DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Archiv für Juli 27th, 2022

Weltmeister im Pazifismus

Erstellt von Redaktion am 27. Juli 2022

Man tut so, als wäre mit Putin nie zuvor verhandelt worden

Ein Schlagloch von Jagoda Marinic

Deutsche Intellektuelle belehren die Welt mir ihrer Tugend und labeln Waffenlieferungen an die Ukraine als Kriegstreiber. Putin dürfte das gefallen.

Ich verliere langsam die Beherrschung, wenn ich jenen zuhöre, die sich gerade als Pazifisten inszenieren. Natürlich braucht eine Demokratie den vielfältigen Diskurs. Natürlich müssen Fragen nach den Bedingungen, Ursachen und Zielen dieses Krieges gestellt werden. Der Zweifel gehört dazu, die Unsicherheit darüber, was richtig ist in dieser Zeit, all das muss seinen Platz haben. Doch es gibt eine spezifische Art des deutschen Pazifismus, die sich absichtlich dumm und naiv gibt, die so tut, als wäre ein gewisser Habitus ausreichend, um Lösungen für das Ende eines Angriffskrieg aus dem Handgelenk zu schütteln. Locker, so den Ellbogen auf der Lehne des biederen Ohrensessels, versteht sich, denn wie unverschämt muss man sein, um als gebildeter Deutscher zu fragen: Wann hat Krieg etwas Gutes über die Menschheit gebracht?

Man tut so, als wüsste man nicht, wie es ist, wenn faschistische Herrscher ihre Machtansprüche mit Gewalt durchsetzen. Wenn unter Diktatoren Kritiker eingesperrt, wenn Zivilisten ermordet, Frauen vergewaltigt und Unschuldige aus ihren Häusern vertrieben werden.

Krieg bringt nie Gutes, aber so mancher Verteidigungskrieg besiegt Böses. Ex-Bundespräsident Gauck brachte es bei Markus Lanz in der Sendung auf den Punkt: „Pazifismus ist ehrenvoll, führt aber nicht zum Guten. Er zementiert nur die Dominanz der Bösen, der Unmenschlichen und der Verbrecher.“

Im Moment wird man für Sätze wie diese in Deutschland immer häufiger als Kriegstreiber beschimpft. Während sich die Superpazifisten als friedliebend und besorgt inszenieren, werfen sie anderen den Krieg und seine Fortsetzung vor, ohne auf die spezifischen Bedingungen näher einzugehen. Wer der Ukraine für ihren Verteidigungskrieg Waffen liefern will, der wird zunehmend in die Ecke der Kriegstreiber gestellt. Wer Waffenlieferungen fordert, sei angeblich an Verhandlungslösungen nicht interessiert. Seit Monaten äußert sich im Zwei-Tages-Takt irgendein deutscher Intellektueller in diese Richtung und sie alle bereiten damit eine gefährliche Stimmung in einem Land, das bald schon in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wird und deshalb Ausdauer und Moral braucht.

Man tut in Texten und Interviews so, als sei die Verteidigung gegen Putin das größte Problem an diesem Krieg. Man tut so, als wäre mit Putin nie zuvor verhandelt worden, als hätte es nicht unzählige Abkommen mit Russland gegeben, die Putin selbst gebrochen hat. Man tut nicht nur zwischen den Zeilen, sondern immer offener so, als wäre dieser Krieg letztlich kein strategisch angelegter Vernichtungskrieg Russlands, sondern die unnötige Folge der Selbstverteidigung der Ukrainer. Kurz: Man tut so, als seien alle anderen schuldiger an diesem Krieg als Putin. Am schlimmsten seien demnach jene Kräfte, die mithelfen, die Vernichtung der Ukraine – im völkerrechtlichen wie kulturellen wie körperlichen Sinn – zu verhindern. Das sei unpazifistisch, womit wir wieder beim Anfang dieses Textes wären und bei einer Debatte, die sich im Kreis dreht, doch genau dieses Im-Kreis-Drehen ist der geistige Zermürbungskrieg, den Putin auf moralischer Ebene bewirken will: Die Europäer, die ohnehin zu hoch zu Werteross saßen, sollen entlarvt werden in ihrer Heuchelei.

Wenn nun also auch der Soziologe Hartmut Rosa einen Text schreibt, der jene, die der Ukraine Waffen liefern wollen, in die Nähe von Kriegsbefürwortern rückt, so ist das nicht nur eine Ehrverletzung jener, die den Freiheitskampf der Ukraine verstehen, es ist auch ein gefährliches Spiel mit den moralischen Kategorien, die es braucht, um Putin die Stirn zu bieten.

Diesen Krieg will jedoch niemand außer Putin führen, wenn er anhält, so nur deshalb, weil der Angriffskrieg nicht aufhört. Auch Rosa suggeriert, wie viele andere, Putin würde bei entsprechenden Angeboten den ausgehandelten Frieden akzeptieren – dafür wollen sie ihm fremdes Territorium schenken, wie großzügig.

Der gute Putin wird – diesen Fantasien nach – plötzlich akzeptieren, dass die zerstückelte Ukraine und andere russische Nachbarländer Teil der Nato werden. Nach all dem Verständnis für sicherheitspolitische Bedrängungsgefühle Putins soll er bei diesen Friedensverhandlungen plötzlich akzeptieren, von der Nato umzingelt zu sein?

Das Völkerrecht ist plötzlich egal und die Jugoslawienkriege werden instrumentalisiert und verzerrt – da habe man auch Kroatien und Slowenien neu anerkannt. Ja, aber um die Angegriffenen zu schützen. Wenn man Bosnien und Herzegowina herbeizieht, dann sollte man erwähnen, was das bis heute bedeutet, wenn Aggressoren Land erhalten und von da an die Geschichte zu ihren Gunsten und zum Schaden der Opfer verzerren, dafür reicht der Kampf um das Erinnern in Srebrenica, das seit dem Abkommen von Dayton zur Republika Srpska gehört.

Quelle        :         TAZ-online         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —   Demonstration gegen die Sichtheitskonferenz 1.2.2014 – München

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Die Polizei Berlin:

Erstellt von Redaktion am 27. Juli 2022

Dutzende Beamte verstießen gegen Datenschutzvorgaben

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von               :        

Immer wieder gerät die Berliner Polizei wegen Datenschutzproblemen in die Schlagzeilen. Jetzt hat sie selbst zahlreiche Beamte aufgespürt, die wiederholt gegen interne Weisungen zum Thema verstoßen haben.

Eine interne Untersuchung der Berliner Polizei hat ergeben, dass dutzende Polizist:innen in der Hauptstadt wiederholt gegen Weisungen zum Datenschutz verstoßen haben. Darüber informiert die Behörde in einer Pressemitteilung.

Konkret geht es um Zugriffe auf das Polizeiliche Landessystem für Information, Kommunikation und Sachbearbeitung, kurz POLIKS. In Berlin haben Polizist:innen Zugriff auf mehr als 130 unterschiedliche Datenbanken. Über POLIKS können sie etwa Informationen über Adressen oder Vorstrafen von Bürger:innen einsehen. Um Missbrauch dieser umfangreichen Befugnisse besser aufklären zu können, werden die POLIKS-Zugriffe protokolliert, Beamte müssen zudem einen Grund für ihre Anfrage angeben.

Der Pressemitteilung zufolge haben 83 Polizist:innen die hierfür geltenden Vorgaben missachtet und nicht angemessen dokumentiert, warum sie Informationen über bestimmte Personen abrufen. Dabei handelt es sich offenbar um Wiederholungstäter:innen, die mehrfach gegen die Regeln verstoßen haben.

Immer wieder Datenschutzprobleme bei der Polizei

Schon 2019 hatte die Berliner Datenschutzbehörde bemängelt, dass in diesem Bereich Probleme gibt. Damals ging es in erster Linie darum, dass die Polizei persönliche Infos von Bürger:innen rechtswidrig weiter gespeichert haben soll, obwohl sie diese hätte löschen müssen. Dabei stellte die Aufsichtsbehörde jedoch auch fest, dass Polizist:innen in das vorgesehene Feld statt einem Grund einfach „XXX“ eintrugen.

Die Berliner Polizei ist in den letzten Jahren immer wieder wegen Datenschutzproblemen in den Schlagzeilen gewesen. Unter anderem nutzte ein Polizist unrechtmäßig Informationen aus Polizeidatenbanken, um damit Drohbriefe an Personen aus der linken Szene zu schicken. Erst kürzlich informierte die Datenschutzbehörde die Öffentlichkeit darüber, dass sie im Jahr 2021 mehrere Beanstandungen gegen die Polizei ausgesprochen hat. Das rechtlich wirkungslose Instrument der Beanstandung ist das schärfste Schwert, auf das die Aufsichtsbehörde bei der Ahndung von Datenschutzproblemen bei der Polizei zurückgreifen kann.

Auch bundesweit gibt es Probleme mit dem Datenschutz bei der Polizei. Immer wieder kommen spektakuläre Fälle des Datenmissbrauchs durch Polizist:innen ans Licht. Auch im Fall der rassistischen „NSU 2.0“-Drohschreiben ist bis heute ungeklärt, wie genau ein Mann aus Berlin zahlreiche Daten von bekannten linken oder migrantisierten Personen aus Polizeidatenbanken erlangen konnte.

Vieles deutet auf strukturelle Mängel beim polizeilichen Datenschutz hin. Die EU-Kommission hat inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil dieses die europäischen Vorgaben zum Datenschutz bei Polizei und Justiz nicht vollständig umsetzt.

Disziplinarermittlungen laufen

In ihrer Pressemitteilung weist die Polizei Berlin darauf hin, dass die Verstöße gegen die Dokumentationsvorgaben nicht notwendigerweise auf illegale Abfragen deuten müssen. In den 83 Fällen sind demzufolge dienst- und disziplinarrechtliche Ermittlungen aufgenommen worden, um dies zu prüfen. In diesem Rahmen werde auch geprüft, „ob und inwieweit die Abfragen rechtmäßig waren“

Eine kurzfristige Presseanfrage zu den Details des Prüfverfahrens blieb am Tag der Veröffentlichung dieses Artikels zunächst unbeantwortet. Offen ist etwa, nach welchem System die „turnusmäßige Kontrolle“ erfolgte. Die Pressemitteilung setzt die 83 Fälle in Relation zu den „insgesamt gut 20.000 Zugriffsberechtigten“ bei der Polizei. Es macht jedoch einen großen Unterschied, ob alle 20.000 Personen überprüft wurden oder ob die 83 Wiederholungstäter bei einer Stichprobenziehung aufgefallen sind.

Wir tragen die Antwort der Polizei Berlin nach, wenn sie vorliegt.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —       Die Polizeidirektion 3 und andere Dienststellen der Berliner Polizei in der Kruppstraße in Berlin-Moabit

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Eine befreite Gesellschaft?

Erstellt von Redaktion am 27. Juli 2022

Über unsere  gesellschaftlichen Verhältnisse

Quelle     :     Untergrundblättle – CH

Von      :        Jonathan Eibisch

Warum Anarchist*innen endlich von der Fiktion einer „befreiten Gesellschaft“ wegkommen müssen. Der Aufruf zu einer anarchistischen Demo schliesst mit der Aufforderung dazu, eine „befreite Gesellschaft“ nicht zu erträumen, sondern zu erkämpfen.

Dazu sollen „radikale Politik in die breite Gesellschaft“ getragen und autonome Strukturen organisiert werden. Leicht lassen sich derartige Aussagen als billige Phrasendrescherei abtun. Besitzbürger*innen dämonisieren den Radikalismus der entsprechenden Gruppierungen, wohl wissend, dass diejenigen, die für derartige Positionen eintreten keineswegs die autonome Macht haben, um ernsthaft an der Verteilung von Eigentum oder politischer Macht zu rütteln. So dient ihre Verurteilung linksradikaler Phrasen letztendlich zur Verschleierung der Gewalt mit dem sie ihre eigenen Privilegien angeeignet haben und aufrecht erhalten.

Aus anarchistischer Perspektive sind Appelle, eine „befreite Gesellschaft“ einzurichten hingegen ernstzunehmen. Immerhin steckt dahinter überhaupt noch die Vorstellung, dass eine „andere Welt möglich“ ist und es in der Macht einer selbstorganisierten, kämpfenden Bewegung ist, diese entgegen der bestehenden Herrschaftsordnung zu verwirklichen. Damit ist die Phrase von der „befreiten Gesellschaft“ als Projektion eigener Sehnsüchte zu verstehen, die als solche aus dem Leiden unter den herrschaftlichen Verhältnissen der Gegenwart hervorgeht. Ohne diesen Motivation wird es kaum möglich, über das Bestehenden hinaus zu denken, also einer sozial-revolutionär, statt einer reformerische Herangehensweise nachzugehen.

Doch der fiktionale Charakter der sogenannten „befreiten Gesellschaft“ ist offensichtlich. Mit ihr wird ein endgültiger Zustand der Erlösung suggeriert, welcher nach einer fulminanten Endschlacht quasi von selbst hereinbrechen würde. Zur Selbstvergewisserung zogen Marxist*innen, welche die theoretische Figur der „befreiten Gesellschaft“ erfanden und bedienten, vermeintliche Gesetzmässigkeiten der historischen sozioökonomischen Entwicklung heran, welche eindimensional nach einem teleologischen Geschichtsverständnis verlaufen würde.

Statt der Behauptung „es rettet uns kein höheres Wesen“, wurde radikal-humanistisch (und eurozentristisch) die Weiterentwicklung der modernen Menschheit als metaphysische Orientierung eingesetzt. Im Übrigen wurde damit auch das moderne Weltverständnis auf die Vergangenheit zurück projiziert, was verlangte zu behaupten, dass vorherige oder aussereuropäische Gesellschaftsformen fundamental anders gewesen wären. (Ja, das waren und sind sie auch – nur eben nicht in der Konstruktion ihrer Andersartigkeit durch die globale hegemoniale Elite.)

Anarchist*innen gehen davon aus, dass die Gesellschaftsform in einem langen und anhaltenden Prozess auf verschiedenen Ebenen sozial revolutioniert werden muss. Ein Paradox besteht dabei darin einerseits „alles verändern“ zu wollen und andererseits zu wissen, dass derartige Veränderung per se nur prozesshaft auf verschiedenen Wegen geschehen und nie abgeschlossen werden kann. Wir wollen keine etwas freiere Gesellschaft, sondern eine, in welcher soziale Freiheit im qualitativen Unterschied zu heute umfassend und für alle Menschen verwirklicht werden kann. Und trotzdem können wir sie nur etappenweise erkämpfen, Schritt für Schritt aufbauend auf den bisherigen Erfolgen, statt auf der Illusion eines grossen Schlages von oben/aussen, der nie kommen wird. Emanzipation bedeutet, dass Menschen aktiv werden, ermächtigen, sich organisieren und sich in ihrem Engagement und ihren Auseinandersetzungen selbst verändern.

Die Fiktion einer „befreiten Gesellschaft“ zu bedienen, nährt die Probleme der abstrakten Utopie. Dagegen treten Anarchist*innen für die Konkretisierung der Utopie mit einem recht unspektakulären Verständnis von ihr ein. Es lohnt sich für die konkrete Utopie einer libertär-sozialistischen Gesellschaftsform zu kämpfen. In ihr sollen Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Selbstbestimmung und Vielfalt für alle Menschen verwirklicht werden. Sie bedeutet eine grundlegende Transformation politischen Form des Staates hin zu einer Föderation dezentraler autonomer Kommunen sowie der ökonomischen Form des Kapitalismus hin zu einer dezentralen und partizipativen sozialistischen Wirtschaftsweise.

Die libertär-sozialistische Gesellschaft hat noch andere Kriterien, um welche es an dieser Stelle nicht geht. Und Anarchie wird sie in Frage stellen und damit auf das Ziel der Überwindung jeglicher Herrschaftsverhältnisse hin ausrichten. Damit hört der Prozess der Einrichtung und Weiterentwicklung von Gesellschaft als auch nicht „nach“ der sozialen Revolution auf, sondern ist fortlaufend voran zu bringen. Damit dies gelingen kann, könne die stahlharten Rahmenbedingungen jedoch aufgebrochen und geändert werden.

Mit der Phrase „der befreiten Gesellschaft“ wird nichts von diesen Aspekten assoziiert. Mit ihr wird keine Verbindung zwischen pragmatischem und konkret-utopischem Denken geschlagen, sondern der Schein-Widerspruch zwischen Reform und Revolution in die Richtung eines Pseudo-Radikalismus aufgehoben.

In umso krasserem Licht erscheint die Parole, weil zwar landläufig angenommen und gefühlt wird, dass die bestehende Herrschaftsordnung von Grund auf marode ist, während das konkret-utopische Sehnen fast vollständig versiegt ist. Und das selbst (und/oder gerade ?) unter Linksradikalen. Mit anderen Worten dient die Phrase „der befreiten Gesellschaft“ im Grunde genommen dazu, sich über die eigene Enttäuschung hinwegzutäuschen und die eigenen Ohnmachtserfahrungen verbalradikal zu kaschieren.

Darüber hinaus wird mit ihr ein falsches Herrschaftsverständnis tradiert. Nämlich jenes, nach welchem Herrschaft von einem Aussen her auf die vermeintlich organische und „gute“ Gesellschaft auferlegt werden würde. Selbstverständlich profitieren privilegierte Gruppen von der bestehenden Herrschaftsordnung und haben deswegen von Zwang, Gewalt und Verblödung gestütztes Interessen, diese aufrecht zu erhalten, worunter die meisten anderen leiden. Wir haben es mit einem Phänomen systemischer Herrschaft zu begreifen – deren Akteur*innen freilich trotzdem angreifbar sind.

Wer Herrschaftsverhältnisse insgesamt überwinden will, muss sie aber als solche – als gesellschaftliche Verhältnisse – begreifen, statt anzunehmen, man könne die „blöden“, „bösen“ oder „fiesen“ Herrschenden irgendwie raus werfen, damit die Leute dann ihre Angelegenheiten selbst regeln könnten. Es ist nun mal leider deutlich komplizierter und verlangt zumindest die eigene Verstrickung in Herrschaft (aus der eine solch ultimative Projektion nach „der befreiten Gesellschaft“ heraus entspringt) einzugestehen und einen adäquaten Umgang damit zu finden.

Meine Position ist in diesem Zusammenhang klar: Meiner Ansichten nach sollten Anarchist*innen für eine libertär-sozialistische Gesellschaftsform kämpfen, diese propagieren, veranschaulichen und sich mit anderen Strömungen unter diesem Label verbünden. Es gilt freiheitliche, gleiche und solidarische Institutionen und Beziehungen in der Hülle der alten Gesellschaftsordnung zu schaffen.

Zugleich sollten Anarchist*innen jeglicher verfestigter Ordnung gegenüber skeptisch bleiben und sie in Frage stellen, statt ein Regime durch ein anderes zu ersetzen – und sei es mit den aufrichtigsten Anliegen. Beides gleichzeitig zu verfolgen, führt zu einem Paradox, welches die potenziell produktive Spannung hervorbringt, welche den Anarchismus meiner Wahrnehmung nach auszeichnet. In dieser Herangehensweise liegt meines Erachtens nach auch der Unterschied zu linksradikaler Politik begründet.

Soweit nicht anders angegeben und keine Quellenangabe (Name einer Organisation oder Internet-Adresse) vorhanden ist, gilt für die Texte auf dieser Webseite eine Copyleft (Public Domain) Lizenz.

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Grafikquellen          :

Oben     —       Unbearbeitetes, dafür zeitnah hochgeladenes Foto vom 1. Mai 2013 in Hannover: Der Deutscher Gewerkschaftsbund hatte zu den Demonstrationen unter dem Motto „Gute Arbeit. Sichere Rente. Soziales Europa“ aufgerufen. Vielleicht letztmals zogen Demonstranten und unterschiedlichste Gruppierungen vom Freizeitheim Linden zum Klagesmarkt, den die Stadt Hannover im Zuge der Umbaumaßnahmen von Hannover City 2020 + demnächst mit Häusern bebauen will. Auch 2013 nahmen insbesondere Familien mit Kindern an den Feierlichkeiten teil und konnten vielleicht letztmals gleichzeitig in der Grünfläche des Gartendenkmals Alter St. Nikolai Friedhof Erholung finden …

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DER ROTE FADEN

Erstellt von Redaktion am 27. Juli 2022

Olaf, lass doch Schatten regnen

Roter Faden Hannover rote Zusatzmarkierung.jpg

Durch die Woche mit Lukas Wallraff

Unser Autor sitzt wegen Corona in häuslicher Isolation und muss bei Weltenbrand, Krieg und Energiekrise zusehen. Und das bei der Hitzewelle.

Jetzt kam schon wieder was dazwischen. Auf dem Weg zu den guten Taten, die ich mir seit Silvester vorgenommen hatte und mit denen ich in dieser Woche endlich prahlen wollte, wurde ich von Corona aufgehalten. Zack, positiv, nach zweieinhalb Jahren konnte ich nicht mehr ausweichen und musste zu Hause bleiben, wodurch mein einziger, aber wichtiger Beitrag zur deutschen Verteidigungsbereitschaft entfiel: die Hütung des taz-Tores.

Mehr Opferwillen kann niemand verlangen, als die Fuß­bal­le­r*in­nen dieser Zeitung in jedem Spiel vorleben. Schnitte sich davon jeder eine Scheibe ab, müsste uns weder vor dem nächsten Hitzeschock noch vor dem Gasstopp bange sein. Die taz-Panter überstanden das heiße Kellerderby gegen Radio Eins auch ohne mich gewohnt sieglos.

Was konnte ich jetzt noch Gutes tun, bei 39 Grad im Schatten, beschränkt auf wenige Quadratmeter im Hotoffice? Im ersten Lockdown war das sinnlose Herumsitzen und Nichtstun ja noch toll. Faule Stubenhocker wurden plötzlich als rücksichtsvolle Helden gefeiert. Bravo, schon zwanzig Stunden auf dem Sofa vor der Glotze, Chapeau! Heute fühlt sich tatenlos herumzuschwitzen nicht mehr wirklich gut an. Krieg und Klimakrise sind zu offensichtlich, um unbeschwert zu dösen. Irgendetwas sollte man doch tun, um den Weltenbrand zu löschen. Ich kann nur zu den verreisten Nachbarn gehen und Blumen gießen. Immerhin.

Das mit der Isolation hat bei mir auf jeden Fall besser hingehauen als bei Wladimir Putin. Während ich als braver Panter im weichen Gang geschmeidig starker Schritte durch die eigene Wohnung gehe, mich nur im allerkleinsten Kreise drehe und nicht einmal die eigene Verwandtschaft sehe, reist der Kreml-Killer seelenruhig von einem kriminellen Kumpel zum anderen Ölkunden, trifft die Brics- und demnächst auch die G20-Staatenlenker, ach, und hier noch einen kleinen Schwenker zum feinen Nato-Mitglied Erdoğan.

Den Boykott Putins hatte sich der Westen irgendwie anders vorgestellt. Doch der russische Angriffskrieg in der Ukraine scheint dem Rest der Welt leider genauso egal zu sein, wie dem Westen viele Kriege vorher egal gewesen sind, die eigenen inbegriffen. Von den parallel immer noch laufenden und tolerierten Kriegen wie im Jemen und in Kurdistan mal ganz zu schweigen. Da hilft das schlechte Gewissen, das jetzt auch mich beschleicht, nicht viel.

Wenigstens, und da werde ich nun doch ein bisschen neidisch, haben die westlichen Staatenlenker viel Gesellschaft. Während mir nach einer Woche Quarantäne längst so ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt, lernen Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Robert Habeck und Ursula von der Leyen laufend neue Freunde kennen. Nach dem sympathischen Emir von Katar und dem netten Ägypter Sisi in dieser Woche nun den „zuverlässigen und vertrauenswürdigen“ Alleinherrscher von Aserbaidschan, wie ihn von der Leyen nennt. Kein Russe zu sein, reicht inzwischen aus, um von der EU gelobt, geherzt und mit Geld überschüttet zu werden. Jetzt erschließt sich auch der Sinn der guten Kontakte korrupter CDU-Politiker nach Baku.

Quelle       :        TAZ-online         >>>>>        weiterlesen

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Oben        —     Roter Faden in Hannover mit beschriftetem Aufkleber als Test für einen möglichen Ersatz des auf das Pflaster gemalten roten Strichs

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DL – Tagesticker 27.07.2022

Erstellt von Redaktion am 27. Juli 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) Politik in Bayern   – . –  2.) lles egal  – . –   3.) Gas-Notfallplan der EU-Staaten  – . –  4.)  Der AKW-„Streckbetrieb“  – . –  5.) Wer ist „wir“?   – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Hatte die CSU in Bayern nicht alle Möglichkeiten genutzt zu zeigen, wie überflüssig ihre Mitarbeit in diesen Land war ! Sehen wir nicht in den Unfähigkeiten der heutigen Regierung, in der dieses Land überwiegend von der CDU nach Ende des Krieges gezielt? gesteuert wurde ! Mit Adenauer begann es – nach Merkel ist auch keine Besserung in Sicht! Wir erinnern nur an Seehofer und Scheuer, es waren hoffentlich die letzten der Ungeheuer auf Bundesebene .

CSU verteilt intern Argumentationshilfe gegen die Ampel-Koalition. Die Bundestagsabgeordneten der CSU haben sich einen internen Leitfaden verpasst – zum „Umgang mit der Ampel-Koalition“. Die Argumentationshilfe beinhaltet sieben Stichpunkte und dazu knackige Parolen.

1.) Politik in Bayern

Wer früher ein Kesselflicker war, hat ein ehrenwertes Handwerk ausgeübt: Pfannen, Töpfe oder eben Kessel reparieren. Heute ist kaum mehr die Rede von diesem Beruf. Umso erstaunlicher, dass die Kesselflicker gerade ein Comeback erleben, jedenfalls in der Rhetorik der CSU. Generalsekretär Martin Huber lästert über die „Ampel-Bundesregierung, die sich in allen Fragen wie die Kesselflicker streitet“. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt findet, dass von der Berliner Koalition, die sich anfangs als „Happy Family“ inszeniert habe, nur noch „die Family der Kesselflicker“ übrig sei. In der CSU reden jetzt irgendwie alle über die Kesselflicker. Schon auffällig, aber eigentlich kein Thema. Wäre da nicht dieses Papier. Keine eineinhalb Seiten lang ist der Leitfaden, den sich die Bundestagsabgeordneten der CSU verpasst haben – zum „Umgang mit der Ampel-Koalition“, wie es in der Überschrift heißt. Das interne Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist quasi eine Anleitung zur Demontage der politischen Konkurrenz, konkret: der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. Eine Argumentationshilfe für die CSU-Parlamentarier und anscheinend auch in die ganze Partei hinein. Sieben Stichpunkte, dazu knackige Parolen. Unter Punkt drei („Die Ampel ist eine Streit-Koalition“) steht zum Beispiel: „Nach sieben Monaten Ampel ist nichts mehr da von ,We are familiy‘, sondern nur noch eine Familie der Kesselflicker mit Streit, Streit, Streit.“ Na, klingelt was?

Süddeutsche-Zeitung-online

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„Ganz egal, ganz egal, ob du Huhn bist oder Hahn“ !Wobei entscheidend allein der Misthaufen ist, auf welchen sich die ehemalige Politiker in ihrer überquellenden Eitelkeit setzen.  Da bleibt  auch die Höhe völlig  Nebensächlich. Was einzig zählt ist der Gestank welchen er verbreitet. Da im Kopf sowie so nie etwas vorhanden war, weiß ein Jeder dass jetzt nur noch die Lobbyzahlungen stimmen müssen. 

Am Montag wurde bekannt, dass Gerhard Schröder nach Moskau gereist ist. Mit solchen Aktionen schadet der Ex-Kanzler nur noch einem – sich selbst.

2.) lles egal

194 Länder gibt es auf der Welt. In sehr viele davon hätte Gerhard Schröder derzeit problemlos reisen können, ohne dass sich irgendjemand daran gestört hätte. Ausgesucht hat er sich aber ein besonderes. Ausgerechnet jenes Land, das derzeit der Schurkenstaat Nummer 1 der internationalen Politik ist: Russland. Zunächst hieß es, Schröder mache „Urlaub“ in Moskau. Am Dienstag sagte seine Ehefrau So-yeon Schröder-Kim dann dem „Spiegel“, ihr Mann führe jedoch Gespräche über „Energiepolitik“ in Moskau. Eigentlich ist das völlig egal. Genauso wie die Frage, ob Schröder am Ende aus seiner Partei ausgeschlossen wird oder nicht. Schröder hat für die SPD, die er einst ins Kanzleramt führte, keinerlei Relevanz mehr. Weder politisch noch emotional. Seit Monaten scheint Schröder losgelöst von der Wirklichkeit nur noch nach dem Motto eines semi-prominenten Schlagersängers zu agieren: Egal. Und selbst dass Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt? Egal! Dass Deutschland und die EU versuchen, mit Sanktionen und Isolation das Regime in Moskau zum Einlenken zu bewegen? Alles egal! Schröder war das gelebte SPD-Prinzip.  Zu welch tragischer Figur er sich damit selbst degradiert, ist ihm offenbar nicht mehr bewusst. Denn reagierte seine Partei zunächst noch verstört auf sein Verhalten, so kommentiert man die Eskapaden des früheren Regierungschefs und Parteivorsitzenden inzwischen nur noch mit einem Achselzucken. Schröder schadet nur noch einem – sich und seinem Ruf in der Nachwelt.

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Auf was verzichten die Politiker-Innen eigentlich alle? Werden alle Gipfeltreffen der sich nur angrinsenden Meinungsverleugner-Innen abgesagt um Treibstoff zu sparen? Dürfen sich die innerhalb dieses Landen bewegenden  Barden nur noch per Pedes und an den Imbissbuden ihre Speckbäuche vollschlagen? Wird die Klimaanlage unter der Glaskuppel im „Hohen Haus“ abgeschaltet auf das viele der Anwesenden lernen was das Wort Arbeit eigentlich bedeutet? Worauf verzichten die großmäuligen Herren-Damen-Schafften in ihren tagtäglichen Leben?

Die vielen Krisen.  Dem Gas-Notfallplan der EU fehlt eine Vielkrisenperspektive. Das Sparen von Energie insgesamt sollte im Vordergrund stehen.

 3.) Gas-Notfallplan der EU-Staaten:

Die Nachricht kommt passgenau: Die EU-Staaten haben sich auf einen „Notfallplan Gas“ geeinigt – einen Tag bevor Russland am Mittwoch die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 noch einmal halbieren will, sodass sie nur noch ein Fünftel ihrer Kapazität transportiert. Es ist klar: Gas ist knapp und man tut nicht gut daran, sich überhaupt noch auf Lieferungen aus Russland zu verlassen. Folgerichtig wollen die EU-Länder zusammen ihren Gasverbrauch senken, und zwar um 15 Prozent von August bis zum nächsten März. Das hatte die EU-Kommission vorgeschlagen. Nach den Verhandlungen der EU-Energieminister:innen zu dem Vorstoß sind aber wesentliche Punkte abhandengekommen. Zum Beispiel: die Verbindlichkeit. Das Sparen ist erst mal nur freiwillig, wovon aber auch bislang kein Land abgehalten wurde. Die EU-Kommission hatte als Clou vorgesehen, dass sie selbst im Notfall das Sparen verordnen kann. Dem ist jetzt nicht mehr so. Für den „EU-Alarm“ muss derselbe Ministerrat, der sich heute nicht zu mehr Verbindlichkeit durchringen konnte, das verpflichtende Sparen mit sogenannter qualifizierter Mehrheit beschließen. Zudem haben die Länder, die von vornherein nicht mitsparen wollten, für sich Ausnahmen ausgehandelt. In manchen Fällen haben sie nachvollziehbare Einwände vorgebracht, wenn sie, wie etwa Zypern, gar nicht an das Verbundnetz angeschlossen sind. Andererseits vergrößert auch die Einsparung eines solchen Landes das Gesamtangebot von Gas und könnte somit die herrschenden Mondpreise senken.

TAZ-online

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Hatte die Politik jemals etwas anderes gemacht als den alten Trick der Taschenspieler anzuwenden? Gibst du mir Dieses – schiebe ich dir Jenes in die Taschen. „Eins, zwei und drei – der Tausch ist vor bei.“ Und das so verblödete Volk darf einmal mehr die Zeche zahlen!

Das Methadon der Energiepolitik. Selbst die Grünen sind mittlerweile offen für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus.

4.) Der AKW-„Streckbetrieb“

Während in den deutschen Nachrichten ein befremdendes Nebeneinander von Flughafenchaos, Dürre, Hunger, Krieg und brennenden Wäldern herrscht, organisiert die Bundesregierung türkisches Sicherheitspersonal. Damit nicht etwa ein Messerchen im Handgepäck übersehen wird – muss ja alles sicher sein. Als wäre Kerosinurlaub ein Menschenrecht, Flugtourismus sakrosankt, und, vor allem, als dürfe auf keinen Fall der CO₂-Ausstoß sinken – alles, nur das nicht! Dann lieber wieder auf Atomkraft setzen! Wie ein Zombie erhebt das Atomdenken sein gruseliges Haupt. Hat die Gehirne zerfressen und gaukelt ihnen gleichzeitig vor, rational denken zu können. Und produziert dann so grandiose Ideen wie AKW-„Streckbetrieb“. Hauptsache, alles geht so weiter wie bisher. Höher, schneller, weiter. Nun also, wieder mal: mit Atomkraft. Nur für ein halbes Jährchen. Oder so. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn hat das vorgeschlagen, gewohnt innovativ, „ohne Tabu“. Es dürfe „in der Mangellage“ keine „Denkverbote“ geben. Überraschend, wo doch in jeder Ecke des Kapitalismus Denkverbote herumstehen und das Infragestellen der Wachstumslogik absolut tabu ist. Nicht für Jens Spahn: Atomkraft ist gut für die Gesundheit und stärkt die Moral – ganz ohne Risiko fürs Wachstum! Und wenn doch noch was schiefgeht, irgendein Erdbeben oder eine Flut oder ein kleiner Terroranschlag, kann man halt mal keine Pilze essen, und es gibt ein paar Leukämiefälle mehr. Muss man sich nicht so haben, das ist berechenbar! Ein bisschen was geht immer daneben, das wusste schon die Ex-Kanzlerin. Warum also nicht Atomkraft als „Brückentechnologie“ auf dem Umweg zum Klimaparadies? Alles ist besser, als dem russischen Aggressor sein faschistisches Gas abkaufen zu müssen. Tempolimit für Laufzeitverlängerung?

Der Freitag

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Benutz nicht ein jeder Politiker-In das Wörtchen „WIR“ um von der eigenen Unfähigkeit des Regieren abzulenken? Es ist ansatzlos die einfachste Möglichkeit das Volk politisch zu betrügen. Manchen der Nichts wissenden ist die Volksverdummung sogar gelungen. 

Die Ampelkoalition beschwört ein Gemeinschaftsgefühl herauf, um die Bevölkerung auf härtere Zeiten einzustimmen. Das setzt auf eine Solidarität, die mit der realen Politik nicht viel zu tun hat.

5.) Wer ist „wir“?

Seit Wladimir Putin seinen Krieg gegen die Ukraine führt, hat ein kleines Wort mit großem Klang bei uns Hochkonjunktur: „Wir“. Aber wer genau ist das eigentlich? Von welchem „Wir“ spricht der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, wenn er im Einklang mit dem FDP-Finanzminister Christian Lindner verkündet „Wir werden ärmer werden“? Von wem ist die Rede, wenn es heißt „Diese Schlacht gegen Putin können wir gewinnen“ („Welt“)? „Wir“ wehren uns gegen den Verbrecher in Moskau, „wir“ tragen die Kosten, die der Krieg auch unserem Land auferlegt: Da klingt der Wunsch von Politikerinnen und Politikern durch, dass die Gesellschaft in ihrem Gefolge zusammenrücken, sich über alle Unterschiede hinweg als eine Art Krisengemeinschaft fühlen möge. Selbst aus den Beileidsworten von Olaf Scholz für das Fußballidol Uwe Seeler lässt sich dieser Grundtenor lesen: „So wie #UnsUwe möchten wir eigentlich alle sein“, twitterte der Bundeskanzler, „selbstbewusst und bescheiden“. Selbstbewusst im Widerstand gegen den Aggressor, bescheiden angesichts des Mangels, der „uns“ infolge seines Angriffskrieges droht, so war das wohl gemeint. In Zeiten sich häufender Bedrohungen – Krieg, Klimawandel, Energiekrise, Inflation – wächst unter Politikerinnen und Politikern offensichtlich die Angst vor allzu viel Unruhe in der Gesellschaft. Das dürfte der Grund sein für die zahlreichen Appelle an ein mehr oder weniger diffuses Wir-Gefühl. Aber so verständlich sie sind, so problematisch können sie auch sein. Und zwar in doppelter Hinsicht, wie sich sowohl am Ukraine-Krieg selbst als auch an den sozialen Verwerfungen zeigen lässt, die er teils ausgelöst, teils endgültig sichtbar gemacht hat.

FR-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Anregungen nehmen wir gerne entgegen

Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

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