DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Archiv für Mai 29th, 2022

Dilemma der SPD in NRW

Erstellt von Redaktion am 29. Mai 2022

Eine Partei ohne eigenes Gewicht – Gesicht ?

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Von   : Stefan Reinecke

In NRW sucht die SPD nach den Ursachen für ihre Niederlage. In Berlin funktioniert die Arbeitsteilung zwischen Kanzleramt und Partei nicht.

Eigentlich ist die Landtagswahl für SPD-Mann Frank Börner (56) gut gelaufen. Er hat im Duisburger Norden fast 42 Prozent der Erststimmen bekommen und das Direktmandat gewonnen.

Wie immer. Marxloh und Hamborn, migrantische Arbeiterviertel, sind fest in sozialdemokratischer Hand. Börner ist seit zehn Jahren im Landtag. Er kommt aus Duisburgs Norden und kennt hier jeden Stein. Im Wahlkreis liegt das Stahlwerk Thyssenkrupp, groß wie ein Stadtteil. 13.000 arbeiten dort. Der Konzern will in die Produktion von grünem Stahl einsteigen. Ein Zukunftsprojekt. Die Stadt braucht die Jobs.

„Die Wahl war bitter“, sagt Börner. Nur 38 Prozent sind zwischen Marxloh und Hamborn zur Wahl gegangen. So wenige wie in keinem Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen. Nur jeder Sechste hat für den SPD-Mann votiert. Je ärmer der Stadtteil, desto geringer die Lust, zur Wahl zu gehen. Auch deshalb wird der SPD-Mann Thomas Kutschaty nicht regieren. In Düsseldorf und Kiel ist vermutlich bald Schwarz-Grün an der Macht. Vor allem die Niederlage in NRW strahlt bis nach Berlin aus. Das „sozialdemokratische Jahrzehnt“, das SPD-Chef Lars Klingbeil vor fünf Monaten kühn entwarf, kann kurz werden.

Wenn BürgerInnen nicht wählen, deuten Konservative das gern bonbonfarben als stillschweigende Zustimmung. Linke verstehen Nichtwählen als schlummernde Protestenergie, die durch entschlossene populistische Ansprache überwunden werden muss. SPD-Mann Börner sieht eher Apathie und Rückzug. Das mangelnde Interesse war schon vorher absehbar. „Wir haben einen Superwahlkampf gemacht“, sagt er am Telefon. Aber: „Im Duisburger Norden ist es hip, nicht zu wählen“.

Resignierte Stammklientel

Die Bemühungen, das Wahlvolk für Politik zu interessieren, sind, so sieht es Börner, an drei Gruppen abgeprallt. Die mit prekären Jobs fühlen sich abgehängt. Dass sie bald 12 Euro Mindestlohn bekommen, „werden viele erst mitbekommen, wenn er real da ist. Auch dann werden viele nicht genug Selbstbewusstsein haben, den ihrem Chef gegenüber durchzusetzen.“ Die von Jobs abgekoppelten Hartz-IV-Milieus seien für Politik kaum noch erreichbar. Und auch bei jenen, denen es materiell besser geht, ist das Bild trübe. „Die Saturierten“ (Börner) hatten keine Lust auf Politik. „Die haben am Sonntag noch was auf den Grill gelegt und gesagt: Wählen? Ach, lass ma’.“

2017 ging in dem Wahlkreis allerdings noch gut die Hälfte zur Wahl. Eine schlüssige Erklärung, warum in vielen roten Hochburgen SPD-SympathisantInnen lieber Würstchen brieten, fehlt den GenossInnen. Die NRW-SPD will in drei Monaten eine Analyse mit Verbesserungsideen erarbeiten.

Klar ist: Die SPD hat die Wahl in Nordrhein-Westfalen an zwei Fronten verloren. Ein Teil der früheren Stammklientel hat sich in Resignation zurückgezogen – wie zu den Zeiten, als sich viele wegen der Agenda 2010 frustriert abwandten. Das Bürgertum findet Robert Habeck und Annalena Baerbock eloquenter als den Kanzler. Das ist für die SPD eine ungemütliche Nachricht. Denn es ist nicht leicht, eine Antwort auf diese Doppelbotschaft – zu wenig Soziales hier, zu wenig diskursiv ansprechendes Angebot dort – zu finden.

In der Union sprießt nach den Erfolgen in Düsseldorf und Kiel schon die Hoffnung, dass der Wahlsieg von Olaf Scholz 2021 nur ein Intermezzo war, die Ampel noch fragiler wird und Schwarz-Grün bald wieder auf der Tagesordnung steht. Ralf Stegner, linker SPD-Bundestagsabgeordneter, wiegelt ab. Es gab auch den Sieg im Saarland. Die Niederlagen seien „nicht schön“. Aber, dass neue Bundesregierungen Landtagswahlen verlieren, sei nicht ungewöhnlich. Und die Stimmung sei zu schwankend, um Kiel und Düsseldorf als Wiederbelebung von Schwarz-Grün zu deuten. „Als wir im Sommer 2021 bei 15 Prozent lagen, habe ich mir mehr Sorgen gemacht“, so Stegner.

Glanzlos im Kabinett

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Scholz und der Lauterbach – wer hätte je daran gedacht ?

Allerdings läuft es für die Sozialdemokratie gerade nirgends richtig gut. Die Performance der SPD-MinisterInnen in Berlin ist glanzlos. Karl Lauterbach erweckt den Eindruck, dass er als Gesundheitsminister eine Coronapolitik vertritt, die er als Wissenschaftler kritisieren würde. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist seit Wochen wegen Ungeschicklichkeiten in der Kritik. Scholz und die SPD stehen bislang eisern zu ihr.

Zu Lam­brechts letztem Fauxpas fällt aber auch treuen GenossInnen nichts mehr ein. Die Verteidigungsministerin ließ in einem Interview die Bemerkung fallen, dass Parteifreundin und Innenministerin Nancy Faeser 2023 gern hessische Ministerpräsidentin werden will – und damit ihren Job in Berlin quittieren würde. Als Faeser bei einer Pressekonferenz dazu befragt wurde, sagte sie: „Ich ärgere mich in der Regel nie über Kolleginnen“, und lachte mit zusammengekniffenen Lippen. Eher in der Regel als nie. Lambrecht wollte weit lieber Innenministerin werden, als sich mit dem Beschaffungswesen der Bundeswehr herumärgern zu müssen.

Das mögen kleine Querelen sein. Aber sie wecken ungute Erinnerungen an die Zeit nach 2005, als es in der SPD mitunter zuging wie im Dschungelcamp.

Quelle    :       TAZ-online           >>>>>         weiterlesen 

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Oben     —   2022    –   Wahlplakat Land Nordrhein-Westfalen von der SPD

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Überzeugung ./. Empörung

Erstellt von Redaktion am 29. Mai 2022

Perspektiven für eine progressive Linke

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Das desaströse Abschneiden der Linkspartei bei den jüngsten Wahlen wirft die Frage auf, ob gut dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung eine Partei links von SPD und Grünen überhaupt noch einen eigenständigen Platz im politischen System Deutschlands einnehmen kann.

Betrachtet man nur den zwischen weiterer Selbstzerstörung und bangem Stillhalten pendelnden innerparteilichen Zustand, spricht einiges für ein entschiedenes „Nein“. Der Linken ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, bei zentralen Themen, die die öffentliche Wahrnehmung bestimmten, als Partei mit überzeugender linker Haltung erkennbar zu sein. Es gelang nicht, in der Migrationsfrage mit (durchaus vorhandenen) progressiven Konzepten einer linken Migrationspolitik zu punkten – in dem Spannungsverhältnis zwischen dem Menschenrecht auf Mobilität einerseits und dem stets begrenzten Zugang zu bestehenden Solidargemeinschaften andererseits. Stattdessen offenbarte sich die Zerrissenheit zwischen auch „von links“ geschürten Ängsten seit den großen Fluchtbewegungen von 2015 und der abstrakten Forderung nach bedingungslos offenen Grenzen für alle weltweit. Im Kontext der globalen Corona-Pandemie war beim Umgang mit einer autoritären, in Teilen faschistoiden sozialen Protestbewegung ebenfalls nicht erkennbar, wofür linke Politik „zwischen Lockdown und Freedom-Day“ eigentlich steht und wie mit einem progressiven Freiheitsverständnis der Schutz besonders gefährdeter Gruppen von Menschen in den Fokus gerückt und die Verantwortung für diesen Schutz vergesellschaftet werden kann. Schließlich gelang nicht einmal die klare Abgrenzung von manchen Parolen des verschwörungsgläubigen Milieus, etwa in der ohnehin schwierigen Impfpflicht-Debatte, weil Teile der Partei in stiller Komplizenschaft mit Teilen dieser Milieus glaubten, aus dieser Empörung „von rechts“ politisch Kapital schlagen zu können.

Das Hochhalten sehr abstrakter, unterkomplexer friedenspolitischer Grundsätze und die daraus abgeleitete prinzipielle Ablehnung des Einsatzes des deutschen Militärs wurde spätestens dann zum Fallstrick, als es im August 2021 um die dringliche Evakuierung der Ortskräfte aus Afghanistan ging. Es ist nicht falsch, darauf zu verweisen, dass die desaströse Lage für diese Menschen zuallererst durch den Einsatz von Militär geschaffen worden war. Es mag zwar sein, dass Die Linke mit ihrer mehrheitlichen Enthaltung zu diesem Bundeswehreinsatz im Bundestag aus der Binnenperspektive betrachtet schon einen großen Schritt vollzogen hat. Dies war aber sehr leicht als unsolidarisch denunzier- und letztlich kaum vermittelbar, weil sie den ohnehin latent bestehenden Eindruck verstärkt hat, der Partei seien ihre Prinzipien im Zweifel wichtiger als die konkrete Hilfe für Menschen in größter Not. Diese fatale Haltung setzt sich gegenwärtig fort in der Ukraine-Krise – bei der Unfähigkeit im Umgang mit dem tragischen Dilemma, einerseits das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung gegen den völkerrechtswidrigen russischen Überfall anzuerkennen und zu befördern, ohne andererseits unverantwortlich an der Eskalationsspirale zu drehen. Dabei sticht ins Auge, dass es Teilen der Partei schwerfällt, von liebgewonnenen Freund-Feind-Bildern und fragwürdigen Kausalitätsmustern Abstand zu nehmen. Auch hier wird bislang jede Bemühung, der Komplexität des Geschehens mit Differenzierung und der Anerkennung von Dilemmata zu begegnen, mit dem Vorwurf gekontert, aus politischem Opportunismus einen Bruch mit dem friedenspolitischen Anspruch herbeiführen zu wollen. Öffentlich bleibt der Eindruck des „Victim-Blamings“ und der rhetorischen Nähe zu mancher Parole der Kreml-Propaganda hängen.

In all diesen zentralen Fragen fehlt es an einer von der gesamten Partei vertretenen konsistenten Position. Diese Inkonsistenz kommt keineswegs von ungefähr: Viel zu lange wurde politische Beliebigkeit und Unkenntlichkeit zugelassen, wurden unterschiedliche, zum Teil unvereinbare Positionen – darunter auch solche, die, zu Ende gedacht, dem linken Anspruch der Gleichheit aller Menschen sehr deutlich entgegenstehen – als „Pluralität“ schöngeredet. Viel zu wenig kümmert sich die Partei dagegen um das, was ihr programmatisches Kernanliegen sein sollte: auszuarbeiten und auszuformulieren, wie eine an sozialistischen Maßstäben ausgerichtete Politik tatsächlich zu besseren Lebensverhältnissen führen kann. Oder anders ausgedrückt: was unter dem Leitprinzip des demokratischen Sozialismus heute konkret zu verstehen ist. Dabei fehlt es der Partei nicht an klugen Konzepten auf diesem oder jenem zentralen Politikfeld. Unsere These ist: Es fehlt vielmehr an notwendiger Klarheit in der Haltung, mit der die Partei die realen Widersprüche der politischen Wirklichkeit bearbeiten will, anstatt sie mit ideologischen Grundsätzen stillzustellen.

Der demokratische Sozialismus als Leitprinzip

Ein zentraler Ankerpunkt linker Politik für eine bessere Zukunft muss darin bestehen, über demokratischen Sozialismus in politisch liberal-demokratisch und ökonomisch kapitalistisch verfassten Gesellschaften grundsätzlich nachzudenken. Seit dem Zusammenbruch der parteibürokratischen Diktaturen des Ostblocks 1989/90 hält sich – bemerkenswerterweise – in repräsentativen Umfragen hartnäckig die Auffassung, „dass heute sozialistische Werte von großer Bedeutung für den gesellschaftlichen Prozess sind“. In Deutschland teilen über die Generationen hinweg mit nur geringen Unterschieden 45 Prozent diese Auffassung. Gleichzeitig halten 49 Prozent den staatlich organisierten Sozialismus für ein System politischer Unterdrückung, Massenüberwachung und staatlichen Terrors.[1] Das Bild von der guten Idee, die schlecht verwirklicht wurde, lebt also unverdrossen fort – es findet aber keine Umsetzung in einem konsistenten Programm der Linkspartei.

Dabei spielte der „demokratische Sozialismus“ in Namen und Programm der Vorläuferpartei PDS durchaus eine prominente Rolle, wenn auch nicht für ihre politische Erfolgsgeschichte als ostdeutsche Regionalpartei. Als Anwältin der Anerkennung ostdeutscher Biographien vertrat die PDS in einer spezifischen historischen Konstellation die Interessen derjenigen Ostdeutschen, die mit den sozialen Folgen und der empfundenen Deklassierung nach der Einheit haderten, und gab ihnen eine Stimme. Vor 1960 geborene Frauen und Männer bildeten das Rückgrat des Parteilebens und der Wahlerfolge. Die 2004 gegründete WASG hingegen lebte vom Bruch der Mehrheitssozialdemokratie mit sozialstaatlichen Traditionen, sie erwuchs aus Enttäuschung, Verletzung und Wut über die Schrödersche Agenda-Politik. Sie hatte in Oskar Lafontaine einen populären Protagonisten und sollte durch äußeren Druck die SPD re-sozialdemokratisieren.

Die Allianz beider Gründungsimpulse bescherte der jungen Partei einerseits 2005 und 2009 große Wahlerfolge, erstmals konnte sich auch im Westen eine Partei links von Grünen und SPD behaupten. Gewählt wurde Die Linke bevorzugt von Männern, weniger von Frauen, der Generation der Baby-Boomer, deren soziale Position eng mit der Sozialstaatspolitik der alten Bundesrepublik verknüpft war. Andererseits überstrahlten die anfänglichen Erfolge die Achillesferse der Verbindung beider Gründungsimpulse: die demonstrative faktische Dominanz wohlvertrauter Ex-Sozialdemokrat*innen über die PDSler*innen als Erfolgsbedingung im größeren westdeutschen Elektorat. Die damit gesetzten innerparteilichen Machtkämpfe vergifteten früh das Klima für Analysen und Debatten über gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Deutungen. Zwischen 2010 und 2012 überschritten beide Impulse ihren Zenit. Seitdem wurden nur wenige Wahlen gewonnen, viele verloren. Neue außen- und gesellschaftspolitische Entwicklungen machten die programmatischen Dilemmata der Partei ebenso offensichtlich wie die Unwilligkeit, sie durch programmtisch-politische Weiterentwicklung zu bearbeiten. Gerade Themen wie „Migration“, „Klima“ und „Krieg“ stehen für komplexe Wirkungszusammenhänge. Die Antworten aber blieben seit Jahren dieselben, und nahezu jede produktive Debatte zur Deutung dieser Zusammenhänge wurde unter das Verdikt des Schleifens hergebrachter „Grundsätze“ gestellt und dadurch blockiert.

Die verlorene Saarland-Wahl als das Ende eines politischen Zyklus

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Lafontaine wird von seine ehemaligen Leuten verjagt ? Die Wähler bleiben am Boden zerstört liegen.

Der Ausgang der Saarland-Wahl am 27. März dieses Jahres markiert insoweit das Ende eines politischen Zyklus: Nachdem Lafontaine 2005 aktiv dazu beigetragen hatte, eine SPD-Kanzlerschaft zu beenden, sorgte sein Austritt aus der Linken just vor der Saarland-Wahl maßgeblich dafür, dass mit Anke Rehlinger erstmals seit 1999 wieder eine Sozialdemokratin Ministerpräsidentin an der Saar werden konnte – und das sogar mit absoluter Mehrheit. Inzwischen ist ein erheblicher Teil der Lafontaine-Wählerschaft von 2005 und 2009, nun überwiegend verrentet oder rentennah, zur SPD zurückgekehrt. Resümierend bleibt festzustellen, dass weder im Westen noch im Osten die Bildung einer Stammwählerschaft gelungen ist, die die Partei verlässlich über die Sperrklausel trägt. Stattdessen wurde die Entfremdung zwischen der politischen Gründergeneration und nach 2012 zur Partei gestoßenen Mitgliedern und Anhänger*innen durch wechselseitige moralisierende Anwürfe verschärft.

Es gibt ein verbreitetes Unbehagen an den gegenwärtigen Zuständen

Aufstieg und Niedergang der Partei sind eng verknüpft mit der Strategie, sich wahlpolitisch vor allem von der Enttäuschung über andere Parteien, zunächst der SPD, dann der Grünen, zu nähren. Verfügt eine Partei aber nicht über eine ausreichende Zahl von Anhänger*innen, die ein eigenes politisches Anliegen dieser Partei erkennen und unterstützen, dann versinkt sie in immer erratischeren und plumper wirkenden Bemühungen, im Gestus der ständigen Empörung das „wahre“ Antlitz einer anderen Partei zu entlarven. Genau das ist die gegenwärtige Lage der Linkspartei: Sie kreist um sich selbst und stagniert innerhalb ihrer eigenen Widersprüche. Es schwinden ihre gesellschaftlichen Resonanzräume, sie verliert ihren Gebrauchswert und droht aus der Zeit zu fallen – und verspielt so die durchaus vorhandenen Chancen für eine aufgeklärte Linke.

Denn: Seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 bröselt die neoliberal inspirierte Hegemonie. Soziale Ungleichheit ist als gesellschaftspolitisches Problem in den öffentlichen Diskurs zurückgekehrt und droht zur Gefahr für die Stabilität der hiesigen demokratischen Verhältnisse zu werden. Wir sehen darin einen Resonanzboden für demokratisch-sozialistische Deutungen gesellschaftlicher Entwicklungen durch eine linke Partei. Wenn eine knappe Hälfte der Bevölkerung „sozialistischen Werten“ eine große Bedeutung zubilligt, dann spricht das zunächst für ein verbreitetes Unbehagen an den gegenwärtigen Zuständen. Kern dieses Unbehagens ist das Erleben einer alltäglichen wie einer globalen Welt, die den eigenen Vorstellungen, wie es sein könnte oder sollte, nicht gerecht wird.

Dieses Unbehagen hat verschiedene Dimensionen: Mal bezieht es sich auf den Gegensatz zwischen dem eigenen Wohlergehen und dem Mangel anderer (oder umgekehrt), mal auf den Gegensatz zwischen dem, was man für ein richtiges Leben hält, und den in eigenen Lebensverhältnissen gegebenen Möglichkeiten, es leben zu können. In jedem Fall ist es ein politischer Rohstoff, der sich in unterschiedliche politische Richtungen formen lässt. Hier müsste linke, sozialistische (Partei-)Politik ansetzen.

Die Zustimmung zu sozialistischen Werten kann in ihrer Unbestimmtheit kaum als Bedürfnis nach einem bestimmten Gesellschaftssystem, wohl aber nach einem wirkmächtigen Regelwerk für das gesellschaftliche Zusammenleben und das staatliche Handeln verstanden werden: Gleichheit und Fairness, Selbstbestimmung und Demokratie, Kooperation und Solidarität. Diese Werte bilden den „Glutkern“ des Engagements in einer linken Partei und zugleich ihres Platzes in der Gesellschaft. Ihn gilt es wieder freizulegen, soll Die Linke eine Zukunft haben.

In einer Welt, in der sich die politischen Rahmenbedingungen auf globaler, europäischer und nationaler Ebene binnen eines guten Jahrzehnts radikal verändert haben, ist eine gründliche programmatische und strategische Erneuerung zwingend, um diesen „Glutkern“ als Kompass für Die Linke auf die Höhe der Zeit zu bringen. Das verlangt der Linkspartei (wie der Linken insgesamt) etwas ab, was kaum noch vorhanden scheint: die Lust an analytischer Debatte, bei der die „Wahrheit“ diskursiv erarbeitet wird, anstatt a priori festgelegt zu sein. Schon um eine solche Debatte zu organisieren, wird jedoch ein handlungsfähiges strategisches Zentrum gebraucht. Dessen erste Bewährung bestünde darin, die Partei auf einen strategischen Zeithorizont zu orientieren. Fest steht: Bei der Bundestagswahl 2025 geht es um das parlamentarische Überleben. Sich auf die Enttäuschung von Elektoraten anderer Parteien zu verlassen, ist keine Option. Das hat das desaströse Ergebnis von 2021 gezeigt. Bereits mit Blick auf die Wahl 2025 muss die Partei überzeugend die Bereitschaft ausstrahlen, Elemente sozialistischer Politik gestaltend umzusetzen. Möglicherweise könnte das 2029 dann auch praktisch gelingen.

Der Kampf um Gleichheit als Scheidelinie zwischen linker und rechter Politik

Beim Reden über einen neuen, demokratischen Sozialismus geht es zunächst um die Richtung, in die linke Politik strebt, um das Versprechen, das sie attraktiv macht, und um eine klare Haltung, aus der heraus nach Lösungen für die unterschiedlichsten Probleme gesucht wird. Eine Haltung, die sich nicht am Wünschenswerten orientiert, sondern daran, was tatsächlich möglich ist. Quelle sozialistischer Politik ist die schon bei Marx angelegte Erkenntnis, dass die Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte Mangel und Herrschaft überflüssig machen könnte. Vor uns liegt eine Welt der Möglichkeiten, die für ein besseres Leben genutzt werden können. Es braucht daher eine Partei, die der Wirklichkeit den Spiegel des Möglichen vorhält, statt ständig angebliche Wahrheiten zu beschwören.

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Wer erkennt eine/n linke/n Wähler-In auf diesem Foto ?

Der wesentliche Unterschied zwischen linker und rechter Politik, aus dem sich alles andere ergibt, ist dabei nicht „Gerechtigkeit“. Was gerecht ist, ist gesellschaftlich umkämpft, weil aus verschiedenen Ordnungsprinzipien ableitbar: dem Leistungsprinzip, dem Anrechtsprinzip, dem Bedarfsprinzip oder dem Gleichheitsprinzip. Wir halten dagegen „Gleichheit“ für die zentrale Scheidelinie. Linke Politik folgt einer horizontalen, egalitären Vision von Gesellschaft, rechte Politik dagegen einer vertikalen, hierarchischen. Gleichheit oder Ungleichheit der Rechte und Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, unabhängig oder abhängig von Stand, Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, Einkommen – das ist die Gretchenfrage. Wer dem Gleichheitsaxiom folgt, sieht die Grenzen der eigenen Freiheit in der Freiheit des/der Anderen, erkennt ihm*ihr das gleiche Recht auf Sicherheit und Kontrolle der eigenen Lebensbedingungen, auf Emanzipation und Persönlichkeitsbildung zu. Variationen linker Politik entstehen aus je unterschiedlichen Verknüpfungen des Gleichheitsgrundsatzes mit dem Leistungsprinzip und/oder dem Bedarfsprinzip sowie (nicht nur historisch) aus dem territorialen Bezugsrahmen. Es ist ein qualitativer Unterschied, ob dieser Anspruch auf den Nationalstaat bezogen oder prinzipiell universal gedacht wird. Vor dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen muss sich Ungleichheit legitimieren, vor denen, die von ihr negativ betroffen sind. Warum soll es gerecht oder zumindest hinzunehmen sein, dass die einen weniger Kontrolle und Selbstbestimmung über ihre Biographie haben (sollen) als die anderen?

Mangel ist grundsätzlich menschengemacht

Heute, im 21. Jahrhundert, ist Mangel angesichts des immensen technologischen Fortschritts grundsätzlich menschengemacht – aufgrund ungleicher Verteilung materieller Güter oder von Naturkatastrophen infolge der menschengemachten Erderwärmung. Sozialistische Politik in „reichen“ Gesellschaften ist daher mehr als Verteilungspolitik zugunsten der „einfachen Leute“. Beim heutigen Stand der Produktivkräfte geht es natürlich weiterhin um die Befreiung von materieller Not, aber auch um ein gutes Leben, die „nichtmateriellen“ Bedürfnisse, um Emanzipation von der kapitalismusimmanenten abstrakten Herrschaft. Sozialistische Politik im 21. Jahrhundert kennt daher eine doppelte Herausforderung – die ungleiche Verteilung von Reichtum bzw. Mangel und die ungleiche Verteilung der planetarisch begrenzten Ressourcen. Was aber folgt aus dem gleichen Recht auf Suche nach einem besseren, glücklicheren Leben? Was folgt – national zwischen Arm und Reich und global zwischen „armen“ und „reichen“ Regionen – aus dem globalen Recht aller auf den gleichen CO2-Abdruck, wenn die planetarischen Ressourcen heute schon übernutzt sind? Und schließlich: Was folgt aus der offensichtlichen Unfähigkeit der Staatengemeinschaft und ihrer Institutionen zur notwendigen Kooperation bei der Lösung dieser Menschheitsfragen?

Fest steht: An der globalen Ungleichheit der Lebensverhältnisse wie an der – auch kriegerischen – Herausbildung einer neuen, weniger auf Kooperation gerichteten Weltordnung kann heute niemand mehr vorbeischauen. Sie sind auf Jahre hinaus Nährboden für Hoffnungslosigkeit, Nationalismus, Festungsmentalität, Autoritarismus und faschistische Bewegungen. Deshalb ist der Kampf gegen die wachsende globale Ungleichheit der Kern jeder linken Politik.

Der Erhalt der planetarischen Lebensgrundlagen ist aus dieser Perspektive kein Luxus, den man sich leisten können muss, sondern der Imperativ eines linken Freiheitsverständnisses, das auch die nachfolgenden Generationen einschließt. Es versteht sich von selbst, dass diese Prämisse global zu denken ist, obgleich die politische Arena nach wie vor zuallererst eine nationalstaatliche bzw. europäische bleibt. Wie aber verbinden wir die Notwendigkeit eines globalen und lokalen Umsteuerns, die Etablierung einer anderen Art des Wachstums, das nicht durch die Kapitalakkumulation getrieben wird, mit der Sicherung der materiellen Lebensgrundlagen all derjenigen, die auf Lohnarbeit als Einkommensquelle angewiesen sind?

Diese Verbindung der globalen Herausforderung mit den lokalen Bedürfnissen herzustellen, ist die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Die Rekonstruktion einer Partei links von der SPD wird daher nur gelingen, wenn sie ihre universalistische Grundhaltung mit alltagspraktischen Handlungsorientierungen verbinden kann, wenn sie als lokal und regional handelnde und gleichwohl global orientierte Partei erlebbar ist und so als Ansprechpartnerin für transnational Agierende attraktiv wird – als eine Partei, die Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten offen bearbeitet, anstatt sie einseitig aufzulösen.

Quelle        :      Blätter-online          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Parteitag der Linkspartei in Bonn. 2. Tagung des 6. Parteitages der Partei DIE LINKE, 22. und 23. Februar 2019, Bonn.

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Internet-Kontrolle:

Erstellt von Redaktion am 29. Mai 2022

Medienaufsicht promotet Überwachungs-KI in der EU

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Quelle          :        Netzpolitik ORG.

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Die deutsche Medienaufsicht durchforstet das Internet automatisch nach frei zugänglicher Pornografie und Extremismus. Andere EU-Länder regt sie jetzt zum Mitmachen an – Österreich und Belgien sind interessiert.

Die Medienaufsicht soll Jugendliche auch im Netz vor schädlichen Inhalten schützen, und dafür möchte sie ihre Augen am liebsten überall haben. Inzwischen nutzen die deutschen Landesmedienanstalten ein Online-Werkzeug namens KIVI, das automatisch Websites und soziale Netzwerke durchsuchen soll. Der Name setzt sich zusammen aus der Abkürzung für Künstliche Intelligenz, KI, und den ersten Buchstaben des lateinischen Wortes „vigilare“, überwachen.

Menschen sichten die automatisch generierten Treffer der Software und informieren teilweise die Polizei. Bei einer Pressekonferenz im April sagte eine Vertreterin der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (NRW), man reiche 30 Strafanzeigen pro Monat ein. NRW war aber nur der Anfang. Inzwischen arbeitet die Medienaufsicht deutschlandweit mit KIVI – und hofft darauf, dass bald ganz Europa das öffentliche Internet mit diesem Tool überwacht.

„Wir freuen uns über das große Interesse auch unserer europäischen Kollegen“, zitiert Tagesspiegel Background den Direktor der Landesmedienanstalt NRW, Tobias Schmid. Er vernetzt sich mit Regulierungsbehörden anderer EU-Staaten in einer Gruppe namens ERGA (European Regulators Group for Audiovisual Media Services). An netzpolitik.org schrieb eine Sprecherin der Landesmedienanstalt NRW, es gebe Sondierungsgespräche mit mehreren Behörden.

Die Medienaufsicht in Belgien, CSA (Conseil supérieur de l’audiovisuel), schreibt auf Anfrage von netzpolitik.org: „Unsere deutschen Kolleg:innen haben tatsächlich ein Instrument entwickelt, das für uns von größtem Interesse ist.“ Man erkunde nun die Möglichkeiten für einen Einsatz in Belgien. Es sei schwierig, ein Datum zu nennen, aber man hoffe, bis Ende des Jahres einen Test durchführen zu können. Ein Sprecher der Medienaufsicht in Österreich, RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH), schreibt: „Wir finden das Tool sehr interessant und evaluieren dessen Verwendung für unsere Zwecke gegenwärtig“. Es gebe aber derzeit keine Entscheidung.

KIVI sucht mit dem Wort „Terror“ nach Online-Extremismus

Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ kann darüber hinwegtäuschen, dass es schlicht um eine Software zur Erkennung von Mustern geht. KIVI sucht beispielsweise auf Websites nach als verdächtig eingestuften Stichworten wie „Terror, Gräueltaten, Verbrechen, Mord etc. in Kombination mit Islam / Muslime / Christen / Juden“. Diese Beispiele nannte eine Sprecherin der Landesmedienanstalt NRW, nachdem KIVI bei einer öffentlichen Präsentation im April einen Fehler gemacht hatte. Die Software hielt eine Pressemitteilung des Zentralrats der Muslime für „politischen Extremismus“. Dabei hatte der Zentralrat darin bloß die Terroranschläge in London 2005 verurteilt.

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Krankenwagen am Russell Square, London nach den Bombenanschlägen vom 07.07.2005

Damit so etwas seltener passiert, führt die Medienaufsicht eine Positivliste von Websites, die grundsätzlich als harmlos gelten. Stand 4. Mai umfasste die Liste mindestens 100 Einträge. Dazu gehörten neben der Website des Zentralrats der Muslime auch die der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Auch Websites deutscher Städte und der Landesmedienanstalten selbst sind darauf.

Eine weitere Fähigkeit von KIVI ist Bilderkennung. Die Software soll unter anderem Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen erkennen, wie heise online berichtet. Explizite Nacktheit werde demnach durch den Dienst Amazon Rekognition gesucht. KIVI soll neben Websites auch soziale Netzwerke durchforsten, etwa Telegram, Twitter, YouTube und TikTok.

„Vermarktung nur gemeinsam mit der Landesmedienanstalt“

Entwickelt wird KIVI von der Berliner IT-Firma Condat AG. Die einmaligen Kosten für Entwicklung und Weiterentwicklung betrugen nach Angaben der Landesmedienanstalt NRW 164.640 Euro netto. Die laufenden, monatlichen Gebühren für Hosting, Support und Lizenzen seien 2.300 Euro netto. Außerdem beschäftige die Medienaufsicht in NRW sieben studentische Hilfskräfte mit unterschiedlichen Stundenkontingenten, maximal 20 Stunden pro Woche. Im ersten Jahr habe KIVI 20.000 potentielle Verstöße erkannt, nach dem Aussortieren seien 6.700, rund ein Drittel, übrig geblieben.

Ein Condat-Sprecher schreibt netzpolitik.org, KIVI sei individuell mit der Landesmedienanstalt NRW entstanden. „Die Vermarktung in das europäische Ausland ist daher auch nur gemeinsam mit der Landesmedienanstalt möglich beziehungsweise vorgesehen“. Damit kommt der Medienaufsicht unter Direktor Tobias Schmid offenbar eine führende Rolle in der Verbreitung der Überwachungs-Software zu.

Aktuell sei KIVI nur für deutschsprachige Textinhalte trainiert, so der Condat-Sprecher weiter. Für andere Ländern müssten eigene Modelle aufgebaut werden. KIVI wird beim Einsatz kontinuierlich trainiert, indem Menschen die automatisch erzeugten Treffer bewerten. Wir wollten wissen, ob dieses Feedback künftig gebündelt werden soll, wodurch alle teilnehmenden Staaten das Tool gemeinsam trainieren würden.

„Ich denke, bei einem internationalen Einsatz von KIVI wäre der Abgleich vorhandener Trainingsdaten unbedingt wünschenswert“, schreibt der Condat-Sprecher. Vor allem, wenn es um justiziable Inhalte gehe, die länderübergreifend ähnlich geahndet würden, etwa pornographische Aufnahmen.

Internationaler Datenabgleich „unbedingt wünschenswert“

Falls diese Pläne wahr werden, wäre die Regulierungsbehörde aus Nordrhein-Westfalen maßgeblich mitverantwortlich für die Einführung eines europäischen Porno-Detektors. Die Landesmedienanstalt NRW hatte sich bereits auf Bundesebene im Kampf gegen öffentlich verfügbare Pornografie hervorgetan. Nach einem jahrelangen Ringen hatte die Medienaufsicht versucht, Deutschlands meistbesuchte Pornoseite zu sperren – allerdings vergeblich.

Was bedeutet der Einsatz von KIVI eigentlich für Datenschutz und Privatsphäre? Ende März antwortete die Landesmedienanstalt NRW auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz: „Eine Datenschutz-Folgenabschätzung war für die konkrete Anwendung des IT-Tools nicht erforderlich, daher liegt uns eine solche zur Übersendung nicht vor.“ Auch eine Machbarkeitsstudie liege nicht vor. Als Grundlage, um personenbezogene Daten verarbeiten zu dürfen, nannte die Medienaufsicht unter anderem ihre öffentlich-rechtlichen Aufgaben, das europäische Datenschutzgesetz (DSGVO) und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag.

Grundsätzlich machen selbst die besten automatischen Erkennungssysteme Fehler, und das liegt auch an ihren Trainingsdaten. Sogenannte Künstliche Intelligenz übernimmt die Verzerrungen und falschen Vorurteile aus vorgelegten Daten, das nennt sich Bias. Dieser Bias kann beispielsweise rassistisch oder sexistisch sein oder andere Arten von Menschenfeindlichkeit und blinden Flecken umfassen. Selbst die mächtigsten Daten-Konzerne der Welt wie Facebook und Google ringen mit diesem Problem. Anfang April bezeichnete Tobias Schmid KIVI in einer Pressekonferenz als „neutral“.

Lizenz: Die von uns verfassten Inhalte stehen, soweit nicht anders vermerkt, unter der Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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Oben     —      Medienanstalten Karte mit Logos

Urheber Studionand       /       Quelle      :  Eigene Arbeit        /     Datum     :      14. März 2016

Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

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Unten      —        Krankenwagen am Russell Square, London nach den Bombenanschlägen vom 07.07.2005

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Ein Ukraine – Tagebuch

Erstellt von Redaktion am 29. Mai 2022

„Krieg und Frieden“
Nicht mehr als ein Koffer

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Aus Riga Maria Bobyleva

Ich war sicher schon zwanzigmal in Riga – in meinem früheren Leben. Und hätte mir nie vorstellen können, dass ich aus Moskau ausgerechnet hierher kommen würde. Ohne Rückfahrkarte. Ich hätte mir übrigens einiges nicht vorstellen können: dass dieser Krieg tatsächlich stattfinden würde, dass ich wirklich gezwungen sein würde, mein Land zu verlassen, und auch nicht, dass das so abrupt passieren würde, mit nicht mehr als einem Koffer.

Dieses Riga, das ich bis dahin kannte – eine kleine, gemütliche, im Vergleich zu Moskau fast dörfliche Stadt, wohin man übers Wochenende fuhr –, musste ich vergessen. Und stattdessen ein neues Riga für mich entdecken – meine neue (temporäre?) Heimat. Schön, sonnig, friedlich, mit Freunden, die mir sehr geholfen haben. Aber gleichzeitig total fremd: Ich sollte hier nicht sein.

Dabei ist Riga gerade für eine solche erzwungene Emigration ideal. Unter den drei baltischen Staaten ist Lettland das Land, wo noch am meisten Russisch gesprochen wird. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte Lettland am 4. Mai 1990 seine Unabhängigkeit und machte sich sofort zielstrebig auf den Weg zurück nach Europa. Ein Teil der russischsprachigen Bevölkerung aber blieb im Land. Daher hört man sogar noch jetzt – obwohl die Staatssprache natürlich Lettisch ist – überall Russisch. Aushänge und Inserate gibt es oft auch in zwei Sprachen, in Geschäften, Cafés und Polikliniken spricht das Personal neben Lettisch auch Russisch. Eine Ausnahme sind vielleicht Bars mit überwiegend jugendlichem Publikum.

Mir war es auch früher schon unangenehm, hier Russisch zu sprechen. Dabei dachte in nicht in der Kategorie „imperiales Bewusstsein“. Ich hatte vielmehr das Gefühl, es sei nicht gut zu meinen, dass in einem fremden Land alle Russisch sprechen müssten. Deshalb sprach ich Englisch, wie auch sonst im Ausland.

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Aber jetzt war es mir wirklich peinlich, überhaupt den Mund aufzumachen. In meinen ersten Wochen in Riga haben ich draußen ausschließlich Englisch gesprochen. Aber dann wechselten etwa Kassiererinnen einfach ins Russische, wenn sie hörten, wie wir untereinander sprachen. Irgendwann hörte ich dann auf, mir wegen der Sprache Sorgen zu machen.

Ich hatte angenommen, dass ich hier auf eine Art Feindseligkeit gegenüber den Russen stoßen würde. Aber das war absolut nicht der Fall. Zwar hängen überall ukrainische Flaggen, Sticker, auf denen steht „PTN FCK“ und „Russisches Kriegsschiff- f*ck dich“. Und gegenüber der russischen Botschaft hängt ein riesiges Plakat mit einem Schwarzweißporträt von Putin, auf dem sein Gesicht wie ein Schädel aussieht. Aber das beleidigt nicht mich als Menschen aus Russland.

Quelle        :          TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.

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Unten     —    View of Riga towards the cathedral and Vanšu Bridge.

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DL – Tagesticker 29.05.2022

Erstellt von Redaktion am 29. Mai 2022

Direkt eingeflogen mit unseren Hubschrappschrap

Heute in der Auswahl des „Bengels“:  – . –   1.) Jürgen Todenhöfer kündigt Proteste an  – . –  2.) „Porsche bin ich noch nie gefahren“  – . –  3.) Krieg in der Ukraine  – . –  4.) Ukrainekrieg und Corona: Vergleiche  – . –   5.) Corona-Ausbruch im direkten Umfeld des Kanzlers  – . –  DL wünscht allen Lesern eine  gute Unterhaltung.

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Wer von den Ländern, welche sich nach Ende des Zweiten-Weltkrieg der USA anpasste,  könnte für sich beanspruchen in Freiheit  leben zu können? Ganz sicher ist: Putin überfielt die Ukraine, aber viele NATO Staaten überfielen zuvor Länder wie Vietnam, Afghanistan, Irak und viele Andere Länder !  Wer A sagt muss auch B sagen? Finde ich nicht! Das Aussenden seiner Uniformierten Mördertruppen gehört für jedes Land bestraft zu werden. So auch Einmärsche in Afrika.

Lagern hier Gepard-Panzer für die Ukraine?

1.) Jürgen Todenhöfer kündigt Proteste an

Die Bundesregierung will Gepard-Panzer an die Ukraine liefern. Der Kriegsgegner Jürgen Todenhöfer will nun das „geheimnisvolle Versteck“ entdeckt haben. Schon im Juli soll die Ukraine die ersten 15 Flugabwehrkanonenpanzer vom Typ Gepard aus Beständen der deutschen Industrie bekommen. Insgesamt bietet der Münchner Hersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) 50 Stück an, die dann mit Zustimmung der Bundesregierung an die Ukraine gehen sollen. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk kann es kaum erwarten, bis die heißbegehrten Waffen mit dazugehöriger Munition in der Ukraine ankommen. Jetzt muss er aber fürchten, dass die Lieferungen sich noch verlangsamen könnten. Denn Jürgen Todenhöfer (81), ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordnete und Gründer seiner eigenen Partei „Team Todenhöfer“, will die Gepard-Lieferungen an die Ukraine vor Ort verhindern. Er und seine Unterstützer wollen das „geheimnisvolle Versteck“ vor kurzem gefunden und besucht haben. Sind die Gepard-Panzer in Rockensußra in Thüringen? „Wir sind hingefahren und haben es uns angeschaut“, erzählt Todenhöfer der Berliner Zeitung in einem Telefongespräch. „Die Geparde stehen dort. Wir glauben nicht, dass das irgendwelche anderen Geparde sind. Denn sie sind dort schon länger gelagert, unauffällig auf einem Panzerschrottplatz. Sie wurden jedoch nicht auseinandergenommen, sondern sind sorgfältig mit Planen bedeckt.“

Berliner Zeitung-online

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Das genau macht den Unterschied zwischen Politik und Arbeit aus. Markus Lanz hat wohl auch nie einer Partei angeschlossen, um ohne Arbeit sein Leben auf Kosten der Steuerzahler zu fristen! Jeder – welcher die Manipulationen in den Clan-Parteien persönlich erlebte, wird davon zu erzählen wissen. 

Markus Lanz zwiebelt FDP-Generalsekretär

2.) „Porsche bin ich noch nie gefahren“

Miese Wahlergebnisse, kaum Frauen in der Partei, Opposition im Kabinett: Markus Lanz nimmt FDP-Generalsekretär Djir-Sarai ins Dauerfeuer. Da kommt im Studio gar Mitleid auf. Vor gut einem Monat ist Bijan Djir-Sarai zum FDP-Generalsekretär gewählt worden, und seine Feuertaufe bei Markus Lanz am Donnerstagabend war ein Fiasko. Entdeckt der Moderator Schwächen bei einem Publikumsgast, ist er gnadenlos und Neulinge erhalten keine Milde. Eine Stunde lang dauerte das Dauerfeuer auf den Liberalen, der geriet sichtbar ins Schwitzen, und als am Ende der Sendung der Meteorologe Mojib Latif nach Verantwortlichen für die schleppende Umsetzung von Klimaschutz suchte, da sagte Latif, er wolle jetzt mal nicht in Richtung Djir-Sarai gucken, denn: „Der arme Mann ist ja die ganze Zeit gehauen worden.“ Muss die FDP „pieksen“ wie einst die CSU? Gleich am Anfang ging es um den Waffenringtausch mit Polen, bei dem Polens Präsident Duda den Deutschen Wortbruch vorgeworfen hatte, und die FDP-Verteidigungsexpertin Agnes Strack-Zimmermann darauf hin Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte. „Schon irre, dass eine Regierungspartei wie die FDP da einen regierungsinternen Skandal produzieren will“, meinte die geladene TAZ-Redakteurin Ulrike Herrmann, und der Kolumnist Sascha Lobo sagte, es gehöre wohl zur deutschen DNA, dass eine Partei immer andere „pieksen“ müsse, früher sei das ja die CSU in Regierungsverantwortung gewesen.

Stuttgarter Zeitung-online

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Waren es nicht immer schon die Andren, welche den Eigenen, politischen Großschnauzen das Leben zur Hölle machten? Das ist letztendlich genau das Pack, welches sich vom Volk zur Wahl, ins Schaufenster der persönlichen Eitelkeiten stellen lässt. Das alles macht zusammen den Staat – welcher mit Arschtitten von den Platten getreten werden sollte. Denn Jeder ist sich immer selbst der Nächste.

Putin’sche Zwangsbeglückung

3.) Krieg in der Ukraine

Mit Gewalt versucht Moskau, der Ukraine den Weg zur Demokratie zu verbauen. In den eroberten Gebieten finden Umerziehungsprogramme statt. Euer großrussischer Traum ist es, auch alle anderen in den Dreck hinein zu ziehen, in dem ihr bis zum Halse steckt. Das ist das Russentum.“ Diese Äußerung stammt von Dschochar Dudajew, ab 1991 erster Präsident der Nordkaukasusrepublik Tschetschenien. Am 24. April 1996 fiel er einer russischen Rakete zum Opfer. Dudajew hatte die Aufmunterung des damaligen russischen Staatschefs Boris Jelzin, alle von Moskau weg driftenden Landesteile sollten sich so viel Souveränität nehmen, wie sie schlucken könnten, offensichtlich wörtlich genommen. Die „Antiterroroperation“ ging ab 1999 unter Wladimir Putin nebst der Ankündigung, die Islamisten auch noch auf dem Abort kaltzumachen, in die zweite Runde. Zehn Jahre sollte der zweite Tschetsche­nien­krieg dauern, der Zehntausende Zi­vi­lis­t*in­nen das Leben kostete und ein komplett verheertes Land hinterließ. Dieser mörderische Feldzug ist eine Art Blaupause für das Drama, das sich seit dem 24. Februar in der Ukraine abspielt. Auch hier geht es um das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes – Postulate über die Russland meint, sich hinwegsetzen zu können. Und es geht um den Versuch Moskaus, die Ukraine gewaltsam daran zu hindern, zum Modell für eine gelungene Transformation eines postsowjetischen Staats zu werden.

TAZ-online

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Ein treffender Kommentar welcher die Unterschiede zwischen den Staatsmächten und seinen Zivilbevölkerungen nahezu Gnadenlos aufzeigt. Keinerlei  Diskrepanz zwischen dem nicht wollen und nicht können! Die Arroganz der Mächtigen läuft wie immer seiner eigenen Dummheit um Meilenlägen voraus. Frage an Radio Eriwan: “ Warum schmeißt von Oben keiner mit Hirn?- Antwort : Weil dort Niemand sitzt, welcher auch nur ein Gramm ,mehr hat.“

Frieren für den Frieden und frieren für die Gesundheit

4.) Ukrainekrieg und Corona: Vergleiche

Gerade noch war Pandemie. Dann begann der Krieg. Ein Vergleich beider Diskurse – mit Blick auf Masken und Panzer, Querdenker und Pazifisten, Virologen und Militärstrategen. In der Corona-Zeit war das Ziel, den Krieg gegen das Virus zu gewinnen, notfalls auch mit Russland. In der Ukraine-Krieg-Zeit ist das Ziel, dass Russland den Krieg verliert, notfalls auch gegen das Virus. In der Corona-Zeit war ein Schuft, wer den Mund-Nasen-Schutz nur am Kinn trug, und nicht über der Nase. In der Ukraine-Krieg-Zeit ist ein Schuft, wer nur Panzerfäuste schicken will, und keine Panzer. In der Corona-Zeit war „Rechtsaußen“, wer die Milliardenausgaben für Tests hinterfragte. In der Ukraine-Krieg-Zeit ist „Rechtsaußen“, wer die 100-Milliarden-Aufrüstung hinterfragt. In der Corona-Zeit sollte man ständig lüften und für die Gesundheit frieren. In der Ukraine-Krieg-Zeit soll man ständig sparen und für die Freiheit frieren. In der Corona-Zeit war „Querdenker“, wer sich nicht impfen lassen wollte. In der Ukraine-Krieg-Zeit ist „Querdenker“, wer nicht vom Frieden lassen will. In der Corona-Zeit haben die Leute in den sozialen Medien sich von denen entfreundet, die nicht ihre Meinung teilten. In der Ukraine-Krieg-Zeit fordern Leute ihre Freunde auf, sich von „Lumpenpazifisten“ zu entfreunden, andernfalls seien sie nicht mehr ihre Freunde. In der Corona-Zeit war es politisch korrekt, für Pflegekräfte und genesene Patienten zu klatschen. In der Ukraine-Zeit ist es politisch korrekt, versenkte russische Schiffe und getötete Generäle zu beklatschen. In der Corona-Zeit galt China vielen wegen seiner No-Covid-Strategie als Vorbild. In der Ukraine-Zeit wirft man China aus demselben Grund vor, die Weltwirtschaft zu schwächen. In der Corona-Zeit riefen manche „Mehr Diktatur wagen!“, aus Solidarität mit den Schwächsten. In der Ukraine-Krieg-Zeit wird der russische Diktator zum neuen Hitler, aus Solidarität mit der Ukraine.

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Es hat doch schon immer so geheißen: „Dummheit und Stolz wurzeln auf einen Scholz!“  Und die Kirche nahm ihn natürlich aller gnädigste auf sangen doch Religionen immer schon die Lieder ihrer Staaten. Aber – haben sich die Schmarotzer der Völker nicht schon immer für etwas höheres gehalten? Es wäre aber schön etwas über die Mitreisenden zum Einfall in Afrika zu erfahren?

Scholz ignoriert nach Afrika-Reise Empfehlung des RKI

5.) Corona-Ausbruch im direkten Umfeld des Kanzlers

Mehrere Mitarbeiter, die den Kanzler nach Afrika begleitet hatten, sind positiv auf das Coronavirus getestet worden. Trotzdem reiste der Kanzler nach Davos und zum Katholikentag – entgegen einer RKI-Empfehlung. Nach der Afrika-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist es im Umfeld des Kanzlers zu einem größeren Corona-Ausbruch gekommen. So wurden mehrere enge Mitarbeiter aus seinem Leitungs- und Kommunikationsstab im Kanzleramt, die ihn auf der Reise begleitet haben, positiv auf das Coronavirus getestet. „Es ist zutreffend, dass im Nachgang zur Reise des Bundeskanzlers nach Afrika Teilnehmer der offiziellen Delegation PCR-positiv auf Corona getestet worden sind, obwohl die während der Reise und nach Rückkehr durchgeführten Schnelltests allesamt negativ gewesen sind“, sagte ein Regierungssprecher dem Tagesspiegel. Scholz war am Mittwoch mit seiner Delegation von einer dreitägigen Reise in den Senegal, nach Niger und Südafrika zurückgekehrt, anschließend wurden mitreisende Journalisten darüber informiert, dass es zu positiven Corona-Testungen gekommen sei.  Obwohl Scholz eine unmittelbare Kontaktperson der betroffenen Teilnehmer aus seiner Delegation ist, reiste er am Donnerstag zum Weltwirtschaftsforum nach Davos und am Freitag zum Katholikentag nach Stuttgart.

Tagesspiegel-online

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Den Morgengruß an gleicher Stelle – schreibt jeden Tag
„Der freche Bengel“

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Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten  sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben.  Danke !

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