DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Archiv für Juli 17th, 2022

Gut gemeinte Zensur

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Meinungsfreiheit im Netz

Unter ihren Fahnen schlafen viele Bananen

Von   :    JACOB MCHANGAMA

Wenn Demokratien die Meinungsfreiheit einschränken, um Extremisten zurückzudrängen, verraten sie auch einen Teil der Werte, die sie schützen wollen.

Elon Musk hat seinen optimistischen Traum, Twitter wieder zur Speerspitze des Kampfs um Meinungsfreiheit zu machen, aufgegeben. Aber der Versuch hat gezeigt, wie zurückhaltend, ja panisch die Eliten in den liberalen Demokratien der Idee gegenüberstehen, jedem mittels der sozialen Medien eine Stimme zu geben.

In den vergangenen fünf Jahren hat das Erschrecken über die ungezügelten Umgangsformen in den sozialen Medien dazu geführt, dass immer mehr gesetzliche Schranken gegen illegale und „gefährliche“ Inhalte errichtet wurden. Eine zentrale Kontrolle von Informationen und Meinungen greift aber nicht nur immer stärker in unser wesentlichstes demokratisches Grundrecht ein, sondern sie könnte am Ende die Gegner der liberalen Demokratie eher stärken als schwächen.

Das Verhältnis zwischen Demokratien und sozialen Medien begann einmal als Liebesaffäre. Demokratien bejubelten das Potenzial, die Mauern des Autoritarismus in manchen Ländern einzureißen und benachteiligten Bürgern im eigenen Land eine Stimme zu geben. Aber die dunkle Seite der sozialen Medien wurde in den folgenden Jahren immer deutlicher sichtbar. Früher war das Publikum für Rassisten und Antisemiten außerhalb ihres lokalen Umfelds sehr begrenzt. Kaum eine Redaktion der traditionellen Medien war bereit, hasserfüllte Ansichten zu veröffentlichen.

Der Aufstieg zentralisierter Plattformen gab Rassisten jedoch die Möglichkeit, Hass und Hetze zu koordinieren und Minderheiten zu attackieren, die sonst niemals mit einer Nazibroschüre oder einem obskuren Blog von Verfechtern einer Überlegenheit weißer Menschen konfrontiert worden wären. In einigen Fällen nutzten gewaltbereite Rechtsextremisten soziale Medien sogar, um Massenmorde live zu übertragen.

Unterdrückung abweichender Meinungen

Frauenhasser fanden nicht nur Gleichgesinnte, sondern auch eine aufmerksame Öffentlichkeit, wenn sie Frauen belästigten, beschimpften und beschämten und sie in Angst versetzten. Dschihadisten verachteten die Meinungsfreiheit von Karikaturisten, Ungläubigen und Abtrünnigen, aber terroristische Gruppen wie der IS nutzten enthusiastisch die sozialen Medien, um mit raffinierten Propagandavideos von abgetrennten Köpfen Furcht und Schrecken zu verbreiten und Anhänger zu rekrutieren.

Datei:Macht geht vor Recht.jpg

Macht geht vor Recht.

Als Donald Trump 2016 auch dank Twitter zum mächtigsten Mann der Welt aufstieg, waren die sozialen Medien – so war man sich weitgehend einig – zu einer Gefahr für die Demokratie geworden. Aber demokratische Regierungen sind nicht machtlos gegen die Verstärkung von Hass und Falschinformationen. Sie können Facebook, YouTube und Twitter dazu zwingen, illegale sowie rechtmäßige, aber verabscheuungswürdige Inhalte zu löschen. Möglicherweise können Plattformen sogar als private Vollstrecker der Regierungszensur fungieren und so ihr Versprechen einer egalitären und unvermittelten Redefreiheit auf den Kopf stellen.

Im Jahr 2016 einigten sich die Europäische Kommission und eine Reihe großer Technologieunternehmen, darunter Facebook, Twitter und Google, auf einen freiwilligen Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hetze. 2018 kamen Regeln zur Verhinderung von Desinformation dazu. In Wirklichkeit konnten die Technologieunternehmen dieses Angebot aus Brüssel gar nicht ablehnen: Die Alternative wären rechtsverbindliche Vorschriften gewesen. Diese unverbindlichen Instrumente reichten jedoch nicht aus, um alle europäischen Regierungen zu besänftigen.

Deutschland hat eine lange und komplizierte Geschichte der konzertierten Unterdrückung abweichender Meinungen, die die Grundwerte der Gesellschaft und die Kontrolle der Eliten über Informationen infrage stellen. Die Beispiele reichen von den Karlsbader Beschlüssen von 1819 über Bismarcks Sozialistengesetze bis zu den Pressenotstandsgesetzen der Weimarer Republik und zur Rundfunkzensur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im digitalen Zeitalter fühlt sich Deutschlands „streitbare, wehrhafte Demokratie“ abermals verwundbar und setzt auf die Eindämmung extremistischer Stimmen.

Vieles ist legal und wird dennoch gelöscht

Dementsprechend hat Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) von 2017 den Prototyp für die Regulierung von Online­inhalten entwickelt. Dieses Gesetz verpflichtet Plattformen, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu entfernen – oder sie riskieren Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro. Die EU wollte noch ehrgeiziger sein: Am 5. Juli stimmte das Europäische Parlament abschließend über den Digital Services Act (DSA) ab, der als „globaler Goldstandard“ für die Onlineregulierung gefeiert wird.

Der DSA verbessert die Transparenz und stärkt europäische Nutzer gegenüber mächtigen Megaplattformen aus den USA. Es wird aber auch ein „Notice and Action“-Mechanismus eingeführt, der Plattformen dazu verpflichtet, nach einer Benachrichtigung „illegale Inhalte“ „ohne unangemessene Verzögerung“ zu entfernen.

Plattformen zu verpflichten, illegale Inhalte innerhalb kurzer Zeit zu entfernen, ist aus mehreren Gründen problematisch. Zwar behaupten viele Politiker, dass soziale Medien voller terroristischer Propaganda, Hassrede und Desinformation seien. Aber die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die meisten problematischen Inhalte legal sind. Eine aktuelle rechtliche Analyse (ich war einer der Autoren) von 63 Millionen dänischen Facebook-Kommentaren ergab, dass zwar ein auf Facebooks Community-Standards basierender Algorithmus feststellte, dass 1,4 Prozent der Kommentare „hasserfüllte Angriffe“ darstellten, aber nur etwa 0,0066 Prozent tatsächlich gegen das dänische Strafgesetzbuch verstießen.

Eine weitere von mir mitverfasste Untersuchung der Facebook-Konten von fünf dänischen Medien ergab, dass nur 1,1 Prozent der gelöschten Kommentare strafbar waren, während fast die Hälfte dieser Kommentare weder hasserfüllt noch beleidigend waren. Eine Studie von Professor Marc Liesching von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig aus dem Jahr 2021 kam ebenfalls zu dem Schluss, dass das NetzDG nur begrenzte Wirkung zeigt, aber das Risiko einer übermäßigen Löschung legaler Inhalte birgt.

Vorlage für Autokraten

Quelle      :      TAZ-online         >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben       —   Impressionen aus Berlin, 2020.03.17

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2.) Unten     —      „Macht geht vor Recht“, Karikatur aus dem Kladderadatsch, Nr. 6, vom 8.2.1863

Quelle   :      http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1863/0024?sid=9ee655d6773244ae44a0bd59262ef1f6

Verfasser    :    Kladderadatsch        /   Berechtigung     :     PD

Gemeinfreiheit Dieses Werk ist in seinem Ursprungsland und anderen Ländern und Gebieten, in denen die Urheberrechtsfrist das Leben des Autors plus 100 Jahre oder weniger ist, gemeinfrei.


Dieses Werk ist in den Vereinigten Staaten gemeinfrei, da es vor dem 1. Januar 1927 veröffentlicht (oder beim U.S. Copyright Office registriert) wurde.

 

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Peak Soil und das Klima

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Warum uns die Klimakrise dazu drängt, die Politik des Raums neu zu erfinden

Quelle        :     Berliner Gazette

Von      :   Ela Kagel

Die durch die Pandemie COVID-19 ausgelöste Krisenwelle hat zusammen mit den steigenden Mieten auf dem Immobilienmarkt zu einem raschen Anstieg der Zahl der Obdachlosen geführt, die mit extremen Wetterbedingungen wie Hitzewellen konfrontiert sind. Höchste Zeit, über die Boden- und Wohnungsfrage nachzudenken, wie Ela Kagel in ihrem Beitrag zur BG-Textreihe “After Extractivism” am Beispiel Berlins argumentiert.

Wenn wir uns die neuere Geschichte Berlins erzählen, dann geht es im Kern immer um den fortschreitenden Fraß von Freiflächen. Da, wo das „kreative Berlin“ einst entstand, in den Brachen, den Ruinen, im Niemandsland zwischen Ost und West, konkurrieren heute innerstädtische Investitionsprojekte wie die Wasserstadt Mitte oder Mediaspree um die Aufmerksamkeit der Besserverdienenden.

Im Jahr 2006 begann das Künstlerkollektiv KUNSTrePUBLIK eine fünf Hektar große, verlassene Brachfläche zwischen Mitte und Kreuzberg als “Skulpturenpark Berlin_Zentrum” für legendäre Kunstprojekte und öffentliche Aktionen zu nutzen. Vier Jahre hielt sich das Projekt, bis Verkäufe an Investoren und umfangreiche Baumaßnahmen eine weitere Nutzung unmöglich machten.

Etwa zehn Jahre später, 2021, kehrte das Kuratorenteam mit dem Projekt “RE:TURN” in den ehemaligen Skulpturenpark, der heute vollständig bebaut ist, zurück. Im Gedächtnis bleibt die letzte unbebaute Parzelle des Areals, grotesk klein, ein Schlauchgrundstück in einer Schlucht von angrenzenden Neubauten. Das Gras stand hoch auf dem Grundstück, ein paar Bäume spendeten Schatten und es gab eine improvisierte Bar. Dort wurden die Gäste nostalgisch angesichts der Tatsache, dass auch hier, auf kleinster Fläche, schon bald die Bagger anrücken würden. Der nächste Millionen-schwere Investor-Traum hatte das Grundstück bereits vereinnahmt.

Ethik des Bodens

In seiner berühmten Essay-Sammlung “A Sand County Almanac” (1949) beschreibt der Ökologe Aldo Leopold eine Ethik des Bodens, die er folgendermaßen zusammenfasst: „Eine Sache ist richtig, wenn sie dazu beiträgt, die Integrität, Stabilität und Schönheit der biotischen Gemeinschaft zu erhalten. Es ist falsch, wenn es zum Gegenteil tendiert.“ (Im Original: „A thing is right when it tends to preserve the integrity, stability, and beauty of the biotic community. It is wrong when it tends otherwise.“) Leopold ruft dazu auf, das Land, auf dem wir leben, als Gemeinschaftsprojekt zu sehen, was es zu schützen und zu erhalten gilt. So gedacht, soll das Projekt zum Ausgangspunkt einer Pflegebeziehung zwischen Mensch und Land werden.

Die Art und Weise, wie wir über Grundbesitz nachdenken, ist jedoch meist ausschließlich ökonomisch geprägt. Die Eigentümer*innen der einzelnen Parzellen des ehemaligen Skulpturenparks haben ja auch nach dieser Logik gehandelt. Niemand von ihnen hat beschlossen, sein Land bewusst als natürlichen Freiraum in der Stadt zu erhalten, stattdessen haben alle an die meistbietenden Immobilieninvestoren verkauft. Würde man sonst nicht für verrückt erklärt? Wer würde auf einem Grundstück in Berlin-Mitte schon Tomaten züchten?

Von politischer Seite wird definitiv nicht genug getan, um die rasant fortschreitende Spekulation mit dem Boden unserer Stadt zu verhindern. Man bemerkt durchaus einen gewissen Aufwind von private-public Partnerschaften, Modellprojekten und einer Rhetorik des guten Willens. Schlussendlich hat die Landespolitik aber kaum Mittel in der Hand, um den „Mietenwahnsinn“ zu stoppen. Somit können wirklich radikale Ansätze, die zu einer langfristigen Umverteilung von Land oder zu einer Entsiegelung des Bodens führen können, politisch nicht umgesetzt werden. Der Druck der Immobilienlobby, die Macht des Geldes und die Verflechtungen von Interessen sind zu groß.

Die Stadt als Gemeinschaftsbesitz

Es gibt ein paar Initiativen in Berlin, denen es auf beeindruckende Art und Weise gelungen ist, die Macht des Geldes herauszufordern und neue Denk-und Handlungsmuster stark zu machen. Eine davon ist Deutsche Wohnen & Co. Enteignen”, eine Bürgerinitiative in Berlin, die einen erfolgreichen Volksentscheid über die Enteignung und Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen auf den Weg gebracht hat. Das heißt, die Mehrheit der Bürger*innen Berlins haben dafür gestimmt, dass private profitorientierte Immobiliengesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzen, enteignet und in Gemeinschaftsbesitz überführt werden.

Dass so etwas im Wahl-Sommer 2021 überhaupt möglich war, lag nicht zuletzt daran, dass mitten in der COVID-19-Pandemie die Wohnungskrise einen neuen Höhepunkt erreicht hatte: Die Mieten in Berlin haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, während die Löhne in derselben Zeit nur unwesentlich gestiegen sind. Der Mietendeckel wurde noch vor der Wahl von den einflussreichen Immobiliengesellschaften abmoderiert und vom Verfassungsgericht schließlich gekippt. Das schuf die Basis für einen gesellschaftlichen Dialog, in dem öffentlich über Vergesellschaftung und Enteignung diskutiert worden ist.

Hinzu kommt, dass noch weitere, spannende Projekte in Berlin entstanden sind, die den Grund und Boden der Stadt dauerhaft für die Gemeinschaft sichern wollen: Die Stadtbodenstiftung zum Beispiel sieht sich als „Mit-Mach-Angebot an die Stadtgesellschaft: Projekte initiieren, Nachbarschaften stärken, durch eine breite Mobilisierung von Ressourcen wahrnehmbare Zeichen einer solidarischen Stadtentwicklung setzen.“ Nach dem Vorbild der Community „Land Trusts“ will die Stadtbodenstiftung Land in Berlin kaufen, beziehungsweise als Schenkung oder Erbe annehmen, um den Boden dauerhaft der Immobilienspekulation zu entziehen und eine gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung zu sichern.

Auch hier steht die Idee einer Gemeinschaft im Mittelpunkt, deren Regeln und soziale Protokolle gar nicht so einfach zu erlernen beziehungsweise zu definieren sind. Obwohl der städtische Grund und Boden eigentlich allen Bürger*innen gehört, leben die meisten nicht unbedingt in diesem Bewusstsein. Im Gegenteil: Der tägliche Überlebenskampf in einer Stadt, in der sich die Spirale der Gentrifizierung immer weiter dreht, macht nicht nur müde, sondern meist auch einsam. Oft genug fehlt es schlicht an Zeit und Geld für gesellschaftliche Teilhabe. Aktivismus muss man sich zumindest zeitlich auch irgendwie leisten können. So bleibt für viele der Traum vom Gemeinschaftsbesitz eine mindestens ebenso große Utopie, wie der Erwerb eines Privatgrundstücks.

Darin liegt eine wichtige Botschaft für alle Community-Projekte, ob es sich nun um alternatives Wohnen handelt, um Gemeinschaftsgärten oder Freiflächen für Kinder und Jugendliche: Wenn es nicht gelingt, diejenigen mitzudenken und mitzufinanzieren, die gesellschaftlich marginalisiert sind, werden diese Projekte auch nicht nachhaltig wirken können. Der Schlüssel liegt in der Entwicklung von solidarischen Prinzipien, die in die DNA dieser Projekte eingebaut werden. Etwa so, wie Stadtbodenstiftung es für sich postuliert: „Über den Boden zur solidarischen Stadt“.

Hunger nach Boden

“Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” So steht es im Grundgesetz. Gleichzeitig schützt das Grundrecht aber auch die Grundlagen der eigenverantwortlichen Lebensgestaltung und der freien Marktwirtschaft. Wenn wir uns den unstillbaren Hunger nach Boden in einer Stadt wie Berlin anschauen sehen wir den Interessenkonflikt in dieser gesetzlichen Regelung. Hinzu kommen noch weitere interessante Details, etwa die Tatsache, dass man in Deutschland problemlos 3.000 Wohnungen besitzen und dabei aber vollständig anonym bleiben kann.

Christian Trautvetter leitet das Projekt “Wem gehört die Stadt?” der Rosa-Luxemburg-Stiftung. In der Publikation “Wem die Stadt gehört geht uns alle was an” beschreibt er, wie Schluss gemacht werden könnte mit anonymem Immobilieneigentum. Es ist faszinierend, nachzulesen, wie einfach es doch wäre, die im Grundgesetz verankerte soziale Verantwortung des Immobilienbesitzes einzufordern, wenn nur alle beteiligten Stellen wollten. Zum Vergleich: In unseren europäischen Nachbarländern sind die Grundbücher öffentlich einsehbar.

Schaut man sich das in Artikel 11 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) verbriefte “Recht auf Wohnen” einmal genauer an, wird deutlich, dass die Vorstellungen von angemessenem Wohnraum weit über das hinausgehen, was heute für viele Menschen Realität ist. Da ist beispielsweise die Rede von “diskriminierungsfreiem Zugang zum Wohnraum” und “kultureller Angemessenheit”. Bei der Lektüre dieses Artikels wird schnell klar, dass wir heutzutage den einst selbst gesetzten Standards gewaltig hinterherhinken.

Wohnungskrise trifft Klimakatastrophe

Die Diskussion um Standards bekommt angesichts der Klimakrise eine neue Dimension: Wer wird denn noch in eine Stadt investieren wollen, die im Sommer vor Hitze kocht? Wo großflächig versiegelte Betonflächen und dichte Bebauung jede Abkühlung verhindern?

Die apokalyptischen Szenarien sind bereits heute spürbare Realität wie Tomasz Konicz zeigt. Es ist kaum anzunehmen, dass sich hier etwas von selbst verbessern wird. Schon heute sind nicht einmal mehr die Hälfte aller Stadtbäume in Berlin „gesund“, wie der Straßenbaum-Zustandsbericht von 2020 eindringlich aufzeigt. Und die Entwicklung ist dramatisch: Während im Jahre 2015 insgesamt rund 52 % der untersuchten Bäume als nicht geschädigt eingestuft wurden, sind es für 2020 nur noch rund 44 %.

Während einerseits die städtischen Ökosysteme die Belastungsgrenze erreicht haben, werden täglich neue Baustellen eröffnet und neue Flächen versiegelt. Und das, obwohl spätestens nach dem UNO Climate Report vom April diesen Jahres allen klar sein müsste, dass wir “jetzt oder nie” gegensteuern müssen.

Der Boden ist nicht nur Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen. Der Boden, auf dem wir leben, ist der Grund, auf dem wir unsre Gemeinschaft aufbauen: unsere Wohnräume, unsere Infrastrukturen, unsere sozialen Beziehungen. Seit 23 Jahren ist das Bodenschutzgesetz der BRD in Kraft, das die Funktionen des Bodens nachhaltig sichern und wiederherstellen soll. Noch scheint von diesem Gesetz keine spürbare Wirkung auszugehen, obwohl dies doch so dringend notwendig wäre.

Das von Öko-Aktivist*innen entwickelte Konzept „Peak Soil“ beschreibt auf der Basis wissenschaftlicher Fakten die Tatsache, dass die Menschheit mittlerweile den Scheitelpunkt der Ausbeutung des Bodens auf der Welt überschritten hat. Es fällt schwer, diesen Artikel mit einer solchen Feststellung zu beenden. Was kann man dazu noch schreiben? An wen soll man eigentlich Mahnungen richten oder Forderungen stellen, außer an sich selbst?

Gehen wir doch nochmal zurück an den Anfang dieses Textes, wo von den damaligen Besitzer*innen der Parzellen im Skulpturenpark die Rede ist. Damals, vor gerade mal zehn Jahren, schien der Verkauf der Flächen die einzige zwingende Logik für alle zu sein. Ich frage mich: Wie wäre es heute? Gesetzt den unwahrscheinlichen Fall, es gäbe heutzutage noch Privatmenschen, die über größere Flächen unbebauten Landes im Berliner Stadtzentrum verfügten, und die gerade jetzt, im historisch heißen Monat Juli 2022, bemerkten, wie essentiell so eine Frischluftschneise in der Stadt heute ist.

Würden sie auch heute noch meistbietend verkaufen oder das Land als Refugium bewusst zurückhalten, im Wissen darum, dass der Wert der künftigen Stadt möglicherweise nicht mehr auf Basis ihres Betongolds, sondern ihrer Naturflächen gemessen wird?

Anm.d.Red.: Dieser Text ist ein Beitrag zur Textreihe “After Extractivism” der Berliner Gazette; die englischsprachige Version ist auf Mediapart verfügbar. Weitere Inhalte finden Sie auf der englischsprachigen “After Extractivism”-Website. Werfen Sie einen Blick darauf: https://after-extractivism.berlinergazette.de

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Oben       —     Gras, das durch Trockenheit gelb ist.

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Wie die Fliege im Netz:

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Europa und die russische Atomindustrie

Von Dagmar Röhrlich

Inzwischen weiß jeder, wie abhängig Deutschland und Europa von russischem Gas sind – oder auch von russischem Öl oder russischer Kohle. Doch bei Uran denkt kaum jemand über die Herkunft nach. Das allerdings ist ein gravierender Fehler. Denn die Europäische Union bezieht rund 40 Prozent ihres Kernbrennstoffs von Russland und dem eng mit ihm verbündeten Kasachstan, wie Analysen der Nuclear Free Future Foundation und des Bundes für Naturschutz Deutschland sowie des österreichischen Umweltbundesamts darlegen.[1] Obwohl Russland selbst in der Liste der größten Produzenten von Rohuran nur unter „ferner liefen“ auftaucht, kontrolliert es neben den eigenen Minen auch rund ein Fünftel der – weltweit größten – kasachischen Uranproduktion, was das Land auf Platz zwei der Liste katapultiert, stellen die Autoren einer Studie des Columbia University Center on Global Energy Policy fest.[2] Europa, so zeigt sich, ist bei der Atomenergie stark auf Russland und dessen engste Verbündete angewiesen.

„Wir sind bei den Kernkraftwerken und bei der Nukleartechnologie eigentlich noch stärker abhängig von Russland als bei Gas oder bei Öl“, urteilt Anke Herold, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Öko-Instituts.[3] Das ist auch der Grund, weshalb dieser Sektor bei den EU-Sanktionen gegen Russlands Energiewirtschaft ausgenommen wurde. „Das Ausmaß der Abhängigkeit zeigt sich darin, dass es fünf Tage nach Beginn der Invasion eine Sondergenehmigung für ein russisches Flugzeug gab, das Atombrennstoff in die Slowakei brachte“, erklärt der in Paris ansässige unabhängige Energie- und Atompolitikanalyst Mycle Schneider.[4] Und so fehlte die Atomsparte selbst im sechsten Sanktionspaket – obwohl das Europaparlament in seiner Resolution zu Sanktionsforderungen eindeutig den Atomsektor mit eingeschlossen hat und trotz eines Vorstoßes des deutschen EU-Botschafters, der allerdings nur von Österreich unterstützt wurde.[5]

Es geht dabei nicht nur um Rohuran, das sich relativ leicht aus anderen Lieferländern beziehen ließe. Viel gravierender ist, dass Russland auch bei der Aufbereitung und Anreicherung von Uran und der Fertigung von Brennelementen führend ist – und hinzu kommen etliche andere Verflechtungen und Abhängigkeiten. So hat niemand mehr Reaktoren errichtet: Von den insgesamt 439 Kernkraftreaktoren, die bei Abschluss der Columbia-Studie in Betrieb waren, stammen 80 aus russischer Produktion, 38 davon liefen in Russland selbst und 42 in anderen Ländern. Allein in der Ukraine gibt es aus Sowjetzeiten noch 15 russische WWER-Anlagen.[6] Solche Reaktoren liefern auch Strom in Indien, Armenien, Bulgarien, der Tschechischen Republik, Finnland, Ungarn und der Slowakei. Und dann sind da vor allem die geplanten oder noch im Bau befindlichen Anlagen in Bangladesch und Indien, in Ungarn, der Slowakei, der Türkei, China, dem Iran und Ägypten.[7] Mit 18 Projekten realisierte Russland vor der Invasion in die Ukraine mehr als ein Drittel aller Neubauten weltweit. Man ist führend beim Bau von AKW in Schwellen- und Entwicklungsländern und der größte Nuklearlieferant für China.[8]

Die Übermacht des Staatskonzerns Rosatom

Es ist ein dichtes Netzwerk, das da über die vergangenen Jahre entstanden ist. Im Zentrum steht der russische Staatskonzern Rosatom, der im internationalen Uran- und Nukleargeschäft eine Spitzenposition innehat. Er ist 2007 vom damaligen und heutigen Präsidenten Wladimir Putin per Gesetz gegründet worden. Derzeit gehören ihm mehr als 350 Unternehmen an, einige sind im Bereich erneuerbarer Energien, die meisten aber im zivilen und militärischen Nuklearsektor tätig: vom Uranbergbau über die Brennstoffproduktion bis hin zu Bau und Betrieb von Kernkraftwerken ist alles vertreten.

Die Abhängigkeit des zivilen europäischen Nuklearsektors ist vielleicht bei den 18 Sowjetreaktoren, die in der EU laufen, am augenfälligsten. Bulgarien, die Slowakei, die Tschechische Republik und Ungarn betreiben zusammen 16 Reaktoren russischer Bauart mit entsprechendem Bedarf für Brennelemente“, erklärt Mycle Schneider. In der Stromerzeugung jener Länder spielen diese Anlagen eine dominierende Rolle. Dazu kommen noch zwei WWER-Anlagen in Finnland. Insgesamt stehen diese AKW für zehn Prozent der europäischen Bruttostromkapazität.[9]

Zwar hat die US-amerikanische Westinghouse Electric Company für modernere Anlagen vom Typ WWER-1000 eine Lösung gefunden, so dass im April dieses Jahres der tschechische Energieversorger CˇEZ mit dem US-Unternehmen und dem französischen Nuklearkonzern Framatome einen langfristigen Liefervertrag über Kernbrennstoffe für diese Kraftwerke am Standort Temelín unterzeichnete. Dort waren die neuen Brennelemente seit 2018 getestet und ihr Einsatz von der Atomaufsicht genehmigt worden.[10] Doch bei den 16 älteren Anlagen vom Typ WWER-440 hängen die Betreiber von Lieferungen der Rosatom-Tochter TWEL ab. Das gilt für die vier Reaktorblöcke im tschechischen Dukovany, vier weitere im slowakischen Bohunice und Mochovce, vier im ungarischen Paks, für den Reaktor im slowenischen Krško, zwei Blöcke im bulgarischen Kosloduj und die beiden im finnischen Loviisa. Die Euratom-Versorgungsagentur ESA beurteilt diese Abhängigkeit schon seit langem kritisch und sieht darin eine „signifikante Verwundbarkeit“.[11]

Die Brennelemente sind jedoch nur ein Glied in der Kette. Selbst wenn bei Westinghouse die derzeit laufenden Entwicklungen für die alten WWER-440-Anlagen erfolgreich abgeschlossen und alle Lieferverträge mit TWEL ausgelaufen sein werden, bedeutet das nicht, dass Russland seine zentrale Position verlöre. Denn die Betreiber der WWER-Kraftwerke müssen bei Instandhaltung, Materialprüfung oder Ersatzteilen mit dem Rosatom-Firmenkonglomerat kooperieren. Ersatzteile anderer Unternehmen können schon deshalb nicht eingebaut werden, weil atomrechtliche Genehmigungsverfahren Jahre dauern. Und dann sind da noch Haftungsfragen, die sich bei Störungen stellen, sobald westliche Firmen Arbeiten in den Reaktoren sowjetischer Bauart übernehmen. Mehr noch: „Rosatom hat sich in der Vergangenheit immer bemüht, Komplettpakete anzubieten“, so Anke Herold vom Öko-Institut. „So betreibt der Konzern Kernkraftwerke in der Slowakei. Da ist die Abhängigkeit natürlich deutlich größer, als wenn man ‚nur‘ die Brennelemente aus Russland bezieht.“

Einfluss bis tief in den westeuropäischen Nuklearsektor

Doch Russlands Einfluss reicht auch tief in den westeuropäischen Nuklearsektor hinein. Frankreich unterhält enge Beziehungen mit russischen Nuklearkonzernen. Das französische Unternehmen Areva beispielsweise kooperiert für die Produktion von Brennelementen für westeuropäische Anlagen mit dem russischen Konzern TWEL. Drei westeuropäische Reaktoren sollen mit Brennelementen aus dieser Zusammenarbeit versorgt werden.[12] Noch im Dezember 2021 hat zudem Framatome ein strategisches Kooperationsabkommen mit Rosatom unterzeichnet.[13] Es liegt derzeit allerdings auf Eis. Auch beim Neubau gibt es intensive Verflechtungen zwischen Rosatom und Unternehmen aus Frankreich, Deutschland, Tschechien oder Ungarn, etwa bei den Projekten Akkuyu in der Türkei, El Daaba in Ägypten oder auch Leningrad II in Russland.[14]

Wohl nur zufällig gescheitert ist der Plan von Framatome und TWEL, in einem Gemeinschaftsunternehmen im niedersächsischen Lingen Brennelemente zu produzieren. Die EU-Kommission hatte dem Kaufvertrag für die Brennelementefabrik bereits zugestimmt. Auch das Bundeskartellamt hatte den Einstieg der Russen genehmigt, doch dann lag dieser beim Wirtschaftsministerium, ohne dass entschieden wurde. Mit Kriegsbeginn zog Rosatom den Antrag zurück.

Quelle      :          Blätter-online        >>>>>         weiterlesen

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Oben         —   Der russische Präsident Wladimir Putin trifft sich mit Rosatom-CEO Alexey Likhachev.

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KOLUMNE – DIE THESE

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Schmeißen Sie Ihr Handy einfach in den Gully

Von Kersten Augustin

Stellen Sie sich vor, es ist Montagmorgen, der Wecker klingelt, und beim Blick in den Badezimmerspiegel sehen Sie, dass die Ringe unter Ihren Augen noch dunkler geworden sind. Es sind bestimmt 50 verschiedene Schattierungen von Grau, die Sie da anschauen. Aber Ihr Schlafentzug hat nichts mit Sex zu tun oder nur sehr indirekt, nämlich mit Kleinkindern. Später, im Aufzug ins Büro, der zweite Blick in einen Spiegel, diesmal fallen Ihnen die grauen Haare auf, die waren doch am Freitag noch nicht da, oder?

Auf dem Weg zum Schreibtisch vibriert das Telefon in der Hosentasche, es erzählt ungefragt, wie viele Stunden Sie in der letzten Woche auf den Bildschirm geschaut haben, 25 Stunden täglich, na toll. Wieder eine Woche, in der Sie Ihr Handy mehr gestreichelt haben als die Haare Ihrer Liebsten.

Nach der Mittagspause dann das Meeting mit der Chefin, die will Ihnen doch bestimmt Arbeit aufs Auge drücken, denken Sie. Aber egal, noch fünf Tage, dann ist Urlaub. Und immerhin führen Sie das Gespräch mit der Chefin in der Sonne, am Cafétisch an der Bordsteinkante.

Doch dann, als Sie das Meeting gerade beenden wollen, um noch ein paar Stunden in einem dunklen Raum zu sitzen und in Ihren Computer zu hacken, fällt Ihnen das Telefon aus der Tasche, es fällt Richtung Straße, eigentlich elegant, wie es da fällt, nämlich ganz senkrecht, wie ein Turmspringer. Ohne eine einzige Berührung rauscht es durch die Stäbe des Gullydeckels, und mit einem satten Platschen, das verstärkt durch den Hall des Kanalschachsts zu Ihnen hinaufdringt, taucht das Handy in die dunkle Brühe ein.

Immerhin, denken Sie als Erstes, das Meeting ist jetzt zu Ende. Was Sie noch nicht wissen: dass gerade das Beste passiert ist, was Ihnen in dieser Woche, ach was, in diesem Jahr passieren konnte.

Platsch.

In den nächsten 24 Stunden werden Sie in ihrem grauen Büroalltag Abenteuer erleben, die Sie in Ihren wildesten Träumen nicht für möglich gehalten hätten. Tolle Kollegen, nachbarschaftliche Solidarität, die Polizei als Freund und Helfer. Und Sie werden ein bisschen was über Physik und die Kanalisation lernen.

Es beginnt damit, dass Sie den irre schweren Gullydeckel anheben, zur Seite wuchten und in das schwarze Loch schauen. Der Gully ist schmal, ein erwachsener Mensch passt nicht in die Öffnung, Stufen gibt es auch nicht. In etwa eineinhalb Metern Tiefe beginnt die schwarze Brühe.

Und jetzt?

In kürzester Zeit hat sich um das schwarze Loch eine Menschentraube versammelt wie um ein Lagerfeuer: Ihre Kollegen strömen herbei, Passantinnen verlangsamen ihren Schritt und schauen neugierig in die Tiefe, Touristen hoffen eine neue Berliner Subkultur entdeckt zu haben.

Ein Kollege aus der Kantine holt einen Eimer und einen Schrubber, eine Kollegin, die irgendwas mit Videos im Internet macht, beginnt zu filmen. Es scheint, als hätten alle nur darauf gewartet.

„Du musst …“

„Nein, am besten …“

„Ich hab noch ’ne Idee …“

Da in einem Büro aber viele Menschen arbeiten, die recht haben, und wenige, die rechte Hände haben, merken Sie auch, auf wen Sie sich verlassen können: Ein Nachbar bringt eine große Harke.

Nun legen Sie sich auf den Boden, machen Ihren Arm ganz lang und beginnen zu fischen. Etwa einen halben Meter tief durch dunkles Wasser, dann beginnt Matsch. Sie drehen und wenden die Harke in dem Loch, aber einen Widerstand, ein Handy spüren Sie nicht. Sie beginnen, den Matsch an die Oberfläche zu holen: große Mengen stinkenden Laubs und Zigarettenschachteln. Aber kein Handy.

Jetzt versuchen Sie es mit einem Kescher, ebenfalls vom Nachbarn vorbeigebracht, aber der Griff ist zu kurz, deshalb binden Sie mit Klebeband noch eine weitere Stange dran. Sie holen noch mehr Schlick und Müll aus dem Gully. Ihr weißes T-Shirt ist jetzt grau.

Eine Polizeiwanne hält neben Ihnen auf der Straße. Drei junge Männer in Westen steigen breitbeinig aus, um zu sehen, worum es geht. An ihren Westen tragen sie Anstecknadeln vom Einsatz beim G7-Gipfel in Elmau. Sie müssen an Ihre letzte Begegnung mit der Polizei auf so einem Gipfel denken. „Was ist hier los?“, fragt der Polizist. Während Sie noch überlegen, ob Abhauen oder Kooperieren die richtige Strategie ist, erfahren die Polizisten von einer Kollegin, was los ist, und wollen helfen: rufen erst die Wasserbetriebe an, die an die Straßenreinigung verweisen, die der Polizist dann auch noch anruft, aber dort antwortet nur eine Maschine, dass gerade irre viel los sei und man später anrufen solle. Die Polizisten wünschen noch viel Glück und fahren weiter.

Der Nachbar bringt jetzt eine Dreckwasserpumpe. Was hat der alles? Sie lassen die Pumpe an einem Seil heruntergleiten und beginnen damit, das dreckige Wasser hochzupumpen. Aber wohin mit dem Wasser? In den Gully geht ja gerade nicht. Also in ein paar Eimer und wegschleppen, die Kollegen helfen tragen. Aber entweder läuft Wasser von unten nach, oder es ist einfach zu viel Matsch, und irgendwann hört die Pumpe einfach auf zu pumpen.

Was jetzt?

Quelle         :          TAZ-online          >>>>>      weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     — Straßenablauf mit Rahmen und Deckel von Lagois & Seibert

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Unten        —   Comissões de Constituição, Justiça e Cidadania (CCJ) realiza reunião sobre a proposta de emenda à Constituição que estabelece um teto para os gastos públicos pelos próximos 20 anos (PEC 55/2016). Senador Antonio Carlos Valadares (PSB-SE) ao telefone. Foto: Marcos Oliveira/Agência Senado

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DL – Tagesticker 17.07.2022

Erstellt von Redaktion am 17. Juli 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –  1.) „Fatal, bis 23 Uhr zu heizen“  – . –  2.) KLIMA-SOFORTPROGRAMM  – . –   3.) Extreme Chats beim SEK Münster  – . –   4.) Entlassungen hier, wegweisendes Urteil dort  – . –  5.) Der Krieg und das linke Dilemma  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Es dürfte doch viele Mitbürger-Innen nicht Verwundern beobachten zu können, wie stark uns die besagte „German Angst“ Tagtäglich versucht, stärker auf uns Einfluss zu nehmen! Da fragte mich Neulich auf meinen Täglichen Spaziergang tatsächlich ein irgendjemand, was ich denn gegen die Hitze machen: „Ich habe die Heizung im Sommer immer schon ausgestellt.“ Antwortete ich.  Folgerichtig bleibt alles beim Alten.

Habeck macht Unternehmen Energiespar-Vorschlag. Bundeswirtschaftsminister Habeck hält weitere Entlastungen für Bürger angesichts der Energiekrise für unausweichlich. Doch er sieht auch noch Luft nach oben, was das Energiesparen angeht.

1.) „Fatal, bis 23 Uhr zu heizen“

Deutschland muss angesichts der drohenden Energiekrise zusammenhalten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lobt die Mithilfe der Bürger beim Energiesparen, sieht aber noch weitere Einsparmöglichkeiten bei Unternehmen. Angesichts der drohenden Verdreifachung der Energiepreise geht der Minister davon aus, dass „selbst Gutverdiener schlucken müssen“, wie er im am Samstag veröffentlichten Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte. Gas-Krise in Deutschland: Robert Habeck lobt Initiative der Bürger beim Energiesparen Auf die Kampagne zum Energiewechsel infolge des Ukraine-Kriegs habe die Bundesregierung eine ungeheure Resonanz der Bürger und Bürgerinnen erlebt, sagte Habeck. „Die Leute schicken uns Fotos, Bilder und berichten und diskutieren, was sie alles machen“, so der Minister zum RND. Der Gasverbrauch sei in den ersten Monaten dieses Jahres um rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Teils wegen des wärmeren Wetters, teilweise aber auch wegen einer echten Ersparnis. Für diese Mithilfe der Bürger und Bürgerinnen zeigte sich Habeck dankbar und versicherte gleichzeitig, dass private Haushalte und kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser, Altenheime, Pflegeeinrichtungen in der Energie-Krise besonders geschützt seien. Bei Unternehmen sieht der Bundesminister indes noch Einsparpotenzial. Habeck über Einsparpotenzial in Unternehmen: „Fatal Büros bis 23 Uhr zu heizen“

Merkur-online

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Was alles nicht geht in der Politik. Hatte sich die SPD nicht schon von der CDU die Nippel austrocknen lassen. Jetzt hängen an dieser trockenen SPD wiederum zwei Neue, im Verdursten begriffene Kälber und stellen mit Enttäuschung fest, nur Rindviecher  vor sich zu sehen. Alle Kühe wurden lange ausgesperrt. 

Das Klima stimmt nicht in dieser Koalition. Zwei Ministerien präsentieren ihre Ideen für schnellen Klimaschutz. Im Hintergrund geht beim Kernthema der Ampel-Koalition aber längst die gemeinsame Basis verloren.

2.) KLIMA-SOFORTPROGRAMM

Wenn eine Regierung Entschlossenheit beweisen möchte, treten Ministerinnen und Minister gerne gemeinsam vor die Kameras, haken sich unter, demonstrieren Einigkeit. Beim ersten Sommerchaos an deutschen Flughäfen war das der Fall: Ende Juni präsentierten Hubertus Heil (SPD), Nancy Faeser (SPD) und Volker Wissing (FDP) in Berlin einen abgestimmten Plan, Tausende zusätzliche Arbeitskräfte ins Land zu holen. Ihre Message: Eine starke Regierung hilft gegen das Durcheinander. Am Mittwoch hätte wieder so ein Moment sein müssen. War es aber nicht. Da stellten die Ampel-Partner ihre Klimasofortprogramme für Verkehr und Bau vor, mit denen sie die bislang mangelhafte CO2-Einsparbilanz ihrer Ressorts aufbessern wollen. Die Koalition will alle dazu notwendigen Gesetze und Vorhaben bis Ende 2022 auf den Weg bringen, so steht es im Koalitionsvertrag. Ein gemeinsamer Plan wäre nach quälend widersprüchlichen Atomkraftdebatten, weiter qualmenden Kohlekraftwerken und wachsenden Hitzesorgen ein entschlossenes Zeichen gewesen, dieses Ziel auch zu erreichen. Es gibt bloß keinen gemeinsamen Plan. Und das konnte man sehen: Wirtschaftsminister Robert Habeck musste gleich ganz wegen seiner Coronainfektion passen, aber auch Bauministerin Klara Geywitz und Verkehrsminister Wissing stellten ihre Pläne jeweils getrennt voneinander vor.

WirtschaftsWoche-online

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Jetzt sind wir wieder dort, wo der Eine für Verwüstungen neue sorgt und dem Anderen nur noch das Heulen bleibt.  Das diese Beide nicht aus dem Sauerland kommen, ist wohl nur ein reiner Zufall. Ja, das Leben ist schon schwer, wenn es CDU heißt noch viel mehr.

Ermittlungen gegen acht Polizisten in Münster. Nachrichten und Bilder mit sexistischen und rechtsextremen Inhalten.

3.) Extreme Chats beim SEK Münster

Bei der Polizei in NRW ist erneut ein Chatverlauf mit extrem rechten Inhalten bekannt geworden, dieses Mal beim Spezialeinsatzkommando (SEK) in Münster. Auf dem Smartphone eines Polizisten stellten Ermittler mehrere Tausend Nachrichten sicher, darunter Bilder und Videos mit extremistischen Inhalten und Symbolen. „Sie müssen als rechtsradikal, gewaltverherrlichend, fremdenfeindlich und sexistisch bewertet werden“, sagte Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf am Freitag. Ein Beamter ergänzte, es sei auch pornografisches Material gefunden worden. Insgesamt waren zwanzig Beamte an dem Chat beteiligt, gegen acht von ihnen wurden Strafverfahren eingeleitet. Sieben der acht gehören aktuell dem SEK an, es sind Männer im Alter von 39 bis 56 Jahren. Ein Beamter arbeitet inzwischen in einer anderen Behörde. Alle zwanzig Beamten dürfen während der Ermittlungen nicht mehr an Einsätzen teilnehmen, die acht wurden vom Dienst suspendiert. Die Polizeipräsidentin versprach, „jeden Stein“ umzudrehen.

TAZ-online

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Niemand kann  doch in heutiger Zeit innerhalb einer „Freien Demokratie“  befehlen für einen Staat zu arbeiten, gar nicht davon Redend, die Uniform eines Selbstmörders anzuziehen. Die Situation ist doch schon ein ganz klein wenig besser geworden, nach Zeiten in denen noch von Herdenauftrieben und „Nazi-o-naler Staatsräson“ die Rede war.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht. Die vielen Realitäten der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. In Brandenburg verlieren zwei Ungeimpfte ihre Arbeit in der Pflege. In Schleswig-Holstein gewinnt eine Ungeimpfte Zahnarzthelferin vor Gericht. Was sind das für Signale für die Beschäftigten im Gesundheitswesen?

4.) Entlassungen hier, wegweisendes Urteil dort

Der Richterbeschluss des Bundesverfassungsgerichts im April 2022 war unmissverständlich: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist verfassungskonform. Seither ist es um den Impf-Piks für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen allerdings still geworden. Eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland zählte Ende April über 47.000 Verstöße in den 20 größten deutschen Städten, Dresden ist in Hinblick auf die Einwohnerzahl an der Spitze. Doch die seither veröffentlichten Berichte in den Lokalmedien deuten darauf hin, dass die Missachtung der Teilimpfpflicht bisher nicht oder höchstens milde sanktioniert wird. Berlin kapitulierte schon früh, weil es den Gesundheitsämtern an Personal fehlt. In Mecklenburg-Vorpommern weigerte sich das Ministerium, entsprechende Daten zusammenzustellen: zu hoher Arbeitsaufwand. Auch die 11.000 Ungeimpften in Thüringen müssen bisher kaum befürchten, belangt zu werden, und wenn, betragen die Bußgelder höchstens 150 bis 250 Euro. Das Infektionsschutzgesetz sieht Strafen bis zu 2.500 Euro vor. Bayern hatte schon früh angekündigt, milde vorzugehen, es werden höchstens 300 Euro fällig. Betretungs- und Beschäftigungsverbote wurden nicht ausgesprochen.

Der Freitag-0nline

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Schwirren nicht bis zum heutigen Tage die gleichen nimmersatten Schmeißfliegen um die von ihnen vorsätzlich ausgelegten Geschwüre umher und besetzen ihre, Ihnen fruchtbringenden Ämter? Eine wirksame Opposition zu den heutigen Themen wurde nie gehört. Denn das würde Arbeit bedeuten.

 

Nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine gestanden sich viele deutsche Linke Irrtümer ein, zogen aber nicht die Konsequenzen daraus.

5.) Der Krieg und das linke Dilemma

Der Krieg in der Ukraine hat die linke Community in Deutschland in lange nicht gekannte gespannte Aufmerksamkeit versetzt. Seit dem 24. Februar 2022 folgten Stellungnahmen auf Stellungnahmen, kurz und bündig formuliert oder in der Art längerer Erklärungen. Offensichtlich hat der russische Angriffskrieg den Nerv eines linken Selbstverständnisses getroffen. Das hat vor allem damit zu tun, dass Russland einen bis dahin nicht für möglich gehaltenen völkerrechtswidrigen Krieg begonnen hat, der das Ziel verfolgt, ein ganzes Land zu erobern und seine Identität zu vernichten. Ein solcher Angriff übertraf selbst die Vorstellungen jener, die aus ihrer Kritik der Politik Putins nie einen Hehl gemacht hatten. Für einen kurzen Augenblick des Schocks war fast die gesamte deutsche Linke nach dem 24. Februar einig darin, dass sie sich in der Einschätzung des Charakters der Regierung Putin geirrt hatte. »Wir, die Friedensbewegung, linke Gruppen und Parteien und fortschrittliche Publikationen, lagen falsch«, schrieb zum Beispiel Winfried Wolf in einem Zwölf-Thesen-Papier vom 27. Februar 2022. Solchen offenen und öffentlichen Eingeständnissen, in der Analyse versagt zu haben, wie sie hier von einem Vertreter der traditionellen Antikriegsbewegung vorgenommen wurde, folgten weitere. Die Zweifel an der eigenen Fähigkeit, eine politische Entwicklung voraussehen zu können, währten allerdings sehr kurz. Oft schon wenige Tage nach dem Eingeständnis des Irrtums kam es zu »Richtigstellungen«, in denen nun das ganze Augenmerk auf die Rolle der USA als dem entscheidenden Kriegstreiber und Strippenzieher gelegt wurde. Ein Recht auf Verteidigung.

ND-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Unten        —   Karikatur von Gerhard Mester zum Klimawandel

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