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Archiv für Juli 16th, 2022

Die Geschmeidigen mit 40

Erstellt von Redaktion am 16. Juli 2022

„Was Frau Baerbock aufwärmt, ist sehr konservativ“

Das Interview mit Nora Bossong führte Peter Unfried.

Die Schriftstellerin Nora Bossong über die Generation der 40-Jährigen – Christian Lindner, Annalena Baerbock – und ihren gehetzten Versuch, alles nebeneinander hinzukriegen.

taz am wochenende: Sie haben früher an linke Utopien geglaubt, heute nicht mehr. Was hat Sie umdenken lassen, Frau Bossong?

Nora Bossong: Ich stand mal einem aktivistischen Künstler nah, der für seine Utopien gefeiert wird. Diese Zeit hat mich extrem ernüchtert. Natürlich ist es schwierig, von einem narzisstischen Utopievermarkter auf Utopien als solche zu schließen. Aber ich habe selten so viel Zynismus und Ausnutzung anderer erlebt wie in dieser Zeit, als ich da hinter die Kulissen blickte.

In unseren linksliberalen Milieus galt das realitätsferne Feiern von Utopien bis eben noch als ein Zeichen von moralischer Exzellenz. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein Bruch unserer Zeit. Welche Utopien sollten gerade die 40-Jährigen schleunigst vergessen, über die Sie ein Buch geschrieben haben?

Grundsätzlich glaube ich eher, dass man sehr früh verzagt ist, was die Umsetzung von Wandel angeht. Dass man zu schnell klein beigegeben hat, zu angepasst war, also nicht genügend rebelliert hat gegen die Älteren, oder die, die am „Weiter so“ interessiert waren.

Wie kommt das?

Es hat vor allem auch an einem Mangel an Fantasie gelegen. Das ist mir gestern durch den Kopf gegangen, als ich mal wieder „Die Enden der Parabel“ von Thomas Pynchon las, bei dem die Fantasie wirklich überbordend ist. Das Buch hat eine unfassbare Vorstellungskraft. Ein einziger LSD-Rausch! Die Literatur von heute hat im Vergleich dazu den Fantasie-Überschuss eingehegt. Wenn man das auf die Politik überträgt, dann ist man vielleicht auch hier versucht, eine glatte Oberfläche zu schaffen.

In Ihrem Buch „Die Geschmeidigen“ analysieren Sie, dass jene 40-Jährigen, die jetzt in der ersten Reihe stehen oder dahin drängen, einerseits kompromissbereiter und fantasieloser daherkommen als klassische 68er- und Boomer-Politiker, sich andererseits aber für die Größten halten. Ich denke da sofort an Christian Lindner, Jahrgang 1979, und Annalena Baerbock, Jahrgang 1980.

Juni 2021

Also, was diese Jüngeren in der Regierung auf jeden Fall nicht auszeichnet, ist ein Übermaß an Demut. Sie sind nicht mehr superjung, aber für eine politische Spitzenposition schon sehr jung, und sie glauben, dass sie die Dinge viel besser können als die Leute, die noch vor ihnen und altersmäßig über ihnen stehen. Das ist natürlich eine gewisse Anmaßung, aber im Auftritt viel sanfter, als es die 68er waren. Die haben sich überhaupt nicht angepasst, sondern den offenen Zwist mit der Nazigeneration vor sich eröffnet. Die Klimajugend hat jetzt wieder ähnliche Narrative, auch von der Wortwahl her. Ich saß neulich auf diesem Podium mit Olaf Scholz, bei dem Luisa Neubauer einen Nazivergleich des Kanzlers herauszuhören meinte. Das scheint mir viel über Neubauer zu sagen, weil sie gar keine andere Zeit als Vergleichsmöglichkeit in Erwägung zu ziehen scheint.

Mit welcher Zeit hat Scholz denn Ihrer Deutung nach die schwarzgekleideten Aktivisten verglichen?

Ich glaube, er hat die 70er gemeint, also die Linksradikalen, die dann ja auch zur Zersplitterung der Linken geführt haben. Jedenfalls agieren die in den 80ern Geborenen anders als die Klimajugend. Natürlich sind sie alle unterschiedlich, aber es eint sie ein gewisser Pragmatismus und dass sie auf eine leisere und scheinbar angepasste Art und Weise das Zepter zu übernehmen versuchen. Da wird keine Palastrevolte angezettelt; es ist eher so ein Wegnicken der Älteren.

Teile dieser Alterskohorte sind international ausgebildet, haben liberale und solvente Eltern, die sie gefördert haben, und bekamen den Eindruck vermittelt, dass die ganze Welt ihnen offensteht.

Ja, aber sie haben auch ein gehetztes Leben, weil sie in einer Spirale der Übererfüllung von unterschiedlichen Anforderungen sind. Da ist ja Anne Spiegel …

… die kurzzeitige Familienministerin der Grünen, Jahrgang 1980 …

… ein, in Anführungszeichen, gutes Beispiel. Eine Politikerin, die versucht hat, familiär wie beruflich Dinge überzuerfüllen, Großfamilie und diverse Spitzenpositionen in der Politik, in einer Phase ihres Lebens, in der alles so auf Kante genäht ist, dass es nur funktionieren kann, wenn nicht irgendein Schicksalsschlag dazwischenkommt.

Dann kam der Schlaganfall ihres Mannes.

Es hätte auch irgendwas anderes sein können. Vielleicht ist es ja das, was man als die Utopie der 40-Jährigen bezeichnen könnte: Die Übererfüllung von allen Möglichkeiten, die uns das Leben bietet. Das Problem ist, dass man in diesem Modus der Übererfüllung nicht mehr sagen kann: Ich schaffe das alles jetzt nicht mehr. Denn dann müsste man sich das Scheitern dieser Utopie eingestehen.

Man muss als um 1980 geborene neue Mittelschicht verstehen, dass man alle Möglichkeiten hat, aber nicht alle gleichzeitig haben kann?

Ich glaube nicht, dass man alle Möglichkeiten hat. Man sollte vielleicht besser verstehen, dass eine Möglichkeit sich nur realisieren lässt zuungunsten anderer Möglichkeiten. Die 40-Jährigen sind eine Generation, die politisch sehr kompromissfähig ist, aber überhaupt nicht, was die eigene Selbstverwirklichung angeht.

Da gilt der Verzicht appellativ und das Gerede von „Weniger ist mehr“ gerade bei den Grünen überhaupt nicht.

Es soll immer alles gehen, und das Mittel ist Optimierung. Genau dadurch macht die Generation sich aber das Leben auch extrem schwer.

Also entweder Spitzenpolitiker oder Spitzeneltern?

Nach dem Rücktritt von Anne Spiegel flammte kurz in den sozialen Medien eine Diskussion über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf. Ich finde es gut und wichtig, darüber zu reden. Nur weiß ich nicht, ob man das unbedingt anhand von politischem Spitzenpersonal diskutieren sollte oder vielleicht besser anhand der Pflegerin mit zwei Nebenjobs? Als Annalena Baerbock im Wahlkampf sinngemäß sagte, wenn sie Kanzlerin sei, werde es Momente geben, in denen sie bei ihren Kindern sein werde und nicht im Kanzleramt; das hat nicht dazu geführt, dass ich unbedingt gewillt war, sie zu wählen.

Nein? Einigen Leuten ging das Herz auf.

Ich dachte, es ist natürlich total schön, dass sie bei ihren Kindern sein will, aber wenn es hart auf hart kommt, hätte ich gern die Kanzlerin im Amt. Letztlich sagt der Satz vor allem etwas darüber, wie leicht Frauen in Deutschland als Rabenmütter abgestempelt werden. Dem wollte sie, glaube ich, zuvorkommen.

Sie gehören zu den wenigen linksliberalen Frauen, die die Außenministerin nicht als Rollenmodell einer emanzipatorischen Politikerin feiern. Im Tagesspiegel haben Sie ihr eine „reaktionäre“ identitätspolitische Zuspitzung auf das eigene Erleben als Frau und Mutter attestiert, weil sie eine Aufforderung zum „Härtetest“ mit täglichem Wodkatrinken von Russlands Außenminister mit den Worten ablehnte: „Ich habe zwei Kinder geboren.“

Die Argumentation ist, als ob ich sagen würde: Ich habe Geburtswehen überstanden, deswegen bin ich eine gute Schriftstellerin. Oder deswegen bin ich top in Sicherheitspolitik.

Wenn Kinderkriegen ein Kriterium politischer Qualifikation sei, sagten Sie, „dann wäre ja Magda Goebbels eine ganz starke Politikerin gewesen“. Was Annalena Baerbocks Verteidiger sehr empörte, weil sie mit dem Satz irrelevante Männlichkeitsgesten entlarvt habe. Wie sehen Sie das inzwischen?

Sie hat unpassende Männlichkeitsgesten ja nur durch ebenso unpassende Weiblichkeitsgesten ersetzt. Das Biologische kommt da in einem Maße wieder in einen politischen Kontext rein, in dem es wirklich nichts zu suchen hat. Es freut mich für Frau Baerbock, dass sie zwei Kinder hat. Punkt. Aber das ist keine Qualifikation für ihr Amt als Außenministerin, genauso wenig wie es eine Disqualifikation von Angela Merkel war, dass sie keine Kinder hat, wie das anfangs aus reaktionären Kreisen gegen sie angeführt wurde. Was Frau Baerbock hier wieder aufwärmt, ist genau das Gleiche. Sie tut nur so, als wäre es progressiv, weil sie von links zu kommen scheint. Aber es ist sehr, sehr konservativ.

Wen fanden Sie denn bei Ihren Treffen mit den Spitzenpolitikern dieser Generation am interessantesten, sei es nun positiv oder negativ?

Sehr gut klar kam ich mit Katja Kipping, die Spitzenpolitikerin war, aber eben nicht mehr an der Spitze der Linkspartei steht. Bei ihr hat mir die Ernsthaftigkeit in der Auseinandersetzung sehr imponiert, ihre nicht aufgesetzte Normalität und intellektuelle Neugier. Kipping war auch die einzige Politikerin, die mir Fragen gestellt hat, anstatt nur meine Fragen zu beantworten.

Was ist mit unserem Finanzminister? Er könnte doch ein Role Model sein für 40-Jährige, die auf verdrucksten Sozialdemokratismus und grünes Gouvernantentum allergisch reagieren – und erst Recht auf Lindner-Hass?

Christian Lindner kenne ich, seit er FDP-Generalsekretär war. Also, ich hasse ihn nicht. Aber mir fällt schon auf, dass er sehr viel Hass auf sich zieht, stärker als andere Politiker in gleichrangigen Positionen. Was ihn wiederum eint, beispielsweise auch mit Baerbock, ist eine bestimmte Art der Performance, die sich etwa auf dem Viererselfie mit Wissing und Habeck kurz nach der Wahl zeigt. Selbstvermarktung, Selbstbewusstsein, und, wie die FAZ schrieb: Strategie hat Ideologie abgelöst – und die Kellner den Koch.

Emmanuel Macron, Jahrgang 1977, gefällt Ihnen besser als Lindner?

Literarische Bildung hat für Macron einen Stellenwert. Ich glaube, das wird in der deutschen Politik von fast allen unterschätzt. Und dann sind sie überrascht, wie toll Habeck reden kann.

Sie zitieren in Ihrem Buch einen pompösen Satz von Christian Lindner. Er sagt über seine Generation: „Was manchen möglicherweise fehlt, das ist die charakterliche Härte, wie sie die Generation der Kriegsteilnehmer besaß.“

Der Satz wurde bei der Autorisierung noch ein bisschen zugespitzt. Gerhart Baum …

… sozialliberaler FDP-Grande und Lindners Nemesis …

… war ja bei meiner Buchpremiere. Danach sagte er: „Na ja, die Härte, die hat er ja, der Lindner. Und den Krieg jetzt auch.“

Die „ausgestellte Authentizität meiner Generation“, schreiben Sie, „verhindert wirkliche Tiefe“. Was meinen Sie damit?

Wenn Andreas Scheuer oder Dorothee Bär oder wegen mir auch Christian Lindner uns über soziale Medien mitnehmen, um ihnen am Sonntagnachmittag zuzugucken, wie sie Fahrrad fahren oder angeln, dann tun sie so, als ließen sie uns ganz nah ran. Aber es ist natürlich eine vollkommen kontrollierte Oberflächendarstellung.

Ist das denn bei Vizekanzler Robert Habeck anders?

Quelle        :         TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Oben     —      deutscher Schriftsteller de:Nora Bossong beim Erlanger Poetenfest 2015

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Polizeigesetz für Hessen?

Erstellt von Redaktion am 16. Juli 2022

Hessen will Kameraüberwachung ausweiten

Quelle          :        Netzpolitik ORG.

Von   :   

Die hessische Regierungskoalition aus Grünen und der CDU will der Polizei mehr Befugnisse geben. Nun diskutiert der Landtag über mehr Videoüberwachung, verlängerte Überwachungsmaßnahmen und eine Umstrukturierung der hessischen Spezialeinheiten.

Im März hat die schwarz-grüne hessische Landesregierung einen Entwurf zur Anpassung des hessischen Polizeigesetzes eingebracht. Die Abwehr von Gefahren solle optimiert werden, „insbesondere im Hinblick auf eine effektivere Bekämpfung des Rechtsextremismus“, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Doch die geplante Polizeigesetz-Änderung würde vor allem die Freiheitsrechte der Bürger*innen einschränken.

Aus diesem Grund regt sich in der Opposition Widerstand gegen das geplante Gesetz. Der innenpolitische Sprecher der Linkspartei bezeichnet den Entwurf als „Mogelpackung“. „Zahlreiche Regelungen haben mit verstärktem Kampf gegen rechts nicht das Geringste zu tun“, so Torsten Felstehausen. Am heutigen Freitag steht im Innenausschuss des hessischen Landtags eine Sachverständigen-Anhörung zu dem Entwurf auf der Tagesordnung.

Mehr Überwachung der Bürger geplant

Die Landesregierung will Orte wie Flughäfen, Bahnhöfe, Einkaufszentren und Packstationen automatisch als „Gefahrenpunkte“ einstufen. An diesen Orten könnte die Polizei dann Videoüberwachung durchführen, ohne das besonders begründen zu müssen. Das kritisierte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Stefan Müller: „Das bedeutet übersetzt, das künftig alle Einkaufszentren und Sportstätten auch in kleinen Städten und Gemeinden videoüberwacht werden können. Es geht nicht mehr um neuralgische Punkte.“

In dieser Sicherheitslogik ist auch geplant, das sogenannte IP-Tracking auszuweiten. Es wäre demnach bereits zur Gefahrenabwehr möglich, also bevor eine Person eine Straftat begangen hat. Beim IP-Tracking kann die Polizei beispielsweise mithilfe einer präparierten E-Mail die IP-Adresse von Nutzer*innen herausfinden, um sie leichter identifizieren zu können.

Mit dem Gesetz würde auch die Höchstdauer von richterlich angeordneten geheimen Observationen fallen. Aktuell sind Maßnahmen wie Wohnraumüberwachung oder Abhörmaßnahmen auf maximal ein Jahr befristet. In Zukunft könnten diese von einem Gericht in Drei-Monats-Schritten verlängert werden. „Sie erlauben langfristige Observationen oder den Einsatz von verdeckten Ermittlern schon bei Hinweisen darauf, dass jemand zukünftig mutmaßlich eine Volksverhetzung oder Anleitung zu einer drohenden Straftat begehen könnte“, beanstandete Müller das vorhaben.

Kein Racial Profiling mehr?

Vieles im Gesetz bezieht sich nicht explizit auf die Gefahr von Rechtsextremisten innerhalb und außerhalb der Polizei. Allerdings strebt die Regierung eine Reform der hessischen Polizei-Spezialeinheiten an. Nachdem Beamte des Frankfurter SEK durch extrem rechte Chats aufgefallen waren, sollen die verschieden Spezialeinheiten SEK, MEK und andere zusammengelegt werden.

Das soll laut dem Gesetz „die Wahrnehmung der einheitlichen Dienst- und Fachaufsicht“ ermöglichen und „Vermittlung einer einheitlichen Führungsphilosophie“ erreichen. Bei der Entdeckung der Chatgruppen hatte der hessische Innenminister Peter Beuth „ein von übersteigertem Korpsgeist geprägtes Eigenleben“ kritisiert.

Dem Politikwissenschaftler Maximilian Pichl geht das nicht weit genug. In seiner schriftlichen Stellungnahme schreibt er: „Die rein organisatorischen Veränderungen adressieren jedoch nicht eindeutig das Problem, wie zukünftig gegen Rassismus innerhalb der Sicherheitsbehörden vorgegangen werden kann.“

Zudem soll der Begriff „polizeiliche Erfahrung“ bei verdachtsunabhängigen Kontrollen aus dem hessischen Polizeigesetz gestrichen werden. Durch diesen hatte die Polizei eine Rechtfertigung, nach rassifizierten Merkmalen wie „Hautfarbe“ zu kontrollieren – auch als Racial Profiling bekannt. Dieses Vorgehen ist in Deutschland eigentlich verboten, wird aber trotzdem alltäglich durchgeführt, wie Betroffene und Menschenrechtsorganisationen berichten.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Grafikquellen      :

Oben     —     Demonstration „Stopp russische Aggression – Frieden in Europa“, Köln, Roncalliplatz Überwachungskameras auf der Domplatte/Ecke Domgäßchen in Köln. Da auf der Domplatte die Demonstration stattfindet, hat die Polizei die Kameras durch kleine Rollos deaktiviert. Hersteller: Dallmeier. Modell: Panomera. Jedes Kameragehäuse enthält mehrere Einzelkameras

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Ein Aufruf der Prominenz

Erstellt von Redaktion am 16. Juli 2022

Ein Denkanstoß, der keinen Anstoß erregen will

Wer – von den sich selbst sehenden „Hohen Göttern“ der Politik hätte denn je einen Rat von Intelligenteren angenommen ? Nur dann, wenn Experten dafür bezahlt werden, zuvor festgelegte Ansichten zu bestätigen !

Quelle:    Scharf  —  Links

Von Suitbert Cechura

Anmerkungen zum Aufruf „Krieg in der Ukraine: Waffenstillstand jetzt“ von Wissenschaftlern und Intellektuellen.

Wenn eine ganze Reihe von Professoren und bekannten Persönlichkeiten sich herausgefordert fühlt, einen Appell an die Bundesregierung zu verfassen, könnte man meinen, dass sie mit einer Kritik an deren Politik hervortreten wollen. Nicht jedoch die Autoren und Autorinnen des neuen Appells. Sie bemühen sich vielmehr durchgehend darum, alle Rechtstitel, die die Regierung für ihren Wirtschaftskrieg gegen Russland und für die militärische wie finanzielle Unterstützung der ukrainischen Kriegspartei in die Welt gesetzt hat, zu reproduzieren und zu unterschreiben:

„Die Ukraine hat sich unter anderem dank massiver Wirtschaftssanktionen und militärischer Unterstützungsleistungen aus Europa und der USA bislang gegen den brutalen Angriffskrieg verteidigen zu können… Der Westen muss sich Russlands Aggression in der Ukraine und weiteren revanchistischen Ansprüchen geeint entgegenstellen.“ (Der Aufruf in der Zeit, 29.6.22 https://www.zeit.de/2022/27/ukraine-krieg-frieden-waffenstillstand , daraus die weiteren Zitate)

Was als Erstes auffällt: Die intellektuellen Autoren, denen das Schönschreiben und -reden eigener Motive aus ihrer Tagesarbeit sicher bekannt ist, wollen beim Handeln der deutschen Regierung keinen Unterschied mehr kennen zwischen der moralischen Rechtfertigung eines Krieges und den handfesten Gründen, deretwegen Staaten zur blutigen Tat schreiten. (Zu diesem Unterschied findet sich auch nähere Aufklärung im Gegenstandpunkt 2/22)

Was wollen sie dann? Dazu hier einige kritische Anmerkungen.

Wohlfeiler Rat an die Befugten

Nicht als Kritiker der herrschenden Politik wollen die Appellanten sich sehen, sondern wohl als beherzte Bürger, die der praktizierten Politik Ratschläge erteilen. Dabei beziehen sich die Ratschläge auf Ziele, die sich die Autoren ausgedacht und ganz wohlwollend der Politik unterstellt haben: „Europa steht vor der Aufgabe den Frieden auf dem Kontinent wieder herzustellen und ihn langfristig zu sichern.“

Es ist schon seltsam. Da macht sich das Nato-Bündnis daran, einen – auf Zerstörung bedachten – Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen, tut zusätzlich alles, um den Krieg gegen Russland durch Waffenlieferungen am Laufen zu halten, und da fällt diesen Intellektuellen ein, dass die Politik eigentlich im Sinne einer ganz anderen Aufgabe unterwegs wäre, nämlich den Frieden auf dem Kontinent herzustellen.

Dieser Vorschlag geht natürlich nicht ganz an der Sache vorbei. Er könnte durchaus auf Zustimmung bei der Politik, die den Krieg befürwortet und – wie die deutschen Grünen – vor „Kriegsmüdigkeit“ warnt, stoßen. Denn die amtierenden Kriegstreiber wollen sicher auch den Frieden wiederherstellen, eben nur zu ihren Konditionen. Und die heißen, Russland hat sich, nachdem es durch Sanktionen und einen Abnutzungskrieg langfristig geschwächt wurde, dem Nato-Kommando unterzuordnen.

Von diesem Kriegszweck, auch wenn er von maßgeblichen Politikern geäußert wird, wollen die Appellanten nichts wissen. Stattdessen vermissen sie etwas anderes: „Je länger die Maßnahmen fortdauern, desto unklarer wird allerdings, welches Kriegsziel mit ihnen verbunden ist.“

Weil sie das Kriegsziel der Nato nicht teilen, behaupten sie glatt, die im mächtigsten Kriegsbündnis der Welt versammelten Staaten hätten keins und bedürften daher eines solchen Rates, wie ihn die im Appell versammelte Elite bereithält. Der Rat besteht zunächst einmal darin, die eigene Frage zu wiederholen und einen Erfolg des bisherigen Krieges in Frage zu stellen:

„Die westlichen Länder, die die Ukraine unterstützen, müssen sich deshalb fragen, welches Ziel sie genau verfolgen und ob (und wie lange) Waffenlieferungen weiterhin der richtige Weg sind. Die Fortführung des Krieges mit dem Ziel eines vollständigen Sieges der Ukraine über Russland bedeutet Tausende weitere Kriegsopfer, die für ein Ziel sterben, das nicht realistisch zu sein scheint.“

Mit Kriegstoten haben diese kritischen Menschen offenbar dann kein Problem, wenn die Opfer für einen staatlichen Zweck lohnend sind. Sie vermissen ja vor allem „Realismus“. Realistisch betrachtet, ist freilich der Kriegszweck der Nato nicht der vollständige Sieg der Ukraine über Russland, auch wenn der ukrainische Präsident diesen Endsieg immer wieder beschwört und ihm die westliche Wertegemeinschaft diese blutige Rhetorik bei seinen durchgestylten TV-Auftritten durchgehen lässt.

In der Sache, die, wie gesagt, die wohlmeinenden Appell-Unterzeichner nicht groß interessiert, geht es eben um etwas anderes: um die Schädigung und Schwächung eines globalen Konkurrenten der Nato – der übrigens, wie man gerade im Blick auf China erfährt, nicht der letzte sein wird.

In Sorge um „unsere“ Weltordnung

Um die Dringlichkeit des von ihnen unterstellten Fehlens einer westlichen Strategie zu unterstreichen, beschwören die Appellanten die negativen Folgen in der ganzen Welt – der Hunger in Afrika, die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel und drohende Unruhen in vielen Ländern. Sie treten geradezu als Verteidiger und Schönredner der Weltordnung auf, für die die Nato steht:

„Auch die Düngemittelknappheit wird sich, wenn der Krieg über den Herbst hinaus fortdauert, global auswirken. Es ist mit hohen Opferzahlen und einer Destabilisierung der globalen Lage zu rechnen. Auch auf internationaler politischer Ebene (G7, UN) werden diese drohenden dramatischen Folgen thematisiert.“

Da fragt man sich glatt, wozu noch der Appell, wenn sich die Herrschenden doch bereits dieser Probleme bewusst sind und sie zu ihrer Angelegenheit gemacht haben! Doch irgendwie vertrauen die Appell-Verfasser ihren gewählten Vertretern nicht ganz, wenn sie mahnend auftreten und sogar für ein entschiedenes Entgegentreten des Westens gegenüber russischem Abenteurertum einfordern:

„Doch ein Fortdauern des Kriegs in der Ukraine ist nicht die Lösung des Problems. Die aktuellen Entwicklungen um den Bahntransit in die russische Exklave Kaliningrad sowie Putins Ankündigung, atomwaffenfähige Raketensysteme an Belarus zu liefern, zeigen, dass die Eskalationsgefahr zunimmt. Der Westen muss alles daran setzen, dass die Parteien zu einer zeitnahen Verhandlungslösung kommen. Sie allein kann einen jahrelangen Abnutzungskrieg mit seinen fatalen lokalen und globalen Folgen sowie eine militärische Eskalation, die bis hin zum Einsatz nuklearer Waffen gehen kann, verhindern.“

Es ist schon bemerkenswert, wie diese Schar von Kopfarbeitern über die Parteien, die den Krieg machen, redet. Das EU-Land Litauen will (mit Rückendeckung der Nato bzw. USA und sicher nicht ohne Absprache mit der EU, auch wenn diese dann etwas zurückrudert) den Bahnverkehr zur Exklave Kaliningrad einschränken, was den Konflikt eskaliert. Doch im Appell sind nicht die beteiligten Politiker das Subjekt, sondern eine wie auch immer geartete Entwicklung. Anders auf der anderen Seite, da kennen die Autoren den Schuldigen. Der hat natürlich einen Namen: Putin!

Das ist, im Klartext, nicht nur Ignoranz, sondern ein Vertrauensbeweis: Der angeflehte Westen tritt nicht als Partei im Krieg in Erscheinung, sondern als übergeordnete Instanz, die auf die Kriegsparteien einwirken soll, um das zu verhindern, was gerade Bestandteil seiner Kriegsstrategie ist.

Eine Strategie – die allen hilft

Die Verrenkungen der Appellanten kennen dabei keine Grenzen. Einerseits soll der Westen die Kriegsparteien unter Druck setzen, andererseits aber soll die Souveränität der Ukraine geachtet werden:

„Verhandlungen bedeuten nicht, wie manchmal angenommen wird, der Ukraine eine Kapitulation zu diktieren. Einen Diktatfrieden Putins darf es nicht geben, Verhandlungen bedeuten auch nicht, etwas über den Kopf der Beteiligten zu entscheiden.“

Dass keine der Kriegsparteien verhandeln will, ist auch den Autoren bekannt: „Dass Kriegsparteien Maximalforderungen stellen oder Friedensgespräche ausdrücklich ablehnen, ist kein ungewöhnlicher Ausgangspunkt in festgefahrenen Konflikten.“

Deshalb bedürfe es eines ganz besonderen politischen Geschicks, unter Wahrung der Souveränität vor allem der Ukraine die Kriegsparteien zu etwas zu zwingen, was sie gar nicht wollen. Also: zu kommandieren und damit nichts zu diktieren. Wie das geht, wissen natürlich nur die Autoren des Appells: „Die internationale Gemeinschaft muss vielmehr alles dafür tun, Bedingungen zu schaffen, unter denen Verhandlungen überhaupt möglich sind.“

Wie diese Bedingungen aussehen sollen, die den Parteien nichts diktieren, wissen die Appellanten auch: „Je länger der Krieg dauert, desto mehr internationaler Druck ist erforderlich, um zur Verhandlungsbereitschaft beider Seiten zurückzufinden. Der Westen muss sich nach Kräften bemühen, auf die Regierungen Russlands und der Ukraine einzuwirken, die Kampfhandlungen auszusetzen. Wirtschaftliche Sanktionen und militärische Unterstützung müssen in eine politische Strategie eingebunden werden, die auf schrittweise Deeskalation bis hin zum Erreichen einer Waffenruhe gerichtet ist.“

Dass der Westen darauf verzichten würde, auf die beiden Regierungen einzuwirken, kann man nun wahrlich nicht behaupten. Schließlich führt er einen Wirtschaftskrieg gegen Russland, der das Land in die Enge treibt, und die Ukraine würde gar nicht mehr existieren, erhielte sie nicht aus dem Westen Milliardenbeträge und jede Menge Waffen, um sich zu behaupten. Eine Strategie wollen die intellektuellen Warner darin offenbar nicht erkennen – und zwar einfach deshalb, weil das Vorgehen nicht auf das Ergebnis abzielt, das sie gerne hätten.

Mit ihrem Wunsch nach Friedensverhandlungen wollen sie aber keineswegs den Eindruck erwecken, ihnen wäre in irgendeiner Weise daran gelegen, Russland zu schonen. Deshalb sehen sie sich zu einer weiteren Klarstellung gezwungen:

„Die Aufnahme von Verhandlungen ist keine Rechtfertigung von Kriegsverbrechen. Wir teilen den Wunsch nach Gerechtigkeit.“

Wer die Kriegsverbrechen begeht, dafür braucht es wohl keine Ermittlungen mehr. „Wir alle“ kennen ja die Bilder von Butscha! Die Sache ist im Westen so offensichtlich, dass man das nicht weiter verfolgen muss.

Es muss nur noch die Gerechtigkeit siegen (populär: Putin nach Den Haag!). Dass Kriegsverbrechen – schlussendlich – immer nur aufs Konto der Kriegsverlierer gehen, ist diesen oppositionellen Experten wohl nicht bekannt. Haben sie etwa übersehen, dass die Enthüllungen von Wikileaks über amerikanische Kriegsverbrechen niemanden vor Gericht gebracht haben außer denjenigen, der sie der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat?

Die Antwort an die Unbefugten

Obwohl die Autoren des Appells sich sichtlich bemühen, ihren Wunsch nach Frieden so zu formulieren, dass er nicht in Gegensatz zur herrschenden Politik gerät, war die Antwort von befugter Seite eindeutig.

Der ukrainische Botschafter durfte hier noch einmal, bevor er wegen ein paar Faschistereien zu viel abgemahnt (d.h. im ukrainischen Außenministerium befördert) wurde, den Ton angeben:

„Nicht schon wieder, what a bunch of pseudo-intellectual loosers. Ihr alle Varwicks, Vads, Kluges, Prechts, Yogeshwars, Zehs & Co sollt euch endlich mit eurem defätistischen ‚Ratschlägen‘ zum Teufel scheren. Tschüss.“ (Andrij Melnyk)

Putin und Biden – wer schenkt sich die Beiden ?

Jetzt einen Waffenstillstand und Verhandlungen zu fordern, ist für den Botschafter der Ukraine purer Defätismus. Hieße es doch, die Rückeroberung der verlorenen Gebiete aufzugeben. Dass er sich so heftig gegen die eher moderat auftretenden Appellanten wendet, ist natürlich nicht verwunderlich, weiß er doch sein Land abhängig von den politischen Entscheidungen in Deutschland und den anderen Nato-Staaten.

Solche harschen Töne waren von deutscher Seite nicht zu vernehmen. Deutsche Medien berichteten über den Appell aus der deutschen Intelligenz als Beispiel eines hiesigen Problembewusstseins. An dieser Stelle sah man sich einmal der Neutralität verpflichtet und ließ –im Rahmen der sonst geltenden allgemeinen Parteinahme für Selenskyjs Regime (https://overton-magazin.de/krass-konkret/zur-gewaltaffinitaet-des-mainstream-journalismus/) – die Gegenseite zu Wort kommen.

Was natürlich keine Zustimmung bedeutete. Gott bewahre! Der Stern überließ z.B. einem Professor der Bundeswehrhochschule München die kategorische Zurückweisung: „Eine Forderung nach einem Waffenstillstand ist wohlfeil.“ (Prof. Carlo Masala https://stern.de/ausland/ukraine-podcast/ukraine-militaerexperte-masala-findet-forderung-nach-waffenstillstand-wohlfeil-32504542.html)

Überzeugt hat den Experten der Appell nicht. Der Mann musste gar nicht groß dagegen wettern; er ist sich einfach sicher, dass die wohlmeinenden Absichten des Westens so nicht zu erreichen sind. Solche Dinge überlässt man besser den befugten Politikern.

Die Tagesschau vom 30. Juni brauchte sich da auch nicht groß anzustrengen. Sie berichtete von dem Appell und verwies gleich darauf, dass es auch Prominente gibt, die mehr Waffen fordern (https://www.tagesschau.de/inland/offener-brief-ukraine-verhandlung-101.html). So geht halt unser Geistesleben!

Bei einer so verantwortungsvollen Berichterstattung konnte die Politik ganz auf eine Stellungnahme verzichten und die noch so brav vorgetragenen Ratschläge schlicht ignorieren. Unbefugte haben eben nichts zu sagen. Meinen dürfen sie natürlich – das ist ja das Schöne in unserem Land!

Zuerst erschienen im overton-magazin.de/krass-konkret/

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Kolumne * FERNSICHT Polen

Erstellt von Redaktion am 16. Juli 2022

Georg Simmel wäre ein Fan der polnischen Beskiden

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Von  :  Karolina Wigura und Jaroslaw Kuisz

Möchten Sie mal etwas Besonderes sehen? Dann machen Sie doch einen Ausflug zum Touristenpfad in den Beskiden, einem kleinen Gebirge im Südosten Polens.

Hier kann man Kirchen aus den Epochen der Gotik, der Renaissance und des Barocks besichtigen, die noch aus Holz gebaut sind. Zum Beispiel die schöne Kirche in Sękowa, die fast vollständig mit einem kunstvoll gestalteten Dach aus Brettern bedeckt ist, oder die größte gotische Holzkirche Europas und gleichzeitig die älteste Holzkirche Polens in Haczów.

In den Beskiden findet sich nichts von dem, was der deutsche Soziologe Georg ­Simmel schon Anfang des 20. Jahrhunderts so heftig kritisierte. Über die beliebtesten Bergziele insgesamt schrieb er: „Nun […] lockt die Bequemlichkeit der Heer- und Herdenstraße, und das bloße räumliche Zusammensein mit der bunten und gerade darum in ihrem Gesamt­effekt so farblosen Masse suggeriert uns eine Durchschnittsstimmung, die, wie alle sozialen Durchschnitte, die feiner und höher disponierten herabzieht, ohne den niedrig Veranlagten um ebenso viel zu erhöhen.“ Die Beskiden dagegen sind unscheinbar und wenig bekannt und daher wild, voller Stille und Privatsphäre. Deshalb ist es auch unser bevorzugtes Urlaubsziel.

In diesem Jahr ist jedoch Veränderung zu spüren. Auf den ohnehin meist recht leeren Wanderwegen begegnet man so gut wie niemandem. Zum Teil ist dies auf die Inflation zurückzuführen, die in Polen fast 16 Prozent erreicht hat. Es gibt aber auch einen anderen Grund. In der Idylle der Beskiden vergisst man leicht, dass die Grenze zur Ukraine weniger als 100 Kilometer entfernt ist, und es sind kaum 200 Kilometer bis zur Stadt Lwiw, in deren Nähe vor einem Monat russische Raketen niedergingen. Viele Menschen fragen sich heute, ob hierherzukommen sicher ist. Und sagen sich: Momentan lieber nicht.

Der Krieg in der Ukraine verändert Polen und andere europäische Länder. Das Wunder der kollektiven Gastfreundschaft gegenüber den fast vier Millionen Flüchtlingen in Polen geht weiter, aber man hat den Eindruck der Zerbrechlichkeit – sowohl dieses Wunders als auch von allem, was uns hier umgibt. Es geht nicht nur um die Angst vor einem militärischen Angriff, vor einer Rakete, die sich in das EU-Gebiet „verirren“ könnte. Auch andere Stimmungen zeichnen sich ab. Manche sind frustriert, weil viele Ämter in Polen so sehr damit beschäftigt sind, den Ukrainern die nötigen Dokumente auszustellen, dass ihre eigenen Anliegen warten müssen. Oder wenn die Polizei die Zufahrt zu Bahnhöfen sperrt, um für Ordnung zu sorgen. Rechtsextreme Parteien versuchen aus diesen Frustrationen Kapital zu schlagen. Obwohl ihre Popularität am Rande der Prozenthürde liegt, die zu überwinden nötig ist, um ins Parlament zu kommen, gibt es offensichtlich den Wunsch, das Ergebnis der AfD zu wiederholen.

Quelle     :        TAZ-online          >>>>>        weiterlesen  

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DL – Tagesticker 16.07.2022

Erstellt von Redaktion am 16. Juli 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.)  Kein Vertrauen mehr   – . –   2.) WAFFENLIEFERUNG AUS WESTEN  – . –   3.) Regierung in der Klimakrise  – . –  4.) Franco A.s Traum vom Tag X  – . –  5.) Mr. Vorsicht in Nöten  – . –   DL wünscht allen Leser-Innen eine  gute Unterhaltung.

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Wer würde denn schon in dieser Zeit auch nur einen Cent auf die Politiker-Innen der EU – oder den Dieser angeschlossenen Regierungen setzen? Da würden Menschen das Geld gleich in einen Tümpel schmeißen und den Politier-Innen gleich das Geld bar  bar in die schmutzigen Hände drücken.  Jeder weiß doch, das so oder so nie etwas zurück kommt, denn jede Regierung sucht nur willige, billige Sklaven. . 

Misstrauensvotum überstanden, doch Italiens Regierung steht trotzdem vor dem Aus. Welche Optionen hat Mario Draghi? Und: Die EU-Kommission verklagt Ungarn gleich zweimal.

1.)  Kein Vertrauen mehr

Italien erlebt eine Regierungskrise. Die an der Regierungskoalition beteiligte Fünf-Sterne-Bewegung ist am gestrigen Donnerstag einer Vertrauensabstimmung im italienischen Senat ferngeblieben. Die Vertrauensfrage wurde verknüpft mit einer Abstimmung über Milliardenhilfen für italienische Haushalte und Unternehmen. Ministerpräsident Mario Draghi reichte daraufhin seinen Rücktritt ein, doch der italienische Präsident Sergio Mattarella wies ihn ab. Welche Optionen hat Regierungschef Draghi jetzt? Das erklärt Michael Braun, der für ZEIT ONLINE aus Rom berichte. Die Europäische Kommission hat zwei Klagen gegen Ungarn wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Recht vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. In einem Fall gehe es um ein ungarisches Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homo- und Transsexualität, teilte die Brüsseler Behörde mit. Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass das Gesetz Minderheiten auf Grundlage ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert sowie gegen Grundrechte und EU-Werte verstößt. Die andere Klage betrifft das Vorgehen ungarischer Behörden gegen den unabhängigen Sender Klubradio.

Zeit-online

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Haben diese Lieferanten der willigen Länderregierungen vielleicht auch einmal daran gedacht, das genau diese Waffen später einmal gegen sie selber aufgefahren werden könnten? Auf dem Niveau, auf dem sich die Regierungen seit Jahren geistig bewegen,  glaubt daran wohl kaum jemand ? Wer sich dem Russen gegenüber als der Stärkere sieht, hätte den Eskapaden vielleicht direkt eine Lektion erteilt ! Aber wäre das Denken je eine notwendige Voraussetzung für einen Posten in der Politik gewesen, sähen die Welt heute höchst wahrscheinlich ganz anders aus ?

„Gute Gesellschaft auf dem Schlachtfeld“: Kiew bestätigt Erhalt von neuem Raketenwerfer System M270.

2.) WAFFENLIEFERUNG AUS WESTEN

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben ihre erste Lieferung des modernen Mehrfach-Raketenwerfersystems M270 erhalten. „Keine Gnade für den Feind“, kommentiert Verteidigungsminister Olexij Resnikow die Lieferung. Im Krieg gegen Russland hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge ein neues Raketenwerfersystem aus dem Westen erhalten. „Keine Gnade für den Feind“, schrieb Verteidigungsminister Olexij Resnikow am Freitag bei Twitter. Die neuen M270-Systeme würden den US-amerikanischen Himars „auf dem Schlachtfeld gute Gesellschaft“ leisten, meinte er. Ob nur eines oder bereits mehrere der M270-Systeme geliefert wurden, ging aus dem Tweet nicht eindeutig hervor. Großbritannien hatte der Ukraine zuletzt solche Waffen zugesagt. Raketensysteme erlauben Ukraine Angriffe aus großer Distanz.
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Nimmst du Gelb mit dir ins Bett, stehst du auf und bist verdreckt! Besagtes Gelb in einer Ampel gilt du nur dazu, die Aufmerksamkeit des Fahrers zu erhöhen. 

Während Westeuropa buchstäblich in Flammen steht, scheitert die Ampel-Regierung vorerst an ihrem Klimapaket. Die FDP wird immer mehr zum Problem für die selbsternannte Fortschrittskoalition.

3.) Regierung in der Klimakrise

Die Ampel-Regierung wird von ihrem Geburtsfehler eingeholt: Ein grünes Regierungsprofil ist mit der FDP schwer aufrechtzuerhalten. Auch die SPD hatte freilich schon ihre Momente, trat gegen den nötigen Klimaschutz ein, um Kohlejobs zu retten. Und die Grünen sehen sich in der aktuellen Energiekrise oft im Dilemma und stehen plötzlich auch für neue Flüssiggasterminals, die natürlich klimaschädlich sind. Die FDP aber blockiert das Senken der Treibhausgas­emission an allen Ecken und Enden.Das dieswöchige Beispiel: Das Klima-Sommerpaket der Bundesregierung ist gescheitert. Ein großes Klima-Sofortprogramm hatten die Ampel-Parteien schon im Koalitionsvertrag angekündigt. Laut Klimaschutzgesetz wären eigentlich nur diejenigen Ministerien zu einem solchen Sofortprogramm verpflichtet gewesen, in deren Zuständigkeitsbereichen mehr Treibhausgase ausgestoßen wurden als gesetzlich erlaubt. Das waren das Verkehrswesen und die Gebäude, sprich: das Heizen. Aber statt unkoordiniertem Klein-Klein, das nur gerade so das Gesetz erfüllt, sollte es einen großen Wurf geben: ein umfassendes Programm der gesamten Regierung. Hier war schließlich nicht mehr die Große Koalition am Werk, die die hohen Emissionen zu verantworten hat. Und dann diese Peinlichkeit: Im Abstand von einer halben Stunde trat erst Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor die Presse, um seine drei Seiten mit blumigen Worten zu E-Ladesäulen, Digitalisierung und Fahrradinfrastruktur zu präsentieren, dann erläuterten Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen zusammen ihre immerhin fünfmal so langen Pläne für Heizen und Gebäudedämmung. Zwei Miniprogramme statt einer Vision für die ganze Gesellschaft. Und drei Parteien, die sich nicht einmal zusammen auf die Bühne stellen, sondern keinen Hehl daraus machen, dass hier nicht die Regierung als Ganzes spricht.

TAZ-online

Könnte  es irgendwelche andere Gründe für einen normalen Menschen geben, seine Absichten in einer staatlichen Uniform zu verstecken? Brauchen Menschen Waffen, zieht es sie hin, zu den Affen.

Wegsperren eines Einzelnen wird nicht ausreichen. Der suspendierte Bundeswehroffizier Franco A. ist zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Vorbei ist der Fall damit nicht.

4.) Franco A.s Traum vom Tag X

Es ist wirklich nicht verwunderlich, dass der Prozess gegen Franco A. 14 Monate lang dauerte. Allein schon die harten Fakten haben es in sich: Unter syrischer Fake-Identität hatte der 33-jährige Offenbacher Anfang 2016 Asyl beantragt, um darunter Attentate auf Politiker wie den damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth oder die Menschenrechtsaktivistin Anetta Kahane vorzubereiten – so die Anklage. In seinem Keller wurden Waffen, Munition und eine Ausgabe von „Mein Kampf“ gefunden. Erwischt wurde Franco A. 2017, als er eine geladene Wehrmachtspistole abholen wollte, die er auf einer Toilette am Wiener Flughafen deponierte hatte. Nur wenige Tage zuvor hatte er bei einer Rede beim „Preußenabend“ in einem Münchner Hotel vor konservativen Akademikern, AfD-Funktionären, Wehrmachtsveteranen und Militärangehörigen zum Kampf gegen das System aufgerufen – und sich ausdrücklich als Antisemit und Rassist bekannt. Im Mai 2021 startete schließlich der Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ – so lautete der zentrale Vorwurf der Bundesanwaltschaft. Franco A. wurde schuldig gesprochen. War Franco A. zu Beginn des Verfahrens noch auf freiem Fuß gewesen, kam er im Februar dieses Jahres in Untersuchungshaft. Im Zuge einer Personenkontrolle in einem Offenbacher S-Bahnhof hatte ihn die Polizei festgenommen.

Freitag-online

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Wie gut das Politiker-Innen nur ihre Münder und Hände als politischen Wegweiser Benutzen und keine Gewehre! Ansonsten wären bald keine normalen Menschen, für ihre Schikanen Ansprechbar. 

Politiker eben: „Aus Masken am Tage – werden Gespenster am Abend.“

Karl Lauterbach empfiehlt die vierte Impfung auch Jüngeren – prompt gibt es Gegenwind. Und dem Gesundheitsminister steht schon der nächste Ärger ins Haus.

5.) Mr. Vorsicht in Nöten

Karl Lauterbach will offenbar mal wieder Klartext reden. Der Gesundheitsminister sitzt mit dem „Spiegel“-Journalisten Markus Feldenkirchen im Fernsehstudio. Er stichelt gegen den FDP-Kollegen Wolfgang Kubicki – dem wirft er vor, virologisch „abwegige“ Positionen zu vertreten. Er zeigt sich unzufrieden mit der Knausrigkeit von Finanzminister Christian Lindner bei der Finanzierung von Schnelltests. Lauterbach wünscht sich auch „mehr Dynamik“ in der Arbeit der Ständigen Impfkommission – will heißen: Das Gremium ist ihm zu langsam.Und dann spricht Lauterbach eine Empfehlung aus, die im politischen Berlin für Aufsehen sorgt: „Wenn jemand den Sommer genießen und kein Risiko eingehen“ wolle, würde er auch Jüngeren die vierte Impfung empfehlen, sofern der Hausarzt keine Einwände habe, sagt der Gesundheitsminister. Mit der Viertimpfung habe man eine ganz andere Sicherheit. Stiko-Chef weist Lauterbachs Empfehlung zurück. Der Haken an der Aussage: Bislang empfiehlt die Ständige Impfkommission, kurz Stiko, die vierte Impfung erst ab 70 Jahren oder bei Vorerkrankung. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC und die EU-Arzneimittelbehörde EMA setzte die Altersgrenze in dieser Woche zumindest auf 60 Jahre fest. Aber was den aktuellen Nutzen der vierten Impfung für junge Menschen betrifft, gibt es bislang unter Experten keine eindeutige Meinung.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Grafikquellen          :

Oben     —   DL / privat – Wikimedia

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Unten        —    Unterzeichnung des Koalitionsvertrags für die 20. Wahlperiode des Deutschen Bundestages am 7. Dezember 2021

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