jauch“ bei „Anne Will“ angekommen. „Das hast du jetzt aber hart und gar nicht fair formuliert“, sagt die Mitbewohnerin.

Heute heißen alle Polittalks nach ihren Macher*innen. Nur Plasberg blieb stoisch bei „Hart aber fair“, obwohl er wie alle Politmoderatoren natürlich auch ein eitler Sack ist. Das liegt vermutlich an Jürgen Schulte, dem Regisseur und „Schnipselmann“, mit dem „Ansager“ Plasberg die Sendung erfunden hat und bis heute macht. Schulte sorgt für Bodenhaftung und die Einspielfilme, mit denen 2001 „Hart aber fair“ so richtig neu war.

Außerdem fragt Plasberg anders, schärfer und meistens immer noch interessanter als der Rest. Beim Start im WDR-Dritten war „Hart aber fair“ satte 90 Minuten lang und bezog von Anfang an die Zuschauerschaft mit ihren Fragen und Kommentaren ein. Dabei gab’s weder Twitter noch Facebook. „Man kann eben auch in der Regionalliga Bundesliga versuchen“, war Plasbergs Motto. Und plötzlich guckten in der Regionalliga eine Million zu. 2005 wurde Plasberg und Schulte der WDR-Byzantinismus zu bunt, sie gründeten ihre Produktionsfirma „Ansager und Schnipselmann“. Da hätten sie schon längst ins Erste gehört.

Keinen Bock auf Plasberg

Quelle       :        TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Frank Plasberg, deutscher Journalist und Fernsehmoderator. Foto nach der Aufzeichnung von Hart aber fair, eine Fernsehsendung des Westdeutschen Rundfunks

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DL – Tagesticker 19.08.2022

Erstellt von Redaktion am 19. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Wie ehrlich ist Olaf Scholz im Cum-Ex-Skandal ?  – . –  2.) Der Bonus, den es angeblich nie gab  – . –   3.) Der Gas-Preis bleibt heiß  – . –  4.) Holocaust-Äußerung von Mahmud Abbas  – . –  5.) Ex-Minister Gerhart Baum kritisiert seine FDP   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Nahmen Politiker-Innen nicht schon immer das Recht für sich in Anspruch alles das zu machen, was sie ihrem Volk zuvor Verboten hatten?  Etwa wie Demos, Spaziergänge, vor den Häusern der Bewohner usw. usw.? Wenn die Bürger-Innen den Anordnungen nicht Folge leisteten wurden die Uniformierten Garden von der Leine gelassen, welche auf Pfiff -Schlägertruppen gleich – Anordnungen per Gewalt durch setzten, welche sogar vor Mordtaten nicht zurück schreckten.

Am Freitag muss der deutsche Bundeskanzler vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zu dem Steuerskandal aussagen. Bis jetzt leugnet er eine politische Einflussnahme. Viel deutet jedoch darauf hin, dass es sie gab. Ein Überblick.

1.) Wie ehrlich ist Olaf Scholz im Cum-Ex-Skandal ?

Ein Schliessfach voller Geld. Das ist so konkret und plastisch, das versteht jeder. Es erinnert an einen Krimi. Das Schliessfach gehört dem SPD-Politiker Johannes Kahrs, einer schillernden Figur, bestens vernetzt, einflussreicher Haushaltspolitiker im Bundestag, Jahrzehnte mit Strippenziehen beschäftigt – und dann im Mai 2020 ganz plötzlich von allen Ämtern zurückgetreten und rätselhaft abgetaucht. Das Schliessfach brachte den Cum-Ex-Steuerskandal wieder zurück ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, und das gefällt dem deutschen Bundeskanzler gar nicht. Er wird den Makel einfach nicht los. An diesem Freitag muss Olaf Scholz zum zweiten Mal vor dem Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft, dem Hamburger Landesparlament, aussagen. Beim letzten Mal hatte er sich auf «Erinnerungslücken» berufen. Inzwischen gibt es aber weitere Ermittlungsergebnisse, die Scholz in Bedrängnis bringen könnten. Worum geht es? Cum-Ex ist einer der grössten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. In den Jahren 2007 bis 2011 prellten die Beteiligten den Staat dank einer Lücke im Gesetz um Steuern in Milliardenhöhe, indem sie rund um den Dividendenstichtag Aktien mit («cum») und ohne («ex») Ausschüttungsanspruch hin und her schoben. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragssteuern, die gar nicht gezahlt worden waren, und das teilweise mehrfach. Das Steuerschlupfloch wurde 2012 geschlossen.

NZZ-online

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Mit den Steuergeldern ihrer Bevölkerung konnte die Politik noch nie umgehen. Darum verkraftet ein Staat auch spielend einen gelernten Hausmeister als Finanzminister. In der Politik – und das sehen wir hier einmal mehr in aller Deutlichkeit – werden ganz andere Fähigkeiten verlangt. Da geht es nur darum die Clans ihrer Parteien bei der Stange zu halten. Hauptsache, sie folgen den Anweisungen von Oben. Dann ist alles egal – Scheißegal, sei es in den Behörden, Kranken, Lebens, oder sonstige staatl. Institutionen.

Der RBB hat Gehälter und „leistungsorientierte Vergütungen“ an der Senderspitze offengelegt. Über die Hintergründe des Systems, das es nicht mehr lange geben soll. Hagen Brandstäter, geschäftsführender Intendant des RBB, kennt kein Bonussystem im RBB, schafft es jetzt aber ab!

2.) Der Bonus, den es angeblich nie gab

Variable Gehaltsanteile – so wollte Hagen Brandstäter das verstanden wissen, was man gemeinhin einfach Bonus nennen würde. Prämie, Sonderzahlung, Geld jedenfalls, das man für besondere Leistungen zusätzlich zum Gehalt erhält. Patricia Schlesinger bekam es, so wie insgesamt 27 in der RBB-Führung. Die Geschäftsleitung und einige Abteilungsleiter wären so an der Erreichung bestimmter Unternehmensziele gemessen worden, erklärte der amtierende Intendant Brandstäter am Dienstag im Brandenburger Landtag. Ein Bonussystem aber habe es im RBB nicht gegeben, darauf beharrte er. Nur einen Tag später veröffentlichte die Geschäftsleitung des RBB gegenüber der Belegschaft die Gehälter in der Senderspitze. Nicht nur die Grundgehälter, sondern auch die „leistungsorientierten Vergütungen“, so viel Bemäntelung musste offenbar noch sein. Wie bei RBB24, der Nachrichtenseite des Senders, nachzulesen ist, erhält der Verwaltungsdirektor des Senders, der nun amtierende Intendant Brandstäter, 230 000 Euro Grundvergütung – und mehr als 30 000 leistungsorientierten Zusatz. Die Juristische Direktorin und der Produktions- und Betriebsdirektor erhalten knapp unter 200 000 Euro Grundgehalt und etwa 39 000 beziehungsweise 38 000 dazu. Der Programmdirektor, Jan Schulte-Kellinghaus, verdient 215 000 Euro, „leistungsorientiert“ kommen knapp 31000 Euro hinzu. Die Personalie, für die sich Belegschaft und Öffentlichkeit am brennendsten interessieren, fehlt: Patricia Schlesinger.

Süddeutsche-Zeitung-online

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Hieß es nicht immer schon in der Politik: Rechte Tasche – Linke Tasche und dann das Maul weit auf – heraus kommt nichts als Hühnerkacke in Form der Scholzigen Sprachakrobatik. 

Geringere Mehrwertsteuer auf Gas. Die Ankündigung des Kanzlers ist nur ein Anfang. Der anstehende Winter könnte ziemlich kalt werden – nicht im übertragenen Sinn, sondern ganz real.

3.) Der Gas-Preis bleibt heiß

Er kann es also doch. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich am Donnerstag kurz ins Fernsehen gestellt und dem Volk da draußen die größten Sorgen genommen. Die Mehrwertsteuer auf Gas wird ab Oktober zeitlich befristet von 19 auf 7 Prozent abgesenkt. Aber mal abgesehen davon, dass kaum nachvollziehbar ist, wieso den Ver­brau­cher-in­nen erst eine Gasumlage aufgebrummt wird, die dann per Steuersenkung wieder ausgeglichen wird, anstatt das Geld direkt an die klammen Gasimporteure zu geben: Ist jetzt wenigstens für die Ver­brauch­er-innen wieder alles gut? Leider nein. Denn Gas wird nicht wieder billiger. Es wird nur etwas weniger teurer. Viele müssen aktuell bereits durch Schreiben ihres Energieversorgers erfahren, dass sich die Kosten locker mal vervierfachen. Wer bisher beispielsweise 100 Euro im Monat für Heizung und Herd verbrennt, wird bald schon rund viermal so viel zahlen müssen. Die Steuerdämpfung von Scholz mildert das etwas ab. Statt 400 muss man nur mit 360 Euro im Monat rechnen. Für viele wird das immer noch unbezahlbar bleiben. Zu Recht wird daher schon ein heißer Herbst befürchtet. Mit heftigen Protesten und vermutlich mit „Scholz muss weg!“-Plakaten. Man muss hoffen, dass sich eine stabile, schlüssig argumentierende Bewegung von links bildet, die den berechtigten Unmut auffängt – und nicht einer extremen Rechten überlässt.

TAZ-online

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Hatte nicht Merkel die „Nazi – onale Staatsräson“ einst Hoffähig gemacht, welcher nun natürlich jeder Erbprinz im gleichen Geist folgen muss? Nur so, dem gleichen Duktus folgend, wird es nie gelingen seinem Volk in Aufklärender Weise zu Dienen, was auch wohl von der Politik nicht gewünscht wird. Als sich selbst laizistisch gebender Staat sollte dieser aber die Trennung zwischen den Religionen und seinen Staaten nicht noch mit groben Fahrlässigkeiten unterstützen. 

Worauf die Kritik an Olaf Scholz zielt. Mit seiner Holocaust-Äußerung hat Mahmud Abbas für einen Skandal gesorgt. In der Aufregung und der Kritik an Olaf Scholz geht unter, wie viel Sprengstoff in seinen anderen Statements liegen.

4.) Holocaust-Äußerung von Mahmud Abbas: 

Normalerweise gilt der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, kaum als provokant. Als er jedoch vergangenen Dienstag, am Ende der Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz, „50 Massaker, 50 Holocausts“ erwähnte, die Israel seit 1947 in palästinensischen Orten verübt hätte, lieferte er damit vielen – einschließlich der Medien – ein willkommenes Skandalon, um der Diskussion über die eigentlichen Äußerungen aus dem Weg zu gehen. Abbas bedankte sich mehrfach überschwänglich für die humanitäre Hilfe, die Deutschland den Palästinensern zukommen lässt, und dafür, dass die deutsche Regierung an ihrer Politik der Verurteilung des Siedlungsbaus und der Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 festhalte. Scholz bestätigte in seinen Statements, dass seine Regierung in diesen Punkten die Kontinuität langjähriger deutscher Politik fortsetze. Übereinstimmung herrschte auch im Bekenntnis zu einer nur in Verhandlungen zu erreichenden Friedenslösung. Gewaltfreiheit sei der wichtigste Pfeiler der Politik seiner Regierung, betonte Abbas mehrfach – ebenfalls überschwänglich. Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde ging so weit, indirekt sogar die Möglichkeit einer Ein-Staaten-Lösung mit gleichen Rechten für Palästinenser und Israelis einzuräumen, von der freilich nicht zu erwarten sei, dass Israel sie in dieser Form akzeptieren würde. Da zur Zeit nur ein Apartheid-Staat in Aussicht stehe, bliebe den Palästinensern nichts anderes übrig, als einen eigenen zweiten Staat anzustreben. Vom Begriff der Apartheid distanzierte sich Scholz im Namen der deutschen Israel-Politik. Hamas bereitet sich auf eine politische Rolle vor. Mahmud Abbas sprach auch von der Vorbereitung der von Scholz angemahnten palästinensischen Wahlen. Unerwähnt blieb, dass die Palästinenser diesen Wahlen durch die im Juli in Algier besiegelte Versöhnung von Fatah und Hamas einen wichtigen Schritt näher gekommen sind . Ein weiteres Indiz dafür, dass sich Hamas auf eine in erster Linie politische Rolle vorbereitet, war ihre Zurückhaltung bei dem Schlagabtausch zwischen Israel und den Palästinensergebieten Anfang August. Allerdings wird das Abhalten von palästinensischen Wahlen auch von Israel behindert, weil es der Teilnahme der Bürger des annektierten Ostjerusalem nicht zustimmt.

Freitag-online

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Das ist Politik wie sie Leibt und lebt. Mit den Jahren wächst auch der Verstand. So sprich Tacheles mit den Hausmeister und lehre ihm die Sitten:  Trete ihn in den Allerwertesten  und fahre mit ihm Schlitten !

»Nein-Sager-Partei«. Der frühere Bundesinnenminister der FDP traut seiner Partei nicht zu, die Klimakrise zu bekämpfen. Lob hat er für einen Grünen übrig.

5.) Ex-Minister Gerhart Baum kritisiert seine FDP

Es ist nicht das erste Mal, dass FDP-Urgestein Gerhart Baum deutliche Worte für die Liberalen findet: In einem Interview hat sich der ehemalige Innenminister über das Verhalten der FDP in der Klimakrise geärgert und sich für ein Tempolimit auf Autobahnen ausgesprochen. »Die FDP tritt immer als Nein-Sager-Partei auf«, sagte er dem am Freitag erschienen Podcast »Die Wochentester« des »Kölner Stadt-Anzeigers« und des Redaktionsnetzwerks Deutschland. »Traut man ihr wirklich zu, den Klimawandel zu bekämpfen? Ich hätte längst auf den Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung gemacht.« Der 89-jährige frühere Bundesinnenminister (1978–1982) lobte dagegen ausgerechnet einen Grünenpolitiker: »Die Position, die Herr Habeck einnimmt, vermisse ich bei der FDP. Es ist mir alles zu kalt und zu rational«, sagte er. »Ich habe eine gewisse Skepsis gegenüber der Haltung der FDP zum Staat. Der Staat ist nicht böse. Er hat wichtige Aufgaben«, kritisierte der frühere Spitzenpolitiker seine eigene Partei weiter.  Baum gilt als einer der profiliertesten Verfechter des linksliberalen Flügels seiner Partei. Er hatte kürzlich bereits den Coronakurs der aktuellen FDP-Parteiführung scharf kritisiert. Nach den für die FDP dürftigen Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hatte Baum der Partei teils Verantwortungslosigkeit vorgeworfen.

Spiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Stolz in Westafrika

Erstellt von Redaktion am 18. August 2022

Die Rückgabe kostbarer geraubter Kunst wird eingefordert.

Von Katrin Gänsler

Denkmäler von Helden und Heldinnen, die gegen die Kolonialmächte kämpften, werden enthüllt. Benin und andere Länder entwickeln ein neues Selbst­bewusstsein, das an die Zeit vor der Kolonialisierung anknüpft.

Fast hätte es geklappt. Wäre Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wenige Tage später in Benins Wirtschaftsmetropole Cotonou gereist, hätte er zum 62. Unabhängigkeitstag am 1. August an der Einweihung mehrerer Denkmäler teilnehmen können. Zwei sind ungewöhnlich symbolträchtig und zeigen: Gerade Benin, aber auch weitere Länder in der Region entwickeln ein neues Selbstbewusstsein, das an die Phase vor der Kolonialisierung anknüpft.

Wer nun in Cotonou landet, wird direkt am Flughafen von Bio Guéra begrüßt. Der 1856 geborene Krieger thront auf einem sich aufbäumenden Pferd. Mit einem Reiterstandbild wie das für Kaiser Wilhelm in Düsseldorf oder König Johann in Dresden hat das wenig gemeinsam. Bio Guéra – insgesamt ist die Statue aus Stahl und Gusseisen zehn Meter hoch – ist dynamisch und hat einen entschlossenen Gesichtsausdruck. Seit 1975 gilt er als Nationalheld, hat er doch gegen französische Truppen gekämpft, die nach mehreren Kriegen Ende des 19. Jahrhunderts das einstige Königreich Dahomey – es umfasst heute rund 20 Prozent der Staatsfläche von Benin – zu einem Teil von Französisch-Westafrika machten.

Wie 16 weitere Kolonien in Afrika auch wurde es erst 1960 unabhängig. Mit der Ehrung des Antikolonialismuskämpfers macht Benins Regierung unter Patrice Talon deutlich: Die Verteidigung von Freiheit und Souveränität sei ein „edles Anliegen“. Die Statue stehe für „Mut, Würde und Integrität“.

Eingeweiht ist auch die überlebensgroße, beeindruckende 30 Meter hohe Amazone, die in unmittelbarer Nähe des Hafens und des Präsidentenpalastes steht. Die Stahlkonstruktion mit Bronzeüberzug, die vor zwei Jahren aufgestellt wurde, war seitdem verhüllt. Sie erinnert an Soldatinnen, die auf Fon, der im Süden Benins am meisten gesprochenen Sprache, auch Minons – Mütter – oder Agoodjié genannt wurden. Dahomey-Herrscherin Tassi Hangbé gründete Anfang des 18. Jahrhunderts die weibliche Armee, der zwischenzeitlich bis zu 5.000 Kämpferinnen angehörten. Auch die Kriegerinnen bekämpften zum Schluss die französischen Streitkräfte.

Die Amazone, so betonte Präsident Talon bei der Einweihung, sei das Symbol der „beninischen Frau von heute und morgen“ sowie ein Zeichen des Patriotismus. Diese Faszination hat sogar Hollywood erreicht. Im September kommt der Film „The Woman King“ in die Kinos, der erzählt, wie die Frauen das Königreich Dahomey verteidigt haben.

Zum neuen Selbstbewusstsein trägt auch die Debatte über die Rückgabe der Raubkunst bei. In Cotonou sind zum zweiten Mal 26 Artefakte ausgestellt, die französische Truppen im zweiten Dahomey-Krieg von 1892 bis 1894 raubten und die Frankreich im vergangenen Jahr an Benin zurückgab. Franck Ogou, Direktor der Schule für afrikanisches Kulturerbe (EPA) in der Hauptstadt Porto Novo, wertet das als wichtiges Zeichen: „Wir alle können heute sagen: Afrika gehört zur Weltgeschichte.“ Der Kontinent wurde lange als „geschichtslos“ abgetan.

Meinungen des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Afrika habe „keine Bewegung und Entwicklung aufzuweisen“, haben sich jahrhundertelang gehalten. Die Kunstwerke aus den Palästen des Königreichs Dahomey widerlegen das.

Noch deutlicher machen das die Benin-Bronzen, die aus dem einstigen Königreich Benin, das im heutigen Nigeria liegt, stammen. Jahrelang wurde über die Rückgabe der 3.000 bis 5.000 Kunstgegenstände, die in zahlreichen Museen sowie Universitäten und Sammlungen in Europa und den USA lagern, erfolglos verhandelt. Erst Frankreichs Ankündigung, Kulturgüter zu restituieren, brachte Dynamik in die Gespräche, und mit einem Mal wurde deutlich, welch immenser Wert die 1897 von britischen Truppen geraubten Artefakte haben. Nigeria wird gerade nicht mehr nur als Land wahrgenommen, in dem Terrorgruppen Angriffe verüben und multinationale Ölfirmen für Umweltzerstörung verantwortlich sind, sondern als Heimat extrem wertvoller Bronzen, für die sich die ganze Welt interessiert.

Anders als in Benin kreiert das in Nigeria aber kein neues Selbstverständnis. Das liegt zum einen an der schieren Größe. Nigeria mit seinen 220 Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen ist es nie gelungen, eine gemeinsame Identität zu schaffen. Die Bronzen aus Benin City sind für Menschen aus Kano, Maiduguri oder Ibadan weit weg und haben kaum Bezug zur eigenen Geschichte. Zum anderen sind die Alltagsprobleme überwältigend. Jede Woche werden Dutzende Menschen gekidnappt, Terrorgruppen drängen in Richtung Hauptstadt Abuja. Mehr als 90 Millionen Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze.

Quelle       :         TAZ-online         >>>>>         weiterlesen 

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Oben     —     Liebig-Sammelbild, 6-teilige Serie „Bilder aus Afrika“ (um 1900) Familienidylle

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Das Rushdie-Attentat

Erstellt von Redaktion am 18. August 2022

Der deutsche Umgang mit Islamismus ist erbärmlich

Datei:Sir Ahmed Salman Rushdie.jpg

Auch die eigenen Religionen waren immer Auslöser der meisten Kriege in dieser Welt !

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Salman Rushdie wurde Opfer eines Islamisten, weil Irans Führung einen weltweiten Mordaufruf aussprach, noch bevor der Täter geboren wurde. In Deutschland aber verharmlosen Konservative wie Linke den Terrorstaat.

Wie kann es sein, dass die Gefahr des Islamismus noch immer von so vielen Menschen unterschätzt wird? Wird sie doch gar nicht, entgegnen irgendwelche Leute, die sicherlich bei jedem islamistischen Terroranschlag in den letzten zehn Jahren eine Kerze angezündet haben, zumindest in Gedanken. Faktisch aber ist der deutsche Umgang mit Islamismus nichts weniger als erbärmlich, wie man zum Beispiel am islamistischen Terrorstaat Iran zu erkennen vermag.

Salman Rushdie wurde Opfer eines Islamisten, weil die iranische Führung einen weltweiten Mordaufruf aussprach , bevor der Täter überhaupt geboren wurde. Der iranische Staat, der Frauen unterdrückt, Minderheiten verfolgt, Homosexuelle und Oppositionelle ermordet. Der iranische Staat, der Israel zum Erzfeind erklärt und die Auslöschung des Staates gefordert hat. Der offenbar nach der Atombombe strebt, Terror strategisch unterstützt und finanziert, zum Beispiel die palästinensische Terrororganisation Hamas.

Und trotzdem ist Deutschland nach wie vor mit viel Enthusiasmus wichtigster Handelspartner Irans in der EU. Man möchte gut miteinander zurechtkommen. Das mit der möglichen Atombombe nimmt man offenbar weniger ernst, was soll schon passieren, die Menschenrechtsverletzungen, na ja, tun andere auch. Tara Sternenrot , deutsch-iranische Aktivistin mit einem scharfen Blick für rechtsextreme wie islamistische Verwerfungen der Gegenwart, sagt im Gespräch auf die Frage nach den Gründen: »Im Hinblick darauf, dass Iran der Staat mit der zweitgrößten Erdgasreserve der Welt ist, schielt Deutschland sicherlich auch auf weitere Energiereserven. In Iran ist seit 34 Jahren offiziell Frieden – eine beachtliche, scheinbare Stabilität in dieser Region, was für künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit spricht. Der Frieden ist Fassade, der islamistische Terror reicht bis in die USA.«

Die offensichtliche Akzeptanz des Islamismus ist breit gefächert. Aber meine These wäre, dass die beiden großen politischen Richtungen in Deutschland, der Konservatismus und die Linke, jeweils eigene, spezifische Verharmlosungs- und Veregalungsstrategien entwickelt haben. Die schlichte, konservative Variante der Islamismus-Akzeptanz besteht meiner Vermutung nach aus einer Mischung aus Egoismus und Rassismus. Das heißt nicht, dass sämtliche Konservative so sind – nur diejenigen, die beim Islamismus so bereitwillig wegsehen.

Der Egoismus flüstert ihnen ein: Hauptsache es herrscht Stabilität, dann sind Investitionen und Handelspartnerschaften sicher und wir können allerbeste Geschäfte machen, irgendwie muss der Titel »Exportweltmeister« ja zurück in deutsche Hände gelangen. Und ihr Rassismus bewirkt, dass sie sich nicht wirklich für »diese Leute« interessieren. Irgendjemand wird unterdrückt, verfolgt, ermordet? Ach, bei »denen« ist das doch an der Tagesordnung, kein Grund, gleich Konsequenzen zu ziehen, die ersten und häufigsten Opfer von Islamismus sind ja meistens Muslime. Und eigentlich geht es uns nichts an, jedenfalls solange »die« nicht vor Europas Tür stehen. Totalitäre Regime haben diesbezüglich ja den Vorteil, dass sie ihre Leute kontrollieren. So lässt sich aus konservativer Sicht prima mit irgendwelchen islamistischen Staaten kooperieren.

Deutsche Linke dagegen haben ihre eigenen Rituale und Realitätsverbiegungen entwickelt, um Islamismus weniger schlimm finden zu können. Islamismus ähnelt dem Faschismus, er basiert auf Menschenfeindlichkeit gegen Frauen, gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten, gegen Nichtgläubige und Juden, gegen beinahe alle, deren Kampf für Menschenrechte in den letzten 150 Jahren als »links« betrachtet worden ist.

Die linke Solidarität schließt auch die Mörder von der Hamas ein

Da sollte man meinen, dass die Nähe zur Linken nicht besonders tragfähig ist. Leider ist das Gegenteil der Fall. Das kann man besonders gut im Konflikt zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas erkennen, wo linke Solidarität mühelos auch die islamistischen faschistoiden Mörder eben dieser Hamas mit einschließt. Von Links wird manchmal sogar der Kampf gegen Islamismus in den jeweiligen Ländern diskreditiert.

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Kürzlich ist in der »taz« das Meinungsstück einer Frau erschienen , die einen knalldeutschen Namen trägt. Sie verspottet die mutigen Frauen in Iran, die öffentlich ihre Zwangskopftücher ablegen und Gefängnis, Schläge und Schlimmeres riskieren. Sie spielt die dortige Unterdrückung der Frauen herunter, vergleicht den islamistischen Zwang zur Verhüllung – etwas antilinkeres kann man sich kaum vorstellen – mit dem Kopftuch katholischer Nonnen. Dann erklärt sie noch, dass in Iran ja auch Männer gewissen Kleidungszwängen unterliegen würden, und man ist dann einfach nicht mehr überrascht, dass sie selbst an Saddam Hussein noch etwas Positives findet, der habe im Irak schließlich einen, wie sie selbst in Anführungszeichen schreibt, »Staatsfeminismus« praktiziert.

Liberale muslimische, jesidische und wahrscheinlich die meisten migrantischen Aktivist*innen fühlen sich regelmäßig in ihrem Kampf gegen islamistischen Faschismus von der weißdeutschen Mehrheitsgesellschaft und eben besonders von der weißdeutschen Linken alleingelassen. Ganz zu schweigen von Juden und Jüdinnen, deren Verzweiflung mit der deutschen Islamismus- und Antisemitismus-Bräsigkeit sich dem Siedepunkt nähern dürfte. Weil islamistischer Antisemitismus, insbesondere israelbezogener Antisemitismus, in Deutschland oft achselzuckend hingenommen oder gar, zur »Israelkritik« umgedeutet, unterstützt wird.

Quelle        :         Spiegel-online      >>>>>        weiterlesen

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Beschreibung
Englisch: {
Datum 12. Februar 2008 (ursprüngliches Upload-Datum)
Quelle Übertragen von en.wikipedia nach Commons von Ali Esfandiari mit CommonsHelper.
Verfasser Der ursprüngliche Uploader war Nrbelex in der englischen Wikipedia.
Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic Lizenz.
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Unten      —       Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.

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Kriege + Verblendungen

Erstellt von Redaktion am 18. August 2022

Idealistische Verblendungen, Strukturen politischer Macht – Ungleichheit und reaktionäre Strömungen

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von        :      Oksana Dutchak    –  Übersetzung: Riot Turtle

10 furchtbare linke Argumente gegen den Widerstand in der Ukraine. Diskussionen mit einigen der (meist) westlichen Linken können äusserst schwierig sein. Einige ihrer Positionen sind entmutigend zu hören. Andere erscheinen heuchlerisch oder zynisch.

Es gibt meiner Meinung nach bestimmte Positionen, die weit von linken Prinzipien entfernt sind. Diese Punkte werden nicht immer direkt ausgesprochen, deshalb möchte ich kurz auf einige versteckte Botschaften eingehen, die den von vielen Linken vertretenen Positionen zugrunde liegen.Disclaimer #1: Ich möchte betonen, dass es auch viele Linke gibt, die eine solidarische Haltung einnehmen und mit diesen Behauptungen nichts zu tun haben wollen. Ich schreibe hier jedoch nicht über sie.

Disclaimer #2: Es ist wirklich wichtig, wie einige dieser Botschaften geäussert werden, da dies die Grenze zwischen einerseits Punkten der Besorgnis und der Diskussion und andererseits – dem zentralen Pfeiler der eigenen vorher festgelegten und bedingungslosen politischen Haltung gegen den Widerstand in der Ukraine – zieht. In diesem Text geht es um den zweiten Fall. Ich werde hier nicht auf die Feinheiten eingehen. Es handelt sich um eine polemische Stellungnahme, nicht um einen analytischen Artikel.

Disclaimer #3: Ich bin hier frustriert, wütend und daher oft sarkastisch. Und ja, ich habe das Recht, dies zu sein. Und ja, ich benutze diesen Artikel, um meine Frustration und Wut zu kanalisieren.

1. „Wenn ein anderes Land mein Land angreift, würde ich einfach fliehen“

Nun, ich habe dasselbe getan, weil ich zwei Kinder habe. Die unausgesprochene vollständige Version der Behauptung: „In einer hypothetischen Situation, die höchst unwahrscheinlich ist, die ich aber dennoch auf die Betroffenen projiziere, werde ich keinen kollektiven Widerstand gegen die Invasion unterstützen, und aufgrund dieser Projektion bin ich gegen den ukrainischen Widerstand„. Diese Behauptung wird meist von Menschen aus Ländern geäussert, die keine moderne Geschichte der Unterwerfung unter oder der Bedrohung durch eine imperiale Herrschaft haben. Aber wir befinden uns hier nicht in einem abstrakten Krieg oder in einer Version eurer Projektionen.

Es handelt sich um eine sehr konkrete imperiale Invasion, die durch eine Rhetorik der totalen Unterwerfung unterstützt wird. Manchmal erreicht sie auch die Ebene der Völkermordrhetorik. Ein Marxist sollte einen dreifachen Facepalm bekommen, wenn er hört, dass der Krieg gegen imperiale Unterdrückung es nicht wert ist, gekämpft zu werden. Wenn dir so etwas passiert, kannst du natürlich die Option wählen, keinen Widerstand zu leisten, und ich würde dich nie verurteilen, solange du deine individuelle Entscheidung nicht dazu benutzt, den kollektiven Verteidigungskampf anderer in einer strukturell völlig anderen Realität zu verurteilen.

2. „Ich würde nie für meine Regierung kämpfen“

Die unausgesprochene Vollversion der Behauptung: „1) Die Ukrainer*innen kämpfen für ihre Regierung, 2) ich denke das ohne Grund und habe diese Behauptung entweder nicht mit Ukrainer*innenn nachgeprüft oder 3) ich denke, dass die Meinung der Ukrainer*innen sowieso nicht berücksichtigt werden sollte„. Nun, ganz offensichtlich hat dieser Krieg nichts mit unserer beschissenen (wie viele andere) Regierung zu tun. Schaut euch die verdammten Meinungsumfragen an, die einige Linke so sehr mögen, wenn sie ihren Standpunkt untermauern, und die sie sofort vergessen, wenn sie ihn untergraben. Wenn dieser Krieg jemals etwas mit der ukrainischen Regierung zu tun hatte, dann hat die Regierung in dem Moment aufgehört, relevant zu sein, als die russische Propaganda massenhaft von der „Lösung der ukrainischen Frage“ und der „Entnazifizierung“ der Bevölkerung zu sprechen begann.

Der zweite Teil dieser unausgesprochenen Behauptung ist mit einer totalen Loslösung von der materiellen Realität und deren Missachtung verbunden – ein sehr materialistischer Ansatz, in der Tat. Der dritte Teil der Behauptung hat natürlich nichts mit linken Prinzipien zu tun und ist leider, wie viele andere Punkte auch, eine offensichtliche Manifestation des westzentrierten, herablassenden oder arroganten „Linksseins“.

Die wohl verblüffendsten Varianten dieser Position sind „Analysen“ des Krieges mit zahlreichen sachlichen Fehlern von Leuten, die fast nichts über die Region wissen, und Manifeste „gegen den Krieg“ ohne eine einzige ukrainische Unterschrift. Ein linker akademischer „Superstar“ zu sein, ist eine Garantie dafür, dass viele Leute Ihren Text trotz der verzweifelt beklagten materiellen Realität und der unter ihren Trümmern begrabenen menschlichen Leichen noch ernst nehmen werden.

3. „Unsere Regierung unterstützt die Ukraine, und ich kann mich niemals auf die Seite meiner Regierung stellen“.

Die unausgesprochene Botschaft dieser Behauptung lautet: „Tatsächlich unterstütze ich meine Regierung in vielen Fällen, aber ich rechtfertige meine Haltung gegen die Unterstützung des ukrainischen Widerstands und/oder verlasse mich auf Identitätspolitik anstelle von materialistischen Prinzipien, um mein Leben konform und einfach zu gestalten„.

Natürlich unterstützen diese Menschen ihre Regierungen in einigen Fällen und kritisieren und bekämpfen sie in anderen Fällen. Die Realität ist kompliziert, weisst du. Manchmal tun sogar beschissene Regierungen das Richtige, vor allem unter dem Druck des fortschrittlichen Kampfes der Bevölkerung. Das ist wie bei der Ablehnung von Migrant*innen und Geflüchteten, die die Regierung ins Land gelassen hat, weil es die Position der Regierung war. (Ich weiss, ich weiss, dass einige dies unter dem Vorwand tun, dass „sie unseren Arbeiter*innen die Arbeitsplätze wegnehmen werden“). Eine illusorische prinzipielle Opposition gegen die eigene Regierung wird einfach wieder als Rechtfertigung für die Opposition gegen den Widerstand in der Ukraine benutzt. Diese Behauptung ernsthaft zu unterstützen, bedeutet, sich auf eine Identitätspolitik zu stützen, die auf einer blinden Pauschalisierung beruht, anstatt die materielle Realität der Ukraine zu analysieren.

4. „Ukrainische und russische Arbeiter*innen sollten ihre Waffen gegen ihre eigenen Regierungen richten, anstatt sich gegenseitig zu bekämpfen“

Die unausgesprochene Botschaft lautet hier: „Ich ziehe es vor, in dieser Situation, in der mein Leben weder direkt noch indirekt bedroht ist, nichts zu tun, ich bin gegen den Widerstand in der Ukraine und möchte eine schöne, links klingende Rechtfertigung finden„. Ja, wir sollten lieber so tun, als wären wir Steine und auf eine globale proletarische Revolution warten. Nun, ich fürchte, irgendwann werden solche Leute sogar behaupten, dass es bis zur globalen Revolution keine Notwendigkeit gibt, irgendeinen sozialen Kampf zu führen (ich weiss, ich weiss, dass manche das schon fast tun). Diese Position ist jedoch (oft) die Position eines privilegierten Individuums, das ideologischen Egoismus hinter schöner Rhetorik versteckt. Sie ist auch ein Produkt des jahrelangen Rückgangs der linken Mobilisierung und der vielen reaktionären Wendungen des globalen Systems. Ein sehr guter und universeller Scheiss, wenn jemand ein Scheissbad nehmen möchte, empfehle ich genau das.

5. „Wer profitiert von diesem Krieg?“

Die unausgesprochene Botschaft lautet: „Ich weiss, dass ein Teil der kapitalistischen Eliteklasse von fast allem auf dieser Welt profitiert, weil das System so funktioniert, aber ich benutze diese Frage (die eigentlich keine Frage ist), um meine Ablehnung des ukrainischen Kampfes um Selbstbestimmung auszudrücken„. Einen solchen Kampf abzulehnen, weil die westlichen Eliten davon profitieren, ist so, als würde man einen Arbeitskampf ablehnen, weil ein kapitalistischer Konkurrent davon profitiert. Eine andere Variante dieser Behauptung ist Teil der Diskussion über die NATO-Waffen (obwohl ich natürlich weiss, dass die Diskussion komplizierter ist). Es tut mir leid, aber wir leben in einer Welt, in der es keinen fortschrittlichen Staat von der Grösse gibt, der einen Kampf dieser Grössenordnung materiell unterstützen und von seinem Sieg profitieren könnte. Es sei denn, du betrachtest andere imperiale Mächte wie China als fortschrittlich.

Datei:Chasiv Yar nach Raketenangriff am 9. Juli 2022 (22).jpg

Dieses Drecksloch ist auch ein gutes Ziel, da es sehr tief ist und viele Varianten enthalten kann. Der grösste Teil der Diskussion über die „Einflusssphären“ fällt auf die eine oder andere Weise ebenfalls in dieses Drecksloch. Diese Position ernst zu nehmen bedeutet, sich auf die Seite des reaktionären Status quo zu stellen, in dem wir seit Jahrzehnten leben. Sie geht auch oft mit der Leugnung, Abwertung oder sogar Bevorzugung des russischen (oder eines anderen nicht-westlichen) Imperialismus einher. Manchmal verbirgt sie auch alle anderen Gedanken, wie die Unterstützung eines kannibalistischen Regimes gegen den westlichen Imperialismus. Auf Seiten einiger Linker aus dem Globalen Süden kann sich dahinter die Lust auf Rache verbergen – eine Lust, die zwar weitaus verständlicher ist als die konformistische Identitätspolitik westlicher Beobachter*innen, aber eine üble Missachtung der ukrainischen Bevölkerung beinhaltet, auf deren Kosten die Rache gegen den westlichen Imperialismus ausgeübt werden muss.

6. „Was ist mit der extremen Rechten auf der ukrainischen Seite?“

Die versteckte Behauptung lautet hier: „Ich benutze das Problem der extremen Rechten als Feigenblatt, um meine Opposition gegen den Widerstand in der Ukraine zu verschleiern“. Ja, es gibt rechtsextreme Gruppen in der Ukraine – wie in vielen anderen Ländern – und ja, sie haben jetzt Waffen, denn, Überraschung, wir befinden uns im Krieg. Aber diejenigen, die diese Behauptung aufstellen, kümmern sich meist nicht um die Rechtsextremen auf Seite der russischen Armee oder den allgemein beängstigenden rechtsextremen Kurs der russischen Politik mit den entsprechenden Auswirkungen auf die inneren und äusseren „Angelegenheiten“ (wie die Reihe der Kriege).

Es kümmert sie nicht, dass einige linke Politikwissenschaftler*innen aus Russland ihr Regime jetzt als postfaschistisch bezeichnen. Sie wissen nicht, wie gross die Beteiligung der extremen Rechten am ukrainischen Widerstand ist, sie kümmern sich nicht um die Beteiligung anderer ideologischer Gruppen und den allgemeinen Charakter des Widerstands, sie wissen nicht, wie der leere Begriff „Nazi“ von der russischen Propaganda benutzt wird, um zu entmenschlichen, wen immer sie will. Es ist nur ein Feigenblatt, das sich dank der russischen Propaganda und einiger anderer Faktoren zu einem Koloss entwickelt hat.

7. „Russland und die Ukraine sollten verhandeln. Aktualisierte Version: Hier sind unsere Vorschläge für ein Friedensabkommen“

Diese Behauptung hat viele versteckte Varianten, die von den Vorschlägen eines Friedensabkommens abhängen, die diese Menschen äussern. Je nach diesen Vorschlägen kann die unausgesprochene Botschaft lauten: „1) die Ukraine sollte kapitulieren oder 2) wir sind von der Realität abgekoppelt und halten unsere relativ vernünftigen Vorschläge für ein Friedensabkommen für realistisch„. Bei der ersten Option handelt es sich um das gute alte „Frieden mit allen Mitteln“: Die Vorschläge setzen im Grunde voraus, dass die Ukraine die neu eroberten Gebiete aufgibt und fast allen absurden politischen Forderungen Russlands nachkommt und die Unabhängigkeit des Landes und die Selbstbestimmung der Bevölkerung aufgibt. Das ist in der Tat sehr linkslastig.

Bei der zweiten Option ähnelt das vorgeschlagene Friedensabkommen demjenigen, das im Frühjahr auf dem Verhandlungstisch lag, als die Invasion gerade in vollem Umfang begann. Einer der wichtigsten Punkte des vorgeschlagenen Friedensabkommens ist, dass sich die russische Armee aus den neu eroberten Gebieten zurückziehen muss – bis zur Grenze am 23. Februar. Dieser Punkt macht den gesamten Vorschlag zum jetzigen Zeitpunkt unbrauchbar, und die Befürworter*innen können keine vernünftige Antwort auf die Frage geben, warum das Putin-Regime dies zum jetzigen Zeitpunkt tun sollte und wer und wie es dazu „überreden“ könnte.

Es gibt auch die hässlichere Version der unausgesprochenen Botschaft: „Wir sind vernünftig und wissen, dass unsere relativ vernünftigen Vorschläge im Moment unrealistisch sind, aber wir sprechen sie trotzdem aus, um zu zeigen, dass diese dummen Ukrainer*innen nicht verhandeln wollen„.

8. „Der Westen sollte aufhören, die Ukraine zu unterstützen, weil es zu einem Atomkrieg eskalieren könnte“

Die versteckte Botschaft: „Jedes Land mit Atomwaffen kann tun, was es möchte, denn wir haben Angst„. Weisst du, ich habe auch Angst vor einem Atomkrieg. Aber an dieser Position festzuhalten, bedeutet, den reaktionären Status quo zu unterstützen und eine imperialistische Politik zu ermöglichen. Und was in dieser Diskussion fehlt, sind die katastrophalen Folgen des russischen Angriffs für die weltweite Bewegung für nukleare Abrüstung. Nun kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendein Land sein Atomwaffenarsenal freiwillig aufgibt, weil es Angst hat, dem „Schicksal“ der Ukraine zu folgen ( Google „Budapester Memorandum“). Und dafür trägt nicht der Westen die Verantwortung.

9. „Wir werden nicht einmal mit euch reden, weil ihr Waffen befürwortet“

Die versteckte Botschaft: „Die materielle Realität dieses Krieges ist uns egal, und es tut uns leid, dass ihr das Pech hattet, von einem nicht-westlichen imperialen Land angegriffen zu werden, aber ihr solltet keine unbequemen Interventionen in unseren eingebildeten monolithischen unipolaren und westlich orientierten Internationalismus vornehmen„. Dies ist natürlich eine Überschneidung vieler der vorangegangenen Forderungen, aber ich habe mich entschlossen, sie separat aufzuführen, weil dies eine brillante Manifestation ist, die wir, ukrainische Linke, manchmal hören und uns über Solidarität, Internationalismus, Aufmerksamkeit für die Strukturen der Machtungleichheit, Antiimperialismus und all das, ihr wisst schon, wichtige Dinge, die am helllichten Tag vor unseren Augen in den Papierkorb geworfen werden, wundern.

10. „Guter russischer Widerstand vs. schlechter/unfähiger/nicht vorhandener ukrainischer Widerstand“

Und zu guter Letzt – das triggert mich eigentlich am meisten. Dieser Scheiss triggert mich immens und bringt einige irrationale Emotionen hervor, für die ich mich schäme. Hier gibt es keine versteckte Botschaft. Eines der extremsten Beispiele ist, wenn auf einer Versammlung der Linken ein russischer Anti-Kriegs-Aktivist*in spricht und alle zuhören, aber wenn auf der gleichen Versammlung ein ukrainischer Linker mit im Grunde den gleichen Botschaften spricht, verlassen einige Leute demonstrativ den Raum und buhen. Man kann die ukrainischen Linken befragen, als ob sie kein Recht hätten, an einer Diskussion über diesen Krieg teilzunehmen, wenn kein russischer Kriegsgegner*in dabei ist – selbst wenn sie in ein paar Tagen an einer anderen Diskussion mit russischen Kriegsgegner*innen teilnehmen. Wie können es die ukrainischen Linken wagen, ohne die russischen Linken über die russische Invasion zu sprechen, oder?

Dies sind nur extreme Beispiele, aber es gibt eine ganze Reihe gemässigter Varianten: Unterstützung und Bewunderung für den russischen Antikriegswiderstand und Gleichgültigkeit gegenüber dem ukrainischen. Einige Botschaften der russischen Antikriegsbewegung verbreiten und die Botschaften der ukrainischen Linken ignorieren. So tun, als gäbe es den ukrainischen Widerstand nicht. Über mutige und starke russische Kriegsgegnerinnen schreiben und gleichzeitig die Ukrainerinnen nur als zivile Verluste, Geflüchtete, arme Opfer beschreiben.

Der russische Antikriegs-Widerstand erhebt oft ähnliche Forderungen und unterstützt die ukrainische Linke in Bezug auf den Krieg: Sie fordern Waffen für den Widerstand in der Ukraine, sie wollen, dass Russland verliert! Rätselhaft, dass diese Ähnlichkeit keine Rolle spielt, oder? Doch die Erklärung ist einfach. Der russische Antikriegs-Widerstand ist bequem, er entspricht vielen versteckten Forderungen und Botschaften: Sie sind gegen ihre Regierung.

Sie haben keine Waffen in ihren Händen. Im Gegensatz zu den armen/dickköpfigen/nationalistischen/militaristischen – mit anderen Worten, unbequemen – ukrainischen Linken, die sich weigern, bequeme Opfer zu sein, sind sie mutig und wert, gehört zu werden. Weisst du, warum dieser Unterschied zwischen dem ukrainischen linken Widerstand und dem russischen Anti-Kriegs-Widerstand entstanden ist? Weil es nicht Russland ist, das unter imperialem Beschuss steht, und es ist nicht die russische Opposition, die einen Verteidigungskrieg für die Selbstbestimmung führt.

Ich weiss, dass einige versteckte Behauptungen und Botschaften fehlen. Einige davon sind so offensichtlicher Blödsinn, dass man sie nicht diskutieren kann, wie „aber die USA haben viel Schlimmeres getan“, „sozialistisches Russland“, „Nazi-Regime in Kyiv“, „14.000 Zivilist*innen, die von der ukrainischen Regierung getötet wurden“, „sei nicht so emotional“, „es gibt nichts Gutes in der Ukraine zu verteidigen“ (ja, das gibt es wirklich!). Es gibt auch einige Punkte, die für mich zu schmerzhaft sind, um sie jetzt zu diskutieren.

Ich weiss, dass der Internationalismus und die praktische Solidarität nicht zum ersten Mal zusammenbrechen. Aber man kann sich seiner Wiederaufbau nicht einmal (wieder) annähern, wenn man ignoriert, was sich hinter den versteckten Botschaften verbirgt: idealistische Verblendungen, Strukturen politischer Machtungleichheit, reaktionäre Strömungen und all der andere Scheiss, der es so vielen erlaubt, angesichts des russischen Imperialismus und des ukrainischen Kampfes um Selbstbestimmung wegzuschauen.

Zuerst erschienen auf enough-is-enough14.org

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Oben     —   Буча після російського вторгнення в Україну

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Scholz – Beide Augen zu

Erstellt von Redaktion am 18. August 2022

„Ein Auge zudrücken beim Bankraub“

Interview von Gernot Knödler mit  – Norbert Hackbusch- der ist 67 Jahre alt, Doku­mentationsjournalist und Obmann der Linken im Unter­suchungs­ausschuss der Hamburger Bürgerschaft zum Cum-Ex‑Steuerraub. Abgeordneter über Scholz und Cum-Ex. Der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Hackbusch glaubt dem Kanzler seine Erinnerungslücken im Cum-Ex-Skandal nicht. Nun muss Scholz vor den Ausschuss.

taz: Herr Hackbusch, wo liegt das Problem, wenn der Inhaber eines bedeutenden, alteingesessenen Kreditinstituts, Christian Olearius, den Hamburger Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD), um ein Gespräch bittet?

Norbert Hackbusch: Problematisch ist nicht, dass Scholz Olearius empfangen hat, sondern, dass er ihn innerhalb weniger Wochen ein zweites Mal getroffen hat.

Warum war das zweite Treffen problematisch?

Weil der Bürgermeister beim zweiten Mal genau wusste, dass es um eine Steuerangelegenheit gehen wird – in diesem Fall im Zusammenhang mit möglicher Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Aktiengeschäfte. Dabei hat er als Bürgermeister mit Steuerangelegenheiten nichts zu tun.

Schlimmer noch: Scholz nimmt ein Argumentationspapier der Bank an, das er an Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) weiterreichen lässt, obwohl es im Finanzamt schon vorliegt. Das bringt ihn in den Verdacht, er habe das Steuerverfahren politisch beeinflussen wollen.

Der Bürgermeister argumentiert, er habe das Schreiben auf dem Dienstweg weitergereicht, also den Finanzsenator als die zuständige Stelle – so wie der Finanzsenator sagte, ich habe mich informieren lassen aber keinen Einfluss genommen auf die Entscheidung meiner Behörde.

Das ist völlig unglaubwürdig, denn Tschentscher ist nicht der Dienstweg. Der Bürgermeister muss achtgeben, dass er eben nicht in den Ruch einer Unterstützung kommt, denn einzelne Steuersachen sind allein eine Entscheidung des Finanzamtes.

Was hätte Scholz tun müssen?

Er hätte schauen müssen, was es mit Cum-Ex-Geschäften an sich auf sich hat. Stattdessen unterhält er sich mit dem Chef der Bank darüber, was der will.

Wäre es dann nicht geradezu angeraten gewesen, sich an den Finanzsenator und dessen Behörde zu wenden?

Bei Scholz hätten mit dem Wissen um die bundesweit bekannt gewordenen Cum-Ex-Fälle die Alarmglocken läuten müssen. Er hätte sich fragen müssen: Was ist eigentlich generell mit Cum-Ex-Fällen in Hamburg? Wie haben wir damit eigentlich gearbeitet? Diese Initiative sehen wir von ihm nicht. Wir sehen nur die Initiative im Zusammenhang mit dem konkreten Fall Warburg und die Befürchtung, dass es der Bank schlecht gehen könnte.

Was ihm nicht unbedingt zum Negativen gereichen würde.

Natürlich muss man sich damit auseinandersetzen. Aber man darf einem Bankräuber auch nicht das Geld lassen, nur damit er nicht verarmt. Es gibt viel, was man tun kann, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten kommt – aber nicht, ein Auge zuzudrücken im Zusammenhang mit einem Bankraub.

Was verspricht sich der Hamburger Ausschuss davon, ihn am Freitag ein zweites Mal einzuladen?

Herr Scholz muss noch mal kommen, weil die SPD durchgesetzt hat, dass er schon im April gehört wurde, mit gehörigem Abstand zur Bundestagswahl. Unser Verfahrenskompromiss war, dass er am Ende, wenn wir den ganzen Fall aufgearbeitet haben, noch mal aussagen muss. Allerdings stehen wir doch noch nicht am Ende des Ausschusses, weil wir den Untersuchungsauftrag ausweiten werden.

In welche Richtung?

Auch die inzwischen umfirmierte HSH Nordbank hat als damalige Bank mit Landesbeteiligung Cum-Ex-Geschäfte betrieben und daraus 126 Millionen Euro aus eigener Initiative zurückgezahlt. Tschentscher behauptet, das sei vorbildlich aufgeklärt worden und die Bank habe zudem Bußgelder bezahlt. Das Zweite ist falsch.

Seit 2009 mussten sich Banken sogenannte Berufsträgerbescheinigungen ausstellen lassen, die Steuerraub mit Cum-Ex-Geschäften verhindern sollten. Wir wissen, dass das nicht funktioniert hat. Die HSH Nordbank konnte aber in 29 Fällen nicht einmal solche Bescheinigungen vorlegen. In der Finanzbehörde gab es eine Ermittlungsgruppe, die das aufklären sollte. Es ist erstaunlich, dass die nicht mehr herausgefunden hat als das, was die Bank freiwillig gemeldet hat.

Die Hamburger Senatskanzlei hatte die Frage, ob sich der Bürgermeister mit den Warburg-Bankiers getroffen habe, zuerst verneint. Wusste Scholz das? Wusste es die Senatskanzlei nicht besser?

Quelle          :         TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Oben     —    Das in der Ferdinandstraße 75 in Hamburg-Altstadt wurde 1912/13 nach Plänen von Martin Haller im Stil der Neorenaissance errichtet.

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DL – Tagesticker 18.08.2022

Erstellt von Redaktion am 18. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Scholz – BESUCH IN NEURUPPIN  – . –  2.) PK – „Stellt Eure Fragen!“  – . –  3.) Whistleblower-In sabotieren Reise der Linken?  – . –  4.) Attentat in München 1972: Immer noch kein Schuldeingeständnis  – . –  5.) Lauterbachs -Pandemie- „Luftnummer“?   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Wo ist der – die Wähler-In welche-r nicht gerne auf seine Gewählten aufsehen möchte? Ein Merkblatt für angehende Kanzler-Innen also – Kommt auf Stelzen demnächst damit ihr in Euren Zirkus auch überragt. 

Scholz bekräftigt Pläne zu neuen Entlastungen – und wird trotzdem niedergebrüllt. Im brandenburgischen Neuruppin wollte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer SPD-Veranstaltung seine Politik erklären – und versprach erneut ein weiteres Entlastungspaket. Wohlwollend aufgenommen wurde das alles jedoch nicht. Linke und AfD hatten zu Protesten aufgerufen, Hunderte folgten.

1.)  Scholz – BESUCH IN NEURUPPIN

Bundeskanzler Olaf Scholz ist bei einer Veranstaltung mit Bürgern im brandenburgischen Neuruppin auf lautstarke Gegendemonstranten gestoßen. Der SPD-Politiker zog seinen Auftritt am Mittwochabend auf dem Schulplatz der Stadt trotzdem durch, obwohl er angesichts des Pfeifkonzerts und der Sprechchöre kaum zu verstehen war. Scholz bekräftigte die Ankündigung, in den nächsten Tagen ein weiteres Paket zur Entlastung der Bürger gegen Inflation und hohe Energiekosten vorzustellen. In den vergangenen Tagen war über die Möglichkeit von Massenprotesten im Herbst gegen die Regierungspolitik spekuliert worden. Unter anderem die Linke will Demonstranten organisieren. In Neuruppin hatte sowohl die Linke als auch die AfD zu Gegendemonstrationen aufgerufen. Von Massen konnte dort aber keine Rede sein – schätzungsweise kamen etwa 300 Protestierende an den Rand des abgesperrten Veranstaltungsgeländes. Die meisten schienen AfD-Anhänger zu sein. Sie riefen „Volksverräter“, „Lügner“ und „Hau ab“. Die Polizei nannte zunächst keine Teilnehmerzahl. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gab es eine Anzeige wegen Widerstands, weil eine Person den abgesperrten Bereich nicht verlassen wollte. Personalien seien festgestellt worden. Verstöße gegen das Versammlungsgesetz würden geprüft.

Welt-online

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Die Politik bekommt in schöner Regelmäßigkeit Probleme, wenn Vorgänger-Innen die falschen Ärsche auf die richtigen Eimer dirigierte. Aber wo hätte denn die Politik aus einmal gemachten Fehlern ihre Lehren gezogen? 

Ex-Bundesminister Schmidt sorgt mit Ausraster bei PK für Wirbel. Ein Video von CSU-Politiker Christian Schmidt macht in den sozialen Medien die Runde. Darin brüllt der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina in einer Pressekonferenz Journalisten an.

2.) PK – „Stellt Eure Fragen!“

Der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina (OHR), Christian Schmidt, hat bei einer Pressekonferenz seine Fassung verloren. Ein Video von dem Auftritt des früheren deutschen Landwirtschaftsministers während eines Besuchs in der Stadt Gorazde im Osten von Bosnien und Herzegowina sorgte am Mittwoch in den sozialen Netzwerken für Wirbel. Sichtlich aufgebracht reagierte der CSU-Politiker auf die Frage einer Journalistin des Nachrichtensenders N1. „Müll, großer Müll!“, brüllt Schmidt in die Kamera. „Leute, ich sitze oder stehe hier nicht … ich interessiere mich für dieses Land“, ruft er weiter und gestikuliert mit den Händen. Man sei nicht hier, um politische Machtspiele zu spielen. Er habe davon genug, will Schmidt dann offenbar sagen. Allerdings ist sein Englisch, möglicherweise durch seine Aufregung, schwer zu verstehen. Dann will Schmidt den Reportern vorgeben, wie sie ihre Arbeit machen sollten: „Stellt Eure Fragen! Aber bitte nehmt es so, wie ich es entscheide und wie ich mit den Menschen umgehe.“ In wütendem Ton fügt er hinzu: „Entschuldigung, dass ich so offen bin, aber ich bin … hier (Schmidt zeigt an seine Stirn) mit all den Anschuldigungen, die absolut falsch sind.“ Der Hintergrund zu seinem Ausraster: Schmidt hatte im Rahmen seiner Kompetenzen im Juli über Änderungen im Wahlgesetz von Bosnien und Herzegowina entschieden. Diese waren technischer Natur – sie sollen die Durchführung der im September anstehenden Parlamentswahl besser ermöglichen. Er sieht sich jedoch immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert, er habe versucht, eine umstrittene Wahlrechtsreform im Land durchzusetzen.

t. online 

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Trau – Schau – Wem, auch in der Linken, was auch nicht so ganz neu ist. Denn wer sich dem täglichen Hobel der Berliner Verdummungs-Anstalt aussetzt, braucht sich nicht verwundert die Augen zu reiben, in diesen mit großen Lücken übersäten Schatten-Kabinett, zum lebenden Inventar der Ideologischen Politiker-Innen gezählt zu werden.  Aber – wer sollte denn davon der Prominenz angehören? 

Die Reise, die nicht stattfinden sollte. Linken-Chefin Janine Wissler und Abgeordnete wollten Donnerstag zu einer Solidaritätsreise in die Ukraine aufbrechen. Das wurde abgesagt. Grund ist ein Leak über Route und Zeitraum. Sabotage?

3.) Whistleblower-In  sabotieren Reise der Linken 

Solidarität mit der Bevölkerung vor Ort zeigen, statt nur davon zu reden – mit diesem Ziel wollte eine Gruppe von Linken-Po­li­ti­ke­r:in­nen am Donnerstag in die Ukraine aufbrechen. Nach dem Besuch von Gregor Gysi wäre es der erste Besuch einer Linken-Delegation seit dem russischen Überfall vor fast sechs Monaten. Die kleine Delegation mit der Parteivorsitzenden Janine Wissler an der Spitze wollte sich ein Bild von dem zerstörten Irpin machen, die Gedenkstätte Babyn Jar besuchen, Ge­werk­schaft­e­r-in­nen und Verbündete in Kiew und Lwiw treffen. Blöd nur, dass all diese Details samt Reisezeitraum und den Namen aller Mitreisenden zehn Tage zuvor schon von der Tageszeitung junge Welt veröffentlicht wurden. Wer die Infos an das marxistische Kampfblatt durchgestochen hat, ist unklar. Aber der Verdacht steht im Raum: Es ging den Whistle­blowern nicht um Öffentlichkeitsarbeit, sondern darum, die Reise zu verhindern. Genau das passierte auch. Die parteinahe Rosa-Luxemburg-Stiftung, die die Reise organisierte und die Termine mit den Partnern in der Ukraine gemacht hatte, sagte den Besuch am vergangenen Freitag ab. Grund sind Sicherheitsbedenken, wie die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Daniela Trochowski, der taz erläuterte: „Für uns ist es nicht zu verantworten, wenn prominente Mitglieder der Bundestagsfraktion und die Parteivorsitzende in ein Kriegsgebiet reisen und Datum und Reiseziel vorab veröffentlicht werden. Es geht auch um die Sicherheit der Partnerorganisationen vor Ort.“ Menschen, die sich in der Ukraine politisch links engagieren, werden immer wieder zur Zielscheibe rechter Attacken, sie werden verprügelt und beschimpft. Rechtsradikale beschmierten vor zwei Jahren auch das Kiewer Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

TAZ-online

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Wenn Politiker-innen eigeständen, noch nie saubere Hände gehabt zu haben, wüssten wir auch Bescheid über das Was und Warum.  Wurde nicht selbst in einen Teil der regulierenden Presse eingeräumt, das in der Politik weder Ethik noch Moral ihren Platz haben? Sowohl Behörden als auch staatliche Gerichte mussten doch immer ihrer Obrigkeit die Folg Schaft  leisten.

Deutschland hatte 50 Jahre Zeit, sich der Verantwortung für die Toten in München zu stellen. Nichts dergleichen ist geschehen. Unser Autor hat Verständnis dafür, dass die Angehörigen der Opfer der geplanten Gedenkfeier fernbleiben wollen

4.) Attentat in München 1972: Immer noch kein Schuldeingeständnis

Das Gedenken für die Opfer des Attentats palästinensischer Terroristen auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen von 1972 in München droht für die Bundesrepublik zur Blamage zu werden. Allem Anschein nach werden die Angehörigen und Hinterbliebenen der elf getöteten Israelis nicht anreisen. Bereits Anfang Juli hatte Ankie Spitzer, Witwe des damals getöteten Fechttrainers André Spitzer und Sprecherin der Hinterbliebenen, in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärt: „Keiner von uns wird kommen, wenn nicht die Frage der Entschädigung endlich geklärt wird.“ Es ist der Kern eines seit Langem schwelenden Streits. 4,6 Millionen Euro hat der deutsche Staat bisher an die Hinterbliebenen gezahlt, teils unmittelbar nach dem Anschlag, teils Anfang der nuller Jahre. Doch den Familien ist das nicht nur zu wenig, sie wollen auch, dass das Geld nicht wie bisher als „Geste“, sondern als Entschädigung bezeichnet wird. Was ein Schuldeingeständnis des deutschen Staates voraussetzt. Das hat es bis heute nicht gegeben. Dabei ist längst klar: Das Attentat wurde zum Debakel, weil die deutsche Polizei nicht nur unfähig war, eine Geiselbefreiung durchzuführen; die Behörden hatten im Vorfeld mindestens 18 Warnungen verschiedener Geheimdienste ignoriert. Sogar Informationen über den deutschen Neonazi, der den Attentätern half, lagen vor.

Der Freitag-online

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Wie wäre es wenn die Politiker, mit ihren übergroßen Fähigkeiten, den Blödsinn, welche sie selber ausbaldowern, auch Kontrollieren. Oder warum lesen in der persönlichen Angabe etwas von DR. und Professor?

RKI soll Corona-Testbetrug aufdecken. „Da sehe ich schon die Faxgeräte glühen“, so der Leiter eines Berliner Kommissariats, das sich fast ausschließlich mit Corona-Testbetrug beschäftigt.

5.) Lauterbachs -Pandemie- „Luftnummer“?

Das Bundesgesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD) will das Robert-Koch-Institut (RKI) mit der Aufdeckung von Corona-Testbetrug beauftragen. Wie die ARD unter Berufung auf einen Referentenentwurf berichtet, sagte Lauterbach in Gesprächen, dass das RKI künftig die Abrechnung der Schnelltests prüfen soll. Bislang hatten dies die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) übernommen, doch die wollen nicht mehr. Die KVen könnten es „nicht verantworten, sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit wir nicht ansatzweise prüfen können“. Nun soll es also das RKI richten. Es untersteht dem Bundesgesundheitsministerium und ist somit weisungsgebunden. Laut Referentenentwurf, der den Beteiligten seit Dienstagabend vorliegt, soll das Institut unter der Leitung von Lothar Wieler Abrechnungsdaten analysieren, „statistische Ausreißer“ ausmachen und die Gründe für einen Gratis-Test prüfen. Auch die Positivrate der Schnelltests sei zu prüfen. Bei Unregelmäßigkeiten solle das RKI die zuständigen KVen und Gesundheitsämter informieren. Gesundheitsamt müsste wohl Adressen der Getesteten anfordern.

Berliner-Zeitung

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Verzichtsdebatten im Urlaub

Erstellt von Redaktion am 17. August 2022

Klimasommer mit Enkeln

File:Bundesarchiv B 145 Bild-F043606-0020, Bundespräsident mit Familie im Urlaub.jpg

Ein Schlagloch von Mathias Greffraht

Wasserknappheit und Baguette-Kilometer: Wenn die Umweltkrise ins Urlaubsidyll eindringt, balanciert man zwischen Moral und Genuss.

„Rasensprengen und Blumengießen sind zu unterlassen“, heißt es schon seit Jahren, aber diesmal kam etwas dazu. „Ihr könnt Euer Wasser am Friedhof von O. holen, da ist ein Wasserhahn.“ Als wir verdutzt blickten, klärte uns der Bürgermeister auf. Die Behörden hatten den Bürgern des kleinen Ort im Jura, an dem wir seit vierzig Jahren die Sommer verbringen, nahegelegt, das Leitungswasser nicht mehr zu trinken. Die Grenzwerte wegen des Pflanzenschutzmittels, das die Bauern der Umgebung überreichlich auf die Maisfelder gekippt hatten, werden nicht erreicht, aber wer zur Vorsicht neigt, holt sich das Wasser nun aus dem Brunnen des Nachbardorfes.

Die Umweltkrise war in den Alltag unserer Sommeridylle eingedrungen. Es war nicht nur das Wasser. Zum ersten Mal seit vierzig Jahren nisteten keine Schwalben an der Scheune nebenan. Im oberen Jura, einer der feuchtesten Gegenden Frankreichs, brannten vier Quadratkilometer Wald ab. Und am 28. Juli, früher als sonst, kam die Meldung vom Earth Overshoot Day: Die Menschheit habe an diesem Donnerstag die Ressourcen aufgebraucht, die ihr in diesem Jahr zustehen.

Im Fluss konnten wir noch baden wie immer, aber die Knappheit in einer Welt, die zur Neige geht – sie wurde zum leisen Dauerthema in dieser Sommerfrische: Müsst ihr eigentlich dreimal am Tag duschen? Müsst ihr solange spülen für das bisschen Pipi, Jungs? Eigentlich kann man das Abwaschwasser auch auf die Rosen gießen … Der Achtsamkeitsdiskurs weitete sich aus: Muss man das Licht nachts brennen lassen, nur weil Neulinge auf der Wendeltreppe stolpern könnten? Dass ich mit dem Auto (6,3 Liter auf 100 km) jeden Morgen fünf Kilometer fuhr, um beim besten Bäcker weit und breit Baguettes zu holen, kam überhaupt nicht gut an. Und war nicht selbst die nächtliche Boule-Partie im Schein von Handys und einer Taschenlampe schon eine kleine Sünde? Man hält solchen Rigorismus nicht ewig durch, und als irgendwann, beim dritten Kaffee am Morgen die Gespräche über den Palmölgehalt in Nutella und den Zuckeranteil im Fertigmüsli wieder ansetzten, provozierte mich das zu dem absurden Satz: „Alles gut, aber ich gebe zu bedenken, dass ein SUV-fahrender, Kette rauchender Ingenieur mit 120.000 Flugkilometern, der an der Solarisierung Afrikas arbeitet, mehr für die Erhaltung des Planeten tut als siebzig von uns, die auf Palmöl und Fleisch verzichten. Wenn wir nicht Politik machen, ist das alles vergebens.“

Joaquina

Da blickten die moralischen Teenies erschreckt auf, und mein Glaubwürdigkeitsbonus schmolz schneller als der Rhônegletscher. Es ist natürlich völlig irrsinnig, die kleinen Revolutionen des Alltags gegen die großen politischen Hebel auszuspielen, aber aus den Widersprüchen kommt zur Zeit wohl niemand raus. Der mich morgens noch gerügt hatte wegen meiner Baguette-Kilometer, sagte am Nachmittag: „Dass wir das alles noch wenden können, ist die unwahrscheinlichste aller Hypothesen.“

Ich bin umgeben von Freunden, Kollegen, Familienangehörigen, denen wie mir der Boden unter den Füssen bebt und die Seele dazu, weil sich die Krisen ineinanderschieben: Klima, Artenschwund, Ungleichheit, Ressourcenkämpfe, Corona und nun noch der heiße Krieg. Und dazu eine Regierung, die den Bürgern versichert, wir werden schon durch den Winter kommen, you’ll never walk alone, und die Steuern werden gesenkt. Eine Zeitenwende ist das jedenfalls nicht, und an der Mechanik des mediengetriebenen Parlamentarismus zerbröselt jeder radikalere Gedanke.

Also: Was kann man denn, was müsste man tun, wenn man das wirklich mal ernst nimmt: das Gerede von den Enkeln, an denen wir uns versündigen? Was sind wir noch schuldig, die so alt waren wie Greta, als die „Grenzen des Wachstums“ erschienen? Zuallererst wohl: Illusionslosigkeit verbreiten. Das heißt: keinen Hehl mehr daraus machen, dass es auf absehbare Zeit schlimmer werden wird. „In Zeiten zunehmenden Chaos werden die Menschen Schutz durch Tribalismus und Streitkräfte suchen“, schrieb Jonathan Franzen vor ein paar Jahren, und weiter: „Jede Bewegung in Richtung einer gerechteren und zivilgesellschaftlicheren Gesellschaft muss als sinnvolle Klimamaßnahme angesehen werden. Die Bekämpfung extremer Vermögensunterschiede ist eine Klimaschutzmaßnahme. Die Abschaltung der Hassmaschinen in sozialen Medien ist eine Klimaschutzmaßnahme. Eine humane Einwanderungspolitik, eine freie und unabhängige Presse zu unterstützen, das Land von Angriffswaffen zu befreien – das alles sind sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen.“

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Bundespräsident Walter Scheel mit Frau Mildred und den Kindern Simon-Martin, Cornelia und Andrea (von links) in ihrem Urlaubsort Hinterthal (Österreich) am 19.8.1974

Attribution: Bundesarchiv, B 145 Bild-F043606-0020 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0

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Unten        —         Joaquina

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Zerstörung in Rekordtempo

Erstellt von Redaktion am 17. August 2022

Willkommen in Ihrer neuen Realität

Wann guckten Politiker-Innen denn Intelligenter aus ihren Palästen ?

Eine Kolumne von Christian Stöcker

Viele Menschen wähnen sich in einer Welt, die längst nicht mehr existiert. Einer stabilen Welt, mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Berechenbar, planbar. Darunter sind leider weite Teile der politischen Elite.

»Wir machen weiter bis zum letzten Mann, jedes Molekül Kohlenwasserstoff wird herausgeholt.«
Abdulaziz bin Salman, der saudische Energieminister im Jahr 2021 

»Wir werden es ausbeuten, wir werden es fördern, wir werden es verkaufen, wir werden es zu Geld machen.«
Didier Budimbu, der Kohlenwasserstoffminister der Demokratischen Republik Kongo im Jahr 2022

Die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise sind inzwischen so überdeutlich, dass man schon gewaltige Anstrengungen unternehmen muss, um sie weiterhin zu ignorieren oder ihre Ursache zu leugnen (trotzdem wird man das im Forum zu dieser Kolumne wieder beispielhaft beobachten können). Spanien und Portugal vertrocknen, Rhein und Loire führen so wenig Wasser, dass sie mancherorts wie Wüsten- oder Wattlandschaften  aussehen, in weiten Teilen Europas ächzte man wochenlang unter nie dagewesener Hitze. Die Dürre verursacht Brände, gefährdet Ernten und treibt Land- und Forstwirte zur Verzweiflung. Die deutschen Gletscher schmelzen ihrer Vernichtung entgegen.

Erinnern Sie sich noch an die Leute, die Greta Thunberg »hysterisch« fanden?

Und das ist nur die Lage in Europa. In den USA trocknet etwa das gigantische durch den Hoover-Damm geschaffene Wasserreservoir Lake Mead in Nevada aus und legt die Skelette vor Jahrzehnten Ermordeter  frei. Derzeit liegt der Füllstand noch bei 27 Prozent. Im benachbarten Kalifornien brennt wieder einmal der Wald  und zwar bereits seit Wochen. Mehr als 36 Quadratkilometer Baumland sind schon verbrannt.

Auf Sand gebaut, buchstäblich

Anderswo gibt es nicht zu wenig Wasser, sondern zu viel. In Florida etwa kann man schon jetzt viele Häuser kaum noch oder gar nicht mehr versichern  – nicht nur, aber auch wegen der Gefahr durch steigende Meeresspiegel und immer extremere Hurrikane. Insgesamt, stellte die »Union of Concerned Scientists« schon 2018  fest, sind mindestens 300.000 Privathäuser und 18.000 Gewerbeimmobilien in den USA bis 2045 von »permanenter Überflutung« bedroht. Der Gesamtwert der buchstäblich dem Untergang geweihten Gebäude an den Küsten wurde damals auf über 130 Milliarden Dollar geschätzt. Zu erwartende Hurrikanschäden sind da noch nicht mit eingerechnet.

Auch auf der anderen Seite des Globus, in Korea zum Beispiel, gibt es gerade zu viel Wasser. Seoul hat eben die heftigsten Regenfälle seit 115 Jahren erlebt.  Mindestens neun Menschen starben. Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol sagte: »Wir können diese extremen Wetterlagen einfach nicht weiterhin ungewöhnlich nennen.«

»The new normal«? Weit gefehlt

Der Mann hat recht. Was gerade passiert, ist nicht mehr ungewöhnlich. Es ist aber auch nicht »der neue Normalzustand«, wie mancherorts gerade öfter zu lesen oder zu hören ist. Wir haben es mit etwas völlig anderem zu tun.

Vielen Menschen scheint nach wie vor nicht bewusst zu sein, in welch einer klimatisch friedlichen, außergewöhnlich menschenfreundlichen Zeit die menschliche Zivilisation entstanden ist. Und dass diese friedliche, stabile Zeit gerade endet. Verursacht durch uns, die Menschheit. Genauer: verursacht vor allem durch die gegenwärtige und historische Bevölkerung des sogenannten Globalen Nordens im erdgeschichtlich betrachtet wirklich winzigen Zeitraum von gut 200 Jahren. Die einzigen Ereignisse, die sich nur halbwegs mit dem Zerstörungstempo menschlichen Handelns vergleichen lassen, sind Asteroideneinschläge.

So wie der, der die Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren ausrottete. Er verursachte das fünfte Massenaussterben der Geschichte. Wir verursachen gerade das sechste. 

Vom Kühlhaus zum Treibhaus in einem Wimpernschlag

Das sogenannte Holozän mit seinem stabilen, berechenbaren, menschen- und zivilisationsfreundlichen Klima begann vor etwas weniger als 12.000 Jahren, am Ende der letzten Eiszeit. Noch immer aber leben wir, auch wenn das die meisten nicht so wahrnehmen, auf einer »Kühlhaus-Erde«, wie der Paläontologe Thomas Halliday das in seinem faszinierenden Buch »Otherlands« nennt, das vom Wandel von Ökosystemen im Lauf der Erdgeschichte handelt.

Quelle        —        Spiegel-online        >>>>>       weiterlesen
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Oben     —     Die drei weisen Affen als Symbol des Tabus

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Fragwürdige Pressearbeit:

Erstellt von Redaktion am 17. August 2022

Die Polizei ist keine privilegierte Quelle

Eintracht hooligans2.jpg

Polizei und Behörden sind nicht mehr als die Lakaien ihrer Regierungen.

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von    : 

Zu viele Journalist:innen übernehmen unkritisch, was die Polizei sagt, schreibt und twittert. Dabei ist nach unzähligen Vorfällen klar: Die Polizei ist nicht neutral, sondern ein eigenständiger Akteur in der öffentlichen Meinungsbildung. Es wird Zeit, sie auch so zu behandeln.

Die Polizei gilt, wie Behörden und Nachrichtenagenturen, vielen Journalist:innen als „privilegierte Quelle“. Gemeint ist, dass man dieser Quelle vertrauen kann, weil sie nüchtern, sachlich und wahrheitsgemäß berichtet. Und weil man vertraut, übernimmt man mit weniger Prüfung, was diese Quelle sagt.

Das Konzept der privilegierten Quelle ist an sich schon fragwürdig. Schließlich können auch Nachrichtenagenturen oder Behörden Fehler unterlaufen. Noch fragwürdiger ist das Konzept im Fall der Polizei. Häufig sehen wir, dass die Polizei nicht sachlich kommuniziert, sondern selbst zum Akteur der öffentlichen Meinungsbildung wird.

Aber trotz zahlreicher Vorfälle von Desinformation in den letzten Jahren schreiben immer noch viele Journalist:innen treu-doof ab, was die Polizei auf Twitter, in Pressemitteilungen oder über ihre Sprecher:innen verbreitet. Dabei ist nicht erst seit dem vergangenen Wochenende Vorsicht angesagt.

Da demonstrierte die Klimabewegung „Ende Gelände“ in Hamburg. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstrant:innen. Die Polizei behauptet bis heute auf Twitter, sie sei von den Demonstrierenden mit Pfefferspray angegriffen worden und habe danach die Versammlung aufgelöst und selbst Pfefferspray eingesetzt. Eine Nachricht, die dazu geeignet ist, die Klimaproteste – die selbst unter dem Konsens stehen, keine Menschen zu gefährden – zu diskreditieren. Die Polizei-Version wurde von Teilen der Presse ungeprüft übernommen, in Springer-Medien machte man sie gar zur Überschrift, die AfD nutzte sie zur Stimmungsmache.

Nun kam heraus, dass die Polizei sich vermutlich selbst mit dem Reizgas verletzt hat als sie es unkontrolliert in den Wind sprühte. Diese Version hat auch der Spiegel-Reporter Jonas Schaible vor Ort gesehen und so aufgeschrieben.

Auch die Polizei schließt nun auf Hamburg1 und beim NDR nicht mehr aus, dass sie sich selbst mit dem Reizgas getroffen habe. Zugleich schreibt sie auf Twitter weiter, Polizeikräfte vor Ort hätten gemeldet, „dass sie aus der Personengruppe heraus mit Pfefferspray angegriffen wurden“ und verwehrt sich gegen den Vorwurf, Fake News zu verbreiten.

Wiederholungstäter Polizei

Dieses Verhalten ist nicht neu. Die Polizei ist im Hinblick auf politische Proteste immer wieder mit Falschmeldungen aufgefallen. Populäres Beispiel ist der „Türknauf des Todes“, mit dem die Berliner Polizei vor einigen Jahren auf Twitter Stimmung gegen Besetzer:innen eines Hauses machte. Unvergessen auch die Behauptung beim G8-Gipfel in Heiligendamm, die Polizei werde von Clowns mit Säure angegriffen – am Ende handelte es bei der Flüssigkeit offenbar um Pustefix.

File:Festnahme 4 (ex3179) sml.jpg

Heute wird aus Notwehr geschossen

Ebenfalls um Säure ging es im Jahr 2016, als die Berliner Polizei kolportierte, sie sei auf einer Demonstration mit „Säure-Konfetti“ beworfen worden – gemeint war Papier, das mit chemischen Stoffen behandelt worden sein soll. Auch das stellte sich als falsch heraus.

Dass die Polizei auch bei der Nennung von Zahlen hinterfragt werden muss, zeigt eine Episode vom G20-Gipfel in Hamburg. Da schrieb die Hamburger Polizei ohne jegliche Einordnung in einer Pressemitteilung: „Die Zahl der verletzten Polizeibeamtinnen und -beamten erhöhte sich auf 476.“ Der Kontext der Meldung suggerierte, dass diese Beamten:innen im Protestgeschehen verletzt wurden. Die Welt titelte dann auch: „Bei G20-Krawallen bisher 476 verletzte Beamte“. Eine Recherche von Buzzfeed zeigte aber: Etwa die Hälfte der Beamten hatte sich schon vor den eigentlichen G20-Protesten verletzt und nur 21 der 476 waren so schwer verletzt, dass sie am Folgetag nicht arbeiten konnten.

Bei fragwürdiger Pressearbeit muss es übrigens nicht immer um Proteste gehen: Jüngst stellte das Bundeskriminalamt den Anstieg von Straftaten im Zusammenhang mit Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder in einer Pressemitteilung irreführend dar. Die dpa, als Nachrichtenagentur selbst eine „privilegierte Quelle“, übernahm die Polizeimeldung ungeprüft und musste später korrigieren.

Die Fälle zeigen: Wer es mit dem Journalismus ernst meint, muss polizeiliche Verlautbarungen überprüfen und darf diese nicht einfach übernehmen. Man muss nachfragen und nachhaken, eine zweite Meinung oder unabhängige Zahlen einholen, sich durch soziale Medien wühlen, andere zu Wort kommen lassen. Schlicht gesagt: die Plausibilität der polizeilichen Aussagen prüfen.

Gut aussehen in der Öffentlichkeit

Polizeien werden von verschiedenen Interessen geleitet: Einerseits wollen sie in der Öffentlichkeit gut aussehen, letztlich geliebt und respektiert werden. Da machen sich Bilder von kontroversem polizeilichem Verhalten, von Fehlern und Polizeigewalt immer schlecht. Dazu kommt eine ausgeprägte Abwesenheit von Fehlerkultur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Korpsgeist. Gefördert wird dies durch eine obrigkeitsstaatliche Verherrlichung des Polizeiapparates quer über die Parteien hinweg.

Bildergebnis für Wikimedia Commons Bilder Bundeswehr in Schulen Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

In ihren Uniformnen sehen alle Täter gleich dumm aus

Die Glaubwürdigkeit polizeilicher Kommunikation leidet vor allem in Fällen wie in Dortmund, wo die Polizei vergangene Woche einen psychisch kranken Jugendlichen erschoss. In einer internen Mitteilung erklärte das Polizeipräsidium Dortmund, dass keine:r der zwölf beteiligten Polizist:innen in der Situation die Bodycam angeschaltet habe.

Dass ausgerechnet in Fällen von Polizeigewalt die Bodycams nichts aufzeichnen, passiert immer wieder: Mal sind die Akkus plötzlich leer gewesen, als Polizeibeamte einen Festgenommenen mit Tritten traktieren, ein anderes Mal wurden die Bodycams nicht eingeschaltet, als ein Mensch in Mannheim bei einer Polizeikontrolle stirbt. Oder die Videokameras haben einen „Wackelkontakt“ und entscheidende 62 Sekunden fehlen, wenn bayerische Beamte ohne erkennbaren Grund Fußballfans verprügeln.

Interessengeleitete Behörden

Andere Interessen der Polizei können eher systemischer Art sein, zum Beispiel das Bedürfnis nach mehr Budget, mehr Personal oder mehr Befugnissen. Diese Wünsche, die in Deutschland lautstark von mehreren Polizeigewerkschaften artikuliert werden, können sich auch in offizielle Pressemitteilungen in eher indirekter Form einschleichen – beispielsweise über eine irreführende Darstellung von Kriminalitätssteigerungen.

Dabei gibt es eigentlich klare Regeln, wie polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit zu laufen hat: Die Polizeibehörden haben keine Meinungsfreiheit, sondern sind dem staatlichen Gebot verpflichtet neutral, sachlich und richtig zu kommunizieren. Neutral ist hierbei als politisch neutral zu verstehen.

Weil die Polizei diese Regeln immer wieder verletzt, muss die Presse sie endlich wie eine ganz normale Quelle behandeln.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —     Ultras des Fußballvereins de:Eintracht Frankfurtanlässlich eines Lokalderbys (gegen Offenbach, August 2009). Die Polizei greift ein, nachdem es Verletzte gab.

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 17. August 2022

Gas, Klima und der Kanzler: Scholz walkt in Richtung Winter

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Nina Apin

Die Rhetorik von Kanzler Scholz erinnert an „Der Pate“. Unsere Autorin ist trotzdem wütend: Entlastungspakete sind dringend nötig.

Olaf, du musst mehr Empathie zeigen, müssen seine Berater dem Kanzler vor dem Auftritt bei der Bundespressekonferenz am Donnerstag eingeschärft haben. Schließlich wird es bald, auch wenn das angesichts der Außentemperaturen kaum zu glauben ist, recht kalt werden in Deutschland. Und teuer – zumindest für diejenigen, die nicht zufällig 200.000 Euro in bar für exorbitant steigende Energiekosten zu Hause rumliegen haben, wie SPD-Genosse Johannes Kahrs. Oder über ein sattes Ruhegehalt und beste Drähte nach Moskau verfügen, wie Noch-Genosse Gerhard Schröder. Für alle Nor­mal­bür­ge­r:in­nen ohne Extrapolster hatte Olaf Scholz jedenfalls eine tröstliche Botschaft parat: „You’ll never walk alone!“

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, aber mir hat diese in hanseatischem Pathos vorgetragene Fußballweisheit (Scholz hat sich bei der Stadionhymne des FC Liverpool bedient, das Original ist eine Broadway-Schmonzette aus den 1950ern) den Blutdruck in die Höhe getrieben. Was, bitte soll das heißen: Du wirst niemals alleine gehen? Der Weg, lieber Olaf (ich duze jetzt einfach mal zurück), den Du, Deine Partei und Deine langjährige „große“ Koalitionspartnerin vor längerer Zeit eingeschlagen habt, der uns in die energiepolitische Abhängigkeit von einem expansionsgierigen Autokraten geführt hat, auf dem willst du mich jetzt freundlich begleiten? Das hat, mit Verlaub, etwas von „Der Pate“: Du machst mir ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann – denn ich hänge ja mit drin: Als Steuerzahlerin, Mieterin und Mutter werde ich sie brauchen, Deine Entlastungspakete.

Was aber nicht heißt, dass ich nicht wütend bin. Wütend auf den FDP-Finanzminister, der heldenhaft die „kalte Progression“ bekämpft, als ob das den vielen etwas helfen würde, die gar nicht erst eine Gehaltserhöhung bekommen, die von der Inflation gefressen wird.

Aber vor allem bin ich wütend auf diese Rhetorik, die schon darauf vorbereitet, dass vor lauter Krisenauffangleistungen wieder zu wenig Geld für Klimaschutz und Mobilitätswende da sein wird. Schließlich müssen wir ja ums Verrecken, trotz Ukraine­krieg und Inflation, die Schuldenbremse einhalten, weil sonst die FDP ihr Gesicht verliert. Dabei müssen wir doch dringend runter von unserem Energieverbrauch, doch ohne politische Lenkung und massive Investitionen wird das nix. Selbst wenn Du, Olaf, der Du bei deinem Auftritt so viel von Paketen und vom Liefern gesprochen hast, dass man sich auf der Pressekonferenz eines Logistikunternehmens wähnte, jeder Bürgerin einen Sparduschkopf zuschicken würdest und einen Nahverkehrsgutschein obendrauf, es würde nicht reichen.

File:Olaf Scholz.jpg

Hier glühten die Augen noch Weinselig für die Warburg Bank ?

Fracking

Ich bin gerade zurück aus Bayern, dem noch schönsten Bundesland der Welt, wo gerade die Isar verlandet und der Pegelstand der Seen gefährlich sinkt. Wo man allerorten die in Beton gegossenen Denkmäler dreier CSU-Verkehrsminister in der Landschaft besichtigen kann: Mächtige Betontrassen, die zur Not auch durch sensibles Moorgebiet getrieben werden, überdimensionierte Umgehungsstraßen. Und kaputtgesparte Regionalbahnnetze, die erst nach einem Unglück mit fünf Toten nach und nach instand gesetzt werden. Was bedeutet: wochen- bis monatelang gesperrte Streckenabschnitte, katastrophaler Schienenersatzverkehr. Was, zusammen mit dem baldigen Auslaufen des 9-Euro-Tickets, dazu führen dürfte, dass sich viele doch wieder lieber ins Auto setzen – wenn schon teuer fahren, dann wenigstens mit funktionierender Infrastruktur.

Quelle      :        TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 17.08.2022

Erstellt von Redaktion am 17. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Visa-Sperren für Russen?  – . –  3.) Empörung über Holocaust-Vergleich  – . –  4.) Die Abschiebe-Experten  – . –  5.) Mehrwertsteuer beim Gas   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Die nicht nur im eigenen Land vorherrschende Stupidität breitet sich immer weiter aus. Wer sah jemal zu vor siviele Idioten auf den gleichen Ast sitzen? Wem mag dieses verwundern wenn er weiß, das Trump Deutsche Wurzel hat, die gleichen wie der ehemalige Oberbürgermeister von Hamburg !

Balten und Finnen haben wohl von Donald Trump gelernt? Die finnische Ministerpräsidentin will mit den Balten einen EU-weiten Visa-Stopp für Russen. Das ist vor allem: eine groteske Idee.

1.) Visa-Sperren für Russen?

Donald Trump, die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas und ihre finnische Kollegin Sanna Marin haben eine Sache gemeinsam. Sie wollen eine Gruppe von Menschen aufgrund eines kleinen bordeauxroten Heftchens – ihres Reisepasses – pauschal bestrafen. Eine solche Idee setzte 2017 der damals mächtigste Präsident der freien Welt durch. Trump hielt sein Wahlversprechen und bestrafte insgesamt 13 Länder. Vom Iran bis Venezuela, von Kirgistan bis Nigeria. Die Exekutivmaßnahmen des Republikaners gehen als „Muslim Travel Ban“ in die Geschichte ein. Eine ähnliche Politik wollen nun die EU-Mitgliedstaaten fahren, die eine Landgrenze zu Russland haben. Insbesondere die Finnen, Esten und Letten echauffieren sich darüber, dass viele Russen diesen Sommer via Helsinki und Tallinn in ihren Urlaub nach Griechenland, Spanien oder Zypern fliegen. „Stoppt die Ausstellung von Touristenvisa an Russen“, twitterte die estnische Ministerpräsidentin. Für sie sei ein Besuch in Europa „ein Privileg und kein Menschenrecht“. Dass trumpsche Methoden innerhalb weniger Jahre nun in der Mitte der Europäischen Union angekommen sind, verwundert. Die Debatte darüber, ob und inwieweit die EU ihre Grenzen pauschal für eine Bevölkerungsgruppe schließen soll, darf zwar geführt werden. Zielführend für die Ukraine wäre ein solches Verbot jedoch nicht.

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Wer kann einen Angreifer sabotieren? War da nicht schon immer zuerst das Ei – auch wenn sich Dieses später als hohl erwies?Aber letztendlich wird ein Feuer erst sichtbar, wenn eine Rauchsäle emporsteigt.

Nach der Explosion auf der Krim. Erneut hat sich auf einem russischen Militärstützpunkt auf der Krim eine Explosion ereignet. Nach russischen Angaben handelte es sich dabei um einen „Sabotageakt“.

2.) Moskau spricht von „Sabotageakt“

Die Explosionen in einem russischen Militärstützpunkt auf der Krim sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau auf einen „Sabotageakt“ zurückzuführen. Das im Norden der annektierten Halbinsel gelegene Munitionsdepot sei beschädigt worden, ebenso wie zivile Infrastruktur, darunter eine Hochspannungsleitung, ein Kraftwerk, eine Eisenbahnstrecke und mehrere Häuser, hieß es in der von den russischen Nachrichtenagenturen zitierten Erklärung weiter. Wer dahinter stehen könnte, ließ die Erklärung offen. Zwei Zivilisten verletzt. Den russischen Angaben zufolge hatte ein Brand am Dienstagmorgen gegen 05.15 Uhr (MESZ) die Explosion in dem provisorischen Waffenlager ausgelöst. Laut dem Gouverneur der Krim, Sergej Aksjonow, wurden zwei Zivilisten verletzt und die Bewohner eines angrenzenden Dorfs in Sicherheit gebracht. Der Leiter des ukrainischen Präsidialamts, Andrij Jermak, bezeichnete die Explosion im Online-Dienst Telegram als eine „Operation ‚Entmilitarisierung’„ und lobte sie als „Meisterleistung der ukrainischen Streitkräfte“. Diese würden ihre Arbeit fortsetzen, bis alle ukrainischen Gebiete „vollständig befreit“ seien.

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Folgten nicht auch die politischen Prediger immer ihen eigenen Riten selbst dann, wenn sie zuvor den Hosenanzug mit einen roten Schlips auswechselten. Verortnete „Nazi-onale Staataräson“ bleibt der diktatorische Befahl, selbst wenn eine Regierung für sich den Anspruch erhebt der größte Massenmörder in dieser Welt zu sein! Gut das wir alle noch das Lied singen dürfen: „Die Gedanken sind frei !“

Palästinenserpräsident in Deutschland. Mahmud Abbas hat Israel vorgeworfen, einen Holocaust an Palästinensern zu verüben. Kritisiert wird auch Olaf Scholz, der Abbas nicht sofort widersprach.

3.) Empörung über Holocaust-Vergleich

Ein Holocaust- und Apartheid-Vergleich von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Kanzleramt hat für Empörung gesorgt. Abbas hatte nach einem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz Israel am Dienstag einen „Holocaust“ an den Palästinensern vorgeworfen. „Seit 1947 bis zum heutigen Tag hat Israel 50 Massaker in 50 palästinischen Dörfern und Städten, 50 Massaker, 50 Holocausts begangen“, erklärte Abbas. In einem Interview mit der Zeitung „Bild“ wies Scholz später den Holocaust-Vorwurf mit deutlichen Worten zurück. „Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel“, sagte er. In der Pressekonferenz hatte er sich bereits von einem Apartheid-Vorwurf von Abbas gegen Israel distanziert.Nach Angaben der israelischen Botschaft verurteilte auch Israels Ministerpräsident Jair Lapid die Äußerung von Abbas scharf: Dass dieser von 50 Holocausts gesprochen habe, „während er auf deutschem Boden stand, ist nicht nur eine moralische Schande, sondern eine ungeheure Lüge“, schrieb die Botschaft auf Twitter. Der neue deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, wies den Holocaust-Vergleich als „falsch und inakzeptabel“ zurück. „Deutschland wird niemals einen Versuch dulden, die Einzigartigkeit der Verbrechen des Holocaust zu leugnen“, schrieb Seibert auf Twitter.

TAZ-online

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War nicht dieses „Täuschen – Tarnen  – um dann den eigenen Verstand zu verpissen, das wirksamste Mittel der politischen Rosstäuscher welche sich selber gerne als die Regierung ihrer „Werte Demokratie“ bezeichnet? Versuchen wir also ein wieherndes Halleluja für die Sitzenden unter den Fittichen ihres Bartgeiers, welcher auch noch den letzen Knochen frist..

Wie die Bundesregierung die Verantwortung für das Rettungsdesaster herumreicht, demonstriert katastrophales Politikversagen.

4.) Die Abschiebe-Experten

Es soll Leute geben, die den gescheiterten Afghanistan-Einsatz als Geschichte eines katastrophalen Politikversagens lesen. Das sind, genau genommen, die meisten (Fach-)Leute. Aber natürlich haben sie sich alle geirrt, wie wir von unserer Bundeskanzlerin wissen.In Angela Merkels Wirklichkeit stellt sich die Lage zwar „bitter, dramatisch, furchtbar“ dar. Aber Versagen, welches Versagen? Die Politik des Demokratieexports per Militäreinsatz ist, mit Merkels Worten, einfach nur „nicht so geglückt und nicht so geschafft worden, wie wir uns das vorgenommen haben“. Das klingt wie der Kommentar eines Fußballtrainers, dessen Mannschaft nur unentschieden gespielt hat. Um es freundlich auszudrücken: Diese Formulierungen sind nicht so geglückt, wie wir uns das vorgestellt haben. Weniger freundlich ausgedrückt: Sie stehen stellvertretend für die zynische Tonmischung aus Realitätsverweigerung und Unverantwortlichkeit, von der die Diskussion in Deutschland seit dem Triumph der Taliban bestimmt wird. Das gilt sowohl für die desaströse Bilanz des 20-jährigen Einsatzes als auch für die viel zu lange unterlassene Hilfeleistung für die „Ortskräfte“, die nun ganz sicher Menschenleben kosten wird. Während die verschwurbelten Verharmlosungsformeln der Kanzlerin mal wieder fast kritiklos hingenommen werden, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Ebene darunter. Beteiligte Minister ergehen sich zwar weniger in Verharmlosung, aber dafür umso mehr in Abstreiten und Abwälzen von Verantwortung. Das gilt in besonderem Maße für Außenminister Heiko Maas von der SPD und – in der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen – für Innenminister Horst Seehofer von der CSU. Wie verlogen das ist.

Der Freitag-online

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Jetzt verwässert die politische Fehlbesetzung seinen eigenen, einst vorgetrgenen Sprechgesang mal wieder: “ Es ist besser nicht zu regeieren als Schlecht, lautete es vor ca. Fünf Jahren. Aber hat nicht ein jeder auf Sand gebaut – mit seien späteren Hausmeister`? Aber wenn sich ein Land einen solchen Phillister als Finanz-Minister noch leisten kann, geht es den Menschen noch viel zu gut und noch hat Niemand gerufen mit Flasche auf Flaschen zu werfen! So sprach also die Wurst, welche belanntlich zwei Enden hat.

Es ist nur konsequent, dass Deutschland keine Extrawurst bekommt. Die EU-Kommission will Finanzminister Lindner nicht bei seinem Vorstoß für eine Steuerbefreiung bei der Gas-Umlage folgen. Zu Recht.

5.) Mehrwertsteuer beim Gas

Finanzminister Christian Lindner hätte es ahnen können: Sein Vorstoß bei der EU-Kommission, mal eben eine Ausnahme bei der Erhebung der Gas-Umlage zu erwirken, war zum Scheitern verurteilt. Eine komplette Streichung der Mehrwertsteuer ist mit der der Brüsseler Behörde nicht zu machen, weil sie im geltenden EU-Recht beim Gas nicht vorgesehen ist. Zwar hatte Lindner in seinem Schreiben an den zuständigen EU-Kommissar Paolo Gentiloni darum gebeten, angesichts der Notlage, die vielen Bundesbürgern angesichts der Belastungen im Winter drohen könnten, sämtlichen EU-Staaten die Möglichkeit zu geben, auf die Mehrwertsteuer im Energiebereich zu verzichten. Aber dennoch hätte dies wie die Erfüllung eines deutschen Sonderwunsches gewirkt – denn Gasversorger wie Uniper sind besonders hierzulande besonders in Schieflage geraten, seit Russlands Präsident Wladimir Putin die Lieferungen gedrosselt hat. Zudem ist es nur konsequent, wenn die Brüsseler Behörde die gerade erst überarbeitete Mehrwertsteuerrichtlinie nicht gleich wieder über Bord wirft, nur weil Berlin auf eine Ausnahme drängt. Hier verhält es sich ähnlich wie beim EU-Stabilitätspakt, der eigentlich bei der Verschuldung gleiche Regeln für alle Mitgliedstaaten vorsieht. Vor Jahren hatte der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker der französischen Regierung aber eine Ausnahme gewährt, „weil es Frankreich ist“. Zu Recht sieht man heute im Finanzministerium eine derartige Praxis kritisch.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Mehr als wehende Haare

Erstellt von Redaktion am 16. August 2022

Frauenrechte im Nahen Osten

Von Gilda Sahebi

Frauen im Iran kämpfen um ihre Freiheit. Das ist nicht „westlich“, sondern mutig – und ein universelles Bedürfnis. Eine Antwort auf Julia Neumann.

Es ist schwer, diesen Text zu lesen. Besonders, wenn man sie kennt, wenn man ihre Geschichten gehört und gelesen hat, ihre von Schlägen und Folter zerstörten Gesichter und Körper gesehen hat. Wenn man den Kampf iranischer Frauen für ihre Rechte, für ihre Freiheit und ihr Leben kennt und weiß, dass sie auch dafür kämpfen, gehört zu werden.

Bei diesem Text, der schwer auszuhalten ist, handelt es sich um einen Kommentar der taz-Korrespondentin in Beirut Julia Neumann über Frauenrechte im Nahen Osten. Anlass ist eine ARD-Doku über Masih Alinejad, eine Aktivistin, die im Iran Journalistin war, fliehen musste, und sich seit Jahren dafür einsetzt, dass das Leid, aber auch die Stärke iranischer Frauen weltweit sichtbar werden. Sie startete Hashtags wie #MyStealthyFreedom: Frauen posten darunter Videos, in denen sie öffentlich ihr Kopftuch ablegen, als Zeichen gegen die systematische Unterdrückung durch die iranische Regierung.

Das öffentliche Ablegen des Hijab ist im Iran verboten. Frauen werden dafür verfolgt, gefoltert und getötet. Es ist aber oft der einzige Weg, Widerstand zu leisten. Diesen Frauen gibt Masih Alinejad eine Stimme. Die iranischen Machthaber sind sich der Kraft dieses Widerstands bewusst und haben wiederholt versucht, Alinejad aus den USA verschleppen zu lassen. Sie entkam knapp.

Über Masih Alinejad schreibt Julia Neumann nun: „Als ob Frauen noch eine Stimme bräuchten, die statt ihnen für sie spricht.“ Und: „Als ob das Abnehmen eines Kleidungsstückes aus Protest den Weg zur Gleichberechtigung und dem Schutz von Frauen ebnen könnte.“

Gar keine Gleichberechtigung im Iran

Masih Alinejad, schreibt sie, bediene die „Erzählung, dass Frauen vom Kopftuch und damit vom Islam befreit werden müssten“. Die Autorin bringt Beispiele aus der Kolonialgeschichte, wie den Algerienkrieg, in dem die Kolonialmächte Women of Color mit Zwang entschleiert hätten. Sie schreibt: „Die Vorstellung des Kopftuchs als Gradmesser von Freiheit wurde vom Westen erst populär gemacht. Und sie ist verdammt gefährlich.“

Wenn etwas verdammt gefährlich ist, dann ist es die Argumentation, dass Frauen im Globalen Süden Instrumente des Westens seien, wenn sie für ihre Freiheit kämpfen. Das Fundament zu diesem Narrativ bildet die Annahme, dass Women of Color, in diesem Fall iranische Frauen, eine andere Vorstellung von Emanzipation und Gleichberechtigung hätten als europäisch sozialisierte. Wer mal im Iran war oder sich die Mühe gemacht hat, mit einer Iranerin zu sprechen, weiß, dass Frauen dort dasselbe Bedürfnis nach Freiheit haben wie Frauen im Globalen Norden. Angesichts der Tatsache, dass so viele Frauen im Iran ihr Leben für diese Freiheit riskieren, wissen sie deren Wert vielleicht sogar mehr zu schätzen.

Frauen im Iran besitzen weder de facto noch de jure irgendeine Art der Gleichberechtigung. Vor dem Gesetz sind sie nur die Hälfte eines Mannes wert, ob vor Gericht, beim Erbrecht oder im Alltag. Die Pflicht zum Hijab ist ein zentrales Symbol dieser Unterdrückung – legt eine Frau das Kopftuch in der Öffentlichkeit ab, wehrt sie sich nicht gegen das Tuch per se, sondern gegen die systematische Unterdrückung.

Den Hijab abzulegen, ist oft der einzige Weg, Widerstand zu leisten gegen die systematische Unterdrückung

Bei ihrer Argumentation benutzt die Autorin also (gutgemeinte?) postkoloniale Thesen, und tut dann aber selbst das, was sie „dem Westen“ vorwirft: Sie spricht Women of Color die Fähigkeit zur Selbstbestimmung ab. Ihr Befreiungskampf sei ein Produkt „weißen“ Denkens. Eine solche Sichtweise ist im Westen leider weit verbreitet: Dass Frauen in Ländern wie Iran nicht die gleichen Freiheiten verlangten wie Frauen in westlichen Staaten.

So steht im besagten Kommentar: „Frauen im Iran können nicht genießen, wie ihnen der Wind durch die Haare weht! Frauen im Iran dürfen nicht tanzen! Klar, dass auch konservative, rechte Medien auf den Diskurs aufspringen. Schaut, wie die Mullahs ihre Frauen unterdrücken!“ Man kann das so schreiben. Oder man kann verstehen, was es heißt, wenn der Wind nie durch die Haare weht: Die Körper iranischer Frauen gehören den Fundamentalisten.

Quelle         :         TAZ -online          >>>>>          weiterlesen

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Bruno, lass es

Erstellt von Redaktion am 16. August 2022

Brand bei Reifen – Göggel

Von Josef-Otto Freudenreich

Der Gammertinger Bauernsohn Bruno Göggel gilt als größter Reifenhändler Deutschlands. Und niemand kennt ihn. Seine Hochzeit mit Flugshow und finalem Feuerwerk schärft nun den Blick auf seine Heimat: den schwarzen Filz. Angela Merkel inklusive.

Womöglich hat Bruno Göggel geglaubt, er heirate im Himmel, als ihm vier Kunstflieger von Red Bull ein Herz in die Luft zeichneten. Hin und her waren sie am Nachmittag des 23. Juli diesen Jahres über das Laucherttal gedonnert, mit eineinhalb Meter Abstand, knapp über den roten Ziegeldächern der kleinen Stadt, hatten Loopings vollführt und mit dem Zeichen der Liebe geendet, ehe sie am Horizont verschwanden.

Das war ganz nach dem Geschmack des Reifen-Königs, der es einmal richtig krachen lassen wollte. Sonst macht er wenig Aufsehen um seine Person, er meidet die Öffentlichkeit eher, hockt lieber auf dem Bock seiner Trucks. Und so sagt sein Name kaum jemand etwas, obwohl er 1,5 Millionen Pneus auf Lager und viele Millionen Euro auf dem Konto hat.

Am Vormittag noch hat sich der geschiedene 61-Jährige im katholischen Münster zu Zwiefalten, in der schönsten Kirche Baden-Württembergs, mit seiner geschiedenen 38-jährigen Corinna vermählt, wovon die „Bild“ als aufmerksamste Berichterstatterin die aufregendsten Bilder druckte. Danach sind beide, begleitet von einem hupenden Konvoi von schwarzen Göggel-Lkws, nach Hause gefahren, wo der Höhepunkt des Abends mit Stargast DJ Ötzi wartete: ein Feuerwerk. Es sollte ein Fiasko werden.

Glück für Göggel, dass der Wind stillsteht

Um 23:30 Uhr brennen Reifen, Gasflaschen explodieren, Fahrzeuge gehen in Flammen auf, in den Himmel aufsteigende Rauchsäulen sind kilometerweit zu sehen. Glück für Göggel und seine 300 Gäste, dass nur eine von acht Hallen brennt, der Wind stillsteht, die Feuerwehren aus fünf Landkreisen schnell vor Ort sind, mit 70 Löschfahrzeugen und 380 Einsatzkräften die Brandherde eindämmen können, und dass sie tatkräftige Unterstützung in Bauern finden, die Löschwasser mit ihren Güllewagen herbeischaffen. Schon am nächsten Morgen kann der Firmenchef verkünden, dass die „gewohnten Geschäftsprozesse unvermindert weiter laufen“. Die Staatsanwaltschaft sieht die Ursache kurz danach in der Pyrotechnik, den Schaden beziffert das Unternehmen auf 20 bis 25 Millionen Euro.

Wenige Tage nach dem Brand sitzen wir mit Lothar Wasel auf seinem Balkon mit Panoramablick. Unten im Tal liegt das 6.500-Einwohner-Städtchen Gammertingen, das ist wie viele auf der Schwäbischen Alb: immer der Straße entlang, lustig in der Narrenzeit, konservativ. Auf dem Hügel gegenüber thront die größte Firma am Ort, Reifen Göggel, gelandet wie ein Ufo, ausgestreckt auf zehn Hektar Fläche. Der Balkon bietet also einen Logenplatz für Flugshow, Feuerwerk, Großbrand – und Bilder für den großen Zorn.

Dem Kindergarten wird ein Grillfest untersagt

Der 74-jährige Anwalt nennt Göggel einen ungebildeten Oligarchen. Er fragt, wie es kommen kann, dass einer genehmigt kriegt, was niemand anderem erlaubt würde? Ein Feuerwerk mitten in der Sommerhitze, in der die Gemeinde Rauchen und Feuermachen in der Natur „strengstens“ verbietet, dem Kindergarten ein Grillfest untersagt wird. Eine Flugshow inmitten galoppierender Krisen, in denen das Sparen von Energie ein Muss ist. Tausende von Reifen, im Freien gelagert, in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern und Wald? Alles genehmigt und wenn ja von wem?

Die Fragen sind eher rhetorischer Natur. Wasel holt die Antworten aus seinem politischen Leben. Er ist 25 Jahre im Gammertinger Gemeinderat gesessen, als einzige Opposition, Grünen-nah, aber unabhängig. Es seien harte Kämpfe für eine demokratische Kultur gewesen, erzählt er, „gegen Hinterzimmerpolitik und Mauschelei“, und gegen den Vorwurf, er sei ein „geistiger Terrorist“. Das Gremium sei „bis in die Haarwurzeln schwarz“, sagt er, acht von der CDU, sechs von der Liste „Gleiches Recht für alle“, drei Rotgrüne, die sich nicht sehr unterschieden, und dann noch Bürgermeister Holger Jerg, CDU-Mitglied und Duzfreund Göggels. Das verbindet.

Seine Fragen hat der Jurist auch in einen Leserbrief an die „Schwäbische Zeitung“ gepackt, mit dem Hinweis, dass ihre Aufgabe doch wäre, als „vierte Gewalt“ diesen Seilschaften nachzugehen und sie nicht „unter den Teppich zu kehren“, zum „Gefallen der Mächtigen“. Das Organ für christliche Kultur und Politik hat die Zuschrift nicht gedruckt. Sie sei „übersät von Vorverurteilungen“, begründet der Redaktionsleiter in Sigmaringen, und kündigt vorsorglich an, dass er künftig von ihm keine Antwort mehr erhalten werde, „egal wie viele E-Mails Sie noch schreiben werden“.

Der Bürgermeister sagt, er habe alles richtig gemacht

Bürgermeister Jerg, 60, Jeans, Polohemd, Gast bei der Hochzeit, ist weniger verschlossen. Auf seinem Besuchertisch hat er eine Karte des Göggelschen Areals liegen, auf der die acht Lagerhallen, das Privathaus, die Brandherde und das Partyzelt eingezeichnet sind. Will sagen: Ich kümmere mich. Bezogen auf das Feuerwerk soll das heißen, dass sie bei der Antragsstellung im Mai alles richtig gemacht und ein „reines Gewissen“ hätten, der Pyrotechniker habe alle notwendigen Zertifikate vorgelegt. Hinsichtlich der Flugshow sei das Regierungspräsidium Stuttgart zuständig, das die Genehmigung erteilt habe, und die strittige Frage der Reifenlagerung habe Göggel mit dem Landratsamt zu klären.

Manchmal ist der Dschungel der Bürokratie doch hilfreich, wenn es darum geht, ein argumentatives Schlupfloch zu finden, das einem Verantwortung abnimmt. Andererseits wäre es falsch zu behaupten, der Schultes hätte sich keine Gedanken gemacht. Heute würde er Göggel raten, sagt er: Bruno lass es, lass die Flugshow, lass das Feuerwerk und DJ Ötzi. Das sei nicht mehr zeitgemäß. Auch Friedrich Merz hätte nicht mit seinem Flugzeug nach Sylt müssen.

Der nachrückende Sinneswandel („Ich trage die Ängste mit“) dürfte auch der Unruhe in seiner Bürgerschaft geschuldet sein. Nachdem viele Tage Stille war, fand sich ein Ehepaar, dessen Unternehmen direkt an die Göggelschen Mauern angrenzt, vergangene Woche in der Gemeinderatssitzung ein und beklagte eine „Ungleichbehandlung“, der Jerg sofort widersprach: „Ich lasse mich nicht kaufen.“

Ein amerikanischer Traum in Gammertingen

Quelle         :         KONTEXT: Wochenzeitung-online           >>>>>          weiterlesen

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Gas – Verschwiegenheit

Erstellt von Redaktion am 16. August 2022

Niemand sagt, wie viel Gas Russland vertraglich liefern müsste

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von        :    Urs P. Gasche /   

Gazprom liefert nur 50 oder 20 Prozent der Leitungskapazität. Wichtig aber ist, wie viel Gas der Westen vertraglich gekauft hat.

Viele Medien gaben sich mit der Information zufrieden, dass Russland beziehungsweise der Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen nach Westeuropa auf 50 und jüngstens sogar auf 20 Prozent «des möglichen Umfangs» gedrosselt habe. Kriterium war stets die maximale Gasmenge, die durch die Gasleitungen transportiert werden könnte (gemessen beispielsweise in kWh/d). Viele Zuschauende und Lesende erhielten den Eindruck, Russland habe sich verpflichtet, stets ein technisches Maximum an Erdgas zu exportieren.

Kaum ein Medium stellte die Frage, ob denn Gazprom vertraglich tatsächlich verpflichtet ist, die maximal mögliche Menge an Erdgas an westliche Abnehmer zu verkaufen.

Das ist nicht der Fall.

Es musste auffallen, dass bis vor kurzem weder die deutsche Regierung noch die grossen deutschen Importeure wie Uniper oder RWE den Vorwurf erhoben, Gazprom oder Russland würden Lieferverträge nicht einhalten. Vertragsverletzungen sind sonst stets ein grosses Thema.

Erstmals am 3. August erwähnte Bundeskanzler Olaf Scholz, vor einer reparierten Turbine stehend, eine «Nichteinhaltung der Lieferverträge», für welche keine technischen Gründe geltend gemacht werden könnten. Etliche Medien ergänzten: «Gazprom hatte die Gas-Lieferungen auf inzwischen nur noch 20 Prozent des möglichen Umfangs reduziert und dies mit der fehlenden Turbine begründet.»

Mit diesem Nachsatz erweckten diese Medien den falschen Eindruck, Gazprom sei verpflichtet, die Pipelines voll auszulasten. Diesen Eindruck hatte offensichtlich auch der WDR, der keinen Unterschied machte zwischen «möglichem Umfang» und vertraglichen Verpflichtungen und von «20 Prozent der vereinbarten Menge» redete.

Effektive Vertragsverletzungen

Gazprom verletzte Verträge, weil es an Polen, Bulgarien, Dänemark, Finnland und Holland kein Gas mehr liefert. In den Verträgen ist die Bezahlung in Euro vereinbart. Doch das vom internationalen Devisenverkehr ausgeschlossene Russland verlangte eine Bezahlung in Rubel, was diese Länder nicht akzeptierten. Das hart sanktionierte Russland setzte seine Gasexporte darauf als politisches Druckmittel ein und verweigerte weitere Lieferungen.

Geheimniskrämerei über die vertraglichen Absicherungen

Kein Unternehmen und kein Land ist verpflichtet, mehr Waren zu liefern als vertraglich vereinbart. Falls es beispielsweise in der Schweiz im nächsten Winter zu einer Stromknappheit kommt, können die Schweizer Stromimporteure von Frankreich nicht fordern, über die vertraglich abgesicherten Importe hinaus einfach so viel Strom zu liefern, wie es die Stromnetze erlauben.

Doch ein solcher Anspruch wird zumindest implizit jetzt bei den Gaslieferungen aus Russland erhoben. Entscheidend ist aber, welche Mengen Gas namentlich die großen deutschen Importeure wie Uniper oder RWE und andere europäische Importeure von der Gazprom für den kommenden Winter vertraglich vereinbart haben.

Noch vor gut zehn Jahren waren langfristige Lieferverträge mit einer Laufzeit von bis zu dreißig Jahren üblich. Beim Auslaufen der einzelnen Verträge wurden sie meist erneuert.

Inzwischen haben viele Lieferverträge nach Angaben von Branchen-Insidern eine Laufzeit von nur noch drei Jahren. Es können ausnahmsweise längere Laufzeiten sein oder öfter auch nur ein Jahr oder nur mehrere Monate. Allerdings bietet Gazprom kurzfristige Lieferungen über die sogenannte Electronic Sales Plattform seit Oktober 2021 nicht mehr an. Alle längerfristigen Verträge können beim Auslaufen von beiden Seiten erneuert oder auch nicht erneuert werden.

In den Verträgen sind üblicherweise tägliche Mindest- und Maximalmengen beispielsweise im Laufe eines Winters vereinbart. Von Tag zu Tag können die Abnehmer daher je nach Bedarf unterschiedliche Mengen beziehen.

Regierungen sollten eigentlich über die vertraglich garantierten Gas-Lieferungen Bescheid wissen

Weil es mehrere grosse Importeure gibt und diese eine unterschiedliche Geschäftspolitik verfolgen, ist es nicht so einfach festzustellen, welche Mengen Gas Gazprom vertraglich nach Westeuropa zu liefern verpflichtet ist.

Eigentlich sollten sich wenigstens die Regierungen einen Überblick darüber verschafft haben. Doch dies ist offensichtlich nicht der Fall. Die privaten Gaskonzerne können – weil systemrelevant – bei Problemen darauf zählen, dass der Staat ihnen hilft: So machte die deutsche Regierung Ende Juli 15 Milliarden Euro locker für Kredite und Kapitalbeteiligungen zugunsten des Energiekonzerns Uniper. Aber wenn es darum geht zu wissen, zu welchen Liefermengen sich Gazprom für den nächsten Winter insgesamt vertraglich verpflichtet hat, fordern weder die Bundesregierung noch der Schweizer Bundesrat Transparenz ein.

Es gelte «höchste Vertraulichkeit», erklärte Andrej Pustisek, Professor für Energiewirtschaft an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Von «absoluter Verschwiegenheit» sprach ein Insider eines Schweizer Unternehmens, das mit Gas handelt.

Als auch Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich erklärte, «Russland bricht Verträge», liess er offen, welche Lieferverträge er meinte und ob Gazprom nur zwei Prozent der vereinbarten Mengen nicht liefert oder fünfzig Prozent.

Infosperber fragte die grossen deutschen Gas-Importeure Uniper und RWE, in welchem Ausmass Gazprom vereinbarte Lieferverträge nicht einhält und welche Möglichkeiten offenstehen, um bei Verletzungen der Lieferverträge Schadenersatz zu fordern.

Eine Antwort kam lediglich von RWE: «Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu einzelnen Verträgen keine Auskünfte geben können.» Jedenfalls muss Gazprom dem RWE-Konzern viel weniger Gas liefern als ursprünglich vereinbart, denn die RWE-Sprecherin fügte bei: «Zu Beginn des Krieges hatten wir insgesamt 15 Terawattstunden bis 2023 unter Vertrag. Jetzt haben wir unser finanzielles Engagement auf weniger als 4 Terawattstunden reduziert.»

Auf die Rückfrage, ob Gazprom einige Lieferverträge nicht einhielt, blieb eine Antwort aus. Bei Uniper war gar nichts darüber zu erfahren.

Heikle Beweislage bei Vertragsverletzungen

Sollte Gazprom einer Vertragspartnerin weniger Gas liefern als vereinbart, kann ein schwieriger Rechtsstreit entstehenDer Grund des Lieferausfalls wird bei der Feststellung von Haftungsansprüchen eine wichtige Rolle spielen. Lieferausfälle aus «technischen» Gründen werden anders bewertet als Lieferausfälle aus «politischen» oder «ökonomischen» Gründen. Deshalb die heftige Auseinandersetzung darüber, ob nun beispielsweise eine revidierte Turbine tatsächlich wegen der Sanktionen nicht früher geliefert werden konnte oder nicht.

Die Gasproleten sehen richtig bekifft aus ihrer Wäsche

Andererseits war es von der EU-Kommission sehr verwegen, als diese am 8. März 2022 mit ihrem Plan «REPowerEU» vorschlug, alternative Gasquellen so stark zu fördern, dass Ende 2022 nur noch ein Drittel so viel Gas aus Russland importiert werden muss wie Ende 2021. Das könnte zu Vertragsverletzungen der westlichen Importeure führen. Denn entweder haben sich europäische Importeure bis Ende 2022 lediglich einen Drittel der früheren Importe vertraglich zugesichert – was fahrlässig wäre – oder die Importeure würden ihre Abnahmeverpflichtungen nicht einhalten und ihrerseits bestehende Verträge verletzen.

Macht eine Seite eine Vertragsverletzung geltend, sind nach Angaben von Professor Andrej Pustisek in der Regel Schiedsgerichtsverfahren vorgesehen, die langwierig sein können. Seit Beginn der Erdgaslieferungen aus der damaligen Sowjetunion nach Europa in den 1970er Jahren wurden die vertraglichen Verpflichtungen (mit nur wenigen Ausnahmen) von allen Seiten immer erfüllt.

Informationsdefizit auch in der Schweiz

In der Schweiz zeigen sich Regierung und Parlament sehr besorgt darüber, ob im kommenden Winterhalbjahr genügend Gas importiert werden kann. Die Schweiz bezieht das russische Erdgas hauptsächlich aus Deutschland.

Wie viel Gasbezüge aus Deutschland, Frankreich und Holland sich Schweizer Importeure – das sind namentlich der Gasverbund MittellandGaznat und Open Energy Platform – für den nächsten Winter vertraglich gesichert haben, weiss der Verband der Schweizerischen Gasindustrie nicht. Der VSG teilte Infosperber mit: «Als Verband sind uns die direkten oder indirekten Handelspartner der Schweizer Gasversorgungsunternehmen nicht bekannt. Ebenfalls nicht bekannt sind uns die Beschaffungsportfolios.»

Offensichtlich weiss es selbst der Bundesrat nicht. Das Bundesamt für Energie verwies Infosperber an die Gasindustrie. Infosperber hakte nach: «Die grossen Importeure geben über ihre Lieferverträge keine Auskunft. Das Departement für Energie UVEK muss doch über die Gesamtheit der vertraglich bereits vereinbarten Importmengen für das nächste Winterhalbjahr Bescheid wissen.» Eine Antwort blieb aus.

Offensichtlich wissen das Departement und der Bundesrat nicht Bescheid. Denn es ist kein Grund ersichtlich, weshalb das UVEK diese Auskunft nicht erteilen könnte.

«Russland liefert weniger Gas als vereinbart»

Am Samstag, 6. August, verbreiteten die SRF-Nachrichten: «Russland liefert Deutschland weniger Gas als vereinbart». Das tönte so, als ob SRF Kenntnis darüber hat, was denn vereinbart ist. Allerdings präzisierte SRF nicht, ob Gazprom 2 Prozent oder 50 Prozent weniger liefert «als vertraglich vereinbart». Deshalb erkundigte sich Infosperber beim SRF, ob denn die Nachrichten- oder Wirtschaftsredaktion Kenntnis darüber haben, wie viel Gas Gazprom laut Lieferverträgen den grossen Abnehmern in Deutschland liefern müsste, und wie viel weniger Gazprom zurzeit liefere.

Doch Fehlanzeige. Darüber weiss auch SRF nicht Bescheid. Die Nachrichten-Redaktionsleitung schrieb Infosperber: «Diese Aussage hätten wir in dieser Absolutheit so nicht machen sollen. Da die Lieferverträge nicht offengelegt werden, sind auch die Mindestliefermengen nicht bekannt.»

Derweil explodieren die Gewinne grosser Erdgas- und Ölkonzerne

Von den stark gestiegenen Gas- und Ölpreisen, welche ärmeren Bevölkerungsgruppen in vielen Ländern enorm zu schaffen machen, profitieren primär die Produzenten, namentlich grosse Energiekonzerne und deren Aktionäre. Im laufenden Jahr könnten grosse Konzerne ihre Nettoeinnahmen verdoppeln, prophezeit die Internationale Energieagentur. Allein die vier grössten Energiekonzerne könnten 240 Milliarden Dollar Gewinn erzielen, wenn man Quartalsangaben von Bloomberg hochrechnet. Einen grossen Teil davon kassieren die Aktionäre. Shell beispielsweise verwendete 50 Prozent des letzten Quartalgewinns und BP rund 40 Prozent für Ausschüttungen und für Rückkäufe eigener Aktien – was die Kurse der an den Börsen verbleibenden Aktien steigen lässt.

Jede Ankündigung von Regierungen, weitere Öl- oder Gasimporte zu unterbinden oder zu reduzieren, treibt die Preise an den Märkten in die Höhe. Professor Andrej Pustisek befürchtet, dass «die hohen und volatilen Preise der Akzeptanz des Energieträgers Erdgas langfristig immens schaden». Bald werde niemand mehr in diesen Energieträger investieren.

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KOLUMNE * Red Flag

Erstellt von Redaktion am 16. August 2022

Polizeigewalt in Deutschland: Fehler im System

Rote Flagge II.svg

Von     :    Fatma Aydemir

Vier Tote durch Polizeigewalt in einer Woche. Solange es keine neutralen Ermittlungen gibt, kann man sich nicht sicher fühlen, findet unsere Autorin.

Wir haben ein Polizeiproblem. Und das nicht erst seit ein paar Tagen. Wenn sich die Todesfälle durch Polizeigewalt so häufen wie in der letzten Woche, dann ist das ein Grund mehr, alarmiert zu sein. Im Frankfurter Bahnhofsviertel wurde ein wohnungsloser 23-Jähriger am Dienstag vergangener Woche mit einem Kopfschuss von Polizeibeamten getötet. Am Tag darauf erschoss die Polizei einen 48-jährigen Kölner, der sich gegen die Zwangsräumung seiner Mietwohnung gewehrt hatte. Beide Opfer sollen mit Messern bewaffnet gewesen sein. Am Sonntag verstarb ein 39 Jahre alter Mann im Kreis Recklinghausen nach Fixierung und Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei – der Mann hatte in einer Wohnung randaliert.

Nicht nur in diesen drei Fällen stellt sich dringend die Frage, wie unfähig die Polizei im Umgang mit aufgebrachten, existenziell bedrohten, traumatisierten oder unter Drogeneinfluss stehenden Menschen sein muss, dass sie ein tödliches Ende nehmen. Am Montag kam es zu einem weiteren Fall: Ein suizidaler 16-Jähriger, der unbegleitet aus dem Senegal geflohen und in einer Jugendhilfeeinrichtung in Dortmund untergekommen war, wurde getötet. Ein Betreuer habe die Polizei verständigt, weil der Jugendliche mit einem Messer unterwegs gewesen sei und „bedrohlich“ gewirkt habe.

Bei einem Polizeieinsatz wurde der Junge von fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getroffen. Fünf Schüsse, weil er ein Messer bei sich trug, mit dem er sich offensichtlich vor allem selbst verletzte? Wie konkret kann eine Bedrohungslage sein, dass mehrmals mit einer MP5 auf einen Minderjährigen gefeuert werden muss? Was rechtfertigt so etwas?

Verhältnismäßigkeit ist keine brauchbare Kategorie mehr, wenn Polizeigewalt eskaliert

Gedenkstele für die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg.jpg

Wenn der Mord zum täglichen Polizeialltag mutiert hat der Staat versagt.

Solange diese Fragen nicht geklärt sind, solange die Polizei sich nicht unabhängigen Ermittlungen stellen und mit Konsequenzen rechnen muss, ist es schier unmöglich, sich in diesem Land sicher zu fühlen. Verhältnismäßigkeit ist keine brauchbare Kategorie mehr angesichts der Eskalation, die von der deutschen Polizei gegenüber armen, kranken oder schwarzen Menschen ausgeht. Oury ­Jalloh, der 2005 in Polizeigewahrsam in Dessau starb, dürfte der bekannteste ungeklärte Todesfall durch Polizeigewalt in der jüngeren deutschen Geschichte sein. Er ist bei Weitem nicht der einzige. Jahr für Jahr wird die Liste der Namen von bei Festnahmen oder in Gewahrsam getöteten Menschen länger. Ermittlungen finden statt, doch zu Verurteilungen von Polizisten kommt es so gut wie nie. Stattdessen wird vertuscht und abgewimmelt. Niemand weiß, wer Oury Jalloh in seiner Zelle an eine Matratze gefesselt und angezündet hat.

Die eigene Macht schützen

Quelle        :       TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —   Eine wehende rote Fahne

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Unten     —           Gedenkstele aus Beton für die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt am Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Text: „Zum Gedenken an die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt“. Es wurde wahrscheinlich am 26.09.2020 errichtet.

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DL – Tagesticker 16.08.2022

Erstellt von Redaktion am 16. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Wir schaffen das? So nicht.  – . –  2.) – . –Tschentscher äußert Verständnis für Scholz bei Cum Ex  – . –   3.) Von Polizei erschossener Jugendlicher  – . –  4.) Hass für die Welt im Ökumenischen Rat der Kirchen  – . –  5.) Rosenkrieg der Forster Linken   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Wo der Holzhammer nicht Hilft, den Verstand zu wecken, muss auch einmal ein härteres Material die Arbeit übernehmen.  Politiker-Innen welche ihrer Posten nicht gewachsen sind, sollten in die entstehenden Wüsten verbannt werden – bevor sie dieses Land weiter veröden lassen. Hat denn niemand das politische Versagen der Vorgänger-In erkannt?

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um unmissverständlich auszusprechen, was Zeitenwende politisch und ökonomisch bedeutet – selbst auf die Gefahr hin, damit Wähler zu verschrecken.

1.) Wir schaffen das? So nicht.

In der Mathematik gibt es Gleichungen, für die es im Bereich der natürlichen Zahlen keine Lösung gibt. Stattdessen ergeben sich Brüche, Perioden oder, in manchen Fällen, die Erkenntnis, dass überhaupt kein plausibles Ergebnis möglich ist. Vor einer solchen komplizierten Gleichung mit zahlreichen Unbekannten steht die Politik in diesem Sommer. Da sind die Naturereignisse wie Waldbrände, Dürren und Unwetter, die den Menschen endgültig klarmachen, dass die Natur nicht bereit ist, sich auf Kompromisse etwa. beim Klimaschutz einzulassen. Da ist Putins Krieg in der Ukraine, der uns vor Augen hält, wie fragil selbst in Europa Frieden und Demokratie sind. Und da sind – als Folgen der beiden genannten Katastrophen – wirtschaftliche Verwerfungen, die den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger bedrohen. Hinzu treten womöglich im Herbst und Winter noch bisher nicht absehbare Winkelzüge des Corona-Virus. Wenn der allgemeine Eindruck nicht trügt, dann macht sich in weiten Teilen der Bevölkerung bereits jetzt ein diffuses Gefühl einer allgemeinen Bedrohung breit, die sich aus der – gefühlten oder tatsächlichen – Ballung von krisenhaften Erscheinungen speist. Die neuesten Zahlen, die einen dramatischen Einbruch bei der Binnennachfrage nach Konsumgütern belegen, sind ein alarmierender Frühindikator für eine fast dystopische Stimmung. Und was tut die Politik? Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit seiner Bemerkung über die „Zeitenwende“ im Frühjahr die richtige Tonalität vorgegeben – ohne den Bürgerinnen und Bürgern allerdings zu erklären, was tatsächlich auf sie zukommt. Dass beispielsweise der Zenit unseres Wohlstandes womöglich erreicht oder gar überschritten ist, dass wir alle uns auf tiefgreifende Veränderungen einstellen müssen – ob wir wollen oder nicht.  Und dass sich die Veränderungen unserer Lebensumwelt völlig unabhängig von der Frage vollziehen, ob wir uns dem anpassen oder nicht. Die Wahrheit ist nicht populär.

WiWo-online

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Ein schönes Beispiel für die Zusammenarbeit der Parteien Clans. Die eine Krähe hackt der Anderen kein Auge aus, möchte man doch allzu gerne in die Fußspuren des Anderen treten. Politik eben: „Pack schlägt sich – Pack verträgt sich. Das Volk ist so dumm und wählt es!

Am Freitag soll Olaf Scholz erneut vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zum «Cum-Ex»-Skandal vernommen werden. Sein Nachfolger im Rathaus glaubt nicht, dass sich dabei Erinnerungslücken schließen. 

2.) Tschentscher äußert Verständnis für Scholz bei Cum Ex

Am Freitag soll Olaf Scholz erneut vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zum «Cum-Ex»-Skandal vernommen werden. Sein Nachfolger im Rathaus glaubt nicht, dass sich dabei Erinnerungslücken schließen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat Verständnis für die von Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) vor dem «Cum-Ex»-Untersuchungsausschuss geäußerten Erinnerungslücken gezeigt. Die Treffen mit den Gesellschaftern der in den «Cum-Ex»-Skandal verwickelten Warburg Bank seien Jahre her, «da kann man sich nicht an alle Einzelheiten von Gesprächen erinnern», sagte Tschentscher der «Bild»-Zeitung. Hintergrund sind Treffen von Scholz mit den Warburg-Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg in den Jahren 2016 und 2017. Zu der Zeit wurde gegen Olearius bereits wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit «Cum-Ex»-Geschäften ermittelt. Nach den ersten beiden Treffen hatte das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen entgegen ursprünglichen Plänen eine Rückforderung über 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Steuern gegen die Bank in die Verjährung laufen lassen. Ein Jahr später wurden 43 Millionen Euro erst nach Einschreiten des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung zurückgefordert. Hatten führende SPD-Politiker Einfluss auf den Steuerfall? Ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft soll klären, ob führende SPD-Politiker Einfluss auf den Steuerfall genommen haben. Scholz hatte die Treffen bei seiner ersten Vernehmung vor dem Ausschuss im vergangenen Jahr zwar bestätigt, zum Inhalt der Gespräche aber nichts gesagt, da er sich nicht daran erinnern könne. Eine Einflussnahme schloss er aber aus. Auch Tschentscher, damals Finanzsenator, wies bei seiner Vernehmung entsprechende Vorwürfe als haltlos zurück.

H. Abendblatt-online 

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Wenn Dummheit nicht mehr weiter weiß, dann bildet man den Stühle-Kreis und startet das Schießen der Hornberger! Macht sich nicht auch der verantwortliche Politiker, welche die Uniformierten mit Schusswaffen ausrüstet, zum Täter? So heißt es doch nicht nur im Volksmund: „Der Hehler ist genau so kriminell wie der Stehler“! Nur den Staaten ist es erlaubt seine eigenen moralischen Grenzen zu ziehen.

Unabhängige Untersuchung gefordert. Über 60 Forschende verlangen die unabhängige Aufarbeitung des Todes von Mouhamed D. Ein Polizist erschoss den Jugendlichen in Dortmund.

3.) Von Polizei erschossener Jugendlicher

Nach dem Tod des von einem Polizisten erschossenen Mouhamed D. in Dortmund fordern mehrere Wis­sen­schaft­le­r-in­nen eine unabhängige Untersuchungskommission im Landtag von Nordrhein-Westfalen. „Wir haben die Befürchtung, dass bei dem Polizeieinsatz unprofessionell und unverhältnismäßig gehandelt wurde“, sagte Claus Melter, Professor für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Bielefeld, der taz. Zusammen mit dem Verein „Entschieden gegen Rassismus und Diskriminierung“ startete Melter am Freitag eine Online-Petition, die von mehr als 60 Wis­sen­schaft­le­r-in­nen aus ganz Deutschland erst unterzeichnet wurde. Bei Redaktionsschluss am Montagnachmittag zählte die Petition mehr als 15.000 Unterschriften. Am Montag vor einer Woche hatte ein Polizist den 16-jährigen Mouhamed D. aus dem Senegal im Innenhof einer Dortmunder Jugendeinrichtung mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet. Nach Angaben der Polizei hatte der Jugendliche die Be­am­t-in­nen mit einem Messer attackiert. In den Tagen zuvor hatte Mouhamed D. mehrmals Suizidgedanken geäußert und war auf eigenen Wunsch in einer psychiatrischen Klinik. Der Betreuer der Wohngruppe, in der Mouhamed D. zuletzt lebte, hatte schon während des Notrufs eine mögliche Suizidgefahr angesprochen. „Wir sind empört darüber, dass eine suizidgefährdete Person nach einem Notruf auf elf Po­li­zis­t-in­nen trifft. Warum war keine psychische Betreuung vor Ort?“, sagte Melter. Die Grünen halten sich bedeckt

TAZ-online

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Gäbe es diesen Gott, wären der Menschheit wohl die meisten aller Kriege erspart geblieben, mitsamt ihren politischen Neppern, Schleppern und Bauernfänger, welche sich in ihrer Selbstherrlichkeit Regierungen nennen!

Der Ökumenische Rat der Kirchen will Ende August in Karlsruhe seine Vollversammlung abhalten. Der Umgang mit dem sogenannten Nahost-Konflikt soll ein wichtiges Thema sein, dabei wäre eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Antisemitismus wohl sinnvoller.

4.) Hass für die Welt im Ökumenischen Rat der Kirchen

»Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt« – so lautet das Motto der elften Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), die vom 31. August bis zum 8. September in Karlsruhe stattfinden soll. Im ÖRK haben sich 352 orthodoxe, protestantische und anglikanische Kirchen sowie kirchliche Gemeinschaften zusammengeschlossen, die für sich in Anspruch nehmen, etwa 580 Millionen Christinnen und Christen weltweit zu vertreten. Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium und wird in diesem Jahr von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Evangelischen Landeskirche in Baden und weiteren Kirchen gemeinsam ausgerichtet. Man erwartet rund 4 000 Gäste. Der DPA zufolge verlautbarte die Bischöfin der Badischen Landeskirche, Heike Springhart, dass der Umgang mit dem »Nahost-Konflikt« ein wichtiges Thema sein werde. Vor dem Hintergrund der judenfeindlichen Tendenzen im ÖRK wirkt diese Ansage geradezu bedrohlich. Seit seiner Gründungsversammlung 1948 vertritt der ÖRK eine oberflächliche Ablehnung von Antisemitismus und ein bestenfalls gespaltenes Verhältnis zum Selbstbestimmungsrecht des jüdischen Volks; seit Jahrzehnten dämonisiert der ÖRK die Idee des Zionismus und unterstützt regelmäßig Boykottaufrufe gegen Is­rael. Im Gespräch mit der Jungle World sagt der Publizist Daniel Killy, der ÖRK sei »eine der wirkmächtigsten Stimmen des kirchlichen Antisemitismus«. Der ÖRK hat die Entstehung des 2009 publizierten, aus palästinensischer Feder stammenden Kairos-Palästina-Dokuments und dessen Verbreitung finanziert. Der Text, dessen vollständiger Titel lautet: »Die Stunde der Wahrheit. Ein Wort des Glaubens und der Hoffnung aus der Mitte des Leidens der Palästinenser«, wurde in ausdrücklicher Anlehnung an das Kairos-Dokument benannt, einem Aufruf südafrikanischer Kirchen aus dem Jahr 1985 gegen das Apartheidregime in ihrem Land. Kairos ist ein griechischer Begriff, der in etwa »rechter Moment« bedeutet. »Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine der wirkmächtigsten Stimmen des kirchlichen Anti­se­mi­tismus.« Daniel Killy, Publizist.

jungle.world-online

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In der Linken hat man wohl noch nicht begriffen wieviel an Staatsabhängigkeit nicht nur unter einer Uniform, sondern auch in einen Beamten steckt. Sie alle haben einen Eid auf ihren Zirkus Staat abgelegt und sind damit ein aktiver Teil desselben.

Nach einem Techtelmechtel mit der AfD und seinem Rauswurf gründet Ex-Linksfraktionschef Ingo Paeschke eine eigene Wählergruppe.

5.) Rosenkrieg der Forster Linken

Die an der polnischen Grenze gelegene Stadt Forst ist in Brandenburg für ihren ostdeutschen Rosengarten bekannt, in der Linken dagegen inzwischen eher für den dort seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Rosenkrieg. Die Trennung ist inzwischen vollzogen. Der ehemalige Linksfraktionschef Ingo Paeschke ist aus der Partei ausgeschlossen, weil er sich gegenüber AfD-Fraktionschef Konstantin Horn nicht an die in der politischen Hygiene empfohlene Abstandsregel gehalten hat. Gerungen wird in diesem Rosenkrieg nun quasi noch darum, bei wem die Kinder leben, also in diesem Falle, wem sich die Genossen in der Stadt anschließen. Es hat sich im Stadtparlament eine eigenständige Fraktion »unabhängig links« (ul) gebildet, bestehend aus Ingo Paeschke, der früheren Ortsverbandsvorsitzenden Cornelia Janisch und dem Stadtverordneten Kai Grund. Ingo Paeschke verzichtete darauf, gegen seinen im September 2020 durch die Landesschiedskommission ausgesprochenen Parteiausschluss Widerspruch bei der Bundesschiedskommission einzulegen. Nicht so die ebenfalls betroffene Cornelia Janisch. Ihr Fall liegt nun noch bei der Bundesschiedskommission. Kai Grund ist bis heute Genosse. Es gibt auch keinen Antrag, ihn aus der Partei hinauszuwerfen. In der ul rechnen sie aber damit, das es so einen Antrag noch geben wird – spätestens, wenn er bei der Kommunalwahl 2024 für die ul und damit auf einer mit der Linken konkurrierenden Liste antreten sollte. Dass es eine solche Liste geben wird, ist sehr wahrscheinlich. Schon diesen September wolle man die zugehörige Wählergruppe »unabhängig links« gründen, erklärt Ingo Paeschke dem »nd«. Mitmachen will dann auch Günther Mattern, sachkundiger Einwohner der ul im Planungsausschuss des Stadtparlaments. Genosse ist Mattern nicht mehr, sondern nach 52 Jahren Mitgliedschaft nunmehr ausgetreten – enttäuscht vom Kreisverband Lausitz, aber auch vom Zustand der gesamten Partei. »Es werden sogar Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet toleriert. Das ist nicht mehr meine Partei«, schrieb Mattern mit Blick auf die Ukraine an den Bundesvorstand und leitete eine Kopie auch dem »nd« zu. Beigefügt hat er eine Liste mit den Namen von 19 Genossen aus Forst, die in den vergangenen zwei Jahren schon ausgetreten sind und sechs weiteren, die diesen Schritt jetzt erst gegangen seien. Von vorher 63 Mitgliedern seien somit also 25 von sich aus gegangen und zwei ausgeschlossen worden. Zusätzlich seien acht gestorben.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Augen aufs Meer

Erstellt von Redaktion am 15. August 2022

Das Mittelmeer ist die tödlichste Grenze der Welt.

VON RUBEN NEUGEBAUER UND JENNY SCARSO

Gerade hier muss die Bundesregierung ihr Versprechen einer wertebasierten Außenpolitik einlösen und Gerettete aufnehmen. An Europas Seegrenze setzen zivile Retter internationales Recht durch.

Während wir diese Zeilen schrei­ben, ist auf dem Mittelmeer ein Boot in Seenot. Die 45 Flüchtenden haben einen Notruf an das Team von Alarmphone gesendet, das die zuständigen Seenotleitstellen informiert. Als Malta nach einer Woche die Menschen endlich rettet, werden aber nicht die Offiziere aus der Rettungsleitstelle eingesperrt, die 6 Tage lang nicht reagiert haben, sondern die Flüchtenden. Dass niemand gestorben ist, ist wohl allein dem öffentlichen Druck des Alarmphones zu verdanken, das sich wegen ähnlicher Fälle gegründet hatte – 2011 etwa hatten nach 14 Tagen auf See nur 9 von 72 Insassen eines Bootes überlebt.

Unterlassene Hilfeleistung ist auf dem zentralen Mittelmeer, der tödlichsten Grenze der Welt, an der Tagesordnung. Dabei handelt nach Paragraf 323c des Strafgesetzbuches strafbar, wer bei Unglücksfällen nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und zumutbar ist. Doch Flüchtende auf dem Meer sterben zu lassen, ist in der EU zur Staatsraison geworden. Als Antwort darauf haben sich Freiwillige zusammengetan, um Seenotrettung zu organisieren. Die zivile Rettungsflotte hat sich seit 2015 stark professionalisiert. Mittlerweile versuchen mehr als 10 Schiffe und 3 Flugzeuge, die Lücke zu schließen, die europäische Staaten bewusst geschaffen haben. Aus privaten Spenden finanziert, wurden Offshore-Versorger, Schnellboote und medizinische Ausrüstung gekauft. EU-Staaten behindern die zivilen Hel­fe­r:in­nen aber immer wieder dabei: Informationen über Seenotfälle werden nicht geteilt, Schiffe mit fadenscheinigen Begründungen festgesetzt – gerade erst hat Italien gegen Sea-Watch vor dem Europäischen Gerichtshof verloren.

Auch die Dekrete des ehemaligen italienischen Innenministers Salvini, mit denen er 2018 versuchte, die italienischen Häfen für die Seenotrettung zu schließen, waren verfassungswidrig. Dennoch ist damit zu rechnen, dass EU-Staaten auch in Zukunft vorsätzlich Gesetze brechen werden, um Schutzsuchende davon abzuhalten, den Burggraben der Festung Europa zu überwinden, mit tödlichen Konsequenzen.

Doch nicht nur das: Mit der sogenannten libyschen Küstenwache hat sich die EU eine Truppe von Handlangern aufgebaut, an die sie den Rechtsbruch outsourcen kann. Schiffen, die unter europäischen Flaggen fahren, ist es durch die Genfer Flüchtlingskonvention verboten, Menschen in ein Land zurückzubringen, in dem sie bedroht sind.

Datei:20220216 DM Europe migration.pdf

Erst im vergangenen Jahr wurde ein italienischer Kapitän verurteilt, der 2018 Menschen nach Libyen zurückbrachte. Italien hat deshalb Patrouillenboote nach Libyen geliefert, die Flüchtende abfangen und in die Elends- und Folterlager Libyens verschleppen. Auch mithilfe der EU-Grenzschutzagentur Frontex, deren Flugzeuge und Drohnen lediglich die Libyer über Seenotfälle informieren, nicht aber zivile Rettungskräfte, die zum Teil schneller und sicherer retten, vor allem aber Menschen an einen im rechtlichen Sinne sicheren Ort bringen könnten. Frontex verhindert somit völkerrechtskonforme Rettungsmaßnahmen.

Dagegen organisiert sich zivilgesellschaftlicher Widerstand – wir nennen es Solidarity And Resistance: Wir leisten nicht zivilen Ungehorsam, sondern zivilen Gehorsam, wie Palermos Bürgermeister Leo Luca Orlando zu sagen pflegt, denn letztlich sind wir es, die auf dem zentralen Mittelmeer internationales Recht durchsetzen. Seenotrettungsorganisationen haben sich zu einer zivilen Rettungsleitstelle, dem CivilMRCC, zusammengeschlossen. Sie werten von Alarmphone oder den Flugzeugen von Sea-Watch übermittelte Informationen über Seenotfälle aus und organisieren Rettung. In der libyschen Seenotrettungszone sind die großen Offshore-Versorger von Sea-Watch oder Ärzte ohne Grenzen und Schnellboote wie die „Louise Michel“, das pink Schiff, das der Künstler Banksy gespendet hat, die einzige Chance für Flüchtende, deren Boote es nicht aus eigener Kraft nach Europa schaffen.

Mittlerweile organisieren Frontex und die maltesische Rettungsleitstelle zwar selbst in der maltesischen Suchzone illegale Rückführungen durch die Libyer, doch auch darauf hat die zivile Flotte eine Antwort: Segelyachten wie die „Nadir“ von RESQSHIP, oder die „Imara“ von R42-sailandrescue, sind keine Seenotrettungsschiffe im eigentlichen Sinn, sie sind zu klein, um eine größere Zahl von Menschen aufzunehmen. Sie fahren mit kleiner Crew Beobachtungsmissionen, sind ein ziviles Auge auf See und machen Druck auf die europäischen Behörden, der Staaten wie Italien oder Malta dazu zwingt, zu retten.

Sie stehen damit ganz in der Tradition der „Sea-Watch 1“, des ersten deutschen Seenotrettungsschiffes: Der Name „Sea-Watch“ – nicht etwa „Sea-Rescue“ – wurde 2015 bewusst gewählt. Seenotrettung haben wir uns – damals eine Handvoll Landratten – überhaupt nicht zugetraut. Wir wollten Druck ausüben, damit Staaten ihren Job machen. Und wir wollten den Diskurs verändern. Denn dass überhaupt Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken, ist eben keine Naturkatastrophe, sondern die politische Entscheidung, sichere und legale Einreisewege zu verweigern. Die Idee zu Sea-Watch entstand am Jahrestag des Mauerfalls aus dem Unverständnis heraus, wie man die Mauertoten beklagen kann und gleichzeitig Mittelmeertote schafft durch einen neuen Eisernen Vorhang um den Kontinent.

Migrationsabwehr hat, historisch betrachtet, noch nie funktioniert: Sowohl die chinesische als auch die Berliner Mauer sind gefallen. Dennoch wird häufig so getan als wäre es das Logischste von der Welt, dass „eben nicht alle kommen können“. Kaum jemand denkt darüber nach, dass vielleicht auch gar nicht alle kommen wollen. Wer von Grenzöffnungen spricht, wird meist sofort als Uto­pis­t*in verschrien, dabei sind Grenz­öff­nungen Realpolitik. Unsere Jugend war eine Zeit der Grenz­öff­nungen und wir haben damit durchweg positive Erfahrungen gemacht. Die EU brachte uns unkomplizierte Reisefreiheit. Schon bei der EU-Osterweiterung gab es massive rassistische Kampagnen – unser Sozialstaat sei in Gefahr, Menschen würden reihenweise in das deutsche Sozialsystem einwandern.

Und heute? Ohne Pflegekräfte aus Osteuropa würden im überalterten Deutschland einige im wörtlichen Sinn dumm aus der Wäsche schauen und Spargel wäre noch viel teurer. Wir wollen damit die Ausbeutung von osteuropäischen Ar­bei­te­r*in­nen nicht rechtfertigen, ganz im Gegenteil, das zugrundeliegende Wirtschaftssystem ist Teil, beziehungsweise sogar eine Hauptursache des Problems. Es wird jedoch deutlich, dass Deutschland auf Migration angewiesen ist. Was wir daher brauchen, ist eine Politik, die Migration nicht abwehrt, sondern sie zum Wohle aller gestaltet. Zuwanderung ist ein Fakt, keine Mauer der Welt kann sie verhindern. Wir können aber entscheiden, wie wir darauf reagieren und wie viel Leid dabei entsteht.

Merkels berühmter Ausspruch „Wir schaffen das“ hat 2015 Hoffnung geweckt. Der kurze „Sommer der Migration“, in dem selbst Bild-Chef Kai Dieckmann Flüchtende bei sich aufnahm, zeigt, was mit dem richtigen Diskurs möglich ist. Leider knickte Merkel ein. Obwohl Wirtschaftsdaten zeigen, dass wir es tatsächlich geschafft haben, gewannen in der Regierung diejenigen die Oberhand, die mit ihren Asylpaketen das Grundrecht fast gänzlich zerstört haben. Die rassistische Achse Salvini-Strache-Seehofer ist zwar zerbrochen, doch in Italien hat sich der rechtsradikale Block um Meloni bereits in Stellung gebracht, um im Herbst die Macht zu übernehmen, und in Frankreich kumpelt Macron mit Le Pen – von Orbán und Co ganz zu schweigen. Damit kommt der Bundesregierung heute wieder eine besondere Verantwortung zu.

Quelle       :          TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Putins Krieg + die Deutschen

Erstellt von Redaktion am 15. August 2022

Der Schock nach dem Erschrecken

Eine Kolumne von Henrik Müller

Erst schien es, als betreffe uns der Krieg in der Ukraine nur indirekt. Inzwischen wird immer klarer: Wir sind mit einem Epochenbruch konfrontiert. Und an den müssen wir uns anpassen.

Wenn Menschen in Gefahr sind, reagieren sie instinktiv mit Flucht: aufbrechen, wegrennen, überstürzt und in der Not ohne Rückversicherung. Der Exodus von Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern in den vergangenen Monaten unterstreicht dieses Verhaltensmuster. Bloß weg! Und das ist zweifellos vernünftig.

Auch anderswo in Europa sind die Menschen vom Ukrainekrieg betroffen, doch die Bedrohung ist weniger direkt. Preise steigen, Energie wird knapp, eine Ausweitung des Krieges auf Nato-Gebiet hat bislang nicht stattgefunden, ist aber keineswegs ausgeschlossen. Entsprechend überrascht es nicht, dass mancher davon träumt, anderswo Sicherheit zu suchen – in Portugal zum Beispiel, am westlichsten Zipfel Europas, oder wenigstens in der Schweiz, auch wenn’s teuer ist.

Tatsächlich jedoch bleiben die allermeisten, wo sie sind. Bloß weg? Eher nicht. In Deutschland sind wir nicht in unmittelbarer Gefahr. Wir erleben vielmehr eine Phase der Unsicherheit. Darauf reagieren Menschen typischerweise nicht mit Flucht, sondern, ganz im Gegenteil, mit Stehenbleiben: abwarten, nicht handeln, regungslos verharren. Wer nicht weiß, wie es weitergeht, geht nicht weiter. Auch das ist individuell vernünftig.

Aber wenn ganze Gesellschaften nach diesem Muster handeln, wird es problematisch. Stillstand ist keine Lösung.

Wir haben es mit epochalen Herausforderungen zu tun: Der russische Angriff auf die Ukraine ist kein singuläres Ereignis, sondern nur der letzte in einer langen Reihe von Unsicherheitsschocks. Das bisherige 21. Jahrhundert ist von einer Kette von Krisen durchzogen – von den Terroranschlägen des 11. September 2001 bis zum Ukrainekrieg. Aus deutscher Sicht kommen die Beben näher, sie werden häufiger und heftiger. In der Tendenz steigt die Unsicherheit immer weiter an – eine beunruhigende Entwicklung. 

Flucht ist keine Lösung, Abwarten auch nicht

Die Weltordnung ist im Umbruch, ein Abgleiten ins Chaos möglich. Westliche Demokratien sind massiv unter Druck, von außen und von innen. Das Weltklima verändert sich schneller als gedacht. Unsere Energiesysteme sind brüchig. Alterung und Schrumpfung der Bevölkerungen stellen unseren bisherigen Gesellschaftsvertrag infrage. Es ist ganz offensichtlich: Wir dürfen nicht stillstehen. Wir sollten mutig vorangehen und tatkräftig, wehrhaft, nachhaltig handeln. Flucht ist keine Lösung, Abwarten auch nicht. Doch die steigende Unsicherheit hat das Potenzial, uns zu behindern, weil sie zum Nichthandeln verleitet.

Unsicherheit ist ein schillerndes Konzept. Wissenschaftler bezeichnen damit Umstände, in denen die Zukunft nicht abschätzbar erscheint. Kleine Unsicherheitsmomente verfliegen rasch. Doch große Schocks haben profunde Auswirkungen, gerade auch für die Wirtschaft: Unternehmen stoppen Investitionsvorhaben, Privatbürger kürzen ihre Konsumausgaben. Unsicherheit verunsichert. Gesellschaften nähern sich unter diesen Bedingungen einem Zustand der Erstarrung. Steigende Unsicherheit führt häufig, wenn auch nicht immer, in eine Rezession – schlimmer noch, womöglich in Stagnation und Passivität.

Wie sich Unsicherheit messen lässt, ist keine einfache Frage. Denn es geht ja gerade um das nicht abschätzbare Ungewisse. Dennoch ist es hochrelevant, wie groß ein Schock ist. Unter Wirtschaftsforschern hat deshalb in den vergangenen Jahren ein Ansatz an Popularität gewonnen, der auf der Analyse von Medieninhalten beruht. Das ist insofern naheliegend, als Bürgerinnen und Bürger vor allem durch Nachrichtenkonsum zu ihren Einschätzungen über den Zustand der Gesellschaft und der Welt insgesamt gelangen.

In diesem Sinne zeigt der »Uncertainty Perception Indicator« (UPI), den unser Dortmunder Forschungszentrum DoCMA berechnet, die mediale Wahrnehmung der ökonomischen Unsicherheit in Deutschland. Mehr noch: Mittels Big-Data-basierter Textmining-Verfahren weist er aus, von welchen Quellen die kollektive Risikowahrnehmung ausgeht. (Details zur Methode und zur Datenbasis finden sich hier .)

Moderne Karikatur.

Wenn Grün nicht mehr grünt und Rot nicht lohnt, dann folgt schnell Schwarz, welcher sich alle holt !

Nun liegen aktuelle, noch unveröffentlichte Zahlen  vor, die Daten bis einschließlich Juli beinhalten. Die Ergebnisse sind einigermaßen alarmierend. Gerade jene Unsicherheitsfaktoren, in denen sich direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft widerspiegeln, haben sich zuletzt Rekordniveaus genähert. Der Putin-Schock erscheint inzwischen fast so schwerwiegend wie der Corona-Schock von 2020. Und der löste eine der tiefsten Rezessionen seit Bestehen der Bundesrepublik aus.

Hier, Jetzt und Bald

Zu Beginn des Krieges in der Ukraine war das anders. Zunächst stand das Erschrecken über die Erosion der geopolitischen Ordnung im Vordergrund. Dass ein Angriffskrieg in Europa wieder möglich ist, dass eine Atommacht ein Nachbarland in einer groß angelegten Offensive angreift, dem sie zuvor in einem völkerrechtlichen Vertrag (dem Budapester Memorandum von 1994) die territoriale Unversehrtheit zugesichert hatte, war schockierend genug. Der Unsicherheitsfaktor Geopolitik erreichte im Frühjahr Werte, die in diesem Jahrhundert noch nie für Deutschland gemessen worden waren.

Doch politische Schocks können vorüberziehen, ohne unmittelbare realwirtschaftliche Folgen auszulösen. Solche Ereignisse waren etwa das Brexit-Referendum und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten im Jahr 2016. Dass die beiden großen alten angelsächsischen Demokratien derartige Auswüchse des Populismus hervorbringen würden, bewegte die deutsche Öffentlichkeit massiv.

Die ökonomischen Folgen jedoch waren zunächst kaum spürbar. Sie zeigten sich erst mit langer Verzögerung: Als Trump seinen Handelskrieg begann und später der Brexit tatsächlich Wirklichkeit wurde, hatte dies konkrete Auswirkungen. Aber es fehlte das unsicherheitsstiftende Überraschungsmoment; man konnte sich vorbereiten.

Quelle         :        Spiegel-online           >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Der stille Mapourika Lake in Neuseeland

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Wir werden durchhalten

Erstellt von Redaktion am 15. August 2022

Eindeutig meschugge

Datei:Tauchsieder (zoom).jpg

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :    Eckhard Mieder

Ein Land in Trance? Die Angst vor den Folgen steigender Energiepreise sei allgegenwärtig. Das Gas wird knapp und knapper.

Wer jetzt kein Elektroheizgerät hat, kriegt auch keines mehr. (Und ich bin ein Depp, weil ich mein letztes, geripptes Ölheizgerät vor 20 Jahren als unzeitgemäß entsorgte.) Die Preise steigen, und die Regierung schickt Hilfspakete – wann starten die Rosinenbomber und bombardieren uns mit Nudeln, Schokolade, vollen Benzinkanistern, Propangasflaschen, Zelten und Schlafsäcken, in denen der Mensch es bis 20 Grad Minus aushält.

Sind wir denn alle meschugge?

Ein Trommeln und Beben ist’s seit Wochen. Mal wird vorausgesagt, es läuft kein Gas mehr von Ost nach West. Dann läuft es wieder, vertragsgemäß, doch nur ein bisschen. Die Speicher werden gefüllt sein, höre ich; Terminals für das aus der Erde gesprengte Gas werden gebaut (oder auch nicht, nicht richtig, oder doch genehmigt?); eine Turbine reist durch die Welt und ruht sich in irgendeiner Werkhalle Deutschlands aus. Und die Speicher sind doch nicht voll, dann, im Herbst und im Winter, weil ja die Inder und die Araber (oder die Amerikaner? Immer gut, ja die Amerikaner sind’s!) coole Geschäfte mit den Russen und Chinesen machen, während wir hinterherharbecken? Knifflig das Ganze.

Und, ganz wichtig und oben dran, natürlich liefert der Russe zu wenig. Putin, der Werkhallenmeister mit dem ölglänzenden, riesigen Eisen-Schlüssel zum Glück (oder Unglück) in den Händen. Wie der faule, aber schlaue Semeljuschka im Märchen: Er liegt auf dem warmen Ofen, bekommt Pelmeni und saure Sahne gereicht und schaut sich das Gewimmel in der Stube von oben an?

Und die Preise – nun, sie steigen und steigen. Und ich, der Depp, frage mich, wieso steigen die? Hat nicht zufällig jemand was davon, üblicherweise, kapitalistisch erweise? Wer ist es, der die Preise treibt? Der Öl und Gas besitzt? Der Öl und Gas kauft und weiterverkauft? Der Staat und die Kreditbank für Wiederaufbau, die bei Uniper, dem größten Gasimporteur Deutschlands, reinschiessen und über Mehrwertsteuern einen Milliardenbrocken zurückholen; was ich ein ordentliches Geschäft nennte, wenn es denn so ist und die Milliarden, die der Staat gewinnt, für Bildung, Straßen, Gesundheitswesen, Kinder ausgegeben werden? Ist das so?

Hallo, spricht da jemand mit mir, von da draußen auf dem wildbewegten Meer der Unkereien, Spekulationen, düsteren Vorausschau? Spricht da mal jemand ruhig, verständlich, in einfachen Sätzen mit mir und nicht – immerzu nur mit Wir-müssen-den-Gürtel-enger-schnallen-Akklamationen, mit Sind-die-Deutschen-noch-bereit-zum-Verzichten-Pathos, mit Auweia-auweia-auweia-Geplärr? Kann mir mal einer erklären, warum bei diesem ganzen Geschäfte-Geschwurbel – der Endverbraucher, etwa ich, die Zeche bezahlen muss? So heißt es, leider, leider, wird es wohl enden? Oder wäre es tatsächlich schon ein revolutionärer Streich – uhu! uhu! –, nähme die gewählte Volksvertretung (Parlament, Regierung) die Fürsorgepflicht und die Daseinsfürsorge für ihr Volk ernst und die Energieversorgung in ihre Hände?

Aber wir werden durchhalten. Wir werden uns unterhaken. Wir werden eine Gemeinschaft der Ertragenden des Unerträglichen bilden. Um des sozialen Friedens willen …

Sind wir denn alle meschugge?

Nö, denke ich mal hin, nö. Ich bin nun mal nicht der König von Deutschland (ein Glück für das Land) -, aber ich bin auch nicht ein Lego-Stein im bunten Gelege und Gehege der Politik. Obwohl ich genau der bin -, aber ich darf mich aufstellen (in gewisser Weise quer?) und fragen, was das Gerassel von einer unsäglich düster dräuenden, nahen Zukunft – naja, Jahreszeiten – soll? Kann sein, es ist eines jener uralten herostratischen Tricks der Politik. Nämlich Feurio, Feurio! zu rufen, um mit der hinter der Ecke bereit gehaltenen Feuerwehr auf die Bühne zu rasen und sirenenhaft zu rufen: Hui, wir sind da! Wir löschen! Wir retten euch! Und wir sind durchaus so meschugge, mal wieder den einen oder anderen Politiker zu herzen und Helden-Geschichten zu erfinden. Obwohl die uns ja dann wieder erzählt werden von denen, die uns jetzt mit dem Feurio, Feurio! ins Verzagte treiben; knifflig, knifflig.

Ein Land in trance: Die Dürre der Felder und Flussbetten konkurriert mit der Dürre in den Köpfen? Und aus der Dürre ist immerzu und jederzeit der Funke zu schlagen, der das Feuer der Panik, der Verunsicherung, der Verzagtheit auflodern lässt? Sind wir wirklich so meschugge?

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Oben     —      Tauchsieder

Verfasser Simon A. Eugster      /     Datum      :      30. November 2011

Diese Datei ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported Lizenz.

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Unten     —     Eckhard Mieder, 2014

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DIE * WOCHE

Erstellt von Redaktion am 15. August 2022

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Die-Woche.png?uselang=de

Kolumne von Friedrich Küppersbusch

Schlesinger, Bild-Zeitung, Lindner. Schlesinger muss gehen, Meloni will kommen und Gerhard Schröder irrlichtert durch die Öffentlichkeit Der RBB scheitert seit Jahrzehnten vor sich hin, die FDP regiert, als wäre schon Weihnachten.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der gemeine Islamist merklich entlastet durch den Russen.

Und was wird besser in dieser?

Der Zustand von Salman Rush­die.

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist momentan ganz schön viel los: Die Intendantin Patricia Schlesinger ist nach vielzähligen Vorwürfen zurückgetreten ebenso wie Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf – und nun ermittelt sogar die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Beginnt jetzt das große Zittern auf den hohen Senderposten?

Wer unter euch einen Spreewaldgurkendöner essen mag, der werfe den ersten Stein: Der RBB bestrahlt Europas vitalste Metropole und die pampigste Pampa drumherum. Urbanes Publikum verschlummert, wenn der Blick ins Land geht; BrandenbürgerInnen schalten gern ein, wenn Berlin gedisst wird. Daran scheitert des Gebilde seit Jahrzehnten munter vor sich hin. Schlesinger packte das bei den Hörnern mit einer Kampagne, die Langeweile, Fremdscham und Bürokratie als Markenzeichen ironisierte. Danach muss irgendwas passiert sein. An dieser Stelle ein kurzer Disclaimer meinerseits: bei RadioEins und ChezKrömer arbeite ich selbst für den RBB, bewundere auch die exorbitanten Quoten der „Abendschau“ und anderer Programme. Vielleicht alles andere einfach lassen?

Auch für Finanzminister Christian Lindner war es keine gute Woche, von Gratismentalität beim 9-Euro-Ticket bis zum steuerlichen Entlastungspaket. Die Vorwürfe an einen Finanzminister, der nur die Reichen mitdenkt, klingen nicht ab. Zu Recht?

Lindner zockt auf den rechnerisch möglichen Jamaika-Putsch. Der wäre, wenn CDU-Vorsitzender Friedrich Merz dem Wirtschaftsminister Robert Habeck die Kanzlerschaft anbietet. Also circa nie. Bis dahin versucht die solide durchgeohrfeigte FDP so zu regieren, als wäre schon Weihnachten: Umverteilung von unten nach oben an Brunnenkresse mit einem herbfeinen Jus von Fiskalreligion – und Olaf Scholz lässt die Lümmels vom Alete-Internat gewähren. Solange er schlumpfig grinst, haben sie keinen Vorwand zu springen.

Mit Ralf Schuler verlässt ein weiterer Journalist die Bild-Zeitung, weil sie zu sehr „unter der Flagge“ der queeren Community arbeiten würde. Im Juni hatte schon Judith Sevinç Basad gekündigt und in einem offenen Brief Springers Umgang mit der woken Community kritisiert. Haben Sie die Bild jemals als zu „woke“ wahrgenommen?

Auch nicht leicht: Springer versucht, für seinen internationalen Auftritt aus den stylischen Highheels zu duften wie, zu Hause muss ja Geld verdient werden, der olle Schreihals Bild aus dem Wehrmachtstiefel. Da wird unter der Regenbogenfahne auf „Gender-Gaga“ eingehasst, freuen wir uns auf die Ratgeberserie „Richtig schwul sein mit Bild“. Schuler und die ähnlich gelagerte Fällin Basad neulich mögen bei Reichelt vor Anker gehen, alsbald von rechts: der Doppel-Achsel. Jedes Mal wenn einer wechselt, wird er „Journalist“ genannt: Win-in.

Urlaubsbilder aus Italien sorgen in der Regel für Sommergefühle. Doch verfliegt die gute Sommerlaune, wenn Sie an die rechtsextreme Politikerin Giorgia Meloni denken, die bald die Ministerpräsidentin von Italien werden könnte?

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>      weiterlesen

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Oben     —        Bearbeitung durch User:Denis_Apel – Lizenz “Creative Commons“ „Namensnennung – Weitergabeter gleichen Bedingungen“

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DL – Tagesticker 15.08.2022

Erstellt von Redaktion am 15. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Fischsterben in der Oder  – . –  2.) Spott und Häme für CSU  – . –  3.) Konfusion in Berlin  – . –  4.) Patricia Schlesinger – RBB-Skandal  – . –  5.) Die Macht der Sekten in Japan   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Ein gefundenes Fressen für Verschwörungen oder Demokratie Feinde und ihre Theoretiker-Innen aus der „Rechten oder Linken Ecke“! Gleichwohl hatte doch noch Niemand geäußert dass die Fische sterben, da Merkel nicht mehr Kanzlerin ist und die Oder immer noch durch die Uckermark fließt? 

Ministerin Lemke verlangt Aufklärung von polnischer Seite.  Wer und was ist schuld am Fischsterben in der Oder? Nach breiter öffentlicher Kritik fordert Bundesumweltministerin Steffi Lemke nun Antworten von polnischer Seite.

1.) Fischsterben in der Oder

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat vor dem Treffen mit ihren polnischen Amtskollegen Aufklärung über die Hintergründe des Fischsterbens in der Oder verlangt. Die Regierung des Nachbarstaats habe bereits eingeräumt, dass Informationen zu der Umweltkatastrophe auch innerhalb Polens nicht weitergegeben worden seien, sagte sie am Sonntag NDR Info. „Uns haben diese Informationen noch viel später erreicht.“ Ziel des Treffens am Sonntagabend müsse nun sein, „dieses Verbrechen aufzuklären“. Sie erwarte Aufklärung darüber, was bisher an Gewässerproben analysiert worden sei und was demnach die Schadensursache sein könnte. „Wenn eine solche Katastrophe erst mal eingetreten ist in einem Fließgewässer, dann ist der Schaden da und nur noch begrenzbar“, sagte Lemke über die Auswirkungen des Fischsterbens. Tagelang hatte es offen Kritik gegeben, Polen habe nicht rechtzeitig über das Fischsterben informiert und Meldeketten nicht eingehalten. Die Suche nach der Ursache dauert indes an. Am Montag werden in Brandenburg weitere Labor-Ergebnisse erwartet. Geprüft wird unter anderem, ob ein erhöhter Salzgehalt im Wasser im Zusammenhang mit dem Fischsterben steht. Deutsch-polnische Beratungen am Sonntagabend in Stettin.

Augsburger-Allgemeine-online

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Und wie immer wenn es um die Politik geht kommt die Frage auf: Was darf die Satire:  „Alles, wenn es um die Bloßstellung politischer Clowns geht“ Wo nicht mehr drinnen steckt – kommt auch nicht mehr heraus!

Nach TikTok-Video mit Söder: „Das haben sie nicht gepostet“. –  Die CSU hat auf TikTok ein Video mit Markus Söder gepostet. „Ich will Handyverbot“, war nur eine der negativen Reaktionen darauf.

2.) Spott und Häme für CSU 

„This week a hot new bombshell enters the villa“ lautet der erste Satz in einem TikTok-Video, gefolgt vom Lied „Don‘t call me up“ von Mabel. Das Video stammt aber nicht etwa von einem Teenager, bei denen die Plattform traditionell hoch im Kurs steht, nein: Das Video wurde Mitte August auf dem offiziellen Account der CSU gepostet. Der Spruch „A hot new bombshell enters the villa“ bezieht sich wohl auf Sängerin Mabel. Mit dieser Aussage wurde im Sommer 2021 angekündigt, dass sie bei der Kuppelshow „Love Island“ mit ihren Songs auftreten werde. Bombshell meint auf deutsch zum Beispiel eine plötzliche Überraschung, kann aber auch Sexbombe bedeuten. TikTok-Video der CSU: „a hot new bombshell enters the town“. Zu eben diesem Spruch und Lied sieht man im Video Markus Söder im Landtag laufen. Die Partei setzt dazu die Hashtags „Trends“, „Politiktok“ und „a hot new bombshell enters the town“. Spott und Häme für CSU nach TikTok-Video: „Was darf Satire?“. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten: „the bombshell in question: maggus“, heißt es da. „Was darf Satire?“, fragt ein Mann in den Kommentaren. „Ich will Handyverbot“, fordert eine weitere Person – wohl mit Blick auf die CSU.

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Waren Politiker der Nachkriegszeit, aufgrund persönlich gelebter  Erfahrungen, fähiger als die Heutigen, welche vielfach nur noch mit nicht erreichten Titel protzen? „Vom Deutschen Land darf nie wieder ein Krieg ausgehen“ tönte es da in Form eines bekennenden Selbstmitleid? Daraufhin gründete sich die UN unter den Fittichen der USA und erfand somit eine entsprechende Ausrede für die Beteiligung als Hilfsköchen in derer Suppenküche? Wie sähe die Beurteilung aus, wenn das Malische Militär hier eingefallen wäre, da Uniformierte auf Zivilisten schießen dürfen? In einen sich selbst bezeichnenden Rechts-Staat?

Missverständnisse über Mali-Einsatz: Das Auswärtige Amt findet den Einsatz sinnvoll, das Verteidigungsministerium nicht. Mali will, dass sich die Bundeswehr an Regeln für UN-Einsätze hält.

3.) Konfusion in Berlin

Am 10. August berichtet das Auswärtige Amt in Berlin nach Gesprächen in Mali, in den ramponierten Beziehungen sei alles auf gutem Wege, die Missverständnisse seien ausgeräumt, Deutschland sei „natürlich“ in Mali noch willkommen und Deutschland und UNO seien für Mali „ganz wichtige Partner“. Am 12. August verkündet das deutsche Verteidigungsministerium, man stelle die Operationen der Bundeswehr in Mali „bis auf Weiteres ein“, da wieder einmal ein Überflugrecht verweigert worden sei. Irgendwas stimmt da nicht, und zwar nicht nur in Mali. Es scheint auch in Berlin unterschiedliche Auffassungen zu geben. Es wäre nicht das erste Mal, dass das grün geführte Außenministerium und das SPD-geführte Verteidigungsministerien an verschiedenen Strängen ziehen. Und irgendwie haben beide recht: das Verteidigungsministerium, wenn es sagt, dass der Mali-Einsatz in der bisherigen Form so nicht weitergeht; und das Auswärtige Amt, wenn es sagt, die UN-Mission, in der die Deutschen stehen, sei nach wie vor eigentlich sinnvoll. Aber innerhalb einer Regierung müsste es möglich sein, zwei Dimensionen derselben Situation miteinander in Bezug zu setzen. Auch mitten im Sommer.

TAZ-online

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Immer derselbe Ablauf ? Die Bürger zahlen, für das Schleimen um Sympathie ihrer politischen Staaten-Idioten, deren Zeche und begnügen sich Stillschweigend ob dieser Manipulation der Versager. Falsch Eingeschädelt in leere Köpfe !

Das öffentlich-rechtliche System fault von innen heraus. Die Empörung über die Luxusausgaben der zurückgetretenen rbb-Intendantin ist berechtigt. Dass gerade der Springer-Konzern den Skandal auswalzt, hat einen Grund

4.) Patricia Schlesinger – RBB-Skandal

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfällt. Doch seine tapferen Verteidiger wollen es nicht wahrhaben und geben ihm immer wieder neuen Kredit. Skandale stufen sie zu bedauerlichen Einzelfällen herab, fehlende Kontrolle entschuldigen sie mit menschlichem Versagen, und wenn alles nichts hilft, stoßen sie die ultimative Drohung aus: Wollt ihr ernsthaft, dass Nachrichten, Bildung und Unterhaltung künftig allein von RTL, Pro7, Sat1 und Springer-TV kommen? Die Verteidiger des öffentlich-rechtlichen Systems nehmen das Fernsehen zu wichtig, und deshalb glauben die Repräsentanten dieses Systems, sie hätten für ihre repräsentativen Aufgaben ein Anrecht auf dicke Gehälter, fette Limousinen, luxuriöse Büros und geldwerte Vergünstigungen. Selbstbewusst reihen sie sich ein in die Freunderl-Wirtschaft der Beraterverträge und des einträglichen Wechselspiels von Auftragsvergabe und Auftragsannahme. Aus der gegenseitigen Kontrolle der Gremien ist ein prinzipielles Einvernehmen der Netzwerke und Seilschaften geworden. Wie überall. Der Skandal um die „Luxus-Intendantin“ (Bild) Patricia Schlesinger wird nur deshalb so aufgeblasen, weil hier zwei Berliner Clans um das gleiche Revier kämpfen: auf der einen Seite der Springer-Konzern, der schon immer ins TV-Geschäft wollte, aber wegen der erdrückenden öffentlich-rechtlichen Konkurrenz und der eigenen Amateurhaftigkeit nicht aus dem Quark kommt, auf der anderen Seite der von Springer wieder mal heftig moralisch attackierte öffentlich-rechtliche Rundfunk, Filiale Berlin-Brandenburg (RBB). Als würde es bei Springer keine dicken Autos, Luxusimmobilien, Boni und Millionengehälter geben. Und keine teuren Bewirtungen, edlen Büroausstattungen oder Machtmissbrauch.

Freitag-online

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Was die Gesellschafft in Japan als Sekte erkennt – Läuft hier unter Clan-Parteien und auch Religionen. Wenn der Papst, als Stellvertreter Gottes auf Erden hustet, bekommen alle Katholiken ihren obligatorischen Dünnschiss.  

Nach dem Anschlag auf Shinzo Abe entlässt sein Nachfolger Regierungsmitglieder mit Kontakt zu religiösen Gruppen.

5.) Die Macht der Sekten in Japan

Als Fumio Kishida die Namen seines neuen Kabinetts verlas, war klar: Schon seit Wochen herrscht in Tokio Nervosität. Inmitten fallender Zustimmungswerte hat der japanische Premierminister am Mittwoch nicht nur mehrere Führungspositionen seiner konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) neubesetzt, sondern auch den Großteil der Ministerinnen und Minister seiner Regierung. Im 19-köpfigen Kabinett finden sich nur fünf Personen, die ihre Posten behalten konnten. Kabinettsumbildungen sind in dem ostasiatischen Land zwar nichts völlig Ungewöhnliches, da auf diese Weise immer wieder frischer Wind auf die politische Führungsetage gebracht werden soll. Aber die Vehemenz der personellen Neuausrichtung erregt dieser Tage viel Aufsehen. Die Tageszeitung Nikkei sprach am Mittwoch von einer Maßnahme, die „Personen, die Kontakt zur Vereinigungskirche zugegeben haben, beseitigen will.“ Auch die führende Nachrichtenagentur Kyodo interpretiert, dass auf diese Weise „Verbindungen zu dubiosen religiösen Unternehmen abgeschnitten werden sollen.“ Nach Attentat auf Shinzo Abe durchlebt Japan eine politische Krise. Seit einem guten Monat durchlebt Japan eine politische Krise. Am 8. Juli war der ehemalige Premierminister Shinzo Abe auf einer Wahlkampfveranstaltung auf offener Straße erschossen worden. Der Mörder des bis dahin noch höchst einflussreichen Politikers hatte eine Verbindung zwischen Abe und einer Sekte festgestellt, deren gängiger Name sich auf Deutsch mit Vereinigungskirche übersetzt. Diese Organisation wiederum hatte die Mutter des Mörders durch hohe Spendenaufforderungen finanziell ruiniert.

FR-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Putin Deals unter Freunden

Erstellt von Redaktion am 14. August 2022

Russische Oligarchen in Europa

Frankfurt am Main, Radisson Blu Hotel (ehemals Blauer Himmel) Turm von Süden aus gesehen.

Von Paul Toetzke

Ein Gefährte des russischen Präsidenten Putin macht Geschäfte in Europa. Dabei knüpft er antidemokratische und kremlfreundliche Netzwerke.

Das Radisson Blu Park Royal Palace Hotel befindet sich in bester Lage Wiens, goldfarben schimmert seine Fassade hinter Bäumen, das Schloss Schönbrunn ist wenige Gehminuten entfernt. Ein Penthouse in der obersten Etage kann man für knapp zwei Millionen Euro erwerben.

Wem das 4-Sterne-Hotel gehört, ist unklar. Nicht ungewöhnlich, dass sich Immobilienbesitzer hinter Gesellschaften und Offshorefirmen verstecken, doch in diesem Fall lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Viel deutet darauf hin, dass hinter dem Hotel Wladimir Jakunin steckt, ein einflussreicher russischer Oligarch und Vertrauter Putins, der europaweit prorussische und antidemokratische Initiativen finanziert. Auch der Name des ehemaligen österreichischen Kanzlers Alfred Gusenbauer taucht in diesem Zusammenhang immer wieder auf.

Zum Netzwerk Jakunins und seiner Familie recherchieren wir – ein Verbund aus Jour­na­lis­t*in­nen aus sieben europäischen Ländern und Russland – seit fast zwei Jahren. In dieser Zeit haben wir Registerauszüge geprüft, Hintergrundinterviews geführt, russische Quellen im Exil getroffen und waren zu Gast bei zwielichtigen Veranstaltungen. Daraus entstanden zahlreiche Veröffentlichungen zu fragwürdigen Deals mit hochrangigen europäischen Politikern, über Konten mit Milliarden Dollar an Bestechungsgeldern und Immobilien mit verschleierten Eigentumsverhältnissen. In dieser Recherche widmen wir uns den Hotelgeschäften der Familie Jakunin.

Wladimir Jakunin ist einer der ältesten Weggefährten Putins und bekannt für sein nationalkonservatives Weltbild. Während er seine Familie und sein Vermögen nach Europa verlagert hat, hetzt er im eigenen Land gegen die „Dekadenz des Westens“ und die „globale Finanzoligarchie“. Als ehemaliger Chef der russischen Eisenbahn hat er laut der Recherchegruppe von The Insider nicht nur Geld in Milliardenhöhe vom russischen Staatsbudget abgeführt, er unterhält auch beste Kontakte zu Geschäftsleuten und hochrangigen Politikern im Ausland.

Das Geld des Oligarchen

Der Mann

Wladimir Jakunin arbeitete 22 Jahre beim russischen Geheimdienst KGB und lernte dort den heutigen Präsidenten Putin kennen. In den 1990er-Jahren war Jakunin Diplomat bei den Vereinten Nationen und wechselte dann nach Moskau. 2005 wurde er Präsident der russischen Eisenbahngesellschaft, 2015 trat er zurück. Nach dem Einmarsch russischer Truppen auf die Krim haben die USA Wladimir Jakunin auf ihre Sanktionsliste gesetzt.

Seine Ideologie

Ideologisch gilt Jakunin als konservativer Hardliner. Öffentlich fiel er mit homophoben Äußerungen auf. Unterstützer*innen der österreichischen Dragqueen und Eurovision-Song-Contest-Teilnehmerin Conchita Wurst unterstellte er eine „abnorme Psychologie“. Im Westen sieht er einen „vulgären Ethno-Faschismus“ und warnte vor einer „Politik der Zerstörung sozialer und kultureller Wurzeln“.

Sein Geld

Jakunins Geld fließt zum Teil in antifeministische Organisationen in Europa. Das Europäische Parlamentarische Forum hat im vergangenen Jahr Finanzdaten von 54 Gruppen ausgewertet, die sich in Europa gegen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, LGBTI-Rechte und Gleichstellungspolitik einsetzen. Ihrem Report zufolge flossen zwischen 2009 und 2018 über 110 Millionen US-Dollar von Organisationen, die mit Jakunin assoziert sind, in antifeministisches Engagement in Europa. Darunter etwa in ein Vernetzungstreffen von Antifeministinnen in Georgien und Anti-Abtreibungs-Aktivismus in Serbien und Weißrussland.

Seine Verbindungen

Auch nach Deutschland pflegte Jakunin Kontakte. Noch 2020 saß er im Vorstand des Deutsch-Russischen Forums, unter anderem mit dem ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Mit Platzeck trat Jakunin auch mehrfach öffentlich auf – selbst, nachdem Jakunin von den USA schon sanktioniert war und in Deutschland mit zweifelhaften Auftritten aufgefallen war.

Im Jahr 2016 hat Jakunin zusammen mit Peter W. Schulze, dem ehemaligen Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, in Berlin das Forschungsinstitut „Dialog der Zivilisationen“ gegründet. Kritiker*innen befürchteten, das Institut würde ein Propagandainstrument für den Kreml werden. Seit Mitte März ist die Website des Instituts offline.

Für den russischen Politologen Alexander Morozov ist Jakunin ein „Pionier der russischen Einflussnahme“, der zum “’Anti-Soros’ werden will – einem Organisator der antiliberalen Politik auf globaler Ebene“.

Kaum ein anderer Oligarch ist so gut vernetzt in Europa wie Jakunin. Er unterhält Stiftungen und Institute in Frankreich, Österreich, der Schweiz, Tschechien und – bis vor Kurzem – auch in Deutschland. Alle haben dasselbe Ziel: pro-russische Allianzen knüpfen und die Politik des Kremls im Ausland salonfähig machen. In all diese Aktivitäten ist auch der Rest der Familie – seine Frau Natalia und die Söhne Andrei und Viktor – eingebunden. Russische Aktivisten und Oppositionelle warnen schon lange davor, dass die Familie auch im Ausland agiert. Mit Hilfe eines Netzwerks aus Treuhändern, Bänkern, Anwälten und Politikern verfügen die Jakunins so über Strukturen, mit denen sie Geld ins Ausland transferieren, Vermögen anhäufen und damit ihre politische Propaganda und die des Kremls vorantreiben.

taz am Wochenende

Einer der einflussreichsten russischen Oligarchen und Weggefährten Putins ist immer noch gut im Ausland vernetzt. Wie er zusammen mit seiner Familie in Europa durch Hotel-Geschäfte Vermögen anhäuft, um pro-russische Akteure zu finanzieren, lesen Sie in der taz am wochenende vom 13./14. August. Außerdem: Zu teuer? Zu billig? Eine Sachkunde zur Psychologie der Preise. Un­d:­ Kann man gleichzeitig ultraorthodoxe Jüdin und Feministin sein? Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Das Bereicherungsprinzip der Familie ist seit den Neunzigerjahren dasselbe: Über die Kontakte von Wladimir Jakunin werden Hotels günstig erworben und nach der Renovierung und dem Rebranding mit Gewinn weiterverkauft. In diesem Zusammenhang spielen auch Wladimir Jakunins Sohn Andrei und seine Beteiligungsgesellschaft VIYM eine wichtige Rolle. Andrei Jakunin lebt mittlerweile als britischer Staatsbürger in London.

Bei den Investments in Europa taucht der Name der Familie meistens nicht auf. Das Geld, das mit großer Sicherheit aus dem Budget der russischen Eisenbahn stammt – und damit von russischen Steuerzahlern –, ist danach „sauber“.

Das Hotelgeschäft in Wien ist ein Paradebeispiel für das korrupte Prinzip der Familie. Dieses Beispiel offenbart aber auch, wie sich russische Oligarchen als saubere Geschäftsleute präsentieren, es zeigt, wie sie trotz westlicher Maßnahmen weiterhin politischen Einfluss nehmen können – und demonstriert die Scheinheiligkeit der europäischen Regierungen, die dieses System jahrelang nicht nur geduldet, sondern gefördert haben und jetzt mit den Konsequenzen konfrontiert sind.

Dabei ist der Westen alles andere als wehrlos. In den USA und Australien ist Wladimir Jakunin seit der Krim-Annexion 2014 – damals war er noch Chef der russischen Eisenbahn – aufgrund seiner Regierungsfunktion und der Nähe zu Präsident Putin sanktioniert. Das bedeutet, dass er einem Visumsverbot unterliegt, sämtliche Vermögenswerte in den USA eingefroren und ihm Geschäfte und Transaktionen in Dollar untersagt sind.

Auch die EU könnte den Einfluss der Familie Jakunin über Sanktionen einschränken. Sanktioniert werden seit 2014 laut der Richtlinie insbesondere Personen oder Institutionen, die in die Gefährdung der territorialen Integrität der Ukraine involviert sind, die von russischen Entscheidungsträgern, die für die Annexion der Krim verantwortlich sind, profitieren, die mit den prorussischen Separatisten im Donbass interagieren, die von der russischen Regierung profitieren oder eine substanzielle Einkommensquelle für die russische Regierung darstellen. Die Liste umfasst 1.212 Russen und 108 Institutionen.

Als wir bei der EU-Kommission nachfragen, warum Wladimir Jakunin nicht auf der Liste steht, teilt man uns mit, man möchte sich nicht zu einzelnen Namen äußern. Dem Schweizer Magazin Republik sagte ein EU-Sprecher: „Wenn jemand nicht auf der Sanktionsliste ist, bedeutet das, dass die EU-Mitgliedsstaaten der Meinung sind, dass es nicht genügend Grund dazu gibt, der Moment nicht der richtige ist oder dass es an Beweisen fehlt, um die Person zu sanktionieren.“

Die Frage ist auch, ob Sanktionen gegen jemanden wie Wladimir Jakunin überhaupt wirksam wären – wenn es um einen ganzen Clan geht

2016, als Jakunin bereits in den USA und Australien sanktioniert war, erhielt er ein Visum und eine Arbeitserlaubnis für Deutschland, um in Berlin den Dialogue of Civilizations zu eröffnen. Einen mittlerweile inaktiven Thinktank, der Experten zufolge „an vorderster Front bei der Verbreitung von Jakunins konservativer und homophober Botschaft im deutschen politischen Establishment“ stand. Damals war schon bekannt, dass Jakunin enge Kontakte zur Rechten pflegt. 2014 trat er etwa beim Kongress „Frieden mit Russland“ des Magazins Compact auf, an dem auch der AfD-Politiker Alexander Gauland teilnahm. Das Magazin stuft das Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ ein.

Die Frage ist aber auch, ob Sanktionen gegen jemanden wie Wladimir Jakunin überhaupt wirksam wären – wenn es um einen ganzen Clan geht.

In Großbritannien scheint man sich über die Gefahr, die von der Familie Jakunin ausgeht, bewusst zu sein. Im April dieses Jahres wurde Wladimir Jakunin mit 205 weiteren russischen Personen von der britischen Regierung sanktioniert. Er kann seinen Sohn und seine Enkel nicht mehr besuchen, ihm sind Transaktionen in Pfund untersagt und ihm wird der Zugang zu Konten verwehrt. Auch sein Sohn Andrei – dem Gründer von VIYM –, der sich als britischer Staatsbürger lange sicher wähnte, gerät jetzt in den Fokus der Politik.

In der Parlamentsdebatte über neue britische Sanktionen sagte die Labour-Abgeordnete Margaret Hodge, Wladimir Jakunin habe „fast vier Milliarden Dollar an Vermögenswerten und Provisionen von der russischen Eisenbahn abgeführt“, und dass „der größte Teil dieser Vermögenswerte jetzt von seinem in London ansässigen Sohn über einen in Luxemburg registrierten Investmentfonds VIYM verwaltet wird“.

Die Familie schützen

Dabei bemüht sich Jakunin junior schon länger darum, sein Vermögen von den Geschäften seines Vaters zu trennen. Laut einer Recherche des US-Mediums Quartz aus dem Jahr 2017 beauftragte er eine Corporate-Intelligence-Firma in London damit, den Ruf der Familie zu „schützen“, indem sie negative Berichterstattung verhindern sollte und die Suchergebnisse durch selbst erstellte positive Meldungen beeinflusste. Diese Praxis wird auch als „reputation laundering“ bezeichnet und ist nicht unüblich unter russischen Oligarchen und deren Angehörigen.

Andrei Jakunin wies gegenüber Quartz zurück, dass sein Vater Einfluss auf sein Vermögen nimmt. Auch dass seine Firma VIYM die gleichen Initialen trägt wie sein Vater Wladimir Iwanowitsch Jakunin (auf Englisch VIY), sei reiner Zufall. Erklärt, woher sein Vermögen kommt – darunter ein 4,5-Millionen-Pfund-Anwesen in London-Hampstead, wo er mit seiner Familie lebt –, hat Andrei Jakunin nie.

Quelle        :         TAZ-online            >>>>>        weiterlesen

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Bolsonaro als Zerstörer

Erstellt von Redaktion am 14. August 2022

Das Gespenst des Bolsonarismus

Bolsonaro und seine Rocker

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Klimawandel und Inflation

Erstellt von Redaktion am 14. August 2022

Klimawandel, Inflation und satte Gewinne

Northwest Crown Fire Experiment.png

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Axel Mayer – Mitwelt Stiftung Oberrhein

Die berechtigte Angst vor der Inflation treibt die Menschen in Deutschland um. Krieg war immer eine makaber gute Zeit für Spekulanten. Ob Wohnungsunternehmen, Agrar- oder Ölkonzerne – zurzeit scheint für Unternehmen jeder Anlass recht, beim Preisetreiben mitzumachen und so die eigenen Gewinnmargen zu erhöhen. Es wird Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.

Kriegsgewinnler sind Personen, Firmen und Organisationen, die Notsituationen in Kriegszeiten ausnutzen, um überproportional hohe Profite zu erwirtschaften.

Inflation bezeichnet den Anstieg des Preisniveaus einer Ökonomie über einen bestimmten Zeitraum. Das allgemeine Preisniveau steigt und die Menschen können für jede Geldeinheit weniger Güter und Dienstleistungen kaufen.

Kriegsgewinnler & Inflationstreiber: (nicht nur) Öl- und Energiekonzerne

Die Welt erlebt und erleidet den menschengemachten Klimawandel. Dürren, Wüstenbildung, Extremwetterereignisse und extreme Hitze sind noch schneller gekommen, als es die Umweltbewegung und die Wissenschaft prognostiziert haben. Öl-, Gas-, Kohle- und Energiekonzerne haben auf eine verbrecherische Art und Weise das Thema heruntergespielt und mit atomar-fossilen Seilschaften die Klimawandelleugner und die Energiewendegegner finanziert. Sie sind Täter und Klimaverbrecher. Jetzt werden sie nicht etwa bestraft, sondern mit Milliardenprofiten belohnt. Alle großen Energiekonzerne treiben die Öl- und Gaspreise infolge des Ukraine-Krieges und fördern so die Inflation. Die demokratiegefährdende, neoliberale Umverteilung von unten nach oben beschleunigt sich.

Die globalen Energieunternehmen profitieren massiv vom Ukraine-Krieg. So konnte das britische Energieunternehmen Shell seinen Gewinn im zweiten Quartal 2022 auf 18 Milliarden US-Dollar verfünffachen. Der US-amerikanische Mineralölkonzern Exxon Mobile machte im zweiten Quartal des laufenden Jahres 17,9 Milliarden US-Dollar Gewinn. Im zweiten Quartal des Vorjahres waren es noch 4,7 Milliarden.(Eine Milliarde sind unglaubliche 1000 Millionen!). Der französische Konzern TotalEnergies verdoppelte seinen Gewinn, ebenso der spanische Ölkonzern Repsol. In Deutschland hat der Energiekonzern RWE seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr stark nach oben korrigiert – das Unternehmen erwartet nun einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von bis zu 5,5 Milliarden Euro statt bislang rund vier Milliarden Euro.

Es sind diese Konzerne, denen wir die Klimakatastrophe zu verdanken haben. Sie haben in Deutschland keine Übergewinnsteuer zu befürchten, denn mit der FDP sitzen die Schutzheiligen der Superreichen und der Konzerne in der Regierung.

Es ist gut, richtig und wichtig, im Krieg auf die Opfer zu schauen. Wir sollten dabei aber auch die Kriegsgewinnler und Profiteure des Krieges nicht aus den Augen verlieren und ihnen mit einer Übergewinnsteuer auf die Finger schlagen. Es ist gut, richtig und wichtig, auf die Folgen der Klimakatastrophe zu schauen. Wir sollten aber auch deutlicher und lauter als bisher die Täter benennen.

Es ist erschreckend, wie selten in unseren Medien über die Täter der Klimakatastrophe, über Kriegs-Profiteure und über die tatsächliche Ursache der Inflation berichtet wird.

Nachtrag: Die explodierenden Energiepreise und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich könnte im Herbst / Winter 2022 zu Energieaufständen auch in Deutschland führen. Diese werden schon jetzt im Internet von rechts-libertären Netzwerken und auch von Klimawandelleugnern vorbereitet, die (nicht nur in den USA) teilweise von amerikanischen Energiekonzernen und Energiemilliardären gesponsert werden. Die kommenden  Demos gegen „das System“ und gegen die hohen Energiepreise werden auch von den Profiteuren der hohen Energiepreise finanziert.

Urheberrecht
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Grafikquellen      :

Oben     —   Beispielfoto  –  Northwest Crown Fire Experiment, Nordwest-Territorien, Kanada

(Foto mit Genehmigung des USDA Forest Service verwendet.) – Bunk S: Welt in Flammen. PLoS Biol 2/2/2004: e54. doi:10.1371/journal.pbio.0020054.g001

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Unten      —     Verlandete Buhnenfelder französische Rheinseite Höhe Lauterburg

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Kolumne FERNSICHT Uganda

Erstellt von Redaktion am 14. August 2022

E-Busse statt Abgase: Krieg und Kenia auf Kampalas Straßen

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Von Joachim Buwembo

Bisher galt E-Mobilität in Uganda eher als Spinnerei. Doch Präsident Museveni fing an, sie zu fördern. Nun zahlt sich das aus.

Jahrzehntelang hat Uganda den globalen Kampf gegen Klimawandel und für saubere Energie ignoriert. Jetzt plötzlich gibt es nichts Wichtigeres. Elektroautos werden entwickelt, um Benziner abzulösen. Dass das arme ostafrikanische Land jetzt ganz dringend seine chaotischen und abgasintensiven Minibusse überwinden will, das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, die aber zum Zeitpunkt ihres Imports schon zwanzig Jahre alt sind, und nun auf elektrische und geräuscharme Luxusbusse setzt, hat zwei Gründe, und sie liegen außerhalb des Landes.

Der erste Grund ist der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Die Benzinpreise haben sich seitdem verdoppelt. Der zweite ist die Präsidentschaftswahl im Nachbarland Kenia, das wichtigste Transitland für Ugandas Im- und Exporte über den Hafen Mombasa am Indischen Ozean.

Über Mombasa kommen Ugandas Ölproduktimporte im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar im Jahr. Uganda nutzt Mombasa dafür seit über einem Jahrhundert und kümmerte sich um Alternativen erst, als Ende 2007 und Anfang 2008 Gewalt in Kenia nach umstrittenen Wahlen über 1.000 Tote forderte. Wütende Anhänger von Raila Odinga, die sich um dessen Sieg durch den damaligen Amtsinhaber Mwai Kibaki betrogen fühlten, rissen Teile der Eisenbahnlinie aus Mombasa Richtung Uganda, dem sie die Unterstützung Kibakis vorwarfen, aus den Gleisen.

Das panische Uganda tat sich sogleich mit Tansania zusammen, um die Alternativstrecke über den tansanischen Hafen Daressalam auszubauen. Aber dann kehrte in Kenia wieder Frieden ein und Uganda war wieder zufrieden mit Mombasa, das näher und moderner ist. Fracht aus Mombasa nach Kampala braucht nur halb so lang wie aus Daressalam.

Alle fünf Jahre gibt es Wahlen in Kenia, und jedes Mal bereitet sich Uganda halbherzig auf Probleme vor, wie die Lagerung von ein paar Millionen Litern Benzin mehr. Aber dieses Jahr fällt Kenias Wahl mitten in den Krieg in der Ukraine, und da reicht so was nicht mehr. Ugandas Regierung will nun den Verkehr auf Elektrik umschalten, um weniger Benzin zu benötigen.

Präsident vergaß das Projekt nicht

Bisher galt E-Mobilität in Uganda eher als Spinnerei. Ingenieursstudenten an der Universität Makerere in der Hauptstadt Kampala entwickelten 2011 das erste ugandische E-Auto, selbst entworfen und selbst gebaut. Sie luden Präsident Yoweri Museveni ein, damit auf dem Universitätsgelände herumzufahren. Die Öffentlichkeit spendete Beifall und das Projekt wurde vergessen. Nicht aber von Museveni.

Quelle        :          TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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Oben     —     Vogelbeobachtung in Panama

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DL – Tagesticker 14.08.2022

Erstellt von Redaktion am 14. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.)  DÜRRE, STARKREGEN, ÜBERSCHWEMMUNGEN  – . –  2.) Unsere Gewalt, unsere Opfer  – . –  3.) Ein wenig grüne Hoffnung  – . –  4.) Trommeln für das „Weiter-so“  – . –  5.) „Wir lassen sie nicht zurück“   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Politische Narren, welche diese Warnungen aus Wirtschlichten Gründen seit mehr als 40 Jahre ignorierten sollte Niemand mehr seine Aufmerksamkeiten zuwenden. Schade um die Zeit sich mit Hohlköpfen abzugeben. Zu den benannten Zeiten wurde bereits über das Austrocknen von Nord-Amerika gewarnt, da die Landwirtschaft das Grundwasser zur Bewässerung nutzen musste. 

Wir müssen uns an den Klimawandel anpassen. Aber wie gut sind Europa und Deutschland dafür gerüstet? Naturkatastrophen nehmen durch den Klimawandel zu. Damit müssen nun auch Länder im globalen Norden umgehen. Ein Blick auf die Strategien in Europa und Deutschland. Durch den Klimawandel wird es wärmer in Deutschland. Und auch extreme Wetterereignisse wie Starkregen stellen die Bevölkerung vor ein Problem. Für den Menschen heißt das: Er muss sich anpassen. Ein Bürgermeister, ein Landwirt und ein Unternehmer erzählen, wie sie das machen. 

1.)  DÜRRE, STARKREGEN, ÜBERSCHWEMMUNGEN

Der Klimawandel ist ein komplexes Phänomen, das für viele Menschen nicht greifbar ist. Dabei sind die Auswirkungen des sich verändernden Klimas längst spürbar. Landwirte, Gemeinden und Unternehmen haben deshalb damit begonnen, sich auf den Wandel einzustellen: ein Bürgermeister lässt Gebäude am Bach abreißen, ein Landwirt baut vor den Toren Hamburgs Pfirsiche an und ein Unternehmen vertreibt Bewässerungssysteme aus der Wüste. Hier sind ihre Geschichten. 1. Land unter. Unwetter bringen Regen – wenn besonders viel Wasser fällt, kann das gefährlich werden. Starkregen führt zu Überschwemmungen, reißt nicht nur Autos mit und unterspült Häuser. Er raubt den Menschen die Gewissheit, in einer modernen Welt gegen Naturgefahren gewappnet zu sein. Und die Gefahr durch Starkregen nimmt in Teilen Deutschlands zu.  Diesen Sommer traf es Berlin gleich zweimal. In der Hauptstadt galt der Ausnahme-Zustand, ganze U-Bahnhöfe waren überschwemmt. In Tübingen zerstörte Starkregen ein Leichtathletik-Fest, an dem Athleten aus 62 Nationen teilnahmen. Die süddeutsche Gemeinde Eningen unter Achalm hat es bereits zweimal schwer getroffen: „2013 erlebte Eningen das schlimmste Hagelunwetter, das es je in Deutschland gab“, berichtet Bürgermeister Alexander Schweizer. Dann kamen die Wassermassen 2016 plötzlich erneut.

Stern-online

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Da es um Uniformierte Söldner eines Staates geht, für den Viele nie einen Finger gekrümmt hätten, da von Diesen noch nie etwas  Gutes ausgegangen ist, außer Kriege und Selbstzerstörung durch eigene Unfähigkeiten der sich selbst gemeldeten Personen. So muss die Oberzeile auch nicht „Unsere“ heißen sondern ganz schlicht  „Ihre“. Denn nur Diese haben noch nie etwas geschafft!

Kolumne –  Fünf vor acht/ Polizeigewalt. – Vier Menschen starben in Deutschland bei Polizeieinsätzen. Warum berührt uns das so wenig? 

2.) Unsere Gewalt, unsere Opfer

Es gibt gute und schlechte Zeitpunkte für bestimmte Themen. Manchmal fällt beides zusammen. Vor zwei Wochen notierte ich die Worte „Polizisten die um mich besorgt sind“ in meine Handy-Notiz-App. Dort halte ich Ideen für Kolumnen immer direkt fest, wenn sie mir kommen, denn ich habe viele Ideen, kann mir aber null Dinge merken. Also, die Geschichte zur Idee: Ich bin eine weiße, junge, untätowierte, normalgewichtige Frau und spreche Deutsch ohne Akzent. Das bedeutet, dass mir Leute im öffentlichen Raum viel durchgehen lassen. Einmal bin ich ohne Ticket U-Bahn gefahren. Kontrolleure stiegen ein, ich nahm sie nicht wahr, weil ich mit dem Rücken zu ihnen stand, Kopfhörer trug und sehr laut Musik hörte. Einer stellte sich vor mich, mit seinem Kontrollgerät, seine Lippen bewegten sich, ich hörte nicht, was er sagte, ich lächelte nur und nahm mein Handy, um die Musik leiser zu stellen, woraufhin er ebenfalls lächelte und weiterging, ohne mich zu kontrollieren. Ich sehe einfach so aus, als hätte ich ein Ticket.  Mit der Polizei hatte ich seltenst Kontakt und überhaupt nie ein Problem. Das erste Mal, dass ein Polizeiwagen ein Auto anhielt, in dem ich saß, war ich 18 Jahre alt und Beifahrerin. Der Polizist stellte sich neben das Beifahrerfenster und wies mich an, es herunterzukurbeln. Er sagte, dass ich den Anschnallgurt falsch trage. Nämlich nicht über der Schulter, sondern über dem Oberarm. So funktioniere der Anschnallgurt nicht. Das könne extrem gefährlich werden. Polizist zu sein, ist bestimmt kein toller Job

Zeit-online

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Ist es keine große Überraschung wenn das eigene Land des Journalisten mit keinen Wort Erwähnung findet? Ein Land in dem ihre Politiker ihr Titel, Plakaten gleichend, den leeren Köpfen voraustragen?

Geld und neue Köpfe sind nicht genug! In den USA, Australien und Brasilien ist der Klimaschutz plötzlich wieder wichtig. Was aber fehlt, sind schnelle, radikale Maßnahmen.

3.) Ein wenig grüne Hoffnung

Brauchen Sie mal eine gute Nachricht vom Klima? Bitte sehr: Das „Inflations-Bekämpfungs-Gesetz“, das der US-Kongress am Freitag nach Redaktionsschluss endgültig beschließen wollte, pumpt nicht nur 370 Milliarden Dollar über die nächsten Jahre in die grüne Infrastruktur der USA, sondern auch Hoffnung in die globalen Klimaverhandlungen. Und auch anderswo scheint die Vernunft zu siegen: Die EU plant ihr ehrgeiziges Klimapaket; Australien stellt sich unter dem neuen Labor-Premier Anthony Albanese endlich der Realität im Treibhaus; in Brasilien könnte eine Abwahl des ökofeindlichen Präsidenten Bolsonaro dem Amazonas-Regenwald eine Atempause verschaffen; in Kolumbien verspricht der neue Präsident Petro einen ökosozialen Kurs und weltweit fallen die Preise von Sonnen- und Windkraft weiter. Gute Zeichen für den Klimaschutz also. Aber werden sie ausreichen, um das festgefügte fossile System ernsthaft zu erschüttern? Zumindest für die Klimaverhandlungen in drei Monaten in Ägypten haben sich die Aussichten verbessert. Doch in Scharm al-Scheich wird es nicht um neue Regeln gehen, sondern um eine konkrete Umsetzung des Pariser Abkommens: schnelle Schnitte bei den CO2-Emissionen, zuerst in den Industrieländern; finanzielle und technische Hilfen für die Schwellen- und Entwicklungsländer beim Aufbau einer CO2-armen Infrastruktur; Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel und Schadensersatz für arme Länder, die nichts zur Klimakrise beitragen, aber von ihr am härtesten getroffen werden.

TAZ-online

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Sehen die Deutschen ihre Fahne und hören die Hymne, stürzt sich die Gesellschaft in die Uniformen und Marschiert mit ihrem Trallala durch das Land und drang beim Nachbarn ein. Polen wurde doch schon am frühen Morgen beschossen. Und alles bleibt so Normal: „Die gleichen Trolle sind noch immer da“!

Kriege verursachen die größten Umweltschäden.

Die Logik des Krieges zu durchbrechen, gilt in Deutschland als nicht opportun. Die Argumente der Militär-Unterstützung für die Ukraine leben von Überhöhung, Konfrontation, Diskreditierung und Illusion.

4.) Trommeln für das „Weiter-so“

Knapp ein halbes Jahr dauert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, und die De-facto-Konfliktparteien aus dem Westen sind bemüht, die grassierende Kriegslogik argumentativ zu stützen. Statt mögliche Alternativen zu einer militärischen Lösung aufzuzeigen, trommeln sie öffentlich für ein „Weiter-so!“. Die dabei angeführten Argumente sind schlecht und werden auch durch ständige Wiederholung nicht besser. Man kann sie in vier Cluster einteilen: Überhöhung, Wille zur Konfrontation, Diskreditierung und Illusion. Überhöhte Rahmensetzungen sollen die Bedeutung des Konflikts hervorheben und militärische Maßnahmen legitimieren. Dazu gehört die Aussage, der Ukraine-Krieg sei kein Regionalkonflikt, sondern Teil einer globalen Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Autoritarismus. Die Ukraine kämpfe auch für unsere Freiheit und Werte. Nach drei Jahrzehnten gescheiterter Versuche des militärisch grundierten Exports von Demokratie soll es nun um deren Verteidigung gehen. Zur Not bis zum letzten Ukrainer? Wenn westliche Demokratien gefährdet sind, dann eher von innen, wie etwa das Abdriften des NATO-Mitgliedsstaates Türkei in den Autoritarismus belegt. Eine eher abstrakte Überhöhung ist die Behauptung, am Ausgang des Ukraine-Kriegs entscheide sich das Schicksal Europas. Der Konflikt mit Russland dauere wahrscheinlich lange, und die USA würden sich eher früher als später auf ihren Hauptrivalen China konzentrieren. Darum müsse die EU zu einem militärisch handlungsfähigen geopolitischen Akteur werden, der Russland in Schach halte. Das Argument ist eine Variation früherer Gründe für eine Militärmacht Europa, die auf Autonomie von den USA oder auf einen Großmachtstatus der EU zielen. Der Krieg in der Ukraine führt zwar zu einer immensen Aufrüstung des Westens, nicht zuletzt Deutschlands. Ob das jedoch zu einem militärischen Integrationsschub der EU führt, ist angesichts divergierender Interessen ebenso zweifelhaft wie die behauptete Schicksalhaftigkeit für Europa.

Der Freitag-online

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Das ist nicht das erste Versprechen, sondern schon das Zweite oder gar das Dritte. Hier im Land geht es zu, wie auf der Jahrmarkt Kirmes beim „Billigen Jakob“! Wichtig ist nur das Politiker auf offene Ohren stoßen. Die Wähler akzeptieren jeden Scheiß-Dreck. A. -Loch überholt sich in schönster Regelmäßigkeit. Hieß es in der Politik nicht schon immer: „Ein Heutiges versprochen – ist schon Morgen wieder gebrochen“.?

Faeser verspricht afghanischen Ortskräften Ausreise nach Deutschland. Ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban warten noch Tausende ehemalige Bundeswehr-Ortskräfte auf eine Ausreise. Die Bundesinnenministerin sagt Hilfe zu.

5.) „Wir lassen sie nicht zurück“

Zum Jahrestag der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) allen noch in Afghanistan befindlichen ehemaligen Ortskräften der Bundeswehr eine Möglichkeit zur Ausreise nach Deutschland versprochen. „Wir lassen sie nicht zurück“, sagte Faeser der „Bild am Sonntag“. Sie arbeite mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an einem neuen „Bundesaufnahmeprogramm für afghanische Ortskräfte“, mit klaren Kriterien. Das größte Problem sei, besonders bedrohte Menschen aus Afghanistan rauszubekommen. Inzwischen habe man 15.759 afghanische Ortskräfte und Familienangehörige nach Deutschland geholt. Faeser sagte der „Bild am Sonntag“, Rückführungen nach Afghanistan werde es auf absehbare Zeit nicht geben. „Die Abschiebungen nach Afghanistan sind derzeit auf Eis gelegt“, sagte Faeser. Das werde angesichts der aktuellen Situation dort sicher auch so bleiben müssen. Vor einem Jahr hatten die radikal-islamischen Taliban nach dem überstürzten Abzug internationaler Truppen die Herrschaft in Afghanistan wieder übernommen. Ex-Präsident Ghani rechnet mit Flucht von Millionen. Der frühere afghanische Präsident Aschraf Ghani eine große Flüchtlingsbewegung aus seinem Land vorausgesagt. „Millionen werden versuchen, aus Afghanistan zu flüchten“, sagte Ghani ebenfalls der „Bild am Sonntag“. Die meisten der Flüchtlinge würden demnach versuchen, nach Deutschland zu kommen.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten     —       Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel: „Weiter so“

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Verwicklungen in der SPD

Erstellt von Redaktion am 13. August 2022

Ein Raubzug namens Cum-ex

Von    :     Gernot Knödler und Stefan Reinecke

Das Hamburger Bankhaus Warburg, ein verbrecherisches Hütchenspiel – und was das mit Kanzler Olaf Scholz und SPD-Politiker Johannes Kahrs zu tun hat.

Weil in einem Schließfach des Hamburger SPD-Granden Johannes Kahrs 214.800 Euro gefunden wurden, rückt der Cum-Ex-Skandal der dortigen Warburg-Bank wieder in den Blickpunkt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

1.) Was sind Cum-ex-Geschäfte überhaupt?

Es handelt sich um einen systematischen Steuerbetrug. Die Cum-ex-Geschäfte waren ein organisierter Raubzug. Die Banken ließen sich mit Tricks und Leerverkäufen rund um den Dividendenstichtag vom Staat Steuern erstatten, die nie gezahlt worden waren. Das Ganze funktionierte wie eine Art Hütchenspiel, bei dem die Finanzbehörden am Ende nicht mehr durchblicken konnten, wem wann welche Aktien gehört hatten. Den deutschen Staat hat das rund 10 Milliarden Euro gekostet. Cum-ex war kein Steuervermeidungstrick am Rand des Illegalen, sondern gezielter Diebstahl. Die traditionsreiche Hamburger Warburg-Bank hat sich an diesem kriminellen Betrug beteiligt – wie viele andere Banken auch.

2.) Welche Rolle hat Olaf Scholz dabei gespielt?

Das ist die entscheidende Frage. Scholz hat 2016 und 2017 als Erster Bürgermeister in Hamburg Christian Olearius, Miteigentümer der Warburg-Bank, dreimal in seinem Amtszimmer empfangen. Damals sollte die Warburg-Bank 47 Millionen Euro aus den Cum-ex-Raubzügen aus dem Jahr 2009 zurückzahlen. Diese Rückforderung wäre Ende 2016 verjährt gewesen. Laut seinen eigenen Tagebüchern schilderte Olearius Scholz die miese wirtschaftliche Lage der Bank. Scholz habe zwar nichts versprochen, schreibt Olearius, doch er habe das Gefühl, „dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen“.

Scholz empfiehlt dem Banker am 9. November, die rechtliche Begründung der Bank, warum sie meint, die 47 Millionen nicht zurückzahlen zu müssen, an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher zu schicken. Das passiert auch, obwohl die Finanzbehörde diese Begründung längst hat. Kurz darauf bestätigt sich Olearius frohe Erwartung, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht. Die Hamburger Finanzbehörde entscheidet: Die Bank braucht die 47 Millionen nicht zurückzuzahlen.

3.) Warum trifft die Finanzbehörde diese Entscheidung, die offenkundig falsch war?

Es gab 2016 in der Finanzbehörde lange Debatten um diese 47 Millionen. Manche waren für die Rückforderung des Geldes, weil es sich um einen Cum-ex-Betrug handele. Auch die Sachgebietsleiterin Daniela P. sieht das so – ändert aber plötzlich ihre Meinung. Am Ende ist die Finanzbehörde der Ansicht, die schwer nachvollziehbaren Cum-ex-Geschäfte der Bank aus dem Jahr 2009 nicht beweisen zu können. Ein Argument ist: Wenn die Bank wegen der Zahlung der 47 Millionen in finanzielle Schwierigkeiten komme, müsse die Stadt am Ende dafür haften. So stellt es Tschentscher im Hamburger Cum-ex-Untersuchungsausschuss dar.

4.) Was hat Olaf Scholz damit zu tun?

Er sagt: nichts. Die Finanzbehörde habe unabhängig entschieden. Er habe keinen Einfluss auf die Rückzahlung genommen. Am Donnerstag hat er versichert: „Sie können sich darauf verlassen, dass ich nicht zu den Leuten zähle, die so was machen.“

Wer möchte auf Politiker wetten? Der Clan-Chor steht schon bereit: „Und dann will es Keiner gewesen sein, denn Niemand hat es gesehen.“

5.) Ist das glaubwürdig?

Auffällig ist die zeitliche Nähe zwischen Olearius’ Termin bei Scholz im November 2016 – und der Entscheidung der Finanzbehörde, die Sache auf sich beruhen zu lassen, ein paar Wochen später. Scholz’ Engagement bei der Aufklärung dieser Affäre übersichtlich zu nennen, ist eine Untertreibung. Zuerst behauptete die Senatskanzlei, Scholz habe sich nie mit Olearius getroffen. Das war, wie die Tagebücher zeigten, unwahr. Im Untersuchungsausschuss konnte sich Scholz im Mai 2021 an nichts mehr erinnern. Um diese Erinnerungslücken plausibel zu finden, muss man sehr sozialdemokratisch sein. Scholz ist bekannt für sein gutes Gedächtnis. Und es ging ja um viel Geld und eine bekannte Hamburger Bank in Schwierigkeiten. Daher rührt der Verdacht: Der Kanzler verschweigt etwas.

6.) Hat Scholz sich womöglich bereichert? Geht es um Korruption?

Nein. Es geht nicht um Bestechung. Politik und Wirtschaft sind in Hamburg traditionell eng verflochten. Der Verdacht lautet, dass Scholz mit Rücksicht auf die Bank und Arbeitsplätze, die in Gefahr geraten könnten, der Finanzbehörde sanft nahegelegt hat, auf die Rückforderung zu verzichten.

7.) Hat die Warburg-Bank das geklaute Geld wieder rausgerückt?

Quelle       :          TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —     Bankhaus Warburg in Hamburg-Altstadt, Eingang Ferdinandstraße 75.

 

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Internet für Wohnungslose:

Erstellt von Redaktion am 13. August 2022

Wackeliger Empfang auf der Straße

File:Armut Bettler Obdachlos (12269249596).jpg

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von    :     

Das Internet wird auch für Wohnungslose immer wichtiger, viele haben eigene Smartphones. Doch oft hindern sie prekäre Lebensverhältnisse, fehlende Infrastruktur oder eigene Ängste am digitalen Zugang. Immer mehr Projekte setzen sich für Veränderung ein.

Das Wetter checken, sich in der Stadt zurechtfinden oder mit Freund*innen schreiben: Smartphones sind längst kein Luxusprodukt mehr, sondern für die meisten Teil des Alltags. Das gilt auch für die hunderttausenden Wohnungslosen in Deutschland.

Als wohnungslos gelten Menschen, die keinen Wohnraum haben, der durch einen Mietvertrag oder eigenes Eigentum abgesichert ist. Obdachlos sind diejenigen von ihnen, die gar keine dauerhafte Unterkunft haben und beispielsweise nicht bei Bekannten unterkommen können. Wie viele Personen betroffen sind, lässt sich schwer genau bestimmen, im Januar 2022 übernachteten 178.000 Menschen in Notunterkünften.

Lutz Schmidt war bis 2012 selber wohnungslos, jetzt lebt er in einer Einrichtung gemeinsam mit anderen ehemals Wohnungslosen. 2019 hat er die Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen mitgegründet, die sich als „Sprachrohr aller obdach- oder wohnungslosen Menschen im deutschsprachigen Raum Europas“ versteht. Er ist Vorstandsmitglied des Vereins und gibt Workshops zum Umgang mit Smartphones und dem Internet für Menschen, die aktuell auf der Straße leben.

Die Technik macht vielen Angst

Auch als er selber wohnungslos war, hatte er schon ein Handy. „Damals noch so einen alten Knochen“, sagt Schmidt. Für Computer und die Digitalisierung hat er sich schon immer interessiert. Mit seinen Workshops möchte er anderen die Angst vor der Technik nehmen. Viele Wohnungslose hätten Angst, Handys zu benutzen, sagt er. Sie würden sich davor fürchten, ausspioniert zu werden, indem etwa ihr Aufenthaltsort registriert wird. Dazu kommt die Sorge, nicht richtig mit der Technik umgehen zu können.

In den Workshops sei es deshalb wichtig, mit den Menschen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten und auf ihre Fragen zu den Geräten einzugehen. „Ich hab viele schon davon überzeugen können, dass sie damit arbeiten“, sagt er. Durch den Zugang zum Internet ergäben sich neue Möglichkeiten: Die Kommunikation untereinander oder etwa mit dem Arbeitsamt werde leichter. Auch können sich Betroffene so über Hilfsangebote zu informieren. „Man hat dann nicht mehr diesen sturen Blick auf die Platte, wo man gerade ist, sondern kann ein bisschen weiter rausschauen in die weite Welt“.

Durch die Coronapandemie kamen neue Probleme hinzu. Die Menschen verbrachten mehr Zeit in ihren Wohnungen. Wer auf der Straße lebte, hatte plötzlich weniger Geld durchs Betteln zur Verfügung. Laut Schmidt konnten es sich viele dadurch nicht mehr leisten, ihr Handy-Guthaben aufzuladen. Die Ämter waren geschlossen und viele Angebote ohne Internetzugang nicht mehr erreichbar. „Das ist eine sehr schreckliche Situation für die Wohnungslosen gewesen“.

Auch die Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen hat ihre Arbeit während der Pandemie ins Internet verlegt. Einige Treffen finden immer noch über Zoom statt. „Wir haben dann gemerkt, dass viele gar nicht erreichbar waren, sei es durch keine Zeit, kein Geld oder keine Geräte“. Seitdem es wieder möglich ist, sich persönlich zu treffen, sei es besser geworden, berichtet Schmidt.

Projekte verteilen Handys an Wohnungslose

Der Verein arbeitet aktuell an zwei Projekten, die sich mit der Digitalisierung beschäftigen. Im Projekt „Stein auf Stein“ in Bayern geht es darum, Wohnungslose mit Geräten auszustatten und sie im Umgang mit diesen zu schulen. Auch hofft die Selbstvertretung durch das Projekt, neue Mitglieder zu finden. Ein ähnliches Projekt hat der Verein im Rahmen des Förderprogramms „Internet für alle“ von Aktion Mensch.

Auch ein Forschungsprojekt an der Universität der Künste in Berlin möchte die digitale Teilhabe auf der Straße verbessern. Mit dem „MOWO-Projekt“ untersuchen die Wissenschaftler*innen, wie Wohnungs- und Obdachlose mobile Medien nutzen und welche Probleme sie dabei haben. Dazu führten sie im Jahr 2021 mit obdachlosen Menschen in Berlin eine Umfrage durch. Außerdem verteilten sie kostenlose Smartphones und SIM-Karten an Obdachlose, die davor für längere Zeit keines besessen hatten und begleiteten sie in den darauffolgenden Wochen.

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Einige Ergebnisse des Forschungsprojektes hat der wissenschaftliche Mitarbeiter David Lowis Ende 2021 im Berliner Straßenmagazin „Karuna-Kompass“ vorgestellt. 99 Prozent der Menschen, die von den Forscher*innen ein Handy bekamen, hatten in der Vergangenheit schonmal eines. Doch wenn man in so prekären Verhältnissen lebt, ist es oft schwierig, ein Smartphone lange zu behalten: 44 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen ihr letztes Handy gestohlen wurde. Weitere 21 Prozent haben es verloren, bei fast einem Drittel ist es kaputtgegangen.

„Leider Gottes ist es so, dass das ein sehr begehrter Gegenstand ist“, sagt auch Lutz Schmidt. „So ein Smartphone muss man hüten wie seinen Augapfel, sonst ist es weg.“

Kein Ausweis, kein Handyvertrag

Ein weiteres zentrales Problem sei die Beschaffung von SIM-Karten. Wer in Deutschland eine kaufen möchte, muss seit 2017 seinen Ausweis vorzeigen. In vielen europäischen Staaten gibt es ähnliche Vorschriften, begründet werden sie oft mit der Bekämpfung von Terrorismus.

Menschen ohne festen Wohnsitz werden durch diese Regelung stark belastet, sagt Lowis. Auch Ausweisdokumente gehen oft verloren oder werden gestohlen. Einen neuen Ausweis zu beantragen, kostet Zeit und Geld. Besonders schwierig sei es laut Lowis für Menschen, die nicht aus Deutschland kommen. Ihnen fehlten oft die nötigen Dokumente.

Auch Lutz Schmidt kennt das Problem mit der SIM-Karten-Registrierung. „Viele haben keinen Ausweis oder möchten auch keinen. Klar kann man denen ein Handy geben, aber die Verträge bleiben ein Problem.“ Was wünscht er sich von der Politik? Es müssten mehr Geräte zur Verfügung gestellt werden, antwortet Schmidt. Auch der Zugang zu SIM-Karten und WLAN müsste vereinfacht werden.

Nur ein Smartphone reicht nicht

Allein mit dem Austeilen von Smartphones sei es aber nicht getan, schreibt Maren Hartmann, die Leiterin des MOWO-Projekts. Wenn die Menschen weiterhin auf der Straße lebten, ginge das Handy bald wieder verloren. Nur eine Wohnung reiche aber heutzutage nicht mehr aus, um in die Gesellschaft eingebunden zu sein, dazu brauche es auch digitalen Zugang. Sie spricht sich deshalb für ein Konzept aus, das sie „Housing First Plus“ nennt: Die Bereitstellung von Wohnraum und digitalen Medien.

Housing First ist ein Konzept aus den USA, auch in Deutschland gibt es inzwischen einige Projekte. Dabei bekommen Obdachlose eine Wohnung ohne zusätzliche Bedingungen wie etwa einen Drogenentzug. Zusätzlich werden die Teilnehmenden zum Beispiel bei der Jobsuche unterstützt und bekommen medizinische und psychologische Versorgung. Das Konzept ist eine Alternative zum sogenannten Stufenmodell, bei dem Wohnungslose erst dann eine eigene Wohnung bekommen können, wenn sie sich durch gutes Verhalten in Notunterkünften als „wohnfähig“ erwiesen haben.

Viele Housing First-Projekte melden hohe Erfolgsraten, in Berlin wohnten etwa nach drei Jahren noch 97,3 Prozent der Teilnehmenden in ihren neuen Wohnungen. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung vorgenommen, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Bauministerin Klara Geywitz will sich dazu auch ein Beispiel an Finnland nehmen, das die Housing-First-Strategie umsetzt. Dort ist die Zahl der Wohnungslosen seit 1987 von über 16.000 auf 3.950 gefallen.

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2.) von Oben     —   Demonstration unter dem Motto „Wer hat der gibt!“ für die Umverteilung von Reichtum am 19. September 2020 in Berlin.

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Junk-Food und Fettleibigkeit

Erstellt von Redaktion am 13. August 2022

Mexiko: Nestlé ist mitverantwortlich für Todesursache Nr. 1

Quelle      :        INFOsperber CH.

Timo Kollbrunner, PublicEye /   

Wegen Junk-Food ist jeder Dritte fettleibig und stirbt zu früh. Doch der Konzern wehrte sich gegen Warn-Etiketten.

upg. Drei von vier Mexikanerinnen und Mexikanern sind übergewichtig und jede Dritte und jeder Dritte sogar fettleibig (Body-Mass-Index von 30 und darüber). Diabetes ist in Mexiko längst die Todesursache Nummer 1. Deshalb besteuert die Regierung das weit verbreitete Junk-Food. Seit 2020 warnen schwarze Warnhinweise vor ungesunden Lebensmitteln. Dagegen wehrte sich Nestlé mit allen Mitteln. Die Schweizer Behörden halfen dem Konzern tatkräftig dabei. Das zeigen vertrauliche E-Mails zwischen Nestlé und dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco unter SVP-Bundesrat Guy Parmelin, welche Public Eye Anfang Juli publik machte. Weil grosse Medien nur spärlich darüber berichteten, veröffentlichen wir hier die Recherche von Public Eye.

Wie das Seco nach Nestlés Pfeife tanzte

Mit schwarzen Stoppschildern auf ungesunden Lebensmitteln geht Mexiko gegen die grassierende Fettleibigkeit im Land vor. Doch das Vorhaben stösst auf erbitterten Widerstand der Industriekonzerne und ihrer Sitzstaaten. An vorderster Front: Nestlé und die Schweiz. Dokumente und Mailwechsel belegen, wie willfährig sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vom Nahrungsmittelgiganten aus Vevey einspannen liess, um gegen Mexikos Gesundheitspolitik zu agitieren. Gemäss exklusiven Marktdaten, die sich Public Eye beschafft hat, stand ein Geschäft von über einer Milliarde Franken auf dem Spiel. Dieses Lobbying der Schweiz für die Geschäftsinteressen von Nestlé ist kein Einzelfall. In Mexiko begann es im November 2019.

Offensichtlich enerviert schreibt am Morgen des 25. Novembers 2019, einem Montag, eine Person in Mexiko, die beim Schweizerischen Aussendepartement EDA angestellt ist, eine Mail ans Staatssekretariat für Wirtschaft, das Seco. Im CC: sieben weitere Mitarbeitende der beiden Abteilungen. Sie sei vor «etwas über 15 Tagen» auf «dieses Problem der Lebensmittelkennzeichnung» aufmerksam gemacht worden, schreibt die Person. Man habe daraufhin vereinbart, dass der Konzern sich an die Schweizerisch-Mexikanische Handelskammer SwissCham Mexico wenden und «um Unterstützung der Schweiz und der Kammer» bitten würde. Denn schliesslich betreffe diese neue Regulierung nicht nur Nestlé, sondern etwa auch Lindt, Ricola oder Emmi. Nestlé habe es aber offensichtlich vorgezogen, «direkt zum Seco zu gehen, und das allein in eigener Sache».

Und dann, in Fettschrift:

«Eine offizielle Intervention müsste daher meiner Meinung nach im Namen aller betroffenen Schweizer Unternehmen und in enger Zusammenarbeit mit der SwissCham, deren Mitglieder sie sind, erfolgen – und nicht allein für Nestlé.»

Dass der Konzern seine Interessen verteidige, sei klar, «aber Nestlé hat einen privilegierten Zugang zu den Behörden» und der Konzern habe es «nicht für angebracht gehalten, sein Insiderwissen (…) zu teilen. Ich bin mir nicht sicher, ob die anderen betroffenen Schweizer Unternehmen überhaupt wissen, welche Probleme sie mit den neuen Warnhinweisen erwarten.»

Fünf Stunden später: ein zweites Mail derselben Person an die gleiche Empfängerliste. Sie habe in der Zwischenzeit Kontakt gehabt zu einem Verantwortlichen bei Nestlé. Dieser habe ihr «die Ernsthaftigkeit des Problems und die Dringlichkeit einer Intervention bestätigt, weshalb sich Nestlé direkt ans Seco gewandt und um Unterstützung der offiziellen Schweiz gebeten hat». Man habe Nestlé nun darum gebeten, die SwissCham zu kontaktieren, damit diese ein «dringendes Treffen» einberufe, an dem der Konzern seine «Insiderinformationen» teilen solle, damit man eine «gemeinsame Strategie gegenüber den mexikanischen Behörden» erarbeiten könne – «zum Vorteil aller Schweizer Unternehmen».

Ein nationaler Notstand

Worum geht’s? Um einen «nationalen epidemiologischen Notstand». Diesen hatte die mexikanische Regierung im November 2016 ausgerufen – angesichts «des Ausmasses und der Tragweite der Fälle von Übergewicht und Adipositas». Die jüngsten Zahlen dazu stammen aus der nationalen Gesundheitsstudie von 2020. Sie sind erschreckend: Unter den fünf- bis elfjährigen Kindern sind 38 Prozent übergewichtig oder gar fettleibig. Und unter den Mexikaner*innen ab 20 Jahren sind 74 Prozent zu dick. Über ein Drittel der Erwachsenen ist fettleibig. Damit ist Mexiko innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das «zweitschwerste» Land hinter den USA.

Die aus mexikanischen Akademiker*innen und Aktivist*innen bestehende «Allianz für gesunde Ernährung» sieht die Hauptursache der Übergewicht-Epidemie in einem «beschleunigten Verfall der Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung», der sich einerseits in einem Rückgang des Konsums von Früchten, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten äussere und andererseits in einer «exponentiellen Zunahme» des Konsums von raffiniertem Mehl, Softdrinks und «allgemein von hoch verarbeiteten Lebensmitteln und Getränken».

«Ultraverarbeitete Lebensmittel», in Englisch «ultra-processed foods», sind industriell hergestellte Produkte, die in der Regel kaum oder gar keine Vollwertkost enthalten: Sie bestehen hauptsächlich aus Substanzen, die aus Lebensmitteln extrahiert werden – Fette, Öle, Stärken, Zucker – und sind oft mit künstlichen Farb- und Aromastoffen oder Stabilisatoren versetzt. Der Zusammenhang zwischen dem Konsum dieser Produkte und Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs ist hinlänglich belegt. 214 Kilogramm dieser «ultra-processed foods» wurden in Mexiko im Jahr 2013 pro Kopf verkauft. Weltweit lagen nur die USA, Kanada und Deutschland vor Mexiko. Hugo López-Gatell, Epidemiologe und beim mexikanischen Gesundheitsministerium für Prävention und Gesundheitsförderung zuständig, sagte vor zwei Jahren an einer Pressekonferenz, im Jahr 2018 sei in Mexiko die Hälfte aller Todesfälle auf Erkrankungen zurückzuführen gewesen, die mit einer schlechten Ernährung zusammenhängen. Auf Anfrage von Public Eye bekräftigt er: «Die Hauptursache der Adipositas-Epidemie in Mexiko ist das Überangebot von ultraverarbeiteten Produkten. Sie machen mittlerweile den grössten Bestandteil der mexikanischen Ernährung aus.»

Fett machende Deregulierung

Als Anfang der unheilvollen Entwicklung hin zu einer immer ungesünderen Ernährung der mexikanischen Bevölkerung wird oft die Unterzeichnung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommen Nafta mit den USA und Kanada im Jahr 1994 genannt. Doch gemäss López-Gatell hatte in Mexiko bereits in den 1980ern eine «Transformation hin zum Neoliberalismus, zur Deregulierung und damit auch zu einer Schwächung des Gesundheitsschutzes» eingesetzt. Unter der Prämisse von «Entwicklung, Wohlstand und Wachstum» sei diese «bewusste Deregulierung» bis vor wenigen Jahren konsequent weitergetrieben worden.

2014 unternahm das Land erste Versuche, dieser Bedrohung für die öffentliche Gesundheit entgegenzutreten: Mexiko führte einerseits eine Zuckersteuer auf Süssgetränke ein, andererseits ein obligatorisches Kennzeichnungssystem für Fertigprodukte: Auf deren Verpackung waren fortan der Gehalt von Zucker, Salz, Kalorien und gesättigten Fetten aufgelistet – ergänzt durch eine Angabe, welcher Anteil einer empfohlenen Tageszufuhr damit gedeckt würde. Der Verband der Konsumgüterindustrie ConMexico, in dem Nestlé aktiv mitmischt, hatte jedoch dafür gesorgt, dass die Referenzwerte höchst industriefreundlich bestimmt wurden. Und das nationale Gesundheitsinstitut INSP kam in einer 2016 publizierten Studie zum Schluss, dass sowieso lediglich ein Fünftel der Bevölkerung die Hinweise überhaupt beachtete. Aufgrund der Resultate sprach sich das Institut dafür aus, dass alternative Labels in Betracht gezogen werden sollten, die «von einem breiten Bevölkerungskreis verstanden und genutzt würden».

Das Vorbild Chile

Das Vorbild fand sich gut 6000 Kilometer südöstlich. Chile hatte im Sommer 2012 ein Gesetzesvorhaben verabschiedet, das auf drei Pfeilern fusste.

  1. Schwarze Warnhinweise in der Form eines Stoppschilds mit der Botschaft «Alto en…»: hoher Gehalt an Zucker, Salz, gesättigten Fetten und Kalorien.
  2. Ein Verbot, mit Warnhinweisen versehene Produkte in der Grundschule zu verkaufen.
  3. Vorschriften, die verhindern sollen, dass für diese Produkte an Minderjährige gerichtete Werbung geschaltet wird.

In Anspielung an einen beliebten Schokoladeriegel von Nestlé wurde das Gesetz im Volksmund «Ley del Súper Ocho» getauft. Gemäss Nestlé werden in Chile jede Sekunde drei dieser «Super 8» verzehrt. Nun also sollten all diese ikonischen Riegel und überhaupt ein Grossteil des Nestlé-Sortiments mit schwarzen Warnhinwiesen versehen werden. Das erschien dem Konzern aus Vevey offenbar dermassen bedrohlich, dass er die offizielle Schweiz um Unterstützung bat. Konkret: das Seco, das unter anderem die Aufgabe hat, die «Interessen des Wirtschaftsstandorts Schweiz im Ausland» zu vertreten.

Am 22. März 2013 versandte das Seco aus Bern einen Brief an die chilenischen Behörden. Er findet sich – wie die eingangs zitierten Mails – in Dokumenten, die die Sendung «Temps Présent» des Westschweizer Fernsehens RTS letztes Jahr gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erhalten hat – und daraufhin erstmals Licht auf das Nestlé-Lobbying gegenüber den Schweizer Behörden warf.

Die Krux mit dem Codex

Adressiert war das Schreiben an die «TBT-Kontaktstelle» Chiles. «TBT» steht für «Technical Barriers to Trade», deutsch: technische Handelshemmnisse. Das 1995 mit der Gründung der Welthandelsorganisation WTO ins Leben gerufene TBT-Abkommen setzt Rahmenbedingungen, die verhindern sollen, «dass technische Vorschriften den Handel negativ und unverhältnismässig beeinträchtigen». In diesem Sinne bat die Schweiz die chilenischen Behörden darum, aufzuzeigen, wie sie zum Schluss gekommen seien, «dass die vorgeschlagene Änderung zum Schutz der menschlichen Gesundheit notwendig ist». Zudem wollte die Schweiz wissen, «ob Chile weniger handelsbeschränkende Massnahmen in Betracht gezogen» habe.

Als Zweites führte die Schweiz den Grundsatz ins Feld, dass für die Erarbeitung neuer Vorschriften auf bestehende internationale Standards abgestellt werden soll. Den Standard bildet in diesem Fall der «Codex Alimentarius»: eine Sammlung von Normen für Lebensmittelsicherheit und -qualität, herausgegeben von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO und der Weltgesundheitsorganisation WHO. Der Codex lege keine Höchstwerte für bestimmte Nährstoffe fest. Deshalb würde man gerne erfahren, was Chile «dazu motiviert hat, ein Etikett mit einer negativen Botschaft («Hoher Gehalt an…») zu wählen», und wie die vorgesehenen Bestimmungen mit den Codex-Leitlinien vereinbar seien.

Nun muss man wissen: Die Frage, ob der Codex Länder tatsächlich daran hindert, eigene Warnsysteme zu entwickeln, wurde auf internationalem Parkett eingehend behandelt. Die Pan American Health Organization PAHO, der Amerika-Ableger der WHO, kommt in einem 2020 veröffentlichten Bericht zum Schluss: keineswegs. Die Diskussion und Entwicklung jedes Codex-Textes basiere auf den Erfahrungen einzelner Länder. «Das heisst, der Codex erwartet von den Mitgliedsländern, dass sie aktiv werden.» Länder hätten das Recht, Massnahmen zu ergreifen, um «die öffentliche Gesundheit zu schützen und die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit ihrer Bevölkerung zu gewährleisten» ­– und könnten dabei auch «über die Codex-Leitlinien hinausgehen».

Und selbst die Schweiz, die im Komitee des Codex vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV vertreten wird, stellte sich dort im Herbst 2021 auf den Standpunkt, es sollte den Ländern «auf der Grundlage ihres nationalen Kontextes und Erkenntnissen, was bei den Verbrauchern am besten ankommt, freistehen», sich für das eine oder andere Kennzeichnungssystem zu entscheiden.

Fruchtlose Einflussnahmen

Drei Monate nach dem Versenden des Briefes intervenierte das Seco im Sommer 2013 erstmals auch an einem Treffen des TBT-Komitees. Dieses versammelt sich drei Mal jährlich in Genf, um «spezifische Handelsprobleme» zu besprechen. Man habe «einige Bedenken» bezüglich des Entwurfs und fordere Chile zudem auf, den «freiwilligen Ansatz bezüglich der Angabe von Nährwertgrenzwerten auf Produkten zu prüfen», der in der Schweiz angewandt werde.

In derselben Sitzung deponierte die Schweiz ihre Bedenken zu einem weiteren Gesetzesentwurf: dem «Gesetz für gesunde Ernährung» aus Peru, das ebenso wie das chilenische Pendant schwarze Warnhinweise vorsah. Ein Jahr später, im Juni 2014, nahm die Schweiz an einem TBT-Komitee-Treffen einen weiteren Labeling-Ansatz ins Visier: das Vorhaben von Ecuador, mittels Farbkennzeichnung anzugeben, ob ein verpacktes Lebensmittel einen hohen, mittleren oder tiefen Gehalt eines bestimmten Inhaltsstoffes aufweist. Das System würde bestimmte Produkte «in unfairer Weise diskriminieren» und sei nicht geeignet, den Konsument*innen «fundierte Informationen zu vermitteln», monierte die Schweiz und argumentierte zudem erneut damit, dass der Codex keine Nährstoffschwellenwerte festlege.

Doch es half nichts. 2014 beschlossen die Mitgliedstaaten der PAHO einstimmig einen Fünfjahresplan zur Verhinderung von Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen. Ein festgelegtes Ziel darin: die Entwicklung und Umsetzung von Normen für Warnhinweise auf der Vorderseite von Verpackungen, die es ermöglichen, «Produkte mit hohem Energiegehalt und wenig Nährstoffen schnell und einfach zu erkennen».

Ende 2014 setzte Ecuador sein Kennzeichnungssystem in Kraft. Und in Chile schickte sich nach der (erneuten) Wahl von Michelle Bachelet die neu geformte sozialistische Regierung an, gegen massiven Widerstand der Industrie und insbesondere des von Nestlé und fünf weiteren Firmen ins Leben gerufenen Interessensverbands AB Chile eine griffige Verordnung auf den Weg zu bringen.

Trotz der wiederholten Interventionen der Schweiz, der EU, der USA und weiterer Länder auf WTO-Ebene, trotz aller Bemühungen der Industrie, die Gesetzgebung zu behindern: Im Juni 2016 trat das «Ley del Súper Ocho» in Chile in Kraft.

Pablo Devoto, CEO von Nestlé Chile, beklagte im April 2017 in einem Interview, die Warnhinweise klärten die Verbraucher*innen nicht auf, sondern machten ihnen lediglich Angst. «Als Land», sagte er dann, so als wäre er chilenischer Präsident, «müssen wir von der Alarmierung zur Aufklärung kommen». Bei Nestlé habe man nicht den Eindruck, dass sich durch die Verordnung die Konsumgewohnheiten «definitiv und radikal» geändert hätten. Wissenschaftliche Studien kommen zu anderen Schlüssen. Ein von drei Universitäten durchgeführtes Monitoring zeigte im Juni 2019, dass der Verkauf von mit Warnhinweisen versehenen Produkten deutlich zurückgegangen war: bei gezuckerten Getränken um 25 Prozent, bei Frühstückscerealien gar um 36 Prozent.

Auch in Peru zeitigten die Lobby-Bemühungen – angeführt vom Industrieverband Sociedad Nacional de Industrías, bei dem Nestlé Mitglied ist – nicht die gewünschte Wirkung. Im Sommer 2019 setzte auch Peru sein «Gesetz für gesunde Ernährung» in Kraft – inklusive obligatorischer, achteckiger Warnhinweise nach dem Vorbild Chiles.

Etwa zur selben Zeit spricht sich auch in Mexiko der Gesundheitsausschuss der Abgeordnetenkammer für «einfach verständliche», «wahrheitsgemässe» und «sichtbare» Warnhinweise auf der Vorderseite von verpackten Lebensmitteln aus. Die «Norma Oficial Mexicana 051», kurz NOM-051, ist geboren. Sie sieht fünf schwarze Stoppschilder vor, mit dem Schriftzug «Exceso», also «Übermass» – an gesättigten Fetten, Kalorien, an Salz, an Transfetten, an Zucker. Zudem soll – nach dem Vorbild Chiles – verboten werden, für mit Warnhinweisen versehene Produkte mit Comic-Figuren, Spielzeugen oder Berühmtheiten zu werben.

Für Nestlé geht’s nun ans Eingemachte: Während der Konzern in Chile und Peru je rund eine halbe Milliarde Schweizerfranken Umsatz pro Jahr erzielt, waren es in Mexiko im Jahr 2019 fast drei Milliarden Franken.

Was auf dem Spiel stand

Um uns eine Vorstellung davon machen zu können, was für Nestlé auf dem Spiel stand, haben wir uns beim renommierten Marktforschungsinstitut Euromonitor Marktdaten besorgt. Sie zeigen, welcher Umsatz im Jahr 2019 in Mexiko im Einzelhandel mit welchen Marken und Produkten von Nestlé erzielt worden ist. Zwar wissen wir nicht exakt, welcher Bruchteil des Umsatzes als Gewinn für den Einzelhandel abfiel. Doch die Zahlen erlauben es uns, zumindest eine Schätzung anzustellen, wie gross das Nestlé-Geschäft mit Produkten war, die einen Stempel erhalten sollten – und schliesslich auch erhielten. Denn, so viel vorneweg: Die NOM-051 trat im Oktober 2020 tatsächlich in Kraft.

Mit Nestlé-Produkten aus den Kategorien «Schokolade und Confiserie» (rund 270 Millionen Franken), Eiscrème (rund 150 Millionen) und «Getränke in Pulverform» (rund 140 Millionen) sind demnach 2019 im mexikanischen Einzelhandel über eine halbe Milliarde Schweizerfranken Umsatz erzielt worden. Jedem einzelnen Produkt aus diesen Kategorien drohte mindestens ein Warnhinweis.

Hinzu kommen mehrere Milchproduktmarken, von denen heute sämtliche Artikel mit Warnhinweisen versehen sind: Mit ihnen wurden 2019 im Einzelhandel rund 270 weitere Millionen umgesetzt. Und schliesslich müssen noch jene Produkte von Marken wie Nescafé, Maggi oder aus dem Cornflakes-Sortiment hinzugerechnet werden, die mit Warnhinweisen versehen sind. Gemäss unseren Berechnungen kommen wir für Produkte dieser Marken noch einmal auf rund 340 Millionen Franken. Heisst in der Summe: Der Einzelhandel-Verkaufswert von Nestlé-Produkten, denen ein oder mehrere Warnhinweise «drohten», belief sich im Jahr 2019 in Mexiko auf über eine Milliarde Franken. Nestlé teilt auf Anfrage mit: «Weniger als 30 Prozent der Produkte, die wir in Mexiko verkaufen, sind mit Warnhinweisen versehen. Wir konzentrieren uns weiterhin darauf, unser Angebot an schmackhaften und gesunden Produkten zu erweitern.»

Die Schweiz interveniert

Darum also geht’s, als am 15. November 2019 ein Nestlé-Mitarbeiter (oder eine Mitarbeiterin, wegen der Anonymisierung in den E-Mails wissen wir das nicht) eine Mail an eine Person beim Seco schreibt. Es sei «eine grosse Freude» gewesen, sich letzte Woche in Vevey wiederzusehen, steht im Mail. Wie besprochen finde sich im Anhang der Mail «eine Zusammenfassung und Kernaussagen zu den beiden dringenden Problemen, mit denen wir in Mexiko zu tun haben». Das erste Problem: Verbote von Einweg-Plastiksäcken respektive -flaschen, gegen die sich Nestlé letztlich vergeblich wehrte. Das zweite Problem: natürlich, die NOM-051. «Wir würden uns über Ihre Hilfe und Ihre Empfehlungen für unsere Lobbyarbeit freuen», steht im Schreiben.

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«Wir würden uns über Ihre Hilfe und Ihre Empfehlungen für unsere Lobbyarbeit freuen» © PublicEye

Beim Seco nimmt man die Angelegenheit offenbar ernst. Gerade einmal 17 Minuten dauert es, bis die Antwortmail auf dem Nestlé-Server eingeht. Der oder die Seco-Mitarbeitende schreibt: «Vielen Dank dafür». Man erwäge, nächste Woche zu intervenieren. Und dann: «Darf ich Sie fragen, an wen in Mexiko sich die in Erwägung gezogene Intervention richten muss, da Sie diese Entwicklungen genauer verfolgt haben als wir.» Bevor man interveniere, werde man sich wieder mit Nestlé in Verbindung setzen und darüber informieren, «was wir zu wem in Mexiko sagen werden».

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Das Seco stellt für nächste Woche eine Intervention in Aussicht. © Public Eye

«Unnötige Ängste»

Schauen wir uns jetzt erst den Inhalt dieses Memorandums an, das Nestlé dem Seco geschickt hat. Die von Mexiko vorgesehene Norm sei «viel restriktiver» als das chilenische Gesetz, weil es die achteckigen Warnhinweise mit einem restriktiveren Nährwertprofil verbinde. Zudem sehe der Vorschlag grössere Einschränkungen für die Bewerbung und den Verkauf «gelabelter» Produkte vor. Nestlé unterstütze Kennzeichnungssysteme, die darauf abzielten, den Konsument*innen mit «praktischen, relevanten und rasch verständlichen Nährwertinformationen» zu helfen, «gesündere Ernährungsentscheidungen» zu treffen. Die mexikanische Norm werde diesem Ziel jedoch nicht gerecht.

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«Wir würden uns freuen, wenn Sie uns bei unseren Lobbying-Bemühungen unterstützen würden», schreibt Nestlé im Memorandum für das Seco. © PublicEye

Denn abgesehen von dem «zu radikalen und restriktiven» Nährwertprofil, das für die Bestimmung der Schwellenwerte benutzt wird, sollten Warnhinweise, wie sie Mexiko vorsehe, grundsätzlich «vermieden» werden. Denn diese seien weder im Codex vorgesehen noch mit internationalen Standards kompatibel und könnten bei den Konsument*innen leicht «unnötige Ängste» wecken. Und das Verbot, gelabelte Produkte mit Comicfiguren oder Spielsachen zu bewerben, verstosse gegen mexikanisches wie internationales Recht des geistigen Eigentums.

In den Tagen, bevor die Mail aus Vevey ans Seco verschickt wird, ist Nestlé auch in Mexiko selbst in die Offensive gegangen. Am 5. November hat der Konzern seine Stellungnahme zur Regulierung eingereicht, in der er prognostiziert, die vorgesehenen Warnhinweise würden «nicht die beabsichtigte Wirkung haben». Die Bevölkerung werde «weiterhin ungesunde Produkte konsumieren, obwohl sie sich deren gesundheitlicher Auswirkungen bewusst ist». Das tatsächliche Problem seien «nicht die Informationen, die der Konsument zu den Produkten erhalte», sondern «der Konsument selbst, der nicht genügend gebildet ist». Deshalb brauche es nicht Warnhinweise, sondern Informationskampagnen.

Eine Woche später wendet sich Nestlé mit einem Schreiben, das die Konsument*innenorganisation «El Poder del Consumidor» öffentlich macht, an seine Zulieferer.

Nestlé bittet sie, gegenüber den mexikanischen Behörden ihre «Besorgnis» über den Norm-Entwurf kundzutun, der vorsehe, dass gewisse Fertigprodukte als «schädlich für die Gesundheit» eingestuft würden, «mit dem Ziel, die Mexikaner von deren Konsum abzubringen». Eine Intervention der Zulieferer sei «unabdingbar», um zu verhindern, dass «zu einem Zeitpunkt, in dem die nationalen Wirtschaftsaussichten herausfordernd sind», Arbeitsplätze zerstört würden.

Alejandro Calvillo, Direktor von El Poder del Consumidor, bezeichnet diese Aufforderung an die Zulieferer auf Anfrage als «einen Versuch, die Entwicklung der Norm zu bremsen». Nestlé sei einer jener Konzerne gewesen, die sich am vehementesten gegen die neue Norm gestellt hätten.

Am 25. November 2019 verschickt die Kontaktperson beim Seco das «Memorandum, das uns Nestlé (…) übermittelt hat», an neun Kolleg*innen – verbunden mit der Bitte um eine «erste Einschätzung». Am selben Tag folgt der eingangs zitierte Mailwechsel mit der EDA-Abteilung in Mexiko, die bis dahin offensichtlich nicht involviert war und sich über den Alleingang Nestlés echauffiert. Beim Seco zeigt man sich davon wenig beeindruckt.

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Am 25. November 2019: SECO-interne Bitte um eine «erste Einschätzung zum Memorandum» © PublicEye
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Am 26. November 2019 kommt die Einschätzung: «Tatsächlich fehlt eine wissenschaftliche Begründung» für die Grenzwerte im neuen mexikanischen Kennzeichnungssystem. © PublicEye

Die zuständige Person kommt in ihrer Analyse, die sie tags darauf abteilungsintern in die Runde schickt, zu folgenden Schlüssen: Tatsächlich fehle für die von Mexiko festgelegten Schwellenwerte «eine wissenschaftliche Begründung». Diesen Punkt sollte man aufnehmen, wird geraten. Zudem könne die Schweiz auf den Codex-Standard verweisen, «ähnlich wie anlässlich der Intervention im TBT im Zusammenhang mit Chile», sowie auf «eigene Erfahrungen» mit der Einführung eines Labels «auf einer freiwilligen Basis und unter Einbezug der relevanten Stakeholder».

Kehrtwende an der Ampel

Dieser letzte Punkt wird tags darauf erneut aufgenommen. Eine Person schreibt in die Runde: «Für die weitere Bearbeitung dieser Anfrage ist wichtig zu bedenken, dass wichtige Lebensmittelhersteller und -importeure, darunter auch Nestlé (Schweiz), angekündigt haben, das vereinfachte Nährwertkennzeichnungssystem ‹Nutri-Score› in der Schweiz einzuführen.» Dieser Ansatz unterscheide sich vom mexikanischen insbesondere darin, dass es «sich hierbei um eine freiwillige Massnahme handelt».

Tatsächlich erklärte Nestle im Juni 2019, man unterstütze «den Nutri-Score als bevorzugtes Nährwertkennzeichnungssystem für Lebensmittel und Getränke in Kontinentaleuropa». Dies sei ein «Bekenntnis zu guter Ernährung und einer informierten Essenswahl». Es war eine Kehrtwende: Jahrelang hatte Nestlé zuvor – zuweilen im Verbund mit weiteren Konzernen – versucht, die Lebensmittelampel erst zu verhindern, dann zu verwässern und zu verzögern.

Was also veranlasste nun den Konzern, dessen Management 2021 intern selbst einräumte, dass über 60 Prozent seiner Produkte ungesund sind, sich für ein Ampelsystem einzusetzen? Die französische Ernährungswissenschaftlerin Mélissa Mialon sagt auf Anfrage: «Die Einführung von Warnhinweisen in Lateinamerika ist wohl einer der Hauptgründe für Nestlés Umschwenken beim Nutri-Score.» Denn im Vergleich zu schwarzen Warnhinweisen hat die Ampel für Nestlé eindeutige Vorteile: Erst einmal sieht eine farbenfrohe Skala deutlich schmucker aus als schwarze Stoppschilder. Wichtiger noch: Während das in Mexiko und Chile angewandte System ein Übermass eines gewissen Stoffes «brandmarkt», können beim Nutri-Score negative mit positiven Nährwerteigenschaften wettgemacht werden.

Heisst: Muss ein Hersteller beim «südamerikanischen» System den Zucker-, Salz- oder Fettgehalt reduzieren, damit er um ein schwarzes Stoppschild auf der Verpackung herumkommt, kann der Nutri-Score durch eine Zugabe von positiv bewerteten Nährstoffen wie Ballaststoffe oder Proteine in den grünen Bereich gedrückt werden. Was das zur Folge hat, lässt sich schön anhand eines der bekanntesten Nestlé-Produkte darstellen: Nesquik.

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Nesquik, wie es Nestlé in der Schweiz verkauft, würde in Mexiko mit Warnhinweisen versehen. © PublicEye

In Mexiko würde die in der Schweiz verkaufte Nesquik-Rezeptur mit drei Warnhinweisen versehen: «Exceso» (Übermass) an Kalorien, Zucker und Salz. Zudem dürfte das Produkt nicht mit dem Nesquik-Hasen beworben werden. In Mexiko hat Nestlé mittlerweile zuckerärmere Nesquik-Rezepturen auf den Markt gebracht.

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Nesquik in der Schweiz: mit zweitbestem Nutri-Score ausgezeichnet © Public Eye

Doch in der Schweiz erhält Nesquik den hellgrünen Nutri-Score B. Denn die Berechnungsweise des Nutri-Scores berücksichtigt erstens sowohl negative wie auch positive Nährwerteigenschaften und bewertet zweitens nicht das Produkt in seiner ursprünglichen Form, sondern wie es schlussendlich eingenommen wird (hier: Pulver + Milch), wobei drittens die Bewertung auf einer von Nestlé selbst bestimmten Rezeptur basiert: Diese mischt sehr wenig Pulver mit viel fettarmer Milch, deren positive Nährwerte die Bewertung in den grünen Bereich heben. Auch der Hase darf bleiben.

Die PAHO, von der wir es schon hatten, verglich Ende 2020 die schwarzen Warnhinweise mit fünf weiteren Labelling-Systemen, unter anderem mit «zusammenfassenden Systemen» wie dem Nutri-Score. Sie kam zum unmissverständlichen Schluss:

«Eindeutige Warnungen auf der Vorderseite der Verpackung von Lebensmitteln, die zu viel Fett, Zucker und Natrium enthalten, sind der beste Weg, um Menschen dabei zu helfen, die ungesundesten Einkäufe zu vermeiden.»

Wenn wie beim Nutri-Score positive und negative Eigenschaften eines Produktes miteinander verrechnet würden, werde «der Zweck (der Kennzeichnung) verfälscht, die Wirkung abgeschwächt und die Verwirrung unter den Konsumenten vergrössert».

Im Schreiben, welches das Seco schliesslich am 9. Dezember 2019 an die mexikanischen Behörden verschickt, erinnert die Schweiz dennoch daran, dass sich in der Schweiz «grosse Lebensmittelhersteller – und -importeure» bereit erklärt hätten, auf «rein freiwilliger Basis» den Nutri-Score einzuführen. Man möchte Mexiko «höflich fragen», ob auch «weniger handelseinschränkende Massnahmen» in Betracht gezogen worden seien. Ansonsten repetiert das Schreiben im Wesentlichen die Punkte, die Nestlé per Memorandum übermittelt hat: Man sei besonders interessiert zu erfahren, auf welcher Grundlage die Schwellenwerte für die Warnhinweise festgelegt worden seien. Warum Mexiko negative Warnhinweise einführen wolle, obwohl diese im Codex nicht vorgesehen seien und Konsument*innen glauben machen könnten, bestimmte Lebensmittel sollten «gänzlich vermieden werden, obwohl sie Teil einer ausgewogenen Ernährung sein können».

Mexiko bleibt standhaft

Anfang 2020 reicht die Schweiz gemeinsam mit der EU, den USA und weiteren Ländern beim TBT-Komitee einen «Specific Trade Concern» ein – eine Meldung, dass man bei der von Mexiko vorgesehenen Gesetzgebung «spezifische Handelsprobleme» sehe. Im Februar 2020 interveniert der Seco-Mitarbeiter am TBT-Treffen an der Seite der EU und der USA, wiederholt die im Schreiben geäusserten Bedenken.

Kurz sieht es so aus, als hätte der geballte Widerstand gegen das mexikanische Vorhaben tatsächlich Erfolg: Aufgrund der Beschwerde eines Industrieverbandes suspendiert ein mexikanisches Gericht Ende Februar das Inkrafttreten der neuen Norm. Doch nur wenige Tage später wird der Entscheid von der nächsthöheren Instanz schon wieder kassiert. «Leider ist unser Stand, dass die NOM Ende März/Anfang April veröffentlicht werden könnte, ohne grosse Änderungen gegenüber dem Entwurf, den wir gesehen haben», schreibt die Nestlé-Person am 12. März ans Seco, nachdem sie sich noch einmal artig für die «wertvolle Hilfe in dieser wichtigen Angelegenheit» bedankt hat.

Am 27. März wird die NOM-051 im mexikanischen Amtsblatt publiziert, ohne dass an den Bestimmungen noch etwas geändert worden wäre. Am 3. April meldet sich das Seco noch einmal bei Nestlé. Man habe von «US-Quellen» erfahren, dass gemäss der dortigen Industrie das Inkrafttreten der Norm wegen «Covid-19 und der derzeit hohen Nachfrage nach Lebensmitteln» verschoben werden sollte. «Teilt Nestlé diese Einschätzung/Besorgnis?». Offenbar schon. Am nächsten TBT-Treffen vom Mai fordert die Schweiz die mexikanischen Behörden jedenfalls «mit einer gewissen Dringlichkeit» auf, das Inkrafttreten der Änderungen «auf einen späteren Zeitpunkt» zu verschieben. Die USA und die EU werden konkreter: Sie fordern einen Aufschub von zwei Jahren.

«Die umfassendste Regelung weltweit»

Doch die mexikanischen Behörden bleiben hart: Am 1. Oktober 2020 tritt die NOM-051 in Kraft. Die PAHO bezeichnet die Norm als «die fortschrittlichste und umfassendste Regelung weltweit». Dass die Schweiz das Land am nächsten TBT-Meeting von Ende Oktober noch einmal auffordert, die Norm zu «überprüfen, um eine angemessene Versorgung des mexikanischen Marktes mit Lebensmitteln und Getränken insbesondere während der COVID-19-Pandemie sicherzustellen», ändert nichts mehr daran. Offenbar beginnen die Lebensmittelkonzerne aufgrund der neuen Gesetzgebung rasch damit, die Rezepturen ihrer Produkte anzupassen. Und die mexikanischen Behörden scheinen demonstrieren zu wollen, dass sie es mit der Umsetzung der neuen Norm ernst meinen: Im April ziehen sie über 10’000 Produkte von 80 Marken aus dem Verkehr, die nicht korrekt beschriftet sind – darunter zwei Sorten Cornflakes von Nestlé.

Die Reaktionen

Nestlé beantwortet die konkreten Fragen von Public Eye (etwa bezüglich der «Zusammenarbeit» mit dem Seco, zur Entwicklung des Umsatzes seit Einführung der Warnhinweise oder zur Kehrtwende in Sachen Nutri-Score) nicht einzeln, sondern lediglich mit einem summarischen Statement. Es sei Nestlé «ein Anliegen, die Menschen bei einer ausgewogenen Ernährung zu unterstützen», teilt Christoph Meier, «Global Head of Corporate Media Relations», mit. Man sei aber der Meinung, dass die «besondere Form der Kennzeichnung mit Warnhinweisen», wie sie Chile und Mexiko implementiert haben, «nicht dabei hilft, gesündere Optionen in einer bestimmten Produktkategorie zu wählen». Beim Nutri-Score dagegen hätten Auswertungen in Europa gezeigt, dass dieser «den Konsumenten hilft, gut informierte Entscheidungen zur Ernährung zu treffen». Aber: «Wir pflegen einen transparenten und konstruktiven Austausch mit Behörden und Stakeholdern und halten uns selbstverständlich streng an die Kennzeichnungsvorschriften in beiden Ländern.»

Das Staatssekretariat für Wirtschaft nimmt relativ ausführlich Stellung, weicht in Bezug auf gewisse Aspekte aber auffallend aus. Auf die Frage, ob die Interventionen in Mexiko und Chile auf Bitte von Nestlé hin erfolgten, schreibt das Staatssekretariat, es werde «in der Regel durch die interessierten Anspruchsgruppen und Wirtschaftsteilnehmer auf WTO-Notifikationen anderer WTO-Mitglieder aufmerksam gemacht.» Diese Anliegen würden daraufhin jeweils überprüft, und nur bei «begründeten Zweifeln und Fragen» werde «ein schriftlicher Kommentar oder eine Intervention im TBT-Komitee zusammen mit den anderen WTO-Mitgliedern angestrebt».

Ob es üblich sei, dass sich das Seco von privaten Akteuren bezüglich des geeigneten Adressaten einer Intervention beraten lässt? «Die Schweiz verfügt über entsprechende Vertretungen im Ausland, um die bilateralen Beziehungen zu pflegen und in Kontakt mit Vertretern unserer Partnerländer zu treten.»

Ob die Intervention des Seco gegenüber Mexiko mit dem EDA und/oder dem BLV abgesprochen gewesen sei? «Im WTO TBT Komitee wird die Position der Schweiz vertreten, welche gegebenenfalls mit den jeweiligen zuständigen Ämtern abgestimmt wird.» Die verschiedenen Bundesstellen arbeiteten «eng zusammen und koordinieren ihre Bemühungen».

Zwischen der Position der Schweiz im Rahmen des Codex (gemäss der es den Ländern freistehen sollte, welches Kennzeichnungssystem sie wählen) und der Schweizer Position im WTO TBT-Komitee schliesslich besteht laut Seco «kein Widerspruch».

Fortsetzung folgt bestimmt

2021 hat auch Uruguay ein Gesetz mit Warnhinweisen implementiert. Brasilien und Kolumbien haben entsprechende Gesetze verabschiedet, in Kanada schlägt das Gesundheitsministerium ein solches vor, und zuletzt wurde im März 2022 in Argentinien das «Gesetz zur Förderung einer gesunden Ernährung» publiziert – inklusive schwarzer, achteckiger Warnhinweise.

In der Schweiz sagte derweil die abtretende Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch im Mai an einer Diskussionsrunde ganz unumwunden: «Eine Hauptaufgabe meiner letzten elf Jahre als Seco-Direktorin war es, mehr Regulierung abzuwehren.»

Hugo López-Gatell, der Experte aus dem mexikanischen Gesundheitsministerium, sagt dazu:

«Unsere Regierung hat sich vorgenommen, die politische Macht von der wirtschaftlichen Macht zu trennen. Wenn Länder wie die Schweiz die Interessen ihrer Konzerne verteidigen wollen, sollen sie das im Rahmen ihrer nationalen Gesetze oder in internationalen Gremien tun. Aber wir werden niemals zulassen, dass ein anderes Land oder ein ausländischer Konzern uns unsere Gesundheitspolitik diktiert.»

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Mitarbeit bei den Recherchen: Laurent Gaberell

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Oben      — Karneval, Mainz, Februar 2020

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KOLUMNE * MATERIE

Erstellt von Redaktion am 13. August 2022

Klimapolitik der Bundesregierung: Lindner und sein Sekundenkleber

Eine Kolumne von Kersten Augustin

Der Finanzminister hat sich an der fossilen Gegenwart festgeklebt. Hoffnung machen jetzt nur ein paar Blockierer und Demonstranten.

Es gibt eine Goldene Regel für Kolumnen: Jede darf sich einmal in ihrem Leben an Christian Lindner abarbeiten, danach ist das wegen Erwartbarkeit verboten und wird mit Haft nicht unter einem Dreikönigstreffen bestraft. Also los!

Lindner hat in dieser Woche, Sie haben es vielleicht mitbekommen, die Fortsetzung des 9-Euro-Tickets abgelehnt und eine „Gratismentalität“ kritisiert. Er will lieber die Pendlerpauschale erhöhen und Gutverdiener entlasten.

Nun könnte man den Mann ignorieren, seine Partei steht in Umfragen bei gerade mal 6 Prozent. Aber Lindner ist nun mal Finanzminister. Und seine Haltung zur Gegenwart, das trotzige Festhalten am fossilen Lebensstil, wird nicht nur von 6 Prozent der Deutschen geteilt. Sondern möglicherweise von einer Mehrheit, oder aber von einer so großen Minderheit, dass es gegen sie keine parlamentarischen Mehrheiten gibt – für eine Politik, die der Dringlichkeit der Klimakrise entspricht.

Mit anderen Worten: Die Welt verbrennt schneller, als es dauert, den Lebensstil der vielen Millionen Lindners so behutsam zu verändern, dass es ihnen nicht wehtut. Die Lindners haben sich mit Sekundenkleber an die fossile Gegenwart geklebt.

Bauen, bauen, bauen

Damals, als Deutschland von einer Großen Koalition regiert wurde, hieß es auch an dieser Stelle in der Zeitung häufig: Wir brauchen liberaldemokratische Mehrheiten für gute Klimapolitik. Jetzt gibt es eine neue Koalition, aber die hält an ihren Mantras fest: dem sozialdemokratischen Bauen, bauen, bauen, dem pseudoliberalen Fahren, fahren, fahren. Und selbst im von den Grünen regierten Ländle werden zu wenige Windräder gebaut. So viel zur „Fortschrittskoalition“.

Als ich einmal klein war: „Vidi, vidi bum – lernte ich Hausmeister – vidi, vidi, bum!“

Nach diesem heißen und trockenen Sommer gäbe es naheliegende politische Reak­tio­nen: dauerhaft kostenloser Nahverkehr, ein vorgezogener Kohleausstieg, ein Ende des Diesel- und Dienstwagenprivilegs. Das wäre nicht mal radikal: Ein brennender Wald sperrt die Autobahn, ein ausgetrockneter Rhein stört die Wirtschaft länger als jede Sitzblockade. Die Diskrepanz zwischen der physikalisch notwendigen und der faktischen Klimapolitik wird immer frappierender. Wir haben keine Zeit, bis zur nächsten Bundestagswahl zu warten.

Was folgt daraus?

Es müssen außerparlamentarische Minderheiten richten. Die haben kein Problem damit, jemandem wehzutun. An diesem Wochenende blockiert die Bewegung Ende Gelände LNG-Terminals in Hamburg. Sie spricht aus, was die Bundesregierung den Millionen Lindners im Land nicht zu sagen wagt: LNG wird uns nicht retten, nur massives Herunterfahren der Emissionen und eine Umverteilung der verbleibenden Energie.

Quelle        :      TAZ-online         >>>>>     weiterlesen 

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Unten        —     Christian Lindner, deutscher Politiker (FDP) Aufgenommen in Lauffen am Neckar, 25. Februar 2011.

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DL – Tagesticker 13.08.2022

Erstellt von Redaktion am 13. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) BUNDESWEHR-ABZUG AUS MALI  – . –   2.) Merz und die Angst vor dem Feind  – . –  3.) Der Polizei – Check  – . –  4.) Wie? Was? Neue Klimaziele für Forst und Wüste?  – . – 5.) USA schicken Schiffe und Jets in Taiwan-Meerenge   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Regierungen welche sich mit solchen Aktionen in Szene setzen wollen, haben weder den Ersten – geschweige den letzten Schuss nie gehört, da sie es immer versäumen von ihren roten Teppichen zu stolpern. Mali muss schon sehr gute Aussichten auf erfolgreiche Geschäfte in Aussicht stellen, wenn es sich lohnt eine Bande von staatlichen Auftragsmördern auf den ihnen Gleichgesinnte von der Leine zu lassen.

Gehen, wo Bleiben nichts bringt. Die malische Junta schikaniert die Bundeswehr seit Monaten. Der Abzug ist konsequent, er sollte aber nicht das Ende eines Engagements in der Sahel-Zone bedeuten.

1.) BUNDESWEHR-ABZUG AUS MALI

Fast genau zum Jahrestag der Niederlage in Afghanistan steht nun auch der Auslandseinsatz der Bundeswehr in Mali vor dem Scheitern. Seit Monaten trampelt das Regime in Bamako auf dem deutschen Einsatzkontingent herum und behandelt die Soldaten wie lästige Eindringlinge, die man loswerden möchte. Zuvor hatte die Putschisten-Junta bereits Frankreich vergrault. Dabei hatten auch alte, postkoloniale Konflikte eine Rolle gespielt. Im Fall der Bundeswehr scheint es nun die Rückendeckung Putins zu sein, die es dem im Grunde schwachen malischen Regime erlaubt, sich groß aufzuspielen. Kaum war diese Woche ein ranghoher deutscher Diplomat mit allerlei Versprechen und Deutungen von angeblichen „Missverständnissen“ aus Bamako abgereist, eilte der Verteidigungsminister Malis, ein Oberst, zum Flughafen, um aus russischen Händen Hubschrauber und andere Waffen in Empfang zu nehmen. In einem Telefonat machte der malische Verteidigungsminister seiner deutschen Kollegin Christine Lambrecht Zusagen, die sich gleich am folgenden Tag schon wieder als unzutreffend erwiesen. Die SPD-Politikerin mag immer noch nicht viel Ahnung vom Militärischen haben.

FAZ-online

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Hm – Ja – sicher – aber nur solange nicht die Beilage von Söder in Form von Senf oder Curry gereicht wird. Ganz unter uns: Wir brauchen keinen Kanzler welcher nur aus einen Flugzeug auf SEIN VOLK herunterwinkt. Uns reichen die Versager – für welche der rote Teppich schon viiiiel zu hoch ist, vollkommen aus ! 

Sorry, aber er ist eben doch ein Würstchen. Will Friedrich Merz Bundeskanzler werden? Man weiß es nicht. Was wir dafür jetzt wissen: Er ist der Typ Mensch, auf den man nur so lange bauen kann, wie es keinen Ärger gibt.

2.) Merz und die Angst vor dem Feind

Wie ruiniert man als führender Politiker den Ruf eines Menschen? Man sagt seine Teilnahme bei einer Konferenz zu. Es gibt Kritik wegen des geplanten Auftritts. Der Mensch, mit dem man zu einem öffentlichen Gespräch verabredet ist, gilt als rechter Hardliner. Man sagt die Teilnahme wieder ab – allerdings nicht wegen des Treffens mit dem Hardliner, für das man angegriffen wurde, sondern weil man angeblich im Rahmenprogramm auf zwei Namen gestoßen ist, die eine Teilnahme unmöglich machen. Botschaft Nummer eins: Mit dem rechten Trump-Freund hätte man sich ja noch getroffen, aber nicht mit den beiden anderen Vögeln. Botschaft Nummer zwei: Wer die beiden künftig wieder auf ein Podium einlädt, ist nicht ganz bei Trost. Broder kämpfte gegen die Narren links und rechts der Mitte. Ich bin mit der Familie im Sommerurlaub in Amerika. Da erreichen einen viele Nachrichten aus der Heimat mit Verspätung. Aber dass der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz seinen Auftritt bei einer Konferenz in Berlin abgesagt hat, weil dort neben dem republikanischen Senator (und Trump-Freund) Lindsey Graham auch der Journalist Henryk M. Broder sowie der Anwalt Joachim Steinhöfel sprechen sollten, das habe ich sogar im fernen Connecticut mitbekommen. Manches mag länger brauchen, bis man davon erfährt, dafür ärgert man sich nachhaltiger.

Focus-online

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Wehe wenn Staaten ihre Vorbehalte mit Uniformierten  und Maschinenpistolen verteidigen. Danach beginnt das große Heulen der Innenminister ? Ist es nicht ein Zeichen, wie wenig  Selbstsicherheit in das eigenen Können unter diesen Uniformen herrscht. „German Angst“!  Ein geistiges Armutszeugnis !

Warum setzt die Polizei Maschi­nenpistolen ein? Am Montag ist ein 16-Jähriger in Dortmund von der Polizei erschossen worden. Das sorgte für einen großen Aufschrei. Wie kann es sein, dass die Polizei einen Jugendlichen mit einem Maschinengewehr erschießt, hieß es etwa bei Instagram. Richtig ist:

3.) Der Polizei – Check 

Der Schusswaffeneinsatz an sich kann noch nicht abschließend bewertet werden, es wird noch ermittelt. Generell gehören Maschinenpistolen wie die in Dortmund genutzte MP5 der Marke Heckler & Koch inzwischen zur Standardausstattung der Polizei – Maschinengewehre jedoch nicht. „Die Kollegen führen auf jedem Streifenwagen zwei Maschinenpistolen mit“, sagt ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Begründet wird das mit der Gefahr von Terroranschlägen und Amokläufen. Die Waffe sei für „unklare, aber potenziell gefährliche Situationen“ da, ihr Einsatz liege jedoch im Ermessensspielraum der Be­am­t:in­nen. Diese MP nutzt die gleiche Munition wie die normalen Dienstwaffen, hat aber einen geringeren Rückstoß und man kann mit ihr über größere Distanzen besser zielen. Bei vielen Versio­nen ist Einzel- und Dauer­feuer möglich, Letzteres werde jedoch nicht genutzt. Maschinengewehre hingegen sind für Dauerfeuer konzipiert, sie verschießen andere Munition und werden vom Militär eingesetzt.

TAZ-online

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In Ländern, wo die Wirtschaft als das einzige Ziel gilt, wurde die Nachkriegszeit politisch vollkommen verpennt. Selbst die einzige Kanzlerin deren Studium mit Dr. Physik von  ihrer Clan-Partei an den Wahlurnen verkauft wurde, durfte ? 16 lange Jahre nicht begreifen, was um sie vorging?  Und jetzt wollen ausgerechnet die, welche viele Jahre unter der Knute Mitregierten das Blatt wenden? Wer hat heute noch nicht gelacht, über das, was viele Bürger-Innen schon seit wenigstens 40 Jahre wissen? 

Das hat doch sicher noch Zeit! Bis September sollen alle Staaten ihre nationalen Klimaziele erneuern, so sieht es der Pakt von Glasgow vor. Raten Sie mal, wie viele Staaten das bisher getan haben. Eine Antwort finden Sie hier.

4.) Wie? Was? Neue Klimaziele für Forst und Wüste?

Der diesjährige Sommer lässt uns den Klimawandel mit Dürren, Waldbränden, Überflutungen und Gletscherabbrüchen deutlich spüren (Ja, liebe Zweifler, alles, was ich gerade aufgezählt habe, lässt sich auf die globale Erwärmung zurückführen). Aber zum Glück machen wir ja was dagegen: Es gibt die jährlichen Klimakonferenzen, auf denen wird was beschlossen, dann werden alle Länder aktiv, und ein Jahr später macht man von da weiter … So die Theorie. In der Praxis passiert leider herzlich wenig. Also fast gar nichts. Noch mal schnell das Prinzip erklärt: Wir haben bemerkt, dass es auf der Erde heißer wird, als uns guttut. Nach ein bisschen Hin und Her haben wir festgestellt, dass wir selbst daran schuld sind, indem wir Unmengen Kohlenstoffdioxid und Methan in die Atmosphäre blasen. Dank der umfassenden Berichte des Weltklimarats, in dem sich Hunderte internationale Klimaforschende zusammengeschlossen haben, glauben das mittlerweile auch fast alle (bis auf wenige Unbelehrbare, die dafür aber glauben, dass US-amerikanische Politiker*innen im Keller einer Pizzeria einen Kinderpornoring betreiben). Um die Emissionen in Zukunft zu senken, hat die Staatengemeinschaft sich das Instrument der nationalen Klimaziele überlegt, Sie mögen schon mal davon gehört haben. Darin versprechen die Staaten, künftig weniger Kohlenstoffdioxid und Methan in die Atmosphäre zu blasen. Weil sie damit etwas zaghaft sind, sollen diese Ziele mit der Zeit ehrgeiziger werden.

Der Freitag-online

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Mit der Versendung ihrer Uniformierten Mördersöldner kamen die Amis immer schon sehr schnell bei Potte. Wenn es um das Versagen in den Einsätze ging, wurde noch schneller zum Rückzug angeblasen. 

„In den kommenden Wochen“. Gerade hat China seine Manöver vor Taiwan beendet, da markiert die USA ihren Standpunkt: Man werde in naher Zukunft, so wie in der Vergangenheit auch, militärische Präsenz in der Region zeigen – „im Einklang mit den Verpflichtungen für die Freiheit der Schifffahrt“.

5.) USA schicken Schiffe und Jets in Taiwan-Meerenge

Ungeachtet der verschärften Spannungen mit China wegen Taiwan werden die USA nach Angaben eines hohen US-Regierungsbeamten in den „kommenden Wochen“ mit Schiffen und Flugzeugen die Taiwanstraße durchqueren. Auch wollen die Vereinigten Staaten ihre Handelsbeziehungen zu Taiwan ausbauen, wie der US-Koordinator für die Asien-Pazifik-Region, Kurt Campbell, ankündigte. Die US-Streitkräfte würden „im Einklang mit ihrer langfristigen Verpflichtung für die Freiheit der Schifffahrt“ „weiterhin fliegen, auf der See fahren und dort operieren, wo das Völkerrecht das erlaubt“, sagte Campbell. Dies umfasse auch „normales Überfliegen und Schiffsdurchfahrten der Taiwanstraße in den kommenden Wochen“. Campbell machte keine Angaben zum genauen Zeitpunkt oder dem Ausmaß der geplanten US-Truppenbewegungen in der Meeresenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland. Der US-Regierungsvertreter kündigte zudem an, dass in den kommenden Tagen ein neuer Handelsplan für Taiwan sowie Informationen zu geplanten Handelsgesprächen mit Taipeh veröffentlicht werden sollten. Die USA würden ihre Beziehungen zu Taiwan „weiter vertiefen“, unter anderem durch eine Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. China beansprucht Gewässer für sich Die tagelangen Manöver von historisch beispiellosem Ausmaß, die China zuletzt nach dem Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan abgehalten hatte, bezeichnete Campbell als „Überreaktion“. Peking lege weiterhin „provozierendes, destabilisierendes und bisher nie dagewesenes“ Verhalten an den Tag.

NTV-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia  

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Unten     —     Minneapolis, Minnesota Juli 25, 2021 2021-07-25 Dies ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution License. Zuschreibung geben an: Fibonacci Blau

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Hauptsache Nebenkosten

Erstellt von Redaktion am 12. August 2022

Sozial gerecht wäre, die Be­sit­ze­r-in­nen zur Kasse zu bitten.

Sitz der Deutsche Wohnen in Berlin-Wilmersdorf

Von Thomas Gesterkamp

Der Wert von Immobilien steigt, doch für die höhere Grundsteuer sollen Mie­te­r-in­nen aufkommen. Für Vermögende ist das sprichwörtliche „Betongold“ immer noch eine sehr lukrative Form der Geldanlage.

Wer Grund und Boden besitzt, gehört in der Regel zu den Wohlhabenden im Lande. Nach Finanzkrise und Euroturbulenzen sind die Immobilienpreise durch die Decke gegangen. Diese Gewinne steuerlich stärker abzuschöpfen, ist sinnvoll. In vielen Nachbarländern zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Die deutsche Regelung enthält hingegen einen Makel, über den kaum berichtet wird. Der frühere Finanzminister und heutige Kanzler Olaf Scholz ließ nämlich bei der Reform 2019 zu, dass Ver­mie­te­r:in­nen die Abgabe wie bisher zu hundert Prozent auf die Miete abwälzen können.

Das dürfte, gemeinsam mit den Preissprüngen bei Strom und Gas, zu neuen sozialen Schieflagen führen. Die Neubewertung der Finanzbehörden orientiert sich demnächst am sogenannten Bodenrichtwert. Dieser zeigt an, wie attraktiv der Standort einer Immobilie ist. In bürgerlich geprägten Wohngebieten und in den zentral gelegenen Vierteln liegt er besonders hoch, an der urbanen Peripherie und im ländlichen Raum meist niedriger. Viele, die in der Innenstadt zur Miete wohnen, werden daher künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen – obwohl das Wohnen durch Spekulantentum, Inflation und Energiekrise schon teuer genug ist. Die einst bagatellisierend als „Nebenkosten“ bezeichneten Zusatzlasten sind nicht länger nebensächlich. Sie werden zur zweiten Miete.

In den Metropolen, aber auch in manchen Universitätsstädten oder touristisch attraktiven Gegenden verschlingen neu bezogene Zwei- oder Dreizimmerwohnungen die Hälfte des Monatseinkommens auch von Menschen, die eine relativ gut bezahlte Stelle haben. Wenn zu einer Kaltmiete im vierstelligen Bereich noch mehrere hundert Euro für Gas, Strom, Wasser, Grundsteuer, Müllabfuhr und Straßenreinigung hinzukommen, werden schnell die Belastungsgrenzen erreicht. Nicht nur gering Verdienende, auch Familien mit mehreren Kindern und entsprechendem Platzbedarf müssen dann umziehen – in die weniger beliebten Trabantenstädte, oder gleich in strukturschwache Regionen.

Anders als an den Tankstellen, wo die Preissprünge auf großen Tafeln am Straßenrand sichtbar sind, wirkt beim Wohnen ein psychologischer Verzögerungseffekt. Denn abgerechnet wird meist mit Verzug. Eine Aufstellung der Nebenkosten erhalten viele Betroffene erst im Folgejahr. Die Energieversorger erheben zwar Abschläge, die schockierend hohe Nachzahlung aber wird frühestens nach dem Heizen im Winter fällig. Die Finanzbehörden fangen zwar jetzt an, die Grundsteuer neu zu bestimmen, auf Basis der veränderten Sätze eingefordert wird sie jedoch erst ab 2025.

Hauptverwaltung von Vonovia in Bochum (2018)

Drastische Erhöhungen bei den Kosten für Basisbedürfnisse sind stets ein Warnsignal an die Politik. Das gilt sogar für Diktaturen, und umso mehr für Demokratien, die auf die Loyalität der Regierten stärker angewiesen sind. Die Historie erzählt von Brotaufständen, von Revolten gegen Getreidemangel oder in neueren Zeiten von militanten Protesten allein aufgrund hoher Spritpreise.

Das Problem steigender Mieten schlummert im Vergleich dazu eher im Verborgenen – schon deshalb, weil nicht alle, auch nicht alle Einkommensschwachen, in gleichem Maße betroffen sind. Wer zum Beispiel relativ günstig in der Provinz lebt und nicht mit Gas, sondern vorrangig mit einem alten Kaminofen heizt, spürt die neue Belastung weniger als andere.

Die Mietpreise steigen seit mehr als zehn Jahren überdurchschnittlich. Viele können sich nicht mehr leisten, dort zu leben, wo sie arbeiten, vor allem nicht in den teuren Großstädten. Wer zu wenig verdient, weicht auf günstigere Orte aus. Doch auch im Umland der Ballungsräume sind die Preise gestiegen, zudem rauben längere Anfahrtswege Zeit und Kraft, von der zusätzlichen Belastung für die Umwelt ganz zu schweigen.

Quelle          :         TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

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Oben     —     Sitz der Deutsche Wohnen in Berlin-Wilmersdorf

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RBB-Skandal – Schlesinger

Erstellt von Redaktion am 12. August 2022

Gemach, verehrte Jagdgesellschaft

Eine Kolumne von Thomas Fischer

Betrug, Untreue, Korruption? Gehen wir davon aus, dass ein Staat, der seinen Präsidenten wegen Annahme eines Bobby Cars verfolgt, die Kraft haben wird, den »Fall Schlesinger« sach- und regelgerecht aufzuklären.

Ein Fall, ein Fall!

Die Intendantin des RBB ist »zurückgetreten«, als solche und als Vorsitzende der ARD. Vom Aufsichtsratsvorsitz bei der Degeto ist (mir) derzeit nichts bekannt. »Zurücktreten«, von was auch immer, tut in der Regel niemand gern, erst recht nicht auf erste Anforderung, die, wann und wo immer es etwas zu mutmaßen gibt, bekanntlich nicht lange auf sich warten lässt. Spätestens bei der dritten Wiederholung lautet die Schlagzeile »Der Druck wird immer größer«, und über Nacht bringen sich die besten Freunde in Sicherheit.

Insoweit kann man die ganz großen Moralkaliber mindestens vorerst mal stecken lassen, die sich darauf beziehen, dass Frau Patricia Schlesinger zunächst einmal tat, was man so tut, wenn man meint, ganz oben zu sein und kleine Neid- und Missgunstkäfer rasch von den Füßen schütteln zu können. Das misslingt, wie die Erfahrung zeigt, nicht stets, aber doch häufig, schon wegen der Eigengesetzlichkeiten einer Branche, die auf den Durchlaufverzehr von Lebensschicksalen nicht nur spezialisiert, sondern von ihm hochgradig abhängig ist.

Das müsste man als erfahrene Macherin von »Panorama« eigentlich ganz genau wissen, wo man sich stets gern als Miterfinder der Kunst des investigativen Schiffeversenkens verstand. Aber wie es so geht im Leben: Kaum sind die Honigtöpfe erreicht und dies als zwangsläufiges Ergebnis der eigenen Höchstleistung in die Selbstbetrachtung integriert, beginnen die kleinen Teufel, am Seelenrückgrat zu nagen und die Selbsterkenntnis zu vernebeln.

Nun haben wir also einen insgesamt recht ansehnlichen Fall in Deutschland: ein bisschen unklar noch und gruselig, aber von erfreulicher, urlaubskompatibler, »Bild«-am-Strand-verträglicher Übersichtlichkeit, was man ja von Krieg, Gas, Corona, Cum-ex und so weiter nicht wirklich sagen kann. Und zudem von einer absolut unwiderstehlichen Framing-Verortung: Die-da-oben, moralspezialisierte Frau, Zwangsbeitrag, Doppelmoral, Staat, Gier, Luxus.

Nun hören und lesen wir: »Jetzt ermittelt der Staatsanwalt.« Bei »Panorama« ist das der triumphale Schlusssatz einer richtig gut gelaufenen Schiffeversenken-Geschichte. Wir erwarten daher alsbald die ersten Berichte darüber, welche Strafe Frau Schlesinger »nun droht« (es handelt sich hierbei stets um die in jeweils irgendeinem Gesetz angedrohte Höchststrafe, die sowieso nie verhängt wird; klingt aber schon mal vielversprechend).

Falls Sie, verehrte Leser, sich hier nun ein Gutachten zum Ausgang des Verfahrens erhoffen, muss ich Sie enttäuschen: Den Teufel werde ich tun. Ebenso wenig wie ich Beweise zu würdigen, Indizien, die wir nicht kennen, zu bewerten oder Sie, Damen und Herren rechtstreu Rechtsunterworfene, in einem Ihrer erträumten Vorwegurteile zu bestätigen oder zu widerlegen habe. Bei dieser Gelegenheit darf ich einmal wieder anmerken, dass diese Kolumne weder die Absicht noch die Aufgabe hat, über Schuld und Unschuld zu räsonieren. Der »Fall Schlesinger« bewegt sich derzeit im Bereich des (medienpolitischen) Skandals und der (strafrechtlichen) Verdachtsberichterstattung. Das ist ja auch genug.

Worum geht’s?

Aber vielleicht ist es sinnvoll, einmal kurz darüber zu sprechen, was die Begriffe bedeuten, die da herumschwirren und teilweise schon wieder wie feststehende Ergebnisse verwendet werden: »Untreue«, »Spesenbetrug«, »Vetternwirtschaft«. Von der vorläufigen Rand-Orchestrierung ganz zu schweigen: »Luxusbüro«, »Massagesitze«, »Privatfahrten«. Gemach, gemach, verehrte Jagdgesellschaft! Und denken Sie – wie stets, wenn Sie auf der Spur der Verworfenheit sind – gelegentlich an den Titel einer frühen (1971) LP der Combo Uriah Heep: »Look at Yourself!«

»Compliance« heißt: Zuverlässigkeit, Regeltreue. Ich weiß nicht, wie es um Ihre eigene Compliance bestellt ist, Leser: als Patient, Steuerzahler, Gebührenentrichter, Ein- oder Verkäufer, Notar oder Tankstellenkassierer. Das geht mich ja auch meist nichts an. Man hört anderseits so allerlei: »Korruption und Schmiergeldsumpf allenthalben!«, rufen unermüdlich am lautesten diejenigen, die garantiert wenig Ahnung haben. Das ist einerseits zwar nicht verwunderlich, andererseits aber auch kein Beweis.

Betrug

»Betrug« zum Beispiel ist ein ehrwürdiger Straftatbestand. Seit 1871 ist er in Paragraf 263 StGB formuliert. Er setzt auf der »objektiven« (»äußeren«) Seite voraus: 1) Täuschungshandlung, 2) Irrtum, 3) Vermögensverfügung, 4) Vermögensschaden. Alle vier Elemente müssen »kausal« miteinander verknüpft sein. Das ist schwieriger festzustellen, als man glaubt. Auf der »subjektiven« (täterinneren) Seite setzt die Strafbarkeit voraus: 1) mindestens bedingten Vorsatz von Eins bis Vier plus 2) zusätzlich (!) die »Absicht«, sich selbst oder eine dritte (natürliche oder juristische) Person geldwert zu bereichern. Ob sich diese Absicht realisiert, ist egal – das nennt man, falls man sich juristisch gebildet ausdrücken möchte, »überschießende Innentendenz«: Die Absicht muss weitergehen als das in der Realität Erreichte. Glauben Sie mir vorerst einmal, dass diese Rechtslage zwar menschheitsgeschichtlich auch anders sein könnte, aber einen recht gut vertretbaren Sinn hat, seit ungefähr 2000 Jahren erforscht wurde und auf mehrere Kilometer wissenschaftliche Literatur von allen Kontinenten zurückblickt. Ob es hier und im Einzelfall so war, kann man beim besten Willen nicht sagen; daher sollte man es auch unterlassen, so zu tun, als wisse, ahne oder beurteile man irgendetwas Konkretes.

Untreue

Der Straftatbestand der »Untreue« ist, so sagen viele, einer der unklarsten und willkür-anfälligsten des Strafgesetzbuchs. Dies gilt, obgleich die meisten, die man fragt, der Ansicht sind, sie wüssten, worum es geht. Strafbar »untreu« handelt in der praktisch wichtigsten Variante des Paragrafen 266 Absatz 1 StGB, wer 1) eine Pflicht hat, fremdes Vermögen zu »betreuen«, 2) diese Pflicht verletzt und 3) hierdurch dem zu betreuenden Vermögen einen Vermögensnachteil (Schaden) zufügt. Eine »Bereicherungsabsicht« wie beim Betrug ist nicht vorausgesetzt: Weder der Täter noch eine dritte Person muss objektiv oder intentional bereichert werden; es reicht der (bedingte) Vorsatz, das betreute Vermögen pflichtwidrig zu schädigen.

Mit ein bisschen Fantasie können Sie sich hoffentlich ausmalen, welche Abgründe an »Streitigkeit«, Interessen, Sachverhaltsvarianten und Bewertungen sich hinter solch spröden Formulierungen verbergen können. Die erste wichtige Frage bei der Anwendung des Tatbestands ist die Tauglichkeit des möglichen Täters: Hat die Person eine »Betreuungspflicht« gegenüber einem fremden Vermögen? Das ist in vielen Fällen klar (Kassierer, Schatzmeister, Geschäftsführer), in vielen anderen nicht (zum Beispiel: Muss ein niedergelassener Arzt das Vermögen der Krankenkasse betreuen?). Die zweite oft schwierige Frage ist, ob eine Verletzung dieser Pflicht vorliegt. Auch hier gibt es leichte Fälle (»Griff in die Kasse«) und schwierige (Eingehen von Risiken durch Vorstände).

Quelle       :      Spiegel-online          >>>>>          weiterlesen

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Oben     —     03.05.2018, Berlin: Vortrag: Investigativer Journalismus – Wer kann sich das noch leisten? Referentin: Patricia Schlesinger, Georg Mascolo, Olaf Sundermeyer, Uli Köppen, Oliver Schröm Robin Lautenbach Die re:publica ist eine der weltweit wichtigsten Konferenzen zu den Themen der digitalen Gesellschaft und findet in diesem Jahr vom 02. bis 04. Mai in der STATION-Berlin statt. Foto: Gregor Fischer/re:publica

Unten          —        Thomas Fischer auf der re:publica 2016
Ot – Eigenes Werk
Thomas Fischer (Jurist)
CC-BY-SA 4.0
File:Thomas Fischer-Jurist-rebuliva16.JPG
Erstellt: 4. Mai 2016

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USA sanktioniert Kuba

Erstellt von Redaktion am 12. August 2022

Charterflüge und Kreuzfahrten verboten, Zahlungen erschwert

Quelle      :        INFOsperber CH.

Von     :    Red. /   

Präsident Trump verschärfte die Sanktionen gegen Kuba massiv. Präsident Biden hält an den völkerrechtswidrigen Massnahmen fest.

upg. Ein Autorenkollektiv hat ein dokumentiertes Dossier über die umfassenden, völkerrechtswidrigen US-Sanktionen gegen Kuba veröffentlicht: «Schweizer Banken gegen Cuba – Chronik eines amtlich beglaubigten Skandals». Weil große Medien dem Thema wenig Platz einräumen, veröffentlicht Infosperber zwei Teile aus den einleitenden Kapiteln. Im ersten Teil ging es um die Verweigerung von Banken, Spenden auf Konten von Kuba-Hilfsorganisationen gutzuschreiben.

Die Wirtschaftsblockade beherrscht alles

(Franco Cavalli) Es ist völlig unmöglich, über Kuba zu diskutieren, ohne die Wirtschaftsblockade zu thematisieren, mit der die USA seit mehr als 60 Jahren die Errungenschaften der kubanischen Revolution zu erwürgen versuchen. Dieser unerbittliche Wirtschaftskrieg, der jährlich von der UN-Generalversammlung fast einstimmig verurteilt wird, hat der karibischen Insel Schäden in der Höhe von Hunderten von Milliarden verursacht. Geschichtlich sind diese völkerrechtswidrigen Massnahmen wegen ihrer Dauer und Härte einmalig. Das einzige einigermassen ähnliche Beispiel geht zurück auf den Beginn des 19. Jahrhunderts, als Frankreich Haiti mit einer harten Wirtschaftsblockade wegen seiner Unabhängigkeitserklärung bestrafte, wodurch das vorher ziemlich blühende Land in das Armenhaus verwandelt wurde, das wir noch heute kennen.

Die Vorgeschichte der Blockade gegen Kuba zeigt, dass überhaupt keine ideellen Gründe, sondern nur harte ausbeuterische Wirtschaftsinteressen die entscheidende Rolle spielten. Nachdem die bärtigen Revolutionäre im Mai 1959 die absolut notwendige Landreform ausgerufen hatten, wobei natürlich die Interessen einiger wohlhabender amerikanischer Landbesitzer berührt wurden, rief im Oktober 1959 Präsident Eisenhower die ersten wirtschaftlichen Strafmassnahmen gegen Kuba aus (ohne jegliche Aussprache mit dem Kongress!). Es wurde damals bereits ausdrücklich erwähnt, dass alle Optionen auf dem Tisch seien, sollte sich Havannas Regierung nicht bessern.

Im Juni 1960 verstaatlichte die Revolutionsregierung amerikanische Raffinerien, nachdem sich diese geweigert hatten, Öl aus der Sowjetunion zu verarbeiten. Wenige Monate später wurden die wichtigsten Industriezweige, darunter viele amerikanische Besitzungen, ebenfalls verstaatlicht. Daraufhin verschärfte Washington die Vergeltungsmassnahmen derart, dass man bereits von einer weitgehenden Wirtschaftsblockade sprechen konnte, obwohl diese auf Gesetzesebene erst zwei Jahre später vom US-Kongress verankert wurde.

Weltweit durchgesetzte Wirtschaftsblockade ab 1996

Anfang der 1990er-Jahre, infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion, verlor die karibische Insel fast die Hälfte ihres Sozialproduktes. Wegen dieser Wirtschaftskatastrophe war man in Washington überzeugt, dass die Regierung in Havanna bald gestürzt würde. Als dies nicht eintrat, versuchte man es 1996 mit der Helms-Burton Act. Zum ersten Mal massten sich die USA offiziell das Recht an, die Wirtschaftsblockade auch ausserhalb der USA, also exterritorial, durchzusetzen. Das bedeutete, dass jede Person respektive jedes Unternehmen, die oder das sich irgendwo auf der Welt erlauben würde, mit Kuba Geschäfte zu tätigen, mit harten finanziellen Strafmassnahmen seitens der USA rechnen musste. Bezeichnenderweise wurde dieses Gesetz ausgerufen, als Kuba dabei war, die Wirtschaftskrise des Periodo especial zu überwinden.

Beim Ausbruch der Covid-Pandemie versuchte Präsident Donald Trump mit einer zusätzlichen Verschärfung der Helms-Burton Act Kuba im wahrsten Sinne des Wortes auszuhungern. Zum ersten Mal wurden beispielsweise nicht nur Produzenten, sondern auch Transportunternehmen, die Waren nach Kuba bringen wollten, mit enormen Bussen bedroht. Und zum ersten Mal wurde sogar den in den USA lebenden KubanerInnen verboten, ihren Verwandten auf der Insel Geld zukommen zu lassen.

Diese unglaubliche Verhärtung der Wirtschaftsblockade und das pandemie-bedingte Ausbleiben des Tourismus erklären zum grössten Teil die jetzige schwierige Wirtschaftslage in Kuba. Aber nachdem Havanna es zustande brachte, praktisch die ganze eigene Bevölkerung mit wirksamen Impfstoffen, die in Kuba selbst entwickelt wurden, zu immunisieren, sieht es so aus, als ob auch diesmal die Hoffnung Washingtons zum Albtraum der US-Politik werden könnte. In der Tat konnte Kuba am 15. November 2021, weil die Pandemie momentan unter Kontrolle ist, seine Tore für den internationalen Tourismus wieder öffnen.

Trump erlaubt Klagen gegen jahrzehntealte Enteignungen

(Raffaele Malinverni) Der schlimmste Teil der Helms-Burton Act ist Teil III. Er erlaubt US-Bürgern und auch Personen, die zum Zeitpunkt der Enteignung noch nicht US-Bürger waren, deren Besitz aber auf Kuba enteignet worden war, sowie Personen und Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen eingehen wollen, die diese Güter betreffen, in den USA gegen die Enteignungen zu klagen (Sektion 301.5). Dieser Teil III wollte Investoren ausländischer Firmen auf Kuba abschrecken. Doch die ACT III haben die Präsidenten Clinton, G. W. Bush und Obama nie in Kraft gesetzt, weil er den Interessen von US-Firmen zuwiderlief.

Präsident Trump hingegen setzte die Act III im Jahr 2019 in Kraft. Die Biden-Administration hat die Anwendung des Act III ebenso wenig rückgängig gemacht wie die weiteren 243 von Donald Trump eigenmächtig erlassenen Verschärfungen.

Diese sehen u. a. folgende Massnahmen vor:

  • Verbot von regulären und Charterflügen nach Kuba (Ausnahme: Havanna);
  • Verbot von Kreuzfahrten nach Kuba;
  • Verhinderung von Zahlungen nach Kuba via die kubanischen Gesellschaften Fincimex und American International Services (die Hauptzahlungskanäle nach Kuba);
  • Verbot, Güter nach Kuba zu exportieren, die mehr als 10 Prozent US-Komponenten enthalten;
  • Verbot in die USA kubanischen Rum und Tabakwaren zu importieren;
  • Kubas finanzielle Bank-Operationen wurden untersagt;
  • Rund 230 US-Firmen wurden schwere Restriktionen im Handel mit Kuba auferlegt;
  • Restriktionen für Firmen, die mit Treibstoffen handeln, die für Kuba bestimmt sind.

Schliesslich hat Präsident Trump am 11. Januar 2020, neun Tage vor Ende seiner Amtszeit, Kuba wieder auf die Liste von Ländern gesetzt, welche den Terrorismus sponsern sollen. Seit Jahren gibt es keine Anhaltspunkte mehr dafür, dass Kuba im Ausland illegal Aufständische unterstützt.

Der kumulierte Schaden für Kuba infolge der Blockaden wurde auf über 130 Milliarden US-Dollar geschätzt, allein von April 2019 bis März 2020 auf 2,4 Milliarden («The Guardian», 03. 02. 2022).

Gegen internationales Recht

Stolze neunundzwanzig Mal (29×) hat die UN-Generalversammlung die US-Wirtschaftsblockade verurteilt und deren Aufhebung gefordert. Seit die Schweiz 2002 Mitglied der UNO wurde, stimmt sie ebenfalls regelmässig gegen die Blockade ab. Zudem sollen 57 Prozent der US-Bürger für die Aufhebung sein und nur 29 Prozent dagegen («The Guardian», 03. 02. 2022).

Kanada und die EU haben in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten, dass die extraterritoriale Anwendung der unilateralen US-Sanktionen von Act III durch die USA internationalem Recht widersprechen. Die EU hat im Februar 2022 durch ihre Kommissarin für Finanzdienstleistungen Mairead McGuinness die vollständige Aktivierung der Helms-Burton Act «bedauert» und als Verstoss gegen internationales Recht bezeichnet. Die Aktivierung von Titel III des Helms-Burton-Gesetzes stelle auch einen Bruch der von Washington in den Abkommen zwischen der EU und den USA von 1997 und 1998 eingegangenen Verpflichtungen dar.

Zur Erinnerung, Kuba hat noch nie gegen ein anderes Land Krieg geführt oder sonst eine militärische Aggression verübt. Und dennoch wird das Land mit denselben drastischen Sanktionen belegt wie Russland derzeit im Ukraine-Konflikt. Und dies seit 60 Jahren.

Für die Schweizer Banken ist das offenbar belanglos. Sie konzentrieren sich lieber auf die Behinderung von legalen Geschäften wie etwa den innerschweizerischen Zahlungsverkehr.

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Oben      —     In der Nähe des Piers.

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 Unten     —     Raúl Castro und Barack Obama, März 2016

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Kolumne-Wir retten die Welt

Erstellt von Redaktion am 12. August 2022

Ab jetzt wird zurückgetreten

Von Bernhard Pötter

Ist es die Hitze, Dürre und die allgemeine Schlappheit? Das Thema dieses Sommers scheint jedenfalls der Rücktritt zu sein. VW-Chef Herbert Diess gibt das Steuer aus der Hand; der nächste Papst redet davon, nicht erst im Himmel in Rente zu gehen; Birgitte Nyborg, die dänische Außenministerin in der Netflix-Serie „Borgen“, denkt gerade über ihr politisches Ende nach; und RBB-Intendantin Patricia Schlesinger tritt als ARD-Chefin und Senderleiterin zurück.

Vielleicht sollten wir so weitermachen. Es gibt jedenfalls noch eine Menge anderer Leute, auf deren Demission wir dringend warten. Weil sie ihre Arbeit nicht tun, ihr Amt beschädigen, unser Geld verprassen oder uns alle immer tiefer in den Mist reiten.

Wo soll man da anfangen? Vielleicht bei Manuela Schwesig, die als Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern mit Gazprom-Geld eine staatliche „Klimastiftung“ aufgebaut hat, um den dreckigen Nord-Stream-Deal mit einem Verbrecherregime grün anzumalen. Oder bei Andreas Scheuer, der offenbar das Parlament belog, trotz Warnungen 500 Millionen Steuergeld versenkt hat, trotzdem bis zum Ende Verkehrsminister bleiben durfte und weiter im von ihm ausgetricksten Bundestag sitzt. Was ist mit Markus Söder, der Bayern in 18 Jahren klimaneutral sehen will, statt Windrädern aber vor allem heiße Luft produziert? Oder mit so ziemlich allen Landwirtschaftsminister-Innen, unter denen die Höfe und Bauern sterben, die Tiere leiden, die Natur verkümmert und nur die fetten Agrarbetriebe gedeihen? Und schließlich: Könnte nicht endlich auch mal Gerhard Schröder vom Amt als Altkanzler zurücktreten?

Diese Blender, alle längst weg vom Fenster – leben aber von den Steuerzahlern !

Aber auch dann bleibt noch viel zu tun. Die EU-Kommission hat die Gelegenheit zum Rücktritt verpasst, als über Jahre der Emissionshandel floppte und 2010 die EU-Ziele zur Rettung der Biodiversität einfach mal verfehlt und um zehn Jahre gestreckt wurden. Der deutsche Nachhaltigkeitsrat zieht immer wieder eine düstere Bilanz des Regierens und Wirtschaftens – von Rücktritten danach keine Spur. Ähnlich geht es den anderen Öko-Warnern aus all den Kommissionen, Runden Tischen und Sachverständigenräten: Die Probleme werden immer besser bekannt und benannt. Konsequenzen für die (nicht) handelnden Personen: keine.

Quelle       :          TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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Oben        —        Abendmahl‘ von Arno Funke

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DL – Tagesticker 12.08.2022

Erstellt von Redaktion am 12. August 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) Schröder verklagt Bundestag  – . –  2.) Cum-ex-Skandal um Warburg-Bank  – . –  3.) Pressekonferenz von Olaf Scholz  – . –  4.) Doppelte Zeitenwende in der Uckermark  – . –  5.) Die Widersprüche des Professors   . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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In Hellen Licht gesehen müsste Schröder sogar Recht gegeben werden! Denn wer sonst in dieser Republik würde sich aus dem  Volk anmaßen die gleichen Rechte zu einzuklagen. Alle Macht geht vom Volk und nicht von seinen Schmarotzern aus! Aber – wie heißt es auch so schön – die Gier nach dem Mehr wächst mit der Macht ! Das gleiche Recht für Alle- gab es auch noch nie, selbst in der Demokratie nicht.

Streit über Sonderrechte. Gerhard Schröder kämpft um sein Büro: Der Ex-Kanzler hat beim Berliner Verwaltungsgericht eine Klage gegen den Bundestag eingereicht. Im Mai waren ihm seine Sonderrechte entzogen worden.

1.) Schröder verklagt Bundestag

Gerhard Schröder verklagt den Bundestag auf Wiederherstellung seiner im Mai entzogenen Sonderrechte. Der Altkanzler verlange, dass ihm wieder ein Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wird, sagte sein Hannoveraner Rechtsanwalt Michael Nagel der Deutschen Presse-Agentur. Nagel hat in Schröders Auftrag eine entsprechende Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Schröder steht wegen seines Engagements für russische Energiefirmen und seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin massiv in der Kritik. Der Haushaltsausschuss hatte die teilweise Streichung von Schröders Privilegien aber ausdrücklich nicht mit dessen Arbeit für die Energiefirmen oder seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine begründet. Vielmehr solle die »Ausstattung ehemaliger Kanzler nach den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt erfolgen«, heißt es in der Regelung. Offenbar konnten die Parlamentarier diese bei Schröder nicht erkennen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400.000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Sein Ruhegehalt in Höhe von 8300 Euro erhält Schröder auch nach dem Beschluss ebenso weiter wie den Personenschutz. Der Beschluss des Bundestags-Haushaltsausschusses, Schröder die Mittel für die Ausstattung seines Büros im Bundestag zu streichen und das Büro auf ruhend zu stellen, sei rechtswidrig, heißt es in einer der dpa vorliegenden Erklärung der Anwaltskanzlei. Es werde »behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. ›nachwirkenden Dienstpflichten‹ nicht mehr wahr«. Es werde »aber nicht festgelegt, was »nachwirkende Dienstpflichten« überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Procedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt«, heißt es in der Erklärung weiter.

Spiegel-online

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Die Dreckhaufen können sich vor oder hinter den Regierungsmittglieder-Innen noch so hoch auftürmen, eventuelle Folgen werden sie nie sehen, da alle Macht Systeme von den Parteien-Clans genau nach ihren Vorstellungen so eingerichtet wurden wie sie benötigt werden, um den Schutz der politischen Narren zu sichern !.  

Der Kanzler könnte über einen Polit-Mafioso aus Hamburg stürzen. In einem Bankschließfach des einflussreichen SPD-Politikers Johannes Kahrs wurden nach einer Razzia wegen der kriminellen Cum-ex-Geschäfte der Warburg-Bank über 200.000 Euro gefunden. Steht das Geld mit der Warburg-Affäre und Bundeskanzler Olaf Scholz in Verbindung? Eine Analyse.

2.) Cum-ex-Skandal um Warburg-Bank

Zwei Tage nach der Bundestagswahl fand beim SPD-Strippenzieher aus Hamburg, Johannes Kahrs, eine Razzia wegen der kriminellen Cum-ex-Geschäfte der Warburg-Bank statt. Cum-ex bezeichnet Aktiendeals, bei denen die mehrfache Rückerstattung von Kapitalertragssteuern beantragt wird, die jedoch nur einmal gezahlt wurden. Es ist wie eine Pfandflasche im Supermarkt abzugeben, dann den Pfandbon zu kopieren und an der Supermarktkasse abzukassieren. Mit dem Unterschied, dass die Supermarktkasse der Staat ist und es um Milliarden geht. Gefunden wurden bei der Razzia in der Privatwohnung des einflussreichen SPD-Politikers Kahrs von der konservativen Parteiströmung Seeheimer Kreis, der auch Bundeskanzler Olaf Scholz nahesteht, unter anderem der Mietvertrag für ein Bankschließfach bei der Hamburger Sparkasse, in dem sich über 200.000 Euro Bargeld befanden. Es kam zu drei Treffen zwischen Scholz und Olearius. Zuvor war bereits öffentlich geworden, dass eine Hamburger Finanzbeamtin, die der Warburg-Bank geraten hatte, sich wegen drohender Rückforderung geraubter Cum-ex-Millionen an die Politik zu wenden, damit prahlte, dass ihr „teuflischer Plan“ aufgegangen sei und die Vorgesetzen in der Finanzbehörde (dem Hamburger Finanzministerium) zufrieden mit ihr seien. Diese Finanzbeamtin diente dem Kanzleramtschef von Olaf Scholz, Wolfgang Schmidt, kürzlich noch als glaubhafte Entlastungszeugin für Olaf Scholz in der Warburg-Affäre.

Cicero-online

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Ja-wohl ein guter Kapitän verlässt immer als letzter sein brennendes Schiff, selbst wenn er sieht, dass ihm das Wasser schon bis an den Kniebeugen steht. Das ist wohl das einzig wenige was in der Hamburger Politik politisch  zu lernen ist. Sp schafft er natürlich alles, was Mutti trotz ihres DR Titels zu begreifen nicht schaffte und ausschlief.

Kanzler beim Balanceakt. Olaf Scholz gibt sich nach dem Urlaub munter. Er verteidigt die Steuerpläne von Finanzminister Lindner und inszeniert sich als Mann der kleinen Leute.

3.) Pressekonferenz von Olaf Scholz

Die Sommerpressekonferenz hat Scholz von Angela Merkel übernommen. Sie ist nicht das Einzige. Seine Art, kritische Fragen ins Leere laufen zu lassen, erinnert ebenfalls an seine Vorgängerin. Auch die Botschaft, die Scholz, lässig ohne Schlips, am Donnerstagvormittag verbreitet, kennt man von Merkel: Wir schaffen das. Die Krisen folgen Schlag auf Schlag: CoronaKrieg in der Ukrai­neEnergiepreise, Inflation, Gasmangel im Winter. Doch laut dem Kanzler hat die Ampelregierung alles im Griff. Schon im Dezember habe er weitsichtig Pläne entwickelt, was zu tun sei, wenn das Gas knapp werde. Die Regierung sorge mit den Entlastungspaketen für die soziale Abfederung der Krisenlasten. Den Satz, die Ampelregierung lasse niemand allein, wiederholt Scholz ein halbes Dutzend Mal. Mit sozialen Protesten oder Unruhen wegen der Inflation, die Ärmere besonders hart trifft, rechnet der SPD-Mann daher nicht. Trotz aller Krisen werde der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht, das Bürgergeld werde Hartz IV ablösen, das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm entschlossen umgesetzt, die Energiewende dito. Wenn ein anderer Eindruck entstanden sein sollte, dann, so die zarte Andeutung des Kanzlers, kann das nur an der komplett erschienenen Hauptstadtpresse liegen, die die segensreiche Politik der Ampel nicht in ganzer Pracht abbildet. Scholz erwähnt mehrfach die Erwerbsminderungsrente, die die Ampel kräftig erhöhen wird (Kosten: 2,6 Milliarden Euro jährlich). Davon sei in Leitmedien eher wenig zu sehen. Ebenso wenig wie von der „dramatischen Ausweitung des Wohngeldes“, die die Ampel beschlossen habe.

TAZ-online

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Was den Uckermarker-Innen in den letzten Jahren alles aufgeladen wurde, passt nicht einmal mehr auf die berühmte Bullenhaut! Geht von dort die Revolution aus, oder werden sich alle weiterhin an den Kaffeekränchen beteiligen? 

Die Sanktionen gegen Russland haben Folgen für die Beschäftigten der PCK-Raffinerie in Schwedt. Sie fordern Mitsprache.

4.) Doppelte Zeitenwende in der Uckermark

Die westlichen Sanktionen gegen Russland sind „wirkungsvoll und eine logische Reaktion auf den Krieg“, so schreibt es Alexy Yusupov, der Leiter des Russlandprogramms der Friedrich-Ebert-Stiftung auf dem Portal IPG-Journal und belegt in seinem Text eindeutig, dass sie der russischen Kriegsökonomie schaden. Auch ForscherInnen der US-amerikanischen Yale-Universität belegen mittlerweile empirisch den Wirkungsgrad der Sanktionen und haben dies kürzlich in einem Aufsatz der Zeitschrift Foreign Policy prägnant zusammengefasst. In Deutschland – und insbesondere im Osten des Landes – steigt dennoch der Zweifel an der westlichen Sanktionspolitik. Eine prominente Rolle in der öffentlichen Debatte nimmt derzeit die Frage über die Gasversorgung ein. Die Abhängigkeit Deutschlands beim Thema Gas ist immens. Täglich geht der Blick auf die Füllmenge der Gas-Pipelines und die Frage, ob Putin „liefert“: Anders ist es beim Thema Öl. Hier wurden entsprechende Sanktionen beschlossen, die unmittelbare Auswirkungen auf Ostdeutschland haben können, wenn die politischen Entscheidungsträger-Innen gemeinsam mit den Akteuren der Mitbestimmung hier nicht zu vorausschauenden, tragfähigen und verlässlichen Lösungen kommen. Insbesondere eine Stadt im Land Brandenburg ist damit in den Strudel der Weltpolitik geraten: die Stadt Schwedt an der Oder, in der Uckermark. Das industrielle Herz der Stadt ist eine Erdölraffinerie mit knapp 1.200 Beschäftigten. Weitere 2000 Arbeitsplätze hängen unmittelbar in den regionalen Wertschöpfungsketten mit dem Petrochemischen Kombinat (PCK) zusammen. Der Name stammt noch aus der Zeit vor der politischen Wende von 89/90 und hat – zumindest in der Abkürzung – die Zeit überlebt. Die jetzt als PCK-Raffinerie bezeichnete Arbeitsstätte ist der industrielle Dreh- und Angelpunkt in der Uckermark. Es gibt kaum Familien hier, bei denen nicht mindestens ein Mitglied „beim“ PCK arbeitet oder vielmehr auch gearbeitet hat. Denn auch Schwedt ist in den 90er Jahren gewissermaßen zu einem „Opfer“ der Strukturbrüche der ostdeutschen Wirtschaft geworden – wie viele andere ostdeutsche Regionen. In DDR-Zeiten arbeiteten hier zu Höchstzeiten knapp 8.000 Menschen. Jetzt ist es gerade noch ein Achtel davon in unmittelbarer Anstellung. Die damals entstandenen Sorgen und Ängste müssen unbedingt im Blick behalten werden, wenn über die aktuelle Situation gesprochen wird. Jede Familie in Schwedt hat ihre eigene Geschichte mit dem „PCK“. Viele Familien haben ihr Auskommen und ihren bescheidenen Wohlstand durch die Raffinerie erarbeitet und diese haben jetzt größte Ängste und Sorgen. Auch das muss bundesweit bedacht werden, wenn über die konkreten Folgen des russischen Angriffskrieges für die Region geredet wird.

Der Freitag-online

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Wann hätte denn Einer, der in der Politik in sich Ruhenden Knalltüten denn jemals eine Kritik an der eigenen Person akzeptiert? Wo ständen diese „Volkstreter“ ohne jegliches Rückgrat denn, wenn sie nicht – auf einen Plakat ihre Titel vor sich hertragen können!

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Marmor, Stein und Eisen bricht – aber diese Zähne nicht !

Warum jetzt Karl Lauterbachs Kommunikationsstil in der Kritik steht. Verunsichert der Gesundheitsminister die Bürger? Die Opposition wirft Karl Lauterbach chaotische Corona-Kommunikation vor. 

5.) Die Widersprüche des Professors

Vier Corona-Selbsttests hat Karl Lauterbach in dieser Woche auf Twitter gepostet. Auf dem ersten ist der rote Corona-Strich noch deutlich zu erkennen, doch er fällt von Test zu Test blasser aus und ist auf dem letzten nicht mehr zu sehen. Gesundheitlich geht es also deutlich bergauf bei dem vierfach geimpften und an Corona erkrankten Gesundheitsminister. Politisch gerät der SPD-Politiker dagegen immer stärker unter Druck. Im Fokus der Kritik: das Kommunikationsverhalten des Ministers. In den vergangenen Tagen hat sich Lauterbach aus der Quarantäne heraus per Twitter in neue Widersprüche verstrickt. Dabei geht es vor allem um die neuen Coronaregeln, die ab Herbst gelten sollen und auf die sich Lauterbach mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) geeinigt hat. Die Opposition wirft Lauterbach vor, die Bürger zu verwirren. Umstritten ist besonders die geplante Regelung, wonach im Falle einer Maskenpflicht in Freizeiteinrichtungen wie Restaurants, Bars oder Fitnessstudios für frisch geimpfte, genesene oder getestete Personen eine Ausnahme gelten soll. „Frisch“ geimpft ist aber nur der, dessen letzte Impfung weniger als drei Monate zurückliegt. Kritiker befürchten, dass das den falschen Anreiz setzt, sich alle drei Monate impfen zu lassen oder Menschen sich gar unter Druck fühlen, das zu tun. Lauterbach hält die Kritik für unsinnig. Kein Mensch wolle sich alle drei Monate impfen lassen, und kein Arzt werde das machen, erklärte er auf Twitter.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Unten     —   Karl Lauterbach in der WDR-Sendung „Maischberger“ am 2019-04-10

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