Kompromisse, Waffenstillstände, Russlands Machthaber Putin aber weiter dabei? US-Präsident Biden hat recht: Der Mann kann nicht an der Macht bleiben.
Das ist die leider ungemütliche Wahrheit für Demokraten, auch in Deutschland: US-Präsident Joe Biden hat keineswegs kürzlich eine präsenil getrübte Rhetorik gewählt, als er bei seiner Ansprache vor polnischen Politiker*innen im Warschauer Königsschloss sagte: „For God’s sake, this man cannot remain in power“ – also: Um Gottes Willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben. Nein, Putin kann nicht weiter in Russland die Macht verkörpern.
Was der 79-Jährige sagte, erfuhr selbstverständlich umgehend Distanzierung durch die eigenen Leute in Washington: Ach, der Präsident mit seinem losen Mundwerk, der kann und sollte es nicht so gemeint haben. Und wenn doch? Wenn es ein wohlgesetztes Ausrufezeichen des aktuell entscheidenden Politikers der rechtsstaatlichen Demokratien war? Wenn diese Worte exakt jenes Ziel umreißen, auf das es auch für uns ankommt, westliche Linke und Linksliberale? Aktuell kommt es gar nicht mehr auf Friedensbewahrung an, sondern allein darauf: Der Aggressor muss weg. In Form eines „Regime Change“ – was denn sonst?
Kann sich irgendjemand vorstellen, den von Wladimir Putin angezettelten Krieg gegen eine sich europäisierende Gesellschaft wie die Ukraine beendet zu sehen – und Putin könnte dann wieder zum zurechnungsfähigen Verhandlungspartner und obersten russischen Repräsentanten in irgendeiner Hinsicht werden? Die Reste der einstigen Friedensbewegung sind ohnehin aufgerufen, in Russland anderes zu sehen als einen friedliebenden Partner, der bedauerlicherweise durch die Nato und die EU-Erweiterung so erbost wurde, dass er ja gar nicht anders konnte, als sich mit einem nichts als mörderischen Überfall auf das Nachbarland zu wehren.
So circa zusammengefasst das, was Sahra Wagenknecht bis neulich meinte. Dem Pazifismus, der Anfang der achtziger Jahre in der bundesdeutschen Friedensbewegung – Nato-Nachrüstungsbeschluss, Einmarsch sowjetischer Truppen nach Afghanistan – die Mentalität schlechthin der Bundesdeutschen wurde, sind die Ratschläge ausgegangen.
Das Ziel ist am Ende nicht: Waffenstillstand und sozialpädagogischer Staatenstuhlkreis
Russland hat mit der Implosion der Sowjetunion die Entwicklung seiner Wirtschaft versäumt. Das riesige Land ist tatsächlich, wie der frühere US-Präsident Barack Obama sagte, nur eine Regionalmacht, ökonomisch vor allem, eine Art Saudi-Arabien mit anderen klimatischen Bedingungen – rohstoffsatt und damit weltmarktkompatibel. Aber Russland hat sonst nichts, was die globalen Märkte wollen könnten. Putin vermag offenkundig nichts anderes, als sich die Welt völkisch zu denken, in der „slawisch“ einen kulturalistischen, ja, imperialen Klang hat, in der es einer Frechheit der Ukrainer*innen gleichkommt, Nato und EU beitreten zu wollen. Noch in der moralisch abgrundtief charakterlosen Ignoranz, die seitens des deutschen Politestablishments dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, entgegengebracht wurde (und wird), schimmert die ankuschelnd-kaufmännische Liebe zum Kreml-Imperium durch.
Dass die deutsche Peace-&-Understanding-Szene trotz all dieser seit Langem bekannten politökonomischen Rahmungen sich Russland immer noch kitschig als „seelentief“ fantasiert, ist der beklemmende Umstand aktuell schlechthin. Noch in der Rede Olaf Scholz bei „Will“ schimmert das durch. Er redet dort korrekt vom russischen Imperialismus und spricht dann vom Präsidenten und stellt diesem Wort sprechend-versprechend ein „ame…“ vor, ehe er in einer hundertstel Sekunde doch vom „russischen Präsidenten“ spricht: Das ist man hierzulande eben nicht gewohnt, auch ein Post-68er wie der Kanzler bleibt millisekundenkurz im Jargon seiner Generation, der das Wort „Imperialismus“ aus Gewohnheit mit „amerikanisch“ attribuiert, weil „russisch“ im Land der Wehrmachtserb*innen in der Kategorie imperialer Anmaßung nie gedacht wurde.
Worauf es also jetzt ankommt, wäre, dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski eine Art deutsche Selbstkritik zu übermitteln: Ja, wir haben euch nicht ernst genommen; ja, wir haben, wohlstandsverwahrlost, wie wir nun mal gern sind, lieber auf russisch-imperiale Billigstoffe gesetzt als auf die Mühe der Demokratisierung; und, ja, wir haben das Militaristische abgelehnt, doch übersehen, dass zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie eben auch Militärisches zählen muss. „Lieber rot als tot“, das Credo der bundesdeutschen Friedensbewegung, war schon damals falsch – ein Spruch, der in ukrainischen Ohren inzwischen wie eine politpornografische Sattheitsformel klingt, ungeeignet, dem wirklichen Leben in Nachbarschaft zu militaristischen Imperien zu begegnen.
Das Netz in der Ukraine widersteht dem russischen Angriffskrieg. Das liegt an den unermüdlichen Technikern vor Ort, an der Hilfe von Elon Musk – und an einem historischen US-Experiment.
Es ist ein mittelgroßes Wunder, dass in der Ukraine nach über einem Monat Angriffskrieg das Internet noch fast flächendeckend läuft, sowohl via Kabel wie auch mobil. Vor allem, weil angesichts der russischen Hacker-Kompetenz viele Laien, aber auch viele Fachleute zuvor eine Art Cyber-Armageddon erwartet hatten. Aber ein silberner, enorm kastiger Lieferwagen sorgt mit dafür, dass die Ukraine eine Chance gegen den russischen Angriffskrieg hat. Dieser Lieferwagen vom kalifornischen Stanford Research Institute (SRI) ist auch bekannt als »Packet Radio Van«. Er ist Teil eines vom Pentagon bezahlten Experiments, das am 22. November 1977 stattfand und für den Aufbau des Internets bis heute eine wichtige Rolle spielt.
Das Experiment diente dazu herauszufinden, welches Protokoll für die weitere Entwicklung der digitalen Vernetzung verwendet werden soll. Dabei testet eine Gruppe von Forschenden eine revolutionäre Technik: TCP (Transmission Control Protocol). Protokolle sind Regelwerke, nach denen Nullen und Einsen zwischen Sender und Empfänger in einem Kommunikationsnetzwerk übertragen werden. Die TCP-Entwickler gehen davon aus, dass das Netzwerk selbst dabei eher »dumm« sein sollte und dafür die Endgeräte intelligent. Das verschiebt die Kontrolle über das Netzgeschehen drastisch in Richtung der Endanwender und erlaubt sogar, vergleichsweise einfach ganz unterschiedliche Teilnetze miteinander zu verbinden. TCP ist damit ein technisches Monument der Dezentralität.
Die Forschenden, die vor 45 Jahren das TCP-Protokoll testen, treten mit ihrer Technik gegen ein Protokoll namens X.25 an, das von einer anderen Gruppierung vorgeschlagen und bevorzugt wird. Die Gruppierung steht der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) nahe, einer UN-Sonderorganisation, die für Informations- und Kommunikationstechnologien zuständig ist. Ihre Technik, X.25, geht (leicht vereinfacht) davon aus, dass die Intelligenz der Vernetzung im Netz liegen sollte und die Geräte am Ende »dumm« sind. Das kommt auch den Telefonkonzernen entgegen, die viel Geld mit ihrem alten Telefonnetz verdienen. Und da sind die Endgeräte nicht besonders intelligent, sie können also nur, was ihnen das Netz erlaubt (eine auf bestimmte Art eingegebene Nummer anrufen). Die Kontrolle und damit der größte Teil der Wertschöpfung liegt deshalb dort, wo die Netze kontrolliert werden, also in der Hand der Telefonkonzerne.
Ein Überraschungserfolg für einen Informatik-Pionier
Die TCP-Gruppe kommt aus dem universitären Umfeld, und ihr Ansatz entspricht dem Gegenteil des ITU-Ansatzes. Bei dem Experiment an jenem Novembertag vor 45 Jahren, mit dem sich TCP endgültig durchsetzen sollte, wird eine stabile Verbindung samt Datenübertragung mit drei Teilnehmern in drei verschiedenen Teilnetzen hergestellt. Mit dabei sind mehrere Universitäten und der Lieferwagen, der angebunden ist über das Radiowellen-gestützte PRNET, einem Urahn von WLAN und mobilem Internet. Um die Sache nicht zu einfach zu machen, fährt der Van in der Nähe von San Francisco über den Highway.
Der TCP-Mitentwickler, ein Informatiker namens Vint Cerf, ist erstaunt, dass seine Technik gleich beim ersten Versuch funktioniert hat. Der Datentransfer klappte auch noch überraschend schnell und ohne Verlust von Datenpaketen, berichtete Vint Cerf.
Das Protokoll TCP hat gewonnen. Wäre es anders gekommen, das Internet wäre vielleicht eine nicht besonders dezentrale Mischung aus Bildschirmtext, Fernsehen und Telefon. Und heute in der Ukraine längst abgeschaltet.
Kein sichtbarer Cyberwar in der Ukraine
Eine der größten Überraschungen des bisherigen Krieges ist die Abwesenheit eines (sichtbaren) umfassenden Cyberwar. Nicht, dass es keine Angriffe gibt, im Gegenteil. Gleich zu Beginn der Invasion etwa fielen in Deutschland die Fernsteuerungen vieler Windräder aus. Weil ein paar Technologie-Anbieter das gleiche Satellitennetzwerk benutzen wie das ukrainische Militär, das natürlich angegriffen wird. Immer wieder wird der ukrainische Netzverkehr, der sich gut messen lässt, für ein paar Stunden reduziert, vermutlich aufgrund von Cyberattacken. Es gilt daher als gesichert, dass im Hintergrund immer wieder Angriffe laufen.
Nicht alle Cyber-Attacken sollen gleich sichtbar sein, und sowohl Angreifer wie auch Angegriffene haben gute Gründe, nicht gleich PR-Meldungen über erfolgreiche Attacken herauszugeben. Noch dazu helfen große, internationale Konzerne wie Google der Ukraine bei der Cyberabwehr. Aber die Erwartung, wie ein russischer Krieg im 21. aussehen sollte, war anders, ein amerikanischer General sprach mal öffentlich von einem »Cyber-Pearl Harbour«.
Für die nach wie vor funktionierende, digitale Infrastruktur der Ukraine gibt es natürlich mehrere Gründe. Zum Beispiel, dass die Kriegsplanung der Russen vorsah, das Land blitzschnell einzunehmen. Und dann braucht man die Infrastruktur ja selbst. Als dieser Plan scheiterte, war es für die Vorbereitung ausgeklügelter Cyberattacken schon zu spät, für Überraschungsangriffe ohnehin.
Space Exploration Technologies‘ Falcon 9 rocket lifts off Space Launch Complex 40 on Cape Canaveral Air Force Station in Florida at 10:10 a.m. EST on Friday, March 1, 2013, carrying a Dragon capsule filled with cargo. The SpaceX Dragon capsule is making its third trip to the International Space Station, following a demonstration flight in May 2012 and the first resupply mission in October 2012. The SpaceX-2 mission is the second of 12 SpaceX flights contracted by NASA to resupply the orbiting laboratory.
Kriegerische Handlungen bilden keinen Gegensatz zu diplomatischen Verhandlungen.
Zu dem aktuellen Krieg Russlands gegen den NATO-Verbündeten Ukraine liest und hört man überall, dass die „diplomatischen Bemühungen“ gescheitert seien, wobei die Kriegsparteien – und machen wir uns nichts vor, Deutschland ist in diesem Konflikt faktisch eine Kriegspartei – sich gegenseitig die Schuld dafür geben.Viele Menschen, die prinzipiell gegen Krieg sind, hoffen und appellieren an die Geschicke der Diplomat:innen. Sie wollen nicht glauben, dass es für die zwischenstaatlichen Probleme keine „diplomatische Lösung“ gab. Warum wurde nicht weiter verhandelt? Hätte man nicht irgendwelche Zugeständnisse machen können?
Auf dem diplomatischen Parkett treffen sich Vertreter:innen von Staaten, deren ökonomisches und militärisches Potential sehr unterschiedlich ist. Sie behandeln sich trotz dieser Machtunterschiede formell als gleichberechtigt, tauschen Höflichkeiten aus und versichern sich gegenseitig, ihre Souveränität anzuerkennen. Es sind trotzdem die stärkeren Verhandlungspartner, die am Ende ihren Willen durchsetzen – das können sie, weil sie über Druckmittel ökonomischer und militärischer Art verfügen.
Der Gegenstand des diplomatischen Konflikts zwischen Russland und der NATO, beziehungsweise der EU, war aber eben genau die Frage, wie weit die westlichen Mächte ihren Druck auf Russlands Nachbarn erhöhen und dadurch Russlands Position schwächen dürfen, sprich wer seinen Willen durchsetzen kann.
Dadurch, dass die Regierungen vieler Länder östlich der NATO Russland als Gefahr und den Westen als Verbündeten sehen, stieg in der jüngeren Vergangenheit ihre Bereitschaft, Reformen – mögen sie noch so schmerzhaft für die Bevölkerung sein – durchzuführen. Russland hingegen spekulierte auf die dadurch wachsende Unzufriedenheit und setzte auf eine zunehmende Destabilisierung. Damit gleicht die Strategie derjenigen des Westens, der das selbe mit jeder ihm nicht genehmen Regierung in der Region macht. Als unzulässige Einmischung angeprangert werden üblicherweise allerdings nur russische Einmischungen.
Russland wiederum eskaliert aktuell in der Ukraine die Situation auf militärischer Ebene, darauf spekulierend, dass sich niemand mit seinem Atompotential anlegen wird. Zumindest was einen direkten, zwischenstaatlichen Krieg angeht, trifft dies auch auf die NATO zu. Es zum einen genug ökonomische Hebel zur Schädigung der russischen Ökonomie und zum anderen die kampfbereiten ukrainischen Kräfte, die beide zusammen ein Eingreifen der NATO nicht nötig machen.
Während der dem Krieg vorangegangenen Verhandlungen zielte Russland darauf ab, den von der NATO angestossenen Prozess der Neutralisierung des russischen militärischen Potenzials nicht nur zu stoppen, sondern am besten rückgängig zu machen. Mit der schwächeren Ukraine direkt wollte Russland gar nicht erst verhandeln und verwies wiederum Kiew auf die Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen, mit den Vertreter:innen der „Volksrepubliken“ zu verhandeln. Die abtrünnigen Republiken als gleichberechtigten Verhandlungspartner auf dem diplomatischen Parkett anzuerkennen war wiederum für die Ukraine unmöglich, ohne damit den Souveränitätsanspruch auf das eigene Staatsgebiet aufzugeben.
In den vergangenen acht Jahren, war die Ukraine nach Russland der Staat mit den zweithöchsten Militärausgaben im ganzen postsowjetischen Raum. Die westliche Unterstützung für den Aufbau der ukrainische Streitkräfte führte dazu, dass die russische Verhandlungsposition mit der Zeit zunehmend schwächer wurde.
Gleichzeitig sah der Westen natürlich auch keinen Grund, die eigenen Fortschritte bei der Entmachtung Russlands rückgängig zu machen – denn dies hätte ja gerade die eigene Verhandlungsposition geschwächt. Der Westen hat ja nicht jahrzehntelang an der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Schwächung Russlands gearbeitet, um dann nachzugeben.
Die Ansage westlicher Politiker, Russland sei eine „Regionalmacht“ hält die russische Führung für eine Fehleinschätzung und will qua Gebrauch des eigenen Militärpotenzials, sowie Drucks via Rohstofflieferungen zeigen, dass die Verhandlungspartner es mit einer Weltmacht zu tun haben. Diese grundlegenden gegensätzlichen Interessen trägt Russland nun in der Ukraine aus.
Der Westen ist scheinbar bereit, die Kosten der ukrainischen Kriegsführung zu tragen, die Zerstörung von Streitkärften und Infrastruktur der Ukraine durch die russische Invasion treibt diese Kosten in der Höhe. Da aber die ukrainische Staatlichkeit scheinbar doch nicht so fragil ist, wie von Putin erhofft, geht der Westen das Risiko ein, finanziert und rüstet die Ukraine weiter auf ohne direkt im Kampf einzureifen.
Die Sanktionen, die die russische Wirtschaft ruinieren und das Land in die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit bringen und die Bevölkerung auf Dauer vor eine Versorgungskrise stellen, sind ja auch dazu da, Russland zu Nachgiebigkeit bei Verhandlungen zu bewegen. Hingegen kämen schon direkte Verhandlungen mit Selenskyj für Putin einem Nachgeben gleich, und um ihn dazu zu zwingen, scheuen westliche Politiker keine Zumutungen für die eigene Bevölkerung, die durch Sanktionen mit hohen Preisen konfrontiert wird.
Kriegerische Handlungen bilden also keinen Gegensatz zu den diplomatischen Verhandlungen. Die Diplomatie verhindert keineswegs, dass das Gebiet und die Bevölkerung der Ukraine als Material dient, im Konflikt zwischen den führenden kapitalistischen Staaten und den russischen Ambitionen einer dieser führenden Staaten zu werden. Illusionen über den friedlichen Charakter der Austausch von Drohungen sollte sich die Antikriegsbewegung nicht machen.
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Von Pascal Beucker, Stefan Reinecke und Anna Lehmann
Vielen in der Linkspartei galt Russland lange als Friedensmacht – trotz aller Widersprüche. Nun droht sie an der Frage zu zerbrechen.
Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow schauen gequält. Es gibt schönere Termine, als am Tag nach einem heftigen Wahldebakel in Berlin vor die Bundespressekonferenz zu treten. Sie müssen an diesem Montag die 2,6-Prozent-Katastrophe an der Saar erklären. Und dazu: Wie hält es die Linkspartei mit dem Krieg Russlands in der Ukraine?
Es sei keine Frage, „dass es sich bei dem Krieg in der Ukraine um einen verbrecherischen Angriffskrieg handelt und dass die russischen Truppen dort sofort zurückgezogen werden müssen“, antwortet Wissler. „Das ist ganz klar die Position der Partei und die Position der Fraktion“, versichert sie und verweist auf entsprechende Erklärungen und Beschlüsse. „Wir haben uns sehr, sehr deutlich dazu geäußert, und das ist mir wichtig, das klarzustellen.“ Wenn es denn so einfach wäre.
Seit der Bundestagswahl Ende September, bei der die Linkspartei die Fünfprozenthürde nicht mehr überwinden konnte und nur dank dreier Direktmandate den Wiedereinzug in den Bundestag schaffte, sind Wissler und Hennig-Wellsow im Krisenmodus. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine befinden sie sich im Ausnahmezustand. Jetzt geht es ums Eingemachte und damit ums Ganze.
Nach dem Saar-Desaster kommen in diesem Jahr noch die Wahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Viel spricht dafür, dass auch in diesen Bundesländern die Linkspartei zurückkehrt in jene überwunden geglaubten Zeiten, als die PDS im Westen Splitterpartei war. Gibt es überhaupt noch eine bundesweite Perspektive für die Linkspartei?
Bürgerhaus Wilhelmsburg am vergangenen Freitag, Landesparteitag der Hamburger Linkspartei. Auch hier ist der Ukrainekrieg, wie könnte es anders sein, das zentrale Thema der rund 100 Delegierten. Und schnell zeigt sich, dass es nicht so einfach ist.
Ja, es gibt etliche, die sich betroffen von der Invasion Russlands zeigen. „Aktuell gilt unsere ganze Solidarität den Menschen in der Ukraine, die um ihr Leben bangen“, sagt die Altonaerin Marlit Klaus. Dass Russland die Ukraine überfallen würde, das habe sie sich nicht vorstellen können. „Ich habe es nicht gedacht“, sagt Klaus mit bitterer und trauriger Stimme. „Ich habe mich geirrt.“ Gerald Kemski von der Landesarbeitsgemeinschaft Senor:innenpolitik erinnert an den 96-jährigen Boris Romantschenko. „Er hat vier deutsche Konzentrationslager überlebt und ist jetzt durch eine russische Bombe getötet worden“, sagt Kemski mit tränenerstickter Stimme. Alleine das zeige, wie verlogen die Begründung Putins sei, die Ukraine „entnazifizieren“ zu wollen. Für dessen Vorgehen gebe es „keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung“.
Klaus Ernst, Linken-MdB und Vorsitzender des Klima-Ausschusses
„Es hilft den Ukrainern nicht, wenn wir die Wirtschaft Deutschlands und Europas ruinieren“
Aber es gibt auch zahlreiche andere Stimmen. Sicher, auch sie sprechen von einem völkerrechtswidrigen Krieg. Aber das wirkt eher wie eine lästige Pflichtübung. Den weitaus größeren Teil ihrer Redezeit verwenden sie darauf zu sagen, was sie schon immer gesagt haben. Ein Beispiel ist Elias Gläsner von der Uni-Liste LINKS. Es sei doch „völlig klar“ gewesen, „dass es rote Linien gibt, die Putin in allen Verhandlungen auch genannt hat, die nicht zu überschreiten sind“, sagt er. Die Nato habe jedoch „einen Scheißdreck darauf gegeben“ und ihre Ostexpansion aggressiv weitergetrieben. „Jetzt so zu tun, als dürften wir nicht davon sprechen, welche Rolle die Nato in dieser Konflikteskalation hat, trägt überhaupt gar nichts dazu bei, real zu Frieden in dieser Region und in Europa zu kommen“, sagt Gläsner unter Beifall. Schließlich erinnert er noch an Karl Liebknechts Parole aus dem Jahr 1915: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Das sei „unser internationalistischer Auftrag: Wir müssen gegen die Kriegstreiber hierzulande vorgehen“. Gläsner ist nicht der Einzige, der den armen Liebknecht an diesem Abend bemüht.
Täter- und Opferrollen fallen munter durcheinander
„Die Linke und die Friedensbewegung haben in der Geschichte immer recht gehabt“, sagt Jürgen Olschok aus Hamburg-Mitte. Schließlich habe man doch immer davor gewarnt, sich Russland nicht zum Feind zu machen. Doch das sei nicht ernst genommen worden. „Und wenn man sich dann jemanden so zum Feind macht, dass dann eine Reaktion irgendwann kommt, dann ist es so, dann kann man sich darüber hinterher nicht beschweren.“ Da fallen Täter- und Opferrollen munter durcheinander. So viel Verständnis für Putin findet man sonst nur noch in der AfD.
Für die Linkspartei geht es derzeit um alles. Immer dringender stellt sich die Frage nach ihrer Bedeutung: Wird sie eigentlich noch gebraucht, und wenn ja, wofür? Es geht um ihre Existenz. Die Frage nach Krieg und Frieden glaubte sie für sich längst beantwortet zu haben: Sie ist die konsequente Friedenspartei in Deutschland.
Dieses Selbstverständnis war ein zentrales Bindeglied, das die ansonsten so heftig zerstrittenen Flügel und Strömungen in der Linkspartei bislang zusammengehalten hat. Da konnten sie noch gemeinsam marschieren, selbst mit Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine, mit denen sonst in der Partei viele schon längst nicht mehr viel verbunden hat. Möglich war diese große Gemeinsamkeit, weil sie auf einer fatalen Fehlannahme beruhte. Denn über all die Jahre hinweg war es Konsens, von wem auf keinen Fall eine Kriegsgefahr ausgeht: von Russland.
Es ist erstaunlich, dass nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Teile der Linken sowohl in Ost als auch West ihr – schon zu Sowjetzeiten falsches – Bild Russlands als vermeintlicher Friedensmacht beibehalten haben. Und zwar nicht nur jene, die dem „realen Sozialismus“ nachtrauern wie beispielsweise die DKP, die Junge Welt oder der Deutsche Freidenker-Verband, die auch jetzt noch Wladimir Putin unverbrüchlich die Treue halten. Rational ist die allzu lange vorherrschende unkritische Einstellung zu einem rechten Autokraten wie Putin nur schwer erklärbar, der nicht erst seit gestern einer aggressiven, großrussisch-zaristischen Ideologie anhängt.
Noch am 7. Februar gehörten zahlreiche führende Linksparteiler:innen von Wagenknecht bis Gregor Gysi zu den Erstunterzeichner:innen eines mittlerweile nur noch absurd wirkenden Aufrufs unter der Überschrift „Friedenspolitik statt Kriegshysterie“, in dem es wörtlich heißt: „Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine hat Russland kein Interesse an einem Krieg.“ Forderungen werden in dem Appell ausschließlich an die Nato gestellt, die „mit Kriegsrhetorik, Konfrontationspolitik und Sanktionen gegen Russland“ Schluss machen müsse. Dann begann am 24. Februar 2022 die Invasion. Die russischen Bomben zerstörten nicht nur alte Gewissheiten. Offenkundig ist nicht, wie die Linkspartei glaubte, allein die Nato das Problem. Während bei den einen der Schock tief sitzt, begannen die anderen, die neuen Realitäten in ihr altes Weltbild zu pressen.
Sichtbar wurde dieser Bruch Anfang März durch einen offenen Brief Gysis an sieben Abgeordnete, in dem er ihnen eine „völlige Emotionslosigkeit hinsichtlich des Angriffskrieges, der Toten, der Verletzten und dem Leid“ vorwarf. Sie seien nur daran interessiert, ihre „alte Ideologie in jeder Hinsicht zu retten“. Anlass für Gysis Empörung war eine Erklärung von Sahra Wagenknecht und ihren Bundestags-Fraktionskolleg:innen Sevim Dağdelen, Andrej Hunko und anderen, in der sie SPD, Union, Grünen und FDP vorwarfen, ein von ihnen gemeinsam beschlossener Bundestagsantrag zum Ukrainekrieg bedeute „die kritiklose Übernahme der vor allem von den USA in den letzten Jahren betriebenen Politik, die für die entstandene Situation maßgeblich Verantwortung trägt“.
Die Schockstarre hielt bei manchen nicht lange an
Unterschrieben hat diese Erklärung auch Klaus Ernst. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz und Energie und bekleidet den einzigen Ausschussvorsitz, den die Linksfraktion stellen darf – ein wichtiges und nach außen sichtbares Amt. Ernst steht zu der Erklärung: Der Westen trage eine Mitverantwortung, Sanktionen und Waffenlieferungen seien keine Lösung. „Sanktionen bringen nichts und helfen auch der Ukraine nicht“, sagt Ernst der taz. Die russischen Panzer würden ja trotzdem rollen, Putins Kriegskasse sei gut gefüllt. Auf den Einwand, die ukrainische Regierung würde ja deshalb auf noch härtere Sanktionen drängen und Deutschland zum Verzicht auf Gas, Öl und Kohle aus Russland auffordern, entgegnet er: „Es hilft den Ukrainern nicht, wenn wir die Wirtschaft Deutschlands und Europas ruinieren und Leute in die Arbeitslosigkeit treiben.“
Simone Barrientos, Ex-Linken MdB :
„Die außenpolitischen Dogmatiker konnten in der Fraktion machen, was sie wollten“
Ernst meint, man müsse gemäß der eigenen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen abwägen, welche Hilfe man der Ukraine zuteil werden lasse. Welche Hilfsmaßnahmen er dann konkret fordere? „Notwendig sind umfangreiche europäische Hilfen für Flüchtende und eine funktionierende eigene Volkswirtschaft, die die Ukraine beim Wiederaufbau des Landes unterstützen kann“, antwortet Ernst.
Flüchtende versorgen und nach dem Krieg das Land mitaufbauen – für die kämpfenden Ukrainer, die gerade versuchen Putins Truppen daran zu hindern, es komplett zu zerbomben und besetzen, müssen solche Hilfsangebote wie Hohn klingen. Ernst liegt damit aber auf einer Linie mit seinen Fraktionskolleginnen Wagenknecht und Dağdelen, deren unablässige Wortmeldungen in ihrer Konsequenz stets wie Kapitulationsaufforderungen klingen.
Ernst findet: „Die Linke hat nur dann eine Chance, wenn sie auf ihrem friedenspolitischen Kurs bleibt. Sonst geht sie unter.“ Er hört sich an wie der Kapitän der „Titanic“. Ohne jegliche Kurskorrektur weiter unbeirrt auf den Eisberg zu? Es ist der Sound Oskar Lafontaines, der Mitte März in seiner Austrittserklärung – kurz vor der Wahl im Saarland – schrieb, nach dem sozialen Profil sollten „jetzt auch noch die friedenspolitischen Grundsätze der Linken abgeräumt werden“.
In dieses Horn bläst auch Sevim Dağdelen, Wagenknecht-Vertraute und Abgeordnete aus Bochum. „Die Axt an die Friedenspolitik der Linken zu legen, ist der Weg in den Abgrund, kein Aufbruch“, hat sie nach der Saarland-Wahl auf Facebook verkündet. „Wer mit Blick auf den Erfurter Parteitag im Sommer meint, jetzt alle Kraft in das Schleifen außen- und friedenspolitischer Maximen stecken zu müssen, unter dem Vorwand ‚Antworten für diese Zeit‘ geben zu wollen, und dafür verdiente Genossen wie Hans Modrow politisch kaltstellt, gibt auch bereits die Wahlen in NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachsen für DIE LINKE verloren“, schrieb sie.
Keine Nerven mehr
Was Dağdelen, die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss ist, unerwähnt ließ: Warum der Parteivorstand am vergangenen Samstag beschlossen hat, den Ältestenrat der Linkspartei neu zu besetzen, also Modrow als Vorsitzenden dieses Berater:innengremiums abzulösen. Der 94-jährige frühere DDR-Ministerpräsident Modrow hatte eine von ihm selbst verfasste und mit den anderen nicht abgestimmte „Mitteilung über die Beratung des Ältestenrates“ verschickt, in der zu lesen war: „Die Frage, wie weit der Krieg in der Ukraine nun ein Einmarsch russischer Truppen ist oder sich als ein innerer Bürgerkrieg der Kräfte in den neuen Ost-Staaten und faschistischen Elementen im Westen der Ukraine darstellt, steht im Raum.“
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Einschätzung der US-Geheimdienste – . – 2.) Das Problem mit der Neutralität – . – 3.) Erdogans Vermittlerrolle im Ukrainekrieg – . – 4.) Zwei Sozis und der Frieden – . – 5.) Weiter Euro statt Rubel für Gas – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Die Frage welche zuallererst gestellt werden müssten : Wie hätte der Russische Geheimdienst bei einen Rollentausch reagiert?“ Säße Biden noch in seinen Sessel? Jetzt schmeißen sie sich wieder gegenseitig die Wattebäuschen zu ?
Kremlchef angeblich falsch über Lage im Krieg informiert
1.) Einschätzung der US-Geheimdienste
Erhält der russische Präsident von verängstigten Beratern ein allzu rosiges Bild vom Kriegsverlauf in der Ukraine? So schildern es europäische und US-Geheimdienste. Putin umgebe sich mit »Jasagern«. Frage, ob sich Wladimir Putin bei seinem Angriff auf das Nachbarland verkalkuliert hat. Nun hat sich das Weiße Haus dazu in bemerkenswerter Weise geäußert. Russlands Präsident bekommt demnach von seinen Beratern keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukrainekrieg. Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, sagte am Mittwoch in Washington unter Berufung auf Geheimdienstinformationen: »Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird.« Putins hochrangige Berater hätten »zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen«. Bedingfield sagte weiter, den Geheimdienstinformationen nach habe sich Putin vom russischen Militär getäuscht gefühlt, was anhaltende Spannungen zwischen dem russischen Präsidenten und seiner militärischen Führung verursache. Konkreter wurde Bedingfield nicht. Auf die Frage, warum die US-Regierung diese Informationen offenlege, sagte sie, dies solle zum Gesamtbild beitragen und zum Verständnis, dass der Angriff auf die Ukraine ein großer strategischer Fehler Russlands sei. Bedingfield: »Das Land hat sich selbst langfristig geschwächt und auf der Weltbühne isoliert.«
Sollte sich hier nicht die Frage stellen wofür eine NATO benötigt wird, wenn in solchen Fällen nicht energisch gegen den Aggressor vorgegangen werden kann? Zeigt man nicht einen jeden Angreifer, wie groß die Angst vor ihm ist? Gleichen die Gelder, welche in einer solchen Giftküche (NATO) investiert werden, nicht den Perlen -welche vor die Säue geworfen werden, um ihnen ein zufriedenes Grunzen zu entlocken?
Zukunft der Ukraine
2.) Das Problem mit der Neutralität
Russland erlebt in der Ukraine zwar ein militärisches Fiasko – was aber noch lange nicht bedeutet, dass es den Krieg auch verliert. Bei den Verhandlungen in Istanbul wird sich jetzt zeigen, zu welchen Zugeständnissen Kiew und Moskau bereit sind. Eine echte Neutralität der Ukraine ist aber faktisch kaum noch möglich. Ich melde mich heute aus Dubai – von einer Reise, die ich nach meiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten beschreiben werde. Am Wochenende jedenfalls fand in Israel ein Gipfel zwischen Bahrain, Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Marokko, Israel und den Amerikanern statt. Das Treffen war darauf ausgerichtet, die USA in die Enge zu treiben. Die Vereinigten Staaten wollen eine neue Vereinbarung mit dem Iran erreichen, die in etwa auf der Verhandlungsbasis aufbaut, die von Präsident Donald Trump 2018 als unzureichend im Umgang mit der iranischen Bedrohung aufgegeben wurde. Israel und die vier arabischen Länder sowie einige andere lehnen die Biden-Initiative ab, und US-Außenminister Antony Blinken war vor Ort, um sie auf die amerikanische Seite zu ziehen. Es schien nicht zu funktionieren. Eine Zeitung in Dubai titelte, dass eine neue israelisch-arabische Front geschaffen worden sei. Häufig wurde die Frage gestellt, ob eine Einigung zwischen den Arabern und Israel erreicht werden könnte. Die Antwort scheint zu sein, dass dies aufgrund der in der Region herrschenden Angst vor dem Iran und wegen der gemeinsamen Ablehnung gegenüber den amerikanischen Iran-Plänen tatsächlich plausibel erscheint. Ich habe mit all dem nichts zu tun, aber es ist immer interessant, das Geschehen aus nächster Nähe zu beobachten. Verhandlungen in Istanbul.
Ein wenig Fingerspitzengefühl reicht heute schon aus um in der Politik aus einen Buhmann, wieder einen Ehrenmann zu machen. Aber so sind sie eben, die stetig nach Trüffel suchenden Schweine aus der Politik.
Merkel tanzt nicht mehr und schon wird Erdogan wieder Staatsmann
3.) Erdogans Vermittlerrolle im Ukrainekrieg
Er schwankt zwischen Nato und Putin und gilt deshalb plötzlich als ehrlicher Makler: Der türkische Präsident Erdoğan vermittelt im Ukrainekrieg. Es ist noch nicht lange her, da war die Türkei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan international fast völlig isoliert. Am Mittelmeer hatten sich im Konflikt um Schürfrechte nach Öl und Gas, angeführt von Griechenland, fast alle Anrainerstaaten gegen die Türkei zusammengeschlossen. Erdogans Drohungen gegen Griechenland hatten ihn innerhalb der Europäischen Kommission vollends zum Paria werden lassen und seine jahrelange Schaukelpolitik zwischen den USA und Russland, die unter Donald Trump noch einigermaßen funktioniert hatte, drohte unter seinem Amtsnachfolger Joe Biden in einem De-facto-Ausstieg der Türkei aus der Nato zu enden. Erdoğan will partout nicht auf die russische S-400-Raketenabwehr verzichten – nicht zuletzt, weil er die CIA nach wie vor verdächtigt, an dem Putschversuch in der Türkei 2016 im Hintergrund beteiligt gewesen zu sein. Und Präsident Biden denkt gar nicht daran, in Syrien die Zusammenarbeit mit der kurdischen Miliz YPG einzustellen, die für Ankara ein eindeutiger Ableger der PKK ist. Als Putin dann vor vier Wochen seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete, schien für Erdoğan der Moment gekommen, sich entscheiden zu müssen: Kehrt er zurück in den Schoß der Nato oder führt er die Türkei endgültig in den russischen Orbit?
Erster rollte den Harzer Käse zum Bahnhof – wo der Zweite heute noch auf den Zug wartet, um seine Rolle als Schaffner im Schlafwagon einzunehmen, um als Träumer den ehemaligen Kaiser-Wilhelm II am kurzen Tisch zu bewirten.
Schröder und Scholz:
4.) Zwei Sozis und der Frieden
SPD-Kanzler Olaf Scholz und Gerhard Schröder waren beide zu Amtsbeginn mit Krieg konfrontiert. Der eine agiert mit viel größerem politischem Geschick als der andere. Nachdem die neue Bundesregierung ihre erste Generaldebatte im Bundestag hinter sich hat, treten ihre Konturen deutlicher hervor. Es ist lohnenswert, sie mit der Anfangsphase der ersten rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder zu vergleichen. Beide Regierungen waren kaum im Amt, als sie sich schon als Teilnehmer eines osteuropäischen Krieges wiederfanden. Der russische Einmarsch in die Ukraine war der Auslöser – aber der Versuch, Russland ökonomisch total zu isolieren, ist eben auch eine Kriegshandlung, so wie einst die britische Kontinentalsperre gegen Napoleon eine war. Im Krieg aber scheint es, um mit Kaiser Wilhelm II. zu sprechen, „keine Parteien mehr“ zu geben. 1914 wie 2022: Tosender Beifall der Unionsparteien, weil Sozialdemokraten plötzlich einsehen, dass nationale Sicherheit nicht umsonst zu haben ist, vielmehr üppig finanziert werden muss. Und auch 1999 stimmten Regierung und Opposition in der Kriegsfrage überein. Indes verlieren solche Parallelen, wenn man näher hinschaut, ihre Aussagekraft. Denn die Situation von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist eine sehr besondere. Auf den ersten Blick scheint zwar klar, dass er kurz nach Ausbruch des Krieges das Ende einer deutschen Sonderrolle verkündet hat, die darin bestand, ein Ohr für Russlands Befindlichkeiten zu haben, unabhängig davon, für wie rational man sie hierzulande hielt. Immerhin hatte Deutschland dem ukrainischen NATO-Beitrittswunsch widersprochen.Doch ob diese Rolle wirklich aufgegeben wurde, ist nicht so klar, da man auch fragen muss: Was hatte denn Deutschland als NATO-Mitglied für eine Wahl, wenn eine „Zeitenwende“, in welchen Worten immer, auch sonst überall in der NATO verkündet wird? Am Sonntag bei der Talkshow Anne Will behauptete Scholz zwar, er habe sie als Erster eingeläutet. Das stimmt aber nicht. Eine Schutzbehauptung? Als er kürzlich auf einer Veranstaltung zum hundertsten Geburtstag Egon Bahrs sprach, hat er dargelegt, dass die klassische Ostpolitik Willy Brandts, für den Bahr die Ideen entwickelt hatte, nur im Rahmen der westlichen Allianz möglich war, ja dass auch unter Brandt die Militärausgaben erhöht wurden. Diese Ausführung könnte gelesen werden, als wollte Scholz sagen, er setze trotz allem die Entspannungspolitik der SPD fort, wenn auch unter zeitgemäßen Bedingungen. Merz spielt nicht mit.
Könnte ein schläfriger Wolf quas über Nacht seine Zähne wieder entdeckt haben, welche ansonsten nur der Masken Blödel in der Pandemie zeigte, um von seiner Nase abzulenken. Obwohl den Deutschen Kanzler-Innen schon immer eine große Nähe zu den Geldinstituten nachgesagt wird. Scholz zu der Warburg Bank und Merkel zur Deutschen Bank unter Ackermann. Zwei verlängerte Rücken – am Banken Tropf.
Putin macht Scholz ein Angebot – doch der stimmt vorerst nicht zu
5.) Weiter Euro statt Rubel für Gas
Russlands Präsident hat dem Bundeskanzler telefonisch zugesichert, dass Gas weiter in Euro bezahlt werden könne. Scholz will die Informationen nun schriftlich. Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem von ihm verlangten Telefonat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mitgeteilt, dass er ein Gesetz erlassen werde, wonach Gaslieferung ab 1. April in Rubel zu begleichen seien. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Regierungskreisen. Auch der Kreml berichtete über das Telefonat. Zugleich betonte Putin in dem Gespräch, dass sich für die europäischen Vertragspartner nichts ändern werde. Die Zahlungen würden weiterhin ausschließlich in Euro ergehen und wie üblich an die Gazprom-Bank überwiesen, die ja nicht von den westlichen Sanktionen betroffen sei. Die Bank konvertiere dann das Geld in Rubel. Scholz habe diesem Verfahren in dem Gespräch aber ausdrücklich nicht zugestimmt, sondern um schriftliche Informationen gebeten, um das Verfahren genauer zu verstehen. Es bleibe dabei, dass die G7-Vereinbarung gelte: Energielieferungen werden wie vor Beginn des Ukraine-Krieges ausschließlich in Euro oder Dollar bezahlt. So wie es die Verträge vorsehen, hieß es in deutschen Regierungskreisen.
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Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Absichten, sagt man. Man „gehört“ nicht zu den Guten, man muss jeden Tag, jede Stunde entscheiden, das Gute zu tun.
Da fragst du mich was. Bloß weil ich alt bin und einen Haufen Bücher habe, heißt das nicht, dass ich die Welt besser verstehe als du. Höchstens, dass ich mehr darüber weiß, warum es so schwer ist, die Welt zu verstehen.
Nein, ich will mich nicht drücken. Es gibt da so ein Miniedicht von Erich Kästner, den kennst du ja. „Es gibt nicht Gutes. Außer man tut es.“ Mit einem Punkt dazwischen.
Was das heißt? Vielleicht so: Es gibt Leute, die etwas Gutes tun. Aber das heißt nicht, dass alle drumherum die Guten sind. Es kann sogar sein, dass die Leute, die auf die zeigen, die etwas Gutes tun, und sagen: „Da seht ihr es! Dass wir die Guten sind“, eben ganz und gar keine Guten sind. Und wenn einer so furchtbar Böses tut, heißt das nicht, dass die anderen automatisch die Guten sind.
Ich meine, es kommt vielleicht nicht so darauf an, zu den Guten zu gehören, sondern eher darauf, das Gute zu tun. Weißt du, was ich glaube? Viele von denen, die böse Dinge tun, sind überzeugt davon, dass sie was Gutes machen. Und manche von denen, die unbedingt zu den Guten gehören wollen, sind bereit, etwas Böses zu tun, damit die Bösen bestraft werden. Man „gehört“ nicht zu den Guten, man muss jeden Tag entscheiden, das Gute zu tun, oder wenigstens das Böse zu lassen.
Ja, stimmt. Ich war bei den Ostermarschierern, ich war ein Hippie, ein 68er, sogar ein Punk und dann ein Ökofreak. Jetzt bin ich ein Altlinker. Ich wollte eben immer bei den Guten sein. Jedenfalls war ich so immer bei den Verlierern. Verzeih, manchmal muss ich über mich selbst lachen. Aber im Ernst: Man muss vorsichtig sein mit Menschen, die ganz genau wissen, dass sie die Guten sind. Wir, die Guten, gegen die anderen, die Bösen. So fängt der Schlamassel immer an.
Helden und Heldinnen, das sind für mich die Menschen, die mittendrin im Bösen stecken und die sagen: Da mache ich nicht mit! Das Böse nicht tun, auch wenn es alle anderen tun. Das ist so schwer. Und so notwendig. Ein Mensch, der sich weigert, das Böse zu tun, auch wenn es um das eigene Leben geht, der ist mehr wert als tausend Leute, die schreien: Wir sind die Guten!
Nein, ein Mensch allein kann das Böse nicht in die Welt bringen. Und keiner führt einen Krieg allein. Er braucht Menschen, die ihn bewundern, die für ihn lügen, die für ihn töten und morden. Und noch mehr Menschen, die sich verstecken, die mitmachen, die ihm glauben oder aus Angst stillhalten. Und er braucht Menschen, die ihn bezahlen, die ihm die Waffen und die Gefängnisse bauen liefern.
Man kann fragen: Warum ist dieser eine Mensch so böse? Aber wichtiger ist die Frage: Warum haben so viele Menschen ihm geholfen, warum glauben sie, dass es gut ist, böse zu sein? Warum sagen sie nicht „Nein“ zu einer Zeit, wo es noch möglich wäre?
Wie das möglich ist, dass wir von den Bösen immer noch Gas und Strom kaufen? Weil es zuerst immer um das Nützliche geht. Wenn Leute etwas Böses tun oder sagen, die für andere Leute nützlich sind, dann schauen auch die, die meinen, sie sind die Guten, gern über das Böse hinweg. Und wenn das Nützliche wichtiger ist als das Gute, dann sind die, die meinen, sie sind die Guten, total überrascht, wenn die Bösen dann nicht mehr nur die Bösen sind, sondern auch sehr, sehr böse Dinge tun. Wir haben nichts Gutes getan, wir haben nur darauf geschaut, was das Nützliche für uns ist.
Klar, kann man jemandem, der etwas Böses getan hat, auch einmal verzeihen. Wenn man nicht verzeihen kann, kann man gar nicht miteinander leben. Aber ich glaube ehrlich gesagt, dass es auch Dinge gibt, die unverzeihlich sind. Mit Leuten, denen das Leiden und das Sterben von Menschen egal ist, weil sie irgendeine Idee im Kopf haben, kann man nicht reden. Aber solche Leute gibt es auch bei uns. Wenn man dem Guten eine Chance geben will in der Welt, dann muss man auch dafür sorgen, dass die Bösen nicht davonkommen mit dem, was sie getan haben.
Die, die jetzt zu den Guten gehören wollen, die haben vorher Menschen ertrinken und verhungern lassen, bloß weil sie die falsche Hautfarbe gehabt haben und aus der falschen Gegend der Welt gekommen sind. Und die, die „Willkommen“ zu den neuen Flüchtlingen sagen, rechnen uns jetzt schon vor, wie sie nützlich sein können, und wer zahlen soll, wenn sie es nicht gleich sind. Und die, die reich sind, werden durch den Krieg noch reicher, und die Armen werden noch ärmer, weil man jetzt Geld für das Militär braucht.
Seit dem 24. Februar 2022 wird nicht nur in der Ukraine gebombt und geschossen, sondern es brechen auch über Generationen mühsam aufgebaute geistige Gebäude, mühsam gewonnene Einsichten und Weltsichten wie Kartenhäuser zusammen. Gerade noch eben wussten viele, dass die bestehende politische, soziale und ökonomische Ordnung der Welt ein hundertprozentig garantierter Weg ist, unsere planetaren Probleme nicht zu bewältigen und am Projekt der Menschheit zu scheitern. Gar nicht so wenige meinten auch, dass diese Ordnung am Zusammenbrechen ist, dass nur ein globales kooperatives Projekt der totalen Transformation hier noch Abhilfe schaffen kann. Und einige wussten schon, dass der Zusammenbruch von den Rändern des warenproduzierenden Weltsystems ausgeht, dort wo sich die Verluste und Schäden akkumulieren und mittlerweile nicht nur das Leben von Menschen, sondern den planetaren Stoffwechsel schlechthin zerstören. Und sie wussten auch, dass eine hegemoniale Weltordnung darüber wacht, dass das alles so bleibt, dass überlegene Gewalt die Bedingung aller Geschäfte ist und diese Weltordnung darauf basiert, dass aller natürliche und gesellschaftliche Reichtum weltweit der Vermehrung des Kapitals dienlich zu sein hat.
Sehr viele wussten zumindest das: dass im Falle des Misslingens der wechselseitigen Benutzung von Staaten die Aufkündigung des Zustands namens Frieden, in dem alle Kriegsgründe geschaffen werden, immer eine Option ist. Dass Staaten Armeen unterhalten und im Fall des Falles alle von ihnen eingerichteten Privatverhältnisse und Privatbefindlichkeiten durch staatliche Verfügung aufzuheben imstande sind. Dass Staaten für die Erhaltung ihrer Macht, die die ultimate Bedingung aller Geschäfte ist, diese Geschäfte auch unterbinden können, allen gesellschaftlichen Reichtum samt Leib und Leben ihrer Untertanen zur Verteidigung zwangsverpflichten, mit brutaler Gewalt Gehorsam im Inneren erzwingen und jeden Einwand zum Hochverrat erklären können.
Und ausgerechnet das absehbare „präventive“ Aufbegehren eines staatlichen – nämlich des russischen – Selbstbehauptungswillens, der im Besitz der dazu nötigen Gewaltmittel inklusive Atombomben ist und dem sein lokaler Imperialismus vulgo „Einflusssphäre“ durch konsequente Einkreisungspolitik über Jahrzehnte bestritten wurde, der russische Einmarsch in die Ukraine also, scheint diese Einsichten zu Fall zu bringen! Ausgerechnet deswegen, weil einen das staatlich sanktionierte Morden erschüttert, soll es die einzig angemessene Reaktion sein, tief im Innern für die eine – nämlich die „liebe Nato“, wie Jungmädchen auf der Wiener Demo skandierten, und gegen die andere – „Monster Putin“ – Seite zu sein? Man erfährt, was die Privatperson im Krieg zählt, nämlich gar nichts, und wünscht dem Krieg nicht das sofortige Ende, sondern die intensivierte Fortsetzung mit richtigem Ausgang? Gehts noch? Plötzlich soll die bestehende Weltordnung, die wir in den letzten Jahrzehnten in aller Brutalität zuschlagen sahen, eine positive Bedingung für all das sein, was sie gerade mit aller Wucht von der Tagesordnung absetzt, weil sie sich weder von „Sustainable Development Goals“ noch von sonstwas abhängig macht. Aggressiver als je zuvor – zumindest seit den sechziger Jahren – werden wir aufgefordert Partei zu ergreifen fürs Benzin-ins-Feuer-Werfen, Waffen liefern und ja keinen Kompromiss mit „Putin“ auch nur für wünschenswert zu halten. Schlussien mit Russien!
Eines steht fest: Aufrüstung wird den Frieden nicht sichern, sondern uns endgültig daran hindern, unsere Lebensweise auf diesem Planeten entscheidend umzubauen. Ernsthaft: die Zeit der Weltmächte, die sich in überreichlichem Maß Gewaltmittel verschafft und deren Einsatz auch schon durchgeplant und vorbereitet haben, um auf einer finalen Stufe als „Kollateralschaden“ ihrer kriegerischen Kollision einen Großteil der Menschheit umzubringen und die Lebensbedingungen auf der Erde zu zerstören – eine „Eskalation“, von der beide Seiten versichern, dass sie nie stattfinden darf und mit der genau so ständig gedroht wird – diese Zeit der Weltmächte müsste vielmehr raschest zu Ende gehen, bevor es endgültig zu spät ist. Weil es keine größere Gefahr für Natur und Mensch gibt als den Kampf der Imperien, ihre Ansprüche, ihre Geschäfts- und Gewaltmittel und ihre totale Rücksichtslosigkeit in ihrer wechselseitigen Konfrontation. Stattdessen sehnt sich jetzt Hinz und Kunz nach einer „Weltmacht Europa“! Angeblich weil es ja so „alternativlos“ ist! Und um das Maß voll zu machen, sind es ausgerechnet Linke und Grüne, die im vollen Bewusstsein ihres Duchblickertums und ihrer überlegenen Werte die größten Scharfmacher geben.
Ich habe mich seit Jahrzehnten aus der organisierten und auch diskursiven Linken zurückgezogen, weil ich der festen Ansicht bin, dass es für die Überwindung des herrschenden Bewusstseins nicht ausreicht, sich die Defizite der bestehenden Ordnung vor Augen zu führen. Kritik bleibt ohnmächtig, wenn sie nicht mit einer Vision und einer pragmatischen Perspektive zur Umsetzung dieser Vision verbunden ist. Und die Vision wie die Kritik müssen von Sachkenntnis, von wissenschaftlichen Einsichten verbunden mit einer soliden Vorstellungskraft getragen sein. Sie müssen die Wurzeln des Zukünftigen, seine Keimformen im Bestehenden einbeziehen, genauso wie sie die Defizite, die noch zu erledigenden Aufgaben für die zu bauende Welt im Blick haben müssen. Sie müssen eine starke und überzeugende Grundgestalt aufweisen, die Lösungen für eine ganze Welt tragen kann. Und sie müssten mit allen Mitteln der politischen Kunst,von Diplomatie bis hin zum gewaltfreien Widerstand, in die Welt gebracht werden.
Diese Grundgestalt besteht für mich in der planetaren Kooperation für die Arbeit am Lokalen, wie sie das scheinbare Oxymoron von den „globalen Dörfern“ ausdrückt. Nur die zunehmende Aufmerksamkeit auf die Gestaltung des Lokalen, unserer Lebensräume, ist die einzige langfristige Friedensperspektive, die diese Welt hat. Denn wenn wir unsere Nachbarschaft, unser Dorf, unsere Gemeinde und unsere Region als stellvertretend für eine Zelle oder ein Zellgewebe in einer gesunden Erde sehen und darauf hinarbeiten, ein Beispiel zu geben, dann tragen wir dazu bei, dass überall Modelle eines guten Lebens für alle entstehen können. Noch nie konnten wir besser gemeinsam als globales Gehirn an der Lösung der mannigfaltigsten lokalen Probleme arbeiten, und noch nie lag es so nahe, alles Wissen zu teilen, weil sich damit alle Gemeinschaften und Gesellschaften auf der Welt immer besser und intensiver nach innen entwickeln können. In diesem Sinn: Make Villages, Not War! We will rebuild a peaceful world from the grassroots !
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Die Renten steigen kräftig: zum 1. Juli sollen sie im Westen um 5,35 Prozent steigen, in Ostdeutschland sogar um 6,12 Prozent. Das ist der größte Anstieg seit langem und somit für 21 Millionen RentnerInnen eine gute Nachricht. Für den zuständigen Minister Hubertus Heil ist das ein Stück „Leistungsgerechtigkeit nach einem langen Erwerbsleben für alle Generationen“. Doch wie weit ist diese „Leistungsgerechtigkeit“ im Rentensystem tatsächlich schon verwirklicht? Und was meint der Minister eigentlich damit? Wer heute in Rente geht, hat im Durchschnitt 39 Versicherungsjahre und bekommt dafür von der Rentenkasse im Schnitt nach Abzug des Krankenkassenbeitrags 970 Euro ausgezahlt. Leistungsgerecht? Doch schauen wir auf die, die mindestens 45 Jahre gearbeitet haben und dabei in der Regel auch ordentlich verdient haben, die westdeutschen Männer: Sie erhalten 1.616 Euro und sind die Gruppe mit den höchsten Renten. Die ebenso lang arbeiteten Frauen bekommen hingegen nur 1.190 Euro, weil sie zeitlebens schlechter bezahlt wurden. Und weil nur wenige Frauen – insbesondere in Westdeutschland – ein so langes Berufsleben vorweisen können, liegen über 50 Prozent der westdeutschen Frauenrenten zwischen 300 und 900 Euro. Leistungsgerecht? Damit scheint es nicht allzu weit her zu sein.
Bereits die BezieherInnen von vergleichweise hohen gesetzlichen Renten werden es als keineswegs gerecht ansehen, dass BeamtInnen im Alter locker mit doppelt so hohen Pensionen rechnen dürfen. Dass jedoch ein Großteil der BezieherInnen kleiner und mittlerer Einkommen später von Renten leben soll, die unterhalb der Grundsicherungsschwelle liegen, das ist eine Zumutung.
Deshalb gilt: Wir brauchen eine Mindestrente für alle langjährig Versicherten, die deutlich über der Armutsschwelle liegt. Wenn Hubertus Heil die Leistungen von Verkäuferinnen und PflegerInnen preist („diejenigen, die dieses Land in der Krise am laufen gehalten haben“), so ist eine 5-prozentige Erhöhung der Mini-Renten eindeutig nicht genug.
Wir brauchen endlich den Einstieg in eine echte Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen. Das würde insgesamt höhere Renten ermöglichen und auch einen stärkeren sozialen Ausgleich. Derzeit beteiligen sich die finanziell Leistungsfähigsten nämlich fast nicht an der Rente, obwohl das Privatvermögen in Deutschland auf fast unglaubliche 16,4 Billionen Euro gestiegen ist.
Da bleibt noch viel zu tun.
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„Krieg und Frieden“
Sind die Belarussen Selenski wirklich total egal?
Von Janka Belarus
Vor wenigen Tagen hat Wolodimir Selenski den unabhängigen russischen Medien ein Interview gegeben. Die russische Medienaufsicht „Roskomnadsor“, die im Internet jetzt gerne „Roskomposor“ genannt wird (unübersetzbares Wortspiel: nadsor ist die Aufsicht, posor die Schande; Anm. d. Übersetzerin) hat von den Medien in Russland verlangt, dieses Interview nicht zu veröffentlichen. Die zuständige Abteilung teilte mit, dass bei den Medien, die dieses Interview geführt haben, eine „Prüfung zur Feststellung der Verantwortlichkeit“ durchgeführt werde.
Dieses Verbot war eine super PR-Aktion, witzeln die Leute, weil sie die Aufzeichnung des Interviews sonst vielleicht bei Youtube verpasst hätten. Einige Belarussen ist das Selenski-Interview dennoch übel aufgestoßen – und zwar wegen folgender Äußerung Selenskis: „Wenn wir den Krieg beenden können und Lukaschenko sich dann wieder fühlt wie der Herr im Haus – dann soll er halt. Mir ist das, ehrlich gesagt, völlig egal. Das ist generell die Entscheidung der Belarussen, aber ganz sicher nicht unsere.“
Hierzulande kam das zum Teil nicht gut an. Schließlich sind viele Belarussen auf der Seite der Ukraine, manche haben sogar aktiv den Kriegseinsatz von Belarus aus sabotiert, etwa indem sie Bahnstrecken beschädigen. Jetzt fühlen sie sich von Selenski im Stich gelassen – und das nicht das erste Mal: Der Einmarsch der russischen Armee von belarussischem Gebiet aus hätte vermieden werden können, wenn die Ukraine im Jahr 2020 die demokratischen Kräfte in Belarus unterstützt hätte. Doch Selenski habe offenbar mehr daran gelegen, die Wirtschaftsbeziehungen mit Lukaschenko aufrechtzuerhalten.
Andere können diese Anschuldigungen jedoch nicht nachvollziehen. Sie meinen, es wäre so oder so zum Krieg gekommen – den habe Russland ja lange genug vorbereitet. Und hätte es sich für Selenski 2020 gelohnt, seine Armee in ein anderes Land einmarschieren zu lassen? Dann hätte es in Belarus Krieg gegeben. Und es gäbe die Stadt Gomel nicht mehr, so wie es jetzt kein Mariupol mehr gibt.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1. Pofalla-Nachfolge – . – 2.) Pandemie – DER ANDERE BLICK – . – 3.) Schutz für Deserteure gefordert – . – 4.) DDR-Geschichte – Ein- Seelenmord – . – 5.) Arm sein wird teurer – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Solange der Staat Eigentümer der Bahn ist, wird diese auch aus der Politik, von ihren dafür zuständigen Strippenziehern bestimmt. Andrerseits ist es doch unerklärlich das unter Merkel ausgerechnet ihr ehemaliger Büroleiter Pooo-falla mit einer solchen Aufgabe beauftragt wurde. Irgendwie müssen auftretende Minuszahlen doch in den Clan – Cliquen verteilt werden? Spricht es nicht für sich das der Posten jetzt einen Führer des Personenverkehr anvertraut werden soll, einer Sparte, in der viele Zuge seid vielen Jahren nur Rückwärts laufen – wenn sie denn fahren?
Deutsche Bahn baut ihren Vorstand um
1. Pofalla-Nachfolge
Berthold Huber könnte neuer Chef des Infrastrukturbereichs werden. Der Aufsichtsrat wird womöglich bereits an diesem Mittwoch über diese wichtige Personalie entscheiden. Noch ist Bahn-Vorstand Ronald Pofalla im Amt. Kommende Woche will er zusammen mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) an Bord eines ICE noch die neue Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Wendlingen und Ulm mit einer ersten Testfahrt in Betrieb nehmen. Ende April aber wird der 62-Jährige den Konzern nach sieben Jahren verlassen. Schon seit einigen Tagen beraten Aufsichtsräte der Bahn, wer Pofalla als Vorstand für den wichtigen Infrastrukturbereich des Konzern folgen könnte. Zu vergeben ist eine der schwierigsten Aufgaben der Bahn. Denn bei dem Posten, der sich um das 33 000 Kilometer lange Bahnnetz kümmern muss, geht es schließlich um jenen Ärger, der Kunden seit Jahren auf die Palme bringt: die chronische Unpünktlichkeit der Züge, die rekordverdächtig vielen Baustellen wegen des veralteten wie überlasteten Netzes und die schleppende Digitalisierung des Zugverkehrs.
Lautert die Parole nun wieder „Anstand statt Abstand“? Das dafür erst einmal einen Professor – DR. – üb, das nicht vorhandene Denk werk in das linke Lot gezogen werden muss, ist eine Geste gegen die Titelträger. Dem Menschen als Bürger wird wieder das Recht auf Eigenverantwortung außerhalb einer „Nazi-o-nalen Staatsräson“ zugesprochen. Das ist die Freiheit, welche viele Missten, selbst in einer Demokratie!
Endlich kehrt die Eigenverantwortung in der Pandemie zurück
2.) Pandemie – DER ANDERE BLICK
An diesem Wochenende laufen die meisten der bisherigen Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 aus. Dieser Schritt ist überfällig. Der Staat darf seine Bürger nicht zur Unfreiheit erziehen. Am kommenden Sonntag feiert Deutschland seinen kleinen Freedom Day. Die meisten staatlicherseits vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 laufen spätestens am Wochenende aus. Ganz kehrt die Normalität nicht zurück. In Arztpraxen etwa und im Personenverkehr bleibt die Masken-, in Schulen die Testpflicht erhalten. Auch dürfen die Landesparlamente in viralen Hotspots strengere Regeln erlassen. Dennoch ist es gut, dass nun das Prinzip Eigenverantwortung an die Stelle von Panik, Pflicht und Paternalismus tritt. Es gibt keinen Grund, mit dem pandemischen Gängelband die Bürger weiter in ihren Grundrechten einzuschränken. Trotz Impfungen und Schutzmaßnahmen sind die täglich ermittelten Inzidenzen auf einem hohen Niveau. Mehrere Bundesländer wollten deshalb die bundesweit geltenden Vorschriften bis in den Mai verlängern. Das Scheitern dieses Versuchs, die Ausnahme zum Standard zu erklären, ist jedoch folgerichtig. Ein mitleidiges Lächeln für Karl Lauterbach.
Sollte aber hier nicht erst einmal für die Deserteure des eigenen Land ein Revolverlauf geknotet werden? Zum Beispiel für Spaziergänger. angebliche Corona Leugner und andre Demonstrierende, welche vollkommen Unwissentlich durch ihre Bewegungsabläufe darauf aufmerksam machen, wo denn ein politischer Idioten-In wohnt? Ist es nicht auch in einer Demokratie so, das der zuerst schießende der Mörder ist? Selbst dann wenn er die Uniform lange auf den Müll geworfen hat, welche ein Normalo erst gar nicht tragen würde, da für einen Jeden die Gefahr besteht von der eigen Scham Übermannt oder Überfraut zu werden? .
Flucht vor Krieg in der Ukraine
3.) Schutz für Deserteure gefordert
Wer nicht kämpfen will, soll Asyl erhalten, fordern NGOs. Vor allem Russen könnten sonst unbeabsichtigt in Verbrechen verstrickt werden. Zahlreiche Organisationen der Flüchtlings- und Friedensbewegung fordern die Bundespolitik auf, sich für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Russland, Belarus und der Ukraine einzusetzen. Diese sollen in Deutschland Asyl und damit ein gesichertes Aufenthaltsrecht erhalten. Initiiert wurde der Appell von Connection e. V., einer Initiative, die sich seit 1993 für Deserteure einsetzt. Der Appell kann sich dabei vor allem auf zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs stützen. 2015 urteilte der EuGH im Fall des US-Hubschrauber-Mechanikers Andre Shepherd, der nicht am Irakkrieg teilnehmen wollte. Ein Kriegsdienstverweigerer könne in Europa Asyl erhalten, so der EuGH, wenn er sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit an Kriegsverbrechen teilnehmen müsste und die Desertion die einzige Möglichkeit war, sich dem zu entziehen. Im Fall Shepherd sah die deutsche Justiz zwar die Kriterien nicht erfüllt, aber die Maßstäbe können nun auch im Fall des Ukrainekriegs genutzt werden. Im zweiten EuGH-Urteil von 2020 ging es um syrische Kriegsdienstverweigerer. Diese können in der EU den Flüchtlingsstatus (und nicht nur subsidiären Schutz) erhalten. Denn bei ihnen könne als Fluchtgrund vermutet werden, dass sie nicht an Kriegsverbrechen teilnehmen wollten.
Vielleicht war Putin ja auch nur der Preis für eine „Wiedervereinigung“ in seinen Sinne zu hoch? Dieses alles sollte aber nicht als Entschuldigung für einen Überfall auf Menschen benutzt werden. Ein Wiederstand vom Westen brauchte von Putin auch nicht Einkalkuliert werden, da Diese zu bräsig sind, über ihre Gartenzäune zu schauen und schon vor Angst erstarren, wenn sie an die Waffen denken, welche sie einst an ihren heutigen Gegner verkauften!
Wie wir Ostler uns von Putin betrogen fühlen
4.) DDR-Geschichte – Ein- Seelenmord
Wladimir Putin zeigt sich mit seinem Angriff auf die Ukraine als russischer Herrscher alten Stils, meint der ostdeutsche Schriftsteller Gunnar Decker. Er überdenkt sein Verhältnis zu Russland. Vielleicht haben die Russen ihr sowjetisches Erbe ja gründlicher zurückgelassen als wir Ostdeutschen? Dieser schockierenden Tatsache blicken wir jetzt ins Auge. Putin ist kein legitimer Erbe Gorbatschows; mit Tengis Abuladses Die Reue, der, 1987 uraufgeführt, zum Perestroika-Film schlechthin wurde, hat er offensichtlich nichts im Sinn. Abuladses Epos zeigt einen georgischen Diktator, der immer wieder aus seinem Grab geholt wird. Er soll nicht in Frieden ruhen! Einem Fluch gleich zeugt sich das Verbrechen fort, erst trifft es den Sohn, dann den Enkel eines seiner Vasallen – dieser Enkel schließlich tötet sich aus Scham für die Last der Verbrechen, die er nicht begangen hat. In der DDR lief der Film nur in sowjetischen Kultureinrichtungen. Als ihn das ZDF sendete, erschien in der Jungen Welt ein vom Chefredakteur geschriebener Verriss. Grundtenor: eine falsche Sicht auf die Ruhmesgeschichte der Sowjetunion. Später stellte sich heraus, dass Erich Honecker den Text (eine Filmkritik!) selbst schlussredigiert und im Ton noch verschärft hatte. Die Rezension löste eine Empörungswelle selbst unter FDJlern aus. Man wusste nun, welche Weichen gestellt werden sollten. Nein, einer, der Reue leidet, ist Wladimir Putin nicht. Putin, der Sachse auf Zeit, der fünf Jahre in Dresden gelebt hat, dort auch die Endzeit der DDR miterlebte, streitet nicht mit den Untoten der Vergangenheit – er will im Stil eines Iwans des Schrecklichen Geschichte machen. Wir anderen schleppen die östliche Nachkriegsgeschichte immer noch ratlos mit uns herum, eben weil der Westen Deutschlands eine ganz andere, für uns mitunter immer noch befremdliche Sozialisierung erfahren hat. Die Bodenreform 1945/46 war eine wichtige Folgerung aus dem Untergang des „Dritten Reiches“. Entzieht jeglichem neuen Versuch eines Faschismus die ökonomische Grundlage! Durchgesetzt mittels sowjetischer Besatzungsmacht. Das ist die einzige große gesellschaftliche Reform im Osten, die Bestand hat. Die Hoffnung auf einen wirklichen Neuanfang war nach dem Zweiten Weltkrieg im Osten sehr viel größer als im Westen – nicht zufällig gingen viele Emigranten in die Sowjetische Besatzungszone: von Bertolt Brecht über Ernst Bloch und Anna Seghers bis hin zu Hans Mayer. Stefan Heyms Botschaft.
Wann und Wo hätten die Gesellschaften nicht für die Unfähigkeiten ihrer Politiker-Innen bezahlt? Diese Welt war nie anders! „Nur die dümmsten Kälber, wählen sich ihre Metzger selber aus!“ ein alter Spruch welcher viel über Vergangenheit sowie auch Zukunft aussagt. Aber auch über die Vielen verschieden Gesellschaftsformen, welche ausschließlich von politischen Idioten eingefordert werden.
Die Inflation macht arme Menschen noch ärmer
5.) Arm sein wird teurer
Die hohe Inflation in der Bundesrepublik trifft Lohnabhängige und arme Menschen am stärksten. 5,1 Prozent betrug die Inflationsrate im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat. Fast wäre gar der Wert vom vergangenen Dezember erreicht worden, als die Statistiker mit 5,3 Prozent ein neues 30jahreshoch festgestellt hatten. Schon jetzt scheint ausgemacht, dass die Teuerungsrate dieses Jahr Werte erreichen wird, wie es sie zuletzt in den frühen neunziger Jahre gab, als die Finanzierung des Anschlusses der DDR zu Preissteigerungen von teils über fünf Prozent führte. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat, wie andere Wirtschaftsforschungsinstitute auch, unlängst eine Inflationsrate über vier Prozent für das laufende Jahr als durchaus erwartbar eingeschätzt; sollte der Gaspreis noch einmal deutlich ansteigen, etwa weil russische Gaslieferungen unterbrochen würden, sei mit über sechs Prozent zu rechnen. Und das, nachdem schon 2021 die Inflationsrate mit 3,1 Prozent den höchsten Wert seit vielen Jahren erreicht hatte. Der größte Preistreiber sind derzeit die Energieträger. Die Kosten für Öl, Gas und Strom lagen im Januar 67 Prozent über denen des Vorjahres, die allerdings wegen der eingeschränkten ökonomischen Aktivität aufgrund der Covid-19-Pandemie auch so niedrig wie lange nicht mehr gewesen waren. Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland haben die Preise nun zusätzlich zur hohen industriellen Nachfrage seit Abmilderung der Pandemie weiter nach oben getrieben. Und ein Ende scheint derzeit nicht in Sicht. Besonders stark dürften sich Lebensmitteln verteuern. Das Münchner Ifo-Institut prognostiziert für das laufende Jahr einen Preisanstieg um sieben Prozent.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Die Vizepräsidentschaft von Kamala Harris in den USA ist kein Fortschritt. Aber sie könnte helfen, Illusionen über Identitätspolitik zu zerstreuen.
US-Vizepräsidentin Kamala Harris kann sich wirklich nicht über schlechte Presse beklagen. Das renommierte Time-Magazin und die international bekannteste Modezeitschrift Vogue widmeten Harris Sonderausgaben, kaum dass sie überhaupt das Amt angetreten hatte. Mit messianischem Pathos zelebrierten etliche Leitmedien von The New York Times bis zur deutschen Zeit sie monatelang in großen Lettern als „die Hoffnung“. Als erste Frau und erste nicht-weiße Vizepräsidentin soll die „Top-Polizistin“, wie sie sich selbst nennt, den historischen Fortschritt zu immer größerer Gleichberechtigung repräsentieren. Doch inzwischen ist sie, glaubt man den Umfragen, die unbeliebteste Vizepräsidentin, die Amerika je hatte.
Mit Kamala Harris erreicht das identitätspolitische Fortschrittsversprechen ein Limit
Die Demokraten erklären das reflexartig mit Rassismus. Dabei wird unterschlagen, dass Harris (bei gerade mal 27 Prozent Zustimmung) auch das eigene demokratische Lager enttäuscht. Knapp 60 Jahre nach der rechtlichen Gleichstellung der Schwarzen Bevölkerung lässt wirklicher Fortschritt auf sich warten. Nach wie vor sind Schwarze überproportional arm und ringen deshalb beispielsweise häufiger mit Suchtproblemen und sterben öfter an Corona als andere Bevölkerungsgruppen. Während der Pandemie fiel die Lebenserwartung unter der Demografie so stark wie zuletzt in den 1930er Jahren, der Zeit der Großen Depression nach der Weltwirtschaftskrise von 1929.
Die Biden-Regierung thematisiert solche Realitäten nicht einmal. Schon Obama trat in zwei Präsidentschaftswahlen mit dem Slogan „Hoffnung“ an, lächelte fleißig und veränderte nichts. Black Lives Matter (BLM) begann 2013 als Frustration über seine Politik. Nach fünf Jahren Obama wurde vielen aus der Unter- und Mittelschicht klar, dass sich ihre Lebensrealität eher noch verschlechtert. Dieselben Wähler, die 2008 und 2012 noch für den von Obama versprochenen „Change“ stimmten, wendeten sich so 2016 zum Teil Trump zu. Diese sogenannten „Obama-Trump-Wähler“, die einer Analyse der New York Times zufolge am Ende das Zünglein an der Waage ausgemacht haben, entschieden die Wahl für Trump. Dazu gehören auch Schwarze, unter denen Trump mit einer Ausnahme (Dole 1996) mehr Stimmen als seine republikanischen Vorgänger seit 1980 holte.
Harris repräsentiert die Identitätspolitik der Biden-Regierung, die außer mehr Minderheiten in Führungspositionen und symbolischen Gesten gegen Rassismus nichts zu bieten hat. Sie wird nicht wegen ihrer Identität verachtet, sondern weil sie diese instrumentalisiert und vorgibt, für jene benachteiligten „Communities“ zu sprechen, deren Belange sie in Wirklichkeit immer wieder missachtet hat. Deshalb ist Harris noch unbeliebter als Biden, der zumindest als weniger heuchlerisch wahrgenommen wird.
Ein kleiner Auszug aus ihrem Lebenslauf hilft das zu verstehen: Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien versuchte Harris ein Urteil des Obersten Gerichtshofs abzuwehren, das die frühzeitige Freilassung von 40.000 – überwiegend Schwarzen – Gefängnisinsassen wegen „grausamer und ungewöhnlich harter Haftbedingungen“ einforderte. 2012 hielt sie wissentliche Beweise zurück, die einen unschuldigen Mann aus dem Todestrakt befreit hätten (bis ein Gericht sie dazu zwang), und 2015 klagte sie erfolgreich die Wiedereinführung der Todesstrafe in Kalifornien ein. Wer Harris kennt, traute weder ihrer progressiven Selbstinszenierung im Wahlkampf 2020 noch ihrem Versprechen, sich für die Rechte von Immigranten und die Reform des Justizsystems einzusetzen – ganz zu schweigen von ihrer ebenso dreisten wie kurzlebigen Begeisterung für den Slogan der BLM-Proteste 2020 „Defund the Police“. Wenig überraschend hat die insgesamt unbeliebte Biden-Regierung nach dem Sieg das genaue Gegenteil all jener Reformvorhaben forciert: Das Budget der Polizei wurde erhöht. In Richtung der Immigranten verkündete Harris „Kommt nicht … wir werden euch abschieben“, während die von den Demokraten unter Trump noch lautstark skandalisierten Kinder-Abschiebekäfige weiter betrieben werden.
Rassismus erklärt nicht alle Probleme von Minderheiten in den USA, wie Harris und die Demokraten glauben machen wollen. Der Schwarze Sozialist Bayard Rustin verwies schon in den 1960er Jahren darauf, dass Schwarze nicht an schlechten Ansichten, sondern schlechten sozialen Bedingungen leiden. Rustin war einer der Hauptorganisator hinter dem Marsch auf Washington 1963, auf dem sein enger Weggefährte Martin Luther King seine berühmte Rede „I have a dream“ hielt. Für Rustin war der in den 1970er Jahren neu aufkommende „Antirassismus“ eine Abwendung von Politik insgesamt.
Oben — Vizepräsidentin Kamala Harris hält am Dienstag, den 11. Januar 2022, am Morehouse College in Atlanta Bemerkungen zum Wahlrecht. (Offizielles Foto des Weißen Hauses von Adam Schultz)
Unten — US-Senatorin Kamala Harris spricht mit Unterstützern beim jährlichen Sommerpicknick der West Des Moines Democratic Party im Legion Park in West Des Moines, Iowa.
Verfasser
Gage Skidmore aus Peoria, AZ, Vereinigte Staaten von Amerika / Datum – 3. Juli 2019, 12:57
Das Polizeigesetz in NRW ermöglicht der Polizei, Personen länger festzuhalten – begründet wurde dies mit Terrorismus. Vier Jahre später stellt sich heraus: Die größte Einzelgruppe in Langzeitgewahrsam sind Menschen aus der Klimabewegung.
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen setzt immer mehr Menschen mit klimapolitischem Hintergrund in einem außergewöhnlich langen Gewahrsam fest. Rechtliche Grundlage dafür ist das geänderte Polizeigesetz des Landes. Eine Recherche von Krautreporter hat nun erstmals Zahlen zu diesen Gewahrsamnahmen veröffentlicht.
Im Jahr 2018 hatte das Bundesland ein neues Polizeigesetz mit erweitertem Präventivgewahrsam bekommen, gerechtfertigt wurde dieses vom NRW-Innenministerium mit Befugnissen gegen Terroristen. Mit der Gesetzesänderung wurde ein Gewahrsam von bis zu sieben Tagen und bei einer drohenden Gefahr bis zu 28 Tagen ermöglicht – ohne, dass eine Straftat vorliegen muss.
Die Polizei in NRW nutzt laut einer Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage das Mittel des längerfristigen Gewahrsams immer häufiger: Waren im Jahr 2019 noch 35 Menschen in einem solchen Langzeitgewahrsam, sind es 2021 mit 97 fast dreimal so viele gewesen.
Bei Krautreporter heißt es:
Schaut man sich an, wer da festgenommen wird, ergibt sich für den gleichen Zeitraum 2019 bis 2021 ein eindeutiges Bild: Kein einziger rechter Gefährder wurde in Gewahrsam genommen, sechs religiös motivierte Gefährder – und insgesamt 74 Menschen im Zusammenhang mit Klimaprotesten.
Nun landen also kaum die mutmaßlichen Terroristen, mit denen das Gesetz begründet wurde, in präventivem Gewahrsam, sondern Klima-Aktivist:innen. Schon ein Jahr nach Einführung des Polizeigesetzes zeichnete sich dieser Trend ab. Von einer „Lex Hambi“ war damals die Rede, also einem Gesetz, das sich gegen die Klimaproteste im Hambacher Forst richte.
Besonders gegen Klima-Aktivismus
Weil Aktivist:innen als Form des zivilen Ungehorsam oftmals auch die Identitätsverweigerung nutzen, keine Ausweise bei sich tragen und sich die Fingerkuppen mit Sekundenkleber verkleben, ist bei der Polizei nach einer Blockade-Aktion keine Identitätsfeststellung möglich. Die Identitätsverweigerung nimmt die Polizei dann als Vorwand, diese Aktivist:innen so lange in Gewahrsam zu halten, was wegen der Blockade selbst gar nicht möglich wäre.
Oben — Polizei neben einem Besetzungsdorf auf der für den Tagebau Hambach teilweise abgerissene Autobahn am Hambacher Forst, die Noch als Zufahrt zum Tagebau verwendet.
Warum werden Verbrecher bestraft, wenn keine Handhabe gegen politische Verbrechen möglich scheinen. Das gilt nicht nur für Putin sondern muss auch für Politik – Verbrecher in westlichen Demokratien gelten. Dafür müssen Internationale Gerichte geschaffen werden, welche ihre Urteile auch durchsetzen können! Heute wäre es doch möglich das eine jede Bananenrepublik einen Krieg beginnen könnte!
Im Westen herrscht verbreitet das Gefühl, dass Wladimir Putin nicht nur daran gehindert werden muss, die Ukraine zu kolonisieren, sondern dass er vielmehr für seine Barbarei auch bestraft gehört – ein Imperativ elementarer Gerechtigkeit. Allerdings sind die Regierenden zugleich mit einem zweiten Imperativ konfrontiert. Die erschreckende Realität ist ja, dass die Atomkriegsgefahr gegenwärtig größer ist als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seit der Kubakrise von 1962. In mancher Hinsicht übertrifft das Risiko, dass die Krise außer Kontrolle gerät, heute sogar noch dasjenige, vor dem damals John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow standen. Anders als 1962 tobt 2022 auf einem Territorium, das für beide Seiten von vitalem Interesse ist, schon ein heißer Krieg. Die eine Seite sieht dieses Territorium als wichtig für ihre nationalen Interessen an und die andere weiß, das von ihm ihr Überleben als Nation abhängt. Der Krieg ist, anders gesagt, zu einem Nullsummenspiel geraten – auch wenn es keinen vernünftigen Grund dafür gibt, Putins Glauben, die Ukraine bedrohe Russlands Sicherheit, irgendwelche Berechtigung zuzusprechen.
Noch gefährlicher wird die Situation dadurch, dass die Ukraine legitimer- und vernünftigerweise durch eben jenes Militärbündnis bewaffnet und versorgt wird, das Moskau am meisten fürchtet – die Nato. Gleichzeitig wird Russland einer immer einschnürenderen Wirtschaftsblockade unterworfen, die seinen Rückzug erzwingen soll. Das Ganze gipfelt in glaubhaften Prognosen, im Falle einer demütigenden Niederlage Russlands würden nicht allein der Ruf des Landes und seine Machtstellung zerstört, vielmehr sei dann Putins Regime selbst am Ende.
Wenn ein Spieler bereits so viel verloren hat, dass er seinen Bankrott nur noch abwenden kann, indem er den Einsatz weiter erhöht, dürfte er genau das tun. Und mit einem ebensolchen, derart verzweifelten Gegenspieler könnte der Westen es jetzt zu tun bekommen. Schlimmer noch: Er selbst, der Westen könnte es sein, der die blutbefleckten Schulden dieses Spielers am Ende wird abschreiben müssen.
Dem britischen Verteidigungsminister zufolge ist Putin „für diese Welt passé“. Sein französischer Kollege hat erklärt: „Die Ukraine wird siegen.“ In den westlichen Hauptstädten bildet sich offenbar der Konsens heraus, das katastrophale Management dieser Krise durch Russland bedeute, dass es möglicherweise bereits verloren habe – ja dass seine politischen Ziele angesichts des ukrainischen Volkswiderstandes gegen russische Bevormundung und der schieren Größe des Landes von vornherein unerreichbar gewesen seien. Solche Auffassungen verraten allerdings eine gefährliche Mischung aus Eskalationsbereitschaft, Wunschdenken und – besonders beunruhigend – Wahrheit.
Eine gefährliche Mischung
Die westlichen Hauptstädte haben sich angesichts der russischen Invasion in eine Eskalationsspirale begeben. Das gilt sowohl für die regierungsamtliche Reaktion – den Umfang der Sanktionen und der militärischen Unterstützung beispielsweise – als auch für die rhetorische Verurteilung des Regimes. Das ist verständlich und überfällig. Putin scheint einer Art Mafiastaat zu präsidieren: korrupt, kleptokratisch und gewalttätig, zusammengehalten durch Loyalitätsnetzwerke und Gebietsansprüche, die nichts mit dem Volkswillen zu tun haben und bekämpft werden müssen.
Die Verantwortlichen auf westlicher Seite sollten sich aber auch der Gefahr bewusst sein, sich selbst in eine Situation hineinzureden, die noch schlimmer als die bereits entstandene wäre. Und sie müssen sich klar darüber werden, was sie erreichen wollen. Suchen sie einen Weg zur Beendigung des Konflikts oder wollen sie Russlands Niederlage? Derzeit mag beides auf dasselbe hinauslaufen, aber der Unterschied könnte durchaus noch wichtig werden.
Boris Johnson beispielsweise hat gesagt, Putins Aggressionsakt „muss scheitern und zwar sichtbar scheitern“. Das ist ebenso wahr wie problematisch. Für die Sicherheit des Westens kommt es durchaus darauf an, dass die Möchtegern-Putins dieser Welt begreifen: Wenn sie irgendetwas unternehmen wollen, was dem Einmarsch in die Ukraine gleicht, werden sie vernichtend geschlagen und gedemütigt werden, so wie es gerade Russland geschieht. Das Dilemma besteht allerdings darin, dass es andererseits Putin den Rückzug erleichtern würde, könnte er irgendwie behaupten, nicht gescheitert zu sein. Analysten und Diplomaten, mit denen ich spreche, meinen, es sei durchaus möglich, Putin zu schlagen und ihm doch gleichzeitig eine Botschaft zukommen zu lassen, die er zuhause als Erfolg ausgeben kann. Allerdings schwächt die Tatsache, dass der Westen Putin möglicherweise etwas wird geben müssen, wiederum seine Fähigkeit, den eigenen Sieg als solchen zu verkaufen.
Ein anderes Problem ist, dass Kriege neue Konstellationen schaffen. Zwar besteht die einzig realistische diplomatische Lösung darin, den vor dem Kriege bestehenden Status quo in irgendeiner Form wiederherzustellen, verbunden mit diplomatischen Sicherheitsgarantien für beide Seiten. Doch warum sollte die Ukraine, nach allem, was sie durchgemacht hat, sich mit dem Status quo ante abfinden? Und wie könnte andererseits Putin, angesichts des Preises, den er bereits gezahlt hat, so etwas tun? Die Ukraine hat jetzt die Mitgliedschaft in der Europäischen Union beantragt, und ihr Begehren, in die Nato aufgenommen zu werden, ist mindestens ebenso legitim. Ihre Bevölkerung scheint sich in der Not zusammengeschlossen und darauf geeinigt zu haben, ihre Stimme als europäischer Nationalstaat zu finden. Gut möglich also, dass der Status quo, den Putin so unerträglich fand, gar nicht mehr wiederbelebbar ist – weil er ihn zerstört hat.
Mit einem zweiten Element seiner Reaktion läuft der Westen Gefahr, einen Friedensschluss sogar noch schwerer erreichbar zu machen – durch Wunschträumerei, wish fullfillment. Westliche Politiker verschärfen die Rhetorik und intensivieren ihre Unterstützung der Ukraine aus moralischer und geopolitischer Solidarität, aber auch aufgrund der frühen Erfolge des Landes beim Widerstand gegen den russischen Angriff. Je länger die Ukraine durchhält, desto eher könnte sich im Westen der Glaube verbreiten, dass etwas Großartigeres als der Status quo erreichbar sei: Dass Putin und sein Regime die Krise, die sie verursacht haben, möglicherweise nicht überleben. Begänne der Westen sich auf eine Zukunft einzustellen, die besser ist als der Status quo, oder käme er zu der Einschätzung, dass die heimische Öffentlichkeit eine Wiederherstellung „normaler“ Beziehungen mit Russland nicht zulassen wird, würde er den Spielraum für eine diplomatische Lösung weiter einengen.
Es besteht aber die Gefahr, aus den russischen Schwierigkeiten in den Anfangsstadien des Krieges zu weit gehende Annahmen über die Sklerose des Staates abzuleiten – etwa, dass Moskaus Militär der Aufgabe nicht gewachsen ist; dass seine Mühen in der Ukraine ein korruptionsgeschütteltes System offenbaren; dass Putin ein Papiertiger ist; dass das Regime in Moskau schon bald zu Fall kommen wird. Nun, der chinesische Autoritarismus hat den Tienanmen-Platz überlebt, die iranische Theokratie Jahre westlicher Sanktionen, und jüngst überlebte Baschar al-Assad den syrischen Bürgerkrieg.
Doch potentiell noch beunruhigender als unangebrachtes Wunschdenken ist das dritte Element: Wahrheit. Möglicherweise ist Putins Regime tatsächlich so schwach wie mancher annimmt. Erfahrene Russlandexperten, die nicht zu Übertreibungen neigen, glauben, dass es im Ergebnis dieser Krise kollabieren könnte. „Seit zwanzig Jahren beobachte ich dieses Regime und zum ersten Mal stelle ich es ernstlich in Frage“, sagte Michael Kofman, Leiter der Russlandstudien am Arlingtoner Think Tank CNA im Podcast „War on the Rocks“. Eine gute Sache, oder etwa nicht? Nicht unbedingt. Kofman zeigte sich auch besorgt, was als Nächstes komme, wenn Putins Regime fällt. „Ich sage nicht, dass es durch etwas Besseres ersetzt werden wird“, meinte er. „Wenn du das autoritäre System von heute nicht magst, wird dir möglicherweise das autoritäre System, das danach kommt, auch nicht gefallen.“
Klatschen, Klatschen, auf das die leeren Flaschen platzen?
Von Pascal Beucker, Anna Lehmann und Christoph Schmidt-Lunau
Nach ihrem Debakel betreibt die Linke Manöverkritik. Doch auch der generelle Trend für die Partei geht nach unten.
Es ist ein Tag, an dem nichts mehr schönzureden ist. „Das ist natürlich ein desaströses Ergebnis“, sagt Janine Wissler in der Bundespressekonferenz. Es sind nicht viele Journalist:innen gekommen, um zu hören, was sie, ihre Co-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow und die saarländische Spitzenkandidatin Barbara Spaniol zu dem Wahldebakel an der Saar zu sagen haben. Was nicht nur daran liegt, dass zeitgleich Friedrich Merz im Konrad-Adenauer-Haus versucht, die CDU-Niederlage zu erklären, sondern vor allem an dem Abschneiden der Linkspartei an der Saar: Mit 2,6 Prozent ist sie ausgerechnet in ihrer einstigen Hochburg zu einer Splitterpartei geschrumpft, nur noch knapp vor der Tierschutzpartei.
Wissler und Hennig-Wellsow machen ebenso wie Spaniol vor allem die besondere Situation an der Saar, die tiefe Zerstrittenheit des dortigen Landesverbandes, die im Austritt ihres einstigen Zugpferdes Oskar Lafontaine zehn Tage vor der Wahl gipfelte, für die Wahlkatastrophe verantwortlich. Da ist auch etwas dran, es reicht zur Erklärung aber alleine nicht aus. Denn der generelle Trend geht für die Linkspartei nach unten. Das Ausmaß der Krise ist wesentlich größer. Sie droht bundesweit in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Die Parteivorsitzenden wirken ratlos, wie so viele zurzeit in der zerzausten Partei.
Für die kommenden Landtagswahlen in westdeutschen Bundesländern verheiße die Saarland-Wahl nichts Gutes für die Linkspartei, analysiert der Sozialwissenschaftler Horst Kahrs in seiner Wahlauswertung für die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Persönliche Zerstrittenheit und anschließender Vertrauensverlust hätten zwar für den Absturz aus dem zweistelligen Bereich eine Rolle gespielt. Doch befinde sich die Partei an der Saar „nun auf dem gleichen außerparlamentarischen Niveau wie in allen westdeutschen Ländern außer Hessen, Hamburg und Bremen“, so Kahrs. „Konnte der Verweis auf die besonderen saarländischen Verhältnisse zwar außerordentliche Erfolge erklären, so schützt er nicht mehr vor Antworten auf die Frage, welche Konsequenzen aus den letzten Wahlniederlagen nun gezogen werden sollen.“ Von der Saarland-Wahl gehe für die Linkspartei „das Zeichen aus, dass Bedeutungsverlust nochmal Fahrt aufnimmt, und weiteres Abwarten auf günstige Situationen keine erfolgversprechende Option ist“.
Die Berliner Landeschefin und stellvertretende Bundesvorsitzende Katina Schubert verweist auf die bundesweite Bedeutung der Personalie Oskar Lafontaine. Er habe die Linke immer benutzt, um die SPD wieder sozialdemokratisch zu machen. „Das scheint jetzt in seinen Augen gelungen zu sein, damit hat die Linke aus seiner Sicht ihre Aufgabe erfüllt“, sagte Schubert der taz. „Umso wichtiger ist es, Alternativen zu sozialdemokratischer und grüner Beliebigkeit von Aufrüstung, ein bisschen Klima, ein bisschen gute Arbeit zu entwickeln und ausstrahlungsfähig zu machen.“ Jetzt müsse es darum gehen, „die Linke als spannende Alternative zur Ampel neu aufzustellen“.
Ähnlich sieht es der frühere Bundesvorsitzende Bernd Riexinger. Jenseits der innerparteilichen Querelen habe es die saarländische Linkspartei „nicht geschafft, neben einer sich wieder sozialdemokratisch gebenden SPD das eigene Profil zu schärfen“, sagte Riexinger der taz. Die zentrale Frage müsse nun sein, „ein konsequent linkes Profil für die Herausforderungen einer sozialen und ökologischen Transformation in den Vordergrund zu stellen“.
„Das Entscheidende für unsere Partei ist, dass wir unseren Gründungskonsens erneuern, dass wir nach vorne schauen“, sagt Wissler am Montag in der Bundespressekonferenz. Doch wie soll das gelingen?
Gespräche unter Flüchtlingen ? Einer liegt und Andere müssen stehen?
Als die Linkspartei vor fünfzehn Jahren entstand, waren die Aufbruchstimmung groß und die Ansprüche hehr. „Gemeinsam wollen wir eine Partei, wie es sie in Deutschland noch nicht gab – Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant, antirassistisch und antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend“, ist in der „Programmatische Eckpunkte“ genannten Gründungserklärung zu lesen, auf die sich die ostdeutsch geprägte PDS und die westdeutsch dominierte WASG Ende März 2007 auf parallel stattfindenden Parteitagen in den Dortmunder Westfalenhallen verständigten.
Heute erinnert nur noch wenig daran, was die Linkspartei mal hatte werden wollen. Ein Hauen und Stechen allerorten, die Umgangsformen untereinander sind nicht nur im Saarland unterirdisch. Mittlerweile sei sie „längst eine Mogadishu-Linke, in der unterschiedliche Stammesführer nur noch die eigene schmale Anhängerschaft bedienen“, twitterte frustriert der ehemalige Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi am Wahlabend. Er bleibe zwar „demokratischer Sozialist“, habe sich jedoch „innerlich bereits so stark von meiner Partei entfremdet, dass mir derzeit der Glaube an dieses Projekt abhandengekommen ist“.
Verheerende Polarisierung innerhalb der Partei
Was De Masi unerwähnt ließ, ist sein eigener Beitrag an dem Fiasko. Mit seiner äußerst aktiven Beteiligung an der gescheiterten „Sammlungsbewegung Aufstehen“ Sahra Wagenknechts hat er nicht unentscheidend an der verheerenden Polarisierung innerhalb der Partei mitgewirkt, aus der sie nun keinen Ausweg mehr zu finden scheint. Aber auch das ist charakteristisch für die Linkspartei: Selbstkritik gehört weder bei den einen noch den anderen zu den Stärken.
Ein Extrembeispiel dafür lieferte am Montag Thomas Lutze, der hochumstrittene Nochlandesvorsitzende der Saar-Linken, der mit seinen jahrelangen Machtspielchen maßgeblichen Anteil an dem Desaster im Saarland hat.
Unten — Zu dokumentarischen Zwecken behielt das Deutsche Bundesarchiv häufig die original-bildunterschriften, die sein kann fehlerhaft, voreingenommen, veraltet oder politisch extrem. ADN-ZB/Sindermann/9.9.87/ BRD: Honecker-Besuch Der Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Erich Honecker, traf in Saarbrücken mit dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, Oskar Lafontaine, stellvertretender Vorsitzender der SPD (l.), zusammen. Zugegen war auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag von Niedersachsen, Gerhard Schröder.
Bundesarchiv, Bild 183-1987-0909-423 / Sindermann, Jürgen / CC-BY-SA 3.0
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Saar – FDP macht die Ampel instabil – . – 2.) Hartes Urteil über den Altkanzler – . – 3.) Saar – Die Macht einer Altersgruppe – . – 4.) Regimewechsel in Russland – . – 5.) Saar – Plötzlich wieder PDS – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Wenn der amtierende Wirtschafts-Minister einen Tag vor den Wahlen in einen Interview propagiert: „Ich bin nicht der Minister für die Grünen“, braucht sich doch Niemand über ein solches Ergebnis zu wundern. Wenn die persönliche Arroganz das Hirn überflügelt, sollte er sich die Wahlstimmen von seinen Staat holen. Als Ergebnis muss festgestellt werden, dass nur die Gründungsjahre der Partei – Grün waren, gerade so wie in der Linken auch: In einer sozial gestrickten Partei gehören weder Wagenknecht noch ihre Verehrer-Innen.
Folgen der Saarland-Wahl im Bund
1.) Saar – FDP macht die Ampel instabil
Der Honeymoon der Berliner Koalition ist vorbei, die Nervosität wächst. Und das Projekt Linkspartei neigt sich dem Ende zu. Die Grünen haben es nicht in den Landtag geschafft, weil 23 WählerInnen im Saarland am Sonntag lieber spazieren gegangen sind, als grün zu wählen. Kann man Wahlergebnisse in kleinen Bundesländern mit solchen Kuriositäten auf die Bundespolitik hochrechnen? Landtagswahlen als Fieberthermometer nationaler Politik zu nutzen, mag fragwürdig sein. Sie sind trotzdem die Hartwährung, mit der auch die politischen Akteure kalkulieren, daher sind sie wirkmächtig. Für die Ampel ist diese Wahl doppelbödig. Der Reflex, neue Regierungen in Berlin in der Provinz zu bestrafen und im Bundesrat die Vetomacht der Opposition zu stärken, blieb aus. Alle drei Parteien haben hinzugewonnen. Und doch hat die Wahl die Bruchlinien in der Ampel sichtbar gemacht: Christian Lindner überrumpelte im Vorfeld SPD und Grüne mit dem Tankrabatt. Der frische Geist des Gemeinsamen, der die Koalitionsverhandlungen prägte, ist verbraucht. In einer hektischen Nachtsitzung wurde ein unausgegorenes Entlastungspaket geschnürt, das unbedingt vor der Saarland-Wahl fertig sein musste. Gerettet hat dieser Aktionismus die FDP nicht. Sie ist in der Ampel der schwächste und daher unberechenbare Teil, der zudem liebevoll von der mit Merz revitalisierten Union attackiert wird. Dass Lindners Tankrabatt-Coup an der Saar erfolglos blieb, macht die Ampel instabiler. Der Honeymoon ist seit Sonntag vorbei. Die Nervosität wächst. Das zweite Ergebnis ist: Dies war nicht bloß eine Wahlniederlage für die Linkspartei, es ist ein Offenbarungseid. Die Linkspartei ist, von Bremen, Hessen und Hamburg abgesehen, im Westen auf dem Weg zur Sekte. Der Fall Lafontaine und Saarland ist speziell – aber dieser Absturz ist eine Metapher für den Zerfall zwischen Flensburg und Garmisch. So schlimm wie die Niederlage ist die ratlose Hilflosigkeit der Parteispitze. Fraktionschef Dietmar Bartsch fordert, „ein ‚Weiter so‘“ könne „es nicht geben“. Dabei verkörpert gerade er jenes eiserne „Weiter so“, das den GenossInnen zur zweiten Natur geworden ist. Sprechunfähige Linke.
Steinwürfe aus einen Glashaus? Wer hätte diesen Satz noch nie gehört: „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“ Das genau ist die Sprache welche die Studierten aus Parteien und Bundestag einander zusammen bringt! Die Not überflügelt das Elend unter Doktoren und Professoren. Viele Jahre auf Kosten der Gesellschaft studiert aber rein gar nicht gelernt! Nur Abstand statt Anstand. Ein Troll kommt selten allein. Der Streit des Jahres unter den Kapitalisten als Dank an ihrer versagenden Politik.
Lauterbach sieht Schröder „an der Grenze zur Witzfigur“
2.) Hartes Urteil über den Altkanzler
Die Vermittlungsversuche Schröders im Ukraine-Krieg seien naiv und fast peinlich gewesen, sagt Lauterbach. Der Begriff „Fremdschämen“ falle ihm dazu ein. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Vermittlungsversuche von Altkanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg als naiv bezeichnet. „Also wenn jemand wie (Russlands Präsident Wladimir) Putin einen Krieg macht, da wird er nicht sagen: ‚Oh Gerd, jetzt, wo du das sagst, ich denk nochmal drüber nach, vielleicht mach ich jetzt hier mal langsam’“, sagte Lauterbach in der ARD-Dokumentation „Konfrontation“, die am Montagabend ausgestrahlt wurde. „Mir hat Gerhard Schröder offen gesagt leid getan. Weil er hier eine Naivität an den Tag gelegt hat. Der ganze Auftritt grenzte ans Peinliche. Fremdschämen ist ein Begriff, der einem da in den Kopf kommt“, so Lauterbach. Schröder steht seit Jahren wegen seines Engagements für russische Staatskonzerne in der Kritik – vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine nimmt der Druck auf ihn immer weiter zu. Anfang März reiste der Altkanzler nach Moskau, wo er mit Putin sprach. Berichten zufolge soll er in Istanbul auch eine ukrainische Delegation getroffen haben. Die SPD-Führung hat Schröder ultimativ aufgefordert, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen.
Wo blieb der Merz? Kommen die leeren Flaschen der CDI immer erst im Herbst? Früher hießen sie Adenauer und Kiesinger, damit waren die Nationalisten-Merkels schon immer schon immer Standbeine der Partei. Aber im Saarland hat letztendlich der Spritverkostern als Hänschen versagt. Als Hans dürfte er dann auch auf DL seine Meinung sagen. Das Glück der SPD: „Lauterbach und Schröder standen nicht auf ihrer Wahlliste.“
Eine klare Warnung für die nächsten Wahlen
3.) Saar – Die Macht einer Altersgruppe
Die SPD gewinnt, die CDU stürzt dramatisch ab, Grüne und FDP schaffen es nicht mal über die Fünf-Prozent-Hürde: Die Wahl im Saarland zeigt, wie entscheidend die Stimmen einer einzigen Wählergruppe sind. Seitdem die SPD im vergangenen Herbst knapp die Bundestagswahl gewonnen hat, stand die Frage im Raum, ob sie ihren Erfolg bei den Landtagswahlen in diesem Jahr wiederholen kann. Im Saarland hat sie nun einen großen Sieg erzielt, ist mit 43,5 Prozent die bei Weitem stärkste Kraft geworden und kann sogar allein regieren. Doch die Wahlanalysen zeigen: Die großen Zugewinne verdankt die SPD weit überdurchschnittlich älteren Wählern. Während die Sozialdemokraten bei den Wählern bis 24 Jahren gerade einmal zwei Prozent zulegen konnte, haben sie bei den über 70-Jährigen 20 Prozent hinzugewinnen können. Dass sich dieser Erfolg so deutlich niederschlägt, verwundert wenig: Im Saarland ist laut Statistik des Demografie-Portals fast jeder vierte Saarländer bereits über 65 Jahre alt – nur jeder Sechste ist jünger als 20 Jahre. Die Landtagswahl im Saarland nach Altersgruppen.
Hieß es nicht ganz besonders in der Politik schon immer: „Bist du selber zu schwach – werden alle deine Gegner von deiner Schwäche profitieren?
Joe Biden holt aus und wirft zu weit
4.) Regimewechsel in Russland
Die Aufforderung des US-Präsidenten Joe Biden zum Regimewechsel in Russland war unmissverständlich – aber ein Missverständnis, teilt sein Lektorat mit. Es ist schon ein außergewöhnlicher Vorgang und ein ungewöhnlich peinlicher dazu. Erst das Weiße Haus, dann Außenminister Antony Blinken melden nach der Warschau-Rede von Joe Biden Korrekturbedarf an. „Dieser Mann darf nicht bleiben“, hatte der amerikanische Präsident in Richtung Wladimir Putin gesagt. Da sei keine Aufforderung zum Regimewechsel gewesen, versichert sein Lektorat. Unbedingte Kontinuität. Was dann? Zumal Erfahrung eines Besseren belehrt. Dass sich US-Administrationen anmaßen, zu entscheiden oder Einfluss darauf zu nehmen, wer in anderen Ländern regiert, ist seit langem und durch Tatsachen verbürgt. Es gibt eine Tradition, eine geradezu historisch anmutende Kontinuität, sich dem Ansinnen zu verschreiben, regime change zu betreiben, wenn ein Regime nicht passt. Wann immer man beginnt, diesbezüglich Bilanz zu ziehen – jener Eindruck bleibt. In den 1950er Jahren war der iranische Reformpremier Mohammad Mossadegh ebenso im Weg wie der guatemaltekische Präsident Jacobo Árbenz, der 1954 mit Hilfe der CIA aus dem Amt geputscht wurde. Kommen die letzten 40 Jahre in Betracht, wäre an 1983 und die Karibikinsel Grenada zu erinnern, auf der eine progressive Regierung durch eine US-Intervention zu Fall kam. Es folgte 1989 der Sturz des missliebigen Staatschefs Manuel Norriega in Panama. 1999 war der NATO-Luftkrieg gegen Restjugoslawien der Hebel, um Slobodan Milosevic in Belgrad zu entmachten. 2001 wurden die Taliban in Afghanistan per US-Invasion abgeräumt, 2003 folgte Saddam Hussein im Irak, 2011 Muammar al-Gaddafi in Libyen. Unterschiede gab es in der Intensität des Militäreinsatzes, nicht aber im Ergebnis. Präsident Assad in Syrien rettete vermutlich die libysche Erfahrung, dass regime change und failed state verschwistert sein können, also nach dem Eingriff politische Nachsorge vonnöten ist. Das hätte in Syrien Besatzung bedeutet, für die USA die Aussicht auf ein Himmelfahrtskommando, genauso für mögliche NATO-Partner, die sich zu Beistand hätten aufraffen müssen (s. Afghanistan). Gegen die halbe Welt.
Müssten sich diejenigen, welche Heute den Ausgang der Wahlen im Saarland kritisieren zu aller erst an die eigene Nase fassen um sich zu fragen wer denn und warum der ewige Flüchtling so hoch gejubelt werden konnte. Es hatte kaum jemand gewagt oder auch nur versucht hinter seine potemkinsche Fassade zu schauen. In der Politik wurde immer schon und immer noch nur das Gesehen was die Zahlen nach oben trieb. Wie sagen wir so schön: „Der König ist Tod – es lebe der König. Wäre der König erst gar nicht in Macht und in Würde gehoben worden, lebte er vielleicht noch Heute? In jeder Partei wollen viel zu viele Versager-Innen nach Oben, welche nirgendwo anders einen Führungsposition erhalten hätten, wenn sie keine Erfahrungen nachweisen können.
Linke im Saarland
5.) Saar – Plötzlich wieder PDS
Die Linke ist im Saarland auf das Niveau der Zeit vor Oskar Lafontaine gesunken. Wie die Parteivorsitzenden die Niederlage einordnen. Dieser Termin hätte ein ganz besonderer werden können: Berlin, Bundespressekonferenz. Heraus aus dem kleinen Saarland, hinein ins Rampenlicht der Hauptstadt. Doch Barbara Spaniol, die bei der Landtagswahl im kleinsten Flächenland als Spitzenkandidatin der Linken in die großen Fußstapfen des langjährigen Dominators Oskar Lafontaine getreten war, aber das Ruder nach den ewigen innerparteilichen Querelen und dem kürzlichen Parteiaustritt des ehemaligen Ministerpräsidenten auch nicht mehr herumreißen konnte, hätte auf ihren Kurzauftritt sicher gern verzichtet. »Das war gestern ein sehr bitterer Abend«, sagte sie nur. Die Linke hatte am Sonntag nur 2,6 Prozent der Wähler*innenstimmen auf sich vereinen können und ist künftig nicht mehr im Landtag vertreten. Ausgerechnet im Südwesten, wo die Partei einst große Erfolge gefeiert und 2009 mit 21,3 Prozent sogar manches Ost-Bundesland in den Schatten gestellt hatte, folgte nun auf einen jahrelangen Abwärtstrend ein tiefer Sturz. Minus 10,2 Prozent: So klare Verluste hat Die Linke bei keiner Bundestags- und Landtagswahl bisher erlitten. Hatte sie 2017 noch 68 566 Stimmen erhalten, blieben ihr 2022 nur noch 11 689 – ein Rückgang um 83 Prozent. Die Linke als »Oskar-Partei«.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Die Linkspartei sollte ihren Russland-Kitsch endgültig ablegen. So würde auch ihre Kritik am Westen überzeugender.
Die Partei Die Linke ist wieder auf Kurssuche. Die Partei- und Fraktionsspitze hat den Angriff Russlands auf die Ukraine klar verurteilt und damit die „Russia-Today-Fraktion“ in der Partei verprellt. Vor blau-gelben Solidaritätsbekundungen aber, erst recht vor der Unterstützung durch Waffenlieferungen, scheut die Partei weiter zurück. Sie zieht das neutrale Weiß der Friedenstaube vor. „Die Waffen nieder“ statt „Waffen für die Ukraine“ scheint die Losung zu sein.
Warum tut sich Die Linke so schwer damit, sich in der Ukraine-Krise auf die Seite der Angegriffenen und der westlichen Welt zu schlagen? Und wie sieht linke Sicherheitspolitik aus, die sich von alten Vorstellungen befreit? Wer die Haltung der Linken zu Russland und zum Westen verstehen will, muss auf die Geschichte blicken. Schon die Oktoberrevolution 1917 ließ in Teilen der deutschen Linken ein Russlandbild entstehen, das von tiefer Bewunderung geprägt war: In Moskau war der Fortschritt beheimatet – im Westen der Versuch, ihn aufzuhalten.
Ein Bild, das mit dem Zweiten Weltkrieg zur offiziellen Weltdeutung des europäischen Kommunismus wurde. Die SED und ihre Freunde in Westdeutschland sahen in der Nato ein Herrschaftsinstrument der USA zur „Versklavung der Völker Europas“. Die Sowjetunion dagegen war großer Bruder und Befreier vom Faschismus. Der Feind stand im Westen – im Osten wohnten Freunde. Auch nach 1990 wurden diese konträren Nato- und Russlandbilder in der „SED-Nachfolgepartei“ PDS wachgehalten – und dienten als Folie der Weltdeutung.
Nach dem Angriff des Irak auf Kuwait im Golfkrieg 1991 prangerten sozialistische Abgeordnete den „Bombenterror“ des Westens an. Das Eingreifen der Nato in den Kosovokrieg 1999 verurteilten sie als Angriffskrieg. Und nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 gaben einige in der Partei den Amerikanern selbst die Schuld. Dass prominente Linke heute wieder lautstark auf die Provokationen des Westens verweisen, um die russische Aggression zu erklären, kommt daher nicht überraschend.
Von Russland-Freundschaft und Nato-Bashing
So offensichtlich die historischen Kontinuitäten sind – sie verdecken zugleich, dass die Partei auf ihrem Weg von der SED zur heutigen Partei Die Linke sicherheitspolitische Positionen entwickelt hat, die über Russland-Freundschaft und Nato-Bashing hinausgehen. Maßgebliche Vokabeln sind Verständigung, Multilateralismus und nicht zuletzt das Völkerrecht. Entsprechend begründete die PDS ihre Ablehnung des Nato-Einsatzes im Kosovo 1999 offiziell mit seinem völkerrechtswidrigen Charakter.
Die Allianz habe das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen untergraben und einen problematischen Präzedenzfall geschaffen. Ein Vorwurf, den ähnlich auch Liberale wie Burkhard Hirsch erhoben. Dass Die Linke den Westen bis heute für unehrlich hält, wenn es um das Völkerrecht geht, ist also nicht nur ideologischer Ballast des Kalten Kriegs.
Auch die anhaltende Kritik der Partei an tödlichen Drohneneinsätzen der USA passt zu ihrer Völkerrechtsdogmatik. Der Anspruch ist klar: Wo andere dazu neigen, ein Auge zuzudrücken, wenn es um westliche Verstöße gegen Völker- und Menschenrechte geht, schaut Die Linke genauer hin und hält ihnen den Spiegel vor. Was aber ist daran falsch? Das Problem ist und war schon immer die Glaubwürdigkeit. Beim russischen Imperialismus wurden linke Augen in der Vergangenheit oft trüb.
Sei es im Fall Georgien oder nach der Annexion der Krim: Häufig flüchtete sich Die Linke in Relativierungen, statt den Aggressor klar zu benennen und Konsequenzen zu ziehen. Für die Partei- und Fraktionsführung ließ sich dieser Kurs nach dem Angriff auf die Ukraine nicht mehr halten: Der aggressive Völkerrechtsbruch geht eindeutig von Russland aus; die UNO ist durch das russische Veto im Sicherheitsrat blockiert; und Putin selbst hat bisherige Friedensinitiativen ins Leere laufen lassen.
Arbeitet die AfD vielleicht nur für die CDU in spe ?
Von Jimmy Bulanik
Das Geschäft der Politik bedarf immer Geld. Das gilt mitunter für jene welche eine inhaltliche Herausforderung darstellen. Dies gilt auch für die „AfD“.
Alle welche ein Konto haben können dahingehend kreativ sein. Die Kapazitäten der „AfD“ in Anspruch nehmen. Mittels einer kreativen Spende.
Der „AfD“ einen symbolischen Cent als eine zweckgebundene Wahlkampfspende zu überweisen. Unter Angabe der eigenen Adresse im Verwendungszweck. Das hat folgende Auswirkungen.
Die „AfD“ muss die Bürokratie betreiben. Jeden Vorgang dokumentieren. Dies kostet die „AfD“ Zeit für die Bearbeitung durch das Personal.
Der solidarische Internationalismus ist Trumpf
In der Zeit kann das Personal keinen anderweitigen Schaden anrichten menschenfeindliche Inhalte zu schreiben oder verbreiten. Die „AfD“ muss Strom bezahlen. Die „AfD“ muss dies Ausgaben für Büromaterial wie Papier, Briefumschlag und das Porto von 85 Cent bezahlen.
Die Post wird vor der Arbeitslosigkeit bewahrt. In der Summierung wird die „AfD“ noch ihre Freude an der Kreativität der Spendenpraxis haben. Bei Spenden via Girokonto darf dies aus der ganzen EU der Fall sein. In dem Fall muss die „AfD“ für das Porto pro Spende 1,10 Euro bezahlen.
Solch eine kreative Spendenpraxis von einem Cent kann innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, innerhalb der Europäischen Union beliebig wiederholt werden. Natürlich muss die „AfD“ auf Anfragen von Spenderinnen und Spendern auf schriftlicher Anfrage um kein Geld für das Porto zu verschwenden via Email Auskünfte erteilen, wie sie mit dem Geld umgegangen sind. Auch das beansprucht der „AfD“ Kapazitäten.
Die Kontodaten der „AfD“ auf Bundesebene lautet:
„Alternative für Deutschland“
Berliner Volksbank e.G.
IBAN: DE94 1009 0000 2661 2620 20
BIC: BEVODEBB
0,01 Euro
Wahlkampfspende Europawahl 2024, Strasse Hausnummer, PLZ, Ort
Es ist ratsam jene Menschen welche außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben auf diese Möglichkeit der Zweckgebundenen Spendenpraxis hinzuweisen. So auch auf das Recht auf Auskunft wegen des Umgangs mit der Spende.
Deshalb ein Musterschreiben zur Auskunft. Auch dabei gilt die Formfreiheit. Eine humoristische Pointierung ist straffrei und hat noch keinem geschadet.
Vorname, Nachnahme
Straße, Hausnummer
Postleitzahl, Ort
(ggf.) Land
„AfD“
Schillstraße 9
10785 Berlin
Antrag zur Auskunftserteilung bezüglich meiner Wahlkampfspende an die „AfD“
„Leeve“ Kameradinnen und Kameraden von der selbstbezeichneten „AfD“
Am (Datum) habe ich Ihrer Partei (Anzahl) zweckgebundene Wahlkampfspende(n) überwiesen. Jetzt erwarte ich von Ihnen wie ihr mit meinem Geld umgegangen seid. Als zugelassene Partei seid ihr juristisch dazu verpflichtet.
Deshalb erwarte ich zeitnah eine schriftliche Antwort per Brief an mich.
Mit humanistischen Grüßen nach Berlin,
(Vorname), (Nachnahme)
Die Gallionsfigur der deutschen Philosophie, Immanuel Kant, feiert mit der amerikanischen Politik derzeit Höchststände. Vor 200 Jahren postulierte der selbsternannte Philosph aus Königsberg seinen kategorischen Imperativ (KI) so: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Und das liefert genau die Legitimation für alle US-Präsidenten seit Dekaden, stets nur nach ihren Maximen zu handeln, von denen sie natürlich wollten – und sie wollen es noch immer -, dass diese zur allgemeinen (internationalen) Ordnung werden. Und der politische Westen läuft dieser Vorstellung blind hinterher. Dieser verschwurbelte KI gilt kurioserweise als Höchstform der Goldnen Regel (GR), die schon von Confucius vor 2.500 Jahren viel sinnfälliger so formuliert wurde: „Was du selbst nicht wünschest, das tue nicht den Menschen an.“ In der Bibel wurde dann daraus: „Behandelt andere immer so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet“ (Mt 7:12). Und heute plappern wir gedankenlos vor uns hin: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu“, behandeln aber gleichzeit und selbstherrlich oft andere in einer Weise, wie wir selbst nicht behandelt werden wollen.
Wie geschrieben, hat der KI nur dann etwas mit Ethik oder Moral zu tun, wenn er von einer edlen Gesinnung getragen wird. Wie insbesondere von der US-Politk praktiziert, geht es aber nur um den eigenen Willen und Vorteil. Die GR nach Confucius hingegen berücksichtigt gleichwertig die Situation des Anderen. Das ist nicht nur ein völlig unterschiedliches philosophisches Verständnis, sonder geradezu ein Clash der Kulturen von Ost und West. Während die USA seit Dekaden ihre Vorstellungen von was auch immer mit militärischer Gewalt und neuerdings mit Sanktionen durchsetzen wollen, hat z.B. China seit Gründung der Volksrepublik keinen einzigen Krieg zur Durchasetzung seiner Pläne geführt und nie aggressiv sanktioniert. Betrachtet man die Ergebnisse dieser unterschiedlichen Einstellungen, muss man nüchtern feststellen, dass die USA mit ihrer „America First“-Relligion weltweit auf der Verliererstraße sind, während China und auch viele andere asiatische Staaten gleichzeitig eine beispielhafte wirtschaftliche (weltweit) und soziale (national) Entwicklung vollzogen haben.
Würden sich heute alle an die GR nach Confucius halten, gäbe es keinen Krieg, nirgendwo und schon gar nicht wie in der Ukraine. Hier tobt eigentlich eine Auseinandersetzung zwischen dem Westen unter US-Führung und Russland. Seit der Auflösung der UDSSR weiß der Westen, was Russland will, und hat z.B. zugesagt, die NATO keinen Meter nach Osten zu erweitern. Heute soll das nicht mehr gelten, weil es ja nur mündlich war. Aber hoppla, bei allen öffentlichen Reden gilt das gesprochene Wort, und wer sein Wort nicht hält, verdient auch kein Vetrauen. Das entschuldigt zwar keineswegs die kriegerischen Handlungen Russlands in der Ukraine, zeigt aber deutlich die Mehrzüngigkeit der USA und des Westens in Sachen seines KI. Vergessen wir den KI mit seiner Perversion und halten wir uns lieber an die Goldene Regel nach Confucius, wenn unsere Welt überleben soll.
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WM, Energiepauschale und Trumpisten: Die Rache der Republikaner – Die Ampelkoalition einigt sich auf eine Energiepreispauschale und ÖPNV-Tickets. In den USA wird eventuell Geschichte geschrieben und die WM rückt näher.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Spaßige Umfragen zur Saarlandwahl.
Und Rache der Republikaner für die Befragung des Richters Kavanaugh, den die Trumpisten trotz manifester Vergewaltigungsvorwürfe durchdrückten. Brown Jackson wurde mit Fragen zu Pädophilie beschossen, was in der QAnon-Fankurve bejubelt wurde, hielt auf behämmerte Fragen ein juristisches Proseminar und vermied es, sich dafür zu entschuldigen, weiblich, afroamerikanisch und klug zu sein. Die Republikaner verfügen über 6 der 9 Ämter im Obersten Gericht, auf Lebenszeit; möge Brown Jackson 150 werden.
Die Ampelkoalition hat angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ein Entlastungspaket für deutsche Bürger:innen geschürt. Haben Sie schon Pläne, was Sie mit Ihrer 300-Euro-Energiepreispauschale tun?
Zweimal volltanken, bitte. Und ein Schnaps für das schlechte Gewissen: Mit 300 Euro könnte man vielen Menschen ernsthaft helfen – in dem Jahr, in dem der Hartz-Regelsatz um obszöne 3 Euro erhöht wurde. Die Ampel bedient knödeliges Anspruchsdenken auch der Besserverdienenden, und vergisst bisher Rentner, Azubis und Arbeitslose. Ihnen bleibt der Trost, die Sause irgendwann mit zu bezahlen. Gefühlt hätten viele auch einen autofreien Sonntag mitgemacht, allein um aus der Ohnmacht rauszukommen – verschenkt.
Zusätzlich soll es für drei Monate ein 9-Euro-Monatsticket für den ÖPNV geben. Ist das der Beginn der Verkehrswende?
Sphärischer Jubel im leeren Bus nach Nirgendwo: Allen Studien zufolge mögen nun ein paar Fußgänger zusteigen, wenn’s denn noch eine Buslinie gibt; Autofahrer lassen auch bei Nulltarif die Karre einfach nicht stehen. Lenkungswirkung also ungefähr gleich null. Außerhalb der Städte werden viele sich freuen, dass sie jetzt günstig Bus fahren könnten, wenn’s einen gäbe. Die Regierung entlastet erst mal sich, vom Vorwurf des Nichtstuns. Dabei haben sie bessere Pläne in der Schublade; die haben die Russen bisher nicht angegriffen.
Bargeld der ukrainischen Währung Hrywnja kann in Deutschland nicht in Euro umgetauscht werden. Warum ist man auf ein so grundlegendes Problem einen Monat nach dem Beginn des Angriffskriegs nicht vorbereitet?
Weil das ein Pappschild wäre, mit der Aufschrift „letzter Geldautomat der Barmherzigkeit in Europa“. Die polnische Regierung bietet einen „gerundeten Wechselkurs“, im Rest Europas ist Hrywnja buntes Papier. Da man nicht weiß, ob und wie er je wieder umgetauscht werden wird, müsste er durch eine Garantie der EU abgesichert werden. Und, egal wie viel die Flüchtenden noch gerettet haben: Die Wechselsumme müsste begrenzt werden, sonst droht eine Umwegfinanzierung der Ukraine. Hey … wie war das damals mit dem „Begrüßungsgeld“? Ich geh davon aus, gerade DDR-Bürger fänden das jetzt eine gute Geste.
Mit einem öffentlichen Appell stellen Menschen aus Politik, Wissenschaft und Kunst gegen die geplante massive Aufrüstung der Bundeswehr. Zehntausende haben bereits unterschrieben – Sie auch?
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) SPD-Kandidatin Rehlinger siegt klar – . – 2.) „Martyrium“ vom Papst angeprangert – . – 3.) Linkspartei geht auf Distanz zu Modrow – . – 4.) Die Weiche Seite der Macht – . – 5.) Rede des US-Präsidenten in Warschau – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Noch ist der Monat April nicht auf die CDU hinab geregnet ! Der März hat seinen Verpflichtungen noch nicht genüge getan. Lassen wir uns also überraschen wer in den nächsten Tagen noch das Handtuch des Versagens wirft? Für alle anderen Parteien waren wohl kaum andere Ergebnisse zu erwarten. Wie glücklich muss der Schlafwagenschaffner der SPD gewesen sein, das ihn dieses mal niemand auf den Abtritt hinzuweisen brauchte ? Und Hans, der Treibstoffverkoster zieht sich auf sein Junges-, Alten-teil zurück?
Krachende Niederlage für die CDU im Saarland
1.) SPD-Kandidatin Rehlinger siegt klar
Im Saarland steht ein Machtwechsel an: Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat die Wahl gegen seine sozialdemokratische Kontrahentin Anke Rehlinger (SPD) mit großem Abstand verloren. Die SPD hat im neuen Drei-Parteien-Parlament sogar eine absolute Mehrheit. Im Saarland gibt es nach mehr als zwei Jahrzehnten einen Machtwechsel. Bei der Landtagswahl wurde die SPD am Sonntag mit einem haushohen Sieg stärkste Partei vor der CDU. Neue Ministerpräsidentin wird ihre Spitzenkandidatin, die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger. Die 45-Jährige löst den bisherigen CDU-Regierungschef Tobias Hans (44) ab. Die erste Landtagswahl seit der Bundestagswahl vor einem halben Jahr galt auch als Stimmungstest für die neue Bundesregierung. Nach den vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichen die Sozialdemokraten 43,5 Prozent der Stimmen. Im Vergleich zur Wahl 2017 (29,6 Prozent) bedeutet dies ein Plus von knapp 14 Punkten. Die CDU stürzt hingegen auf 28,5 Prozent ab (2017: 40,7 Prozent) – ihr schlechtestes Ergebnis an der Saar seit mehr als sechs Jahrzehnten. Rechnerisch wäre damit in Saarbrücken wie schon seit zehn Jahren wieder eine große Koalition möglich – nun allerdings unter Führung der SPD. Da die SPD jedoch alleine eine absolute Mehrheit der Sitze im neuen Landtag hat (29 von 51), ist dies wohl nur eine theoretische Konstellation. Rehlinger kann allein, ohne Koalitionspartner regieren.
Warum verweist dieser stellvertretende aller Stellvertreter dann nicht seine Meinungslosen Sprengköpfe in Uniformen aus der Deutschen Mördertruppe? Militärische Einrichtungen wurden immer zur zur Wahrung der eigenen Stärke von Schwächlingen aufgebaut.
Papst verurteilt „grausamen und unsinnigen Krieg“
2.) „Martyrium“ vom Papst angeprangert
Mit Patriarch Kyrill I. von Moskau sucht Papst Franziskus bereits vor einer Woche das Gespräch – jedoch ohne Erfolg. Nun macht sich das Kirchenoberhaupt beim Angelusgebet in Rom erneut für die Ukraine stark und findet scharfe Worte für Russlands Angriffskrieg. Papst Franziskus hat das „Martyrium“ in der Ukraine angeprangert. Das katholische Kirchenoberhaupt verurteilte am Ende seines Angelusgebets in Rom die „Aggression“ Russlands in der Ukraine und den „grausamen und unsinnigen Krieg“. Der Krieg zerstöre nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft einer Gesellschaft, sagte der Papst. Er sei „barbarisch und frevelhaft“. Die politisch Verantwortlichen müssten einsehen, dass „jeder Tag des Krieges die Lage für alle verschlechtert“. Auf Twitter macht sich Franziskus für ein Ende des Krieges stark und appelliert an die Gläubigen: „Wir dürfen uns nicht an den Krieg gewöhnen! Stattdessen müssen wir die Empörung von heute in ein Engagement von morgen umwandeln. Denn wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir alle in irgendeiner Weise schuldig sein.“
Wer hatte es nicht gehört: „Das eindringliche Klopfen aus den Sarglager der Linken?“ Einen Ältestenrat nennt sich der Klub welcher sich mit Aufgaben befasst, welche Partei- und Fraktions-Führungen versaubeutelt haben? Da Treffen sich dann die Gruftis und Verwesis welche nur noch im Glanz ihrer Vergangenheit schwelgen und so langsam muffelnd vor sich hin modern. Ehemalige Ministerpräsidenten, SED Schwadroneure-Innen und und Stasi Anhänger-Innen betteln um ihr Gnadenbrot, als die Ü – 90 Truppe aus vergangenen Tagen.
Modrows Relativierung des Ukrainekriegs
3.) Linkspartei geht auf Distanz zu Modrow
Mit einer Äußerung zum Ukrainekrieg sorgt Hans Modrow für Empörung. Jetzt will die Linkspartei ihn als Vorsitzenden ihres Ältestenrats ablösen. Hans Modrow wird künftig nicht mehr dem Ältestenrat der Linkspartei vorstehen. Das Gremium soll in den kommenden zwei Monaten neubesetzt werden. Darauf hat sich der Vorstand der Partei auf seiner Sitzung am Samstag verständigt. Er zieht damit die Konsequenzen aus einem Papier, in dem der 94-jährige frühere DDR-Ministerpräsident den Überfall Russlands auf die Ukraine relativiert hatte. Die Auslassungen Modrows seien „inakzeptabel und stehen in Widerspruch zur gemeinsamen Position von Bundespartei und Bundestagsfraktion“, heißt es in dem ohne Gegenstimmen gefassten Beschluss des Parteivorstands, der der taz vorliegt. „Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen“. Modrow hatte Mitte vergangener Woche eine von ihm selbst verfasste „Mitteilung über die Beratung des Ältestenrates“ an den Parteivorstand und weitere Mitglieder der Linkspartei verschickt. In Bezug auf den Krieg in der Ukraine war dort zu lesen: „Die Frage, wie weit der Krieg in der Ukraine nun ein Einmarsch russischer Truppen ist oder sich als ein innerer Bürgerkrieg der Kräfte in den neuen Ost-Staaten und faschistischen Elementen im Westen der Ukraine darstellt, steht im Raum.“ Dieser äußerst eigenwillige Blick auf die russische Aggression sorgte für heftige Empörung in der Linkspartei und auch innerhalb des Ältestenrats selbst, in dessen Namen Modrow seine „Mitteilung“ verfasst hatte. Nicht nur Ulrich Maurer, einst SPD-Präsidiumsmitglied und später parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, soll einen Wutanfall bekommen haben. Widerspruch aus dem Ältestenrat
Was Joechen nicht gelernt-lernt Joe nimmermehr? Aber etwas gelernt haben auch die andren Präsidenten der USA nicht allzu viel, ansonsten wäre wohl der Welt, die Präsidentschaft eines Trump erspart geblieben! Dieser schrägen Vogel brauchte nicht einmal eingeflogen werden, da sich schon seine Vor-Ahnen aus Schland in das Neue-Land aufgemacht hatten.
Theorie der „Soft Power“ versagt im Ukraine-Krieg
4.) Die Weiche Seite der Macht
Angesichts dieses Krieges scheitern viele Welterklärungen – unter anderem die Theorie der „Soft Power“ von Joseph Nye. Warum? Wenn es ein Ranking der größten historischen Irrtümer in der Politikwissenschaft gäbe, dann wäre wohl Francis Fukuyamas Ende der Geschichte ganz weit oben zu finden, dicht gefolgt von Samuel P. Huntingtons Kampf der Kulturen. Was die Kriegsereignisse in der Ukraine anbelangt, so wäre nun ein drittes, nicht minder populäres Model zumindest einer kritischen Revision zu unterziehen, nämlich Joseph Nyes Konzept der „Soft Power“ in internationalen Beziehungen. Soft Power ist die weiche, nicht militärische, vielleicht sogar nicht destruktive Art, auf die eine Nation oder ein Bündnis eine andere Nation oder ein Bündnis dazu drängt, die eigenen Bedingungen zu akzeptieren, die eigenen Werte zu übernehmen, gemeinsame Interessen zu entwickeln (oder sie sich wenigstens einzubilden). Nach Joseph Nye basiert diese Soft Power auf drei Elementen: der Kultur (im weitesten Sinne) und ihrer Ausstrahlungskraft, den politischen Werten und ihren symbolischen Performances wie etwa Freiheit oder Gerechtigkeit, Wohlstand oder Sicherheit sowie den politischen Angeboten, die versprechen, nicht allein aus nationalem Eigennutz aufgestellt zu werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist vor allem ein Ergebnis der Soft-Power-Anwendung nach der Beendigung des Krieges. Der „American Way of Life“, aber auch französische und britische Kultur- und Gesellschaftsbilder waren attraktiv genug, um die postfaschistische Gesellschaft und ihre Regierungen in Richtung auf den westlichen, demokratischen Kapitalismus umzuformen.
In der Politik war schon immer die Rede, als der Weisheit letzter Schuss! Darum hörten auch viele ihrer Führer-Innen diese erst ganz zu Schluss. Vielleicht hat er ja nur über die eigentlichen Aufgaben seines FBI laut nachgedacht?
Warum wieder über Bidens Patzer diskutiert wird
5.) Rede des US-Präsidenten in Warschau
Hat Joe Biden zum Sturz von Wladimir Putin aufgerufen? Das Weiße Haus dementiert umgehend – aber der Kreml will die Steilvorlage nutzen. Die Redenschreiber des Weißen Hauses können einem leidtun. Da bereiten sie tagelang eine Rede ihres Präsidenten vor, die in die Geschichtsbücher eingehen, an Auftritte von John F. Kennedy und Ronald Reagan im Kalten Krieg erinnern soll. Ort – im Königspalast von Warschau, Hauptstadt des zum Frontstaat der freien Welt gewordenen Polens – und Zeitpunkt des Auftritts – ein Monat nach Kriegsbeginn, der Präsident hat zuvor ukrainische Flüchtlinge besucht – sind gut gewählt, die Choreografie stimmt. Als wenige hundert Kilometer entfernt russische Raketen auch noch in die westukrainische Stadt Lwiw einschlugen, war die Dramatik mit Händen greifbar. Die Rede, die Joe Biden dann hielt, war denn auch alles, was versprochen worden war. Bis kurz vor Schluss, als der Präsident selbst spontan einen Satz einfügte, der es in sich hatte. Außenminister Blinken muss klarstellen. „Um Himmels willen“, sagte Biden dann, „dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ Sofort entbrannte die Diskussion, ob Washington nun aktiv einen Sturz des russischen Präsidenten Wladimir Putin anstrebe.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Das Ziel sollte es immer sein. due Schufa abzuschaffen
Von Svenja Bergt
Intransparente Kriterien entscheiden darüber, ob Kund-innen einen Kredit bekommen. Doch jetzt gerät die Geheimniskrämerei unter Druck.
Frauen zahlen, wenn sie einen Kredit aufnehmen, dafür höhere Zinsen als Männer. Wenn sie denn überhaupt einen Kredit bekommen – eine Finanzierungszusage erhalten Männer in 71 Prozent der Fälle, bei Frauen liegt die Quote bei 64 Prozent. Die Zahlen sind das Ergebnis einer Auswertung von 300.000 Ratenkreditanfragen, die das Vergleichsportal Verivox zum Equal Pay Day im März veröffentlicht hatte. Und man kann jetzt natürlich Bankmitarbeiter:innen für dieses Ungleichgewicht verantwortlich machen. Weil die aber in der Regel nicht nach eigenem Gutdünken entscheiden, dürfte wohl ein wichtiger Teil der Ursache woanders liegen: in der Schufa-Auskunft.
Das Beispiel ist nur eines von vielen für die übersehene Macht der für Verbraucher:innen wichtigsten deutschen Auskunftei – und für ihr dafür erstaunlich geringes Maß an Transparenz. Klar, Verbraucher:innen können mit einigem Suchen auf der Schufa-Webseite eine kostenlose Selbstauskunft anfordern – der Zauberspruch heißt hier „Datenkopie nach Artikel 15 DSGVO“. Aber das eigentlich Relevante bleibt verborgen: nämlich die Information darüber, welche gespeicherten Daten sich in welcher Gewichtung auf den eigenen „Score“ auswirken, also die Einschätzung der Bonität.
Denn Umzüge, laufende Kredite und Mobilfunkverträge, Bankbeziehungen, das Geschlecht – alles das und noch mehr kann sich positiv oder negativ im Score niederschlagen. Doch wie? Da tappen die Betroffenen – und das sind 68 Millionen Menschen, die in Deutschland wirtschaftlich aktiv sind – im Dunkeln. Die Schufa winkt seit Jahren mit dem gleichen Argument ab: Geschäftsgeheimnis. Sogar die Rechtsprechung stellte sich bislang hinter diese Argumentation.
Doch nun bewegt sich etwas. Und zwar gleich auf vier verschiedenen Ebenen. Die Chancen auf ein Mehr an Transparenz sind daher so hoch wie noch nie. Da ist zunächst die interne Ebene: Die Schufa selbst scheint erkannt zu haben, dass sie in Sachen Transparenz gegenüber den Verbraucher:innen bislang in einer Liga mit Bad Guys wie Google oder Meta spielt.
Und genau wie es für Menschen, die im Internet unterwegs sind, nahezu unmöglich ist, den IT-Konzernen nicht auf dem ein oder anderen Wege unfreiwillig Daten rüberzuschieben, kommen auch in Deutschland wirtschaftlich aktive Menschen nicht an der Schufa vorbei. Mobilfunkvertrag, Onlinekauf, Bankkonto – schon dabei.
Aber: Die neue Schufa-Chefin Tanja Birkholz kündigte im vergangenen Jahr an, die Auskunftei transparenter zu machen. Zu sehen ist davon zwar noch nichts. Aber es ist zu hören, dass man im Haus tatsächlich an mehreren Projekten arbeitet. Das ist wichtig, denn eine innere Bereitschaft für einen Unternehmenswandel ist die Basis für Veränderungen.
Die zweite Ebene ist die Politik. Die grüne Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke war gerade zwei Monate im Amt, da reihte sie sich bei den Kritiker:innen ein: „Derzeit ist das Zustandekommen des Schufa-Scores immer noch eine Black Box“, sagte Lemke und forderte, was Verbraucherschützer:innen schon lange fordern: Das Unternehmen muss offenlegen, welche Faktoren sich wie auf den Score auswirken. Eine gesetzliche Verpflichtung wird aus dieser Äußerung wohl kaum entstehen, aber es kann hilfreich sein, wenn auch eine politische Transparenzforderung durch die Schufa weht.
Die dritte Ebene: Die Schufa ist aktuell Gegenstand von Übernahmeverhandlungen. Der schwedische Finanzinvestor EQT will sich in die Schufa einkaufen. Und die Schweden gehen mit einem ungewöhnlichen Verbraucherschutzkonzept auf Werbetour: Verbraucherschutz mit seinen Verwandten Datenschutz und Transparenz gilt bislang in der Wirtschaft immer noch zu häufig als etwas, das man sich in den Compliance-Bericht schreibt, aber nur im Notfall auch umsetzt. Von den jetzigen Anteilseignern der Schufa ist da kein großer Schub zu erwarten. Die Schufa funktioniert für sie super, mehr Transparenz würde das Geschäftsmodell von Banken und Handel, den derzeitigen Anteilseignern, kaum verbessern.
Der Sozialpsychologe Irving Janis starb schon im Jahr 1990 – und dennoch ist sein 50 Jahre altes wichtigstes Werk heute aktueller denn je. Es beschreibt nämlich, was in Wladimir Putins Kriegskabinett derzeit vorgehen dürfte.
»Den beiden Männern kam es so vor, als sei der Präsident mittlerweile von Jasagern umgeben, die sich bei Tischreden in Lobeshymnen über ihn ergingen und ihm erzählten, er sei von Gott gesandt worden, um das Land zu retten, während sie auf sein Wohlwollen angewiesen waren.«
Catherine Belton, »Putins Netz« (2020)
Der Sozialpsychologe Irving Janis untersuchte Anfang der Siebzigerjahre authentische Fälle, in denen politische Fehlentscheidungen von enormer Tragweite getroffen worden waren. Szenarien wie Wladimir Putins Einmarsch in die Ukraine also.
Es ging in den damals analysierten historischen Ereignissen aber nicht um Russland: Janis‘ zum Klassiker der Sozialpsychologie avanciertes Buch »Victims of Groupthink« (1972 erschienen) handelt von der gescheiterten Invasion in der kubanischen Schweinebucht unter US-Präsident John F. Kennedy und von den Vorgängen, die dafür sorgten, dass die US-Regierung vom japanischen Angriff auf Pearl Harbour im Zweiten Weltkrieg völlig überrascht wurde.
»Groupthink«, in Anlehnung an George Orwells »Newspeak«-Terminologie aus »1984« (»Doublethink«), definierte Janis so: »Eine Denkweise, die Menschen annehmen, wenn sie stark in eine eingeschworene Gruppe eingebunden sind, wenn das Streben der Mitglieder nach Einmütigkeit ihre Motivation schlägt, alternative Handlungsmöglichkeiten realistisch zu prüfen.«
»Bombardements, die viele Zivilisten töten«
Janis‘ Analyse des Schweinebuchtfiaskos unter Kennedy liest sich, auch wenn es wahrhaftig keine Parallelen zwischen Kennedy und Putin gibt, angesichts des Einmarsches in die Ukraine geradezu beklemmend aktuell. Das Bedürfnis, ein positives Gruppengefühl herzustellen, führe paradoxerweise oft dazu, schrieb der Psychologe etwa, dass Gruppen mit großer Entscheidungsgewalt »oft hartherzig sind, wenn es um Outgroups oder Feinde geht«. Es fiele ihnen dann »oft recht leicht, auf entmenschlichende Lösungen zurückzugreifen«, etwa, »Bombardements anzuordnen, die viele Zivilisten töten«.
Nun braucht es bei Wladimir Putin und seinem inneren Kreis aus Militärs und ehemaligen KGB-Agenten vermutlich nicht viel, um »entmenschlichende Lösungen« für akzeptabel zu halten – immerhin haben russische Flugzeuge auch schon in Syrien gezielt Krankenhäuser bombardiert, und Putin hat offenkundig keinerlei Skrupel, politische Gegner ermorden zu lassen. Beim Einmarsch in der Ukraine aber scheint noch etwas anderes hinzugekommen zu sein: eine Serie von katastrophalen Fehleinschätzungen, wie Janis sie für solche Situationen beschrieben, ja vorhergesagt hat.
Acht Symptome, alle vorhanden
Putin scheint schon seit einiger Zeit nur noch auf den kleinen Kreis der »Silowiki« zu hören, der höchsten Vertreter des russischen Sicherheitsapparates. Dazu gehört Verteidigungsminister Sergei Schoigu und vermutlich Generalstabschef Valery Gerasimow. Außerdem die Chefs des Inlands- und des Auslandsgeheimdienstes Alexander Bortnikow und Sergei Naryschkin sowie der Chef des Sicherheitsrats Nikolai Patruschew. Viele von ihnen vertreten schon seit Jahren auch öffentlich russische Großmachtvisionen, die denen Putins gleichen. Möglicherweise gibt es noch einige wenige weitere Eingeweihte wie den Rosneft-Chef Igor Setschin.
Viele dieser Männer, auch Setschin, sind langjährige KGB-Weggefährten Putins. Kollektiv scheinen sämtliche »Groupthink«-Symptome, die Janis schon vor 50 Jahren katalogisierte, auf sie zuzutreffen:
1. Die Illusion der Unverletzlichkeit
Der innere Kreis um Wladimir Putin scheint von völlig falschen Annahmen hinsichtlich der Schwierigkeiten eines Angriffs auf die Ukraine ausgegangen zu sein. Westliche Geheimdienste stimmen überein in der Einschätzung, dass der Kreml einen schnellen Sieg und eine schnelle Einnahme Kiews erwartete, möglicherweise sogar eine bereitwillige Kapitulation der Bevölkerung. Auch die Heftigkeit der Reaktion des Westens auf den Einmarsch scheint Putins inneren Zirkel mächtig überrascht zu haben – offenbar hatten die wiederholten, weitgehend folgenlosen Verbrechen des Regimes dort die Annahme genährt, dass man sich jetzt fast alles erlauben könne.
2. Der Glaube an die eigene moralische Rechtfertigung
Möglicherweise glaubt Wladimir Putin tatsächlich, was er in den vergangenen Wochen mehrmals in Kameras gezischt hat: dass ihm eine Art historische Mission übertragen worden ist, Russlands einstige Größe wiederherzustellen – und dass dazu die Unterwerfung der Ukraine notwendig ist. Das übrigens sollte auch dem weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko zu denken geben: Denn das historische Kiew-Rus des Mittelalters, das heute als eine Art mythischer Urquell der russischen Identität gehandelt wird, umfasste neben Teilen der heutigen Ukraine und westlicher Gebiete des heutigen Russlands eben auch das heutige Belarus.
3. Kollektive Rationalisierungen
Ob Wladimir Putin sich all die Geschichten, die er seinem Publikum und augenscheinlich auch sich selbst über die vermeintlich von »Nazis und Drogenabhängigen« beherrschte Ukraine wirklich selbst glaubt, ist von außen nicht zu beurteilen. Fest steht aber, dass sein innerer Kreis offenbar unbeirrt an der Überzeugung festhält, dass der Angriffskrieg gegen einen souveränen Nachbarstaat erstens gerechtfertigt und zweitens erfolgversprechend ist – aller gegenteiligen Evidenz zum Trotz. Jeder weitere Tag, den die Ukraine sich erfolgreich der russischen Aggression erwehrt, dürfte die kognitive Dissonanz und damit Putins eigene Gereiztheit weiter erhöhen. Genauso wie die Folgen der Sanktionen.
4. Stereotype über Outgroups
Für diesen Punkt aus Janis‘ »Groupthink«-Symptomliste lieferte Putin in seiner wütenden Rede diese Woche Lehrbuchbeispiele. Plötzlich gibt es in Russland »Nationalverräter«, die »hier bei uns Geld verdienen, aber dort leben«, mit »einer Villa in Miami oder an der französischen Riviera«, die »nicht ohne Gänseleberpastete, Austern und sogenannte Gender-Freiheiten leben können«. Nicht alle, aber viele von diesen Leuten – der wohlhabenden Schicht also, die Putin und sein kleptokratisches Kabal in den vergangenen 20 Jahren selbst herangezogen haben – seien eben »nicht hier, nicht mit unserem Volk, nicht mit Russland«. Dann redete ein sichtlich gereizter Putin sich erst so richtig in Rage: Diese Leute glaubten, sie gehörten »einer höheren Kaste, einer höheren Rasse« an, sie würden bei Bedarf »ihre eigene Mutter verkaufen«.
Es ist davon auszugehen, dass Putins Ausbruch über die »fünfte Kolonne des Westens« der Auftakt zu einer Säuberungswelle im eigenen Land sein wird. Die russische obere Mittelschicht, die sich in Putins gefälschter Demokratie bequem eingerichtet hat, gilt nun plötzlich kollektiv als potentieller Staatsfeind – weil sie etwas zu verlieren hat.
5. Selbstzensur
Nichts dringt derzeit nach außen von dem, was Putin so redet mit den wenigen Männern, mit denen er überhaupt noch spricht. Wer ihn sehen will, muss vorher entweder 14 Tage in Quarantäne oder, die Bilder sind mittlerweile geradezu ikonisch, am anderen Ende eines sehr langen Tisches Platz nehmen. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass dem zunehmend paranoid und stark unter Druck stehenden Autokraten schon lange niemand mehr widerspricht – vielleicht auch deshalb, weil auch die übrigen Mitglieder des inneren Kreises schon seit Jahren in der Groupthink-Sackgasse feststecken.
F rauen und Männer an den Maschinen in Werkstätten. Wenn sie euch befehlen Rüstungsgüter zu produzieren, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Menschen wo immer ihr eure Arbeitskraft verkauft, wenn sie euch morgen befehlen ihr sollt Waffen produzieren, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Kapitalistinnen und Kapitalisten, wenn sie euch befehlen, ihr sollt statt Lebensmitteln, Waffen samt Zubehör verkaufen, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Forscherin Forscher in allen Instituten dieser Welt. Wenn sie Euch morgen befehlen, ihr sollt noch brutalere Mordwaffen um Leben zu zerstören, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Dichterinnen Dichter, MeinungsmacherinnenMeinungsmacher, wenn Sie euch zwingen statt Frieden
den Krieg zu begründen, wenn die euch befehlen Hass und Totschlagtexte zu verkünden, dann gibt es
nur eins:
Sagt NEIN!
Ihr, die ihr die Kranken gesund macht, verweigert es Menschen kriegstauglich zu schreiben:
Sagt NEIN!
Verkünderinnen Verkünder aller Religionen. Wenn sie euch morgen befehlen, ihr sollt den Mord segnen und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Ihr, die ihr für Logistik verantwortlich seid. Wenn sie euch befehlen, ihr sollt keine Lebensmittel
mehr fahren – sondern Kanonen und Panzer, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Pilotinnen und Piloten auf dem Flugfeld. Wenn sie euch befehlen, ihr sollst Bomben und Phosphor
über die Städte tragen, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Politikerinnen und Politiker beschließt keinen Krieg und Gelder oder Kredite für Mordwaffen, mit
denen Soldatinnen und Soldaten zu Mördern werden: Seid für Freihe Gleichheit und Brüderliochkeit
zu allem anderen:
Sag NEIN!
ihr Frauen und Männer die in den Gerichten Recht sprechen. Wenn sie euch morgen befehlen, ihr sollst zum Kriegsgericht gehen, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Arbeitende bei der Bahn. Wenn sie euch morgen befehlen, ihr sollt das Signal zur Abfahrt geben für den Munitionszug und für den Truppentransporte, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Ihr Menschen auf dem Dorf und in der Stadt. Wenn sie morgen kommen und euch den Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN!
Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine und Moskau, du, Mutter in Frisko und London, du am Hoangho und am Missisippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo – Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Mörder für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!
Denn wenn ihr nicht NEIN sagt, wenn WIR alle nicht nein sagen, dann:
In den lärmenden dampfdunstigen Hafenstädten werden die großen Schiffe stöhnend verstummen und wie titanische Mammutkadaver wasserleichig träge gegen die toten vereinsamten Kaimauern schwanken, algen-, tang- und muschelüberwest, den früher so schimmernden dröhnenden Leib, friedhöflich fischfaulig duftend, mürbe, siech, gestorben –
die Straßenbahnen werden wie sinnlose glanzlose glasäugige Käfige blöde verbeult und abgeblättert neben den verwirrten Stahlskeletten der Drähte und Gleise liegen, hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen, in verlorenen kraterzerrissenen Straßen –
eine schlammgraue dickbreiige bleierne Stille wird sich heranwälzen, gefräßig, wachsend, wird anwachsen in den Schulen und Universitäten und Schauspielhäusern, auf Sport- und Kinderspielplätzen, grausig und gierig unaufhaltsam –
der sonnige saftige Wein wird an den verfallenen Hängen verfaulen, der Reis wird in der verdorrten Erde vertrocknen, die Kartoffel wird auf den brachliegenden Äckern erfrieren und die Kühe werden ihre totsteifen Beine wie umgekippte Melkschemel in den Himmel strecken –
in den Instituten werden die genialen Erfindungen der großen Ärzte sauer werden, verrotten, pilzig verschimmeln –
in den Küchen, Kammern und Kellern, in den Kühlhäusern und Speichern werden die letzten Säcke Mehl, die letzten Gläser Erdbeeren, Kürbis und Kirschsaft verkommen – das Brot unter den umgestürzten Tischen und auf zersplitterten Tellern wird grün werden und die ausgelaufene Butter wird stinken wie Schmierseife, das Korn auf den Feldern wird neben verrosteten Pflügen hingesunken sein wie ein erschlagenes Heer und die qualmenden Ziegelschornsteine, die Essen und die Schlote der stampfenden Fabriken werden, vom ewigen Gras zugedeckt, zerbröckeln – zerbröckeln – zerbröckeln –
dann wird der letzte Mensch, mit zerfetzten Gedärmen und verpesteter Lunge, antwortlos und einsam unter der giftig glühenden Sonne und unter wankenden Gestirnen umherirren, einsam zwischen den unübersehbaren Massengräbern und den kalten Götzen der gigantischen betonklotzigen verödeten Städte, der letzte Mensch, dürr, wahnsinnig, lästernd, klagend – und seine furchtbare Klage: WARUM? wird ungehört in der Steppe verrinnen, durch die geborstenen Ruinen wehen, versickern im Schutt der Kirchen, gegen Hochbunker klatschen, in Blutlachen fallen, ungehört, antwortlos, letzter Tierschrei des letzten Tieres Mensch –
all dieses wird eintreffen, morgen, morgen vielleicht, vielleicht heute Nacht wenn — wenn ihr nicht NEIN sagt.
Mit ihren Kreuzen vor der Brust – ermuntern sie den Mördern zur Lust!
Dieses Gedicht, verdrängt und vergessen wie sein Dichter
Wolfgang Borchert, habe ich ein wenig im ersten Teil der
heutigen Wirklichkeit angepasst. Im Dschungel der
vergifteten Medienküche sollte es mahnen. Dort wo Krieg
ist, wird kein Mensch überleben. Egal ob er
rotschwarzgrünodergelb ist.
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2.) von Oben — Mahnmal „Sagt Nein! Mütter sagt nein!“, Skulptur in Erinnerung an das Theaterstück „Draußen vor der Tür“ von Wolfgang Borchert, 1994 vom deutschen Bildhauer Ernst Adolf Nönnecke (1921-2007) geschaffen und aufgestellt im Rosengarten zwischen Eingang Eppendorfer Landstraße 83 und Abzweigung Schrammsweg im Hamburger Stadtteil Eppendorf.
Unten — Militärdekan Dr. Damian Slaczka, Brigadegeneral Frank Leidenberger und Militärseelsorger Michael Weeke zollen den Opfern Respekt. (Foto von OR-7 Jacqueline Faller, RC North PAO)
Cornelia Kerth: Eigentlich begann unsere Geschichte im Mai 1945, als die Überlebenden aus den KZs und Zuchthäusern zurückkamen und sich organisieren mussten: Die Wohnung war weg, es gab kaum Lebensmittel. In allen Besatzungszonen bildeten sich Komitees aus Heimkehrenden als erste Anlaufstellen, die auch mithilfe von Fragebögen die Verfolgungsschicksale und möglichst die Täter:innen erfassten. In den Jahren 1946/47 wurde aus den Komitees die VVN in den verschiedenen Zonen, die sich dann im März 1947 zusammengeschlossen haben. Und das feiern wir.
Ihr Verband beruft sich auf den Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“. Wie haben Sie dieses Ziel verfolgt?
Von Anfang an standen die Bestrafung der Täter:innen, die Entschädigung der Opfer und die Erinnerung an Verfolgung und Widerstand im Mittelpunkt. Dafür haben sich schon die Komitees eingesetzt, indem sie die Bevölkerung aufklärten, was tatsächlich stattgefunden hat.
Der Schwur geht so weiter: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Das wurde nach der Gründung der Bundesrepublik relevant. Die VVN war gegen die Gründung der Bundeswehr und den Nato-Beitritt. Sie wollte einen gesamtdeutschen, neutralen Staat, was damals auch von der Sowjetunion unterstützt wurde. So wurde sie dann als „Sprachrohr der Kommunisten“ abgestempelt, die SPD hat schon 1949 einen Unvereinbarkeitsbeschluss bewirkt.
Die Adenauer-Regierung hat versucht, die VVN zu verbieten, auch vom Radikalenerlass der Brandt-Regierung waren Sie betroffen.
Der Antikommunismus hatte die Zerschlagung des deutschen Faschismus bruchlos überlebt. Es reichte, der Vereinigung anzuhängen, dass sie eine „kommunistische Tarnorganisation“ sei.
Also war es nicht nur die Abwehr, sich mit den eigenen Verbrechen zu beschäftigen, sondern auch die Kritik der VVN an Aufrüstung und Westintegration?
Beides. Der Unwille der Mehrheitsbevölkerung, der war klar. Gleichwohl war ein gewisses Maß an Anerkennung von Schuld von staatlicher Seite erforderlich, um als Vertreter der Bundesrepublik ins Ausland reisen zu können.
Nach außen hin Schuld bekennen, um Teil des Westens sein zu können, und nach innen Überlebende des Nazi-Terrors verfolgen, das war das Rezept der frühen Bundesrepublik?
Ich weiß nicht, ob es ein Rezept war, aber es war so.
Repression haben Sie nicht nur in der dunklen Vergangenheit erlebt. 2019 wurde Ihnen vorübergehend die Gemeinnützigkeit entzogen, weil Sie im bayerischen Verfassungsschutzbericht auftauchten. Wie geht es Ihrem Verband heute?
Die politische Situation ist schwierig, aber unserem Verband geht es ziemlich gut. Ein Drittel unserer Mitglieder ist in den vergangenen Jahren aus Solidarität eingetreten. Wir sind bundesweit aktiv und unsere Arbeit wird offensichtlich geschätzt.
Wenn Sie zurückblicken, geht es der VVN heute also besser als in den frühen Jahren der Bundesrepublik.
Ich würde sagen, es war ein Auf und Ab. 1968 war der politische Aufbruch einer Generation, die sich auch der VVN anschloss und sie um den „Bund der AntifaschistInnen“ erweiterte. 1989 erlebten wir dann einen tiefen Fall, weil wir unsere hauptamtliche Struktur verloren.
Weil die Finanzierung aus der DDR wegfiel.
So ist es, ja.
Kommen wir zur Gegenwart: Seit vier Wochen führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ist Ihnen noch zum Feiern zumute?
Dieser Krieg stößt natürlich auch bei uns auf Entsetzen. Zwei Tage vor Beginn haben wir das nicht für möglich gehalten. Dann gibt es aber wiederum die Rezeption dieses Krieges. Es wird so getan, als sei es der erste Krieg in Europa nach 1945. Aber es gab den Jugoslawienkrieg, in dem eine rot-grüne Bundesregierung entschied, Bomben auf Belgrad zu werfen.
Der Angriffskrieg von Russland ist doch nicht mit den Jugoslawienkriegen zu vergleichen. Damals hat die Nato eingegriffen, nachdem man in Srebrenica zugesehen hat. Ein UN-Mandat dafür hat Russland blockiert. Ist es nicht problematisch, jetzt zu sagen: Aber der Westen hat doch auch?
Begründet wurde der Krieg mit dieser ungeheuerlichen Aussage von Joschka Fischer, es müsse ein neues Auschwitz verhindert werden. Der Krieg in Jugoslawien war völkerrechtswidrig. Das ändert natürlich nichts daran, dass auch der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine völkerrechtswidrig ist.
Ihr Verband hat zu Beginn des Krieges appelliert, die Waffen niederzulegen und den Krieg sofort zu beenden. Heißt das, die Ukraine soll kapitulieren?
Nein. Das heißt, dass Russland den Krieg beenden und sich aus der Ukraine zurückziehen soll. Die Souveränität von Staaten muss respektiert werden. Es muss aber auch alles vermieden werden, was diesen Krieg ausweitet. Dazu gehören Waffenlieferungen oder eine Flugverbotszone. Außerdem sind wir gegen die 100 Milliarden an die Bundeswehr, diese Aufrüstung hat mit diesem Krieg nichts zu tun.
Ist es nicht widersprüchlich zu sagen, dass man die Souveränität eines Staates unterstützt, aber nicht seine Selbstverteidigung?
Nein, die Selbstverteidigung ist das eine, in einen Krieg einzutreten ist etwas völlig anderes.
Aber die Ukraine hat militärisch ohne Unterstützung gegen Russland wenig Chancen.
Mit Krieg beendet man keine Kriege. Es sollten alle Anstrengungen für Verhandlungen unternommen werden. Was ist denn Ihre Alternative?
Wir glauben nur nicht, dass Putin auf Appelle hört. Diplomatische Erfolge sind doch nur möglich, wenn Russland sich militärisch nicht durchsetzen kann.
Ich denke, dass Sanktionen ein Weg sind. Das ist allerdings meine Meinung, bei uns im Verband ist das umstritten. Es gab viele Jahre diplomatische Verhandlungen zur Lösung des Konflikts. Es gab das zweite Minsker Abkommen, welches auch von den Garantiemächten Deutschland und Frankreich nie durchgesetzt wurde.
Also ist der Westen schuld?
Nein. Das habe ich nicht gesagt. Putin ist schuld und dafür gibt es keine Entschuldigung. Aber wenn Sie fragen, was wir tun können: Wir müssen die Verhandlungen führen, die viele Jahre nicht geführt wurden.
In der letzten Woche ist Boris Romantschenko, ein Holocaustüberlebender, bei einem russischen Angriff gestorben. Sind Sie in Kontakt mit Holocaustüberlebenden in der Ukraine?
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Energielieferungen aus Russland – . – 2.) Neue Bedrohungslage – . – 3.) Nieder mit der Hochrüstung – . – 4.) „Besser vor Bedrohung aus Russland schützen“ 5.) Politik Linke im Saarland – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Schlägt der Gestank aus der vergangenen Viehhaltung unter Schröder und Merkel nicht bis heute durch? Realistisch gesehen hat er sogar zugenommen. Das war schon immer so und das Volk weis es: „Nicht nur die Fische fangen immer am Kopf zu stinken an.“ Aus einer Regierung geht Niemand mit leeren Händen nach Hause. Denn anders gäbe es keine Regierungen mehr. Warum werden Fakten nicht mit Zahlen benannt?
Schäuble: „Aus heutiger Sicht stank das zum Himmel“
1.) Energielieferungen aus Russland
Wolfgang Schäuble gibt selbstkritisch zu, dass Nord Stream 2 und der Verkauf der deutschen Gasspeicher an Gazprom Fehler waren. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat sich für einen Stopp russischer Lieferungen von Gas und Öl an Deutschland ausgesprochen. Der CDU-Politiker sagte der Welt am Sonntag: „Es wird bitter, aber ich denke, wir müssen schnellstmöglich auf russische Gas- und Öllieferungen verzichten. Wir dürfen nicht immer der Bremser im westlichen Bündnis sein.“ Die atlantische Solidarität, die Deutschland genießen durfte, sei keine einseitige Sache. „Wir dürfen nicht zurückzucken, wenn es für uns unangenehm wird.“ Kremlchef Wladimir Putin müsse wissen: „Für unsere Art zu leben, für unsere Freiheit, sind wir bereit, auch substanzielle Opfer zu bringen.“ Schäuble, der früher auch Finanzminister unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war, nahm seine frühere Chefin gegen Kritik an ihrer Russland-Politik zumindest teilweise in Schutz. „Ich habe es zu meinen Lebzeiten nicht mehr für möglich gehalten, in eine derartige Krise mit Russland zu kommen“, sagte der 79-jährige CDU-Mann. Schon seit den 70er Jahren sei das Bewusstsein für brenzlige Lagen geschwunden. „Deswegen ist es nicht ganz gerecht, Angela Merkels Rolle in der deutsch-russischen Energiepartnerschaft nun zu kritisieren.“
Wer hat denn Angst vor dieser Zirkustruppe, welche schon Zuvor immer auf Seiten der Verlierer stand! Wie zum Beispiel in Afghanistan oder Mali! Hält sich nicht dort die Generalität aus der nicht so weit entfernen Vergangenheit von preußischen Großmachts-sucht fest? Nicht nur die Gold und Silberspangen sind an einer Zukunft vorbeigelaufen? Woher die freiwilligen Idioten zum Morden kommen sollen, wird natürlich nicht verraten, aber die Lizenzen sind bestimmt schon gedruckt!
Bundeswehr verstärkt Präsenz in Osteuropa weiter
2.) Neue Bedrohungslage
Die Truppe hatte einige Beschlüsse des Nato-Gipfels bereits vorempfunden, die Militärplaner haben schon den nächsten im Blick. Die Bundeswehr treibt nach dem Brüsseler Nato-Gipfel, der am Donnerstag eine Verstärkung ihrer „Ostflanke“ beschlossen hatte, die entsprechenden Planungen voran. Im Mittelpunkt stehen dabei die weitere Verstärkung der Truppenpräsenz in Litauen sowie ein neuer Einsatz in der Slowakei. Schon nach der Annexion der Krim und dem von Russland unterstützen Separatistenaufstand in der Ostukraine im Jahr 2014 hatte die Allianz zur Rückversicherung ihrer osteuropäischen Mitgliedstaaten vier multinationale Kampfverbände aufgestellt – in den drei baltischen Staaten sowie in Polen. Die sogenannte Battlegroup der Nato in Litauen steht unter deutscher Führung und ist kurz vor Kriegsbeginn in der Ukraine um 350 Soldatinnen und Soldaten auf jetzt 900 aufgestockt worden.
Es gab Zeiten in dieser Bananenrepublik als die jungen Männer noch zum Frondienst verpflichtet wurden. Die Ausbildendenden „Kakerlaken“ waren, wie in den Schulen zuvor, Kriegsrückkehrer und Frontversagende Generäle, welche außer einem großen Maul keinerlei Qualitäten mehr für ihre Jobs aufzuweisen hatten. Blökende Idioten. Heute scheint selbst das Niveau in der Politik noch viel niedriger angelegt. Wo Oben ist nix – kann von Unten nichts mehr nachkommen .
Dass die Bundeswehr „kaputtgespart“ wurde, ist ein weitverbreiteter Mythos
3.) Nieder mit der Hochrüstung
Zehntausende Menschen haben einen Appell gegen die Hochrüstungspläne unterschrieben. Der Krieg in der Ukraine sollte nicht innenpolitisch instrumentalisiert werden. Die Resonanz ist bemerkenswert: Mehrere Zehntausend haben bislang den Appell gegen die Hochrüstungspläne der Bundesregierung unterschrieben, den ein Kreis von rund 600 Menschen aus Wissenschaft, Politik, Kunst, Kultur und Gewerkschaften am vergangenen Dienstag veröffentlicht hat. Offenkundig gibt es etliche in diesem Land, deren Ohnmachtsgefühle angesichts von Putins Kriegsgräuel nicht zu kapitalen Fehlschlüssen führen. Der Überfall Russlands verlangt zwingend Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, die sich verzweifelt dem Aggressor widersetzen. Aber er rechtfertigt nicht das von Kanzler Olaf Scholz dekretierte 100-Milliarden-Euro-„Sondervermögen“ und seine Ankündigung, dauerhaft mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das deutsche Militär auszugeben. Statt im Hauruckverfahren die höchste Steigerung der deutschen Militärausgaben seit dem Zweiten Weltkrieg durchzupeitschen, fordern die Verfasser:innen des Appells eine „breite demokratische Diskussion über ein umfassendes Sicherheitskonzept, das die Sicherheit vor militärischen Angriffen genauso einschließt wie pandemische und ökologische Aspekte“. Das ist ein berechtigtes Anliegen. Und dazu gehört eine nüchterne Bestandsaufnahme.
Die „German Angst“ wächst einmal mehr aus staatlich unfruchtbar gemachten Vater-Mutter- Böden. Raketenschutzschild über Deutschland heißt: „Hauptsache der Schrott fällt nicht auf die Köpfe der politischen Flachdenker und Uniformträger mit den roten Narrenkappen. Solang ist der Karneval doch gar nicht vorbei. Deutschland oh armes Deutschland wie viel Unfähigkeiten hat sich in deine Regierung gewürfelt? Denn gewählt wurden nicht die Versager, sondern die Parteien, welche nun ihre Ohnmacht eingestehen müssen, die Richtigen er würfelt zu haben!
Bund prüft offenbar Raketenschutzschild über Deutschland
4.) „Besser vor Bedrohung aus Russland schützen“
Kanzler Scholz und der Generalinspekteur der Bundeswehr sollen einem Bericht zufolge über den „Iron Dome“ beraten haben. Die SPD befürwortet demnach den Kauf. Angesichts des Ukraine-Kriegs und der Bedrohung durch Russland prüft die Bundesregierung einem Zeitungsbericht zufolge die Errichtung eines Raketenschutzschilds über dem Bundesgebiet. Bei einer Beratung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Generalinspekteur Eberhard Zorn in dieser Woche über die Verwendung des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr sei auch ein solcher „Iron Dome“ (Eiserne Kuppel) Thema gewesen, berichtete die „Bild am Sonntag“. Konkret sei es um eine mögliche Anschaffung des isrealischen „Arrow 3“-Systems gegangen. Eine Entscheidung ist dem Bericht zufolge noch nicht getroffen, allerdings befürworte die SPD den Kauf. Der Hauptberichterstatter im Haushaltsausschuss für den Verteidigungsetat, Andreas Schwarz (SPD), sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir müssen uns besser vor der Bedrohung aus Russland schützen. Dafür brauchen wir schnell einen deutschlandweiten Raketenschutzschirm.“ Er fügte hinzu: „Das israelische System Arrow 3 ist eine gute Lösung.“
Vielleicht sollten die Wähler-Innen ihre „Altstars“ unter der Rubrik Vögel alleine sich ihre Flügel stutzen lassen? Aus alten faulen Säcken lassen sich keine „Altstars“ formieren. Niemand wird im Leben zeigen können, was er nie gelernt hat.
„Hunde wollten Ewig leben?“
Ein gerupfter Altstar ohne Flügel und noch weniger Hoffnung
5.) Politik Linke im Saarland
Die Linke kämpft bei der Landtagswahl im Saarland um den Wiedereinzug. Wie die Partei versucht, eine weitere Niederlage noch zu verhindern. Wie ’89 sei ihm, sagt Gregor Gysi, und man wundert sich. Der langjährige Fraktionschef der Linken im Bundestag, der ob seines rhetorischen Talents auch im hohen Alter immer noch für Wahlkampfauftritte gebucht wird, steht an diesem sonnigen Frühlingsabend nicht etwa in Berlin, Leipzig oder Rostock, sondern: vor gut 100 Zuschauer*innen auf dem Stummplatz in Neunkirchen. Hier im Saarland, das Frankreich deutlich näher liegt als dem ehemaligen Staatsgebiet der DDR, wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Die Linke muss um den Wiedereinzug kämpfen, aktuelle Umfragen sehen die Partei bei nur vier Prozent. Nun hat sie zwischen Einkaufszentrum, Eisdiele und Bratwurststand ihren roten Sonnenschirm mit dem Parteilogo aufgespannt und eine Bühne aufgebaut. Auf dieser steht Gysi und lässt sich von allen Zweifeln, ob seine Ost-Erzählungen auch im Südwesten funktionieren, nicht beirren. Stattdessen versucht er sich an einer Analogie: Damals, als sich die SED in die PDS verwandelte und Gysi zum Vorsitzenden wurde, »kamen alle zu mir und sagten: Das zerbröselt sich, da kannst du machen, was du willst.« Dann schwingt sich der Altstar noch einmal auf, versucht, in dieser äußerst prekären Lage einen Hauch von Aufbruchstimmung auf den Platz zu zaubern: Gerade in einem solchen Moment, in dem der Niedergang besiegelt scheint, »entsteht in mir Leidenschaft. Und deshalb sage ich: Das geht nicht! Jetzt erst recht Die Linke wählen!«
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Für ein Stück vom Kuchen des Staat wurden die Grünen Wähler betrogen ?
Interview von Malte Kreutzfeldt und Bernhard Pötter mit Robert Habeck
Er wollte Windräder bauen, jetzt kämpft er für billiges Benzin. Der Wirtschafts- und Klimaminister erklärt, warum er gegen ein Gas- und Ölembargo ist.
Der Minister sieht müde aus und das hat einen Grund. Am Donnerstagnachmittag empfängt der grüne Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck zum Interview nach einer durchgemachten Nacht. Bis acht Uhr morgens hat er mit den Koalitionspartnern über das Entlastungspaket verhandelt. Dann schnell nach Hause, duschen, Zähne putzen und wieder in den Bundestag: Rede zur Vorstellung seines Haushalts. Am Nachmittag sitzt er in seinem riesigen Amtszimmer im Wirtschaftsministerium. Nach einer kurzen Pause eine Cola gegen die Müdigkeit. Dann geht es los.
taz am wochenende: Herr Habeck, eine Frage, die man eigentlich nicht laut stellen darf: Ist dieser fürchterliche Krieg in der Ukraine die Gelegenheit, auf die alle gewartet haben, die die Energiewende voranbringen wollen?
Robert Habeck: Jeden Tag sterben Menschen, werden verletzt, sitzen verzweifelt in Kellern, in der Hoffnung, von Bomben verschont zu bleiben. Also nein, alle Menschen wären froh, wenn es den Krieg nicht gäbe. Aber was zu spüren ist, ist die Entschlossenheit und die Geschlossenheit, dem etwas entgegenzusetzen. Wir wollen unabhängig werden von russischen Importen. Und dazu braucht es die Energiewende. Die Stimmung ist: Komm, jetzt ziehen wir es durch.
Sogar die FDP nennt die Erneuerbaren inzwischen Freiheitsenergie.
Wer das Klima schützt, schützt die Freiheit. Diese Erkenntnis hat jetzt noch mal eine neue Dimension. Alles hängt daran, dass sie auch trägt, wenn es zum Schwur kommt. Aber den Schwur bereiten wir vor, mit allem, was wir haben.
Was heißt das?
Wir bringen zu Ostern ein Gesetzespaket mit 56 verschiedenen Einzelmaßnahmen auf den Weg. Die wichtigsten davon: die größte Reform des EEG, die es je gab, mit neuen Ausbauzielen und der Abschaffung der Umlage, neuen Regelungen für Offshore-Wind und Photovoltaik, Änderungen im Gebäude-Energie-Gesetz. Auch in der Fläche wollen wir mehr Windenergieanlagen installieren. Im Sommer kommen dann noch die Regeln zum Netzausbau. Dazu ein großes Effizienzprogramm. Das ist dann unser Fahrplan für die nächsten Jahre, um Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen.
Aber das meiste davon war ja schon vor Kriegsbeginn geplant. Hätten Sie unter dem Druck des Krieges nicht noch mehr durchsetzen können?
Nein, die Ziele waren ja schon so extrem ehrgeizig. Deutschlands Energieunabhängigkeit und Klimaneutralität werden wir nur in einem großen, gemeinsamen Kraftakt erreichen, zu dem alle Ebenen – Bund, Länder, Kommunen, Unternehmen, private Haushalte – etwas beitragen. Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik in den jetzt vorgesehenen Größenordnungen wird das Land verändern und fordern. Noch mehr geht einfach nicht, auch schon physisch. So viele Hände gibt es gar nicht, die das alles umsetzen und verbauen. Aber wenn wir uns in den nächsten acht Jahren an die zwei Prozent der Landesfläche für Windanlagen heranarbeiten und die Verfahren beschleunigen, dann wäre das schon ein wahnsinniger Erfolg.
Dafür sind Sie auf die Länder angewiesen. Müssen Sie da den Druck nicht noch mehr erhöhen?
Wir könnten da als Bund vieles auch allein machen, aber wir wollen das als gesellschaftliche Gemeinschaftsleistung vollbringen.
Und wenn das nicht klappt mit der Gemeinschaftsleistung?
Im ersten Jahr der Legislaturperiode musst du anschieben, reden, fördern, überzeugen. In der Mitte der Legislatur muss ein Schalter umgelegt werden. Da muss es dann eine gesellschaftliche Dynamik geben: dass man Zustimmung gewinnt, wenn man Wind- und Sonnenkraft ausbaut und Landtagswahlen verliert, wenn man sich dagegenstellt. Wenn das nicht passiert, wird ein Bundesminister scheitern, auch wenn er noch so fleißig ist. Und weil ich nicht scheitern will, ist es meine Aufgabe, diese Dynamik zu orchestrieren. Die Logik ist: Jedes Land trägt Verantwortung, und wer die Veränderung mit aufs Gleis setzt, wird davon profitieren. Aber ein Verharren im Weiter-so darf politisch nicht belohnt werden.
Ein Verharren im Weiter-so gibt es aber beim Tempolimit. Warum ist das nicht durchsetzbar, obwohl es die Ölimporte verringern und bei den Klimazielen helfen würde?
Es ist kein Geheimnis, dass ich ein Tempolimit richtig finde. Wir reden ja viel über ein Embargo von russischem Öl. Ein Drittel unseres Öls kommt aus Russland. Und auch beim Klimaziel im Verkehr sind noch nicht alle Antworten gefunden. Aber ich weiß, dass unsere Koalitionspartnerin, die FDP, da anders draufschaut. Beim zweiten Problemfeld, bei den Gebäuden, haben wir jetzt im Entlastungspaket viele gute Sachen hinbekommen: Der neue KfW-Standard 55 für Neubauten ab nächstem Jahr, und ab 2024 gibt es keine reinen neuen Gasheizungen mehr.
Sie müssen laut Gesetz ein Sofortprogramm vorlegen. Aber alle diese Maßnahmen wirken nicht sofort.
Nein, natürlich wirken die Maßnahmen erst mit der Zeit. Ich habe ja schon gesagt, dass wir 2022 und wahrscheinlich auch 2023 kaum eine Chance haben, die Klimaziele im Gesetz in allen Ressorts einzuhalten. Da war die aktuelle Explosion der Preise noch nicht einberechnet. Es könnte sein, dass dadurch die Emissionen stärker sinken als wir dachten. Nur ist das keine Erfolgsmeldung: Denn bei den Unternehmen und bei einigen Bürgerinnen und Bürgern geht die blanke Existenzangst um. Manche Industriezweige fahren jetzt schon die Produktion zurück, Aluminium beispielsweise. Eine Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Abbruch von Produktionsketten, Abwanderung von Industrie – das ist kein Klimaschutz, den man feiern sollte. Im Gegenteil: Es ist das Scheitern von Politik, wenn man die eine Krise, den Krieg, braucht, damit die andere Krise, die Klimakrise, nicht so schlimm wird.
Sie bekommen jetzt eine Minute zum Jammern: Was hat die Vorgängerregierung Ihnen hinterlassen, wo Sie sagen: Oh, mein Gott!
Ich habe ein paar Sachen vorgefunden, wo man sagt: Wie kann das eigentlich sein? Wir haben keine politische Möglichkeit, um eine Versorgungskrise im Gasbereich zu unterbinden? Oder, dass die Überförderung bei der Neubauförderung nicht erkannt wurde, das war schlechtes politisches Handwerk, das viel Geld kostet. Wer zu lange im Amt ist, verliert die Selbstkritik. Sollte ich sehr lange Minister sein, werde ich auch irgendwann im eigenen Saft schmoren. Das Gute an der Demokratie ist aber: Es kommen neue Leute, die hinterfragen das.
Habeck sitzt auf der Couch in seinem Ministerbüro, konzentriert vornübergebeugt. Er spricht mit leiser, belegter Stimme. Der riesige Raum ist karg möbliert. Deutschland- und EU-Fahne in der Ecke sind der einzige Schmuck. Die Schränke, bei seinem Vorgänger Peter Altmaier voller Geschenke und Andenken, sind noch leer. Der große Schreibtisch ist säuberlich aufgeräumt. Das habe er früh von einem seiner Büroleiter gelernt, sagt Habeck: Abends muss der Schreibtisch leer sein wie eine Landebahn.
Sie kommen gerade aus einer Verhandlung, die Ampel hat sich die ganze Nacht um ein Entlastungspaket gestritten. Wie schwierig ist denn die Umsetzung all dieser großen Ziele mit FDP und SPD?
Ich will es mal so beantworten: Dass wir unterschiedlich auf Dinge gucken, dass wir eine unterschiedliche politische Wertevorstellung haben, das ist einfach so. Bei vielen gesellschaftspolitischen Fragen passen wir sehr gut zusammen. Und es gibt andere Sachen, wo Ordnungsrecht und haushalts- oder finanzpolitische Aspekte berührt sind, wo die Spannungen größer sind. Und das sind jetzt interessanterweise eher die Bereiche, die ich betreue. Aber ich habe sehr gute Kollegen, mit denen ich das auch auf dieser handwerklichen Ebene immer wieder gut lösen kann. Mit dem Finanzministerium und auch ausdrücklich mit dem Verkehrsministerium.
Im Entlastungspaket geben Sie viel Geld aus, um den Benzinpreis zu senken. Wie schwer fällt Ihnen das als Politiker einer Partei, die diesen Preis mal auf fünf D-Mark hochsetzen wollte?
Das fällt mir nicht so schwer, weil ich sehe, wie die Preise für viele Leute extrem bedrückend sind. Bei Speditionen, Unternehmen, bei Taxifahrern, bei Berufspendler entstehen da materielle Nöte. Und die hohen Preise für Heizen und Strom werden mit Verzögerung ein noch größeres Problem darstellen. Das wird vielen Leuten richtig wehtun, da müssen wir Entlastung schaffen. Ich finde es aber noch besser, dass wir im öffentlichen Nahverkehr das Angebot attraktiver machen.
Mehr als die Hälfte der Preissteigerung bei Benzin und Diesel bleibt als Extragewinn bei Raffinerien und Zwischenhändlern. Muss man das noch mit Staatsgeldern subventionieren? Hätte man das nicht mit Gewinnabschöpfung mit Preisobergrenzen verhindern können?
So geht Politik – Zusagen im Wahlkampf nicht einhalten, bedeutet auch seine Wähler-Innen zu spalten. Darum : “ Schau – Trau, nie eine-n/r Politiker-Inn!
Übergewinne abzuschöpfen finde ich als Idee richtig und sie sollte unbedingt auf der politischen Agenda bleiben. Kriegsgewinnlertum darf kein Geschäftsmodell sein. Wir haben die Abschöpfung der Gewinne aber nicht in dieses Paket reinbekommen, weil es noch kein durchgerechnetes, rechtssicheres Modell gibt. Das Steuerrecht ist komplex, und der Schuss muss sitzen.
Ein Geschäftsmodell, das in der akuten Krise jedenfalls wieder zurück ist, heißt Kohle. Die bisherige Planung zum Kohleausstieg beruhte darauf, dass es billiges Gas gibt. Muss man da nicht ganz neu nachdenken?
Die Notwendigkeit, aus der Kohle schnell auszusteigen, bleibt. Ohne hier wieder zu jammern: Die alte Bundesregierung hat zwei Gesetze geschaffen, die nicht miteinander kompatibel sind. Einmal das Kohleausstiegsgesetz mit 2038 als Enddatum und einmal das Klimaschutzgesetz mit seinen Minderungspfaden bis 2030 auf minus 65 Prozent und bis 2040 auf minus 88 Prozent der Emissionen gegenüber 1990. Wenn der Kohleausstieg erst 2038 erfolgt, ist das schlicht unmöglich. Die Ministerpräsidenten der Kohleländer haben darauf hingewiesen, dass es quasi eine Art Vertrauensschutz gibt mit dem Kohleausstieg 2038. Es gibt aber auch einen Vertrauensschutz gegenüber der Gesellschaft und anderen Staaten, um die Klimaziele zu halten. Dafür stehe ich. Wir müssen die Klimaschutzziele einhalten und dafür die Hilfen für die betroffenen Regionen beschleunigen.
Schneller weg vom Gas heißt aber: mehr Kohle und mehr C02.
Schneller weg vom Gas kommen wir durch den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren und einer früheren Umstellung auf Wasserstoff. Auf zusätzliche Kohle wollen wir nur im Notfall zurückgreifen. Es sollen zwar mehr Kohlekraftwerke in die Sicherheitsbereitschaft, das heißt aber nicht, dass diese dann tatsächlich auch zum Einsatz kommen. Wenn wir in den nächsten Jahren mehr Kohle verfeuern sollten, müssen wir natürlich den zusätzlichen CO2-Ausstoß ausgleichen. Und ich bin da optimistisch: Beim Wasserstoff jedenfalls gibt es eine unglaubliche Dynamik.
Sie waren gerade in den Golfstaaten auf Energie-Shopping-Tour. Gibt es da jetzt Zusagen, was die Preise und die Mengen angeht?
Ja, es gab politische Zusagen und deswegen bin ich dorthin gefahren. Mengen und Preise verhandeln im Detail die Unternehmen.
Die Bilder, wie Sie vor dem Emir von Katar einen Diener machen, sind ja nicht überall so gut angekommen. Wie schwer fällt es Ihnen, bei diesen Regimes, die Menschenrechte missachten und Kriege führen, als Bittsteller aufzutreten?
Millionen Menschen sehen Putins Krieg durch TikTok-Videos und Tweets von der Front. In den sozialen Medien gab es noch nie so viele »Warfluencer«. Das ist nicht verwerflich, sondern angesichts des Horrors schlicht nötig.
Man könnte sie »Warfluencer« oder »Kriegfluencer« nennen. Das sind zugegeben keine überdurchschnittlich eleganten Worte, aber sie drücken aus, worum es geht. Soziale Medien sind ein eigenes Schlachtfeld geworden. Bei den Kriegen und Konflikten in Syrien, Kurdistan, der Ukraine seit 2014, Armenien, Mali, Afghanistan und vielen anderen Orten der Welt war das in den letzten zehn, fünfzehn Jahren auch schon so. Aber beim russischen Überfall auf die Ukraine ist der Krieg in und mit sozialen Medien auf eine völlig neue Größenordnung und Qualitätsstufe katapultiert worden. Am deutlichsten erkennbar ist das vielleicht am Warfluencer oder Kriegfluencer, einem neuen Typus des Social Media-Nutzers.
Die Veranstaltung des Weißen Hauses am 10. März 2022 ist oberflächlich betrachtet keine besondere Angelegenheit. 30 Personen lauschen den Ausführungen der Sprecherin des US-Präsidenten, Jen Psaki, sowie ihrer Gäste vom Nationalen Sicherheitsrat von Joe Biden: ein Strategie-Briefing, also eine Unterrichtung über die Lage in der Ukraine und die Ziele der USA. Aber die Gäste sind keine Journalisten, sondern TikTok-Stars mit vielen Millionen Followern.
Im Irakkrieg von 2003 wurde der Begriff »embedded journalists« geprägt, weil der Informationswunsch der Massenmedien auf traditionelle Weise kaum mehr zu befriedigen war. Das Publikum wollte noch näher dabei sein, also ließ die US-Armee Reporter*innen in Panzern mit auf ihre Einsätze fahren. Es gab viel Kritik, dass sich Journalist*innen als Propagandahilfe missbrauchen ließen. Trotzdem war deren Berichterstattung manchmal sehr wertvoll und hätte anders kaum entstehen können.
In gewisser Weise sind Warfluencer die zeitgemäße Weiterentwicklung der »embedded journalists«. Soziale Medien wie TikTok und Instagram sind die Plattformen, wo viele Millionen junge Menschen sich zugleich unterhalten und informieren, also findet der Krieg auch dort statt. Die chinesische Kurzvideo-Plattform TikTok gehörte in den letzten Jahren zu den am häufigsten heruntergeladenen Apps weltweit und hat inzwischen über 1,5 Milliarden Nutzer*innen.
Die mediale Relevanz speziell von TikTok für Menschen unter 25 Jahren ist kaum zu überschätzen, daher ist der Informationsansatz des Weißen Hauses folgerichtig. Aber soziale Medien haben im Krieg weitaus mehr Funktionen, die sich zudem ständig weiterentwickeln. Warfluencer entstehen automatisch, wo die Prinzipien sozialer Medien wie Personenfixierung, der Wunsch des Publikums nach Vorbildern und die Vermischung von Information und Inszenierung auf den Krieg prallen.
Die Allgegenwart des Aktivismus in sozialen Medien
Als gegen Ende der Nuller-Jahre soziale Medien zum Massenphänomen wurden, entstand fast gleichzeitig eine heute nur noch selten erwähnte Spielart des Aktivismus: Clicktivism (auf deutsch traditionell noch sperriger, nämlich Klicktivismus), ein oft abschätzig verwendetes Kofferwort aus Click und Aktivismus. Es herrschte die allgemeine Überzeugung, dass »Klicktivisten« mal hier was liken, dort was sharen, da drüben kommentieren und als stärkste Beteiligungsform vielleicht ein paar Euro spenden. Faktisch aber hat der oft verspottete Klicktivismus mithilfe der sozialen Medien die Gesellschaft erobert.
Inzwischen hat sich eine Allgegenwart des Aktivismus in sozialen Medien ergeben, alle setzen sich für alles Mögliche ein. Oder dagegen. Die aktivistische Positionsbestimmung gehört zum Standard der Selbstdarstellung, etwa mit Fahnen und Hashtags im Namen oder in der Profilbeschreibung. Es ist praktisch unmöglich, auf Twitter, Instagram oder TikTok nicht in Kontakt mit der ein oder anderen Form des Aktivismus zu kommen. Sogar die verbreiteten, sogenannten Challenges, eine Art Massen-Mitmach-Wettbewerb in sozialen Medien, kann man als Trockenschwimmen des Aktivismus betrachten, um die Verbreitungsinstrumente für den Ernstfall geschmeidig zu halten.
Social-Media-Aktivismus hat sich in der Folge zu einer Mischung aus Modeerscheinung, Selbstverständlichkeit und Erwartungsdruck entwickelt. Große Accounts werden regelmäßig von vielen kleinen Accounts aufgefordert, sich gefälligst zu positionieren, Hashtag Ausrufezeichen, also ihre Reichweite in den Dienst einer aktivistischen Sache zu stellen. Anfeindungen bei Nichtbeachtung inklusive.
Dieser Druck zum Aktivismus lässt sich an David Beckham feststellen. Ganz ohne Wertung kann man sagen, dass der ehemalige Fußballer eigentlich nicht zu den ersten Personen gehören würde, an die man zum Stichwort »Krieg in der Ukraine« denken muss. Seine Kompetenzen scheinen für oberflächlich Betrachtende eher im Fußballspielen und eleganten Tragen von Hosen und Frisuren zu liegen.
David Beckham und die Chefin der Geburtenklinik
Aber Beckham ist schon seit 2015 Unicef-»Ambassador«, eine vornehme Bezeichnung für Aktivist. In dieser Funktion hat er seinen Instagram-Account mit über 70 Millionen Followern für einen Tag einer ukrainischen Ärztin und Chefin der Geburtsklinik von Charkiw überlassen, die aus ihrem Kriegsalltag postete. Leichte Dissonanzen mögen sich daraus ergeben haben, dass Beckham auf Instagram auch Werbung für Maserati macht und deshalb unmittelbar nach der Klinik im Kriegsgebiet die Vorstellung des neuen Maserati Grecale folgt. Aber bei genauer Betrachtung ist das so normal wie der Werbespot vor der Tagesschau, in der ebenso Erschütterndes zu sehen sein kann.
Beckham als Warfluencer zeigt die neue Dimension der sozialen Medien im Social Media-Krieg neben dem dinglichen Krieg. Dadurch bekamen Millionen Menschen Einblick in die katastrophale Situation vor Ort in der ukrainischen Klinik, die davon sonst vielleicht wenig erfahren hätten. Die Leute in der Ukraine selbst, die am schlimmsten betroffen sind vom russischen Überfall, können in Beckhams Aktion eine Stärkung der Aufmerksamkeit für ihre Sache erkennen.
Aufmerksamkeit ist für Konflikte auf mehrere Arten essenziell. Vor allem, weil die dadurch geführten Debatten in liberalen Demokratien tatsächlich eine Wirkung entfalten. Ohne die bundesweite, lautstarke Empörung über die anfängliche Zurückhaltung der Bundesregierung in Sachen Waffenlieferungen an die Ukraine wären die zunächst zugesagten 5000 Helme vermutlich noch immer die einzige Hilfe Deutschlands. Beckhams Insta-Übergabe ist der prominente Truppenbesuch des 21. Jahrhunderts.
Schon vor dem militärischen Ausgang im Ukraine-Krieg zeichnen sich Gewinner und Verlierer ab
In einem Krieg geben sich die Gegner stets siegessicher. Schließlich sollen diejenigen, die für ihren Staat den Kopf hinhalten, das Gefühl haben, dass sich ihr Einsatz für das Vaterland lohnt. Opfer werden ganz unterschiedlich verrechnet: Tote auf der Gegenseite sind Zeichen des Erfolgs der eigenen Kriegsbemühungen und beweisen die Aussichtslosigkeit des Unterfangens der Gegenseite; Tote auf der eigenen Seite betreffen in erster Linie die Zivilbevölkerung und belegen die Unmenschlichkeit des Krieges der Gegenseite. Eine sachliche Beurteilung findet so auf keiner Seite statt, aktuell beim Krieg in der Ukraine zu studieren. Dennoch muss man kein Militärspezialist sein, um sich ein Bild von den Erfolgsaussichten des Krieges für die verschiedenen Seiten zu verschaffen.
Der erste Verlierer: die Ukraine
Wenn der Präsident der Ukraine Selenskij seine Bevölkerung für ihren Kampfesmut lobt und sie auffordert, Molotow-Cocktails zu basteln, dann soll offenbar der Kampfeswille fehlende Mittel ersetzen. Molotow-Cocktails gegen gepanzerte Fahrzeuge einzusetzen erfordert viel Mut und die Bereitschaft zur Selbstaufgabe. Der Vergleich der Mittel lässt ziemlich sicher erahnen, wie die Auseinandersetzung ausgeht. Er wird viele Opfer auf Seiten der Ukrainer kosten. Die Ukraine ist allerdings nicht auf diese einfachen Mittel angewiesen, schließlich hat die Nato das Land mit militärischen Mitteln vollgestopft, vor allem Panzer brechende Waffen und Stinger-Raketen zur Luftabwehr. Wenn dennoch der Präsident ständig die Nato auffordert, in den Krieg einzugreifen, dann wird daran deutlich, dass er sich selbst mit der Aufrüstung durch die Nato der Gewalt des russischen Militärs nicht gewachsen sieht. Aufgeben will er dennoch nicht und benutzt wie alle Feldherren seine Bevölkerung als Schutzschild für seine militärische und politische Führung. Jeder Tag des Widerstandes gegen die russische Übermacht kostet Menschenleben und führt zur weiteren Zerstörung des Landes. Dass der Krieg am Laufen bleibt, dafür sorgen die Waffenlieferungen der Nato.
Der zweite Verlierer: Russland
Russland verfügt über eine der Ukraine überlegene Militärmacht. Sie hat das Ziel, den politischen Willen der Ukraine zu brechen, sich der NATO anzuschließen. Und sie soll verhindern, dass die Ukraine zum Aufmarschgebiet des westlichen Kriegsbündnisses gegenüber Russland wird. Mit dem Krieg gegen die Ukraine ist Russland aber bereits mit einer Armee konfrontiert, die durch die Nato hochgerüstet und trainiert worden ist. Das relativiert die eigenen Kräfte und lässt den Krieg zu einer langwierigen Angelegenheit werden. Aber selbst wenn Russland die Ukraine niederringt, gewinnt es keinen Bundesgenossen, sondern erobert ein zerstörtes Land, wozu auch die Verteidigungsmaßnahmen wie Sprengung von Brücken zur Behinderung des russischen Vormarsches beitragen. Statt an der eigenen russischen Grenze steht dann die hochgerüstete NATO nicht mehr nur vorübergehend an den neuen Grenzen, sondern inzwischen dauerhaft und mit steigenden Potenzen – denn schließlich hat sich nicht nur Deutschland zu einer enormen Aufrüstung entschlossen, sondern alle NATO-Mitglieder Osteuropas. Die Sicherung des neuen Einflussbereichs erfordert erhebliche Mittel, zumal die Bevölkerung durch den Krieg alles andere als loyal zu den neuen Herrschern stehen wird. Gefordert ist ein Besatzungsregime, das vor allem Kosten verursacht. Und das bei einem gleichzeitigen Wirtschaftskrieg durch den Westen, der die ökonomischen Grundlagen des russischen Staates angreift und reichlich Schäden anrichtet.
Der Gewinner: die NATO
Dass die NATO Kriegspartei ist, daraus wird in der Öffentlichkeit kein Geheimnis gemacht. Und das, laut Verteidigungsexperten der Bundeswehr-Hochschule Hamburg Stefan Bayer (tagesschau 24, 14.3.2022), auf vier Ebenen: Diplomatie, Öffentlichkeit, Wirtschaft und Militär. Auf diplomatischer Ebene wird der russischen Regierung die Unnachgiebigkeit der NATO präsentiert. Das Bündnis weiß die Öffentlichkeit hinter sich in Form der blau-gelben Fähnchenschwenker. Sicherheitshalber wurde aber auch die Berichterstattung des Gegners ausgeschaltet, während die eigenen Medien sich selber gleichgeschaltet haben. Mit den umfangreichen Wirtschaftssanktionen hat die NATO Russland direkt angegriffen und zielt auf die Untergrabung der russischen Ökonomie. Russland soll sich seine Militärmacht wirtschaftlich nicht mehr leisten können und auf den Status eines abhängigen Rohstofflieferanten reduziert werden. Mit Waffenlieferungen an die Ukraine hält die NATO den Konflikt am Kochen, ohne selber Schaden zu nehmen. Den Versuchen osteuropäischer Ministerpräsidenten, die Nato direkt in das Kriegsgeschehen einzubeziehen, erteilt die Führungsmacht USA bislang die Absage. Die NATO benutzt die Ukraine für die Schädigung Russlands – und nimmt dafür dort Tod und Zerstörung in Kauf. Das Bündnis präsentiert sich dabei ausgerechnet als „Friedensmacht“: Mit überlegenem Gewaltapparat unbotmäßige Staaten bestrafen oder mit Krieg überziehen, wenn sie gegen die westliche „Sicherheitsordnung“ verstoßen. Auf diese Art und Weise verteidigt sie eine „Ordnung“, die für ernsthafte Konkurrenten keinen Platz lässt. Das erfordert regelmäßig militärische Einsätze – wie in Afghanistan, dem Irak oder in Syrien. Dabei muss sie noch nicht einmal als Sieger in der Schlacht erscheinen, hinterlassen doch ihre Kriegseinsätze zerstörte Länder, die ohne Hilfe des Westens nicht auf die Beine kommen können; und so entweder als „failed states“ sich selbst in ihrer Bedeutungslosigkeit überlassen bleiben oder sich dem Westen unterordnen. In der Ukraine will die NATO mit ihrer massiven militärischen Unterstützung Russland ein „zweites Afghanistan“ bereiten. Eine direkte Konfrontation steht nicht auf der Tagesordnung – noch nicht. Denn vielleicht ist der Ukraine-Krieg für Russland ein solches Desaster, dass es weiter entscheidend geschwächt wird.
Gewinner Nr. 2: der geeinte Westen
Der Westen umfasst nicht nur die NATO und erstreckt sich bis weit in den Osten, nach Japan und Australien, die alle in den Wirtschaftskrieg mit Russland einbezogen sind. Mit der Konfrontation gegenüber Russland hat die Führungsmacht USA auch ihre Alliierten auf Linie gebracht wie die europäischen Führungsmächte, die versucht haben, mit einer strategischen Partnerschaft zu Russland dieses für sich zu instrumentalisieren, um ein Gegengewicht zu den USA zu schaffen. Versuche wie das Normandie-Format, das eine Regelung des Ukraine-Konflikts ohne die USA bewerkstelligen wollte, wurden konterkariert und sind vom Tisch; ebenso die Nutzung billiger und zuverlässiger Energielieferungen durch die Gaspipeline Nordstream 2. Gleichzeitig dürfen die europäischen Partner und vor allem Deutschland die Hauptlast der Wirtschaftssanktionen tragen. Das begeistert natürlich hiesige Politiker weniger. Der Plan, die Europäische Union militärisch von der Weltmacht zu emanzipieren und ihr ökonomisch noch mehr Konkurrenz zu machen, ist daher nicht vom Tisch. Da passt das 100 Milliarden Euro-Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung bestens hinein: Begründet mit der „Bedrohung“ aus dem Osten, zukunftsfähig im Hinblick auf die verschärfte Konkurrenz Deutschlands und Europas gegenüber den US-Amerikanern. Aktuell bleibt erst einmal aber nichts weiter übrig, als sich hinter ihnen einzureihen.
Doch nicht nur die verbündeten Staaten sollen durch die Weltmacht Nr. 1 auf Linie gebracht werden. Alle Staaten bekommen die Frage vorgelegt, wie sie es mit den wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland halten. Daran entscheidet sich, wer für oder gegen das mächtigste Bündnis der Welt antreten will. Neutralität ist nicht zugelassen, das bekommt zurzeit China zu spüren. Staaten wie die Schweiz oder Finnland haben bereits begriffen, dass Neutralität heutzutage nur als Parteinahme für den Westen zugelassen ist. Andere Nationen, die bislang auf der Feindesliste standen wie der Iran oder Venezuela, werden zeitweilig von der Liste der „Schurkenstaaten“ genommen, wenn sie sich als billige Rohstofflieferanten in den Dienst der USA stellen. So geht Friedenspolitik.
Vermeintliche Sieger
Auf der richtigen Seite fühlen sich auch die, die mit blau-gelben Fahnen ihre Solidarität mit der Ukraine und deren Opfergang bekunden. Sie treten als Parteigänger ihrer Regierungen im Krieg gegen Russland auf und bekommen doch nicht nur an der Zapfsäule und im Supermarkt zu spüren, dass sie diejenigen sind, die für den Krieg und die Aufrüstung zahlen dürfen. (Björn Hendrig: https://www.heise.de/tp/features/Jetzt-kennen-wir-keine-Parteien-mehr-6546837.html)
Zuerst erschienen bei Telepolis
Urheberrecht
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„Krieg und Frieden“
Der beste Keller der Welt hat nur ein Manko: Er ist nicht teilbar
Aus Lwiw Roman Huba
Was wissen Sie über Keller? Haben Sie irgendwann schon mal versucht, Ihren Keller auf einer 5-Punkte-Skala zu bewerten?
Wie viele Sterne bekäme er zusätzlich für Wasser und Belüftung? Ich zum Beispiel sitze gerade in einem 5-Sterne-Keller, obwohl weder das Hilton noch das Hyatt irgendwas von ihm wissen. Es ist hier warm und gemütlich, es gibt Wasser und auch eine Steckdose. An manchen Stellen kommt man sogar ins Internet, was ihn wirklich ausgesprochen angenehm macht. Das einzige Problem an ihm ist, dass ich heute bereits zum sechsten Mal hinuntergegangen bin – und dieses Mal zum letzten Mal. Denken Sie nichts Schlimmes. Es ist bloß absolut sinnlos, sich im Zimmer zum Schlafen hinzulegen, wenn man schon nach ein oder zwei Stunden wieder in den Keller muss.
Heute hat es im Hinterland von Lwiw fünfmal Luftalarm gegeben. Insgesamt habe ich heute mehr als fünf Stunden unter der Erde verbracht. Aber das ist ein guter Deal – ein Viertel des Tages unter der Erde zu verbringen, um nicht für immer dort zu landen. An den Tagen davor war alles viel besser – „der russische Kriegswecker“, wie ich ihn nenne, arbeitete kurz nach fünf Uhr morgens und sicherte scharfes, zuverlässiges Aufwachen.
Mein Keller hat nur ein technisches Manko – ich kann ihn nicht mit anderen teilen. Er wäre gerade sehr nützlich für meine Freundin aus Mariupol, eine junge Journalistin, von der ich seit über drei Wochen nichts mehr gehört habe. In ihrer Stadt ist der Keller der einzige Ort, an dem man den Beschuss durch die russische Armee überleben kann. Von vielen früheren Wohnhäusern sind dort nur noch Ruinen übrig, und darunter sind Keller voller Menschen. Vielleicht haben Sie von der Bombardierung des Mariupoler Theaters gehört? Der sowjetische Schutzbunker unter dem Theater war offensichtlich für den Kalten Krieg gebaut, zum Schutz vor dem „Westen“. Jetzt hat er viele Einwohner der Ukraine gerettet, die von den Russen bombardiert werden unter dem ausgedachten Vorwand der „Entnazifizierung“.
Ach übrigens, zum Thema „Entnazifizierung“. Ich würde auch sehr gern Boris Romantschenko in meinen Keller aufnehmen, den ehemaligen Häftling der nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald, Peenemünde, Dora und Bergen-Belsen. Er hat den Holocaust überlebt, er war 96 Jahre alt und starb jetzt in seiner eigenen Wohnung (in Charkiw; Anm. der Redaktion) durch eine russische Granate. Derjenige, der an der Waffe stand, feiert höchstwahrscheinlich gern den Tag des Sieges. Aber am 18. März hat er einen Menschen umgebracht, der die Nazis aus eigenem Willen besiegt hat.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Unten — 9-storey residential building in Kyiv (Bohatyrska Street) after shelling 14 March 2022 during Russian invasion of Ukraine. One person is known to be killed and 3 persons hospitalized (an article).
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Der EU-Gipfel geht einkaufen – . – 2.) 17 MILLIARDEN DEFIZIT – . – 3.) Putins Feind ist die Nato – . – 4.) Landtagswahl Saarland – . – 5.) Gegen alle Widrigkeiten – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Irgendwann und Irgendwo kommt die Erleuchtung auf dem Klo – selbst wenn die Entscheidung auf „freiwilliger Basis“ erst nach neunstündiger Beratung fällt ! Danach stellen sich die Kanllköpfigen Politiker-Innen in Front ihrer durch Kriege verschmierten Putzlappen auf, und ein jeder der Volksverräter die nationale Hymne seines Landes summt.
EU-Länder wollen künftig gemeinsam Gas einkaufen
1.) Der EU-Gipfel geht einkaufen
„Anstatt uns gegenseitig zu überbieten“: Die EU-Länder haben sich im Umgang mit den hohen Energiepreisen auf gemeinsame Gaseinkäufe geeinigt – auf freiwilliger Basis. Nach neunstündigem Verhandeln um Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise haben sich die EU-Länder in Brüssel auf gemeinsame Gaseinkäufe auf freiwilliger Basis geeinigt. „Anstatt uns gegenseitig zu überbieten und die Preise in die Höhe zu treiben, werden wir unsere Nachfrage bündeln“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Bei Pipeline-Gas repräsentiere die EU etwa 75 Prozent des Markts, die EU habe daher eine enorme Kaufkraft. „Ich begrüße, dass wir unsere gemeinsame Verhandlungskraft nutzen werden“, sagte von der Leyen. Für eine direkte Deckelung der Gaspreise, wie sie etwa Italien, Portugal, Spanien oder Griechenland gefordert hatten, gab es zunächst keine Einigung. Bundeskanzler Olaf Scholz unterstrich auch nach dem EU-Gipfel die deutsche Position, dass es in der EU nur einen freiwilligen gemeinsamen Einkauf von Gas geben kann. Man wolle sicher mehr Transparenz und Kooperation. Er wies aber darauf hin, dass der Einkauf in der EU durch viele privatwirtschaftliche Unternehmen geschehe und dies auch so bleibe.
Vielleicht sitzen in den Gremien der Verwaltungen von Krankenkassen und Kliniken ja auch nur zu viele Politiker aus den Parteien-Clans, – insbesondere aus der SPD? Von den Städten über die Länder bis im Bund, alles Politiker welche sich an den Beiträgen gesund schieben? So ist das nächste Treffen vielleicht am Ballermann angesagt um dort gemeinsam zu singen: „Einmal noch nach Rio – zweimal nach Hawaii! Das alles war doch schon vor einigen Jahren ein Thema, nicht nur in den Versicherungen.
Finanzierungslücke der Krankenkassen: Karl Lauterbach plant, Krankenkassenbeiträge zu erhöhen
2.) 17 MILLIARDEN DEFIZIT
Den Gesetzlichen Krankenkassen fehlen 17 Milliarden Euro für das Jahr 2023. Um diese Lücke zu schließen, plant Gesundheitsminister Lauterbach eine Anhebung der Versichertenbeiträge. Nach Angaben des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) fehlen den Kassen für nächstes Jahr 17 Milliarden Euro. Und das können auch schon bald Versicherte bei den Finanzen spüren. Um diese Lücke zu schließen, plant Gesundheitsminister Lauterbach nämlich unter anderem eine Anhebung der Versichertenbeiträge. Den Kassen fehlen 17 Milliarden Euro. „Wir müssen an vier Stellschrauben drehen: Effizienzreserven im Gesundheitssystem heben, Reserven bei den Krankenkassen nutzen, zusätzliche Bundeszuschüsse gewähren, und die Beiträge anheben“, sagte Lauterbach der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Um welchen Prozentsatz die Beiträge steigen sollen, möchte der Minister noch nicht beantworten. Es wäre seiner Meinung nach unprofessionell, wenn er aus den laufenden Gesprächen berichte, so Lauterbach weiter. Wegen der großen Finanzlücke von 17 Milliarden Euro fordern Kassen und Opposition rasch Klarheit, wie das Geld aufgebracht werden soll. Drängen lassen, möchte sich Lauterbach indes nicht. „Ich werde rechtzeitig einen wohlüberlegten Gesetzentwurf vorlegen“, sagte der SPD-Politiker gegenüber der Zeitung. Lobbyinteressen sollen keine Rolle spielen.
Heißt ein Wäre und Wenn – nicht auch in der Politik: „Wir haben alles verpennt“. Und so folgt die EU der NATO in Schritt ohne Tritt! Müsste vor einen Gesetzentwurf nicht zuerst überlegt werden , wie denn die Verfolgung bei Missachachtung der Gesetze erfolgen soll? Ist es nicht allzu auffällig das gerade die Politiker-Innen ihre Pferde immer vom Schwanz an – aufzäumen. So hörten wir es früher immer schon auf dem Land: „Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es für gewöhnlich an der Badehose! Zu eng oder zu weit? Verpennte Politiker-Innen wissen nie Bescheid.
Krieg in der Ukraine. Mariupol darf verrecken, aber für Vilnus riskiert man alles? Wirklich?
3.) Putins Feind ist die Nato
Die Außenpolitik des Westens verlässt sich auf die magische Funktion von Worten: etwas zu sagen ersetzt die Notwendigkeit, etwas zu tun. August 2013. Die Assad-Diktatur in Syrien beschießt die eigene Bevölkerung mit chemischen Waffen. Über 2000 Menschen sterben. US-Präsident Barack Obama hat zuvor einen C-Waffen-Einsatz in Syrien als „rote Linie“ bezeichnet. Und doch gibt es keine Konsequenzen. Sechs Monate später überfällt Russland die Ukraine und annektiert die Krim. August 2021. Afghanistans Taliban stoßen auf Kabul vor. Die USA, vertragliche Schutzmacht der Regierung, ziehen hastig ab und überlassen ihre Verbündeten sich selbst. Die Taliban übernehmen kampflos die Macht. Sechs Monate später überfällt Russland die Ukraine und bombardiert Kiew. Zwei Dinge lassen sich daraus schließen: Erstens: Der Westen hält sich nicht an das, was er sagt. Zweitens: Putin nutzt das aus, um seinen Ukraine-Komplex zu befriedigen. Versprechen blieben unerfüllt. Westliche Außenpolitik trägt gern Werte vor in der Hoffnung, dass dies Handlungen ersetzt. Man sagt etwas, statt es zu tun. Man schreibt Worten eine abschreckende, ja magische Funktion zu: die verbale Drohung genügt, um sie nicht umsetzen zu müssen. Putin hat das längst durchschaut. Schon 2008 sollten die Ukraine und Georgien Nato-Mitglieder werden. Deutschland und Frankreich waren dagegen. Also gab es nur die theoretische Zusage, aber keinen Beitrittsprozess. Vier Monate später verleibte sich Russland Teile von Georgien ein. Wäre die Nato-Osterweiterung 2008 vollendet worden, wäre Assad 2013 in die Schranken gewiesen worden, wäre Kabul 2021 verteidigt worden – die Welt wäre heute eine friedlichere. Das verbrannte Trümmerfeld namens Mariupol wird in die Geschichte als Putins Vermächtnis eingehen, aber auch als Mahnmal für ein westliches Politikverständnis, das nicht begriffen hat, wie viele Menschenleben es kostet, markige Worte in Nichtstun münden zu lassen.
Wenn der (uralte) Hahn kräht auf dem Mist – ändert sich das Wetter, oder es bleibt so, wie es ist. Nur der Haufen auf den der Alte seine Hinterlassenschaften hat liegenlassen ändert sich nicht. Es stinkt weiterhin da selbst der größte Trottel die Räder des Wagen nicht so schnell drehen kann. Aber – wie immer im Leben, wer Hoch hinaus will – fängt Unten an!
Die Linke steht nach Oskar Lafontaines Austritt schlecht da
4.) Landtagswahl Saarland:
Der Abgang des ehemaligen Spitzenpolitikers verschärft die Krise der Linkspartei. Nun droht ihr ein krasser Absturz. Auf die ganz große Koalition läuft es wohl im Saarland hinaus. Zumindest, wenn es nach Viktoria geht. Auf ihrem Kinderfahrrad kurvt sie zwischen den Wahlkampfständen der verschiedenen Parteien in der Saarbrücker Fußgängerzone herum. Nach einiger Zeit kommt sie zu ihrem Vater zurück: Viktoria hat Luftballons fast aller Parteien in Rot, Gelb, Orange, Blau und Lila abgestaubt und am Lenker befestigt. Dafür gibt es erst mal ein Eis. Der Vater der Kleinen, Thomas Lutze, ist Landesvorsitzender der Linken im Saarland. Er war einmal Wahlkreismitarbeiter von Oskar Lafontaine, früher, in den guten Zeiten, als die Linke hier im Saarland ein Fünftel aller Stimmen gewann. Heute laufen gegen ihn selbst Vorermittlungen wegen Untreue. Einer seiner früheren Mitarbeiter wurde vergangene Woche wegen Urkundenfälschung und falscher Verdächtigung verurteilt. Und Oskar Lafontaine ist aus der Partei ausgetreten, nicht ohne noch einmal laut die Tür ins Schloss zu knallen, während die Linke bangen muss, ob sie nach der Wahl am 27. März überhaupt noch im nächsten saarländischen Landtag vertreten sein wird. Am Samstagvormittag zwei Wochen vor der Wahl ist Thomas Lutze mit seinem roten Lastenrad im Parteidesign unterwegs. Ein Helfer stellt einen weißen Stehtisch neben dem Wahlmobil auf. Bei dem milden Frühlingswetter mutet so ein Landtagswahlkampf ziemlich angenehm an. Doch gute Laune versprühen eher die SPD-Helfer:innen: Ihre Spitzenkandidatin, die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, führt mit großem Abstand vor der CDU, mit der sie seit zehn Jahren als Juniorpartnerin einer Großen Koalition regiert. Nach 23 Jahren mit drei CDU-Ministerpräsidenten deutet sich ein Wechsel an.
Das wird sich wohl alles nicht verändern lassen – solange sich die neuen Würste der Staaten darum drängeln sich selbst im Ausland vor dem Auge der Kamera vor ihrer Nationalflagge zu platzieren und so vor den aufgereihter Reihen stramm stehender Mörder ihren Applaus von den Zuschauern einzuheimsen!
VERNICHTUNG DES NAZISMUS
5.) Gegen alle Widrigkeiten
Größte antifaschistische Vereinigung in Deutschland VVN-BdA feiert 75jähriges Bestehen. Schon an der Wiege standen die Wächter. Von Schwierigkeiten der Namenswahl für die heute allgemein mit dem Kürzel VVN-BdA benannte, von ihm mitbegründete Organisation hat Emil Carlebach, Kommunist aus Hessen und Buchenwald-Überlebender, später berichtet. Im brandenburgischen Henningsdorf habe er sich Anfang 1946 mit anderen früheren Widerstandskämpfern getroffen. Er habe, so Carlebach, den »Kameraden aus der Ostzone« damals gesagt: »Gründet ihr einen ›Kampfbund gegen den Faschismus‹, dann ist es nicht möglich, den gesamtdeutsch zu haben, denn die Westmächte dulden das nicht.« Als Antwort habe er bekommen: »… in drei Teufels Namen gründen wir die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.« Der Name sei also zustande gekommen »unter dem halben Verbotsdruck der Westalliierten«. Bis in die Gegenwart bleibt Repression ein ständiger Begleiter der VVN, die 1971 ihre Organisation für nachgeborene Generationen geöffnet hat und seitdem den Zusatz »Bund der Antifaschisten« führte (heute »Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten«). Doch sie überstand alle Stürme und feiert an diesem Sonnabend als älteste und mitgliederstärkste antifaschistische Organisation der Republik in Frankfurt am Main ihre Gründung vor 75 Jahren. Offizieller Gründungsakt war die »1. Interzonale Länderkonferenz der VVN« vom 15. bis 17. März 1947 in der hessischen Metropole. Überlebende des faschistischen Terrors schufen an diesem Wochenende den gesamtdeutschen Rat der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Luisa Neubauer: Wir streiken, gerade weil wir auch andere Probleme haben. Es gibt heute keine singulären Krisen mehr. Es ist Zeit, das anzuerkennen und die Systemfragen anzugehen. Nie war es offensichtlicher, dass wir eine Energiewende brauchen. Trotzdem müssen wir dafür kämpfen, weil wir sehen, dass die Regierung selbst jetzt zu allen Irrationalitäten bereit ist.
Welche Systemfragen meinen Sie – den Kapitalismus abschaffen?
Wenn man – wie Wirtschaftsminister Robert Habeck – von Putins Gas wegwill und dafür nach Katar reisen muss, steht man vor einer Systemfrage. Hier wie da finanzieren wir die Gegner der Demokratie und erhöhen das Risiko eines Klimakollapses. Um sich davon zu befreien, muss man die großen Hebel umsetzen und die Systeme – Energie, Mobilität, Landwirtschaft und so weiter – humanisieren, demokratisieren und dekarbonisieren.
Nachrichten über zu viel Wärme in der Arktis, globale Emissionsrekorde oder den IPCC-Bericht dringen zurzeit kaum durch. Wer soll sich aktuell für den Streik interessieren?
Uns geht es nicht darum, dass sich Menschen für den Klimastreik interessieren, sondern dass Menschen die Klimakrise als das wahrnehmen, was sie ist: die größte Bedrohung der Menschheit. Und dass sie entsprechend handeln. Dafür ist der Streik nur ein Vehikel.
Mit den 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind für die kommenden Monate andere Themen gesetzt als das Klima.
Es ist Krieg und erst mal logisch, dass auch über Militärausgaben diskutiert wird. Aber was sollte uns davon abhalten, gleichzeitig das große Ganze in den Blick zu nehmen? Ein paar Stimmen, die sich gekränkt fühlen, wenn sie keine alleinige Diskurshoheit mehr haben? Tja. Eine brennende Frage ist: Wie sichern wir Demokratien? Wir brauchen Unabhängigkeit von Autokraten und Energieunabhängigkeit. Und es gibt ja keine Regel, laut der man in einem Krieg, der durch den Verkauf fossiler Energien finanziert wird, nicht über die Transformation von Energiesystemen sprechen kann.
Bei einigen Kohlekraftwerken wurde jetzt schon die Laufzeit verlängert. Ist es richtig, wie Robert Habeck sagt, im derzeitigen Ausnahmezustand nicht an Klima-Deadlines festzuhalten, sondern flexibel zu reagieren?
Ich möchte sehen, wie Robert Habeck das den Leuten erklärt, die vor der Klimakatastrophe auf der Flucht sind. Wie sollen die flexibel sein? Ja, wir werden uns mit sehr harten Energiedebatten auseinandersetzen müssen. Aber ich ermuntere uns, sorgfältig auseinanderzuhalten, wo wir von Machbarkeit und wo von Politik reden. Ich verstehe, dass man das vermischen möchte, wenn man eine grüne Regierung ist und die Illusion aufrechterhalten will, dass man alles tue, was möglich sei. Aber das darf uns nicht davon abhalten zu gucken, wer diesen Krieg finanziert, was Putin stark macht und welche politischen Konsequenzen gezogen werden müssen, wenn wir das anerkennen.
Der russische Gasimport ist sehr schwer zu ersetzen, das stimmt. Kurzfristig muss man sich fragen, was wir stattdessen reduzieren können. Für soziale Gerechtigkeit braucht es soziale Politik. Das heißt aber nicht, dass man denjenigen, die sich das leisten können, nichts abverlangen darf. Die Bundesregierung tut so, als gäbe es ein Recht auf Energieverschwendung. Warum zum Henker traut sie sich nicht, ein Tempolimit zu verabschieden? Wenn sie den privilegiertesten Teil der Gesellschaft, der am meisten Energie verbraucht, mit einer Handvoll Maßnahmen zum kollektiven Energiesparen auffordert
… dann wäre das immer noch keine Transformation des Energiesektors, sondern eine Individualisierung der Verantwortung.
Man würde zunächst akut Spannung aus der Situation nehmen. Wir sehen doch gerade, wie sich Menschen organisieren, eine wehrhafte Demokratie gestalten und ernst genommen werden wollen. Wenn die Regierung stattdessen meint, das Tempo auf der Autobahn sei wichtiger als die Solidarität mit den Menschen, die in Mariupol vor den Bomben fliehen, muss sie dazu stehen und das nicht mit einem pseudosozialen Frieden verteidigen. Den Frieden hier und die Ukraine gegeneinander auszuspielen, finde ich das Allerletzte.
Die Politiker*innen sollen also an den guten Willen der Bürger*innen appellieren?
Nein, sie sollen ehrlich zugeben, dass wir kein Recht auf Energieverschwendung haben. Und dass jeder Liter Öl, den wir unnötig verbrauchen, Putin zugutekommt. Es braucht einen Plan und eine Strategie. Ich war nicht dabei, als es 1973 die autofreien Sonntage gab, aber ich habe von niemandem gehört, dass er das als schwarzen Tag erinnert.
Ist Habecks Prioritätensetzung ein Verrat der Grünen an der Klimabewegung?
Ach, ehrlicherweise kann ich hier mit dem Begriff des Verrats nicht so viel anfangen. Was wir gerade sehen, ist, dass die klimafreundlichste Regierung, die wir jemals hatten, vor offensichtlichen Systemfragen steht und scheinbar nicht bereit ist, sie ehrlich und zukunftsgewandt zu beantworten, um langfristig Lebensgrundlagen zu bewahren.
Welche Konsequenz ziehen Sie daraus?
Wir stellen fest: Am Ende des Tages steht und fällt alles nicht damit, wer gerade regiert, sondern damit, was wir als Zivilgesellschaft damit machen.
Wann kommt der endgültige Bruch der Klimabewegung mit den Grünen?
Was soll denn dann folgen – sollen wir auf den Tisch hauen und sagen „Das war’s jetzt“? Dass die Grünen nicht der parlamentarische Arm der Klimabewegung sind, wissen alle Beteiligten. Darum geht es auch nicht. Es braucht Parteien, die ernsthaft und integer die ökologischen Fragen ins Parlament und die Regierung tragen. Das sollten so viele Parteien sein wie möglich. Ich finde es absurd, die größte Katastrophe der Menschheit auf eine Frage zwischen einer Partei und einer Bewegung zu reduzieren.
Wie kann Fridays for Future zukünftig Druck ausüben? Die Mobilisierungskraft hat über die Jahre abgenommen, Gesellschaft und Politik haben sich an die Klimaproteste gewöhnt.
Im Gegensatz zu jedem anderen Politikfeld braucht die Klimapolitik permanent eine externe Erinnerung daran, dass es sie überhaupt gibt. Das ist zwar eine komplett abstruse Scheinlogik, aber solange man gute Klimapolitik sehen will, wird man Druck machen müssen. Ein Teil davon müssen Massen auf der Straße sein. Das hat auch damit zu tun, dass sich immer irgendein Politiker in die Hose macht, wenn er daran denkt, dass man der Gesellschaft ein paar kleine Klimamaßnahmen zumutet.
Aber was kann FFF noch erreichen? In den Talkshows sitzen Sie schon lange, Greta Thunberg hat schon vor den Vereinten Nationen in New York gesprochen, die Zahlen auf der Straße sind nicht mehr zu toppen. Eine Klimapolitik, die 1,5 Grad erreicht, folgt daraus zwar nicht, aber das haben Sie offensichtlich nicht in der Hand.
Oben — 1 Jahr Nur Blockiert: Luisa Neubauer liest ihre Rede vor, die sie vor einem Jahr beim ersten Streik von Fridays For Future Berlin gehalten hat. Berlin, 13.12.19
Gegen die Impflicht in der „Werte-Demokratie“ eines Rechtsstaat
Offener Brief von Uwe Kranz am 07.03.2022
Übermittelt von Dr. Nikolaus Goetz
Sehr geehrte Bundestagsabgeordnete,
in wenigen Tagen beraten Sie den Entwurf des „Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-Cov-2“1 . Mit diesem Gesetzesentwurf sollen die derzeit mindestens 16 Millionen genetisch noch unveränderten Deutschen2 (und zudem einige Millionen in Deutschland lebenden Asylsuchenden/-antragstellenden, Schutz-/ Bleibeberechtigten, Abzuschiebenden oder eine zunehmende, derzeit noch unbekannte Zahl von (Kriegs-)Flüchtlingen gezwungen werden, sich mit einem der immer noch nur bedingt zugelassenen gentherapeutischen experimentellen Injektionsstoffen „impfen“ zu lassen. Die Vielzahl der bereits Geimpften, die sich bereits jetzt gegen den Zweit-Booster oder ein dauerhaftes Impf-Abo aussprechen, werden diese Zahlen noch weiter steigen lassen. Dieser Gesetzesentwurf stellt sich letztlich gegen mindestens rund 25 Prozent der Bewohner Deutschlands.
Mit diesem offenen Brief fordern wir Sie auf, diesem Entwurf nicht zuzustimmen.
Der Entwurf geht schon in der Begründung in wesentlichen Teilen von falschen, fehlerhaften oder zum Teil längst widerlegten Tatsachenbehauptungen aus. So ist trotz höherer Ansteckungsgefahr die Gefährlichkeit der vorherrschenden Omikron-Variante gerade nicht sehr hoch. Sie verursacht viel seltener Hospitalisierungen, moderate oder gar schwere Verläufe. 3 Die Infektionswahrscheinlichkeit ist ebenso hoch, wie bei Ungeimpften, selbst die Booster-Impfung reduziert sie nur zu 50 Prozent. 4 Wieso das Robert-Koch-Institut (RKI) entgegen der weltweiten Einschätzung eine weit höhere Risikobewertung vornimmt, sollte parlamentarisch hinterfragt werden.5
Die zur Prävention zur Verfügung stehenden „Impfstoffe“ seien „gut verträglich, sicher und hochwirksam“, behauptet der Gesetzesentwurf. Das Entsetzen, das schon die dem Paul-EhrlichInstitut (PEI) gemeldeten 245.000 Nebenwirkungen und mutmaßlich über 2.255 Toten im zeitlichen Zusammenhang mit der „Covid-Impfung“ in Expertenkreisen hervorrief 6, sollte im parlamentarischen Raum intensiv diskutiert werden. Besonderes Augenmerk muss dem eklatanten Dunkelfeld in dem
Spontanmeldesystem gelten, denn die Meldequote für Impfreaktionen liegt, trotz einer gesetzlichen Meldepflicht nach § 11 IfSG, trotz berufsrechtlicher Verpflichtungen und sogar trotz einem gemeinsamen Online-Erfassungssystem (https://humanweb.pei.de) geschätzt seit Jahren immer bei fünf Prozent7 – wohl wegen der fehlenden Vergütung nach der Gebührenordnung für Ärzte. Man müsste also mindestens von deutlich über 45.000 Tote ausgehen. Zur Erinnerung: Die deutsche Impfkampagne gegen die Schweinegrippe (H1N1) wurde bereits nach 253 Toten abgebrochen!
In diesen Zusammenhang müssen auch die Hinweise diskutiert werden, die der BBK-Vorstand ProVita, Andreas Schöfbeck, jüngst zur erschreckenden Untererfassung in der PEI-Datenbank gab. Danach erlitten in Deutschland vermutlich 2,5 bis 3 Millionen Menschen z.T. erheblichen Impfnebenwirkungen – ein Alarmsignal sondergleichen, das mit der fristlosen Entlassung des
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1 BT-Drucksache 20/899, eingebracht von 233 MdB (153 SPD, 73 Grüne, 4 Die Linke und 3 FDP). 2 RND 01.03.2022 3 https://www.imperial.ac.uk/mrc-global-infectious-disease-analysis/covid-19/report-50-severity-omicron/ 4 https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.12.27.21268278v1 5https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ Risikobewertung.html;jsessionid=A6C743EEA7913DF8217C8769F5FA25B1.internet091?nn=2386228 6 PEI-Sicherheitsbericht vom 07.02.2022 und https://www.transparenztest.de/post/pei-bericht-244576-covid-impf-nebenwirkungen-und2255-todesfaelle vom 11.02.2022; Ohne genauere Untersuchung wurden 80 Todesfälle amtlich bestätigt; Das ist die 21-fache Menge der Todesfälle aller anderen Impfstoffe im Zeitraum von 2000 bis 2020 – selbst unter Berücksichtigung der hohen Anzahl der CovidImpfungen/Impfdosen (Verdachtsfälle pro 1 Million Impfdosen). 7 04.12.2018 https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/bulletin-arzneimittelsicherheit/2018/4-2018.pdf? blob=publicationFile&v=2
Vorstandes nur noch schlimmer wurde, statt die Zahlen im Vergleich mit anderen Kassenarten ordentlich zu validieren.
Im europäischen Bereich lagen übrigens die Zahlen laut der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA)
Ende November 2021 bei rund 2.800.000 gemeldeten(!) Impfschäden (die Hälfte davon schwer) und rund 30.000 mutmaßlichen Todesfällen 8. Das Dunkelfeld wird auf zwischen 5 und 10 Prozent geschätzt.
Im internationalen Vergleich sind diese Underreporting-Zahlen dagegen eher eine Marginale: In den USA liegt die Dunkelziffer der gemeinsamen VAERS-Datenbank von Seuchenschutz- und Arzneimittelbehörde9 sogar bei 99 Prozent. Gemeldet wurden bis Ende Dezember 2021 ca. 19.900 mutmaßlich impfbedingte Todesfälle, d.h. man müsste dort mit ca. 200.000 Todesfällen rechnen, auch wenn es sich, wie in der EU und Deutschland, mangels einer Obduktionspflicht nicht definitiv nachweisen lässt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen „Impfung“ und Todeseintritt besteht.
Dieses Missverhältnis ist nicht hinnehmbar und kann auch nicht die Basis für eine „Impfpflicht“ sein. Das PEI unterlässt jedoch diese Vergleiche und deren grafischen Veranschaulichung, wohl weil das Missverhältnis zu auffällig wäre. Das Parlament müsste aber in der Debatte intensiv nachfragen, wie gut verträglich und sicher diese „Impfstoffe“ in Wirklichkeit sind, dabei auch die jüngste schwedische Studie einbeziehen, die belegt, dass die mRNA-Impfstoffe auch in DNA umgewandelt werden können und das PEI anhalten, endlich dem Missverhältnis nachzugehen, um verlässlichere Daten zu erhalten.
STIKO im Anmarsch
Auch die STIKO-Empfehlung10 und ihre in der Begründung übernommene Behauptung, „ausreichend hohe Impfquoten in allen Altersgruppen minimieren zugleich die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung“ ist nachweislich falsch, wie schon der Blick auf Länder ohne generelle Impfpflicht aber mit hoher Impfquote zeigt: Portugal (98%), Spanien (80%), Frankreich (75%), Italien (73%), oder Israel (72,1%)11 haben dennoch hohe Inzidenzwerte (Deutschland: 76%).
Die Zahl der sog. „Impfdurchbrüche“ (richtig: Impfversagen) nimmt auch in Deutschland signifikant zu12, was aber gerne (und fälschlich) als „rein statistischer Effekt“ dargestellt wird. Fakt ist, dass die „Impfungen“ keine vollständige Immunisierung bewirken (können),13 dass ihre Wirkdauer deutlich und immer schneller nachlässt, dass auch Erst-, Zweit- und Booster- „Geimpfte“ selbst erkranken/andere infizieren können und dass immer mehr „geimpfte“ Menschen ins Krankenhauseingewiesen werden müssen oder sogar, wie jetzt am Beispiel England eindrucksvoll belegt,sterben.14
Während aktuell die praktische Handhabung des im Dezember 2021 im Eiltempo verabschiedeten, unglücklichen § 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) heftig diskutiert werden muss, um ohne größeren politischen Gesichtsverlust aus der Nummer mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
8 EudraVigilance, Stand 13.11.2021; https://healthimpactnews.com/2021/29934-deaths-2804900-injuries-following-covid-shots-ineuropean-database-of-adverse-reactions-corporate-journalists-have-pericarditis-after-pfizer-shots/ 9 VAERS: Vaccine Adverse Event Reporting System. Dies ist ein in den USA betriebenes Meldesystem für unerwünschte Impfstoffwirkungen. VAERS wird seit 1990 gemeinsam von den CDC (Centers for Disease Control and Prevention) und der FDA (Food and Drug Administration) betrieben. Das massive Underreporting wurde schon im sog. „2010-Lazarus Report“ (R18 HS 017045) festgestellt. 10 STIKO-Empfehlung vom 15.02.2022; https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/ImpfempfehlungZusfassung.html;jsessionid=830E4F2842DB56B05D9816913D68DA82.internet062 11 ourworldindata.org 12 10.03.2022: https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Corona-positiv-trotz-Booster-Wie-schlimm sind impfdurchbrueche100.html 13 Ex-BK Angela Merkel, G-7-Videokonferenz 19.02.2021, verstieg sich sogar zu der Behauptung: „Die Pandemie ist erst besiegt, wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind“ 14 https://fassadenkratzer.wordpress.com/2021/11/29/die-belogenen-und-betrogenen-geimpften-80-der-corona-toten-in-englandwaren-geimpft/ (gemeint: 80 Prozent!); siehe auch die RKI-Wochenberichte, die Woche für Woche den stetig steigenden Anteil der
vollständig Geimpften an den Corona-Erkrankungen und den Anteil der Verstorbenen an den symptomatischen Covid-19-Fällen erheben; siehe auch mdr Wissen vom 07.03.2022, wonach genauso viele Geboosterte auf den Intensivstationen liegen, wie Ungeimpfte. herauszukommen, die das Gesundheitssystem definitv gefährden wird, wird in diesem Gesetzesentwurf zur generellen Impfpflicht lapidar „nur einen begrenzten Beitrag zur Steigerung der Impfquote in der Allgemeinbevölkerung“ „zur Vermeidung einer möglichen Überlastung des Gesundheitssystems“ attestiert, da es sich nur um einen kleinen Teil der Bevölkerung handele (5,7Millionen).
Die Erkenntnisse aus Divigate und der mittelfristige Vergleich der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es „zu keiner Zeit Klinik-Überlastungen gab, speziell keine deutschlandweite, regional gleichzeitige Überlastung aller verfügbaren IST-Kapazitäten“.15
Gefahr droht allenfalls von Klinikschließungen, Fallpauschalen und fortgesetztem Privatisierungswahn. Ähnliche Stellungnahmen kamen selbst von der Krankenhausgesellschaft, von verschiedenen Chefärzten oder von anderen Experten, wie z.B. den Datenanalytiker Tom Lausen, dem Sachverständigen, der im parlamentarischen Unterausschuss „signifikante Fehlerquellen/- interpretationen“ bei der Erhebung relevanter Daten beklagte.16 Das Parlament muss vor Verabschiedung jeglicher „Impfpflicht“ erst diskutieren, wie gegen das vorsätzliche und illegale Unterlassen der ärztlichen Meldepflicht vorgegangen werden kann, um das seit Jahren bestehende Daten-Desaster zu beheben und endlich zu verlässlichere Daten zu kommen.17
Deutschland würde das einzige Land, das eine generelle Impfpflicht einführte, während ringsherum die Staaten die Covid-Maßnahmen entweder vollständig oder zum großen Teil wieder zurücknehmen: Ägypten, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Kroatien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Slowenien, Spanien, Ungarn, sogar die Türkei und Österreich lockern ihre Restriktionen18, wobei zu erwähnen ist, dass die Impfpflicht in Österreich aktuell auch auf der Kippe steht. Das Blatt wendet sich und man sollte nicht stur an einer falschen Entscheidung festhalten. More of the same ist vor allem dann keine gute Handlungsanleitung, wenn sich die ganze Welt verändert. Die Impfung darf nicht zum Selbstzweck verkommen, sondern muss auf einer freiwilligen Entscheidung jeder einzelnen Person beruhen, vor allem, so lange sich der „Impfstoff“ noch in der klinischen Erprobung befindet und nicht endgültig zugelassen ist.
Über die praktischen Umsetzungsprobleme der generellen Impfpflicht, die sich denen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ähneln, bleibt der Gesetzesentwurf vage. Kontrollen des Impfstatus durch Übermittlung an die zuständigen Stellen durch die Meldestellen, Krankenkassen und Arbeitgeber verlangen neue Rechtsgrundlagen bieten keine ausreichende Gewähr für eine effektive Umsetzung der „Impfpflicht“. Es bleiben die Gesundheitsämter, die schon bei der
einrichtungsbezogenen „Impfpflicht“ längst am/über dem Limit sind.
Die eingängliche Behauptung, dass der Gesetzesentwurf zur Steigerung der Impfquote im Personenkreis der Menschen über 18 Jahre keine zusätzlichen Kosten verursache, ist unstimmig und wird im Entwurf selbst schon entlarvt: Bei den betroffenen Bürgern sehe man einen „geringfügigen finanziellen Erfüllungsaufwand“; Bei der Wirtschaft (private Krankenversicherung) sei die Ausgestaltung des Verfahrens für die 7,1 Millionen Versicherten zwar noch gar nicht geklärt, dennoch sollen den privaten Krankenversicherern ungeprüft Erfüllungsaufwand und Bürokratiekosten „in nicht bezifferbarer Höhe“ aus Bundesmittel erstattet werden;
15 Gesundheitsstaatssekretär Edgar Franke, Februar 2022 an BT-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) 16 08.07.2021 https://www.bundestag.de/resource/blob/850806/7bd14581e33890e68fe7d57ee67d4cbf/19_14-2_13-2-_ESV-TomLausen-_Langfriste-Konsequenzen-data.pdf 17 https://multipolar-magazin.de/artikel/mehr-impfnebenwirkungen mit Verweis auf den Experten für Impfschäden, Dr. Klaus Hartmann, der in seinem Buch (Impfen, bis der Arzt kommt) eine geteilte Verantwortlichkeit befürwortete 18 https://github.com/CoronaNetDataScience/corona_index/tree/main/coronanet und https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/131281/Lockerungen-der-Restriktionen-in-vielen-Laendern
Auch die den Ländern und Kommunen entstehenden Erfüllungskosten (Kontrollen, Verwaltungs-, Buß- und Zwangsgeldverfahren) seien „nicht quantifizierbar“; Dies gelte auch bezüglich der Erfüllungskosten für Sozialversicherungen, Postbeamtenkassen und Bundesbahnbeamten;Einzig die Kosten für die Bundespolizei seien quantifizierbar, sie werden mit lächerlichen 520.000 € veranschlagt. Peanuts. Alleine die vorgesehene neue Aufklärungskampagne ist aber mit rund 60 Millionen Euro veranschlagt.
Die Hauptlast werden die Kommunen und Länder tragen, das steht jetzt schon fest. Und die Hauptlast wird nicht nur ein Kostenproblem sein. Diese generelle Impfpflicht wird sich zu einer gigantischen verwaltungstechnischen Überforderung der betroffenen Behörden und Ämter auswachsen – und das alles nur, um die totale Impfung zu erzielen!
Zur Erinnerung: Nach dem Arzneimittelgesetz (§5 AMG) ist es „verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei anderen Menschen anzuwenden. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft besteht der begründete Verdacht, dass sie schädliche Wirkungen haben, die über ein … vertretbares Maß hinausgehen“. Was, um Himmels willen, soll durch diese gefährlichen und sogar todbringenden Substanzen („C-Impfstoffe“) verhindert werden? Reicht Ihnen denn nicht der Verdacht auf 50.000 Impftote oder die vom Pharmaunternehmen Pfizer vor wenigen Tagen und erst nach Gerichtsurteil veröffentlichte ellenlange Schreckensliste der über 1.000 früh bekannten Impfnebenwirkungen für den von BioNTech entwickelten „Impfstoff“19? Dieses „Gesetz auf Vorrat“, im schlimmsten Fall begleitet noch durch ein „Digitales Impfregister“, unterhöhlt unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, verletzt unser Demokratieprinzip und führt in einen Überwachungsstaat. Dass man (zunächst noch) gnädig Zwangsimpfung und Beugehaft, vermutlich auch das Zwangsgeld von bis zu 25.000 € ausschließt, sowie das Bußgeld für verspätete, unrichtige oder unvollständige Immunitäts-/Schwangerschaftsnachweise bzw. Glaubhaftmachung, dass man nicht der Nachweispflicht unterliege, auf maximal 2.500 € begrenzt, macht diesen Gesetzesentwurf nicht besser. Er soll uns einschüchtern, er gefährdet unsere Gesundheit, unser Leben und unsere Existenz. Er postuliert wegen einer fiktiven Gefahr einer unwahrscheinlichen und evtl. irgendwann in der Zukunft liegenden Überlastung des Gesundheitssystems ein unverhältnismäßiges, impffanatisches Ermächtigungsgesetz, das der Bundesregierung durch Rechtsverordnungen quasi-parlamentarische Rechte verleiht.
Manche brauchen einfach länger, andere schaffen es nie mehr. Ich bin Monate nach der aus Sicht der LINKEN desaströsen Bundestagswahl am 26. September 2021 immer noch mittendrin – in der Ursachenforschung für dies 4,9 Prozent. Zum Glück bin ich kein Parteivorsitzender. Da muss man ja stets schnelle Antworten liefern, obwohl man selbst vielleicht noch auf der Suche ist. Kamera läuft, Ton an.
Wie viele Wahlkämpfer habe ich dieses Ergebnis nicht erwartet – die Halbierung der bisherigen Bundestagsfraktion. Ich halte das Ergebnis nicht nur wahlarithmetisch, sondern auch strategisch für verheerend. Denn was für ein Signal sendet das in eine Gesellschaft aus, wo eine Partei wie DIE LINKE mit ihrem Wahlprogramm so eine geringe Sendestärke erreicht?
Ich frage mich: Was war denn falsch an dem Programmtext? Schauen wir uns entsprechende Kernforderungen an:
Ein Mindestlohn von 13 Euro, Stoppen des Pflegenotstandes, Schluss mit der Zwei-Klassen-Medizin, bezahlbares Wohnen und ein bundesweiter Mietendeckel, die gerechte Besteuerung großer Vermögen, eine Politik sozial verantwortlichen Klimaschutzes, eine Mindestrente von 1.200 Euro, Frieden, Abrüstung und Demokratie. Mir ist bis heute schwer begreiflich, warum diese Wahlaussagen für nur 4,9 Prozent zustimmungsfähig waren. Gut, ein geliebtes Kind war die Partei in der Bundesrepublik nie, aber Politik ist ja keine Dating-Agentur. Trotzdem!?
Ich finde auch, wir haben (meist) hervorragende Kandidaten aufstellen und für uns gewinnen können, die aber letztlich doch verloren haben. War am Ende ihr Personenwahlkampf zu wenig professionell oder weniger engagiert? Also, ich habe überwiegend das Gegenteil gehört und erlebt. Ginge es darum, hätte DIE LINKE auch einen höheren Wählerzuspruch verdient. Was ist dann passiert? Ah! Ich hab’s.
Wenige Tage vor dem Wahltermin kam es zum Streit über das Abstimmungsverhalten bezüglich der Rettung von afghanischen Ortskräften vor den Taliban, die dort wieder auf Eroberungskurs war. Parteivorstand und Bundestagsfraktion agierten hier unglücklich; die dogmatische Ablehnung jedes Auslandseinsatzes der Bundeswehr gegenüber einer durch sie realisierten (durch was denn sonst) Rettungsmission gewann. Ein folgenschweres Bild von innerer Zerrissenheit, das DIE LINKE dabei für die Öffentlichkeit abgab: Und das in der Situation, da jeder öffentlich miterleben konnte; die Afghanistan-Mission der Bundeswehr war gescheitert, was DIE LINKE über zwanzig Jahre vorhersagte und wogegen sie entsprechend opponierte.
Was der Linkspartei bei diesen Wahlen gleichfalls nicht zum Vorteil gereichte, war, dass sie sich seit Jahren von Formelkompromiss zu Formelkompromiss, von Burgfrieden zu Burgfrieden gehangelt hat. Aber Hängepartien sind keine Antworten. Aber das erwarten die Menschen von einer linken Partei. Es war grob fahrlässig in der Vergangenheit Parteitage, Strategiekonferenz (Kassel) und andere parteiöffentliche Diskursräume mit der Aussicht früher an die Hotelbar und ins Bett zu kommen nicht genutzt zu haben, um bestehende inhaltliche Defizite notwendigen Klärungsprozessen zu unterziehen. Zum BGE ist jetzt ein Mitgliederentscheid angesetzt, gut. Aber zur künftigen Außenpolitik im 21. Jahrhundert, eine Haltung zu Europa mit einem linken (!) Verständnis von dem Kontinent, eine programmatische Weiterentwicklung der Partei, wo seit dem Erfurter Programm (2011) neu aufgelaufene gesellschaftliche Fragestellungen Berücksichtigung finden – u.a. dazu wird sich DIE LINKE zu verhalten haben, wenn sie bei Mitgliedern und Wählern wieder zukunftsfähig werden und sein will.
Nicht gerade förderlich war in den vergangenen Jahren manche nach außen getragene innerparteiliche Debatte von einzeln/e Genossen. Und das besonders medienwirksam – in einer die Partei schädigende Weise. „Selbstgerecht“ wurde hierbei ca. zwei Jahre medial geschickt regelmäßig die Beschlusslage infrage gestellt und gegen sie verstoßen. Zum Schaden der Partei – so bekam man dann auch als NRW Spitzenkandidatin etwas über 3 Prozent, wo vor vier Jahren noch gute 7 Prozent drin waren. Ihr Partner rief gleich mal zur Nichtwahl der Linkspartei auf und tritt wenige Tage vor der saarländischen Landtagswahl aus. Solche (Ex) Fraktionsvorsitzen wünscht man sich.
Was ich in dieser für mich, bezogen auf die Partei aufgewühlten Zeit lernen muss, nicht jeder Parteiaustritt ist zu bedauern. Der letztgenannte zählt für mich zu den wünschenswerten, der bei aller Tragik, die damit verbunden ist, möglicherweise den Weg für einen dringend erforderlichen Neuanfang erleichtert. Grundsätzlich sind Parteiaustritte immer eine Niederlage für die Gesamtpartei. So muss man sich jedes Mal die Frage nach dem WARUM stellen. Auch ich habe in den letzten Monaten und Wochen erfahren müssen, dass einige mir sehr wichtige, hochgeschätzte Leute, die ich teils persönlich kannte, resignierend die Mitgliedskarte hingeworfen haben. Es waren Menschen, wo ich die Hoffnung hatte, sie werden mit mir zusammenstehen, wenn es darum geht, DIE LINKE zu erneuern und wieder auf Erfolgskurs zu bringen. Warum verliert die Linkspartei solche Menschen? So schwer individuell gesehen ihre Beweggründe für diese Aufgabe waren, wir sollten sie sämtlich ernst nehmen. Selbstkritisch muss ich eingestehen, nicht jede meiner Reaktionen auf solche Parteiabgänge war fair und gerecht. Da war offenbar meine parteidiplomatische Ader verstopft und ich kann mich nur entschuldigen. Aber bestimmend war das Gefühl von Enttäuschung, Trauer, Überraschung, Fassungslosigkeit. Sie fehlen einfach. Jeder dieser Austritte mindert die Aussicht auf Rückkehr der Partei auf die Erfolgsspur.
Ich habe als krisenerprobtes Mitglied (ab 1993), der natürlich Höhen und Tiefen erlebt hat, ein nach wie vor unbändiges Interesse daran, dass es gelingt, das Projekt DIE LINKE so fest im politischen System der Bundesrepublik zu verankern, dass sie sie nicht mehr aus ihm wegzudenken ist.
Das wird nicht gehen, ohne Selbstbeschreibung (Analyse) und Selbstveränderung. Methodisch, was lief dort im Wahlkampf falsch oder wo lagen Reserven, sowie ungenutzte Potenziale? Eine Fehler – und Verlustanalyse muss schonungslos sein, an der Oberfläche kratzen genügt nicht mehr. Programmatisch – inhaltlich muss ein Aufholprozess in Gang gesetzt werden, einige Stichworte habe ich oben geliefert. Forciert werden muss meines Erachtens die Bildungsarbeit der Mitgliedschaft, wo die Rosa Luxemburg Stiftung anerkannter Maßen schon viel tut. Aber als Instanz der Nachhilfe, um inhaltliche Defizite vor allem in der Politikpraxis abzubauen..Wäre sie da nicht mehr zu nutzen? Anfänglich hatte sich die damalige PDS den Status als Kümmerer Partei erarbeitet. In den letzten Jahren ging dieser verloren, obwohl ich weiß, dass verdienstvolle Genossen bis heute Mieten,- Sozial,- oder Rentenberatung machen. Warum weiß das die breite Masse nicht bzw. so wenig? Auch der Kommunalpolitik wurde einmal wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Damals wurde sie richtigerweise als geeignetes Instrument gesehen, um die Bürger für linke Politik zu gewinnen und Kontakte zu Vereinen/Verbänden und Gewerkschaften zu interessieren. Noch haben wir erfahrene Kommunalpolitiker und erfolgreiche Oberbürgermeister/ Bürgermeister/ Landräte. Nutzen wir LINKE wieder stärker deren Erfahrungen.
Somit wären wir bei der Öffentlichkeitsarbeit. Zu früheren Zeiten war die Partei vor allem auch zwischen den Wahlkämpfen öffentlich präsenter, so die Erfahrung vieler. Dies war mal so was wie ein Alleinstellungsmerkmal. Kann man das allein mit sinkenden Mitgliederzahlen erklären? Nächste Frage: Warum gehen die Mitgliederzahlen nur runter, die Biologie ist darauf nur eine ungenügende Antwort, fürchte ich. Bleibt die Politische? Holzschnittartig sei gefragt, ob wir Print (kleine Zeitungen) und Online effizient genug nutzen, um bei Mitgliedern und Wählern nachhaltig wirkende Kerben von unseren Politikangeboten zu hinterlassen. Da wo DIE LINKE regierungsbeteiligt war und ist sehe ich Partei und Fraktion, inklusive der Regierungsmitglieder, ihr Regierungshandeln transparent zu machen; öffentlich nachvollziehbar für Mitglieder und darüber hinaus. Meine These, mein Landesverband Brandenburg hat das in den zehn Jahren des Regierens zunehmend weniger geschafft. Nicht mal eigene Genossen wussten oft um das konkret originär linke Tun auf der Potsdamer Regierungsbank. Immer mehr haben wir uns vom stärkeren Partner, der SPD Themen weg nehmen lassen (Mindestlohn) oder wurden weniger von ihr unterscheidbar wahrgenommen. Dann im Wahlkampf eine gute und umfassende Bilanzbroschüre herausbringen war zu wenig; Ergebnis 2019: 10,7 Prozent. Politik muss erklärt werden. Das hat nichts mit Arroganz zu tun. Nein, nicht jeder hat einfach die Zeit und Muße auf deren ganze Komplexität eingehend, sich damit zu beschäftigen.
Neben neuen Mitgliedern und einem programmatisch – inhaltlichen Aufbruch braucht die Partei auch Führung. Aber anders als verschiedentlich auch schon geäußert setze ich auf Kontinuität, insbesondere bei den Vorsitzenden; Susanne Henning – Wellsow und Janine Wissler. Denn wir sind ja nicht in der Bundesliga, wo man schon nach einem verlorenen Spiel in die Wüste geschickt wird. Man sollte nicht vergessen, dass dieser Vorstand Corona bedingt erst ein Jahr später als geplant im Wahljahr 2021 (Februar) ins Amt kam. Denkbar ungünstige Startbedingungen, um einen Wahlkampf vorzubereiten und zu führen. Nicht zuletzt: Wahlen verliert und gewinnt eine Partei gemeinsam, auch wenn Vorsitzende und Vorstände naturgemäß die größere Verantwortung tragen. Erst recht, wenn die Sache schiefgeht. Ich werbe deshalb hier ausdrücklich für innerparteiliche, kritische Solidarität. Wir waren da schon mal weiter.
Also frei nach Ché: Solidarität ist die Zärtlichkeit der LINKEN Mitglieder.
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Noch vor wenigen Jahren wurden die Wohnungen von einen Berliner Senat verscherbelt. Das Volk kann nie so Dumm denken wie die Politik handelt !
Von Erik Peter
In Berlin haben die Senatsparteien ihre Mitglieder für die Kommission „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ benannt. Die SPD setzt auf Gegner des Plans.
reffen sich zwölf Topjuristen und sprechen über Enteignung. Was anfängt wie ein Witz, und am Ende womöglich auch einer wird, ist in Berlin bald Realität. Ein halbes Jahr nach dem erfolgreichen Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen, der für seine Forderung, die großen privaten Wohnungskonzerne zu vergesellschaften, eine satte Mehrheit der Berliner Wähler:innen hinter sich vereinigen konnte, kommt endlich Bewegung in die Sache.
Dass der Volkswille zunächst an eine Expertenkommission delegiert wird, darauf hatten sich die Regierungsparteien SPD, Grüne und Linke nach zähem Ringen in ihren Koalitionsverhandlungen geeinigt. Doch Besetzung und Ausgestaltung dieses Gremiums blieben unklar; und nicht nur die Initiative DW Enteignen scharrte immer ungeduldiger mit den Hufen. Nun aber haben sich die Senatsparteien auf neun Expert:innen festgelegt, die ein Jahr lang die Umsetzung prüfen sollen. Drei weitere kann die Initiative selbst benennen.
Unter Leitung der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wird eine hochkarätig besetzte Kommission zustande kommen, die – im besten Fall – Eckpunkte für ein Vergesellschaftungsgesetz erarbeiten soll. Dass das gelingen wird, muss aber bezweifelt werden – und das liegt, wie so oft, an der SPD, die kein Interesse an der Konfrontation mit den Immobilienkonzernen und einer grundsätzlichen Umgestaltung des Berliner Wohnungsmarkts hat.
Benannt hat sie drei konservative Verfassungsrechtler, deren Willen an einem konstruktiven, auf Umsetzungsperspektiven fokussierten Dialog bezweifelt werden muss. Neben dem ehemaligen, von der CDU benannten Bundesverfassungsrichter Michael Eichberger sind das zwei explizite Gegner der Initiative. Sowohl Christian Waldhoff, Professor für Öffentliches Recht an der Humboldt-Universität, als auch sein Kollege Wolfgang Durner von der Uni Bonn vertreten die These, dass die Berliner Verfassung einen höheren Eigentumsschutz habe als das Grundgesetz und damit der Vergesellschaftungsartikel 15 des Grundgesetzes hier nicht zur Anwendung kommen könne.
Affront gegen Mehrheitsentscheid
Ihre Benennung ist ein Affront von Bürgermeisterin Franziska Giffey und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) gegen den demokratischen Mehrheitsentscheid und ein Gremium, das sich diesen Auftrag mit Respekt und Ehrgeiz stellt. Da hilft es auch kaum, dass die weiteren Vertreter:innen, darunter etwa Christoph Möllers, Verfassungsrechtler der Humboldt-Universität und Florian Rödl, Verteidiger des Mietendeckels, mehr oder minder große Sympathien für die erstmalige Anwendung von Artikel 15 hegen.
Wurde von den Parteien-Clans nicht immer gesungen: „Scheißegal, scheißegal – ob du Huhn bist oder Hahn. Wenn du Huhn bist musst du Dr. Titel schleppen – bist du Hahn musst du die Richter-Innen Deppen. usw.“
Denn was nützt ihre Mehrheit, wenn sich drei juristische Schwergewichte mit ihren Bedenken querstellen? Selbst wenn am Ende neun Kommissionsmitglieder einen Weg sehen, den Versuch der Enteignung zu wagen, bleiben die Mahner, auf die sich die SPD dann in ihrer Ablehnung, ein Gesetz zu verabschieden, berufen kann. Mit der Aussicht, dass die Umsetzung ihrer Forderung noch unwahrscheinlicher geworden ist, steht DW Enteignen nun vor einem Dilemma. Soll sie sich an dem Gremium beteiligen und damit einem absehbaren Scheitern eine größere Legitimation verleihen? Oder soll sie die Mitarbeit verweigern und sich damit, allgemein als populistische Spinner, die nicht in die Detailarbeit gehen wollen, beschimpft, ins Abseits stellen? Beide Wege sind wenig attraktiv und doch sprechen jeweils Argumente dafür.
Der Spagat
Gelingt es der Initiative, drei respektable Expert:innen zu gewinnen, verschiebt sie die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission deutlich zugunsten jener Fraktion, die einen Weg suchen will, die gesetzliche Möglichkeit mit dem Enteignungsbegehren in Einklang zu bringen. Zumindest die Hoffnung auf eine Umsetzung bliebe so erhalten. Ihre Vertreter:innen wären die Garantie, dass alles, was in der Kommission passiert, auch öffentlich verhandelt wird. Die Initiative würde an öffentlichem Standing gewinnen und Wissen abschöpfen.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Das Trauma totreden – . – 2.) Bei Rede für Uno-Organisation – . – 3.) Zukunft statt Krieg – . – 4.) Lafontaine tritt aus und nach – . – 5.) Westen und Osten ticken unterschiedlich – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Es ist doch nicht Verwunderlich zu beobachten mit welcher Kelle sich immer wieder neue, alte – in sich selbstverliebte Teilnehmer-Innen aus den Tiefen der Gülleeimer von Parteien schöpfen lassen. Sind es nicht überwiegend die Postenhalter aus der Clans, welche sich um das Fallobst der Regierungen, wie unter Gleichen streitet?
TV-KRITIK MAYBRIT ILLNER:
1.) Das Trauma totreden
Je dürftiger die Informationslage, desto entschiedener das Urteil: Der narrative Betrieb rund um das Kriegsgeschehen lässt die Talkrunde bei Maybrit Illner zur frei schwebenden Rede kur werden. Wie kann das sein: je undurchsichtiger die Lage, desto entschiedener das Sprechen über sie? Bei Maybrit Illner, die diesmal Corona halber von Marietta Slomka vertreten wurde, wurde im Kategorialen jene Urteilssicherheit gesucht und gefunden, die das Konkrete nicht hergab. Der narrative Betrieb rund um das Kriegsgeschehen muss bewirtschaftet werden. Jeden Tag erzeugen die Fragen nach Krieg und Frieden einen Redebedarf, der nicht selten eher (selbst)therapeutische als informative Bedürfnisse zufriedenstellt. Dann werden Talk-Shows zur Redekur, um das Trauma tot zu reden. Wo es an gesicherten Informationen fehlt (wie oft hört man in diesen Tagen, dass sich diese oder jene Mitteilung einer Kriegspartei nicht überprüfen lasse), kommt es zu Einlassungen über das, was man sich schon immer dachte. Die Debatte bekommt etwas Freischwebendes, wird deshalb aber umso intensiver geführt. Während das konkrete Kriegsgeschehen hinter seiner Propaganda schwer zu beurteilen ist (beispielsweise bei der Frage: wie ernst ist die nukleare Drohung zu nehmen?), erscheint alles licht und klar, sobald man Strategiedebatten nach Lehrbuch führt und nicht nach Lage. Florence Gaub wiederholte den Satz, den sie schon kurz zuvor bei Markus Lanz gesprochen hatte. Sie müsse es immer wieder sagen, meinte die stellvertretende Leiterin des Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien in Paris: Nicht die Bombe sei die Waffe, sondern die Angst vor der Bombe.
Stellt sich die UNO mit solchen Gastrednern nicht das denkbar schlechteste Zeugnis über sich selber aus? Sind es nicht die größten Deppen welche sich so ein dummes Gelaber anhören, denn was könnte die Angst vor die Unbeherrschbarkeit der Politiker-Innen noch stärker schüren?
Schröder spricht über Krieg in Ukraine – doch Putin erwähnt er mit keinem Wort.
2.) Bei Rede für Uno-Organisation
Altkanzler Gerhard Schröder hat am Donnerstagnachmittag in der Türkei eine Grundsatzrede für die Uno-Organisation für menschliche Siedlungen gehalten und dabei auch über den Krieg in der Ukraine gesprochen. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin erwähnt der Altkanzler dabei aber mit keinem einzigen Wort. „Die Herausforderungen, vor denen der europäische Kontinent durch den russischen Krieg gegen die Ukraine steht, sind immens“, sprach Schröder in seiner Rede. Und weiter: „In der Beziehung zwischen dem Westen und Russland wurden viele Fehler begangen. Fehler auf beiden Seiten. Doch auch die russischen Sicherheitsinteressen rechtfertigen nicht den Einsatz des Militärs. Die Folge des Ukraine-Konflikts wird sein, dass Europa seine Schlagkraft ausbauen wird und besser seine Verteidiungspolitik nutzen wird.“ Zudem sagte Schröder: „Wir haben keine Sicherheitsstruktur geschaffen, die der veränderten Situation entspricht. Der Krieg in der Ukraine ist eine Folge dieses politischen Versagens“. Diese Unsicherheiten müsse Europa bekämpfen. Parteinahme für Putin sorgt für breite Kritik an Schröder.Infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine geriet der Altkanzler immer stärker in die Kritik. Schröder gilt als langjähriger Freund Putins. Er ist zudem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Noch Anfang Februar hatte Schröder die Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen angesichts der schweren Spannungen mit Russland als „Säbelrasseln“ kritisiert. Zudem gab er der Nato eine Mitschuld am russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze. Seine Parteinahme für Russland hatte in Deutschland breite Kritik auch innerhalb seiner Partei ausgelöst.
Wenn erst ein Krieg, die aufgeblasene Pandemie aus den Blickwinkel der noch lebenden Bevölkerung verdrängen kann, ist dieses wahrlich kein gutes Zeugnis für eine Gesellschaft und weist auf eine sehr miserable Führungsfähigkeit der politischen Schwachköpfe hin. Da reicht es bei weiten nicht aus wenn sich nun nur einer der lange Rotleuchtenden Glühbirnen vom Acker macht. Das Volk sollte den nur ihre Unfähigkeit bietenden Politiker-Innen des Öfteren lange Beine machen.
Fridays for Future fordern Zukunft statt Krieg.
3.) Zukunft statt Krieg!
Es war in letzter Zeit nicht gut gelaufen für Fridays for Future. Seit gut zwei Jahren schränkt die Pandemie die Proteste gegen mangelnden Klimaschutz ein. Dann kamen die Grünen an die Regierung, die zumindest vorgeben, dieselben Ziele wie die größte Klimaschutzbewegung des Planeten zu verfolgen. Seit gut einem Monat beherrscht ein schauriger Dreiklang die Welt und ihre (Nicht-)Politik: Corona, Klima – und Krieg. Wir sind nicht blind für die Millionen Toten der Seuche und die vielen Unschuldigen, die derzeit durch Putins Bomben sterben. In dieser Sonderausgabe der taz wollen wir uns aber den Chancen der Krisen widmen. Auch wenn in Deutschland die Marke von 300.000 Infizierten täglich überschritten wird. Auch wenn die Staatschefs des Westens am Donnerstag auf gleich drei Gipfeln über den Ukrainekonflikt berieten. Die Erderhitzung bedroht den Planeten mit langfristig noch fataleren Auswirkungen. Deshalb protestieren am Freitag wieder Hunderttausende weltweit für eine bessere Klimapolitik – und gegen das Morden in der Ukraine: Fridays for Future fordern Zukunft statt Krieg.
Gestern im Freitag und heute bei Jungle.world, dem Weglaufenden schallen die Wünsche der Kassandra wie Nachrufe schon zu Lebzeiten nach! Hieß nicht nur in Kriegszeiten und besonders in der Politik immer schon so: „Heute noch auf hohen Rossen, morgen durch die Brust geschossen?“ Wie Wahr so Richtig: „Zwei politische Schönwetterproleten reihen sich unter die Flüchtlingen ein, getrieben von den Realitäten welche sie sich selber erschaffen haben ? OK. bis lang nur Einer, aber letztendlich nimmt sich ja Jede das, was der Andere gerade übriggelassen hat?
Wo unter einer Mütze nie etwas war, wird nichts im Hut zurückbleiben.
Oskar Lafontaine ist aus der Linkspartei ausgetreten
4.) Lafontaine tritt aus und nach
Am Sonntag wird der saarländische Landtag neu gewählt. Der Zeitpunkt war gut gewählt. Am Donnerstag der vorigen Woche ist Oskar Lafontaine aus der Linkspartei ausgetreten, deren Fraktionsvorsitzender im saarländischen Landtag er bis dahin war. »Einer Partei, in der die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner und eine auf Völkerrecht und Frieden orientierte Außenpolitik nicht mehr im Mittelpunkt stehen«, wolle er »nicht mehr angehören«, hieß es in einer auf seiner Website veröffentlichten Austrittserklärung. Am Sonntag wird der saarländische Landtag neu gewählt. Ob die Linkspartei bei dieser Wahl den Wiedereinzug ins Parlament schafft, war schon vor Lafontaines Austritt ungewiss. Sie erinnert im Wahlkampf mit dem Slogan »verlässlich sozial« an ihre vermeintliche Kernkompetenz; in Umfragen liegt sie bei vier Prozent. Der Austritt ihres prominentesten Landespolitikers dürfte kaum hilfreich sein. Bei der vorigen Landtagswahl 2017 erhielt die Linkspartei noch 12,8 Prozent der Stimmen. Doch der Höhenflug im Saarland, der stets eine Ausnahme in den westdeutschen Bundesländern war, war maßgeblich mit Oskar Lafontaine verbunden. Von 1985 bis 1998 war Lafontaine Ministerpräsident des Saarlands, damals noch als Mitglied der SPD, deren Vorsitzender er von 1995 bis 1999 war. 1998 wurde Lafontaine Finanzminister im ersten Kabinett des Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), doch trat er schon 1999 von diesem Amt zurück. Sechs Jahre später wechselte er von der SPD zur Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), die sich in Reaktion auf Schröders »Agenda«-Politik gegründet hatte und zur Bundestagswahl 2005 ein Wahlbündnis mit der damaligen Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) einging. 2007 fusionierten WASG und PDS zur Partei »Die Linke«, deren Co-Vorsitzender Lafontaine von der Gründung bis 2010 war.
Rollt dieses Riesengelage des Westens in Brüssel nicht in Form einer Steilvorlage auf Putin zu? Gibt es eine bessere Gelegenheit Russland zu zeigen, wie groß die „German Angst“ selbst auf die NATO-EU-G- 7. übergegriffen hat? Der Westen welcher einst alle Welt mit Kriegswaffen ausrüstete, bekommt nun sein Fett in Form von Raketen zurück? Auf einen vergoldeten Tablett der Ukraine-Menschen? Hieß es nicht schon immer: „Jeder bekommt das zurück – was er sich zuvor erarbeitet hat?
Die Nato ist nicht ganz so einig wie behauptet
5.) Westen und Osten ticken unterschiedlich
Balten und Polen wünschen härtere Reaktionen als Deutsche, Franzosen, Italiener. Das wird US-Präsident Bidens Besuch heute in Polen prägen. Viele loben Europas Geschlossenheit nach Russlands Angriff auf die Ukraine. Und es stimmt ja auch: Die Breite der Solidarität und die Schärfe der Sanktionen haben Wladimir Putin überrascht. Aber wenn die Forderung des US-Präsidenten Joe Biden, Russland aus den G 20 auszuschließen, zur wichtigsten Nachricht vom Nato- und EU-Gipfel wird, dann lässt das tief blicken. Das wird, erstens, nicht so einfach. G-20-Mitglieder wie China und Indien weigern sich bisher, Russland zu verurteilen. Zweitens, stand doch eigentlich das weitere Vorgehen des Westens in der nächsten Phase des Kriegs in der Ukraine ganz oben auf der Agenda in Brüssel. Da gab es keine Breaking News. Ganz so einig, wie behauptet wird, sind EU und Nato nicht. Wie bei anderen Fragen – Verteidigungsbereitschaft, Rechtsstaat, Schutz der Außengrenzen, Flüchtlingsverteilung – reagieren die östlichen Mitglieder anders als die westlichen. Balten, Polen und andere Mitteleuropäer, die den russischen Imperialismus aus eigener Erfahrung kennen, fordern beim Nato- und EU-Gipfel härtere Sanktionen gegen Moskau und mehr Militärhilfe für Kiew als Deutsche, Franzosen oder Italiener.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Eine große Mehrheit Georgiens wünscht sich den Nato-Beitritt – aus Angst vor Russland. Dessen Präsident verhindert, dass es dazu kommt.
Russlands Präsident Wladimir Putin war in Aufruhr, als am 4. April 2008 der Nato-Gipfel in Bukarest mit der Zusage endete, Georgien und die Ukraine würden definitiv Mitglieder des Bündnisses werden. Putin nannte das eine „direkte Bedrohung der Sicherheit Russlands“. Sollte die Ukraine der Nato beitreten, würde sie als Staat aufhören zu existieren“, drohte Putin im Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Georges W. Bush wenig später.
Doch nicht nur Putin war verärgert. Georgien und die Ukraine bekamen nicht, auf was sie gehofft hatten. Auf Drängen von Frankreich und Deutschland wurde den beiden Staaten eine Aufnahme in den Nato-Aktionsplan verweigert. Die Absage der Nato raubte Georgien jede Chance auf politische Freiheit. Und Putin hatte verstanden, dass er anstelle Georgiens und der Ukraine entscheiden konnte.
Heute, fast 14 Jahre später, bezeichnet der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Entscheidung von 2008 als „Fehler“. Man habe „Putin ein falsches Signal gesendet“. In Georgien lässt sich kaum jemand finden, der Rasmussen nicht Recht geben würde. Im August 2008 marschierten russische Truppen in Georgien ein und stoppten erst 40 Kilometer vor der Hauptstadt Tiflis. Sie sind bis heute dort.
Russland erkannte die beiden abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien an und stationierte dort 8.000 Soldaten. Übrigens: Im Fall der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk zitierte der Kreml dieses Dokument fast Wort für Wort, nur das Datum und die Bezeichnung des Territoriums wurden geändert. Auch der Vorwand für die Invasion war derselbe – ein Genozid an der lokalen Bevölkerung.
Gegen Russland wurden keine Sanktionen verhängt. Der nächste Nato-Gipfel fand im Dezember 2008 statt. Ein Nato-Aktionsplan für Georgien und die Ukraine? Wieder Fehlanzeige. Dafür begann 2009 die sogenannte Borderization. Russische Truppen verschoben die sogenannte Grenze zwischen Südossetien und Georgien regelmäßig immer weiter ins Landesinnere von Georgien hinein – ohne Rücksicht auf die ortsansässige Bevölkerung, die ihre Häuser verlor.
Der Krieg um Südossetien war bereits der vierte in Georgien seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. In einem Land, in dem 3,7 Millionen Menschen leben, ist jede*r dreizehnte Bewohner*in ein Flüchtling. Mit der Demokratie in Georgien ging es sofort nach dem russischen Einmarsch bergab. Der damalige Präsident Michail Saakaschwili, der noch nach der „Rosenrevolution“ bei der Wahl 2004 mehr als 90 Prozent der Stimmen erhalten hatte, verwandelte sich in einen Autokraten.
Als wenig später an seine Stelle die Partei „Georgischer Traum“ des Oligarchen Bidsina Iwanischwili trat, der in den 90er Jahren mit Geschäften in Russland reich geworden war, verlangsamte sich die Annäherung Georgiens an den Westen. Dass Georgien 2014 dennoch das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnete, war Folge von Prozessen, die lange vorher in Gang gesetzt worden waren.
In all den Jahren hat Russland die politische Stabilität in Georgien untergraben. Das stärkte die Bevölkerung in ihrem Glauben, die Nato sei die einzige Chance, um die Sicherheit des Landes zu garantieren. Die Regierung steht unter dem Druck der Bevölkerung, entschlossen zu handeln. Doch die politischen Kreise in Georgien sind gespalten.
All dies überwacht eine Mission der Europäischen Union, die jedoch die „Grenze“ nach Südossetien nicht überqueren darf. Gleichzeitig hat die Regierung den Versuch nicht aufgegeben, sich die Nato-Mitgliedschaft zu „erkaufen“. Georgische Truppen haben an der Nato-Mission in Afghanistan teilgenommen. 22.000 georgische Soldaten waren dort über die Jahre im Einsatz. 32 von ihnen wurden getötet.
Deutschland lehnte Nato-Beitritt Georgiens ab
Nach dem Krieg 2008 hatte die Nato drei Generalsekretäre. Jeder von ihnen wiederholte das Versprechen von 2008. Aber niemand hatte es eilig, wenigstens ein ungefähres Datum zu nennen. Gleichzeitig ist seit 14 Jahren die Zahl der Befürworter eines Nato-Beitritts nie unter die Marke von 70 Prozent gefallen. Jedoch bietet sich der Bevölkerung ein paradoxes Bild: Der Nato-Beitritt Georgiens war gerade wegen Russland notwendig, aber genau deswegen wurde er nicht vollzogen.
Von : Franco ‘Bifo’ Berardi
Übersetzung: Thomas Walter
Der Krieg in der Ukraine eröffnet einen hysterischen Rüstungswettlauf, eine Verstärkung der Grenzabschottung, einen wachsenden Zustand von Gewalt.
Anéantir, das letzte Buch von Houellebecq hat siebenhundert Seite, aber die Hälfte davon wäre ausreichend gewesen. Es ist nicht sein bestes Buch, aber es ist der verzweifelteste, hoffnungsloseste und cholerischste Ausdruck des Verfalls der dominierenden Gattung.Tief drin in Frankreich. Eine Familie versammelt sich um den achtzigjährigen Vater, der einen Hirnsturz erlitten hat. Ein nicht enden wollendes Koma des alten Patriarchen, der für den Geheimdienst gearbeitet hatte. Der Sohn Paul, der auch für den Geheimdienst arbeitet und ausserdem für das Finanzministerium, stellt fest, dass er an einem unheilbaren Krebs leidet. Der andere Sohn, Aurelien, Paul’s Bruder, begeht Selbstmord, unfähig, sich einem Leben zu stellen, das nur aus Niederlagen bestand.
Übrig bleibt die Tochter Cecile, eine fundamentalistische Katholikin, die mit einem faschistischen Notar verheiratet ist, der seine Anstellung verloren hat, aber in den Kreisen der Rechten um Le Pen eine neue gefunden hat.
Die unheilbare Krankheit ist das Thema des mittelmässigen Romans: Die Agonie der westlichen Zivilisation. Es ist kein angenehmes Spektakel, aber das weisse Hirn ergibt sich nicht in das Unausweichliche. Die Reaktion der sterbenden alten Weissen ist tragisch.
Das Umfeld, in dem sich diese Agonie entwickelt, ist das Frankreich von heute, dessen Kultur von vierzig Jahren liberaler Aggression zerstört ist. Ein Geisterland, in dem der politische Kampf innerhalb des mephistophelischen Quadrats von aggressivem Nationalismus, weissem Rassismus, islamischem Groll und ökonomischen Fundamentalismus stattfindet.
Aber das Szenario ist auch eine post-globale Welt, bedroht durch die senile Demenz der dominanten Kultur im kranken Verfall: weiss, christlich, imperialistisch.
Agonie, Krieg, Selbstmord
Es ist die Ostgrenze Europas: Zwei alte Weisse spielen ein Spiel, von dem sich niemand zurückziehen kann.
Der alte weisse Amerikaner ist von der beschämendsten und tragischsten Niederlage zurückgekehrt. Schlimmer als Saigon hat sich Kabul als ein Ausdruck des geistigen Chaos der regierenden “Rasse” in der Vorstellung festgesetzt.
Der alte weisse Russe weiss, dass seine Macht auf einem nationalistischen Versprechen basiert: Es geht darum, die vergewaltigte Ehre der Heiligen Mutter Russland zu rächen.
Wer aufgibt, verliert alles.
Dass Putin ein Faschist ist wissen wir, seitdem der Tschetschnienkrieg mit einem Genozid geendet hat. Aber es war ein Faschist, der vom Präsidenten der Vereinigten Staaten freundlich empfangen wurde, während er ihm in die Augen blickte und sagte, er verstehe, dass er ehrlich sei. Auch von den weissen Briten, fett von den Rubeln, die Putins Freunde nach der Demontage der Sowjetunion gestohlen hatten, wurde er freundlich empfangen. Das russische Oberhaupt und der Angloamerikaner waren herzliche Freunde so lange es darum ging, die soziale Zivilisation zu zerstören, das Erbe der proletarischen und kommunistischen Bewegung. Aber die Freundschaft zwischen Mördern hält nicht an. Denn wofür wäre die NATO denn gut gewesen, wenn tatsächlich Frieden eingekehrt wäre? Und wo wären die gigantischen Gewinne der Unternehmen geblieben, die Massenvernichtungswaffen herstellen?
Die Erweiterung der NATO diente der Erneuerung einer Feindschaft, auf die der Kapitalismus nicht verzichten kann.
Es gibt keine rationale Erklärung für den Krieg in der Ukraine, weil er die Zuspitzung einer psychotischen Krise des weissen Gehirns ist. Wo ist die Rationalität der NATO-Erweiterung, die die polnischen, baltischen und ukrainischen Nazis gegen den russischen Faschismus bewaffnet? Im Gegenzug erhält Biden das Ergebnis, das die US-amerikanischen Strategen am meisten gefürchtet haben: Er hat Russland und China in eine Vereinigung gedrängt, die Nixon vor fünfzig Jahren erfolgreich zerstört hatte. Deswegen brauchen wir, um den bevorstehenden Krieg zu verstehen, keine Geopolitik, sondern Psychopathologie. Vielleicht brauchen wir eine Geopolitik der Psychose.
Tatsächlich geht es um den politischen, ökonomischen, demographischen und vielleicht psychischen Verfall der weissen Zivilisation, die die Aussicht auf die Erschöpfung nicht akzeptieren kann und stattdessen die totale Zerstörung vorzieht, den Selbstmord, die allmähliche Auslöschung der weissen Dominanz.
Westen – Zukunft – Verfall
Der Krieg in der Ukraine eröffnet einen hysterischen Rüstungswettlauf, eine Verstärkung der Grenzabschottung, einen wachsenden Zustand von Gewalt: Demonstration von Kräften, die in Wirklichkeit ein Ausdruck des senilen Chaos sind, in das der Westen verfallen ist.
Am 23. Februar 2022, als die russischen Truppen bereits in den Donbass einmarschiert waren, meinte Trump, der Expräsident und Kandidat für die nächste Präsidentschaft, Putin sei ein Genie der Befriedung. Er schlägt vor, die USA sollen ein ähnliches Heer an die Grenze zu Mexiko schicken.
Wir versuchen zu verstehen, was der obszöne Trump bedeutet. Welchen wahren Kern enthält sein Delirium? Es geht um das Konzept des Westens an sich. Aber wer ist der Westen?
Wenn wir eine geographische Definition des Wortes „Westen“ benutzen, gehört Russland nicht dazu. Aber wenn wir bei diesem Wort an den anthropologischen und geschichtlichen Kern denken, dann ist Russland westlicher als jedweglicher sonstiger Westen.
Der Westen ist das Land der Dekadenz. Aber es ist auch das Land der Besessenheit für die Zukunft. Und beide Dinge sind eins, denn für die Organismen, die dem zweiten thermodynamischen Gesetz unterworfen sind, wie die individuellen und sozialen Körper, bedeutet Zukunft Zerfall.
Der westliche Westen und der Westen des gigantischen russischen Vaterlandes sind also vereint im Futurismus und dem Verfall, also dem Delirium der Allmacht und der verzweifelten Machtlosigkeit.
Trump muss man zugute halten, dass er die Sache beim Namen nennt: Unsere Feinde sind nicht die Russen, sondern die Völker der südlichen Halbkugel, die wir seit Jahrhunderten ausgebeutet haben und die jetzt mit uns den Reichtum des Planeten teilen wollen und in unsere Länder migrieren wollen. Der Feind ist China, das wir gedemütigt haben, Afrika, das wir ausgeplündert haben. Nicht das weisse Russland, das zum Grossen Westen gehört.
Trumps Logik baut auf der weissen Überlegenheit auf, deren extreme Vorhut Russland ist.
Bidens Logik ist die Verteidigung der freien Welt, die selbstverständlich seine wäre, aus einem Völkermord geboren, aus der Deportation von Millonen Sklaven, einer systematisch rassistischen Welt. Biden bricht den Grossen Westen auseinander zugunsten eines Westens ohne Russland, dazu bestimmt, sich selbst zu zerreissen und den ganzen Planeten in seinen Selbstmord mit hineinzureissen.
Wir versuchen, den Westen als den Bereich einer dominanten “Rasse” zu definieren, die von der Zukunft besessen ist. Ein expansiver Impuls setzt sich durch: Wirtschaftliches Wachstum, Akkumulation, Kapitalismus. Es ist genau diese Besessenheit für die Zukunft, die die Maschine der Dominanz befeuert: Die Umwandlung der konkreten Gegenwart (also Lust und Sich-Gehenlassen) in abstrakten künftigen Wert.
Wenn wir die Fundamente der marxistischen Analyse des Wertes ein wenig umformulieren, könnten wir sagen, dass der Tauschwert genau diese Akkumulation der Gegenwart, also des Konkreten, in abstrakte Formen ist (wie das Geld), die morgen umgetauscht werden können.
Diese Fixierung auf die Zukunft ist keinerlei natürliche menschliche kognitive Modalität. Die Mehrheit der menschlichen Kulturen bauen auf einer zyklischen Wahrnehmung der Zeit auf oder auf der nicht überteffbaren Ausdehnung der Gegenwart. Der Futurismus ist der Übergang zum vollen Selbstbewusstsein der expandierenden Kulturen, selbst in der Ethik. Aber die Futurist*innen sind unterschiedlich und bisweilen gegensätzlich. Die Besessenheit für die Zukunft hat unterschiedliche Auswirkungen im theologisch-utopischen Bereich bei der russischen Kultur, und im technisch-ökonomischen Bereich, der der euro-amerikanischen Kultur eigen ist.
Der Kosmismus von Federov, der Futurismus von Majakowski enhalten einen skatologischen Hauch, der dem technokratischen Fanatismus von Marinetti und seinen amerikanischen Jüngern wie Elon Musk gänzlich fehlt.
Vielleicht fällt es deshalb Russland zu, mit der Geschichte des Westens aufzuräumen. Das ist es nämlich, was sich gerade abspielt.
Der Faschismus ist überall
Nachdem wir die Schwelle der Pandemie überschritten haben ist das neue Panorama der Krieg, der den Faschismus dem Faschismus gegenüberstellt. Günther Anders hat schon in seinen Schriften der Sechzigerjahre (Die Antiquiertheit des Menschen) vorausgesagt, dass die nihilistische Last des Nazismus sich mit der Niederlage nicht erschöpft hat und als Ergebnis der technischen Macht, die ein Gefühl der Erniedrigung des menschlichen Willens und seine Reduktion zur Machtlosigkeit erzeugt, auf die Bühne der Welt zurückkehren würde.
Jetzt können wir beobachten, wie der Faschismus als psychopolitische Form des dementen Körpers der weissen “Rasse” wiederaufersteht, die auf ihren erbarmungslosen Absturz durchaus lebhaft reagiert. Das virale Chaos hat die Voraussetzungen für die Schaffung einer globalen biopolitischen Infrastruktur geschaffen, aber es hat auch das Schreckensbild der Unregierbarkeit gezeichnet, mit dem chaotischen Wuchern der Materie, die die Ordnung verlässt, sich auflöst und stirbt.
Das westliche Gehirn hat den Tod beseitigt, weil er mit der Zukunftsbesessenheit nicht vereinbar ist. Es beseitigt das Altern, weil es mit der Expansion nicht vereinbar ist. Aber jetzt zeigt sich die demographische, kulturelle und selbst ökonomische Überalterung der dominanten Kulturen des Nordens wie ein Gespenst, über das die weisse Kultur nicht einmal nachdenken kann, und die zu akzeptieren ihr schon ganz unmöglich ist.
Wir haben hier also das weisse Gehirn, sowohl das von Biden wie das von Putin, das in eine heftige Krise seniler Demenz gerät. Der wildeste von allen, Donald Trump, erzählt eine Wahrheit, die niemand hören will: Putin ist unser bester Freund. Selbstverständlich ist er ein weisser Rassist, aber wir sind das genauso. Biden verkörpert die machtlose Wut, die die Alten verspüren, wenn sie des Verfalls ihrer körperlichen Kräfte, der geistigen Energie und der mentalen Effizienz gewahr werden. Jetzt, wo die Erschöpfung in ein fortgeschrittenes Stadium eintritt, ist die Auslöschung die einzige tröstende Aussicht.
Kann sich die Menschheit vor der vernichtenden Gewalt des Todeskampfes des dementen Gehirns der westlichen, russischen, europäischen und amerikanischen Zivilisation retten? Egal wie die Invasion der Ukraine sich weiter entwickelt, ob sie zu einer dauerhaften Besatzung wird (unwahrscheinlich) oder mit dem Rückzug der russischen Truppen endet, nachdem sie den militärischen Apparat, den die Euro-Amerikaner Kiew zur Verfügung gestellt haben (wahrscheinlich), kann der Konflikt nicht mit der Niederlage des einen oder anderen der alten Patriarchen gelöst werden. Keiner der beiden kann sich zurückziehen, ohne gewonnen zu haben. Deshalb scheint diese Invasion eine tendenziell globale Phase des Krieges einzuläuten, die tendenziell auch nuklear werden kann.
Die Frage, die derzeit unbeantwortet bleibt, bezieht sich auf die nicht-westliche Welt, die seit ein paar Jahrhunderten die Arroganz, die Gewalt und die Ausbeutung Europas, Russlands und schliesslich Amerikas erleiden musste. Im selbstmörderischen Krieg, den der Westen gegen den anderen Westen losgetreten hat, sind die ersten Opfer diejenigen, die den Wahn der beiden Westen erleiden mussten, die, die keinen Krieg wollen, aber die Auswirkungen erleiden müssen.
Der letzte Krieg gegen die Menschheit hat begonnen.
Das einzige, was wir tun können, ist ihn zu ignorieren, ihn zu verlassen, gemeinsam die Angst in Denken verwandeln und uns mit dem Unvermeidlichen abfinden, denn nur so kann das Unvorhersehbare in der Widrigkeit stattfinden: der Friede, die Lust, das Leben.
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Mit Parteiverboten und Verhaftungen von Journalisten scheint Kiew den Weg in eine instabile Kriegsdiktatur einzuschlagen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ließ am frühen Morgen des 20. März viele linke oder russlandfreundliche Oppositionsparteien in der Ukraine per Dekret verbieten. Laut prorussischen Quellen1 ist von diesem Parteiverbot auch die größte parlamentarische Oppositionspartei betroffen, die prorussisch „Oppositionsplattform – für das Leben“, die bei den letzten Parlamentswahlen rund 13 Prozent der Stimmen, vornehmen im Osten des Landes, auf sich vereinigten konnte. Hinzu kommt noch eine Reihe kleinerer linker Parteien.
Selenskyj rechtfertigte die Parteiverbote mit der russischen Invasion der Ukraine und den „politischen Verknüpfungen“, die diese Gruppierungen und Parteien mit Russland unterhalten sollen. Folgende Parteien sind von den Verboten betroffen (Schreibweise laut Quellenangabe): „Opposition Platform – For Life“, „Shariy Party“, „Nashi“, „Opposition Bloc“, „Left Opposition“, „Union of Left Forces“, „State“, „Progressive Socialist Party of Ukraine“, „Socialist Party of Ukraine“, „Socialists“, „Volodymyr Saldo Bloc“. Die genannten linken Parteien sind somit nun genauso illegal, wie die Kommunistische Partei der Ukraine, die schon kurz nach dem prowestlichen Regierungsumsturz 2014 in die faktische Illegalität gedrängt wurde.2
Zudem wurde in Odessa der Journalist, Blogger und Physiker Yuri Tkachev vom berüchtigten ukrainischen Geheimdienst SBU verhaftet. Tkachev hat bei seiner Kriegsberichterstattung wiederholt die derzeitige Regierung kritisiert. Der SBU fiel zuletzt Anfang März durch die Hinrichtung eines Mitglieds der ukrainischen Waffenstillstandsdelegation, Denys Kireev, auf, dem Hochverrat vorgeworfen wurde.3 Kireev war an der ersten russisch-ukrainischen Verhandlungsrunde im belarussischen Gomel beteiligt, wenige Tage danach wurde er vom SBU bei seiner Verhaftung erschossen.
Von den Verboten ist keine einzige jener rechten oder rechtsextremen Parteien oder Milizen betroffen, denen ein wachsender Einfluss4 innerhalb des ukrainischen Militär- und Sicherheitsapparates nachgesagt wird.5 Diese zunehmende Machtfülle der extremem Rechten innerhalb des ukrainischen Staats trat zuletzt im Dezember 2021 offen tuzage, als Präsident Selenskyj einem führenden Mitglied der Naziorganisation „Pravy Sektor“ (Rechter Sektor), Dmytro Kotsyubail, den Staatsorden „Held der Ukraine“ verlieh.6 Der Rechte Sektor soll maßgeblich an dem Pogrom von Odessa im Jahr 2014 beteiligt gewesen sein, bei dem Dutzende Teilnehmer eines prorussischen Dauerprotests von ukrainischen Nazis und Sicherheitskräften umgebracht wurden. Hunderte Menschen wurden bei dem Pogrom verletzt.7
Die innenpolitisch signifikante Repression gegen die größte prorussische Partei der Ukraine, die „Oppositionsplattform“, begann schon vor dem Krieg.8 Das politische Spektrum der Ukraine war lange Jahre weitestgehend bestimmt durch oligarchische Seilschaften, die „ihre“ Partien oder Politiker finanzieren – und die entweder prowestlich oder prorussisch ausgerichtet waren. Der mit Putin befreundete Oligarch hinter der prorussischen Oppositionsplattform, Wiktor Medwedtschuk, wurde im Mai 2021 verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Zuvor, im Februar 2021, wurden drei russischsprachige TV-Sender, die Medwedtschuk kontrolliert haben soll, verboten.9
Der derzeitige ukrainische Präsident Selenskyj, der einen Antikorruptionswahlkampf führte, wurde wiederum von dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj unterstützt, der nach dem prowestlichen Umsturz 2014 als einer der Finanziers rechter und rechtsextremer Milizen10 – wie des berüchtigten Asow-Regiments – fungierte.11 Die Verbote und Inhaftierungen prorussischer Politiker und TV-Sener sind somit einerseits Ausdruck der üblichen Oligarchenkämpfe, wie auch andererseits Folge der geopolitischen Westanbindung der Ukraine, bei der russlandfreundliche Kräfte ausgeschaltet wurden. Das Atlantic Council begrüßte die Verbote russischer Fernsehsender in der Ukraine etwa als eine „couragierte Entscheidung“ des ukrainischen Präsidenten.12
Die autoritäre Formierung des ukrainischen Staates geht aber – und das war charakteristisch für den kapitalistischen Krisenprozess in vielen Ländern der Peripherie – mit dessen krisenbedingter Verwilderung einher. Die von Kolomojskyj finanzierten Milizen, etwa in Mariupol, üben ein hohes Maß an Autonomie aus. Die Region in der Nähe der Frontlinie im Donbass galt praktisch als deren Territorium, wo die Kontrolle der zentralen Staatsgewalt kaum wirksam war und wo diese Milizen auch Repression gegen abweichende prorussische oder schlicht liberale Kräfte übten – etwa während einer Demonstration anlässlich des Frauentages.
Selenskyj gelang es zu Beginn seiner Präsidentschaft nicht, diese Nazi-Milizen im Osten unter Kontrolle zu bringen und zur Auflösung zu bewegen, sodass sie später in den Staatsapparat eingegliedert wurden. Formel dem ukrainischen Staat angehörig, scheinen diese rechtsextremen Kräfte an der Erosion ukrainischer Staatlichkeit mitzuwirken, die schon nach 2014 einsetzte, als im Gefolge von Regierungssturz und Bürgerkrieg überall von Oligarchen finanzierte Milizen auftauchten.13 Und offenbar haben diese fanatisch kämpfenden Milizen inzwischen genügend Einfluss akkumulieren können, um einen weiten Teil des politischen Spektrums der Ukraine verbieten lassen zu können. Je länger der Krieg dauern wird, desto weiter wird diese Wechselwirkung von autoritärer Staatsmobilisierung und innerer Staatserosion in der Ukraine voranschreiten, wie sie zuvor in Peripheriestaaten wie Syrien, Libyen oder dem Irak sich entfaltete.
Damit befindet sich die Ukraine auf den Weg in eine instabile, von inneren Erosionstendenzen erfasste Kriegsdiktatur, was die Parallelen zu der politischen Lade in Russland offensichtlich werden lässt. Die drakonischen neuen Medien-14 und Repressionsgesetzte, die der Kreml bei Kriegsbeginn erließ, lassen bloße Kritik am Krieg mit hohen Haftstrafen belegen15 – sie sind ihrem Charakter nach postdemokratisch. Putins öffentliche Angriffe gegen Volksverräter und eine liberale „fünfte Kolone“, die mit Ungeziefer gleichgesetzt werden, seine Forderungen nach einer „Reinigung“ Russlands von dem „Unrat“ oppositioneller Kräfte – diese brutale Rhetorik ist schon faschistoid. Sie wurde offensichtlich bewusst gewählt, um das militärische Desaster der russischen Armee in der Anfangsphase des Krieges zu bemänteln.
Die autoritäre, inzwischen wohl schlich diktatorisch zu nennende Formierung, bei der eine absurde Kriegs- und Burgfrieden-Propaganda verbreitet wird,16 geht mit zunehmenden Spannungen innerhalb der russischen „Machtvertikale“, also des von staatsoligarchischen und mafiösen Seilschaften beherrschten russischen Staatsapparates einher. Inzwischen befinden sich führende Köpfe des russischen Geheimdienstes FSB unter Hausarrest – da sie den Kreml mit falschen Informationen bezüglich der Lage in der Ukraine versorgt haben sollen.17 Immer um die Gunst Putins buhlend, sollen sich die verschiedenen Seilschaften im Nachrichtendienst darin überboten haben, dem Kremlherrscher vor dem Kireg die Infos zukommen zu lassen, die er hören wollte: dass die Ukraine keinen nennenswerten Widerstand leisten werde.
Zudem muss das militärisch der Ukraine weit überlegene Russland, dessen reguläre Armee aufgrund mangelnder Motivation und Organisation empfindliche Niederlagen einstecken musste, auf poststaatliche Akteure setzen, um militärische Erfolge rasch zu erzielen. Die ukrainischen Nazi-Milizen in Mariupol werden derzeit von den Söldnertruppen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow bekämpft,18 die nur formell den russischen Truppen angehören, während sie faktisch als eine Privatarmee eines in die russische Föderation integrierten Warlords agieren. Milizen und Söldnertruppen, militärische Akteure, wie sie charakteristisch für die anomische Gewaltstruktur in vielen Failed States der Peripherie sind, bilden somit die schlagkräftigsten Formationen im Krieg um die Ukraine, die sich zu einem zweite Syrien zu wandeln droht. Charakteristisch in diesem Zusammenhang sind auch die Bemühungen beider Seiten, möglichst viele Freiwillige oder Söldner aus aller Welt für ihre Kriegsanstrengung zu mobilisieren. Der Krieg führt somit in seiner Funktion als Krisenbeschleuniger zu einer Annäherung der Verhältnisse in Russland und der Ukraine.
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Oben — Präsident Wolodymyr Selenskyj stattete den verwundeten Verteidigern der Ukraine, die in einem Militärkrankenhaus behandelt werden, einen Besuch ab. Die Militärs wurden nach den Kämpfen in der Region Kiew mit Verletzungen unterschiedlicher Schwere in diese medizinische Einrichtung gebracht. Das Staatsoberhaupt verlieh den Militärs Orden und Medaillen für Mut und Hingabe und ehrte das Krankenhauspersonal für vorbildliche Arbeit unter schwierigen Bedingungen. Wolodymyr Selenskyj sprach mit der Leitung des Krankenhauses und fragte nach den Bedürfnissen der Einrichtung und den besonderen Maßnahmen, die während des Krieges ergriffen wurden.
Volle Gläser und große Reden: Der Krieg am Küchentisch
Durch die Woche führt Nina Apin
Der Küchentisch unserer Autorin, ein ehemaliger Wirtshaustisch, hat schon viel gesehen. Dieser Tage erlebt er hitzige Debatten, Rachefantasien und Hilflosigkeit.
Unser Küchentisch hat schon viel gesehen. Als Wirtshaustisch in Bayern war er Unterlage für schwere Mahlzeiten, große Bierkrüge und simple Argumente. Im Haus meines Onkels gab er dann einem bürgerlichen Privathaushalt einen gediegenen Rahmen. Seit der Tisch unsere Berliner Küche ausfüllt, ist er regelmäßig Schauplatz kleinfamiliärer Essensscharmützel und ausgedehnter Spieleabende. Doch seit dem 24. Februar steht auch er zwar an demselben Ort, aber doch in einer anderen Welt.
Drei Wochen dauert der Krieg in der Ukraine jetzt schon. So lang wie ein durchschnittlicher Sommerurlaub, bemerkte eine polnische Kollegin bitter. Euer Sommerurlaub, meinte sie damit. Und ja, haben wir Deutschen uns nicht seit vielen Jahren eine Art Urlaub vom Krieg geleistet? Immer vermitteln, Angela Merkel spricht mit Putin, Angela Merkel spricht mit Erdoğan und Heiko Maas bereist den Nahen Osten.
Deutschland berät und mäßigt und wartet ab, während sie es in Polen und der Ukraine schon hatten kommen sehen. Wir nicht. Und deshalb sitzen nicht nur wir seit drei Wochen morgens und abends an diesem Küchentisch, konsumieren mit Entsetzen Nachrichten, diskutieren und trinken und suchen nach Wegen aus der blutigen Schockstarre, die ein Mann mit einem bekanntlich sehr langen und obszön hässlichen Tisch über die Ukraine und ganz Europa gebracht hat.
Bataillone und Rachefantasien
An manchen Tagen wird unser Küchentisch zum Schachbrett: Über Nacht zu Hilfsgenerälen geworden, studieren wir Truppenbewegungen, reden uns die Köpfe heiß über Putins vorrückende Einheiten und Nachschubwege, türkische Drohnen, Nato-Sicherheitsgarantien und geforderte Flugverbotszonen. Wie schnell sich die neue Wehrfähigkeit, die das Land ergriffen hat, in der Sprache festsetzt: Bataillon, Korridor, Stinger-Raketen. Rachefantasien fühlen sich besser an, als Bilder von Kindern zu sehen, die in U-Bahn-Stationen kauern, von alten Frauen, die mit der Katze im Arm vor zerschossenen Häusern stehen.
An anderen Tagen findet der Tisch zu seiner ursprünglichen Stammtischbestimmung zurück: große Getränke, Tränen der Hilflosigkeit, der Verzweiflung, des Mitleids und große Reden: Wenn du und die Kinder nicht wärt, ich würde kämpfen.
Unser Tisch steht allerdings doch weit weg von Mariupol oder Charkiw – dafür recht nah am Hauptbahnhof. Zehntausend Ankömmlinge an einem Tag, zwölftausend. Für ein paar Stunden ziehe ich eine gelbe Weste an und sortiere Kleiderspenden, die Kinder backen Muffins für ihre Altersgenoss:innen, deren Alltag sich in einen Albtraum verwandelt hat. Es reicht alles nicht.
Die Sprache reicht nicht, die Übernachtungsplätze in Berlin reichen nicht, die Sanktionen sind nicht hart oder nicht schnell genug. Und wenn erneuerbare Energien Friedensenergien sind, warum packt dann keiner in der Regierung die grüne Bazooka aus? Solaranlagen auf alle Gebäude, Megasubventionen für Wärmepumpen, autofreier Sonntag, Tempolimit! Ach nö, das gibt bloß wieder Ärger mit der FDP, den Autofahrern. Lieber Benzin subventionieren und weiter auf Arschlochenergien setzen.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Energieversorgung mit den Grünen – . – 2.) Olfs Schweigen ist Gold – . – 3.) Das Band soll noch enger werden – . – 4.) Zum Abgang von Oskar Lafontaine – . – 5.) Wegen Dreadlocks unerwünscht – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Niemand hatte doch den Grünen gesagt, dass sie nach der Einnahme von Posten in der Regierung nicht mit Mördern auf der Arabischen Halbinsel sprechen dürfen. Denn was oder wer ist ein Staat? Genau das Konsortium von Parteien welche sich zur richtigen Zeit am Würfeltisch zusammen gesetzt haben. Darum ist für jeden Staat auch alles und immer Banane.
FDP-Spitze kritisiert Habecks Katar-Sondierungen
1.) Energieversorgung mit den Grünen
Die Bemühungen von Wirtschaftsminister Habeck um Gas aus Katar reichen dem designierten Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, nicht aus. Habeck solle lieber die Denkverbote beim Kohleausstieg aufgeben. Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für Versuche einer Gasbeschaffung aus dem Golfstaat Katar deutlich kritisiert. Besser solle Habeck Denkverbote beim Kohleausstieg aufgeben und erneuerbare Energien voranbringen, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe darum, die Energieabhängigkeit von Russland nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine schnellstmöglich zu beenden. »Schöne Bilder aus Katar lösen noch kein einziges Problem. Diese Länder haben nicht die Kapazitäten, die wir benötigen«, warnte Djir-Sarai. »Energie-Partnerschaften mit autoritären Staaten aus dem Nahen und Mittleren Osten schaffen zudem neue riskante Abhängigkeiten. Sie sind auch vor dem Hintergrund der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards problematisch.«
Hatte nicht selbst der BASTA Gerd vielleicht einst gedacht: „Aus einem A.-Loch kann niemand eine Blumenvase machen? Die Vase kann nicht hoch genug gestellt werden, um die üblen Gerüche zu verdecken.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
2.) Olfs Schweigen ist Gold
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Diese Weisheit hat Olaf Scholz ins Kanzleramt gebracht. Wie exklusive Cicero-Recherchen in unserer März-Ausgabe zeigen, könnte er mit dieser Methode im Fall Cum-Ex jedoch noch scheitern. Olaf Scholz ist ein Meister darin, kritische Fragen einfach an sich abperlen zu lassen. Man könnte auch sagen: Bei ihm findet die ostentative Kommunikationsunwilligkeit seiner Amtsvorgängerin zur Vollendung. Tatsächlich hat Scholz es mit dieser Methode bis ins Kanzleramt geschafft – was ihn in der Einschätzung bestärkt haben dürfte, dass Reden allenfalls Silber, Schweigen aber allemal Gold ist. Insbesondere in jener heiklen Sache, die den Bundeskanzler seit seiner Zeit als Erster Bürgermeister in Hamburg verfolgt. Es geht um enorme Summen sowie um die Frage, ob der Warburg-Bank die Rückzahlung ergaunerter Cum-Ex-Millionen erlassen wurde. Und zwar mit ausdrücklicher Billigung, mutmaßlich sogar aktiver Unterstützung durch die Politik in Person des heutigen Bundeskanzlers. Olaf Scholz, so viel steht inzwischen fest, hat im Zuge dieser Affäre mehrfach wichtige Dinge verschwiegen und, davon sind Oliver Schröm und Ulrich Thiele als Autoren unserer Titelgeschichte überzeugt: auch gelogen. Ausgestanden ist die Sache für ihn noch längst nicht, im Gegenteil. Mit den Dokumenten, die Cicero exklusiv vorliegen und die hier erstmals öffentlich gemacht werden, dürften ihn etliche Halb- und Unwahrheiten, die er den Parlamenten in Hamburg und Berlin aufgetischt hat, noch einholen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Glaubwürdigkeit des deutschen Regierungschefs, der sich ausgerechnet als Sozialdemokrat offenbar schützend vor ein betrügerisches Geldinstitut gestellt hat – und zwar auf Kosten der Steuerzahler.
Ist es nicht vollkommen belanglos wer dort wann und wo, auch immer zusammen kommen wird, da alle Personen untereinander identisch sind, als Politiker-Innen von den Hinterbänken ihrer Parteien. Ein stolzer Zwerg – stolpert vom hohen Berg und muss eingestehen: „Hier steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor“ J.W. Goethe ! Weist nicht das ganze westliche Bohei des Waffenhandel die Nutzlosigkeit des Aufrüstens aus, wenn die Möglichkeiten fehlen, einen Täter zur Rechenschaft zu ziehen? Hier macht sich den Westen selber zum Affen und merkt es nicht einmal mehr.
Nato, G7 und EU treffen sich in Brüssel
3.) Das Band soll noch enger werden
Auf drei Gipfel berät der Westen am Donnerstag Konsequenzen aus dem Krieg. Doch nicht in allen Fragen gibt es Einigkeit. Das hat Brüssel noch nicht gesehen: Gleich drei internationale Gipfeltreffen werden sich am Donnerstag in der belgischen Hauptstadt mit dem Krieg in der Ukraine und seinen Folgen beschäftigen. Die Nato, die G7 und die EU wollen gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden über das weitere Vorgehen beraten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj wird per Video zugeschaltet. Auf der Tagesordnung stehen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, neue Sanktionen gegen Russland sowie Maßnahmen gegen die Energiekrise, die vor allem Europa trifft. Dazu legte die EU-Kommission am Mittwoch erste Vorschläge vor. Die laufenden Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über einen Waffenstillstand und eine Friedenslösung stehen dagegen nicht auf dem Programm. Im Entwurf für den EU-Gipfel werden sie nicht einmal erwähnt. Es sei nicht Aufgabe der EU, sich in die Vermittlungsbemühungen einzuschalten, sagte ein Insider. Auch der Gastgeber des EU-Gipfels, Ratspräsident Charles Michel, wollte nicht über diplomatische Bemühungen sprechen. Kremlchef Wladimir Putin müsse „besiegt“ werden, sagte er bei CNN. Aus Regierungskreisen in Berlin heißt es, man wolle der russischen Führung aktuell nicht anbieten, Sanktionen im Gegenzug zu einer möglichen Deeskalation in der Ukraine zurückzufahren. Moskau sende schließlich nicht das Signal, für solche Vereinbarungen offen zu sein. Deutschland stemmt sich gegen ein Energieembargo.
Der wohl größte Fehler eines Oskar Lafontaine waren seine Freiwilligen Abgänge. Einmal weggelaufen heißt immer weggerannt? Als ehrlicher Freigeist hätte er sich aus der Partei werfen lassen müssen, um die Zügel weiter in eigenen Händen halten zu können. Nicht die Zügel der Partei, sondern die Zügel seines freien Geistes. Mit seinen Austritt machte er sich selber zur Schießbudenfigur und zeigte seinen zu kleinen freien Geist nicht mehr selber unter Kontrolle zu haben.
Niemand kann einen Freigeist lenken – eine Analyse
4.) Zum Abgang von Oskar Lafontaine
Niemand kann einen Freigeist lenken – Analyse. Der Austritt des ehemaligen Spitzenpolitikers aus der Linkspartei beweist seine Stärke und Tragik zugleich. Ohne Freigeister würde jede Partei in einem Brei aus faulen Kompromissen und Mitläufertum versumpfen. Das Querdenken mag in der Pandemie in Verruf gekommen sein, doch es sind oft eigensinnig Denkende, die den Streit um den besten politischen Weg beleben: Sie halten eine bestimmte Fahne hoch, egal, welchem Sachzwang eine Partei sich ausgeliefert fühlen mag. Hans-Christian Ströbele war so einer, als er als einziger Grüner gegen das europäische Spardiktat oder Auslandseinsätze der Bundeswehr stimmte. Oskar Lafontaine war auch so einer: Er kämpfte verlässlich für die Sozialdemokratie, unabhängig vom Zeitgeist und von den Machtinteressen seiner Partei. War. Kämpfte. Die Vergangenheitsform wird hier nicht gewählt, weil Oskar Lafontaine am 17. März aus der Linkspartei ausgetreten ist. Denn er trat ja auch 2005 aus der SPD aus, er trat 1999 als Finanzminister zurück. Freigeister sind an keine Partei, an kein Amt gebunden, das macht ihre Stärke aus. Sie können stets dort kämpfen, wo ihnen ihre Wirkkraft am größten erscheint. Daher stehen sie mit ihrer Partei im Spannungsverhältnis: Oberstes Ziel einer Partei ist ihr Erhalt, oberstes Ziel des Freigeistes ist der Kampf für die eigenen Überzeugungen. Die Partei versucht, Freigeister für ihre Zwecke einzuspannen; ein Freigeist versucht, eine Partei für seine Ziele zu nutzen. 2009 ist das für die Linke und Lafontaine aufgegangen. Seine Partei holte im Saarland 21 Prozent, im Bund fast zwölf Prozent. Es schien tatsächlich, als könne Lafontaine die unsoziale Politik der SPD in der neu gegründeten Linkspartei besser bekämpfen als in einer rot-grünen Regierung unter einem Kanzler Gerhard Schröder. Oskar Lafontaine im Irgendwie-Ökosozial-Konsensbrei
Mag dieses die Antwort auf den Hannover-Ausschluss des BASTA in der Form einer Eile mit Weil-e zu sein?
Fridays for Future lädt Musikerin Ronja Maltzahn von Demo aus
5.) Wegen Dreadlocks unerwünscht
Bei einer Klima-Demo sollte auch Ronja Maltzahn auftreten. Doch die Aktivisten sehen in ihrer Frisur eine „kulturelle Aneignung“. Die Sängerin ist schockiert. Die weiße Musikerin Ronja Maltzahn (28) darf nach einem Entschluss von Fridays for Future wegen ihrer Dreadlocks nicht wie zunächst geplant bei einer Demonstration in Hannover auftreten. Die Hannoveraner Ortsgruppe der Klimaschutzbewegung sagte einen Auftritt der Künstlerin an diesem Freitag in der Innenstadt ab, wie die Gruppe am Mittwoch auf ihrer Website mitteilte. Die Aktivisten begründeten die Absage mit der Frisur der Sängerin. Dreadlocks seien in den USA ein Widerstandssymbol der Bürgerrechtsbewegung schwarzer Menschen geworden. „Wenn eine weiße Person also Dreadlocks trägt, dann handelt es sich um kulturelle Aneignung, da wir als weiße Menschen uns aufgrund unserer Privilegien nicht mit der Geschichte oder dem kollektiven Trauma der Unterdrückung auseinandersetzen müssen“, schrieben die Klimaschützer. Maltzahn hatte die Absage selbst auf ihren Social-Media-Kanälen öffentlich gemacht. Die Musikerin reagierte betroffen: „Wir hatten uns darauf gefreut ein Zeichen für Frieden und gegen Diskriminierung mit unserer Musik setzen zu dürfen. Schade dass wir aufgrund von äußerlichen Merkmalen davon ausgeschlossen werden.“ Es gehe darum, kultureller Vielfalt eine Bühne zu geben und für Achtsamkeit, Toleranz und Geschlechtergerechtigkeit einzustehen. „Ich hoffe dass unsere Zuhörer dieses Bild durch unsere Musik vermittelt bekommen und nicht das Gegenteil“, schrieb die Musikerin.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Der Krieg lässt die Energiepreise in die Höhe schnellen.
Von Ilija Trojanow
Putins Krieg wird also durch den Krieg finanziert. Anstatt langjährige Grundsätze über den Haufen zu schmeißen und übereilt zu entscheiden, sollte man prüfen, was sinnvoll und was machbar ist.
Das erste Opfer des Krieges sei die Wahrheit, heißt es. Vielleicht stirbt jedoch die Vernunft zuerst. Nicht nur, weil Krieg an sich unvernünftig ist. Auch weil aus Angst und Schock eine überbordende Emotionalität den öffentlichen Diskurs besetzt, die kein guter Ratgeber ist. Übertriebene Behauptungen treiben überhastete Entscheidungen vor sich her.
Etwa bei den Sanktionen: Russland hat neulich seine Staatsbilanzen für Februar veröffentlicht. Ein sehr profitabler Monat, der Überschuss hoch, weil der Krieg die Energiepreise in die Höhe schnellen lässt. Putins Krieg wird also durch den Krieg finanziert. Die Lösung wäre einfach. Energie ist zwar überlebenswichtig, doch würde ein deutscher Boykott keine katastrophalen Schäden bei uns verursachen – weitaus weniger als jene eines fortdauernden Krieges. Die wirtschaftlichen Kosten werden laut Analysten höchstens einige Prozentpunkte des BIP betragen. Unangenehm, aber nicht katastrophal. Da es Alternativen zum russischen Öl gibt und Gas hierzulande vor allem zum Heizen benutzt wird, sollten wir als Frühjahrsputz unser Energie-Abo bei Putin kündigen.
Bescheidung wäre eine prima Alternative. Letzte Woche hat die Internationale Energieagentur einen Plan veröffentlicht, wie wir massiv Erdöl einsparen können: langsamer fahren, öfter den Zug nehmen, ein verkehrsfreier Sonntag. Wieso werden solche Maßnahmen nicht in die Wege geleitet? Könnte es sein, dass der Kapitalismus ausbleibendes Wirtschaftswachstum mehr fürchtet als den Krieg? Ist Verzicht für uns ein zu großes Kriegsopfer?
Wenn wir schon beim Reinemachen sind: Die bisherigen Sanktionen gegen die Vermögen russischer Oligarchen sind harmlos. Da diese Kleptokraten, Kriminelle und Geldwäscher einen Angriffskrieg unterstützen, sind sie Terroristen, und als ich zuletzt nachsah, verfügte der „Westen“ über sehr effektive Instrumente, terroristische Vermögen zu beschlagnahmen.
Statt an dieser Schraube zu drehen, wird aufgerüstet, auch rhetorisch. Wer in Talkshows und Interviews eine Flugverbotszone fordert, sollte sich einen Tag freinehmen und ein wenig auf den Webseiten recherchieren, die sich – vor allem auf Englisch – militärischen Fragen widmen. Nicht nur wäre es logistisch fast unmöglich, es müssten zudem Stellungen in Russland beziehungsweise Belarus bombardiert werden. Das würde unweigerlich den Krieg ausweiten und in die Hände der russischen Propaganda (Nato als Aggressor) spielen.
Unsere Politik regiert derweil per Sonderfonds. 2005 betrugen unsere Militärausgaben 33,3 Mrd. und 2020 52,8 Mrd. Dollar. Das ist a) sehr viel Geld und b) ein ziemlich rasanter Anstieg. Trotzdem behaupten reihenweise pensionierte Generäle, die deutsche Armee sei nicht wehrfähig. Sind diese ehemaligen Offiziere für diesen Missstand nicht wenigstens mitverantwortlich? Und sollte es stimmen, müssten nicht sofort Verfahren gegen die Zuständigen eingeleitet werden? Für 632,6 Milliarden Dollar in 15 Jahren dürfen wir schon ein wenig Landesverteidigung erwarten.
Sollten nicht, angesichts dieses Versagens von Politik und Armeeführung, zunächst in einem demokratischen Prozess die Fehler aufgearbeitet und die künftigen Prioritäten diskutiert werden? Ist Aufrüstung der richtige Weg? Wäre es für die Verteidigung gegen diesen Angriffskrieg nicht sinnvoller, mit einer derartigen Summe die Folgen eines Boykotts russischen Erdöls und Gases aufzufangen und die Flüchtlinge zu versorgen? Zumal sich die Frage stellt, was unsere Landesgrenzen wirklich sichert? Die Qualität der germanischen Flugabwehr und die Quantität der teutonischen Munition oder MAD (mutual assured destruction)? Seit ich zurückdenken kann, wird uns die Logik der atomaren Abschreckung eingetrichtert. Stimmt sie etwa nicht mehr?
Nicht einmal Russlands brutaler Angriffskrieg bringt deutsche Putin-Versteher zur Räson: Sie glauben immer noch, man hätte mehr reden sollen – und fordern die Ukraine auf, sich zu ergeben. Das ist absurd.
Fast einen Monat dauert der mörderische Krieg Russlands gegen die »ukrainischen Brüder« – wie Putin seine Nachbarn nannte, bevor er sie bombardieren ließ. Klar, dass die Frage immer lauter wird, wie lange das Abschlachten, Aushungern und Vertreiben durch die russische Armee noch weitergeht. Und da landet man bei einem Hashtag, der gegenwärtig Hochkonjunktur in sozialen Medien hat: #Kapitulation.
Um dieses Wort versammeln sich alle, die die Ukraine auffordern, die weiße Fahne zu hissen oder Konzessionen an Russland zu machen. »Alle, die gegen ein Aufgeben reden, frage ich, ist das vom Ende her gedacht? Was kann da anderes stehen als ein zermürbendes, monatelanges Kämpfen & Sterben in der Ukraine?« Das schrieb letztes Wochenende Heike Hänsel, 16 Jahre lang Bundestagsabgeordnete und zuletzt stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion. Ihr Fazit: »Einen nicht gewinnbaren Krieg zu führen, kann sehr falsch sein.«
Hänsel ist »Friedensaktivistin« wie ihre Parteigenossin Sevim Dağdelen, die sich drei Tage vor dem Einmarsch Russlands über das »Kriegsgeheul der Nato« beschwerte – oder wie Andrej Hunko, der 2015 die von Russland unterstützten Separatisten in der Ostukraine besuchte, die heute als »verbündete Streitkräfte« zu Putins Invasionsarmee gehören. Dağdelen und Hunko sitzen beide im Bundestag.
Ist das Gleichgültigkeit oder typisch deutscher moralisierender Pazifismus?
Nun ja, das ist der linke Flügel der Linken, unverdrossene Kreml-Kümmerer, werden viele sagen. Aber ich hörte diese Thesen neulich auch vom Modephilosophen Richard David Precht und las sie in mehreren Leserbriefen – einer kam aus Schleswig-Holstein, ein anderer aus Bayern. Von »unrealistischen Durchhalteparolen« war dort die Rede und davon, dass die Ukrainer endlich die Realität erkennen müssten. Wer wie Selenskyj seine Landsleute zu einem »aussichtslosen Widerstand« gegen die Invasoren aufrufe, treibe sie in den Tod und das Land in die Zerstörung. »Frieden gibt es nur ohne Waffen.«
Ich befürchte, solche Zumutungen werden wir in den kommenden Tagen und Wochen immer öfter zu hören bekommen, denn Russlands Krieg gegen die Ukraine wird länger dauern.
Ist das Gleichgültigkeit, mangelnde Empathie oder jener so typisch deutsche moralisierende Pazifismus, den der Philosoph Ivan Krastev jüngst im SPIEGEL bereits als überwunden ansah?
Die Kapitulationsforderung ist absurd. Folgt man dieser Logik, hätte die Welt, als Hitler 1941 seinen Ostfeldzug begann, die Russen sofort zur Kapitulation auffordern müssen. Der Kampf gegen den Aggressor schien damals ebenfalls aussichtslos, jedenfalls einige Monate lang, er kostete Millionen Sowjetbürger das Leben. Hätten die besser die Waffen strecken sollen? Wie würde die Welt dann heute aussehen?
Steht es nicht jeden Menschen frei, sich auf eine Seite zu verdingen ?
Die Überheblichkeit gegenüber Osteuropäern schwingt mit
Der so schön klingende Satz vom Frieden, den es nur ohne Waffen gibt, ist leider Blödsinn. In Deutschland hört man ihn vielleicht deswegen so oft, weil die Deutschen sich gar nicht mehr vorstellen können, dass man für Freiheit und Unabhängigkeit sein eigenes Leben in die Schanze schlägt, wie es viele Ukrainer jetzt tun. Offenbar geht kaum jemand davon aus, für europäische Werte jemals wirklich kämpfen zu müssen. Ein Großteil der Ukrainer jedoch ist bereit dazu, dafür sein Leben einzusetzen.
Vielleicht schwingt bei manchen Deutschen auch Überheblichkeit gegenüber den Osteuropäern mit oder Geringschätzung ihnen gegenüber. Das große Russland nimmt man ernst, weniger jedoch dessen vermeintlich unbedeutende Randgebiete. Der belarussische Schriftsteller Sasha Filipenko benutzte vor ein paar Tagen auf einer Veranstaltung in Stuttgart eine Metapher: Er erzählte von einer Begegnung mit seinem deutschen Nachbarn, der zusah, wie er, Filipenko, sein sperriges Gepäck aus seinem Auto hievte. Er ging auf Filipenko zu, der sich schon freute, dass der Nachbar helfen werde. Aber der beschwor ihn nur, mit seinem Gepäck ja nicht sein eigenes Auto zu zerkratzen, das direkt danebenstand. Viele Deutsche hätten wie dieser Nachbar zuerst Angst davor, dass der Ukrainekrieg ihnen Kratzer an Leben und Besitz verpasse, so Filipenko.
Oben — Sicherheit für unsere Freiheit Kräfteverhältnis in Mitteleuropa Warschauer Pakt NATO … Eine starke Verteidigung ist notwendig zum Schutz unserer Freiheit. … Aber Frieden und Freiheit sind bedroht. Die ständige Aufrüstung der Sowjetunion und des Ostblocks, …, verschiebt das Gleichgewicht immer mehr zu Ungunsten des Westens. … Deshalb: Ja zur allgemeinen Wehrpflicht CDU sicher sozial und frei Abbildung: Soldaten der Bundeswehr vor der Kaiserpflaz in Goslar (Foto) Plakatart: Motiv-/Textplakat Auftraggeber: CDU-Bundesgeschäftsstelle, Abt. Öffentlichkeitsarbeit, Konrad-Adenauer-Haus, Bonn Drucker_Druckart_Druckort: VVA Düsseldorf Objekt-Signatur: 10-025 : 105 Bestand: Wandzeitungen (10-025) GliederungBestand10-18: CDU-Bundesgeschäftsstelle Lizenz (Lizenz): KAS/ACDP 10-025 : 105 CC-BY-SA 3.0 DE
… auf die vor ihm liegenden Aufgaben – europäische Aufrüstung, Aufstellung als führende Militärmacht – und nicht zurück. Genauer gesagt, man blickt nach Russland, entdeckt einen Präsidenten, „der zunehmend in Nazi-Jargon verfällt“ (General-Anzeiger, 21.3.22), und damit die eigene deutsche Vergangenheit. Denn: Putin ist der neue Hitler, wahlweise der größte Kriegsverbrecher aller Zeiten, und hierzulande gibt es kaum Kritik an Selenskyjs Diagnose, dass die russische Führung die „Endlösung“ der Ukrainefrage betreibe (FR, 21.3.22).
Russischer Faschismus
Die Zeit (Nr. 12/22) hat tiefer gebohrt und mit Hilfe des US-Historikers Timothy Snyder Bemerkenswertes zur Genese des aktuellen russischen Faschismus zu Tage gebracht. Die zentrale Gestalt ist demnach der russische Philosoph Iwan Iljin (1883-1954), ein strammer Antikommunist, der seinerzeit die orthodoxe Kirche und den Faschismus verherrlichte. „Heute inspiriert er das Denken und Handeln Wladimir Putins… Der russische Präsident bezieht sich seit 2005 in Reden auf ihn. Vor der Annexion der Krim stattete er seine Beamten mit Iljins Aufsatzband Unsere Aufgaben aus.“ Ja, nicht nur der Ukraine-Krieg ist von diesem faschistischen Nationalideologen inspiriert, sondern mit seiner Philosophie in der Hinterhand betreibt Putin allerlei subversive Aktivitäten im Internet und anderswo, so dass „die Krise der westlichen Demokratien und das Erstarken der rechten sadopopulistischen Bewegungen“ hier bei uns letztlich den russischen Manipulationen zuzuschreiben sind (https://www.frankfurter-hefte.de/artikel/der-weg-in-die-unfreiheit-2762/). Ob Trump, ob Brexit oder das generelle Erstarken des Rechtspopulismus in der „freien Welt“ – immer steckt also der Russe dahinter!
Der Hochschullehrer Micha Brumlik dagegen weiß, dass „der Philosoph hinter Putin“ (taz, 4.3.22) Alexander Dugin heißt. „Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine ist es höchste Zeit, Wladimir Putin als einen Revolutionär im Geiste des rechtsextremen Dugin zu begreifen.“ Kein Zufall soll es außerdem sein, dass der Nationalideologe Dugin zu einem Vordenker der Rechtsradikalen in Deutschland wurde, „plädiert dieser doch für eine radikale Umkehr des politischen Denkens, für eine ‚Kehre‘, weswegen er immer wieder auf den – auch hier von der Neuen Rechten hochgeschätzten – Philosophen Martin Heidegger verweist.“ Dugin veröffentlichte 2011 in Russland das Buch „Heidegger: Die Möglichkeit der russischen Philosophie“ und indoktrinierte so laut Brumlik nicht nur Putin, sondern auch deutsche Denker: „Über Dugin hat Heideggers Denken Eingang in die Ideologie der deutschen Identitären gefunden“.
Die Entdeckung des russischen Rechtsextremismus passt auch gut ins Bild, das die hiesigen Medien gegenwärtig vom Krieg in der Ukraine und von dessen nationalen Helden zeichnen. Man kann es nämlich nicht mehr ganz verschweigen, dass sich dort, etwa beim Asow-Regiment, Rechtsradikale heimischer sowie ausländischer Bauart tummeln. Ungerührt wird ja auch hierzulande mitgeteilt, dass um den faschistischen Helden Stephan Bandera ein Nationalkult veranstaltet wird. Von „Bandera-Smoothies“, mit denen der Volkswiderstand Putins Panzertruppen begrüßt, schreibt begeistert die deutsche Presse (General-Anzeiger, 2.3.22). Der ukrainische Botschafter Melnyk legt am Grab des OUN-Faschisten Bandera Blumen nieder etc. pp. Das wird inzwischen schon mal in der deutschen Presse kritisiert (vgl. FR, 22.3.22), die sich bei Kriegsbeginn fassungslos gab, wieso Putin von einer Entnazifizierung der Ukraine sprechen konnte. Jetzt heißt es an die russische Adresse gerichtet: Selber Nazis! Bei euch zuhause gibt es viel mehr Rechtsradikale als in der Ukraine, wo sie eigentlich harmlos, da ins reguläre Militär integriert sind.
Am Erstaunlichsten im Blick auf die deutsche Situation sind allerdings Aussagen von Snyder oder Brumlik, die im russischen Faschismus gleich noch die Brutstätte entdecken, aus der die hiesigen rechten Ableger hervorgegangen sein sollen. Dugin hat Heideggers Denken in die neueste deutsche Ideologie von rechts eingeführt!? War dieser alte Nazi-Philosoph denn hierzulande unbekannt? Fehlt da nicht ein ganzes Kapitel?
Deutsche Philosophie
Brumlik scheint auch ganz vergessen zu haben, was er noch im letzten Jahr veröffentlichte, etwa im Rahmen des „Zentrum Liberale Moderne“ (siehe „Adenauers Geist im Dunstkreis der Grünen“ https://www.heise.de/tp/features/Adenauers-Geist-im-Dunstkreis-der-Gruenen-5054199.html). Dort wurde der neue Rechtstrend in Deutschland seziert, der an ältere, aber in der Nachkriegs-BRD durchaus geschätzte Denker wie Spengler oder Heidegger anschließt. Brumlik entdeckte hier eine bemerkenswerte geistige Kontinuität. Was die neurechten Interpreten mit Heidegger veranstalten, sei kein Missbrauch einer philosophischen Tradition Deutschlands, sondern eine adäquate „Diskursstrategie, die auf völkische Emotionalisierung“ setzt und anstelle „eines aufgeklärten Begriffs menschlichen Fortschritts den heroischen Realismus einer schicksalhaften Bewährung im ‚Eigenen‘ eines nur ethnisch und herkunftsbezogen verstandenen ‚Volkes‘“ präferiert. Eben Seinsphilosophie at its best!
Das war aber nicht Brumliks letztes Wort. In bester neudeutscher Tradition wiederholte er anschließend die bekannte Würdigung Heideggers und zollte den erklommenen seinsphilosophischen Höhen Anerkennung. An Heideggers „Bedeutung für die Philosophie des 20. Jahrhunderts“ darf laut Brumliks Resümee „weder sein Eintreten für Hitler noch seine zuletzt unübersehbar gewordene antisemitische Haltung etwas ändern“. Der ganze Aufwand führte also wieder da hin, wo man im Adenauer-Staat war: Wer wie Heidegger „uralte Fragen der abendländischen Philosophie“ aufgreift, hat uns heute – Faschismus hin oder her – immer noch viel zu sagen. (Vgl. „Heidegger und die Folgen“ Scharf links 13.2.21.)
Hochgeschätzt wird der Faschist Heidegger also nicht nur von Dugin, Putin und Co., sondern auch von deutschen Rechtsradikalen und Professoren wie Brumlik. Übrigens im besten Einklang mit einer westdeutschen Nachkriegstradition, wie jetzt eine neue Publikation von Klaus-Peter Hufer über „Philosophie im Nationalsozialismus“ deutlich macht („Im Auftrag des ‚Volkes‘ und des ‚Führers‘“ https://www.klemm-oelschlaeger.de/). Die deutschen Philosophen wechselten 1933 – von einigen marxistischen und jüdischen Emigranten abgesehen – fast komplett ins NS-Lager. Hufer kann gerade mal drei prominente Ausnahmen benennen, wobei einer der drei „Aufrechten“, der Philosoph Karl Jaspers, nach 1945 entscheidend an der Rehabilitierung Heideggers mitwirkte – wider besseres Wissen. Gemeinsam mit Heideggers ehemaliger Geliebter Hannah Arendt hat Jaspers sich, wie eine neue Studie festhält, „aus einer Haltung der Treue heraus davor gedrückt, der Wahrheit einer Verstrickung Heideggers in das NS System ins Auge zu blicken“ (Ingeborg Gleichauf, Hannah Arendt und Karl Jaspers, 2021, S. 63).
Mit dieser Reinwaschung wurde wesentlich zum Nachkriegsruhm eines bekennenden Faschisten beigetragen. Hufer betont auch die enge Anbindung Heideggers ans faschistische Programm bereits vor 1933, als der schwurbelnde „Philosophenkönig“ mit seinem Opus „Sein und Zeit“ Furore machte. Schon da störte sich Heidegger an der „wachsenden Verjudung“ der Wissenschaft – und der Notwendigkeit eines völkischen Aufbruchs und eines heroischen Realismus in Gegnerschaft zu den Dekadenzerscheinungen einer jüdisch-marxistischen Moderne blieb er auch nach 1945 treu, legte jedenfalls nie ein Schuldbekenntnis ab. Nach einer kurzen, eher symbolischen Pause konnte Heidegger im Adenauer-Staat zu seiner Hochschultätigkeit zurückkehren, übrigens wie fast alle seine Kollegen, denn es gab „nur wenige, die nicht wieder in Amt und würden gekommen sind“, wie Hufer abschließend festhält.
Faschistischer Nationalideologie – in veredelter philosophischer Gestalt und um einige zu offenkundige Nazi-Bezüge bereinigt – wurde also ein ungestörtes „Weiterwirken nach dem Krieg“ (Hufer) garantiert. Das war und ist deutsches Geistesleben bis auf den heutigen Tag. Denselben „nationalideologischen Stuss“ (https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/zeitenwende) kann natürlich auch ein Putin von sich geben. Aber siehe da, wenn er das tut, dann entdeckt der Westen nicht die Gemeinsamkeit, noch nicht einmal – siehe den Fall Dugin – die Ursprünge in der hochgeschätzten deutschen Geistestradition, sondern fremde slawische Einflüsse, die auch noch die eigentliche Triebkraft hinter dem Rechtstrend im freien Westen darstellen sollen.
So ist das aktuelle Feindbild komplett: Putin ist der neue Hitler, der den aktuellen Holocaust in der Ukraine – in Fortsetzung von Stalins „Holodomor“ – zu verantworten hat, während Deutschland Teil – und bald vielleicht führende Macht – der Anti-Hitler-Koalition ist. Dafür muss es sich nur noch von der immer wieder beschworenen, jetzt mit dem Ukraine-Krieg endlich erledigten „Last der historischen Verantwortung“ freimachen. Aber das ist ja mit der „Zeitenwende“ (Scholz) im Grunde schon vollzogen.
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An der Saar sind sich Politiker gerne behilflich. Von kleinen Fehlern im Lebenslauf, üppigen Gehältern beim Landessportverband und einem gescheiterten Sparkassendeal.
Im Saarland erzählen sie gerne Geschichten über den Zusammenhalt. Diese besondere Verbundenheit gehe zurück auf den Bergbau unter Tage, wo jeder auf den anderen angewiesen war. Das prägt, auch wenn sie sich selbst auf die Schippe nehmen: „Wenn ein Saarländer eine Briefmarke kauft, dann geht er nicht durch den Haupt-, sondern durch einen Nebeneingang; er hofft in der Post einen Freund zu treffen.“ Ein „gudder Bekannter“ besorgt auch Briefmarken zum günstigeren Sonderpreis. „Jeder kennt einen, der einen kennt“, so preist Ministerpräsident Tobias Hans, CDU, die verzweigten Beziehungen und Familienbande im Saarland. Der 44-Jährige weiß davon aus eigenem Erleben.
Als der Aktivist der Jungen Union und angehende CDU-Funktionär im Jahr 2006 die Politik endgültig zu seinem Beruf machte, war sein Vater, Peter Hans, CDU-Landtagsfraktionschef. Sohn Hans wurde „wissenschaftlicher Referent“ der Fraktion, anschließend „persönlicher“ eines Landesministers. 2009 zog er als Abgeordneter in den Landtag ein, 2012 stieg er zum Landtagsfraktionschef und 2014 zum Ministerpräsidenten auf.
Kurz vor seiner Wahl zum MP musste Hans junior allerdings seinen Lebenslauf bearbeiten. Er hatte den Abbruch seines Universitätsstudiums verschleiert, indem er sich als „Informationswissenschaftler“ vorstellte. Auch die erste berufliche Station vor der Politik war geschönt. Hans war nicht wirklich „wissenschaftlicher“, also diplomierter Mitarbeiter in der psychiatrischen Fachklinik Neunkirchen-Münchwies“ gewesen, es war ein studentischer Nebenjob.
Aber auch ohne Studienabschluss ist Hans inzwischen oberster Dienstherr der Hochschulen des Landes, denn das Wissenschaftsressort wird aus der Staatskanzlei geführt. Ihm haben die Familienbande sicher eher genutzt als geschadet.
Dramatisch anders ist es seinem Weggefährten Klaus Meiser, 67, ergangen. Der Volljurist war Innenminister, CDU-Landtagsfraktionschef, zuletzt Landtagspräsident und galt sogar als möglicher Kandidat für das höchste Amt. Meiser musste 2018 von allen Ämtern zurücktreten, weil er seine gute Beziehungen und Verbindungen allzu geschäftstüchtig versilbert hatte. Als Präsident des Landessportverbands hatte er nicht nur ein üppiges Salär bezogen, zusätzlich zu den Diäten des Landtagspräsidenten. Wegen Untreue und Vorteilsnahme verurteilte das Landgericht Saarbrücken den zweifachen Ex-Präsidenten rechtskräftig zu einem Jahr und zehn Monaten Haft und einer Geldstrafe von 60.000 Euro zur Bewährung. Meiser hatte seiner Lebensgefährtin und Büroleiterin einen lukrativen Nebenjob im Landessportverband (LSVS) verschafft, ebenso seinem Fahrer. Private Essen wurden mit der Dienst-Kreditkarte bezahlt, der Koch der defizitären LSVS-Kantine bezog das das Gehalt eines Sterne-Cuisiniers. Der privat zugelassene Schulbus eines Präsidiumsmitglieds lief auf Verbandskosten, der rechnete sogar EDV-Einrichtungen über den Verband ab.
Vor der Landtagswahl 2017 überreichten unter Meisers Verantwortung mehrheitlich CDU-PolitikerInnen Schecks im Wert von insgesamt 55.000 Euro an Kultur- und Sporteinrichtungen. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) durfte sich über eine große Feier zu seinem 70. Geburtstag freuen. Die fünfstellige Rechnung sollte der Sportverband übernehmen. Bouillon, dem eigentlich die Rechtsaufsicht über den LSVS oblag, kam mit einem blauen Auge davon. Die vom Sport bezahlte Sause habe er „nicht gewünscht“, beteuerte er und bezahlte nachträglich eine überschaubare Rechnung aus eigener Tasche. Die jahrelange Machenschaften hatten Bouillon und seine Fachabteilung zuvor nicht erkannt. Jahr für Jahr hatte der LSVS über seine Verhältnisse gelebt, am Ende stand ein Millionendefizit.
„Mach’s gudd, awwer nid se ofd! Schaff, awwer nid se viel!“ Nur nicht zu viel arbeiten. Im Saarland geht es grundsätzlich um ein gesundes Verhältnis zwischen dem Geschaff und gutem Leben. „Hauptsach, gudd gess!“ ist das Motto, und „Wann mier gudd gess hann, hann mier aach schnell geschaffd!“
Ähnlich tiefgründige Volksweisheiten, wie sie der Schriftsteller Georg Fox als saarländisches Grundgesetz aufgeschrieben hat, standen auch am Beginn der Legislaturperiode im Saarbrücker Landtags. Alterspräsident Josef Dörr (AfD), damals 78, durfte reden. Im Vorfeld war spekuliert worden, ob der pensionierte Schulrektor die Gelegenheit zu nationalistischen oder rassistischen Ausfällen nutzen würde. Zur allgemeinen Überraschung trug Dörr lediglich Gedichte und Sinnsprüche in den Mundarten des Saarlands vor, die SaarländerInnen selbst nennen es „Platt“. Eingeweihte erklärten die unerwartete Zurückhaltung des Seniors so: Er habe „den Klaus“ nicht verärgern wollen, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Der später wegen Untreue gestürzte CDU-Grande Meiser war da noch amtierender Landtagspräsident. „Klaus“ und „Josef“ kannten sich aus der CDU, sie sind Nachbarn. Dörr war gerade mit der AfD in den Landtag eingezogen, die Krönung seiner politischen Laufbahn. Er mochte es sich mit dem Präsidenten nicht verderben, bekam später Räume, Mitarbeiter, Fahrer und Dienstwagen, wie es seiner Fraktion zustand.
In der letzten Landtagssitzung vor dem Wahltermin wurde Innenminister Klaus Bouillon mit Dankesreden und Applaus verabschiedet, ebenso wie der Grandseigneur der saarländischen Politik, der ehemalige Saarbrücker Oberbürgermeister, Ministerpräsident, Bundesfinanzminister, SPD-Parteichef und Linken-Parteigründer Oskar Lafontaine. Am Tag danach sollte „Oskar“ spektakulär seinen Austritt aus der Partei verkünden, die er selbst mitbegründet hatte.
Lafontaine, Jahrgang 1943, ein Roter, dem die SPD schließlich nicht rot genug war, Bouillon, Jahrgang 1943, ein konservativer Schwarzer. Wie Lafontaine machte sich auch Bouillon zunächst in der Kommunalpolitik einen Namen. In der Krise des Bergbaus und der saarländischen Stahlindustrie schafften beide den Neustart ihrer Städte, Lafontaine als der unumstrittene Saarbrücker Rathauschef, Bouillon als Bürgermeister von St. Wendel. Sie sorgten mit guten Ideen und besten Verbindungen für kluge Investitionen. Beide setzten dabei ausdrücklich auch auf die sogenannten „weichen“ Standortfaktoren, Kultur und Wissenschaft, begründeten Festivals mit überregionaler Ausstrahlung. Bis heute haben sich die beiden etwas zu sagen.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) AUFRÜSTUNG DER BUNDESWEHR – . – 2.) Präsident der harten Worte – . – 3.) Tschüss – Oskar Lafontaine – . – 4.) Angriff auf Pressefreiheit – . – 5.) Elite plant offenbar Putsch gegen Putin – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Wer versucht politischen Idioten ins Gewissen zu reden, sollte lange bekanntes Wissen über Moral und Ethik besser außenvorlassen. Wären Diese, den Politiker-Innen als Voraussetzungen, für Ihre Aufnahme des Job vorgegeben, säßen sie nicht dort, wo sie heute sitzen, sondern würden sich Zielgerecht in der Gesellschaft zum Nutzen Dieser bewegen.
„Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht“ – Prominente in öffentlichem Appell
1.) AUFRÜSTUNG DER BUNDESWEHR
In einem Appell haben Politiker, Prominente und Wissenschaftler ihren Unmut gegenüber einer Aufrüstung der deutschen Bundeswehr öffentlich gemacht. Das verhindere nicht das Sterben in der Ukraine und mache die Welt „nicht friedlicher oder sicherer“. Mit einem öffentlichen Appell haben sich Prominente, Wissenschaftler und Politiker gegen das geplante 100 Milliarden Euro schwere Sonderprogramm für die Bundeswehr gewandt. Die Regierung von SPD, Grünen und FDP plane mit Unterstützung der CDU/CSU die „größte Aufrüstung Deutschlands seit Ende des Zweiten Weltkriegs“. Zu den Unterzeichnern gehören die Theologin Margot Käßmann, die Schauspielerinnen Katja Riemann und Corinna Harfouch, die Musiker Sebastian Krumbiegel und Bela B. sowie der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele und der Linke-Abgeordnete Gregor Gysi. Weiter heißt es in der am Dienstag veröffentlichen Erklärung: „Die auf Jahrzehnte geplante Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht, macht unsere Welt nicht friedlicher und nicht sicherer. Wir können sie uns im Namen der Zukunft nicht leisten.“ Sie helfe auch den Menschen in der Ukraine nicht. Die neuen Waffen würden die Ukraine in ihrem Kampf und Recht auf Selbstverteidigung nicht unterstützen.
Wären Politiker-Innen das was sie ihrem Volk immer gerne vorleben möchten, wäre ein solches Treffen in Kiew abgehalten worden. Dort wäre das Zeigen von „Bella Figura“ zum größten Ereignis der Weltgeschichte geworden. Endlich persönliche Siege über die politische Feigheit, an dem auch ein Putin nicht ohne lobenden Kommentar vorbeimarschiert wäre!
Was von Bidens Besuch in Europa zu erwarten ist
2.) Präsident der harten Worte
Eine Reise nach Kiew hat der US-Präsident ausgeschlossen. Stattdessen will Biden an diversen Gipfeln teilnehmen. Neue Sanktionen sind im Gespräch. Eine Einladung hat das Weiße Haus schon vor dem Abflug von US-Präsident Joe Biden nach Europa dankend abgelehnt. Es gebe keine Pläne, „in die Ukraine“ zu reisen, sagte Bidens Sprecherin Jen Psaki am Sonntag. Kurz zuvor hatte bereits die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield die Erwartungen an einen Überraschungscoup gedämpft: „Soviel ich weiß, ist das keine Option“, sagte sie dem Sender CNN. Nicht völlig ausgeschlossen, aber doch höchst unwahrscheinlich ist damit, dass Biden der Aufforderung des ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, nachkommt. Der hatte auf CNN gefordert, der US-Präsident solle „mutig“ sein und „aus Solidarität“ die Ukraine besuchen. Theoretisch wäre das möglich, bricht Biden doch am heutigen Mittwoch nach Europa auf. Am Donnerstag wird er an dem Nato-Sondergipfel zur Ukraine, an einem G7-Treffen und anschließend an dem regulär geplanten EU-Gipfel teilnehmen. In der Terminvorschau des Weißen Hauses für Freitag steht indes nur: „Der Präsident reist nach Warschau, Polen.“ Der Flug dauert gerademal zwei Stunden. Erst am Samstag trifft er dann mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda zusammen, bevor er nach Washington zurückkehrt.
Ja sicher, als Gruß-August hätte er sich in dieser Republik sicher nur allzu gerne gezeigt. Dazu reichte es allerdings aus bekannten Gründen nicht. Denn wie sagte das Publikum hinter vorgehaltener Hand immer: „Oskar ist Groß – Oskar war Mächtig – wenn er auf den Stuhl stieg – Einen Meter und Sechzig.“
Saarland – Die hohe Kunst des Rückzugs
3.) Tschüss – Oskar Lafontaine
Der Grüßaugust ist eine sprichwörtliche Figur. An einen Hotelpagen werden dabei die wenigsten denken. An Präsidenten schon eher. Wenn ein Staatschef als Grüßaugust bezeichnet wird, ist das gewiss kein Kompliment. Gut möglich, dass es dann Leute gibt, die einen Rücktritt fordern. Ein solcher ist nicht immer einfach. Einer, der die Kunst des Rückzugs beherrscht wie kein anderer, ist ein Saarländer. Es würde jedenfalls kaum jemanden wundern, sollte es vor allem um Rücktritte und Austritte gehen, wenn dereinst auf die politische Karriere des Ex-SPD-lers und Ex-Linken Oskar Lafontaine zurückgeblickt wird. Der Tschüsoskar könnte bald schon sprichwörtlich werden. Nach der Ankündigung, sich aus der Politik zurückzuziehen, aus der Partei auszutreten, die man selbst gegründet hat, das wird Lafontaine so schnell niemand nachmachen. Und niemand würde sich wundern, wenn es dereinst im Saarland eine Straße des 11. März geben wird. An diesem Tag im Jahr 1999 hat sich Lafontaine von seinem Amt als SPD-Chef und Bundesfinanzminister verabschiedet.
In welch einen Land kann ein Gericht anders Urteilen, als es ihm, von unfähigen Politiker-Innen in die Gesetz-Bücher geschrieben wurde? Vor langen, langen Zeiten und alles auf ewig Unabänderlich! Nur die unter einer Knute leidenden Menschen haben sich den Veränderungen der Welten zu beugen. „Alle Macht geht vom Volk aus“ ist und bleibt als Rauch im Raum der Zeit. Auf das eine Partei die Macht hält.
junge Welt habe Beobachtung durch Verfassungsschutz hinzunehmen, meint das Berliner Verwaltungsgericht
4.) Angriff auf Pressefreiheit
Seit Jahren arbeitet das Bundesamt für Verfassungsschutz daran, der Tageszeitung junge Welt »den Nährboden zu entziehen«. Das jedenfalls wird von der Institution als Grund angegeben, weshalb die Zeitung und der Verlag 8. Mai, in dem sie erscheint, seit Jahren im Verfassungsschutzbericht als das »bedeutendste und auflagenstärkste Printmedium im Linksextremismus« erwähnt wird. Dagegen hat der Verlag beim Berliner Verwaltungsgericht geklagt. Weil es aber Jahre dauern kann, bis ein rechtskräftiges Urteil zustande kommt, wurde vorsorglich auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, dass bis dahin Berichte nur noch ohne die Nennung von jW und Verlag herausgegeben werden dürfen. Dieser Eilantrag wurde am Freitag, den 18. März 2022, zurückgewiesen. Noch bevor jW die Lage mit der Anwältin besprechen konnte, informierte das Verwaltungsgericht die Öffentlichkeit. Zwar sei ein Rechtsschutzbedürfnis für Zeitung und Verlag anzunehmen, weil die Veröffentlichung im Verfassungsschutzbericht eine abträgliche Wirkung haben könnte, heißt es im Beschluss. Aber dies sei hinnehmbar. Gegen eine Eilbedürftigkeit spreche auch, dass die junge Welt über Jahre hinweg der Nennung nicht entgegengetreten sei. Zwar wird eingeräumt, dass durch die dortige Nennung das Recht auf Pressefreiheit verletzt werde, nach vorläufiger Prüfung durch das Verwaltungsgericht sei dies aber gerechtfertigt, weil die von der Gegenseite genannten Anhaltspunkte »hinreichend gewichtig« seien.
Vielleicht ist diese Äußerungen ja auch alle nur geklaut und der Westen hat seinen Geheimdiensten die Hammelbeine langgezogen? Ob ihrer Verschwendung von Geldern, welche in den Taschen der Politiker sicher noch schlechter aufgehoben wären?
„Vergiftung, plötzliche Krankheit, Unfall“:
5.) Elite plant offenbar Putsch gegen Putin
In Russland* planen die Eliten angeblich eine Absetzung des Präsidenten Wladimir Putin*. Dabei sollen die mutmaßlichen Drahtzieherinnen und Drahtzieher auch schon einen Nachfolger im Auge haben. Das berichtet der ukrainische Geheimdienst – und das nicht sonderlich diskret. Auf der offiziellen Facebook-Seite des ukrainischen Verteidigungsministeriums beginnt ein Beitrag mit folgenden Worten: „Vergiftung, plötzliche Krankheit, Unfall – die russische Elite erwägt die Möglichkeit, Putin abzusetzen.“ „Im Umfeld der russischen Wirtschafts- und Politikelite hat sich eine Gruppe einflussreicher Personen gebildet, die sich gegen [Wladimir Putin] stellt“, heißt es weiter. „Ihr Ziel ist es, Putin so schnell wie möglich von der Macht zu entfernen und die durch den Krieg in der Ukraine zerstörten wirtschaftlichen Beziehungen zum Westen wiederherzustellen.“ Russland: Ehemaliger Putin-Vertrauter soll Coup d’État mitplanen. Als Nachfolger habe man einen gewissen Alexander Wassiljewitsch Bortnikow auserkoren. Bortnikow ist General und zudem Direktor des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB (Föderaler Dienst für Sicherheit der Russischen Föderation). Da er an der Planung der Ukraine-Invasion beteiligt gewesen sein soll, wurde Bortnikow vom Westen im Februar, ähnlich wie Putin und Außenminister Lawrow, sanktioniert.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Müssten uns die politischen Hasenfüße jetzt nicht ganz lange Nasen zeigen, wenn sie uns erneut etwas von Corona vorbeten?
Von Katharina J. Chichosch
Mit Künstlerkollegen hat der New Yorker Popstar Adam Green eine Sci-Fi-Graphic Novel ersonnen: „Krieg und Paradies“ gibt es nun auf Deutsch.
Nichts ist unangenehmer als die Kunstpause des Comedians nach dem Gag. „Krieg und Paradies“ folgt dem exakt gegenteiligen Prinzip: Keine Pointe ist so gut, dass sie nicht gleich von der nächsten schon wieder überschrieben werden könnte. Auf Entfaltung beim Publikum wird nicht gewartet.
So stürmt man auch über Kalauer lässig hinweg, denn im nächsten Bild könnte schon wieder die nächste Erkenntnis oder zumindest eine lustige Beobachtung lauern. „Eine Seele ist so urig. Ein rustikales Ding, Streitsache der Nerven“, charakterisiert der einfühlsame Sexroboter da zum Beispiel die menschlichen Wesen; und später, durchaus anschlussfähig an aktuelle Diskurse: „Wenn wir sprechen, unterdrücken wir die Stimmen aller anderen.“
Der New Yorker Musiker Adam Green, Willy Wonka der DIY-Art, hat nun nach diversen Alben, Filmen, Malereien und Zeichnungen auch einen Comicband herausgebracht. Die Erzählung schrieb er selbst, stellenweise im Zwiegespräch mit seiner Frau Yasmin, die bei Google künstliche Intelligenzen fürs Aufspüren von Propaganda und Hasskommentaren trainiert und die als Storyline-Autorin genannt wird.
Zwei Zeichner hat sich Green außerdem an die Seite geholt: Toby Goodshank, mit dem er seinerzeit schon bei der Antifolkband Moldy Peaches auf der Bühne stand und später gemeinsam mit dem Schauspieler Macaulay Culkin das temporäre Künstler-Trio Three Man and a Baby bestritt. Als später Tom Bayne hinzustieß, nannte man sich Four Men and a God.
Über vieles lässt sich auf Englisch einfacher schreiben
Ende 2019 wurde das Werk in den USA veröffentlicht, jetzt ist eine deutschsprachige Übersetzung erschienen. Für die zeichnete die Schriftstellerin Ann Cotten verantwortlich, die für das Buch außerdem ein Interview mit den drei Künstlern führte. Und obwohl wirklich gut übersetzt, bleibt das eine ungewohnte Angelegenheit: Über vieles lässt sich halt immer noch einfacher auf Englisch singen oder hier schreiben.
Cottens „polnisches Gendering“, das sie auch in eigenen Texten als experimentelle Form des Genderns verwendet, verleiht dem englischsprachigen Original aber eine zusätzlich kapriziös-versponnene Note, die dann wieder sehr treffend erscheint – so kommen hier „alle für alle Geschlechter nötigen Buchstaben in beliebiger Reihenfolge ans Wortende“.
„Krieg und Paradies“ ist fest verankert im Green’schen Universum. Ein kausal subjektives Konglomerat aus großer Historienerzählung, Videospiel, russischer Literatur, tibetischer Jenseitsvorstellung und US-Konsumkultur. Ein Prequel gewissermaßen zu „Aladdin“, dem 2016 produzierten Film mit seinen komplett selbstgebauten Pappmaschee-Kulissen (für die seinerzeit übrigens Toby Goodshank verantwortlich zeichnete).
In den Hauptrollen agieren unter anderem Pausanias, Regreta, die schöne Königin und Napoleon, „der emphatischste Insex der Welt“; man begegnet einem Rabbi, einem Kriegsheer natürlich und schließlich gar Gott. Es geht um Zeitdehner-Pillen, interspeziestische Begegnungen mit den Insex (gute Liebhaber, aber ohne Liebe), Gangbangs, Krieg, Kunst und Immobilienhandel.
Fliegende NFTs und Genitalien
Eine Göttliche Komödie mit den Mitteln des Comics, ausstaffiert wie ein Computerspiel der Neuzeit, in dem Bitcoin-Channel, Genitalien, NFTs und allerlei anderer Schabernack herumfliegen. Wie der Versuch, das Internet abzuzeichnen und sich einen eigenen Reim drauf zu machen, so sieht das streckenweise aus.
Zwischen Üblichewelt und Jenseits werden Trans- und Posthumanismus, künstliche Intelligenzen, politische und religiöse Ideologien, Kriegs- und Paradiesvorstellungen durchdekliniert. Dabei schafft es Green meist, auch die zeitgenössischsten Phänomene angenehm ihrer Zeitlichkeit zu entledigen.
Ein wenig Jewish Utopia gibt es obendrein noch mit. Mal geht’s in die Jüdische Wildnis, mal zu Rabbi Bagelheart, dem zweitweisesten Mann der Welt, der das namengebende Gebäck als Amulett um den Hals trägt. Natürlich ist alles, wie man das auch in Greens Zeichnungen kennt, streng fragmentiert. Comic-Gliedmaßen aus „Asterix & Obelix“, der US-Fassung von „Sesamstraße“, Super Mario und Garfield treffen auf Geschlechtsteile en masse, die aus Wolken baumeln oder wie Fern- und Sprachrohre aus allerlei Ecken lugen.
Die Handlung schlägt regelmäßig Haken, die Handelnden changieren zwischen Ego und Selbstauflösung. Und so ist, wie Goodshank anmerkt, jeder Liebende am Ende immer ein ganz anderer Mensch als der, mit dem man ursprünglich zusammentraf. „Krieg und Paradies“ hat eine gute, nervöse Grundspannung. Das dürfte nicht nur an Greens gewohnt assoziativer Erzählweise liegen, die der schlafwandlerischen Selbstverständlichkeit einer Traumlogik gleicht.
Gezeichnet im DIY-Stil
Sondern auch an den zahlreichen Sollbruchstellen, die sich durch künstlerische oder schlicht pragmatische Entscheidungen ergeben haben: Gezeichnet wurde mit Bleistiften aus Opa Green’s Staedler-Sammlung (mehrere Kisten Stifte haben die Künstler für das Werk verbraucht), sie verleihen den Szenen und Figuren eine handschriftliche, softe DIY-Qualität.
Coloriert wurde dann aber digital – aufwändig genug war das Unterfangen ohnehin, wie die drei Macher im Interview zum Schluss berichten. Wenngleich die handkolorierte Probezeichnung natürlich viel schöner ausschaute.
Schließlich dürfte auch die künstlerische Kollaboration von Green, Goodshank und Bayne einiges gewolltes Knirschen in die Sache gebracht haben. Die handwerklichen Skills des Trios sind nämlich durchaus unterschiedlich gelagert, was man, wenn man beispielsweise Goodshanks Arbeiten kennt, leicht erraten kann: Wo viel Liebe zum Detail gepflegt wird, war er vermutlich am Werk; die „koksigeren“ Zeichnungen, wie Adam Green das selbst nennt, stammen aus seiner Feder.
Bayne schließlich brachte seine Erfahrungen aus Werbe- und Animationsfilm mit ein. Er fertigte die Storyboards der einzelnen Comicpanels und lachte über den übermäßigen Detailreichtum, mit dem einzelne Figuren ausgestattet wurden. Das würde so niemals in einer professionellen Produktion durchgehen, erklärt Bayne, viel zu aufwändig. Aber wenn ein Schritt einmal getan war, ging das Trio nicht mehr zurück, sondern vertraute auf den eigenen Prozess.
Seit dem 24. Februar haben wir nicht nur gebannt ostwärts geschaut, auch in unserem Inneren haben wir einstürzende Gebäude gesehen.
Seltsam ist es, in dieser putinesken Welt zu leben. Ein Kinderloser ertappt sich Mal für Mal bei derselben Frage: Was würde er seinen Nachkommen antworten auf die Frage, wie es dazu gekommen ist? Wie so schnell so vieles eingerissen werden konnte, dessen Errichtung ein halbes Leben erforderte? Wie könnte er ihnen die Zeit vor dieser scharfen Zäsur begreiflich machen, die Gründe für den Umschwung? Dieses Gefühl, von einem Tag auf den andern in ein Korsett aus Reaktion und Gegenreaktion gesteckt zu sein? Wie diesen plötzlichen Verlust von Freiheit erklären, beim Argumentieren, beim Einschätzen eigenen wie fremden Handelns?
Vielleicht würde er sagen: «Wir waren viele und wurden mehr. Auf einmal fühlten wir uns stark, sicher und nicht mehr allein, wenn wir von einer friedlichen Welt träumten, einer Welt, in der Energie nicht mehr aus dem Boden, sondern von der Sonne kommt, einer Welt, wo Blinde Bücher lesen und die Türen der Züge sich für Gehbehinderte öffnen. Von einer Welt, wo Waffennarren geächtet und ethnische Zugehörigkeiten unwichtig sind.» Vielleicht würde er auch sagen: «Ich glaube, wir haben gedacht, unsere Zahl schütze uns. Haben geträumt von einer Welt, in der Ärztinnen und Klempner sich abends zuprosten und wo es zwischen Büchern und Kinderbüchern keine Trennlinie mehr gibt. Von einer Welt, die nur noch einen Erziehungsleitsatz gelten lässt: ‹Kinder sind (kleine) Menschen.› Und währenddessen hat jener Mann, dessen Namen ihr kaum noch hören könnt, alles vorbereitet für seine Welt.»
Dann würde er ins Erzählen kommen und sagen: «Er hat sich und seinesgleichen bewaffnet. Er hat Befehlsketten errichtet und Geld gescheffelt, er hat Wahlen gefälscht und Widersacher zur Seite geräumt. Er hat alte Freunde gegeneinander aufgehetzt. Er hat Rachegefühle geschürt. Er liess die Geschichte umschreiben und hat auf das Vergessen derer gezählt, die nichts zu verlieren haben, weder im Jetzt noch in der Vergangenheit. Er hat Sensible als Schwächlinge beschimpft, Mächtige an sich gebunden und die Verachtung für die gefördert, die er Redenschwinger, Warmwasserrebellen und Schönschwätzerinnen nennt. Er hat das Schwert angebetet und den Kriegspilz in die Köpfe seiner Vasallen gepflanzt.»
Seltsam ist es, am Morgen in eine putineske Welt hinein zu erwachen, in der alle, die schon immer für die Befestigung unserer Häuser waren, ums Lagerfeuer tanzen. In eine Welt, die aussieht, als gebe es keine Simone de Beauvoir, keinen Mozart und keine Anne Frank, nur Verbindungsoffiziere, Gefängniswärter und Redenschreiberinnen. In eine Welt, die uns selber zum Mischen von Beton verleitet – als sei das Leben nun ganz von seinen finsteren Anteilen her bestimmt. Seltsam auch, in dieser putinesken Welt Musik zu hören und aus dem Hintergrund und der Stille, vor der sie hörbar wird, Kriegsgetöse zu hören, Stimmen aus Kellern, das Rattern von Kettengliedern und schweres Schuhwerk auf Asphalt.
Gespräche zwischen Waffenlieferanten und Empfänger
«Wir haben es uns anders ausgemalt», würde der Kinderlose vielleicht zu den Kindern seiner Freunde sagen. «Wir glaubten uns fast am Ziel. Denen, die sagten, der Mensch sei wölfisch in seinem Wesen, haben wir Zeichnungen von Schafherden geschickt, umkränzt mit lachenden Sonnen, Marzipanherzen und Dachlukarnen. Also hat man uns ‹Linke und Nette› geschimpft. Das war uns egal. Wir liessen uns gern dafür verspotten, denn wir setzten auf die Kraft des Keimlings, der den Asphalt sprengt. Allen Ernstes dachten wir, Militärbudgets würden schon bald so etwas sein wie die kleinen Posten für Brandschutz in unseren Gemeinderechnungen: Erinnerung an die Zeit, als der Feuerschauer noch Leben rettete, weil immer wieder Brände tobten in den Dörfern und Städten; Erinnerung an eine Zeit, als der Feuerteufel ein reales Gespenst war.
Jetzt steht dieses Gespenst wieder unter der Tür, hyperreal, und vielleicht lässt es uns nicht einmal Zeit, den Kindern zu erklären, wie aus unseren Plänen Träume wurden und wie wir mit diesen gescheitert sind. Allen Ernstes.
Bei einer Online-Nutzung ist die Quellenangabe mit einem Link auf infosperber.ch zu versehen. Für das Verbreiten von gekürzten Texten ist das schriftliche Einverständnis der AutorInnen erforderlich.
Unten — Vor dem Treffen der Führer Russlands, der Türkei, Deutschlands und Frankreichs. Von links: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wladimir Putin, Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Datei:Bundeskanzlerin Angela Merkel, der russische Präsident Wladimir Putin, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und der französische Präsident Emmanuel Macron in Istanbul, Türkei.jpg
Mit der durch Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar eingeleiteten hundertachzig Grad Drehung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik wurde wahrlich eine Zeitenwende eingeleitet. 100 Milliarden Euro Soforthilfe für die daherdümpelnde Bundeswehr, welche ja bisher mit „kaputtgesparten“ 50 Milliarden Euro pro Jahr ein eher bescheidenes Dasein fristete. Als Sahnehäubchen obendrauf nun endlich noch die Erfüllung der 2% Vorgabe aus Washington.
Das diese fixe Zahl von 2% des Bruttoinlandprodukts bei schlecht laufender Wirtschaft auch mal ein Absinken der Verteidigungsausgaben bedeuten kann, werden viele deutsche Politiker wohl erst merken wenn es soweit kommt.
Wir müssen hier einmal über die momentan Vorsitzende des Verteidigungsausschusses reden. Frau Marie-Agnes Strack-Zimmermann gab am 28. Februar, also einen Tag nach der Zeitenwenderede das Bundeskanzlers, der „Welt“, also der Axel Springer SE, ein denkwürdiges Interview. Richtig befreit wirkte sie, nach all den Jahren der Gängelung durch die pazifistische Grundhaltung der vergangenen Regierungen.
Nachdem schon Scholz in seiner Rede ohne rot zu werden das amerikanische Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug F-35 „so nebenbei“ erwähnt und mit dem Stempel „bestes Jagdflugzeug der Welt“ versehen hatte (was unkorrekt ist), griff die FDP-Rüstungsexpertin dies bei ihren Interview dankend auf. Sie lamentierte etwas sinnfrei über die deutsche Luftraumsicherung durch den 2030 in Rente gehenden Panavia Tornado, was dieses Flugzeug jedoch nie konnte, und wofür es auch nie konzipiert war. Zur Information, den deutschen Luftraum sicherte lange Jahre die F-4 Phantom II, welche mittlerweile durch den Eurofighter ersetzt wurde.
Aber darum ging es Frau Strack-Zimmerman auch gar nicht. Es ist vielmehr das sinnlose Festhalten an der, schon durch Adenauer herbeigehechelten, atomaren Teilhabe der Bundeswehr. Die 20 im Fliegerhorst Büchel gelagerten Wasserstoffbomben vom Typ B61 sollen im Ernstfall, manche nennen es auch „Krieg“, von deutschen Tornado Jagdbombern zum Feind getragen werden. Die Ankunftswahrscheinlichkeit lim Zielgebiet iegt bei Null. Aber egal, wenn die großen Jungs ihre 12000 Kernwafen abfeuern, dann wollen wir auch mitspielen. Ok, bringt nun jetzt nicht wirklich was, außer einem nicht näher benannten Agressor aus dem Osten ein dankbares Ziel in Form des deutschen Stützpunktes zu liefern.
Dabei ist noch nicht einmal sicher, ob die Lockheed Martin F-35 diese Wasserstoffbomben (Baujahr 1968!!) überhaupt wird tragen können. Großes Interesse besteht auf amerikanischer Seite nicht dazu. Umfangreiche, aufwendige und kostspielige Tests währen hierzu nötig. Und das, obwohl die USA diesen veralteten Bombentyp selber gar nicht mehr einsetzen!
Aber all dies scheint nun im Rausch der fließenden Milliarden zweitrangig zu sein, Hauptsache die Transatlantiker innerhalb der deutschen Politik können nun endlich ihrem liebsten Hobby fröhnen. Nämlich zu ihren amerikanischen Freunden gehen und nahezu unbegrenzt und sinnfrei zu shoppen. Zu Irgendwas muss ja die „Atlantik-Brücke“ oder die „Deutsche Atlantische Gesellschaft“ (mit im Vorstand: Frau Strack-Zimmermann!) ja gut sein. Vielleicht gibts dann ja auch endlich den schon von Kramp-Karrenbauer gewünschten deutschen Flugzeugträger? Ist gerade für schlappe 9 Milliarden Dollar im Angebot!
Und wählen wir Grün und haben kein Schwein – blicke auf Gelb dann siehst du eins.
Auch bemerkenswert war in dem Welt Interview die Äußerung der o.g. FDP Politikerin, man müsse nun auch endlich einsehen, dass das deutsche Vergaberecht zur Beschaffung von Rüstungsgütern zu Grabe getragen werden muss. Daran würde sie bereits zusammen mit ihrem FDP Kollegen Buschmann (Justizminister) arbeiten. Und wieder knallten bei der Rüstungsindustrie die Sektkorken! Endlich Schluss mit den bei deutschen Regierungen üblichen und ewig dauernden Entscheidungsprozessen. Kümftig reicht ein Anruf beim zuständigen Lobbyisten, und schon rollt der Rubel. Oder Euro oder sonstwas.
Wir als Gesellschaft müssen hier sehr wachsam und streitsam bleiben. Ansonsten wird die momentane Lage durch weitere neoliberale Ideen ausgenutzt Schon so gut wie sicher scheint ja ein Nachlassen in den Bestrebungen zum Umbau der Energieversorgung sowie des Umweltschutzes zu sein. Wo werden die Transatlantiker als Nächstes zuschlagen? Vielleicht im sozialen Bereich?
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„Krieg und Frieden“
Wie man mit seinen Kindern über den Krieg spricht
Aus Odessa von Tatjana Milimko
Ich weiß noch immer nicht, wie man Kindern erklärt, was Krieg ist. Und ich habe für mich selbst noch nicht abschließend geklärt, wie man richtig mit ihnen darüber spricht. Ich verhalte mich intuitiv und sage mir immer wieder: „Jeder Krieg endet irgendwann. Wichtig ist vor allem, Mensch zu bleiben.“
In den ersten Tagen der Bombardierungen herrschte Panik. Ich erklärte den Erwachsenen in meiner Umgebung streng, dass wir nicht laut weinen, nicht aus Angst vor den Schüssen schreien und nicht in Ohnmacht fallen sollten. Denn Kinder beobachten unser Verhalten und lernen daraus.
Bei jedem Sirenengeheul gingen wir alle gemeinsam gehorsam in den Keller. Alles, was wir taten, kommentierte ich: „Jetzt gehen wir in den Keller, weil es dort weniger gefährlich ist.“ – „Wir müssen vorbereitet sein, wissen, wo unsere Kleidung liegt, uns schnell anziehen und auch mitten in der Nacht aufstehen, weil wir gerade in einer besonderen Lebenssituation sind.“
Unabhängig vom Verhalten der Erwachsenen hatten die Kinder aber doch große Angst. Sie schauten ja Tiktok-Videos. Und mehr noch als das Video vom Beschuss friedlicher Städte schmerzten dabei die widerwärtigen Witze der Russen, die in dem Video zu hören waren. Die Kinder sahen die Boshaftigkeit und den Spott von Menschen, deren Chef unserer Heimat den Krieg erklärt hatte. Kurz darauf musste ich meinen Söhnen erklären, was Verrat bedeutet.
Am Morgen des 1. März umarmte ich meine Jungs und sagte: „Meine Lieblinge, der Frühling ist da!“ Sie warfen sich sofort in verschiedene Ecken ihrer Betten und schrien: „Sind sie schon das? Bombardieren sie uns?“… Es tut weh, so etwas zu hören.
Ich habe wunderbare Söhne. Sie lieben Tiere, und jedes Mal, wenn wir zum Schutz in den Keller gingen, schleppten sie alle Katzen der Nachbarschaft mit und riefen nach den Hunden. Ich versuche die ganze Zeit, ihnen die Panik zu nehmen. Ich erkläre, dass es normal ist, in unterschiedlichen Situationen unterschiedliche Gefühle zu haben.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) DER ANDERE BLICK – . – 2.) Tag 27 nach Beginn des russischen Angriffs – . – 3.) Knapp über Putins Boulevard – . – 4.) Kulturkampf in US-Schulen – . – 5.) Kehrtwende bei der Friedensbewegung – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Es ist das Ergebnis von Wahlen, wo Not das Elend schon lange bevor das erste Kreuzchen gezeichnet war, aufeinander trafen. Einmal, nein wie fast jedes mal, in einem Land in dem Politiker ihre Macht durch Gesetze festigen, auf das die im GG geschriebene „alle Macht geht vom Volke aus“, als unumstößliche Stütze einer unfähigen Politiker-Innen Kaste gilt. Ob Schwarz, Gelb, Grün oder Rot, Gemeinsam schlagen sie die Demokratie endgültig tot.
Habeck und der arabische Gas-Deal: So platzen grüne Träume
1.) DER ANDERE BLICK
Um Deutschlands Abhängigkeit von Russland zu verringern, setzt sich der grüne Wirtschaftsminister für Flüssiggas aus Katar ein. So bricht er mit Prinzipien seiner Partei – und zeigt, dass Deutschland seine Interessen formulieren muss, ehe es für Werte eintreten kann. Habeck taugt eines der vielen Fotos von diesem Wochenende zum Symbolbild. Es zeigt den Grünen-Politiker, wie er sich tief vor dem Handelsminister des Emirats Katar verbeugt. Ein Bückling sei das vor einem Regime, an dessen Händen Blut klebe: So deuten Kritiker die Szene aus dem Staatsbesuch am Golf, wo Habeck nach neuen Lieferanten für Erdgas Ausschau hielt. In der Tat kennen die Scheichs Menschenrechte nur vom Hörensagen; gar so devot hätte die Begrüssung nicht ausfallen müssen. Andererseits beugte sich der Minister auf seiner Reise auch der Macht des Faktischen. Habeck hat begriffen, dass er Prinzipien relativieren muss, um seiner Verantwortung für Deutschland gerecht zu werden. Wie aus einer anderen Zeit liest sich heute das Programm, mit dem das grüne Spitzenduo Robert Habeck und Annalena Baerbock 2021 in den Wahlkampf zog. Waffenexporte in Kriegsgebiete, stand da etwa zu lesen, «verbieten sich». Nun unterstützt Deutschland den Abwehrkampf der von Russland überfallenen Ukraine auch militärisch.
Ja, ich weiß – einmal mehr eine Wiederholungsfrage: Wozu bezahlen die westlichen Staaten ihre Geheimdienste, wenn Putin kein genehmer Gegner ist? Obama ließ in seiner Amtszeit laut der Zeitung „Le Monde diplomatique“ alleine 200 Menschen ohne Gerichtsurteile aussortieren und erhielt dafür den Friedens-Nobelpreis?
Attentat auf Selenskyj vereitelt, Zivilisten sollen Boryspil verlassen
2.) Tag 27 nach Beginn des russischen Angriffs
Selenskyj appellierte an seine Landsleute, alles zu tun, um den Staat zu schützen. „Um unser Volk zu retten. Kämpft. Kämpft und helft!“ Die ukrainische Spionageabwehr hat ein mögliches Attentat auf Präsident Wolodymyr Selenskij nach eigenen Angaben gestoppt. Eine Gruppe von russischen Saboteuren, angeführt von einem Geheimdienstler, sei in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden, berichtete die Agentur Unian in der Nacht auf Dienstag. Zum Auftrag der etwa 25 Männer gehörten zudem auch die Ausführung einer Reihe von Sabotageakten. Diese sollten im Regierungsviertel in Kiew sowie in anderen Landesteilen der Ukraine stattfinden. Sie wollten sich als Angehörige der Territorialeinheiten der Ukraine ausgeben und auf diese Weise nach Kiew gelangen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Nach ukrainischer Darstellung haben russische Spionagetrupps seit Kriegsbeginn bereits mehrfach versucht, in Kiew einzudringen und den Präsidenten auszuschalten.
Wenn im Osten die Sonne aufgeht, liegt der Westen noch lange im tiefen, tiefen Schlaf und Putin hat sein Tageswerk schon lange hinter sich gebracht. Und so kommt Biden am Wochenende nach Europa um diesen Schlafwagen der Bahn aufzufüllen ? Vielleicht im gleichen Waggon wie die Frau voll von politischen Lügen?
Putins mörderisches Spiel mit westlichen Diskursen
3.) Knapp über Putins Boulevard
Man konnte in letzter Zeit immer wieder ausführlich über Putins Weltbild lesen. Namen wie Iwan Iljin fielen oder Alexander Dugin. Theoretiker, die die Träume von „Eurasien“, vom Russischen Reich und vom Kampf gegen einen dekadenten Westen untermauern. Damit wird ein konzises Weltbild des russischen Präsidenten gezeichnet. Man möchte dem gar nicht widersprechen. Nur hinzufügen: Da gibt es noch etwas. Wenn Wladimir Putin in einem Stadion den achten Jahrestag der Annexion der Krim feiern lässt. Wenn dabei eine Popband singt: Lenin und Stalin – das ist unser Land. Wenn dabei auf der Bühne steht: „Für eine Welt ohne Nazismus“ – stellt sich Putin dann in Kontinuität mit der eigenen Geschichte? Oder sollte man nicht eher sagen: Er bespielt diesen Diskurs, er weckt diese Erinnerungen, er nutzt die Emotionen, die damit einhergehen. Sowjetunion 2.0. Gemeinschaft ohne Kommunismus. Wie bei seiner letzten Rede, wo er die „Selbstreinigung der Gesellschaft“ beschwor und meinte, die Russen würden Verräter „ausspucken wie eine Fliege, die einem in den Mund geflogen sei“. Genauso hat er auch die ukrainische Politik als „neandertalerhaften und aggressiven Nationalismus und Neonazismus“ bezeichnet. Und vor dem Einmarsch erklärt: „Unsere Vorfahren haben nicht gegen die Nazis gekämpft, damit heutige Neonazis die Macht in der Ukraine übernehmen können.“ Hier eignete er sich die Weihen einer antifaschistischen Tradition an. Ein richtiger Antifa-Diskurs.
Wo sonst denn noch treten politische Trolle in einer solch konzentrierten Form aufeinander? Da brauch niemand erst über den großen Teich blicken. Ein Blick auf die eigenen Volksbetrüger reicht hier vollkommen aus, um für ein langes Leben von jeder weiteren Hoffnung auf Besserung befreit zu sein. Wem überkäme nicht das Gefühl, als wäre nach den letzten Weltkrieg nur George W. Bush gegen Putin ausgetauscht worden?
An allem ist Joe Biden schuld
4.) Kulturkampf in US-Schulen
USA – Die Republikaner forcieren den Kulturkampf an den Schulen, ohne dabei das Thema Ukraine-Krieg zu vernachlässigen: Plötzlich fordern sie Kampfjets gegen Wladimir Putin. Die Leiden im Ukraine-Krieg sind in der parteipolitischen Kampfarena gelandet, die Republikaner gegen Joe Biden, lautet die Devise. Der Präsident liefert Waffen und sanktioniert, er betont jedoch, wenn es Forderungen nach der Verlegung von Kampfjets gibt: „Wir werden den dritten Weltkrieg nicht in der Ukraine kämpfen.“ Für Donald Trumps Amerika ist die Sache kompliziert. Es fährt dem demokratischen Präsidenten geradezu aus Prinzip in die Parade, wechselt das Urteil über Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj und verlangt zusehends eine verschärfte Militärhilfe für Kiew. Zufluchtsort, um die Basis der Republikaner zusammenzuhalten, bleibt jedoch der eingespielte Kulturkampf gegen den Schwangerschaftsabbruch, gegen Anti-Rassismus und Transgender-Menschen, die ihr Leben leben wollen. Hoch im Kurs stehen gerade Warnungen vor „schädlichen Schulbüchern“. Im sonnigen Florida ist es Grundschullehrern verboten, über sexuelle Orientierungen und Gender-Identität zu sprechen. In Virginia dürfen Schulen auf Anordnung des Gouverneurs keinen „von Natur aus polarisierenden“ Lehrstoff vermitteln, wie die sogenannte „Critical Race Theory“, deren Kernthese lautet: Rassismus ist systemimmanent. In Texas hat Gouverneur Greg Abbott Bürger aufgefordert, sie sollten den Behörden Eltern melden, die Transgender-Kindern geschlechtsangleichende Therapien mit Pubertätsblockern und Hormonbehandlungen ermöglichen. Geschlechtsumwandlung, sagt Abbott, sei Kindesmissbrauch. Chase Strangio, ein Anwalt für Transgender-Texaner, sprach im Programm der Sendung Democracy Now von einer „absoluten Krise“. Behörden ermittelten tatsächlich gegen Familien mit Transgender-Kindern. Diese Bücher sind verpönt.
Könnte der Hesse Willi van Ooyen, nach Lafontaine als nächstes Opfer von Putins Arbeit gewertet werden? Trägt die gezeigte Neutralität der NATO in ernsten Gefahrenmomenten für den Weltfrieden, ihre ersten Früchte? Wo doch die Deutschen nicht einmal zum Marsch unter ihrer Bananenfahne aufspielen, was bekanntlich schon immer jeden Trägheits-Michel vom Sofa lockte?
Los, auf Marsch, marsch sonst tritt euch der Lametta-Hirni vom Staat im Arsch.
Der russischen Angriffskrieg stellt Grundannahmen der Friedensbewegung in Frage
5.) Kehrtwende bei der Friedensbewegung
Der russische Angriff auf die Ukraine untergräbt lang gehegte Glaubenssätze der deutschen Friedensbewegung. Abgesehen von manchen unverbesserlichen Putin-Apologeten setzt ein Umdenken ein. Wer in diesen Tagen mit Willi van Ooyen spricht, trifft auf einen nachdenklichen Menschen. »Sich in einer Frage von Krieg und Frieden so geirrt zu haben, ist natürlich schmerzhaft«, sagt der 75jährige Vorsitzende der Frankfurter Friedens- und Zukunftswerkstatt. Er habe sich »nicht vorstellen können, dass Russland einen solchen Angriff vorbereitet und tatsächlich in der Ukraine einmarschiert.« Für ihn ist klar, dass es sich dabei um einen »schwerwiegenden Völkerrechtsbruch« handele, der durch nichts zu rechtfertigen sei. Es sei »schrecklich, was gerade den Menschen in der Ukraine widerfährt«. Willi van Ooyen ist ein Urgestein der deutschen Friedensbewegung. 1966 lief er zum ersten Mal bei einem Ostermarsch mit. 1980 gehörte der anerkannte Kriegsdienstverweigerer und langjährige hauptamtliche Funktionär der Deutschen Friedensunion zu den Initiatoren des »Krefelder Appells« gegen den sogenannten Nato-Doppelbeschluss. Das Wiederaufleben der Ostermärsche in den achtziger Jahren verdankte sich nicht zuletzt seinem Engagement; an deren Organisation ist er noch immer beteiligt. Die lange vorherrschende unkritische Einstellung zu einem rechten Autokraten wie Putin ist rational nur schwer erklärbar. Über all die Jahrzehnte stand für van Ooyen fest, von wem die Kriegsgefahr auf keinen Fall ausging: von Russland. Noch am 7. Februar hatte er mit 200 Gleichgesinnten – unter anderem Gregor Gysi, Christoph Butterwegge, Daniela Dahn, Frank Deppe, Wolfgang Fritz Haug, Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht – einen mittlerweile nur noch absurd wirkenden Aufruf unter der Überschrift »Friedenspolitik statt Kriegshysterie« gestartet, in dem es wörtlich heißt: »Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine hat Russland kein Interesse an einem Krieg.« Ebenso steht van Ooyens Name unter dem Aufruf des Aktionsbündnisses gegen die Münchner Sicherheitskonferenz, die nur Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine stattfand. Dessen Überschrift: »Stoppt den Kriegskurs der Nato-Staaten«.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Die Vorfahren unserer Autorin wurden als Sozialdemokraten von den Nazis verfolgt. Für linke Apologeten des Putin-Regimes hat sie kein Verständnis.
Als „CIA-Agentin“ beschimpft wurde ich zum ersten Mal 2016 vom Hausherren einer Berliner Geburtstagsparty, deren Gäste die Partei Die Linke sympathisch fanden. Auf seine Frage, ob sich „Russland“ durch die Nato-Osterweiterung nicht bedroht fühlen müsse, hatte ich geantwortet: „Nein, Putin will sowieso Krieg.“
Dieser Hausherr erklärte gern: „Ich habe eine besondere Beziehung zu Russland – mein Vater war nämlich Kommunist.“ Nun verwechselte ich zwar nie Russland mit Putins Regime, aber meine Vorfahren waren auch links. Zu einer Zeit, als dies Konsequenzen hatte. Da war mein Großvater Otto, Glasarbeiter in Jena, erst in der USPD, später linker Sozialdemokrat. Als solcher landete er im „Dritten Reich“ für einige Jahre im KZ Sachsenburg. Er überlebte.
Mein Vater absolvierte ein Sportgymnasium. Derart trainiert, lieferten er und seine sozialdemokratischen Freunde sich nach dem Abitur Saalschlachten mit Nazis. Nach Hitlers Machtergreifung verhaftete man ihn mehrmals. Er jobbte und wechselte möglichst oft seinen Aufenthaltsort. Diesem Dasein setzte erst der Einberufungsbefehl ein Ende. An der Front rechnete er sich größere Überlebenschancen aus als in einem KZ.
„Glaube nie, wenn dir ältere Leute erzählen, sie hätten von den KZ nichts gewusst. Natürlich – das Ausmaß und die Zahlen, das nicht. Aber wer von ihrer Existenz nichts wusste, der wollte einfach nichts wissen“, schärften mir meine Eltern ein. Sie erkannten einen Faschisten, wenn sie ihm begegneten. Putin hätten sie sofort identifiziert. Schon 1993 bezeichnete der vor deutschen Geschäftsleuten den chilenischen General Pinochet als Vorbild, wenn es darum gehe, durch Gewalt das Privateigentum zu schützen. Bis heute hat er dabei vor allem sein eigenes im Auge.
Wenn er die Ukraine als faschistischen Staat verleumdet und ein „Entnazifizierungsprogramm“ fordert, vergisst Putin den großen Satiriker Nikolai Gogol. In der Ukraine geboren und in Russland zweisprachig publizierend, setzte der seiner Korruptionskomödie „Der Revisor“ (1836) ein in beiden Ländern bekanntes Sprichwort voran: „Schimpf nicht auf den Spiegel, wenn er dir eine schiefe Fratze zeigt!“
Lippenbekenntnis zur Demokratie
Dass Putin neue Kriege anstrebt, diesen Verdacht schöpfte ich schon 2003 bei den Recherchen zu meinem Buch „Russlands Blick auf Nato und EU“. Etwa bei einer in Zeitungen gedruckten Rede vor Geheimdienstkolleg-innen. Bei aller Anbiederung im Ausland blieb in diesen Kreisen der Westen das Böse und die Nato der Feind. Vom Kreml geförderte ultrarechte Parteien entwarfen damals öffentlich die später realisierten Drehbücher für die Kämpfe in Georgien und auf der Krim.
In allen Parteien wuchsen schon immer den Schmeißfliegen die größten Flügel!
Zum Präsidenten gewählt wurde Putin 2000 auf den Flügeln einer von ihm entfachten Kriegshysterie gegen ein kleines, stolzes Volk innerhalb der Russischen Föderation. Der brutale Zweite Tschetschenienkrieg war die Blaupause für den heutigen in der Ukraine und dauerte schon zwei Jahre, als die Abgeordneten im Deutschen Bundestag Putin im Jahre 2001 mit Standing Ovations empfingen. Er lieferte dort ein Lippenbekenntnis zur Demokratie ab. Manche Linke und SPDler entblöden sich bis heute nicht, diesen Moment als „verpasste Chance für Deutschland“ zu bezeichnen.
Eine herbe Enttäuschung für meinen Vater war 1938 das Münchner Abkommen gewesen, als das Vereinigte Königreich, Italien und Frankreich das bis dato tschechoslowakische Sudetenland Nazideutschland zugeschustert hatten, um unseren Tyrannen von einem großen Krieg abzuhalten. Wir kennen den Erfolg. Dank ähnlicher Hoffnungen hielt sich Europa zurück, als das Putin-Regime vor acht Jahren die Ukraine überfiel.
Unmittelbar nach der Krim-Annexion sprach ich den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck im Foyer des Deutsch-Russischen Forums an: „Sie begeben sich in sehr gefährliche Gesellschaft!“ Er lächelte: „Ich glaube, Sie übertreiben ein wenig!“ Unter seinem Vorsitz verwandelte sich dieser vorwiegend aus Politik- und Wirtschaftsvertretern gebildete Verein in ein Werbeforum für Putins Clique.
Sich der Illusion hinzugeben, dass sich die globale Wirtschaft immer und ewig erweitern lässt, heißt, die augenfälligsten Wahrheiten zu den ökologischen Grenzen unseres Planeten zu leugnen. Diese Erkenntnis kam im März 1972 – also vor genau 50 Jahren – erstmals in der Öffentlichkeit an, als eine Gruppe von Wissenschaftlern am MIT einen bahnbrechenden Bericht mit dem Titel „Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte.
Die Ergebnisse waren frappierend. Das Business-as-usual-Szenario mit einer Fortsetzung des Wirtschaftswachstums in der bisherigen Geschwindigkeit ließ erkennen, dass wir irgendwann zwischen 2030 und 2040 in eine Krise geraten würden. Angetrieben durch den exponentiellen Charakter der Wachstumsfunktion würde folgende Entwicklung einsetzen: Die erneuerbaren Ressourcen würden die Grenzen ihrer Erneuerbarkeit erreichen, die nicht erneuerbaren Ressourcen zur Neige gehen und die Verschmutzung die Absorptionskapazität der Erde überschreiten. Beim Versuch, diese Probleme zu lösen, würden die Länder immer höhere Geldbeträge aufwenden müssen und daher weniger für das Reinvestment zur Verfügung haben, das man braucht, um weiterhin Wachstum zu generieren. Die Wirtschaftsleistung würde zu sinken beginnen, das Nahrungsangebot würde stagnieren, der Lebensstandard würde sinken und die Bevölkerungszahlen würden nach und nach schrumpfen. „Das wahrscheinlichste Ergebnis“, schrieben sie etwas ominös, „ist ein ziemlich plötzlicher und unkontrollierbarer Rückgang sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der industriellen Kapazität.“
Das traf einen Nerv. Der Bericht „Grenzen des Wachstums“ schlug in der Szene ein und wurde einer der am meisten verkauften Umwelttitel in der Geschichte, wobei er von der Gegenkultur profitierte, die im Nachklang der Jugendrevolte von 1968 weit verbreitet war.
Doch obwohl wir nun schon seit fast einem halben Jahrhundert wissen, dass auch die menschliche Zivilisation auf dem Spiel steht, hat es bei den Bemühungen, den ökologischen Zusammenbruch aufzuhalten, keinen Fortschritt gegeben. Keinen. Das ist ein seltsames Paradox. Zukünftige Generationen werden auf unsere Zeit zurückblicken und nicht begreifen, warum wir ganz genau wussten, was Sache war, bis ins fürchterlichste Detail, und doch bei der Problemlösung versagt haben.
Wir wissen ganz genau, was zu tun ist, um einen Klimakollaps zu vermeiden. Wir müssen aktiv fossile Energie herunterfahren und alles für eine rasche Einführung von erneuerbaren Energien in die Wege leiten – für einen globalen Green New Deal –, um die weltweiten Emissionen innerhalb von zehn Jahren zu halbieren und vor 2050 auf null zu bringen. Dabei muss man immer im Auge behalten, dass es sich bei diesem Ziel um den globalen Durchschnitt handelt. Angesichts ihrer größeren Verantwortung für die Emissionen der zurückliegenden Jahre müssen einkommensstarke Nationen diesen Prozess sehr viel schneller bewerkstelligen und den Nullpunkt bis 2030 erreicht haben. Die Dramatik der Situation kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden; es ist die allergrößte Herausforderung, der sich die Menschheit jemals gegenübersah. Die gute Nachricht: Das ist durchaus zu schaffen. Es gibt allerdings ein Problem: Die Wissenschaftler*innen lassen keinen Zweifel daran, dass wir das nicht schnell genug hinbekommen, um die Temperaturen unter 1,5 Grad Celsius oder auch unter 2 Grad Celsius zu halten, wenn wir gleichzeitig die Wirtschaft weiterwachsen lassen. Und warum ist das so? Weil mehr Wachstum mehr Nachfrage nach Energie bedeutet, und mehr Energienachfrage macht es erst recht schwierig – in der Tat unmöglich –, in der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, ausreichend erneuerbare Energien auf den Markt zu bringen, um die Nachfrage abzudecken.
Auch »sauberes Wachstum« stürzt uns in die Krise
Selbst wenn es dieses Problem nicht gäbe, bleibt da doch noch eine Frage: Wenn wir endlich irgendwann 100 Prozent saubere Energie haben, was machen wir dann damit? Wenn wir die Art und Weise nicht verändern, wie unsere Wirtschaft funktioniert, dann werden wir weiterhin genau das Gleiche machen wie mit den fossilen Energien: Wir nutzen sie, um unablässig Extraktion und Produktion voranzutreiben, immer mehr und immer schneller, und setzen dabei die lebendige Welt immer stärker unter Druck, weil es das ist, was der Kapitalismus verlangt. Saubere Energie mag eine Hilfe sein, wenn es um Emissionen geht; aber sie trägt nichts dazu bei, Entwaldung, Überfischung, Bodenverarmung und Massensterben rückgängig zu machen. Eine wachstumsbesessene Wirtschaft wird uns, auch wenn sie von sauberer Energie angetrieben ist, trotzdem in die ökologische Katastrophe stürzen.
Der heikle Punkt dabei ist, dass wir hier offensichtlich kaum eine Wahl haben. Der Kapitalismus ist grundsätzlich von Wachstum abhängig. Wenn die Wirtschaft nicht wächst, rutscht sie in die Rezession: Schulden türmen sich auf, Menschen verlieren Arbeitsplatz und Wohnung, Lebensentwürfe zerbrechen. Die Regierungen haben alle Hände voll zu tun, die industrielle Aktivität am Wachsen zu halten, in einem dauernden Bemühen, die Krise abzuwehren. Wir stecken also in der Falle. Wachstum ist ein struktureller Imperativ – ein stahlhartes Gesetz. Und es kann sich auf stahlharte ideologische Unterstützung verlassen: Politiker*innen der Linken und Rechten mögen sich darum streiten, wie die Früchte des Wachstums zu verteilen sind, aber wenn es um das Streben nach Wachstum selbst geht, dann sind sie sich einig. Da passt kein Blatt Papier dazwischen. Der Wachstumismus, um einmal diesen Ausdruck zu gebrauchen, präsentiert sich als eine der Ideologien mit dem höchsten Führungsanspruch in der modernen Geschichte. Niemand kommt auf die Idee, sie zu hinterfragen.
Weil sie sich dem Wachstumismus verschrieben haben, sehen sich unsere Politikerinnen und Politiker nicht in der Lage, sinnvolle Schritte zu unternehmen, um die ökologische Katastrophe zu stoppen. Wir haben jede Menge Ideen, wie wir das Problem lösen können, aber wir wagen nicht, sie umzusetzen, weil wir damit das Wachstum untergraben könnten. Und in einer wachstumsabhängigen Wirtschaft darf so etwas einfach nicht passieren. Stattdessen berichten die gleichen Zeitungen, die erschütternde Geschichten über ökologische Katastrophen bringen, auch ganz begeistert darüber, wie das BIP in jedem Quartal wächst, und die gleichen Politikerinnen und Politiker, die händeringend die Klimakrise beklagen, rufen jedes Jahr pflichtbewusst nach mehr industriellem Wachstum. Die kognitive Dissonanz hier ist bemerkenswert.
»Wachstumismus« oder die Geheimnisse des guten Lebens
Wie lässt sich erklären, dass der Wachstumismus unsere politische Vorstellungskraft derart fest im Griff hat? Ganz gleich, wie reich ein Land ist – seine Wirtschaft muss wachsen, unbegrenzt, egal was es kostet. Das ist die Botschaft. Ökonom*innen und politische Entscheidungsträger*innen beharren auf dieser Position, auch wenn sich die Hinweise auf einen ökologischen Zusammenbruch häufen. Fühlen sie sich in die Ecke gedrängt, dann kommen sie mit einer schlichten Erklärung daher: Das Wachstum ist für die außerordentlichen Verbesserungen bei Wohlfahrt und Lebenserwartung verantwortlich, die wir in den letzten Jahrhunderten erlebt haben. Wir müssen weiterwachsen, um das Leben der Menschen weiter zu verbessern. Das Wachstum aufzugeben, würde heißen, den menschlichen Fortschritt selbst aufzugeben.
Das ist ein machtvolles Narrativ, und es scheint so offenkundig zutreffend. Das Leben der Menschen ist heute eindeutig besser als in der Vergangenheit, und die Überzeugung, dass wir dies dem Wachstum zu verdanken haben, erscheint durchaus vernünftig. Nun sind aber Wissenschaftler*innen und Historiker*innen dabei, diese Geschichte zu hinterfragen. Wir haben herausgefunden, dass sie auf einem schwachen empirischen Fundament ruht – eigentlich erstaunlich bei einer Behauptung, die in unserer Gesellschaft so tief verwurzelt ist. Es zeigt sich, dass der Zusammenhang zwischen Wachstum und menschlichem Fortschritt nicht ganz so eindeutig ist, wie wir eigentlich dachten. Wichtig ist nicht das Wachstum an sich – wichtig ist, wie Einkommen verteilt und in welchem Maße es in öffentliche Dienstleistungen investiert wird. Und ab einem bestimmten Punkt ist für eine Verbesserung des gesellschaftlichen Wohlergehens gar kein höheres BIP mehr notwendig.
Es gibt viele Länder, die es schaffen, mit vergleichsweise wenig BIP pro Kopf ein erstaunlich hohes Niveau des gesellschaftlichen Wohlergehens zu erreichen. Wir sehen diese Länder gerne als „Sonderfälle“ an; sie belegen aber genau die These, die Szreter und andere Gesundheitswissenschaftler*innen aufzustellen versuchten: Es geht hier um ein reines Verteilungsproblem. Und das Wichtigste dabei ist die Investition in allgemeine öffentliche Güter. Hier wird es wirklich interessant.
Nehmen wir zum Beispiel die Lebenserwartung. Die Vereinigten Staaten haben ein BIP von 59500 US-Dollar pro Kopf, womit sie eines der reichsten Länder der Welt sind. Die Menschen in den USA können damit rechnen, 78,7 Jahre zu leben, was sie gerade noch in die oberen 20 Prozent hineinhievt. Dutzende Länder übertreffen die Vereinigten Staaten bei diesem entscheidenden Indikator, mit nur einem Bruchteil des Einkommens. Japan hat 35 Prozent weniger Einkommen als die USA, aber eine Lebenserwartung von 84 Jahren – die höchste auf der Welt. Südkorea hat 50 Prozent weniger Einkommen und eine Lebenserwartung von 82 Jahren. Und dann ist da noch Portugal, das 65 Prozent weniger Einkommen hat und eine Lebenserwartung von 81,1 Jahren. Es handelt sich hier nicht um ein paar wenige Sonderfälle. Die Europäische Union als Ganzes hat 36 Prozent weniger Einkommen als die USA und übertrifft sie dennoch nicht nur bei der Lebenserwartung, sondern bei praktisch jedem anderen Indikator des gesellschaftlichen Wohlergehens.
Und dann gibt es Costa Rica, das vielleicht das erstaunlichste Beispiel liefert. Das an Regenwäldern reiche zentralamerikanische Land übertrifft die USA bei der Lebenserwartung, obwohl es 80 Prozent weniger Einkommen aufzuweisen hat. Costa Rica zählt sogar zu den ökologisch effizientesten Volkswirtschaften auf dem Planeten, was die Fähigkeit betrifft, hohe Wohlergehensstandards mit minimaler Umweltbelastung zu liefern. Und wenn wir sie zeitübergreifend betrachten, sieht die Geschichte sogar noch faszinierender aus: Einige der eindrucksvollsten Steigerungen bei der Lebenserwartung konnte Costa Rica während der 1980er Jahre erreichen, wobei man die USA ein- und überholte; das war eine Zeit, als das BIP pro Kopf nicht nur klein war (ein Siebtel der USA), sondern auch überhaupt nicht wuchs.
Es ist nicht nur der Indikator Lebenserwartung, der dieses Verhalten zeigt. Wir können das gleiche Muster beobachten, wenn es um den Bereich der Bildung geht. Finnland ist allgemein als ein Land bekannt, das eines der besten Bildungssysteme auf der Welt besitzt, obwohl sein BIP pro Kopf um 25 Prozent unter dem der USA liegt. Estland steht ebenfalls weit oben im Ranking der weltbesten Bildungssysteme, aber mit 66 Prozent weniger Einkommen als die USA. Polen ist besser als die USA mit 77 Prozent weniger Einkommen. Auf dem Bildungsindex der Vereinten Nationen schlägt der Staat Weißrussland Leistungsträger wie Österreich, Spanien, Italien und Hongkong mit einem BIP pro Kopf, das um ganze 90 Prozent niedriger liegt als das der USA.
Wie lassen sich die erstaunlichen Ergebnisse erklären, die diese Länder erreicht haben? Das ist ganz einfach: Sie haben alle in den Aufbau hoch qualifizierter Systeme in der allgemeinen Gesundheitsfürsorge und der Bildung investiert. Wenn es darum geht, ein langes, gesundes, blühendes Leben für alle zu schaffen, dann ist es das, was zählt.
Warum Wachstum den Wohlstand verringert
Die gute Nachricht: Das ist überhaupt nicht teuer. Allgemeine öffentliche Dienste sind sogar signifikant kosteneffizienter zu betreiben als ihre privaten Entsprechungen. Nehmen wir zum Beispiel Spanien. Spanien gibt nur 2300 US-Dollar pro Person dafür aus, um allen eine Gesundheitsversorgung von hoher Qualität zu liefern, als ein Grundrecht, und erreicht damit einen Spitzenwert unter den Lebenserwartungen weltweit: 83,5 Jahre; volle fünf Jahre mehr als die USA. Im Gegensatz dazu verschlingt das private, profitorientierte System in den USA horrende 9500 US-Dollar pro Person, während es eine geringere Lebenserwartung und schlechtere Gesundheitsergebnisse liefert. Ähnlich vielversprechende Beispiele entwickeln sich in Gegenden überall im globalen Süden. Staaten, deren Regierungen in allgemeine Gesundheitsversorgung und Bildung investierten, haben jetzt Verbesserungen bei der Lebenserwartung und anderen Indikatoren gesellschaftlichen Wohlergehens erreicht, die sich weltweit mit am schnellsten entwickelten. Sri Lanka, Ruanda, Thailand, China, Kuba, Bangladesch und der indische Staat Kerala – alle weisen erstaunliche Steigerungen auf, trotz eines vergleichsweise niedrigen BIP pro Kopf. Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Die empirischen Belege zeigen, dass es möglich ist, ein hohes Niveau der menschlichen Entwicklung zu erreichen ohne ein hohes BIP-Niveau. Den UN -Angaben zufolge können Staaten mit lediglich 8000 US-Dollar pro Kopf (im Sinne von Kaufkraftparität oder KKP) in die allerhöchste Kategorie des Lebenserwartungs-Index aufsteigen und auf sehr hohe Stufen beim Bildungsindex mit nur 8700 US-Dollar. Staaten können sogar auf einer ganzen Skala von sozialen Schlüsselindikatoren erfolgreich sein – nicht nur bei Gesundheit und Bildung, sondern auch bei Beschäftigung, Ernährung, sozialer Unterstützung, Demokratie und Lebenszufriedenheit – mit weniger als 10 000 US-Dollar pro Kopf, während sie sich innerhalb oder fast innerhalb der planetaren Grenzen halten. Das Bemerkenswerte an diesen Zahlen ist, dass sie deutlich unter dem globalen Durchschnitt von 17 600 US-Dollar BIP KKP pro Kopf liegen. Mit anderen Worten: In der Theorie könnten wir alle unsere gesellschaftlichen Ziele erreichen, für jeden Menschen auf der Welt, mit weniger BIP, als wir derzeit haben, indem wir einfach in öffentliche Güter investieren und Einkommen und Chancen gerechter verteilen.
Es ist also klar, dass die Relation zwischen BIP und der gesellschaftlichen Wohlfahrt ab einem gewissen Punkt nicht mehr funktioniert. An dieser Relation ist aber noch ein anderer Aspekt interessant. Jenseits einer gewissen Schwelle entwickelt das Wachstum allmählich eine negative Wirkung. Wirkönnen diesen Effekt erkennen, wenn wir uns alternative Kennzahlen für Fortschritt ansehen, wie etwa den Indikator echten Fortschritts (Genuine Progress Indicator GPI). Der GPI beginnt bei den persönlichen Konsumausgaben (was auch der Ausgangspunkt für das BIP ist) und wird dann bereinigt um die Einkommensungleichheit sowie die sozialen und ökologischen Kosten der wirtschaftlichen Aktivität. Indem dieser Maßstab die Kosten wie auch den Nutzen des Wachstums einrechnet, gewährt er uns eine ausgeglichenere Sicht darauf, was in der Wirtschaft geschieht. Wenn wir die Daten im Zeitverlauf grafisch darstellen, sehen wir, dass der globale GPI bis in die Mitte der 1970er Jahre zeitgleich mit dem BIP wuchs, seitdem aber abflachte und sogar abgenommen hat, als die sozialen und ökologischen Kosten des Wachstums ausreichend signifikant geworden waren, um die verbrauchsabhängigen Gewinne aufzuwiegen. Ab einem bestimmten Punkt, so formuliert es der Ökologe Herman Daly, wird das Wachstum mehr und mehr „unwirtschaftlich“: Es schafft zunehmend mehr „Schlechtstand“ als Wohlstand. Wir können dies an mehreren Fronten beobachten: Das fortgesetzte Streben nach Wachstum in einkommensstarken Ländern verschärft die Ungleichheit und die politische Instabilität und trägt zu Problemen bei wie etwa Stress und Depression infolge von Überarbeitung und Schlafmangel, schlechter Gesundheit wegen Umweltverschmutzung, Diabetes und Herzkrankheiten und so weiter.
Planetary boundaries according to Rockströmet al. 2009 (doi:10.1038/461472a) and Steffenet al. 2015 (doi:10.1126/science.1259855). The green areas represent human activities that are within safe margins, the yellow areas represent human activities that may or may not have exceeded safe margins, the red areas represent human activities that have exceeded safe margins, and the gray areas with red question marks represent human activities for which safe margins have not yet been determined.
Unten — Industrielle Agrarsysteme, die mit enormem Aufwand betrieben werden, eignen sich zur Erforschung des Wirtschaftswachstums aus systemtheoretischer Sicht
Eine kurze Einschätzung der militärischen Lage in der Ukraine
konicz.info, 19.03.2022
Die Invasion der Ukraine ist für Russland ein Desaster, die Verluste sind hoch, daran besteht kein Zweifel. Die Mängel der russischen Militärmaschine, ja der autoritären Machtstruktur im Kreml, die diesen imperialistischen Eroberungskrieg verbrochen hat, treten krass zu Vorschein. Derzeit berichten westliche Medien gerne über die Erfolge um Kiew, wo Russlands Vormarsch stockt und russische Truppen sich eingraben, oder über die ukrainische Gegenoffensive vor dem südukrainischem Cherson, westlich des Dnjepr.
Dennoch heißt das nicht, dass Russland mittelfristig den Krieg nicht gewinnen kann. Entschieden wird der Krieg im Osten, im Donbass und im Oblast Lugansk, wo ein Großteil der kampferprobten ukrainischen Armeeverbände und der fanatisch kämpfenden Nazi-Formationen stationiert ist, die etwa in Mariupol gegen tschetschenische Söldnertruppen Kadyrows kämpfen. Und gerade hier verzeichnen russische Truppen langsam stetige Geländegewinne, in denen Folge große Teile der ukrainischen Armee eingekesselt werden könnten.
Eine militärische Niederlage verläuft oftmals nicht graduell – etwa, indem sich die unterlegenen Truppen langsam zurückziehen können, um neue Verteidigungslinie einzunehmen. Im Osten der Ukraine droht eher ein plötzlicher Zusammenbruch der dort kämpfenden ukrainischen Armeeverbände, sollten Separatisten und russische Armee den Druck aufrechterhalten können. Es wäre ein „Kipppunkt“, bei dessen Überschreiten der koordinierte militärische Widerstand kollabiert. Ein Rückzug der vor Donezk eingegrabenen ukrainischen Einheiten, in deren Rücken von Norden und Süden die Versorgungslinien (langsam, ineffektiv, aber beständig) von russischen Truppen abgeschnitten werden, scheint aufgrund der russischen Luftüberlegenheit in dieser Region kaum noch möglich.
Für äußere (westliche) Beobachter käme dieser Zusammenbruch, der Folge andauernder gradueller Abnutzung ist, sehr überraschend. Der durchaus wahrscheinliche Zusammenbruch der ukrainischen Armee im Osten würde zum Wendepunkt des Krieges. Es stellt sich letztlich die Frage, ob die ukrainische Führung nicht Gefahr läuft, ihre Verhandlungsposition zu überschätzen und ihre Karten beim derzeitigen Verhandlungspoker zu überreizen, wenn sie nicht bald zu einem Verhandlungsabschluss kommt. Je weiter Russlands Armee vordringt, je größer die russischen Verluste, desto weitreichender die Forderungen Putins, dessen Verhandlungsposition sich – zumindest in der Ostukraine – durch militärische Erfolge verbessern wird.
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Corona, Ukrainekrieg, Außenministerin. Ein würdeloser Bundestag. Rassismus bei der Flüchtlingsaufnahme und Laienprediger. – Polen hat Menschen aus der Ukraine aufgenommen, baut aber einen Zaun gegen andere Geflüchtete. Baerbock ist laut einem Ranking die beliebteste Politikerin.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wir lenken uns mit Corona von Ukraine ab.
Und was wird besser in dieser?
Oder umgekehrt.
Standing Ovations für Ukraines Präsident Wolodimir Selenski im Deutschen Bundestag. In seiner Rede richtet er sich auch direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz. Dieser lässt den Appell unerwidert, danach geht’s direkt weiter mit der Tagesordnung. Debattiert wurde nicht der Krieg oder Deutschlands Verantwortung, sondern die Impfpflicht. Ein absurd klares Symbolbild für die Politik der Ampelkoalition?
Diese kleine Peinlichkeit ist nur mit einer großen zu beantworten. Es ist ein schmutziger Job, ich mach’s. Also. In einigen Jahren mit Toten, Zerstörungen und Katastrophen werden wir uns im ernüchterten Rückblick als Teil einer neuen, asymmetrischen Kriegsführung sehen. Präsident Selenski schaltet sich durch die Parlamente der Welt. In dem Regal, in dem er die feldgrünen Shirts findet, lägen auch Herrenoberhemden und Krawatten. Egal. Seine Reden heben bei historischen Berührungen an, führen von dort zu Ansprüchen, Klagen über nicht erfüllte Forderungen und münden in weitere, neue.
Der verbrecherische Krieg des russischen Regimes zielt auf Demoralisierung – Selenskis Strategie auf Moralisierung. Sein Publikum, unter Schock wie er, hütet sich darob, kleingeistige, kaltherzige Betrachtungen zu erwidern: Argumente, Abwägungen, Verstand. Es ist ein emotionaler Entwaffnungsschlag. Der Bundestag hätte natürlich gut daran getan, das erst wegzuatmen, bevor er „zur Tagesordnung übergeht“. Auf der stünden dann Argumente, Abwägungen, Verstand.
Die Ministerpräsident-innen wollen die in Deutschland ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine schneller registrieren und besser verteilen. Warum wird man das Gefühl nicht los, dass mit diesen Geflüchteten so vieles reibungsloser und ohne große gesellschaftliche Grundsatzdebatten verläuft als noch mit denen, die 2015 kamen?
Ihr Lauser! Das sind insgeheim zwei Fragen. Erstens: 2015 zerfiel Merkels „Wir schaffen das“ in „Ich rede, ihr macht“. Also die politische Vorgabe der Kanzlerin, Flüchtlinge aufzunehmen, und die Arbeit vieler beruflicher und noch mehr ehrenamtlicher Helfer, die „es dann schafften“. Diesmal sind die ausführenden Strukturen, vor allem das eingeölte Engagement der Zivilgesellschaft, austrainiert am Start.
Zweitens: gediegener Rassismus, dem der europäische Ukrainer doch näher scheint als der muslimische Syrer. Wird derzeit uneinholbar von Polen getoppt. Das kleinere, wirtschaftlich schwächere Nachbarland hat bereits 1,9 Millionen Ukraine-Flüchtende aufgenommen, aber noch Geld über, um einen Zaun gegen ein paar Dutzend belarussische Schleuslinge zu bauen. Daran ist nun tunlichst nicht zu rühren, entsprechend großzügig schauen wir auf uns selbst.
Papst Franziskus nennt den Krieg – gemeint ist höchstwahrscheinlich der in der Ukraine – einen „perversen Machtmissbrauch“. Warum klingt diese Aussage so zynisch, wenn sie aus seinem Mund kommt?
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Ukraine Krieg – . – 2.) Gesundheitsminister bei „Bericht aus Berlin“ – . – 3.) Schmutzige Realpolitik – . – 4.) Die Linke nach Lafontaine? – . – 5.) CDU sieht Altkanzler als Handlanger Putins – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
So bleibt Scholz und seine Pudding Truppe vielleicht ein bitterer Waffengang erspart ? Wie wollten diese aber nun Beweisen das sie nicht im Schlafwagen der Deutschen Bahn reisen und zu ihren Einsatzziel unterwegs sind? Gebt den Affen Waffen, dann werden sie fast alles schaffen.
Türkei: Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine „kurz vor Einigung“
1.) Ukraine Krieg
Das Nato-Mitglied Türkei steht in Kontakt mit den Verhandlungsteams der beiden Länder. Selenskyj: Gespräche mit Moskau einziger Weg zur Beendigung des Krieges. Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Krieges kommen nach Angaben der Türkei voran und stehen angeblich kurz vor einer Einigung. „Natürlich ist es nicht einfach, während der Krieg tobt, aber wir glauben, dass es vorangeht“, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Sonntag. „Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen.“ Das Nato-Mitglied Türkei steht in Kontakt mit den Verhandlungsteams der beiden Länder, wie Cavusoglu sagte. Er lehnte es jedoch ab, Einzelheiten über die Gespräche preiszugeben, da „wir eine ehrliche Vermittlerrolle spielen“. Ankara unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten und versucht intensiv, sich als Vermittler zu positionieren. Cavusoglu hatte in der vergangenen Woche Russland und die Ukraine besucht. Außerdem hatte am 10. März in der südtürkischen Hafenstadt Antalya ein Gespräch zwischen dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und dem ukrainischen Chefdiplomaten Dmytro Kuleba stattgefunden.
Eins – Zwei – Drei, der Spuk zieht an uns vorbei. Jetzt hat er endlich wieder Zeit für die Öffnung einer eigenen Arztpraxis zu trainieren. Erst gescholten dann verteidigt – wer hat ihn vereidigt ?
Karl Lauterbach verteidigt das Ende vieler Corona-Maßnahmen
2.) Gesundheitsminister bei „Bericht aus Berlin“
Karl Lauterbach hat die Länder dazu aufgefordert, die neuen Corona-Regeln umzusetzen. Der Gesundheitsminister verteidigt das Vorgehen erneut und hofft auf Verständnis. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat das Ende vieler Corona-Schutzvorgaben erneut verteidigt und die Länder zur Umsetzung der neuen Rechtsgrundlage aufgerufen. „Wir können nicht immer weiter die Freiheitsrechte der gesamten Bevölkerung begrenzen, nur weil zehn Prozent der Über-60-Jährigen nicht impfbereit sind“, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend im ARD-„Bericht aus Berlin“. Die Schutzmaßnahmen liefen jetzt nicht aus, sondern noch für zwei Wochen bis 2. April weiter, erläuterte Lauterbach. Es könne sein, dass die Fallzahlen dann schon stabiler seien oder sinken – wenn nicht, könnten Auflagen in „Hotspots“ sogar verschärft werden. Hoffen auf Verständnis. Der Minister räumte ein, dass der Bund die Gesetzesänderungen zum ersten Mal ohne Einbeziehung der Länder gemacht habe. Er appelliere aber an die Länder, nicht verschnupft zu reagieren. „Jetzt darf niemand, ich sag mal, die beleidigte Leberwurst spielen und macht sich nicht zum Hotspot, wo es notwendig ist.“
Jetzt können unsere Kinder wieder ihre Lieder anstimmen: „Grün, grün, grün, – waren alle meine Kleider. Grün – grün – grün, – war alles was ich hat. Darum lieb ich alles was so grün ist, weil mein Schatz ein Jäger ist.“
Habecks Suche nach Gaslieferanten
3.) Schmutzige Realpolitik
Gewiss, es ist ein Trauerspiel, dass ein grüner Minister mit Autokraten am Golf über Erdgas verhandelt. Doch es ist das kleinere Übel. Es ist wie bei der berühmten Wahl zwischen Pest und Cholera: Wenn Deutschland sich bei den Gaslieferungen möglichst rasch aus der Abhängigkeit von Russland lösen will, dann müssen andere Lieferanten her. Und dazu zählen eben nicht nur so honorige Länder wie etwa Norwegen, dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bereits einen Besuch abgestattet hat. Sondern auch Diktaturen wie Katar. Die Menschenrechtslage in diesem Golfemirat ist notorisch schlecht. Ein aktueller Bericht von Amnesty International zeigt auf, dass angebliche Verbesserungen für die dort beschäftigten ausländischen Sklavenarbeiter nur auf dem Papier stehen. Weder können sie ihren Job frei auswählen noch kündigen und eine neue Arbeit suchen. Über die Vereinigten Arabischen Emirate, Habecks Besuchsstation an diesem Sonntag, schreibt die Menschenrechtsorganisation in ihrem letzten Jahresbericht: „Die Behörden duldeten weiterhin keine politische Opposition und inhaftierten Andersdenkende.“
So spricht doch ein Kommentator tatsächlich Lafontaine eine Befähigung als Diplom Physiker zu. Merkel war auch Physikerin. Wenn Beide das im Kopf hätten was sie studiert haben wären sie so klug gewesen, nicht für der Politik die schmutzige Wäsche zu waschen. Wie sage ich immer: Lange studiert außer nichts fürs Leben gelernt. Aber in der Politik lässt es sich viel leichter mit Geld Manipulieren. In der Wirtschaft werden Leistungen erwartet und weniger dumme Sprüche.
Der Fall Oskar Lafontaine(s)
4.) Die Linke nach Lafontaine?
Der ehemalige SPD-Finanzminister und Vorsitzende der Linkspartei ist aus der Partei ausgetreten. Der Schritt ist nur konsequent, denn bereits seit einigen Jahren lebten sich die Partei und Lafontaine auseinander. Es ist geschehen: Der ehemalige Vorsitzende der Linkspartei und selbsternannte Saarkönig Oskar Lafontaine ist aus der Partei ausgetreten. Kurz vor der Landtagswahl im Saarland am 27. März 2022 scheinen sowohl Partei als auch Fraktion vor einem Scherbenhaufen zu stehen. Dabei hat es sich schon länger angedeutet: Lafontaine hatte sich mit der Partei zerstritten und forderte bis zuletzt eine Annäherung, wenn nicht Vermählung, mit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Dass er der Partei (und Politik?) nun den Rücken kehrt, wird bei vielen für ein Aufatmen sorgen. Denn der fast 80-Jährige provozierte während seiner politischen Laufbahn immer wieder mit Äußerungen, die mal mehr mal weniger gegen die Politik der Linkspartei gerichtet waren. Nichtsdestoweniger darf nicht verschleiert werden, dass gerade dank Lafontaine die Linkspartei im westlichen Bundesland mit soliden Wahl- und Umfrageergebnissen abschneiden konnte. Als ehemaliger Finanzminister der SPD und lautstarker Kritiker realsozialdemokratischer Politik machte er sich über die Parteigrenzen hinweg einen Namen. Während der 1990er-Jahre fand der relative Aufstieg Lafontaines statt. Kurz nach der sogenannten Wiedervereinigung kritisierte er den Schritt und warnte vor negativen ökonomischen Folgen für die inzwischen neuen Bundesländer – eine Warnung, die sich bis heute bewahrheitet. Stets im Schatten Gerhard Schröders war er ab 1998 Finanzminister der ersten rot-grünen Regierung, die für massive Einschnitte in der Innen- und Außenpolitik der BRD sorgte. Immer wieder sah er sich im Clinch mit dem ehemaligen Bundeskanzler Schröder, doch ein sehr tiefer Einschnitt war die Bombardierung Jugoslawiens und die Rolle der BRD im Rahmen des transatlantischen Militärbündnisses NATO. Während der grüne Außenminister Joschka Fischer den militärischen Einsatz mit „Auschwitz“ begründete, definierte Lafontaine ihn als eklatanten Bruch mit dem Völkerrecht. Heute, im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, werden Parallelen im Zusammenhang mit dem Kosovo wieder deutlicher. Vulgär und oberflächlich.
Wer zeigte denn die Größe in diesem Schland, ehemalige politische Schleimgeister vom Sockel zu stoßen? Haben die heutigen Kritiker ihre die einstigen Vandalen nicht dorthin geredet wo wir sie heute sehen? Da könnten wir alle Kegeln gehen, denn nach dem Krieg habe ich selber weitaus mehr als Neun von diesen Wichtigtuern erlebt. Niemand pinkelt ein politisches Denkmal an, da das Seine als Nächstes an der Reihe sein könnte ?
„Kanzler Scholz muss dafür sorgen, dass Schröder sanktioniert wird“
5.) CDU sieht Altkanzler als Handlanger Putins
Gerhard Schröder ist nach seiner Putin-Mission abgetaucht. Die CDU will Konten des Altkanzlers gesperrt sehen – und Kanzler Scholz dafür in die Pflicht nehmen. Inzwischen wird über Dinge diskutiert, die vor einem Monat unvorstellbar waren. Muss ein früherer Bundeskanzler auf die EU-Sanktionsliste, wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine? Dann müssten Konten von Gerhard Schröder eingefroren werden, und womöglich könnte er nicht mehr frei in Europa reisen. Seit seiner mysteriösen Moskau-Reise mit einem mehrstündigen Gespräch mit seinem Duzfreund Wladimir Putin, ist er wieder in Hannover abgetaucht. Inzwischen wird über Dinge diskutiert, die vor einem Monat unvorstellbar waren. Muss ein früherer Bundeskanzler auf die EU-Sanktionsliste, wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine? Dann müssten Konten von Gerhard Schröder eingefroren werden, und womöglich könnte er nicht mehr frei in Europa reisen. Seit seiner mysteriösen Moskau-Reise mit einem mehrstündigen Gespräch mit seinem Duzfreund Wladimir Putin, ist er wieder in Hannover abgetaucht.
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Die Bevölkerung der Ukraine trägt bislang die Last des Krieges ganz allein. Für das deutsche Gebot des „Nie wieder“ ist das ein Realitätsschock.
Was bedeutet für euch „Nie wieder“?
Diese Frage stellte ein erschöpfter und enttäuschter Präsident Selenski an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags.
Um das „Nie wieder“ ging es auch in der Debatte bei den Grünen über militärische Interventionen. Die Partei geriet in eine Zerreißprobe, als der Zerfall von Jugoslawien zu vier Kriegen führte, deren ersten man schnell übersehen konnte, weil er so kurz war, die aber mit den Gräueltaten von Vukovar und dem Beschuss von Dubrovnik unübersehbar wurden und schließlich in dem großen Morden an den Bosniern endeten.
Dieses große Morden wurde vollzogen durch Freischärler und Teile der ehemaligen Jugoslawischen Armee, die das Waffenarsenal eben dieser Armee für den Krieg gegen die Bosnier gesichert hatten. Die Verteidiger von Bosnien hatten faktisch keine militärische Ausrüstung zur Verfügung.
In Turnschuhen im Krieg
Gemäß der Parole „Keine Waffen in Krisengebiete“ verhängte die westliche Welt ein Waffenembargo über die Region. Das konnte den serbischen Kriegern herzlich schnuppe sein. Getroffen wurden die Opfer. Sie konnten sich nicht selbst verteidigen, denn das Waffenembargo hinderte sie am Aufbau einer einigermaßen verteidigungsfähigen Armee. Ich erinnere mich noch gut an diese jungen Männer in Turnschuhen und ohne Helm und Westen.
Diesem Treiben sah der Westen lange zu. Bis das Drama von Srebrenica diesem Zuschauen ein Ende bereitete. 8.000 junge Männer, fast Kinder, die aus einer von der UNO ausgerufenen Schutzzone, die keine war, ihren Mördern ausgeliefert wurden.
Das war ein Realitätsschock für all jene, die gemeint hatten, ein bloßes „Nie wieder“ reiche aus, um sich dem Bösen in der Welt entgegenzustellen. Es war – und auch das sollte nicht vergessen werden – der jüdische Überlebende des Warschauer Ghettos Marek Edelman, der lange vor Srebrenica die Weltgemeinschaft zum Eingreifen aufgefordert hatte. Nun war es da, das Ende des fundamentalen Neins zu Waffen für Schutz oder Selbstverteidigung. Der Verteidigungseinsatz der Nato dauerte zehn Tage. Wie viele Menschenleben hätten gerettet werden können, wenn man sich früher zu diesem Schritt entschieden hätte.
Vier Jahre später war das Kosovo dran. Wieder trat zunächst die OSZE auf den Plan. Unbewaffnet und als Beobachter. Sie zählten die auffahrenden Militärkolonnen aus Belgrad. Die ersten Trecks kosovarischer Flüchtlinge machte sich auf gen Süden nach Mazedonien. Das erste Massengrab wurde entdeckt. Die UNO hatte keinen Mechanismus zur Verhinderung eines erneuten Völkermords. Dieser offensichtliche Widerspruch wurde durch einseitiges Handeln der Nato aufgelöst. Völkerrechtlich nicht eindeutig legitimiert, gerechtfertigt durch die Überzeugung, dass es geboten ist, einen möglichen Völkermord zu verhindern.
Von Jalta zum Maidan
Zeitensprung: Der Zerfall der Sowjetunion entlässt Länder in die Unabhängigkeit, die Teil des sowjetischen Imperiums oder als eigenständige Staaten Teil des Warschauer Pakts gewesen waren.
Auf der politischen Landkarte zeigten sich Länder, die hinter dem trennenden Graben von Jalta verschwunden waren: Polen, Rumänien, Bulgarien oder Lettland, Litauen, Estland und die Ukraine, die unter dem Dach der Sowjetunion im Westen kaum als eigenständige Subjekte gesehen wurden.
Das galt insbesondere für die Ukraine. Doch die machte sich bemerkbar und reihte sich ein in das Freiheitsstreben dieser vormals gegen ihren Willen an Stalin vergebenen Vasallen. Die Orangene Revolution schickte 2004 den durch gefälschte Wahlen erkorenen Präsidenten zum Teufel. Doch nach großen Enttäuschungen im Volk kehrte er fünf Jahre später als Präsident zurück.
Der Maidan 2014: ein großes Volksfest. Zunächst. Russische Rockbands traten auf, westliche Politiker gaben sich die Klinke in die Hand, jubelten der Menge von der Bühne aus zu und nahmen ein Bad in der Menge. Ob auch nur einer von ihnen ahnte, dass mit dieser Ermunterung eine Verantwortung erwuchs? Eine Verantwortung, an der Seite der Ukrainer zu stehen, falls das Volksfest zu einem Inferno werden würde?
Es blieb nicht bei der Krim
Es kam die Annexion der Krim. Im Handstreich. Unblutig, aber brutal. Zumindest in der Folge, als die Krimtataren – zum zweiten Mal nach der Deportation durch Stalin – ihrer Rechte und ihrer Kultur beraubt wurden. Als Verhaftungen stattfanden von denen, die sich dem russischen Regime nicht beugen wollten.
Aber viele bei uns beschwichtigten: Die Krim sei nun mal das Herzblut der Russen. Doch weit gefehlt. Es ging nicht um die Krim allein. Putins Truppen setzten ihren Fuß über die Grenze, vorbereitet durch den Militärgeheimdienst GRU und assistiert durch eine Fünfte Kolonne von Banditen und halbseidenen Figuren.
Putin machte sich nicht die Mühe, seine Ziele zu verbergen. Die Ukraine sei ein untrennbarer Teil der gemeinsamen Geschichte, Kultur, des „geistlichen Raums“. Wer sehen wollte, konnte es sehen: Putin würde keine Ruhe geben. Der abgefallene Teil, „das Brudervolk“, sollte zurück ins Imperium. Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.
Diese Gewalt zog langsam, stetig, mit System und strategischer Logik rund um die Ukraine herauf.
Leise Töne aus Berlin
Nicht die Nato kreiste Russland ein. Russland kreiste die Ukraine ein. Im Norden über Belarus, im Osten entlang der Grenze in Südrussland, im Süden über das Schwarze Meer.
Diese als Manöver nur schlecht getarnte Kriegsvorbereitung wurde hingenommen. Die zweite Pipeline durch die Ostsee immer noch als rein betriebswirtschaftliches Projekt geschönt. Die Außenpolitiker begleiteten den Aufmarsch „mit Sorge“. Man werde einen Angriff auf die Ukraine nicht hinnehmen, hieß es. Was das bedeuten sollte, blieb im Ungewissen.
Es waren die USA, die immer klarer die Erwartung formulierten, dass Putin die Ukraine angreifen lassen würde. Eine westliche Pendeldiplomatie blieb folgenlos. Nun pilgerten sie alle zu ihm – einzeln versteht sich. Gewährt wurden Audienzen im Stile eines Zaren. Sie alle kamen mit leeren Händen aus Moskau zurück.
Fazit: Es war Putin herzlich egal, was ihm als Dialog angeboten wurde. Er wollte die Ukraine. Die Ukraine ist nicht Teil der Nato, ein Beistand also ausgeschlossen, und Waffen – so unter anderem deutsche Doktrin – schickt man nicht ins Krisengebiet.
Der Terror soll sichtbar sein
Die weitere Entwicklung ist hinlänglich bekannt. Die Einkesselung von Mariupol, so hält ein erstes Rechtsgutachten von Professor Otto Luchterhandt fest, fällt unter den Tatbestand des Völkermords. Seit mehr als zwei Wochen sind 350.000 Menschen ohne Strom, Heizung, Wasser und Nahrung unter Belagerung. Bomben treffen gezielt zivile Ziele. Eine sichere Flucht wird ihnen durch russischen Beschuss unmöglich gemacht.
Der Terror überzieht das Land. Und er wird nicht verborgen. Der Terror soll sichtbar sein. Es geht um die Zermürbung der Bevölkerung. Eine Kinderklinik in Lwiw, die zur Triage gezwungen ist, weil die medizinischen Möglichkeiten beschränkt sind – man stelle sich das nur eine Minute vor.
Moral zählt neuerdings mehr als Exporte und billiges Erdgas. Diese deutsche Bigotterie ist schwer erträglich, denn jahrelang galt: Wenn Deutschland ein gutes Geschäft wittert, ist alles andere fast egal.
Putins Überfall auf die Ukraine hat nicht nur für Zehntausende Tote und Verletzte und Millionen Geflüchtete gesorgt, sondern in der Folge auch eine Reihe deutscher Nationalbigotterien entlarvt. Die folgende Begebenheit aber erreicht spielend eine erdkernnahe Unterirdik. Eine Reihe bekannter und weniger bekannter Organisationen hatte für den 13. März 2022 zur großen Demonstration »Stoppt den Krieg!« in Berlin gerufen: von Greenpeace bis zur evangelischen Kirche, von Urgewalt bis Kurve Wustrow, von ver.di bis Attac. Ebenfalls mit demonstrieren wollte vitsche.org, ein Zusammenschluss junger ukrainischer Menschen, die sich gegen den Krieg wenden und für Geflüchtete engagieren. Das lehnten die Organisatoren aber ab.
Der Grund war offenbar, dass die ukrainischen Aktivisten auf ihrer Website neben vielen anderen Punkten auch Waffenlieferungen an die Ukraine vorschlagen. Leute also, die lautstark auf ihrer Website »Solidarität mit den Menschen in der Ukraine« behaupten und die vom russischen »Angriffskrieg« sprechen, sind dann lieber doch nicht solidarisch, wenn besagte Ukrainer*innen sich verteidigen wollen. Man fühlt sich an diejenigen erinnert, die »aus historischen Gründen« stets mit toten, weil von Deutschland ermordeten Juden solidarisch sind – aber nie mit lebenden Juden etwa in Israel.
Die Haltung der deutschen Friedensdemonstranten lässt sich vornehm mit Pazifismus umschreiben, und wer wollte diese Weltsicht im Ursprungsland der Wehrmacht verdammen? Leider ist der deutsche Pazifismus, das zeigt der erbärmliche Umgang mit Vitsche.org, angereichert mit einer Hybris, die heißt: Unsere deutschen Friedensprinzipien sind wertvoller als euer Wunsch zu überleben. Das ist die Nationalbigotterie des deutschen Pazifismus, der keinesfalls immer, aber doch verdächtig oft in Richtung eines kollektiven Überlegenheitsnarzissmus abrutscht. Denn es ging ja keine Sekunde darum, auf der Demo Soldaten zu rekrutieren oder begeistert die Bundeswehr in die Ukraine zu schicken – sondern schlicht um die Teilnahme derjenigen, die zu allererst und unmittelbar betroffen sind. Wenn Pazifismus eindeutigen Angriffsopfern übel nimmt, dass sie sich verteidigen, wird er zur Farce und bekommt den bigotten Beigeschmack, neben einem Raubüberfall zu stehen und beide Seiten zur Gewaltlosigkeit zu ermahnen.
Um mich herum die Sintflut
Dass Putins Krieg in dieser Dimension überhaupt möglich wurde, liegt maßgeblich an der Nationalbigotterie der deutschen Ego-Geopolitik nach dem Motto »aus den Augen, aus dem Sinn«. In knappen, klugen Worten hat Constanze Stelzenmüller im »Economist« das zusammengefasst: »Deutschland hat seine Sicherheit an die USA ausgelagert, seinen Energiebedarf an Russland und sein export-bedingtes Wirtschaftswachstum an China.«
Um die Größenordnung dieser Auslagerungen zu beschreiben: Etwa jeder fünfte Soldat auf deutschem Boden ist Amerikaner, und die Dysfunktionalität der Bundeswehr ist überhaupt nur möglich, weil im Notfall ja immer jemand mit funktionierendem Equipment da ist. Über 40 Prozent des in Deutschland verbrauchten Öls stammt aus Russland, rund 50 Prozent der Kohle und etwa 55 Prozent des Erdgases. Und die für Deutschland so überaus wichtige Autoindustrie verkauft fast 40 Prozent ihrer Autos in China, weshalb die letzte Bundesregierung mit China geradezu liebedienerisch umging.
Die Haltung hinter allen drei Abhängigkeiten ist in unterschiedlichen Abschattierungen immer dieselbe: Wenn Deutschland eine vermeintlich gute Opportunity für sich entdeckt, ist eigentlich alles andere egal. Um mich herum die Sintflut. Sogar das wäre, Stichwort Realpolitik, vielleicht noch irgendwie nachvollziehbar, aber Bigotterie wird daraus, indem man das Gegenteil behauptet, dass also Moral wichtiger sei als Exporterfolg und billige Energieversorgung. Im Fall der Öl-, Kohle- und Gas-Importe sind die Folgen der über Jahre von den Regierungen Merkel zementierten Russland-Abhängigkeit besonders katastrophal. Dadurch hat Deutschland allzu scharfe Sanktionen nach Putins Krim-Annexion verhindert, die dieser zu Recht gedeutet hat als: Ich kann mir eigentlich alles erlauben.
Daraus erwächst direkt die nächste deutsche Nationalbigotterie: Konsequenzenarmut trotz Klarsicht. Wladimir Putin ist beinahe unbeschadet durchgekommen mit folgenden, in Deutschland gut ausgeleuchteten Aktionen: Georgien-Krieg, Überfall und Annexion der Krim, Manipulation der Öffentlichkeit zur Destabilisierung der EU, Vergiftung und Einsperrung von Nawalny, Vergiftung von Dritten in der EU, Unterstützung rechtsradikaler Parteien in ganz Europa, staatliche Ermordung eines Mannes in Deutschland, Bundestags-Hack, Streubomben und Giftgas-Einsatz in Syrien, absichtsvolle Bombardierung von Zivilisten und Krankenhäusern ebendort. Das alles hat über Jahre nicht einmal ausgereicht, um Nord Stream 2 zu stoppen. Und offenbar auch nicht, strukturell gegen die Abhängigkeit von Putin vorzugehen. Stattdessen haben sich Merkels verschiedene Koalitionen und auch ihre eigene Partei am Ende sogar dazu entschieden, dem Ausweg durch erneuerbare Energien alle möglichen Steine in den Weg zu legen. Unvergessen Armin Laschets Windrad-Verhinderungsgesetz, nach dem ein Windrad weiter von einer menschlichen Behausung entfernt sein muss als ein Steinbruch mit Sprengaktivitäten oder eine Abdeckerei.
Oben — Unterzeichnung des Koalitionsvertrags für die 19. Bundestagswahl: Olaf Scholz; Angela Merkel; Horst Seehofer
Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3,0
CC BY-SA 3,0Dieses Bild enthält Personen, die möglicherweise Rechte haben, die bestimmte Wiederverwendungen des Bildes ohne Zustimmung gesetzlich einschränken.
Datei:2018-03-12 Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der 19. Wahlperiode des Bundestages von Sandro Halank–003.jpg
Erstellt: 11. März 2018
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Unten — Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.…
Die radikale- und Bewegungslinke hat mal wieder ein Problem.
Ähnlich wie in der Pandemie, wähnt sie sich in den General- und Krisenstäben der Mächtigen der Welt, diskutiert darüber, ob es sinnvoll ist, die Sanktionen seitens der EU zu verschärfen und je weiter rechts man innerhalb der Linken schaut, wird auch die Forderung nach Waffenlieferungen durch NATO/EU wohlwollend diskutiert. Nur: Gefragt hat sie Keiner. Unserem Eindruck nach führt dieser realpolitische Grössenwahn bisher nur in den Opportunismus: Beispiele dafür gibt es genug.Stattdessen täte eine (radikale) Linke gut daran, die Tatsache, dass sie niemand gefragt hat, ernst zu nehmen. Sie täte gut daran, ihre eigene Krise und Bedeutungslosigkeit anzuerkennen, um aus dieser Befreiung der Bewusstlosigkeit konkrete Handlungsperspektiven zu entwickeln und so auf diejenigen Phänomene ihren Blick zu richten, die in der aktuellen Stimmung bisher untergehen, uns aber ermöglichen würden auch langfristig wieder politik- und strategiefähig zu werden. Dies wollen wir im Folgenden versuchen. Wenn unsere Überlegungen wie feste Überzeugungen daherkommen, können wir dies nicht verneinen. Unsere eigene Unzulänglichkeit bedingt, dass es uns leichter fällt, Thesen zu formulieren als Fragen. Versteht die Thesen also als ein lautes Nachdenken.
Zwei Kriege und die Medialisierung
Der innere Krieg gegen den unsichtbaren Feind Covid-19 war noch nicht vorbei, schon kam ein neuer ganz anderer Krieg. Zunächst nur ein Krieg im Aussen, in der Nachbarschaft des Landes der Dichter und Denker, wurde dieser Krieg in kürzester Zeit auch zu unserem. Zur Selbstverständlichkeit gehört für uns, dass ein militärisch geführter Krieg etwas anderes ist als ein Virus bzw. eine Pandemie. Wir meinen aber zu beobachten, dass die gesellschaftliche Bearbeitung dieser beiden Phänomene eine gemeinsame zentrale Logik hat, nämlich die mediale Inszenierung.
Dabei sind weniger die Medien jeweils für sich genommen das Problem, sondern die grundsätzliche Medialisierung unserer Gesellschaften in einem nie gekannten Ausmass: Während die Medien (als Form, nicht als jeweilige Medieninstitutionen gedacht) mit ihrem Staccato-Bombardement der Zahlen und der Liveberichterstattung den eigenen Narzissmus umschmeichelten, jedem Einzelnen das Gefühl gaben mittendrin zu sein, über alles Bescheid zu wissen und mit jeder individuellen Handlung das Geschick unserer Gesellschaft zu lenken, wurde darin parallel die vermisste und ersehnte Gesellschaftlichkeit gegen den Feind Covid-19 mobilisiert. Eine Gesellschaft der Narzisst*innen.
Wie sich also ein Grossteil der deutschen Bevölkerung in Selbstliebe gegen Covid-19 zusammenschloss, so passiert dies – vermittelt durch die Medien – heute erneut. Nicht, dass die Mobilisierung von Bevölkerungen nicht auch ohne die moderne Medialisierung funktionieren würde. Mindestens zwei Weltkriege beweisen das Gegenteil. Wir glauben aber, dass unser Blick auf die Welt, der permanent durch die modernen Sozialen Medien vermittelt ist, zu emotionaler Überwältigung und Pflege unserer Affekte und Ängste führt.
Dies wiederum bringt uns unmittelbar zu einem moralischen Imperativ eines vermeintlichen Humanismus: Handle sofort, hilf wo du kannst, unterscheide zwischen gut und böse. Jede Wahrnehmung der Wirklichkeit wird unmittelbar überlagert durch Medien, die einen live aber nicht wirklich dabei sein lassen im Krieg. Die erste Intuition ist, bei den meisten Menschen vermutlich und richtigerweise und Gott sei Dank: „Diese Ungerechtigkeit, diese Gewalt muss aufhören“, sie treibt einen auf die Strasse, zu anderen Menschen, um sich auszutauschen, seine Emotionen zu teilen, sie damit auch einzuordnen und etwas gegen die Ungerechtigkeit zu tun. Das nennt man dann auch Politik.
Das wird heute überlagert durch die Social-Media Inszenierung: Überwältigung durch Emotionen, Leid, das so stark ist, dass es einem trotz des Gefühls nicht alleine zu sein, einsam und hilflos vor dem Handy oder Computer lässt. Der Schmerz ist unserer, durch die Bilder und Töne produziert, nicht aber der Schmerz der betroffenen Menschen. Am Ende bleibt in dieser hoch emotionalisierten Hilflosigkeit nur die Moral übrig: Das Leid muss aufhören, sofort, alles was hilft ist gut – das Gegenteil von Politik. Erst nach diesem Fleischwolf geht man auf die Strasse, in der sich dann das moralische Potpourri mischt mit den Politiken der Bürgerlichen und Rechten, eben der herrschenden Realität: Nationalismus, Waffenlieferungen, Feindzuweisungen und all das, was wir immer schon bekämpft haben. Diese wiederum wird wieder eingespeist in die mediale Reproduktion der Inszenierung.
Die Gesellschaft des Spektakels organisiert das Spektakel als ein Feuerwerk der Affekte, Emotionen und Informationen. Der ununterbrochene Fluss von „Ereignissen“ macht jedes „Ereignis“ gleich wesentlich, und durch die ununterbrochene Abfolge von gleich wesentlichen „Ereignissen“ höhlen sie sich selber aus und verlangen nach ihrer unendlichen Reproduktion, um ihrem Aushöhlungsprozess entgegenzuwirken: Unendliche Sinnesleere. Die Möglichkeit, geschweige denn die Fähigkeit, die Wirklichkeit in ihren Sinnzusammenhängen und Relevanzbeziehungen zu durchschauen, von ihr überhaupt zurückzutreten, wird damit immer schwieriger. (Siehe auch Ukraine – Keine Erklärung, von Junius Frey.)
Der Ukraine Krieg als „Zeitenwende“
Aus der Unfähigkeit der (radikalen) Linken einen Schritt zurückzutreten und sich selbst in den Geschehnissen zu verorten, ergibt sich eine weitere Parallele in den Reaktionen auf den Ukraine Krieg und die Covid-19 Pandemie. Die Linke übernimmt die Deutung der Herrschenden. So sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einer „Zeitenwende“. Prompt war dies überall zu lesen und zu hören. „Epochenumbruch“, „3. Weltkrieg“, „Das ändert alles…“. Mit dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine war dieser Epochenumbruch auch für viele Linke eingeleitet und lag offen zu Tage.
Allerdings könnte man den seit Jahrzehnten anhaltenden Konflikt und seine Zuspitzungen in den letzten Jahren auch im Kontext kapitalistischer Akkumulationskrisen, Klimakatastrophe, Neu- und Restrukturierung des Empires (Hardt/Negri) oder den globalen Aufständen seit 2007/2010 interpretieren.
Die Diskussion um eine linke Interpretation bzw. Definition eines “Epochenumbruchs” steht noch aus und wäre eine eigene Bibliothek wert. Die „Zeitenwende“ die heute kolportiert wird ist die „Zeitenwende“ der Herrschenden und ihre Interpretation der Welt, sie sollte aber nicht die unsrige sein. Erst mit dieser Interpretation der „Zeitenwende“ konnte Deutschland sich aktiv in diesem Krieg beteiligen und vor allem konnten alle heimlich oder offen jubelnd zustimmen. Das heisst, die Regierung nutzt diesen Krieg, um ihn zu einem Umbruch in der Geschichte Deutschlands und Europas in ihrem Sinne zu machen. Die Geschichte schreiben die Herrschenden.
Während für uns und einige andere radikale Linke die Corona Pandemie einen wesentlichen Teil dieser „Zeitenwende“ markierte, wurde man für diese Einschätzung nur belächelt. Man übertreibe, solle erst einmal abwarten. Alle machten weiter wie vorher mit ein paar “Gs” und liessen sich von der Erzählung, dass nach durchgestandener Pandemie alles werden würde wie vorher, einlullen. Doch dass das Aufrüsten im Inneren mit dem März 2020 eine neue Qualität bekam und die soziale und biopolitische Kontrolle der eigenen Bevölkerung einen so grossen Schub bekam, schien der radikalen Linken keine grossen Begrifflichkeiten wert.
Sie bemerkte ja nicht einmal, dass sie sich selbst durch autoritäre Tendenzen zerlegte. Der Geschichtslosigkeit der Linken muss ein Ende gesetzt werden. Sie führt dazu, dass sich plötzlich gefragt wird, ob man für oder gegen Waffenlieferungen ist, ob nun Russland oder die Nato schuld sind, ob man für oder gegen die staatlichen Massnahmen ist, ob impfen richtig ist oder nicht. Sie lässt vergessen, dass darin der eigene Ort weder der eine noch der andere sein kann und darf. Keine „Zeitenwende“ wenn die Herrschenden sie nicht anordnen. Doch wir wissen, es braucht eine eigene Geschichtserzählung von unten, um unseren Platz in den Geschehnissen zu finden und ihnen etwas entgegenzusetzen.
Linker Helfer-Tourismus
Auf der anderen Seite führt die linke Moral, wie wir aktuell sehen können, zu einem wahren Boom des Helfer-Tourismus, um den Kriegsflüchtlingen auf ihrem Exodus zu helfen. Auch hier wäre sicherlich eine kritische Reflexion der eigenen Praxis angemessen. Erinnert sei hier nur an die aus der Postkolonialen Theorie angestossenen Debatten um den Freiwilligendienst im Globalen Süden. Wichtigster Punkt darin war die eigene Rolle im Nord-Süd Verhältnis zu reflektieren und das sogenannte Helfersyndrom abzulegen und stattdessen sich der eigenen Verstrickung in die Herrschaftsverhältnisse bewusst zu werden. Erst von dort aus kann ein gemeinsames Lernen und Verstehen beginnen. Lilla Watson, eine Gangulu Aborigine aus Australien, könnte hier als Orientierung helfen: „If you have come here to help me you are wasting your time, but if you have come because your liberation is bound up with mine, then let us work together.”
Es scheint wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die westlichen Staaten momentan ein enormes Interesse daran haben, die ukrainischen Kriegsflüchtlinge so gut wie möglich zu unterstützen. Dadurch arrangieren sie bis vor kurzem mal wieder unvorstellbare Möglichkeiten: Grenzübertritte ohne Pass, formlose Visa-Verlängerungen, Reisefreiheit durch ganz Europa unabhängig von Erstankunftsländern, etc..
Nichtsdestotrotz bleibt es dabei, dass die Flüchtlingshilfe momentan ein humanistischer, aber kein widerständiger Akt ist. Hierfür könnte die Rückbesinnung auf den Summer of Migration als politische Orientierung für heute dienen. Während auch damals viele aus rein humanistischen und moralischen Gründen halfen bzw. die Flüchtlinge willkommen hiessen, gab es auch eine radikale Praxis von Unten, die die eröffneten Möglichkeitsräume der Herrschenden durch die Hilfe bei (il)legalen Grenzübertritten ausweitete und damit die praktische Hilfe mit dem politischen Horizont der Grenzniederreissung einnahm.
Für heute stellt sich die Frage, welchen politischen Horizont die (radikale) Linke einnimmt, um aus der Moral herauszukommen. Und um es ein letztes Mal und unmissverständlich zu sagen: Helfen ist gut, zeigt es doch Menschlichkeit und Empathie, von uns als politischer Linke, dürfen und müssen wir aber mehr erwarten.
Und nun…
Hier könnten einige auf die Idee kommen, dass die Unterstützung anarchistischer Genoss*nnen in der Ukraine an Waffen zu kommen ein solcher Horizont ist. Doch auch hierhin sehen wir den verzweifelten Versuch, die moralisch richtige Seite in diesem Konflikt zu finden. Wir stehen solidarisch an der Seite dieser Genoss*innen in der Ukraine, aber wir werden diese Form der Unterstützung nicht wählen, weil wir meinen, dass Waffenlieferungen in einen Krieg zwischen Nationalstaaten keine Position einer radikalen Linken sein kann. Diese Haltung scheint vielen vielleicht zu einfach und sich zurücklehnend, doch angesichts der kriegstreiberischen Stimmung hier in Deutschland, in der sich der Meinungskorridor immer weiter verengt, scheint uns das Einfache, das was schwer zu machen ist. Das heisst für eine Ende dieses Krieges einzustehen und gegen Aufrüstung und Militarisierung im Grossen zu sein. Es sollte unsere Aufgabe sein, diese Position zu verteidigen und auf ihr zu beharren.
Um es nochmal für alle Linken zu sagen, die noch durch die Covid-19 Pandemie verwirrt sind: Solidarität bedeutet nicht Gehorsam oder Loyalität. In diesem Sinne: In einem Krieg zwischen Nationalstaaten und Bündnissen kann sich keine Seite auf uns verlassen. Wir begrüssen jeden Versuch, diesen Krieg mit antimilitaristischen Mitteln zu beenden. Wir sind in Gedanken auch bei all unseren Genoss*innen in der Ukraine und Russland selbst, bei denjenigen, die versuchen dem Krieg zu entrinnen, aber auch unseren GenossInnen die sich entschieden haben, zivil oder militärisch ihr Zuhause zu verteidigen.
Fuck Putin
Fuck Nato
Fuck Selenskyj
Aus den Verhältnissen desertieren
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„Krieg und Frieden“
Der Krieg entzweit die Nordosseten
Aus Wladikawkas von Boris Epchiev
In Russland leben nicht nur Russen. Aber auch bei den anderen Nationalitäten im Land gibt es unterschiedliche Meinungen zu den aktuellen Ereignissen.
Russland – das sind nicht nur Russen. Hier leben noch auch Menschen Hunderter anderer Nationalitäten. Und obgleich für die ganze Welt alle Bewohner Russlands Russen sind, ist das bei Weitem nicht so. Ich bin Ossete und lebe in der Hauptstadt von Nordossetien, in Wladikawkas. Das ist Russland. Und alle meine Verwandten, nahe und weiter entfernte, alle meine Vorfahren, sind Bürger Russlands. Und bleiben das auch. (Auf Russisch unterscheidet man „russkije“, ethnische Russen, und „rossyjane“, Staatsangehörige Russlands; d. Red.).
Es ist unser Land, mein Land. So wie das von vielen, vielen anderen: Kabardinern, Balkaren, Tschetschenen, Inguschen, Tscherkessen, Tataren, Baschkiren, Lesginen, Laken … So könnte ich noch lange aufzählen und würde trotzdem noch jemanden zu erwähnen vergessen.
Die Einstellungen hier in Ossetien zu dem, was in der Ukraine passiert, sind unterschiedlich. Die einen unterstützen den Krieg, die anderen nicht. Die, die ihn unterstützen sind mehr, auf jeden Fall sind sie sichtbarer.
Sich jetzt öffentlich gegen den Krieg zu positionieren, ist schwierig. In den sozialen Netzwerken hat mittlerweile ein echtes Mobbing begonnen. Kürzlich wurde zum Beispiel bekannt, dass ein 20-jähriges Mädchen in Wladikawkas für Flugblätter gegen den Krieg eine Geldstrafe von umgerechnet etwa 100 Euro zahlen musste. In den Kommentaren wurde sie von offenbar ganz gewöhnlichen Menschen angegriffen, und es ist nicht bekannt, wie es ausgegangen wäre, wenn die Polizei ihren Namen öffentlich gemacht hätte.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Wolodymyr Selenskyj – . – 2.) NORWEGEN – Flugzeug abgestürzt – . – 3.) Der Mut der Chancenlosen – . – 4.) Den Schuss nicht gehört – . – 5.) Oskar Lafontaine – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Da er die Spiele unter den Krähen kennt, wird er wohl kaum noch auf die Hilfe der NATO hoffen. Diese zeigt einmal mehr ihr Gesicht des praktizierenden Kapitalismus indem die Mitglieder es zulassen das Teile ihrer Länder den Russen aufrüsten, um so ihrer Vereinigung das passende Alibi der eigenen Machtlosigkeit zu liefern.
Ukraines Präsident spricht von „Leichenbergen“ an der Front
1.) Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj hat sich in der Nacht an das ukrainische und russische Volk gewandt. Zudem kündigte er für die Dauer des Krieges ein Verbot prorussischer Parteien an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in der Nacht zum Sonntag in einer Videobotschaft martialische Bilder der ukrainischen Militärstärke gezeichnet. Die vordersten Kampffronten seien „mit Leichen russischer Soldaten praktisch überhäuft“, sagte Selenskyj. Bisher seien mehr als 14.000 russische Kämpfer in der Ukraine getötet worden. „Und diese Leichen, diese Körper werden von niemandem geborgen“, fuhr er fort. „Und über sie jagen sie neue Einheiten hinweg, irgendwelche Reserven, die die russischen Befehlshaber irgendwo sammeln.“ Er könne verstehen, dass Russland über schier endlose Reserven an Soldaten und Militärgerät verfüge. „Aber ich möchte von den Bürgern Russlands wissen: Was hat man mit Ihnen in diesen Jahren getan, dass Sie Ihre Verluste nicht bemerkt haben?“. Die ukrainischen Zahlen zu den angeblich getöteten russischen Soldaten lassen sich nicht unabhängig überprüfen – ebenso wenig wie Behauptungen der ukrainischen Staatsführung, sie habe bisher 1.300 eigene Soldaten in dem Krieg verloren. Die russische Seite hat bislang offiziell nur knapp 500 Getötete in den Reihen der eigenen Armee bestätigt. Prorussische Parteien müssen Arbeit einstellen.
Wäre hier vielleicht in der Betrachtung der Situation in der Ukraine, ein wenig Zynismus angesagt? Niemand hat doch gesagt, sie müssten sich in ein Flugzeug des Zahnlosen Tigers setzen? Wurden sie vielleicht von unbekannten Gegnern heruntergeholt, der den Übenden seine Überlegenheit zeigen wollte ? Die ehrlichsten Lügen waren im Krieg schon immer die Besten? So Trauern die Einen über vier Freiwillige, während der Andere vor den Bergen Tausender knieen und weder auf Hilfe noch Mitleid hoffen kann? Lassen wir in unseren Leben nicht immer die verrücktesten Politiker mit unseren Gefühlen spielen?
Vier US-Soldaten sterben bei Nato-Manöver
2.) NORWEGEN – Flugzeug abgestürzt
Seit Montag hält die Nato ein Manöver in Norwegen ab. Am Freitag ist es zu einem Unglück gekommen. Vier US-Soldaten verloren beim Absturz eines Militärflugzeugs ihr Leben. Beim Nato-Manöver „Cold Response“ in Norwegen sind vier US-Soldaten beim Absturz eines Militärflugzeugs ums Leben gekommen. Wie eine Sprecherin der norwegischen Armee am Samstag mitteilte, starben alle vier Insassen des Flugzeugs. Die Maschine vom Typ Osprey war am Freitagabend bei einem Trainingsflug südlich von Bodö vom Radar verschwunden. An dem Nato-Manöver in Norwegen nehmen seit Montag rund 30.000 Soldaten teil. Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Störe erklärte, die Nachricht vom Tod der vier US-Soldaten erfülle ihn mit „großer Traurigkeit“. Nachdem das Militärflugzeug am Freitagabend verschwunden war, konnten die Rettungskräfte wegen schlechter Wetterverhältnisse zunächst nicht am Absturzort landen. Anderthalb Stunden nach Mitternacht sei dann die Polizei vor Ort eingetroffen, teilte die norwegische Armee mit.
Ist es nicht die Aufgabe von Philosophen in einer Leere von Weisheiten andere zum Denken aufzufordern, über das, was ihnen selber unbegreiflich zu sein scheint? So werden weder von Politikern wie den Denkenden auch nur die einfachsten Grundlagen der Mathematik erwartetet. Es ist doch der Vorteil dass in solchen Berufen keine Rechenschaften über ihr Tun eingefordert werden können. Ein Leben in voller Narrenfreiheit!
Widerstand gegen Putins Herrschaft
3.) Der Mut der Chancenlosen
Es geht beim Ukraine-Krieg nicht nur um Kosten-Nutzen-Rechnungen. Eine Hommage an die Menschen, die nicht kapitulieren wollen. Für fünf Sekunden Antikriegsprotest im russischen Staatsfernsehen wird die Journalistin Marina Owsjannikowa womöglich mit fünf Jahren Gefängnis bezahlen. Vielleicht werden es auch 15 Jahre. Ihr Aufschrei gegen russische Propaganda könnte auch tödlich enden, mit einem „Autounfall“, wie sie selbst befürchtet. Auf jeden Fall wird ihr Leben – und das ihrer beiden Kinder – nie wieder normal sein. War es das wert? Nach einer kühlen Kosten-Nutzen-Rechnung eher nicht. Putins Kriegspropaganda flimmert weiter über die Bildschirme. Doch was wäre die Welt ohne Menschen wie Owsjannikowa? Ohne den Mut der Chancenlosen? Wenn es nach dem Philosophen Richard David Precht ginge, sollte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski so bald wie möglich kapitulieren. Warum kämpfen, wenn man angesichts der militärischen Überlegenheit Russlands ohnehin verlieren werde? Könnte man nicht zahllosen Menschen viel Leid ersparen und Tausende Leben retten, wenn man so schnell wie möglich aufgeben würde? Aus pazifistischer Perspektive entbehrt Prechts Forderung nicht einer gewissen Logik. Je länger der Krieg andauert, desto mehr Tote wird es zu beklagen geben. Wenn man nur die Zahlen des militärischen Geräts und der Soldaten auf russischer Seite betrachtet, könnten die Ukrainer das Aufbäumen gegen Putins Imperialismus gleich sein lassen. Die Übermacht ist offensichtlich. Doch ginge es allein um das Gegenrechnen von Panzern, Raketen und Truppen, würden Mathematiker Krieg führen. Die Realität gestaltet sich komplexer, besonders wenn die betroffenen Menschen um ihre Existenz fürchten.
Aber war nicht genau dort, wo den Religionen nicht ihr Zutritt verwehrt wurde, der Verstand der Menschen an seinen Ende angekommen ? Wird nicht auch in der Politik nur versucht, einen normal Sterblichen die Visionen aus längst vergangenen Zeiten als Wahrheit einzubläuen!
Die Invasion der Ukraine kommt der Linkspartei sehr ungelegen
4.) Den Schuss nicht gehört
Die Linkspartei ist nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine in sicherheitspolitischen Fragen aus der Zeit gefallen. Mitten im Bundestagswahlkampf des vergangenen Jahres nahmen die Taliban die afghanische Hauptstadt Kabul kampflos ein, nachdem die im Rahmen eines UN-Mandats dort stationierten Truppen abgezogen worden waren. Dieses Ergebnis war erwartbar, dennoch reagierte die deutsche Öffentlichkeit entsetzt und überrascht. Den Taliban wurden nicht nur jene ausgeliefert, die sich für Demokratie und Menschenrechte im Land eingesetzt hatten, sondern auch zahlreiche verbliebene Ortskräfte der Nato-Truppen. Die Linkspartei, die seit dem Beginn des Einsatzes im Jahr 2001 den Abzug der Bundeswehr verlangt hatte, forderte, zumindest die Ortskräfte auszufliegen. Allerdings war schnell klar: Ohne Unterstützung der US-Truppen war die Bundeswehr dazu gar nicht in der Lage, weil sie den Flughafen in Kabul nicht sichern konnte. Und bei der Abstimmung über das »robuste Mandat« für den Rettungseinsatz enthielt sich die Bundestagsfraktion der Partei »Die Linke« mehrheitlich, weil nicht ausgeschlossen sei, »dass sich die Bundeswehr den Weg durch Kabul erst freischießen muss«, wie es in einer Abstimmungsempfehlung des Parteivorstands hieß. Dem politischen Wunsch, die Ortskräfte zu retten, stand also zweierlei gegenüber: der Bundeswehr mangelte es an Mitteln und der Linkspartei an Bereitschaft, die vorhandenen einzusetzen.
Niemand sollte Oskar Lafontaine nach dem beurteilen was er sagte oder auch schrieb. Was in Erinnerung bleibt ist dass, was er aus seinen Verlautbarungen anschließend machte. Als Ergebnis bleibt hier nur ein weithin sichtbares Rotlicht aus Saarbrücken, über den Doppelstrich stehen. – NICHTS – GAR-NICHTS! Außer die Pleiten – Pech und Pannen eines Polemiker.
Ein Meister der Zersetzung
5.) Oskar Lafontaine
Der Saarländer verlässt die Linkspartei. Den Zeitpunkt hat Lafontaine – wie immer – so gewählt, dass er den größtmöglichen Schaden anrichtet. Oskar Lafontaine, der Meister der Zersetzung, hinterlässt verbrannte Erde. Wieder einmal. Nach seinem überraschenden Austritt aus der rot-grünen Bundesregierung 1999 und seinem Austritt aus der SPD 2005 verkündete der Mann mit 78 Jahren den wenig überraschenden Austritt aus der Linkspartei, die er mitgegründet hat. Die Linke: Größtmöglicher Schaden durch Oskar Lafontaine. Den Zeitpunkt hat der Saarländer wie immer so gewählt, dass er den größtmöglichen Schaden anrichtet. Die Landtagswahl im Saarland steht bevor. Ein Ausscheiden der Partei aus dem Parlament ist nun noch wahrscheinlicher geworden.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Unten — Zu dokumentarischen Zwecken behielt das Deutsche Bundesarchiv häufig die original-bildunterschriften, die sein kann fehlerhaft, voreingenommen, veraltet oder politisch extrem. ADN-ZB/Sindermann/9.9.87/ BRD: Honecker-Besuch Der Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Erich Honecker, traf in Saarbrücken mit dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, Oskar Lafontaine, stellvertretender Vorsitzender der SPD (l.), zusammen. Zugegen war auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag von Niedersachsen, Gerhard Schröder.
Bundesarchiv, Bild 183-1987-0909-423 / Sindermann, Jürgen / CC-BY-SA 3.0
Ein Hochstapler aus kleinen Verhältnissen schwindelt sich zum Finanzminister empor, indem er sich als reicher Erbe ausgibt.
Ob Turboaufrüstung oder „Tankrabatt“: Christian Lindner haut als Finanzminister im Augenblick die Milliarden raus, als gäbe es kein Morgen. Prinzipiell wäre dagegen auch gar nichts einzuwenden – käme der Geldsegen nicht hauptsächlich seinen Kumpelinos aus den Besserverdiener-, Kraftstoff- und Rüstungscliquen zugute und hätte sich der Mann in der Vergangenheit nicht stets als erzliberaler Staatsfeind und strikter Marktfreund inszeniert. Auflösen lässt sich dieser vermeintliche Widerspruch jedoch, wenn man schaut, wie dieser Hochstapler sich seinen Weg nach oben gebahnt hat – stets mit geliehenen Grundsätzen und fremder Leute Geld!
Geboren wurde Christian Wurst, der später als Christian Lindner ein Luxusleben in der Düsseldorfer und Berliner Elite führen wird, in Schwerte im Ruhrgebiet als Sohn eines Altkleidersammlers und einer Baggerfahrerin. Schon zu Grundschulzeiten behauptete er aus purer Lust am Lügen, er wäre Lehrersohn aus Wuppertal und könne Pädagogen jederzeit Freikarten für die Schwebebahn besorgen. Das nahm zwar niemand in Anspruch, brachte ihm aber prompt eine Gymnasialempfehlung ein.
In der Unterstufe spekulierte Christian mit Optionsscheinen auf Pausenbrote, borgte sich Hausaufgaben der Mitschüler und vergaß regelmäßig, sie zurückzugeben. Ehemalige Klassenkameraden beschreiben ihn als unauffälligen Angebertypen, der für einen guten Spruch jederzeit seine Großmutter verkauft hätte und dies für Geld (500 Mark) auch tat.
Mit Einbruch der Pubertät, so erinnern sich viele, sei seine Begeisterung für Markenklamotten ausgebrochen („Diesel-Jeans“). Nach leidlich bestandenem Abitur und Zivildienst begann er systematisch, politisches Wissen und interessante Meinungen vorzuschwindeln und ergaunerte sich auf diese Weise einen Studienplatz in Politikwissenschaft.
Mit 16 aber war er bereits in die FDP eingetreten, wo er genügend Eindruck machte, um schleunigst die Karriereleiter emporzuklettern. Frühere Weggefährten berichten bewundernd, er habe jederzeit die richtigen Dress- und Sprachcodes draufgehabt und schon sehr prononciert „Eigenverantwortung“, „Porsche“ und „Geh sterben!“ sagen können. Zudem trug er die richtigen Anzüge, schwitzte in die richtigen Kaschmirpullis und lief meilenweit in den richtigen Schuhen andere Leute. Der Clou indes, der ihm in diesen Kreisen alle Türen öffnete und Taschen füllte: Er gab vor, er sei der politische Milliardenerbe von Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher.
Als Chef der Jugendorganisation zahlt er bei sämtlichen Gelagen
Angesichts dieses Selbstbewusstseins erübrigten sich wohl sämtliche Nachfragen, zumal Christian als Chef der Jungen Liberalen sämtliche Deckel bei sämtlichen Gelagen zahlte. Doch fand er eben auch immer wieder Zeit für seine Hobbys: Er lieh sich Unsummen von Geld, jonglierte mit Kreditkarten und zahlte seine Schulden mit der Aufnahme von neuen Schulden. Vor allem aber hatte er es raus, so zu klingen wie ein Mann von uraltem liberalen Geldadel, indem er mitten in der Konversation unvermutet Lobeshymnen auf „Fleiß“ und „Leistung“, „Mut“ und „Rendite“ anstimmte, wie auch mit den Zauberworten „Unverzüglich“ und „Sie sind gefeuert!“ um sich warf.
Durch solche Aufschneidereien und weitere geschickte Lügen über seine Herkunft gelang es ihm, eine Reihe von Krediten in Höhe von je mehreren Zehntausend Euro zu ergattern, mit denen er seinen täglich aufwendigeren Lebensstil finanzierte. Irgendwann musste es für jeden seiner Geburtstagsgäste ein Porsche zum Mitnehmen sein. Im Jahr 2000 gelang es ihm darum, in den nordrhein-westfälischen Landtag einzuziehen, was ihm bei den Banken weitere Kredite in beinahe unbegrenzter Höhe einbrachte. Die er allerdings gleich wieder in selbstgegründeten Start-ups der New Economy versenkte.
Auf Kreditkarte seiner Frau kauft er sich einen Sitz im Bundestag
Oben — Protest von FridaysForFuture und Anderen, sowie Ankunft der Verhandlungsteilnehmenden an der Messe Berlin zum letzten Tag der Sondierungsgespräche für eine Ampelkoalition.
NATO-Osterweiterung — Realist oder Ideengeber für Wladimir Putin? Im Ukraine-Krieg ist um die Theorien des US-Politologen John Mearsheimer ein Streit entbrannt. Was ist an den Vorwürfen gegen ihn dran?
„Warum ist die Ukraine die Schuld des Westens?“ Das ist der provokante Titel eines Vortrags, den Professor John J. Mearsheimer – ein berühmter Vertreter der sogenannten realistischen Schule der Internationalen Beziehungen – 2015 auf einem Alumni-Treffen der University of Chicago gehalten hat. Der Mitschnitt wurde auf Youtube bereits mehr als 18 Millionen Mal angeklickt. Und auch 2022 vertritt Mearsheimer diese These, höchst explosiv etwa am 1. März in einem etwas unglücklichen Telefoninterview mit dem New Yorker. Angesichts der russischen Invasion zieht seine Provokation blanke Wut auf sich. Da stellt sich die Frage: Was ist dieser „Realismus“, den er vertritt?
Einerseits ist Mearsheimer entwaffnend offen. Der Vorstoß von 2008, die Ukraine und Georgien in die NATO aufzunehmen, war ein fürchterlicher Fehler. Der Sturz des von Moskau gestützten Regimes von Wiktor Janukowitsch, vom Westen begrüßt und gefördert, hat Russland noch mehr in eine Feind-Positon getrieben. Der Westen müsse einsehen, selbst für das Entstehen einer brandgefährlichen Situation mitverantwortlich zu sein, indem er die alte anti-sowjetische Allianz in das Gebiet ausgedehnt hat, das von Russlands Einflusssphäre übrig ist. Der höchst kontroverse Schluss aus diesem Lagebild: Putins gewalttätiger Versuch, diesen Vorstoß zurückzuschlagen, sollte niemanden überraschen.
Schon 2015 war das anstößig – und erst recht heute, im Licht von Putins ganz unapologetischem Bruch des Völkerrechts. Am 28. Februar, als ein Tweet des russischen Außenministeriums auf Mearsheimer verwies, holte Anne Applebaum zum Gegenschlag aus: „Hier habt ihr es“, schrieb die renommierte und liberal engagierte Historikerin der post-sowjetischen Ära: „Man fragt sich, inwieweit die Russen ihr Narrativ von Mearsheimer und Co. haben. Moskau muss ja sagen, dass seine Invasionen in Tschetschenien, Georgien, Syrien und jetzt in der Ukraine auf das Konto des Westens gingen, und nicht auf Gier und Imperialismus basieren. Amerikanische Gelehrte haben diese Erzählung geliefert.“ Daraufhin schlug die Empörung hohe Wellen. Studierende der University of Chicago lancierten sogar einen offenen Brief: Es sei zu klären, ob Professor Mearsheimer nicht insgeheim auf einer Lohnliste des Kreml stünde?
Ein Beispiel für „Großmacht-Realismus“
Im Kern des Skandals steht Mearsheimers Weigerung, in Putins Aggression etwas anderes zu sehen als eine typische Großmacht-Aktion. Anders als Applebaum hat er mit russischer oder ukrainischer Geschichte und Gegenwart nicht viel zu tun. Er deutet die Vorgänge einfach als Beispiel seiner Lieblingstheorie der Internationalen Beziehungen, des „offensiven“ oder „Großmacht-Realismus“: Russland ist eine Großmacht, so diese Theorie, und schützt seine Sicherheitsinteressen durch die Errichtung und Verteidigung von Einflusssphären. Die USA tun das auch – etwa in Gestalt der Monroe-, oder zeitgenössischer der Carter-Doktrin, die den Raum amerikanischer Interessen bis zum Persischen Golf absteckt. Wenn es sein muss, werden diese Zonen mit aller Gewalt verteidigt. Und wer das nicht versteht, habe keine Ahnung von der wirklichen Logik der Internationalen Beziehungen.
Über Applebaums rhetorische Attacke schüttelt Mearsheimer vermutlich nur müde den Kopf. Und natürlich braucht Putin gewiss keinen Zuspruch aus dem akademischen Amerika, um Russland als Großmacht zu verstehen. Großmächte nutzen moralische und unmoralische Methoden – Stimmen aus ausländischen Universitäten zu instrumentalisieren, ist gewiss ihre kleinste Sünde. Internationale Beziehungen drehen sich für Mearsheimer um Geografie, Wirtschaft und militärische Macht. Sofern Ideen überhaupt einen Einfluss haben, ist in dieser Perspektive höchstens darauf zu hoffen, dass die öffentliche Meinung und die entscheidenden Eliten dieser Großmächte die Einflusssphären der jeweils anderen respektieren und es nicht zu unnötigen Konfrontationen kommen lassen. „Realismus“ bedeutet hier: Klarheit über die Grundstruktur hinter den Ereignissen – und eine resiginierte Akzeptanz von deren vermeintlich unumgänglicher Logik.
In den 2000er Jahren kritisierte Mearsheimer von diesem Standpunkt aus auch einen – nach seinem Dafürhalten – übermäßigen Einfluss der israelischen Lobby auf die Politik der Vereinigten Staaten: Dieser Einfluss trübe die Einsicht der amerikanischen Politik in die tatsächlichen Interessen der USA im Nahen Osten. Und in der jetzigen Lage fordert er uns dazu auf, uns endlich von der Idee zu verabschieden, dass die NATO-Osterweiterung ein unaufhaltsamer historischer Trend sei oder ein Kreuzzug, für den es zu kämpfen lohne.
Fraglos ist in dieser Perspektive wenig Raum für die Souveränität der Ukraine. Der Spielraum dieses Landes ist demnach für immer und schicksalhaft davon geprägt, innerhalb der russischen Einflusszone zu liegen. Doch so bitter das klingt: Wer die faktisch bestehenden Machtpotenziale und Interessen Russlands nicht zur Kenntnis nimmt, riskiert ein sogar noch schlechteres Ergebnis: Die Ukraine droht zerschmettert zu werden. Mearsheimer leugnet nicht die Aggression Russlands, er nimmt sie einfach als gegeben hin. Seine Polemik zielt auf die EU und die NATO, die das Land auf diese gefährlich schiefe Ebene geführt hätten: Dem westlichen Winken mit einer möglichen EU-Assoziation und einer NATO-Mitgliedschaft konnte die ukrainische Politik einerseits kaum widerstehen, was sie aber andererseits unweigerlich dem geballten Zorn Moskaus auslieferte.
Von Reichen und Räumen
Was aber ist eigentlich der Ursprung dieser zwar bestechenden, aber auch düsteren Weltsicht? Fragte man Mearsheimer danach, würde er höchstwahrscheinlich sagen, es handle sich um eine uralte Einsicht, die sich schon in den Schriften des antiken griechischen Historikers Thukydides finde. Aber das ist in Wirklichkeit eine im Nachhinein erfundene Tradition. Tatsächlich ist die politikwissenschaftliche Disziplin der Internationalen Beziehungen erst in den USA des Kalten Krieges entstanden.
Wer darüber mehr wissen will, sollte zu Matthew Specters gerade erschienenem Buch The Atlantic Realists greifen. Specter zeigt darin eine viel plausiblere Herkunftsgeschichte der „realistischen“ Ideen. Diese nehmen nicht etwa in der nebulösen Antike ihren Anfang und auch nicht im Zeitalter der sprichwörtlichen „Realpolitik“ Otto von Bismarcks, in der eine relativ gefestigte Balance zwischen den großen Mächten bestand – sondern im Zeitalter des Imperialismus. Es war im späten 19. Jahrhundert, als die „Verteilung“ der Welt abgeschlossen schien und der Sozialdarwinismus in Mode kam, dass diese Vision einer Welt aufkam, die vom Kampf übermächtiger Staaten um die Räume auf einem begrenzten Planeten bestimmt sei.
Specter zieht eine gerade Linie, die von den Politischen Geografen und Seemacht-Theoretikern des späten 19. Jahrhunderts wie in Deutschland Friedrich Ratzel oder in den USA Alfred Mahan über die deutschen Geopolitiker der Zwischenkriegszeit – etwa Karl Haushofer und Carl Schmitt – zu den Klassikern des amerikanischen „Realismus“ führt, zum Beispiel zu Hans Morgenthau. Ähnlich wie Mearsheimer dachte etwa Schmitt, der Nazi-Jurist und Theoretiker des „Großraums“, in Begriffen einer Weltordnung, die auf der Aufteilung des Planeten zwischen großen Blöcken basierte, die jeweils von einer Vormacht dominiert würden. Charakteristisch für dieses Weltbild ist ein rigider moralischer Relativismus, der jede Idee universeller Werte zurückweist – und weniger auf irgendwelche philosophischen Vorstellungen gebaut ist als auf die als gegeben betrachtete Konkurrenz dieser Machtblöcke selbst. In einem ähnlichen Stil wie heute Mearsheimer betrachteten Haushofer und Schmitt dabei den deutschen „Großraum“ als Äquivalent des Britischen Empire und der Monroe-Doktrin, die de facto den amerikanischen Doppelkontinent zur Einflusssphäre der USA erklärte. Auch die Advokaten der „Groß-Ostasiatischen Wohlstandssphäre“ klangen so, als sie in den späten 1930er Jahren einen von Japan dominierten „Großraum“ reklamierten, der die koreanische Halbinsel, erhebliche Teile Chinas sowie Vietnam, Laos, Thailand, Malaysia, Indonesien und Bali umfassen sollte.
Diese Ideengeschichte ist auch deshalb so wenig bekannt, weil sie für den Liberalismus so skandalös ist. Es verträgt sich nicht mit den Idealen universeller Menschenrechte, die Ansprüche der Mächte einfach hinzunehmen und zum Ausgangspunkt politischen Denkens zu machen. Entsprechend wurden im Zweiten Weltkrieg deutsche Geopolitiker wie Haushofer von der alliierten Presse geächtet – und fanden sich später teils auf der Nürnberger Anklagebank wieder. Das musste ihnen verwirrend erscheinen, hatten sie sich doch stets auf den Aufstieg der USA im 19. Jahrhundert als Lehrbeispiel bezogen. Das war nun natürlich peinlich – und Specter zeigt in einer Reihe augenöffnender Kapitel, wie der amerikanische „Realismus“ sich in der Folge eine neue Geschichte zurechtlegte, die diese imperialistischen Wurzeln hinter einer abstrakteren Theorie verschwinden ließ.
Matthew Specter ist ein Germanist. Zuvor hatte er über Jürgen Habermas geschrieben, den Philosophen in Tradition der Frankfurter Schule. Speziell für ein amerikanisches Publikum ist es nun ein echter intellektueller Coup, die Sorte von „Realismus“ in den Internationalen Beziehungen mit derart dunklen Wurzeln in Verbindung zu bringen, die an amerikanischen Unis bis heute gelehrt wird.
Allerdings bringt Specters Herleitung des „Realismus“ auch eine Verengung mit sich. Wenn Mearsheimer ein typischer Vertreter des Große-Mächte-Realismus ist, dann denkt dieser weniger im Sinne der imperialistischen Fantasien, die zum Ersten Weltkrieg führten. Er steht vielmehr in einer Tradition, die sich im Nachhinein fragte, wie es zu diesem Krieg hatte kommen können und was in der Julikrise von 1914 falsch gelaufen war.
Die deutsch-amerikanische Traditionslinie, auf die sich Specter konzentriert, ist also bemerkenswert, aber an dieser Stelle auch nur ein Teilaspekt. Eine Rolle in dieser Debatte spielten in Großbritannien auch Historiker wie Edward Hallett Carr und ein Philosoph wie Goldsworthy Lowes Dickinson – sowie in den USA linke Historiker der Internationalen Beziehungen, zum Beispiel Charles Beard. Bis heute gibt es eine Affinität zwischen Leuten wie Mearsheimer und der außenpolitischen Linken, die den „Realismus“ dafür schätzt, die brutale Logik der Mächte immerhin unverblümt auszusprechen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist Held der Stunde. Die deutschen Medien und ihr Publikum bewundern den smarten Ex-Komiker, der sich in schwerer Stunde als tapferer Staatsmann erwiesen hat.
„Der melancholische Wolodimir Selenskij hat uns all die Jahre kaum interessiert. Nun sollten wir von ihm lernen“ schreibt die Süddeutsche Zeutung über den Politiker, der so auftritt als könnte man ihn „beim Elternabend treffen“.Dabei wurde Selenskyj, der im Mai 2019 Präsident wurde, lange Zeit wenig ernstgenommen. Anfänglich galt er als eine Marionette des Oligarchen Ihor Kolomojskyj, der sich mit Selenskyjs Amtsvorgänger Petro Poroschenko überworfen hatte. Frisch gewählt erzwang Selenskyj im Juli 2019 die Neuwahl des Parlaments, die seine Partei „Sluha Naroda“ („Diener des Volkes“) mit 43,16 % haushoch gewann.Gegen die Macht der Oligarchen, gegen die er im Wahlkampf wetterte konnte er aber trotzdem wenig bewirken. Sobald es um Gesetze ging, die die Interessen von Kolomojskyj betrafen, wurden sie von unzähligen Änderungsanträgen fraktionsübergreifend torpediert. Gleichzeitig verlangte der IWF, von dessen Krediten die Ukraine abhängt, immer weitere „Strukturanpassungsmassnahmen“, sprich eine neoliberlae Umgestaltung des Staatsapparates und immer mehr Massnahmen gegen die Korruption. Der von der besagten Korruption durchtränkte Staatsapparat verweigerte sich jedoch dem Kampf. Mit grosser Mühe setzte der Präsident eine Landreform durch, die es ausländischen Unternehmen erlaubte, Land in der Ukraine zu besitzen, was für Proteste inner- und ausserhalb des Parlaments sorgte.Verschiedene Ansätze, Reformen durchzuführen, wie etwa den georgischen Ex-Präsidenten und marktradikalen “Wunderreformer” Michail Saakaschwili ins Land zu holen und ihn zum Vizepräsidenten zu ernennen, oder das Parlament durch die Stärkung des Präsidialamtes zu schwächen, glückten zunächst nicht. In nur zwei Jahren wurden vom Parlament drei Regierungschefs gewählt. In dieser Situation begann Selenskyj, ursprünglich als gemässigte Alternative zur Poroschenko auftretend und sich auf die russischsprachige, wenn auch pro-westliche Wähler stützend, sich durch Unnachgiebigkeit gegenüber Russland zu profilieren. Auch das führte zunächst zu wenig politischem Erfolg, weil die westlichen Partner, allen voran die aus der EU, eher zu Mässigung drängten und die Wiedereroberung der Krim und vom Donbass scheinbar für wenig realistisch hielten. Deutschland und Frankreich verweigerten die von Selenskyj erhoffte Revision der Minsker Abkommen, während die rechte Opposition um Poroschenko ihm deswegen Verrat und Schwäche vorwarfen.
Die Corona-Pandemie brachte das Land in eine noch desolatere Lage. Die Ukraine schien zu einem failed state zu werden und als solchen betrachteten die Kontrahenten aus Moskau sie anscheinend bei Kriegsantritt. Da Selenskij einerseits seine Wahlversprechen kaum erfüllen konnte, andererseits an der Wiedergewinnung der 2014 verlorenen Gebiete festhielt, wirkte er von Moskau aus gesehen wie ein schwacher Präsident, der reichlich provozierte. Dass Selenskyj durch seine Mediengesetzgebung der russlandfreundlichen „Oppositionsplattform – Für das Leben“ (OP) um den Oligarchen Wiktor Medwedtschuk ihrer wichtige Ressourcen beraubte und anschliesslich Medwedtschuk selber verhaften liess, machte für Russland deutlich, dass die Chancen, einen Kurswechsel parlamentarisch herbeizuführen immer weiter in die Ferne rückten.
Die fleissige Umrüstung der ukrainischen Armee – die Ukraine hat für die Armee mehr ausgegeben, als jedes andere postsowjetische Land ausser Russland –, samt der Rhetorik, die keinen daran Zweifel liess, dass Ukraine die Revision der Ergebnisse des Krieges von 2014 anstrebte, wurden von der russischen Propaganda dankbar aufgegriffen. Noch kurz vor dem Krieg sprach Selenskyj von der prinzipiellen Möglichkeit die Produktion von den Atomwaffen in der Ukraine zu starten.
Selenskiyj wirkte wie ein Politiker mit schwindendem Rückhalt. Doch wie sich kurz nach dem russischen Einmarsch zeigte, basierten die Pläne Moskaus auf einer eklatanten Fehleinschätzung des ukrainischen Nationalismus. Die Erwartung, weite Teile der Bevölkerung würden sich gegenüber dem Staat – dessen Unabhängigkeit bei der Gründung ein umstrittenes Projekt war – und nationalistscher Mobilisierung indifferent Verhalten, wurde durch einen beachtlichen „Wehrwillen“ karikiert.
Entgegen Hoffnungen der Macher des im offiziellen Sprachgebrauch „Spezialoperation“ genannten Krieges, kündigte die russischsprachige Bevölkerung nicht massenweise dem ukrainischen Staat die Loyalität. Selenskyj wurde auch weder von Militärs, noch von rechten „Falken“ entmachtet, sondern wurde auf einmal parteiübergreifend als Führer der Nation in der Stunde der Not akzeptiert. Die Strategien, die darauf zielten, ihn Anhand seines früheren Berufes als Clown, Anhand seiner Herkunft als Jude oder anhand des in seinem Amt kaum vermeidbaren Umgangs mit den radikalen Nationalisten als Nazi in Augen der ukrainischen Öffentlichkeit zu diskreditieren, bringen nicht den gewünschten Effekt.
Die russische Führung und mit ihr loyale Medien teilen die Sicht, dass in der Ukraine die Würdigung der historischen Rolle der ukrainisch-faschistischen „Organisation der Ukrainischen Nationalisten“ (OUN) beim Kampf um den ukrainischen Nationalstaat zur kompletten Übernahme deren Programm führt. Freilich hat Ukraine eine blühende rechtsradikale Szene, deren bescheidene Erfolge bei den Wahlen in keinem Verhältnis zu ihrer Präsenz auf der Strasse und an der Donbassfront stehen.
Obwohl sich die ukrainischen Rechtsradikalen immer wieder an der jüdischen Herkunft von Selenskyj und Kolomojskyj, der armenischen Herkunft von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko und Ex-Innenminister Arsen Awakow, sowie der tatarischen des Oligarchen Renat Achmetow stören, steht die Vaterlandsverteidiung auf der Prioritätenliste ganz oben. Zudem sind einige OUN-Nostalgiker durchaus bereit, die jüdische Bevölkerung in die Nation einzugemeinden. Das aber nur solange sie loyal zur Ukraine sind und der Geschichtsversion, bei der die Beteiligung von Ukrainern an der Shoa schlicht geleugnet wird, nicht allzu laut wiedersprechen.
Die unerwartete Bereitschaft der ukrainischen Staatsbürger:innen, sich partei- und klassenübergreifend dem nationalen Konsens anzuschliessen und die Staatlichkeit der Ukraine zu verteidigen, wird von den westlichen Verbündeten gewürdigt. Die Ukraine ist nicht Afghanistan, wo Armee und Bevölkerung nicht bereit sind sich für den Staat zu opfern. Es lohnt sich, Waffen dort hin zu schicken und die Kosten für Kriegsführung gegen zahlenmässig überlegenen Feind zu übernehmen, jubeln die westlichen Medien. Selenskyjs Entscheidung wahllos Schusswaffen an die Zivilist:innen zu verteilen, würde woanders als Ende des staatlichen Gewaltmonopols gewertet, in diesem Fall rührt es die westliche Öffentlichkeit zu Tränen.
Die Ukrainer:innen sind doch ein richtiges Volk, weil sie bereit sind einen Krieg für den eigenen Staat zu führen, trotz aller sonstigen Interessenkonflikte. Während in der Ukraine die versprengten Linken sich über besonderes eifrige Landesverteidigung zu profilieren versuchen, kommen die Kräfte, die auf die Russland gehofft haben im Unterschied zu 2014 gar nicht zum Vorschein. Diejenigen, denen an der Unabhängigkeit der Ukraine wenig gelegen ist, sind von der Öffentlichkeit endgültig ausgeschlossen. Putin meinte zwar, Lenin habe die Ukraine geschaffen, aber den entscheidenden Beitrag zur Schaffung eines ukrainischen Nationalbewusstseins scheint er gerade selber mit der „Spezialoperation“ zur Ordnung der politischen Verhältnisse geschaffen zu haben.
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Oben — Präsident Wolodymyr Selenskyj stattete den verwundeten Verteidigern der Ukraine, die in einem Militärkrankenhaus behandelt werden, einen Besuch ab. Die Militärs wurden nach den Kämpfen in der Region Kiew mit Verletzungen unterschiedlicher Schwere in diese medizinische Einrichtung gebracht. Das Staatsoberhaupt verlieh den Militärs Orden und Medaillen für Mut und Hingabe und ehrte das Krankenhauspersonal für vorbildliche Arbeit unter schwierigen Bedingungen. Wolodymyr Selenskyj sprach mit der Leitung des Krankenhauses und fragte nach den Bedürfnissen der Einrichtung und den besonderen Maßnahmen, die während des Krieges ergriffen wurden.
Wer hat sie bestellt – welche verdienen mit Morden ihr Geld ?
Von Ulrike Winkelmann
Dem Sprecher des Deutschlandfunks fiel das Sprechen plötzlich schwer. Es war einer der Profi-Vorleser. Diesen Leuten bereiten sonst nicht einmal die Namen kroatischer Gebirgsdörfer oder isländischer Vulkane Probleme.
Am Dienstagmorgen geriet der Sprecher bei der „Presseschau“ jedoch ins Schlingern. Die „schlechte Sicht aus dem Cockpit des Tarnkappenbombers“ ging ihm leidlich über die Zunge. Bei dem „Passivradar der deutschen Spezialistenfirma Hensoldt“ hörte man das Stirnrunzeln schon mit. Ab dann konnte der Mann sich nur noch von Silbe zu Silbe hangeln: „Das russische S-400-Luft…abwehrsystem kann die … Stealth-…Jets sehr wohl vom Himmel holen.“ Erkennbar verstand er nicht, was er da las – und seinem morgendlichen Deutschlandfunk-Publikum ging es ebenso.
Es ist Krieg, Deutschland rüstet auf, so viel ist klar. Was aber die Details angeht, wissen wir gar nicht, was wir da hören, und mein Verdacht ist: Die meisten von denen, die davon sprechen, wissen das auch nicht. Vermutlich wusste es selbst der Autor des Kommentars aus der „Presseschau“ nicht. Der Weg von Olaf Scholz’ Ankündigung eines 100-Milliarden-Sondervermögens für die Bundeswehr bis zur Entscheidung für den F-35-Tarnkappenbomber war zu kurz, als dass die Nichtfachöffentlichkeit sich ein Bild davon hätte machen können, ob das Ding sein Geld wert ist.
Wobei die Fachöffentlichkeit immerhin schon ein paar Jahre darüber nachdenkt, welche Flugzeuge die altersschwachen Tornados beerben sollen. Mit etwas gutem Willen – und wenn man die VerteidigungspolitikerInnen alle mitzählt – kann man also unterstellen, dass es zum Kauf des F-35 eine Art demokratischer Urteilsbildung gegeben hat. Von der Hyperschallwaffenabwehr, die mindestens so teuer ist und ebenfalls auf der Wunschliste der Bundeswehr steht, lässt sich das nicht behaupten. Und diese Wunschliste enthält noch mehr Gerät, das Fragen aufwirft.
Oben — Militärdekan Dr. Damian Slaczka, Brigadegeneral Frank Leidenberger und Militärseelsorger Michael Weeke zollen den Opfern Respekt. (Foto von OR-7 Jacqueline Faller, RC North PAO)
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Putin frisst keine Fliegen – . – 2.) Dabei stürzt ihn der Krieg in ein Dilemma – . – 3.) Von der Faulheit der Deutschen Politik – . – 4.) Warum es das noch nicht gibt? – . – 5.) Gemeinsam in Dantes Hölle – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Sind die Trüffeljäger-Innen welche jetzt den Staat bestimmen – besser? Das einzig Wahre würde sich erst herausstellen, wenn sich das Fußvolk auf die Jagd begeben würde, den sich selbst erhobenen Cäsarennachfolgern die Trüffel zu entreißen.
Holte Schröder sich im Kreml einen Eimer Kaviar ab? In Moskau gilt jetzt: Was du bist, hängt davon ab, was du isst.
1.) Putin frisst keine Fliegen
Fangen wir mit einem alten Witz an: Woran erkennt man den freundlichen Motorradfahrer? An den Fliegen zwischen den Zähnen. Auch daran, dass uns nach Jahrzehnten dieser geschmacklose Scherz, Chitin schmeckt ja nach nichts, wieder einfiel, ist Putin schuld. Der verglich die oligarchischen Verräter, die in ihren Villen in Miami oder an der Côte d’Azur „nicht auf Gänseleber, Austern oder sogenannte Geschlechterfreiheiten verzichten können“, mit Mücken, die dem anständigen russischen Volk versehentlich in den Mund geflogen seien, von diesem aber natürlich sofort ausgespuckt würden – so schlecht ist die Versorgungslage auch noch nicht. Lieber Austern in Nizza als Buletten in Nowosibirsk. Zwar könnte es in Russland durchaus einzelne aufrechte Patrioten geben, die insgeheim lieber in Nizza Austern essen würden als in Nowosibirsk Analogbuletten von „Onkel Wanja“, der jetzt McDonald’s ersetzen soll. Aber natürlich halten die braven Untertanen sich an Putins neuestes Dekret: Zeige mir, was du isst, und ich sage dir, wer du bist. Und woran würde man Dekadenz, sklavisches Bewusstsein und die Zugehörigkeit zur Fünften Kolonne des Westens besser erkennen als an der Vorliebe für Chicken Wings und Cola light? Fast Food ist verräterisch, seine Verbreitung in Putins Reich ein weiterer Beweis dafür, dass die Amis Russland bis hinunter zum Mastdarm ruinieren wollen. Doch zum Glück gibt es ja einen neuen Doktor Schiwago, der seinem Volk nun eine „natürliche und notwendige Selbstreinigung“ verordnet hat, wahrscheinlich mit dem bewährten Glaubersalz. Diese Rosskur wird die Lust der Oligarchen, in die von ihnen so liebevoll ausgeplünderte Heimat zurückzukehren, nicht unbedingt vergrößern. Bloß, wo sollen die jetzt hin? Selbst in Londongrad, dem sie mit ihren Milliarden zu einer Sumpfblüte sondergleichen verhalfen, sind sie nicht mehr wohlgelitten. Nicht einmal Abramowitsch bekam die Gelegenheit, schnell noch Chelsea, seine Yachtflotte und ein paar Häuschen zu verkaufen, bevor sie beschlagnahmt wurden. Das verbindet am Ende sogar noch Schröder und Lafontaine.
Wird die NATO von seinen Mitgliedländern nicht nur gebraucht, um ihre Geschäftsbeziehungen in aller Welt aufrecht zu erhalten? Haben nicht gerade Frankreich und Deutschland die Russen mit ihren Waffenverkäufen so gestärkt, auf das Putin jetzt den versammelten Westen in eine Atomare-Schreck-Starre versetzen kann?
Diktator Lukaschenko klammert sich an Putin.
2.) Dabei stürzt ihn der Krieg in ein Dilemma
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko lehnt einen Eingriff belarusischer Truppen in der Ukraine ab. „Es gebe nichts zu tun“ und sie seien nicht „eingeladen worden“, hieß es. Er steht nämlich vor einem Dilemma: Lieber Russland seine Treue beweisen oder auf das eigene Volk hören? Die Live-Ticker zur Entwicklung des Kriegsgeschehens in und um die Ukraine meldeten bereits mehrfach, dass auch belarusische Truppen aktiv an der Seite Russlands ins Kriegsgeschehen eingegriffen hätten, nur um diese Nachricht zeitnah doch zu widerrufen. Das Minsker Regime betont mit großem Nachdruck, dass belarusische Streitkräfte nicht aktiv in die Kämpfe involviert seien – allein in seiner Rede zum Inkrafttreten der neuen Verfassung am 4. März unterstrich Lukaschenko dies viermal. Auch amerikanische Dienste und der ukrainische Präsident Selenskyj teilen diese Einschätzung. Auf den ersten Blick wirken Experteneinschätzungen zur Rolle des Minsker Regimes in Putins Angriffskrieg konträr – die einen betonen, dass Belarus de facto aktive Kriegspartei sei, während die anderen zum Schluss kommen, dass Lukaschenko die Souveränität des Landes und somit auch seine Entscheidungsgewalt praktisch an Russland verloren habe. Was davon stimmt? Militär, Nutzung der Infrastruktur, russische Waffen – das spricht für belarusische Hilfe an Russen.
Hinterlässt es nicht ein beglückendes Gefühl sehen zu dürfen, wie bequem sich Deutsche Politiker-Innen eingerichtet haben? Genau darum sind wir ja ein Mitglied der NATO, welche es sich erlauben kann, gesehenes Unrecht in dieser einen Welt Zahnlos geschehen zu lassen? Aber so ging es immer schon unter den Raubtieren zu. Selbst fressen macht Fett und Träge. Wofür werden Milliarden in die NATO verpulvert, wenn diese sich bei Gefahr im Anzug, als Feigling lange eingebunkert hat ? Dort wo Politiker selber Blank ziehen, verweht auch der Gestank der Faulheit. Der Fisch fängt immer am Kopf zu stinken an!
Der ukrainische Historiker Mykola Borovyk spricht in Berlin über die westliche Bequem Lage.
3.) Von der Faulheit der Deutschen Politik
Für die deutsche Öffentlichkeit scheine die Ursache für den Ukrainekrieg weiterhin im Dunkeln zu liegen, sagt Mykola Borovyk am Donnerstagabend in Berlin. Der ukrainische Historiker und wissenschaftliche Projektmitarbeiter der KZ-Gedenkstätte Sachsenburg kam zu einem Vortrag ins Potsdamer Einstein Forum. Die Absichten Wladimir Putins waren seit Jahren erkennbar, so Borovyk. Man habe sie nicht hören wollen. Putin drohte bereits 2008 der Ukraine mit einem Atomschlag, sollte sie der Nato beitreten. Eigentlich, so sagt Borovyk, sehe Putin die Nato, deren Staatsoberhäupter er für schwach halte, nicht als Bedrohung an. Seit Jahren betreibt Russland Handel mit ihnen, ließ sich zudem, auch nach der Annexion der Krim, Waffen etwa aus Deutschland und Frankreich liefern. In Putins Weltbild aber habe die Ukraine als Staat kein Existenzrecht. Ideologisch knüpft der russische Präsident ans Zarenreich an, als man die Auffassung vertrat, das russische Volk bestehe aus Großrussen, Weißrussen (Belarussen) und Kleinrussen (Ukrainern). Nach der Oktoberrevolution 1917 gründeten die Ukrainer:innen einen eigenen Staat, der jedoch 1920 in die Sowjetunion hineingezwungen wurde. Lenin, so sagte es Putin in seiner Ansprache kurz vor der Invasion, sei „Schöpfer und Architekt“ einer Ukraine, die es sonst gar nicht gegeben hätte. Der jetzige Krieg, so Borovyk, habe bereits begonnen, als die Ukraine es wagte, sich 1991 erneut für unabhängig zu erklären. Für Putin trage die Ukraine Schuld am Zerfall der Sowjetunion, an die im heutigen Russland oftmals mit verklärender Nostalgie gedacht werde.
War es nicht der einzige kluge Schachzug einer 16 jährigen Merkel-Regierung, die SPD zu sich in den Keller herab zu ziehen um such von Dieser – samt der geballten Öffentlichkeit mit Funk und Fernsehen, genau den umgekehrten Weg vorgaukeln zu lassen?
Um Russland und seine Superreichen wirksam zu treffen, bräuchte es ein internationales Finanzregister.
4.) Warum es das noch nicht gibt?
Ganz einfach: Die Reichen im Westen wollen es nicht. Die Ukraine-Krise hat eine alte Debatte wiederbelebt: Wie lässt sich ein Staat wie Russland effektiv sanktionieren? Gerade heraus gesagt: Es ist Zeit für neue Sanktionsformen, die den Schwerpunkt auf die Oligarchen setzen, die dank des fraglichen Regimes reich geworden sind. Erforderlich ist dafür aber die Einführung eines internationalen Finanzregisters, das den Reichen im Westen nicht gefallen wird. Deren Interessen sind sehr viel stärker mit denen der russischen und chinesischen Oligarchen verbunden, als manchmal behauptet wird. Aber das wäre der Preis dafür, dass westliche Länder den politischen und moralischen Kampf gegen Autokratien gewinnen und der Welt zeigen, dass die laut tönenden Reden zu Demokratie und Gerechtigkeit nicht nur leere Worte sind. Machen wir es uns kurz klar: Das Einfrieren von Vermögenswerten im Besitz von Putin und Mitgliedern seiner Familie ist bereits Teil des Arsenals an Sanktionen, das seit Jahren ausprobiert wird. Das Problem ist, dass die verhängten Maßnahmen zum Großteil symbolisch bleiben. Sie betreffen nur ein paar Dutzend Leute und können durch Strohmänner umgangen werden – ganz besonders, weil nichts getan wurde, um den Immobilienbesitz und die Finanzportfolios, die jeder einzelne besitzt, systematisch zu erfassen und mit Querverweisen zu versehen.
Ein Walzer im Dreiviertel Takt der hat die Schmeißfliegen zusammen gebracht. Wenn doch das liebe Geld nicht wär, dann wären die Beiden nicht Millionär? Das alles nur, ob der Idiotie ihrer Wähler, welche die Partei ins schweben brachten. Na vielleicht erleben wir noch den kompletten Zusammenbruch? Lassen wir uns einmal überraschen, wohin die Kompassnadel der ewigen Flügelhopperin in naher Zukunft ausschlägt?
Leute was kostet die Welt, wer hat sich die Narren bestellt?
Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine sind sich am Ende näher, als sie glauben
5.) Gemeinsam in Dantes Hölle
Das Genre der Doppelbiografie ist leider aus der Mode gekommen – doch das gemeinsame Ende der großen Zeiten von Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine fordert fast ihr Comeback: zwei Erzfeinde, die am Ende ihrer Karriere, nach Jahrzehnten des Miteinanders, Auseinanders und Gegeneinanders, in der exakt selben Ecke angekommen sind. Soeben ist Gerhard Schröder von seiner Spezialoperation aus Moskau zurückgekommen. Spötter meinen, die Reise habe vor allem den Bedürfnissen seines Privatvermögens gegolten. Noch während er bei Putin antichambrierte, trat er von der Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover zurück, bevor die ihn von der Liste streicht. Ähnlich wird es wohl mit der SPD-Mitgliedschaft laufen. Beides ist ihm weniger wichtig, als von seinen Funktionen als Gasmogul zurückzutreten – was ihm zum jetzigen Zeitpunkt wohl nicht einmal Putin selbst übel nehmen würde. Sein alter Erzrivale Lafontaine hingegen ist aus der Linkspartei ausgetreten, seiner eigenen Gründung. Sie sei ihm nicht mehr »friedenspolitisch« genug, womit er wahrscheinlich meint, dass es auch noch Vertreter der Partei gibt, die nicht eins zu eins die Kremlpropaganda nachplappern. Jetzt sind sie beide, Schröder und Lafontaine, zuguterletzt auf ihr publizistisches und unternehmerisches Glücksrittertum heruntergefallen; skurrile Gestalten, denen man kaum anmerkt, dass sie vor 20 Jahren noch Berge versetzt haben; verbunden nur mehr durch Ressentiments, Honorarverträge und den unerschütterlichen Willen, zu Putin zu halten, gleich, wie viel Blut der noch vergießt.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Unten — Zu dokumentarischen Zwecken behielt das Deutsche Bundesarchiv häufig die original-bildunterschriften, die sein kann fehlerhaft, voreingenommen, veraltet oder politisch extrem. ADN-ZB/Sindermann/9.9.87/ BRD: Honecker-Besuch Der Generalsekretär des ZK der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Erich Honecker, traf in Saarbrücken mit dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, Oskar Lafontaine, stellvertretender Vorsitzender der SPD (l.), zusammen. Zugegen war auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag von Niedersachsen, Gerhard Schröder.
Bundesarchiv, Bild 183-1987-0909-423 / Sindermann, Jürgen / CC-BY-SA 3.0
Sprachliche Unterschiede zwischen Flüchtlingen und Migranten
Von Uta Schleiermacher
Eine sprachliche Unterscheidung zwischen Vertriebenen und Migranten steht uns nicht zu. Solche Begriffe suggerieren Dringlichkeiten und schaffen Kluften.
In unserem Sprechen und Denken über Flucht taucht ein alter Begriff gerade wieder neu auf: die Vertriebenen. So spricht etwa die Bundespolizei inzwischen konsequent von Vertriebenen, wenn es um die Flüchtlinge aus der Ukraine geht. Ähnlich Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Sein Bundesland behelfe sich gerade „mit pragmatischen Lösungen“ bei der „Unterbringung und Versorgung der Vertriebenen“, erklärte er Anfang März, als täglich mehr Menschen aus der Ukraine auch nach Brandenburg flohen.
Dass nun von Vertriebenen die Rede ist, hat einen schädlichen Effekt. Es suggeriert einen Unterschied zwischen dieser Gruppe von Flüchtlingen und Flüchtlingen aus anderen Regionen. Damit entsteht eine tiefe Kluft. Es lässt die Fluchtgründe jener anderen Gruppen, die andere Grenzen überwinden (müssen), weniger dringlich erscheinen. Allen, die sich für eine grundsätzliche Gleichbehandlung geflüchteter Menschen einsetzen, muss das gegen den Strich gehen.
Noch schärfer zutage tritt diese Kluft im Sprechen über die Menschen, die seit dem vergangenen Herbst versuchen, über Belarus nach Polen und Deutschland zu kommen. Viele mit dem Ziel, Asyl zu beantragen. Für sie setzte sich der Begriff Migranten durch – nicht nur in Mitteilungen der Bundespolizei, sondern zunehmend auch in den Medien. Das Wort schwappte auch auf andere Gruppen über. „Migranten“ sind im öffentlichen Diskurs nun zunehmend auch die Menschen, die unter Todesgefahr über das Mittelmeer Richtung Europa fliehen.
Wer von Flüchtlingen als Migranten spricht, entpolitisiert ihr Anliegen und lässt ihr Schutzbedürfnis als wenig berechtigt erscheinen. Wenn bei Vertriebenen ein Zwang hinter ihrem Schicksal angedeutet wird – wer „vertrieben“ wird, kann schließlich kaum etwas anderes tun, als seine Sachen zusammenzuraufen und zu fliehen –, dann lassen Begriffe wie Migrant und stärker noch der besonders abwertende Begriff Wirtschaftsflüchtling die Flucht als frei gewählt oder selbst verschuldet erscheinen. Doch das ist eine Bewertung, die uns hier im globalen Norden nicht zusteht.
Ein zusätzlicher Effekt des Begriffs Vertriebene ist, dass er die als solche bezeichneten Flüchtlinge aus der Ukraine näher heranrückt an die deutsche Geschichte. Sie gehören zu einer Gruppe, mit der sich auch diejenigen gut identifizieren können, die ihre Großeltern oder Eltern als Vertriebene des Zweiten Weltkriegs sehen. Denn von rechtlicher Bedeutung war der Begriff Vertriebene bisher nur im Zusammenhang mit dem Bundesvertriebenengesetz von 1953. Es fasste unter Vertriebene deutsche „Staatsangehörige“ oder sogenannte Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz im Zusammenhang mit den „Ereignissen des Zweiten Weltkriegs“ verloren hatten.
Dass Flüchtlinge aus der Ukraine überhaupt einigen als Vertriebene gelten, hat einen rechtlichen Grund. In der am 3. März von der EU in Kraft gesetzten „Massenzustromsrichtlinie“, nach der Menschen aus der Ukraine nun in der EU aufgenommen werden, ist – in der deutschen Fassung – schon im ersten Artikel tatsächlich von „Vertriebenen aus Drittländern“ die Rede – und nicht etwa von Zugeströmten. So begründet auch die Bundespolizei ihre Verwendung dieses Begriffs.
Trotzdem bleibt es problematisch. Solche juristischen Feinheiten bügeln wir auch sonst in der Alltagssprache und in den Medien oft glatt. Flüchtlinge dürften sich streng genommen nur die nennen, denen ein Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention zugesprochen wurde – es wäre also ständig zu unterscheiden zwischen Geduldeten, Asylsuchenden und subsidiär Schutzberechtigten. Das passiert teils auch. Tatsächlich wird der Begriff Flüchtlinge aber viel breiter verwendet, als es rein juristisch gesehen angemessen wäre.
So hat etwa auch die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl 2016 dargelegt, warum sie den Begriff Flüchtling bevorzugt – auch im Vergleich zu Geflüchtete*r. Denn hier ginge es eben um einen Begriff, der die politische Dimension offenlege und der es den Gegnern der Flüchtlinge schwer mache, deren Anliegen abzuwerten.
Zehn Tage vor der Landtagswahl im Saarland, wo DIE LINKE um den Wiedereinzug in den Landtag bangt, hat Oskar Lafontaine die Partei verlassen. Es wird nun unwahrscheinlicher, dass im nächsten saarländischen Landtag noch eine linke Stimme vertreten sein wird. Und offenbar will Lafontaine genau dies befördern. Wäre das nicht der Fall, hätte er am 28. März der Partei den Rücken kehren können. Es ist zu traurig, dass er damit die eigenen Beteuerungen, wie wichtig eine linke Partei in den Parlamenten doch ist, Lügen straft.
Nachdem Lafontaine sich für seinen Aufruf zur Bundestagswahl DIE LINKE an der Saar nicht zu wählen, weil ihm die Landesliste und die Umstände unter denen diese entstanden war, nicht gefallen hatten, ein Parteiausschlussverfahren eingehandelt hatte, setzt er bei seinem Austritt aus der LINKEN noch eins drauf. Er macht klar, dass er nach der Maxime „Was Du nicht beherrschen kannst, zerstöre!“ handelt. Und damit macht er vielen Linken schwer, seine Verdienste für die Partei DIE LINKE anzuerkennen.
Und diese Verdienste sind gar nicht einmal gering. Als WASG und PDS sich 2005 entschlossen gemeinsam zur Bundestagswahl anzutreten, galt Lafontaine als Spitzenkandidat in NRW vielen Menschen als Garant dafür, dass hier etwas Neues entstehen würde. Die ersten Jahre der jungen Partei prägte er als Co-Vorsitzender maßgeblich mit, hatte Anteil an einer Reihe von Wahlerfolgen und schwor im Bündnis mit der Parteilinken die neue Partei auf eine scharfe Abgrenzung zur SPD und der neoliberalen Agenda 2010 ein. 2012 kämpfte er auf dem Göttinger Parteitag mit Erfolg um die gefährdete Einheit der Partei.
Fakt ist aber auch, dass Lafontaine in der Partei wichtige Auseinandersetzungen verloren hatte. Den Landesverband im Saarland hätte er für sich und die Partei retten können, wenn er eine neue, glaubwürdige, demokratische Praxis vorgelebt hätte. Statt dessen hat er sich in Kämpfe von Beutegemeinschaften verstrickt und zuletzt den Kürzeren gezogen. Der desolate Zustand der Saar-Linken ist ihm genauso anzulasten, wie seinen Kontrahenten.
Absage an eine zeitgemäße Linke
Nach dem Göttinger Parteitag 2012 geriet Lafontaine mit der neuen Parteispitze in Gegensatz. Grund dafür war, dass nach gründlicher Analyse der Parteivorstand das strategische Konzept, DIE LINKE als „eigentliche und echte Sozialdemokratie“ im Gegensatz zur SPD zu präsentieren, aufgab. Dieses Konzept hatte sich zwischen 2007 und 2013 verschlissen. Wählerinnen und Wähler, die 2005 und 2009 DIE LINKE gewählt hatten, weil sie sich Korrekturen in der Arbeits- und Sozialpolitik wünschten, hatten die Hoffnung und damit auch die Orientierung auf DIE LINKE nach und nach aufgegeben. Neue Wählergruppen mit eigenen Motiven mussten gewonnen werden.
2011 hatte DIE LINKE zudem ihr Erfurter Programm beschlossen. Sie trug damit zu einem Teil den Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in Gesellschaft und Wirtschaft Rechnung. Sie griff Themen wie z.B. den Klimawandel und die fortschreitende Umweltzerstörung auf, die in der traditionellen Arbeiterbewegung keine Rolle gespielt hatten. Sie bezog sich zudem auf feministische Ideen und auf einen universellen Humanismus.
Nach 2013 vollzog sich langsam aber stetig ein Wandel in der Partei. 2005 stand der gemeinsame Wahlantritt von WASG und PDS unter der Losung „Für eine neue soziale Idee!“. Diese neue soziale Idee wäre schon damals nötig gewesen, kam aber nicht zum Ausdruck. DIE LINKE vertrat während ihrer ersten Jahre eine traditionelle sozialdemokratische Idee. Erst nach 2015 wurden nach und nach die Konturen einer neuen sozialen Idee erkennbar. Der damalige Co-Vorsitzende, Bernd Riexinger, entwarf sowohl das inhaltliche Konzept eines linken Green New Deal als auch das strategische einer verbindenden Klassenpolitik. DIE LINKE konnte so besser auf die Problemlagen und Interessen vor allem jüngerer Menschen in urbanen Milieus eingehen. Diese jüngeren Menschen traten seit 2017 zu tausenden in die Partei ein und verändern sie täglich.
Lafontaine opponierte derweil gegen die neuen Konzepte, unterstützt von seiner Ehefrau Wagenknecht und einer Minderheit in der Partei. Er und seine Anhängerschaft halten nach wie vor an dem Konzept einer SPD 2.0 für DIE LINKE fest. Die Partei soll nicht grüner als die Grünen werden, sie soll sich nicht um unterdrückte Minderheiten kümmern, sondern soll ausschließlich die traditionellen Milieus der Sozialdemokratie pflegen. Nicht zuletzt soll sie einen nationalen Fokus haben, so dass die Meinungsverschiedenheiten sich an den Positionen zur Migration immer wieder entzündeten.
Alle diese politischen Fragen nennt Lafontaine in seinem Austrittsschreiben als seine Gründe. Und wieder einmal wirft er der Linken zu Unrecht vor, sich nicht ausreichend um die Probleme von Armen und Arbeitenden zu kümmern. Auch diese jahrelangen Behauptungen haben der Partei DIE LINKE seit langem geschadet. Lafontaine und Wagenknecht haben mit ihrer oft ungerechtfertigten Kritik einen großen Anteil sowohl an den Auseinandersetzungen in der Linken als auch an dem dürftigen Wahlergebnis der letzten Bundestagswahl.
Nun hat der streitbarste Vertreter des Konzeptes einer SPD 2.0 die Partei DIE LINKE verlassen. Er ist wohl zu der Überzeugung gekommen, dass in der nun existierenden Partei keine Mehrheiten mehr dafür zu gewinnen sind. Diese Einschätzung wird richtig sein. Schade bleibt, dass Lafontaine Abschied aus der Politik nun nicht mit seiner glänzenden Friedensrede im saarländischen Landtag als Erinnerung bleibt, sondern mit einem Zerstörungsimpuls gegen die Partei, die er doch eigentlich aufbauen wollte.
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Oben — For documentary purposes the German Federal Archive often retained the original image captions, which may be erroneous, biased, obsolete or politically extreme. 30.8.-2.9.1988 SPD-Parteitag in Münster, Halle Münsterland
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Trotz Corona Wahnsinn und scheinbar nackter Lust am Krieg: Plattitüden der Parteien zur Landtagswahl im Saarland 2022
Puh – der kleine Kopf mit den weisenden Händen
Vor Dr. Nikolaus Götz
Jetzt im Frühjahr 2022 dürfen auch alle Saarländer endlich wieder in die öffentlich bekannt gegebenen Lokale. Besonders wird diese Bürgerpflicht am 27.März gefordert, dem im Saarland angesetzten ’Zahltag’ für die politische Leistung der bundesdeutschen wie regional aufgestellten Politiker. Auch deshalb schaut der deutsche Bund intensiv auf das kleinste Land seiner Republik. Die angesetzte „Wahlpflicht“ ist jedoch kein Wahlzwang und der Akt ist freiwillig – den schlimmen aktuellen Zeitumständen zum Trotz. Dabei gilt das allgemeine ’Wählen’ all jenen Parteien, die es geschafft haben, eine Liste einzureichen.
Die Inzidenzwerte der im Saarland zugelassenen 20 Parteien erhöhen sich nun Tag für Tag, meint bestimmt auch das RKI. Ja, die wirtschaftlichen Inzidenzwerte volksnah auch als „Preise“ bekannt, steigen jetzt überall: bei den Lebensmitteln, bei den Versicherungen, bei den Heizkosten, bei den Energiepreisen, etc. weswegen sich die saarländischen Spitzenpolitiker im Wahlkampf auch schon echt „Sorgen machen“. Natürlich gab es diesen ’Kaufkraftverlust’ bisher „wegen Corona“, erzählen uns die kurzgeschalteten Medienvertreter und Politiker. Jetzt aber steigen die Preise natürlich wegen dem bösen Krieg des Wladimir Putin. Mit unserem „Wirtschaftssystem“ oder der unverschämten Preistreiberei gewisser Erdöl-Konzerne hat das rein gar nichts zu tun! Nein, nein, nein! Fragen Sie doch einfach bei Ihrem Kapitalanleger von der Börse nach oder bei ihren Arzt oder Apotheker…
Die vorliegende saarländische Quantität an Parteien und die aufgestellten Personen passen zur gelieferten inhaltsentleerten Qualität an Politik für „unser“ Volk, wie der Schnellblick in die Kurzprogramme für die Saarlandwahl zeigt. Programmheftchen, wie großflächige Werbetafeln oder Zeitungsanzeigen sind jetzt im Saarland weit verbreitet. Vorbeieilende Wähler bekommen sie kostenlos, oft mit einem ’Stift’. „Gemeinsam statt einsam!“ (1), meinen die Macher von die.Basis.saar., diese Aristotelische Erkenntnis des ’zoon politikon’ neu entdeckend. „So geht Zukunft.“, orakelt die CDU und präzisiert: „Mit neuem Antrieb und neuen Perspektiven werden wir unser Land fit machen für die Herausforderungen der Zeit nach der Pandemie…“ (2). Bei der SPD ist nun „echte#SaarlandLiebe“ angesagt, wobei der Griff zur Milch der Marke ’Landliebe’ bestimmt häufiger erfolgt. Diese Partei behauptet „Die richtige Wahl“ zu sein, zumal „Für unsere Zeit und unsere Heimat“. Doch es geht auch politisch konkret! Dass die Polizei jetzt Präsenz in jeder Kommune zeigt (3), erfreut bestimmt die jugendlichen Schwarzfahrer, die für den ÖPNV noch 365;- Euro zu berappen haben. Mutti, das ist doch nicht viel oder? Derweil ist der Nahverkehr im etwa 50 km entfernten Luxemburg längst kostenlos! Die SPD-Führung ist halt „konservativ!“ ’Suboptimal’ formuliert es der Flyer „Klimakosten“, der überzeugen will, eine „Politik“ zu wählen, „die mich schützt“: „Wer ist schuld?“, wird gefragt. Antwort: „Die Politik!“(4) Uff. Wirklich? Früher war doch „Gott“ für alles verantwortlich, weswegen „christlich“ (?) gewählt wurde. Na, ja, das war in „der guten alten Zeit“…und die Partei „Politik“ ist nicht auf der Wahlliste zu finden.
Vor der Wahl versprechen die Alt- wie die Neu-Parteien (5) flau alles und noch viel mehr, wobei nach der Wahl die gewinnenden Repräsentanten von nichts mehr wissen. Warum auch! So kann jederzeit aus dem Bauch heraus den Bürgern eine „Sonderzahlung“ eingebrockt werden. Sind 100 Mrd. Euro zusätzlich für „Friedenssicherung“ – schon das Wort ist eine Lüge – nicht Peanuts? (6) Warum wurde eine solche Investition nicht in der Corona Krise für den Bau von Krankenhäusern getätigt! Alles zum Wohl des Volkes?
Nur die Klorollen und Blockflöten sind im Interesse des Staat!
Während ’im Reich’ in der gerade fast durchlittenen Corona-Zeit ein Mangel an Klopapier auftrat, gibt es an der Saar zur Wahl 2022 im ’Kabinett’ keine Schreibstifte mehr. Der anonyme Verfasser der offiziellen Wahlbenachrichtigung für die Wahl zum Landtag des Saarlandes teilt deshalb mit, dass jeder Wähler oder jede Wählerin auch seinen eigenen „Stift“ mitzubringen hätte. Natürlich gilt auch Maskenpflicht (7), was die ewig vermummte, pechschwarze Antifa-Saar besonders erfreut. Anlässlich der in gewissen Hirnen immer noch schlimm wütenden Corona-Pandemie weist das „Wahlamt der Landeshauptstadt Saarbrücken“ ausdrücklich darauf hin, dass die bekannten Hygienemaßnahmen gelten. „AHA“! Und natürlich muss ’Anstand’ gehalten werden. Doch was würde passieren, wenn ein, sagen wir einmal, „Querdenker“ ins Wahllokal käme, um dort sein Wahlrecht „ohne Maske“ auszuüben? Wie würden die Aufpassenden reagieren? Wie einst der alte Blockwart mit „Wahlrechtsentzug?“ Der mediale Skandal zur Saarlandwahl wäre perfekt! Vielleicht jedoch ist gerade das die „politische Absicht“ des Anonymikus vom Wahlamt. Interessant erscheint auch die gegebene Wahlanleitung: „Bringen Sie einen eigenen Stift mit!“ Ob schwarz, ob rot, ob blau-gelb oder ob grün, beim mitzubringenden „Stift“ ist jede Farbe gestattet, da nicht ausdrücklich verboten. Das ist gut so, denn so spiegeln die Wahlzettel optisch möglicherweise die erwählte politische Position auch farblich wieder! Doch das kackrotbraun von der Partei ’Die Partei’ irritiert die Wählerschaft, wenngleich hier endlich politische Ziele klar und konkret formuliert werden: „Atombombe für das Saarland!“ oder die „Saarschleife begradigen und Walfangverbot“ (8). Was tun, wenn der Zettel braun markiert wird? Besser verbliebe die AfD-Saar mit dem Ex-Grünen Josef Dörr an der Spitze eher farblos. Wären farblose Stimmen aber zählbar?
Erfüllen die farbigen Zettel bei der kommenden Saarlandwahl noch das Kriterium „geheim“?, ist zu fragen. Eigentlich sind solche Vorabüberlegungen zur Wahldurchführung ja „scheiß egal“, denn die „politische Ernüchterung des Volkes“ über die geleistete Arbeit aller Kandidaten zwischen Corona Wahnsinn und scheinbar nackter „Lust am Krieg“ ist groß. Die Inzidenzwerte der prognostizierten Abstinenzwerte der Wählerschaft liegen schon bei über 60% und steigen konstant. Ein saarländischer Wahlinfakt ist zu befürchten. Doch die Nichtwähler werden im demokratischen System der ’Volksherrschaft’ sofort ausgeblendet oder richtiger „eliminiert“. Die nämlich „gültigen“ Stimmen der Wähler werden stets auf 100% gesetzt. Gut ist, dass am 27. März 2022 zur Landtagswahl im Saarland zumindest die Geimpften ebenso unkontrolliert wie die Ungeimpften kommen, wählen und dann „stiften gehen“ dürfen. Und so bleibt denn im politischen System alles wie bisher, wenn auch die Partei ’Die Linke’ mit Oskar Lafontaine nicht mehr im kommenden Landtag vertreten sein wird (9).
Anmerkung:
1 Wahlfaltblatt „die Basis“ mit der Erkenntnis: Du bist die Basis… für Deine Zukunft, Freiheit, Familie, Kinder, Gesundheit, Arbeitswelt ….und dann?? …NIX; Siehe auch: diebasis.saarland
2 Wahlfaltblatt: SAAR-CDU-LAND: Tobias Hans. So geht Zukunft. Siehe auch cdu-saar.de
3 Wahlfaltbrief: Post von Anke Rehlinger in jedes Haus: Saar SPD. Unser Saarlandplan. Die Ziele auf einen Blick: Echte#SaarlandLiebe: Textauszug: „Unser Land braucht deshalb eine kompetente und kraftvolle Führung an der Spitze der Landesregierung – mit konkreten Plänen für die Zukunft, Zuversicht und echter SaarlandLiebe.“
4 Hauswurf-Infoblatt „Klimakosten“ im Briefkasten von: Klima Stiftung gGmbH; siehe auch info@klimastiftung.net
5 Unter dem Begriff „Altparteien“ werden verstanden: CDU/SPD und FDP; leider gehören inzwischen auch die männerfeindlichen GRÜNEN-Saar dazu, die es ja schon seit 1979 gibt und deren Kinder als ’Friday for Future’ herumtoben. Insgesamt kann sich ein Wähler am 27. März 2022 zwischen 20 Parteien entscheiden. Siehe auch: wikipedia.org/Wiki/ Landtagswahl_im_Saarland_2022
6 Der Anglizismus ’Peanuts’ bedeutet ’Erdnüsse’; das Lehnwort aus der englischen Sprache ist umgangssprachlich ein Ausdruck für eine Kleinigkeit oder eine eher unbedeutende Geldsumme.
7 Siehe in der Wahlbenachrichtigung für die Wahl zum Landtag des Saarlandes: Betonter grauer Kasten: „Hinweise zu Hygienemaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie:
Maskenpflicht in allen Wahllokalen
Abstand halten
Bringen Sie einen eigenen Stift mit
Alternativ können Sie mit Briefwahl kontaktlos wählen.“
8 Wahlfaltblatt von ’Die Partei’: „Wahlwerbung verbieten“. Diese ’Witzpartei’ pointiert die Unfähigkeit aller übrigen Parteien wirkliche politische Ziele zum Wohle des Volkes zu erarbeiten. Mit Eigenironie und purem Sarkasmus zeichnet sie auch die Verkommenheit der politischen Repräsentanten nach. Lesen Sie den kommentierenden Text zur CDU/SPD/DIE GRÜNEN/DIE LINKE/Bunt.saar /Die NSAfD und die FDP: siehe weiter bei: die-partei-saar.de
9 Wie über die Presse zu erfahren war, hat am heutigen Tag, dem 17. März 2022, Oskar Lafontaine, die von ihm im Jahr 2007 initiierte Partei ’Die Linke’ verlassen. So entstehen neue Dolchstoßlegenden!
Kurz vor der Wahl im Saarland hat Oskar Lafontaine seinen Austritt aus der Linkspartei erklärt. Die Reaktionen reichen von Bedauern bis zur Empörung.
Aus, Schluss, vorbei. Mit einem großen Finale tritt Oskar Lafontaine von der politischen Bühne ab. Einen Tag nach seiner letzten Rede im saarländischen Landtag und keine eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl in seinem Heimatbundesland hat der 78-Jährige am Donnerstag seinen Austritt aus der Linkspartei erklärt.
Die Linkspartei habe den Anspruch aufgegeben, im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit zu sein, schreibt der 78-Jährige in seiner Austrittserklärung. Nach dem sozialen Profil sollten „jetzt auch noch die friedenspolitischen Grundsätze der Linken abgeräumt werden“, wirft er seinen bisherigen Genoss:innen vor.
Lafontaines Quintessenz: „Einer Partei, in der die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner und eine auf Völkerrecht und Frieden orientierte Außenpolitik nicht mehr im Mittelpunkt stehen und die zudem das im Saarland etablierte Betrugssystem unterstützt, will ich nicht mehr angehören.“
Lafontaines Abschied hatte sich abgezeichnet. Aufgrund der Querelen innerhalb seines Landesverbands hatte er bereits zur Bundestagswahl dazu aufgerufen, im Saarland nicht die Linkspartei zu wählen. Im September vergangenen Jahres kündigte er dann an, nicht mehr zur Landtagswahl anzutreten. Auf Bundesebene war hinter den Kulissen denn auch schon seit einiger Zeit darüber spekuliert worden, dass er die Partei verlassen wird. Die Frage war nur, wann und in welcher Form.
Lederer reagiert empört auf Lafontaines Austrittserklärung
In einer kurzen gemeinsamen Erklärung wiesen die Partei- und Bundesfraktionsvorsitzenden Janine Wissler, Susanne Hennig-Wellsow, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch auf die „bleibenden Verdienste“ Lafontaines als Gründungs- und langjähriger Fraktionsvorsitzender hin. „Wir halten seinen Austritt für falsch und bedauern ihn“, verkündete das Führungsquartett. Lafontaine war von 2005 bis 2009 zusammen mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Bundestag und von 2007 bis 2010 neben inzwischen verstorbenen Lothar Bisky Bundesvorsitzender.
Der alte Esel zieht seinen Wagen nicht mehr. Bleibt er alleine zurück?
Auf die Verdienste in der Gründungsphase der Linkspartei verwies auch der Ex-Vorsitzende Bernd Riexinger. Lafontaines Austritt sei allerdings nur ein „trauriger Endpunkt einer langjährigen Entfremdung von seiner eigenen Partei, zu der er in den letzten Jahren kein solidarisches Verhältnis mehr gefunden hat“, sagte Riexinger der taz.
Mit Empörung reagierte Berlins Linksparteibürgermeister Klaus Lederer auf die Austrittserklärung Lafontaines. „Mich erschüttert und ärgert, dass er wiederholt den Mythos bedient, die Linke würde die soziale Frage vernachlässigen“, sagte Lederer der taz. Es sei „schon eine bizarre Leistung, so angestrengt die Augen zu verschließen vor dem, was unsere Mitglieder, Abgeordneten und Amtsträger:innen in ihrer politischen Arbeit jeden Tag tun“.
Lafontaine tritt aus Linkspartei aus: Maximaler Schaden
Kommentar von Stefan Reinecke
Oskar Lafontaines Austritt ist nicht nur wenig stilsicher, sondern zeigt auch seine Egozentrik. Denn in zehn Tagen wird im Saarland gewählt.
Oskar Lafontaine war einer der talentiertesten Politiker der Bundesrepublik: ein rhetorisches Naturereignis unter lauter politischen Sachbearbeitern. Seine altersweise, kluge Abschiedsrede im Saarländischen Landtag über Krieg und Frieden, bejubelt von fast allen Fraktionen, versprühte noch mal etwas von diesem Glanz. Sie sollte etwas Historisches sein. Die letzte Rede eines Staatsmanns.
Ein Staatsmann? Dazu fehlte Lafontaine immer das Entscheidende. Wo Disziplin und Verantwortungsbewusstsein nötig waren, war bei ihm ein maßloses Ego. Lafontaine hatte als Politiker immer etwas von Jekyll & Hyde. Das Großartige siedelte direkt neben dem Kleinlichen, das Mitreißende neben dem Zerstörerischen.
Um das ganze Bild zu sehen, muss man neben seine Landtagsrede seine Erklärung zum Austritt aus der Linkspartei legen. Dort klagt er, dass ihm in dem chaotischen saarländischen Landesverband der Linkspartei bitteres Unrecht geschehen sei. Als wäre er selbst ein Unbeteiligter und nicht Teil jener endlosen Querelen dort, die schon lange kein Außenstehender mehr durchblickt. „Nach dem sozialen Profil sollen jetzt auch noch die friedenspolitischen Grundsätze der Linken abgeräumt werden“ klagt er, der einsame Rufer in der Wüste. Es herrscht Verrat, allerorten. Dieses Austrittsschreiben ist ein Dokument jener Selbstgerechtigkeit, die immer Grenze und Scheitern von Lafontaine markierten.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Scherzanruf bei der Regierung in GB – . – 2.) Hungersnöte, Unruhen, Aufstände – . – 3.) Selenskis Abrechnung im Bundestag – . – 4.) Ukraine – Die Spirale der Unsicherheit – . – 5.) Lafo „Raus ohne Applaus“ – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Ist es noch nicht jedermann bewusst, das gerade die Verteidigungsminister-Innen den letzten Schuss noch nie gehört haben? Es muss doch einen besonderen Reiz haben, vor den ihre Flinten haltenden Uniformträgern, spazieren zu gehen – um so die eigene Wurstigkeit heraus zu kehren. Diese große Zweifelhaftigkeit der Ehre ist schließlich nicht jedem Einfaltspinsel gegönnt, sondern wird nur noch den Kanzler-Innen oder Präsidenten zuteil.
Hochstapler mimt ukrainischen Premier – und telefoniert mit britischem Verteidigungsminister
1.) Scherzanruf bei der Regierung in GB
Ein Anrufer hat es bis zur höchsten Verteidigungsebene Großbritanniens gebracht – Minister Wallace selbst twitterte über den schlechten Scherz. Die Regierung vermutet einen ernsten Hintergrund. Seit der russischen Invasion in der Ukraine sind regelmäßige Kontakte zur Regierung in Kiew wichtig – und bei westlichen Regierungen heiß begeht. Vor allem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj telefoniert täglich mit Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, in mehreren Parlamenten war er bereits zugeschaltet. Weniger präsent, wenn auch nicht weniger wichtig, ist Denys Schmyhal, Ministerpräsident des Landes. Nun hatte sich ein Hochstapler als Schmyhal ausgegeben und es so bis zur höchsten Verteidigungsebene Großbritannien gebracht: bis zu Verteidigungsminister Ben Wallace. Wallace selbst hatte den Anruf via Twitter öffentlich gemacht. »Er stellte mehrere irreführende Fragen und als ich stutzig wurde, habe ich den Anruf beendet«, schrieb Wallace. Doch nun wird der Vorfall genauer untersucht – denn seine Kabinettskollegin Priti Patel, britische Innenministerin, antwortete auf Twitter, auch sie habe jüngst einen Scherzanrufer in der Leitung gehabt. Sie vermutet Vorsatz: »Ein erbärmlicher Versuch, uns in schwierigen Zeiten zu spalten.«
Das richtige Timing, hätten die Politiker-Innen an und für sich schon in der Grundschule lernen können, aber Diese haben wohl die meisten in ihren jungen Jahren verpasst und ihr Leben auf den Unis verprasst. Wie sagen wir: Lange auf Kosten des Volk studiert, aber leider nicht das gelernt was im Leben wichtig ist! Wer blind seinen Lehrer zuhört – wird vom Leben des Seins noch öfters düpiert!
Lebensmittelknappheit wegen des Ukrainekriegs
2.) Hungersnöte, Unruhen, Aufstände
Der Krieg in der Ukraine verschärft die Probleme bei der weltweiten Versorgung mit Lebensmitteln massiv. Denn das Land ist, ebenso wie sein russischer Nachbar, einer der wichtigsten Exporteure für Getreide. Hinzu kommt eine globale Düngemittel-Krise. Das betrifft vor allem Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens – und birgt die Gefahr der Instabilität in der gesamten Region. Der Krieg in der Ukraine verschärft die bereits bestehenden Probleme mit der weltweiten Getreideversorgung und den entsprechenden Preisen. Obwohl die höheren Preise für alle spürbar sein werden, dürften die Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens entlang des Mittelmeers unmittelbarer und stärker betroffen sein. Plötzliche Preissteigerungen bei Lebensmitteln stehen in direktem Zusammenhang mit der Zunahme sozialer Unruhen und Konflikte. Darüber hinaus könnte die Instabilität in dieser Region die Versorgung mit Düngemitteln gefährden, was die Lebensmittelpreise nur noch mehr in die Höhe treiben würde. Schreckliches Timing. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine erfolgte zu einem Zeitpunkt, da die globale Landwirtschaft und die Lebensmittelversorgungsketten bereits anfällig waren. Eine Dürre im Jahr 2021 in den USA und Kanada, zwei der weltweit größten Erzeuger und Exporteure von Weizen und anderen Getreidesorten, verringerte die Ernteerträge. Das trockene Wetter schadete auch den großen Agrarexporteuren der südlichen Hemisphäre, so dass einige Getreidesorten, wie etwa Mais, in geringerem Ausmaß auf den Markt kamen. Kleinere Erzeuger wie Syrien und der Irak litten ebenfalls unter der Dürre, wodurch ihre Produktion zurückging und die Nachfrage nach Importen stieg. Und Russland, der weltweit größte Weizenexporteur, kürzte seine Exportquote für 2022, um die heimische Versorgung zu sichern. Schon vor dem Krieg ging das US-Landwirtschaftsministerium in seinem globalen Ausblick für 2021-22 für kritische Güter wie Weizen, Mais und ausgewählte Ölsaaten von einem geringeren Angebot, einer höheren Nachfrage und geringeren Lagerbeständen am Ende des Jahres aus.
Eine ansonsten Ungehörte Deutsche-Politik als Unerhört ausgesprochen: „Durch eine Mauer von uns getrennt“. Aber auch dieses ist Politik: Der Büttel verliert sich im eigenen Applaus und macht direkt mit seiner Tagesordnung weiter. „Lumpen denen die Welt gehören möchte !“ Da sage noch Einer – Clowns gehörten nicht in die Politik, würden gesprochene Worte nicht Allen gelten?
„Durch eine Mauer von uns getrennt“
3.) Selenskis Abrechnung im Bundestag
Der ukrainische Präsident hat die deutsche Regierung für ihre Beziehungen zu Russland kritisiert. Der Bundestag ging anschließend zur Tagesordnung über. Als der ukrainische Staatspräsident Wolodimir Selenski sich am Donnerstag in den Bundestag zuschaltet, sitzt er in olivfarbenem Militärhemd neben einer Ukraine-Flagge und sagt: „Ich spreche zu Ihnen nach drei Wochen des allumfänglichen Krieges, nach acht Jahren Krieg im Donbass. Ich spreche Sie an, während Russland uns bombardiert und alles zerstört, was wir in der Ukraine aufgebaut haben.“ So begann seine eindrückliche und deutliche Rede vor dem Bundestag, in dem er die deutsche Regierung scharf kritisierte und mehr Hilfe für die Ukraine forderte. Zwar bedankte er sich für die bisherige Unterstützung und die verhängten Sanktionen, kritisierte aber auch die anhaltenden wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland. Selenski sprach von einer mentalen Mauer, die durch Europa zwischen Komfortzone und Kriegsgebiet verlaufe: „Sie sind durch eine Art Mauer von uns getrennt, es ist keine Berliner Mauer, es ist eine Mauer zwischen Freiheit und Unfreiheit. Und diese Mauer wird höher mit jeder Bombe, die auf die Ukraine fällt und mit jeder nicht getroffenen Entscheidung für den Frieden, die uns helfen könnte.“ Selenski schloss seine Rede in Anlehnung an den berühmten Ausspruch des US-Präsidenten Ronald Reagan („Mr. Gorbatchov, tear down this wall!“) von 1987 vor dem Brandenburger Tor: „Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie diese Mauer!“ Den Deutschen warf er zudem vor, nicht hinter diese Mauer zu schauen. So habe die Ukraine immer darauf hingewiesen, dass die Nord-Stream-Gaspipelines „eine Art Vorbereitung auf Krieg“ gewesen seien. Deutschlands Antwort sei stets gewesen: „Es ist rein wirtschaftlich: Es ist Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Es war aber der Mörtel für die neue Mauer“, so Selinski. Die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland finanzieren Putins grausamen Krieg, zerbomben Schulen, Krankenhäuser, Wohnquartiere und führen zu Tausenden Toten. In Europa werde ein Volk vernichtet.
Aber was am Ende bleibt ist doch, das sie den Anfang nie gefunden hat und noch heute danach sucht. Ist eine solche Aussage nicht auch das Zeichen der in der Politik bekannten Unterwürfigkeit auf schreibende Trolle? Aber wofür könnte eine NATO dann noch gebraucht werden, wenn Aggressoren keine Grenzen gezeigt werden können? Ein Dritter Weltkrieg durch eine Nation welche schon von der Ukraine seine Grenzen aufgezeigt werden können? Verkauft keine Waffen auf das ihr selbst sie nicht fürchten müsst!
Es heißt, Wladimir Putin sei der Gefangene seiner historischen Mythen.
4.) Ukraine – Die Spirale der Unsicherheit
Aber das gilt auch für die Länder des Westens. Deutschland hatte mal eine Bundeskanzlerin, die war berühmt dafür, dass sie die Sachen „vom Ende her“ dachte. Für ihren Nachfolger gilt offenbar eher: Der Weg ist das Ziel. Das passt zu einer Zeit, in der Politik oft wie die Fortsetzung von Twitter mit anderen Mitteln erscheint. Russland hat einen verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Der Westen hat sich entschieden, darauf mit militärischer Unterstützung und noch nie da gewesenen Sanktionen zu reagieren. Wer in dieser Weise Partei ergreift, macht sich zur Konfliktpartei, greift selber in den Krieg ein – und trägt damit auch Mitverantwortung für Verlauf und Ende des Krieges. Es wird viel über Wladimir Putins Kriegsziele gerätselt. Aber der Westen sollte sich auch über die eigenen Ziele klar werden. Hat also Kanzler Olaf Scholz eine Vorstellung davon, wie dieser Krieg enden soll und wie es danach weitergeht? Abscheu für den Angreifer und Mitleid für die Opfer: Das sind die beiden starken Gefühle, die das öffentliche Handeln und Denken zurzeit prägen. Auch wenn es unter diesen Umständen schwerfällt, sollte man aber festhalten: Die westliche Antwort auf Putins Krieg war eine Entscheidung, keine Notwendigkeit. Die Ukraine ist nicht Mitglied der NATO, dennoch empfindet der Westen den Angriff auf dieses Land wie einen Angriff auf sich selbst – und reagiert entsprechend. Als Putin die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland als „Kriegshandlung“ bezeichnete, war das keine rhetorische Übertreibung. Krieg wird längst nicht mehr nur mit Bomben geführt. Die Vorstellung, was ein Mittel des Krieges ist, hat sich geändert. Auch die sogenannten Cyberangriffe müssen keine Opfer an Leib und Leben fordern, um als kriegerische Handlung eingestuft werden zu können. Um wie viel mehr muss das für die wirtschaftlichen Maßnahmen gelten, die bis in den letzten Winkel Russlands den Menschen das Leben noch schwerer machen werden? Das ist paradox: Der Konflikt um die Ukraine hat sich bekanntlich unter anderem daran entzündet, ob das Land eines Tages in die NATO aufgenommen wird. Nun stellen wir fest: Der Schutz des Artikels 5 wird in ausgewählten Fällen auch Nichtmitgliedern zuteil.
Die immerwährende Lobhudelei der Politik auf ihre kranken Köpfe, hat niemals einen der Ihren, aus seiner Unfähigkeit gesunden lassen. Besser wäre es jetzt gemeinsam zu singen: „Alles hat ein Ende nur die Wurst hat Zwei.“ Viele Jahre verschlafen heißt auch seine Chancen verpennt zu haben. Das Leben ist insoweit doch gerecht – da niemand bekommt was er ernten möchte, sondern nur das einfährt- was er zuvor ausgesät hat. Am Ende kann es nur heißen: „Ein dreifaches Halleluja – für einen Versager.“
Oskar Lafontaine und Linke
5.) Lafo „Raus ohne Applaus“
Wolfgang Hübner über den Parteiaustritt von Oskar Lafontaine. Der Schlussstrich, den Oskar Lafontaine unter seine Mitgliedschaft in der Linkspartei zieht, ist ein Abschied mit Ansage. Dass zwischen ihm und der Linken keine Harmonie mehr herrschte, war längst klar. Die großen Flüchtlingsbewegungen in Europa 2015 führten zu schweren Differenzen; ein Teil der Linken warf ihm nationale Anklänge vor. Die Entfremdung setzte sich mit der Coronakrise fort. Immer jedoch nahm die Linke-Führung Rücksicht auf den Mann, der für die Gründung der Partei von immenser Bedeutung war. Dass er nun geht, ist einerseits Ergebnis eines langen, unappetitlichen Machtkampfs in der Saar-Linken, in dem Lafontaine letztlich am kürzeren Hebel saß – eine ungewohnte Erfahrung für jemand, der machtpolitisch immer genau wusste, was er wollte. Der Rückzug ist aber auch Ausdruck einer grundlegenden Kontroverse – Lafontaine wirft ja der gesamten Partei vor, sozial- und friedenspolitisch zu versagen.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Es geht nicht um moralischen Masochismus,
sondern darum, möglichst viel Klima gas einzusparen
Von Bernward Gesang
Die „birthstrike“-Bewegung diskutiert den persönlichen Verzicht auf Kinder für den Klimaschutz. Effizienter wären aber Spenden für mehr Geburtenkontrolle.
Der Verzicht auf Kinder scheint die radikalste und gemäß Studien der Lund-Universität in Schweden die effizienteste Maßnahme zu sein, die der Einzelne zum Klimaschutz beisteuern kann. Der Verzicht aufs Auto spart demnach 1 bis 5,3 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr, aber der Verzicht auf ein Kind 23,7 bis 117,7 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Es hat sich eine eigene Bewegung namens „birthstrike“ gebildet, in deren Reihen diese Fragen diskutiert werden. Was ist davon zu halten?
Wer auf freiwilliger Basis Klimagase reduzieren will, sollte das vielleicht eher da tun, wo es am effizientesten ist. Dazu ein Rechenbeispiel: Ein Jahr lang auf Fleisch verzichten spart 450 kg Emissionen ein. Das bringt eine Ersparnis von 650 Euro. Setzt man diese Summe für durchdachte Spenden in Ländern des globalen Südens ein, vermeidet man 28.000 kg CO2. Spenden ist rund 50-mal effizienter, als den eigenen Fußabdruck zu kontrollieren, dafür gibt es viele Beispiele.
Nun könnte man mit den Verfasserinnen meinen, auf Kinder zu verzichten sei aber viel effizienter als auf Fleisch zu verzichten. Auch hier kann Spenden jedoch mehr. Wenn weniger Kinderkriegen das effizienteste Mittel ist, kann man es durch Spenden besser durchsetzen. Man kann für den Einsatz von Verhütungsmitteln gegen ungewollte Kinder in der „Dritten Welt“ spenden. So vermeidet man wesentlich mehr Kinder, als man je privat in die Welt setzen könnte. Das Argument hinkt, dass CO2-Vermeidung in wohlhabenden Ländern ökologisches Schwergewicht habe, während in der Dritten Welt kaum emittiert werde. In Zukunft werden wir hier eine Energiewende erleben, während die Dritte Welt nachholendes Wachstum auslebt. Aber: Wer sind wir, dass wir bevölkerungspolitisch Einfluss auf den globalen Süden nehmen, nur um unseren (Klima-)Wohlstand nicht zu gefährden? Erstens stellen wir aber mit Verhütungsmitteln und Beratung nur ein Angebot zur Verfügung, um ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden. Durch Aufklärung und Verhütung kämpft man auch gleichzeitig für Frauenrechte, Bildung und gegen Armut. Zweitens geht es nicht um unseren Wohlstand, sondern darum, so viele Emissionen zu vermeiden wie möglich.
Über den Weg des Spendens gäbe es noch viel zu sagen: etwa, dass er nur eine Zeit lang zu begehen ist und dass dies kein Ablasshandel ist, solang man nicht nur Emissionen kompensiert, sondern systematisch mehr spendet, als man selber emittiert. Wir sind einem Denken verhaftet, das besagt: Ich selbst und mein Verhalten bin der Nabel der Welt. Bei mir muss ich anfangen und das muss wehtun. Das ist falsch. Es geht nicht um meinen moralischen Masochismus, sondern darum, möglichst viel Klimagas einzusparen.
Wir sollten uns zudem freiwillig so engagieren, dass wir uns nicht überfordern. Wer sich wirklich Kinder wünscht, wird durch die Unterdrückung dieses Wunsches langfristig unglücklich werden. Jedenfalls ist dieser Weg nicht nur ineffizient, wie der ganze Ansatzpunkt am ökologischen Fußabdruck, sondern er verschleißt auch die Motivation zum Klimaschutz. Der Verzicht auf eigene Kinder für den Klimaschutz verbindet hohe Wohlergehenskosten mit mangelnder Wirkung. Keine gute Kombination.
Liegen in den Kriegen nicht viel größere Gefahren für das Klima?
Neben der privaten hat die Frage der Geburtenkontrolle auch eine politische Dimension. Die neue Bundesregierung will den Klimaschutz im Inland anpacken. Dabei darf sie nicht vergessen, dass sie im Ausland wesentlich mehr als 2 Prozent der weltweiten Emissionen beeinflussen kann. Deshalb hat sie den Klimaschutz ja auch zum Teil im Außenministerium angesiedelt. Ungenutztes Potenzial ließe sich dabei bei der Bevölkerungspolitik nutzen.
Geburtenkontrolle bietet sich als Stellschraube für den Klimaschutz politisch besonders deshalb an, weil sie Staaten kaum etwas kostet, ja sogar Geld sparen hilft. Sie durchzuführen bedeutet keinen globalen Wettbewerbsnachteil und sie erfordert keine technologischen Wunder und Risiken.
Gegen eine staatlich gelenkte Geburtenkontrolle spricht aber: Die freie Wahl der Nachkommenzahl ist ein Grundrecht, das etwa vom achten Prinzip der UN-Kairo-Konferenz betont wird. Eine weitere häufige Kritik an jedweder Bevölkerungspolitik ist die, dass hier die Privatsphäre der Menschen derart stark berührt sei, dass Staaten sich gänzlich zurückzuziehen hätten. Der Gedanke einer „mit Zwang“ vertretenen Bevölkerungspolitik wird von Kirchen und vielen NGOs abgelehnt. Weiterhin muss hinterfragt werden, ob weniger Kinder wirklich einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Antwort ist eindeutig: Dieser Beitrag soll nach Daten der US-Akademie der Wissenschaften schätzungsweise ein Fünftel einer Reduktion der Klimagase bringen, die wir benötigen.
Der Ukraine droht ein ähnliches Schreckens Szenario wie Syrien – und der Welt vielleicht ein Atomkrieg
Mag der Kriegsverlauf für Russlands Armee bislang auch ein Desaster sein, so hat der Kreml doch einen günstigen strategischen Zeitpunkt für die Invasion der Ukraine gewählt. Dies legen zumindest die explodierenden Preise für viele Rohstoffe, fossile Energieträger und Grundnahrungsmittel nahe. Mit den Sanktionen, die der Westen im Rahmen seines Wirtschaftskrieges gegen die Russische Föderation verhängt hat, trifft er somit auch sich selbst. Die ohnehin seit Pandemiebeginn bestehenden Lieferengpässe, die sich im Gefolge der expansiven Geldpolitik der westlichen Notenbanken beschleunigende Inflation – sie werden durch die Sanktionen zunehmen. Die Neigung zu weiteren Sanktionsverschärfungen, insbesondere in der Bundesrepublik, dürfte dadurch rasch vom ökonomischen Kalkül überlagert werden. Während die Gaspreise durch die Decke gehen, schloss Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Boykott russischer Energieträger bereits aus. Dem Kreml bleibt so eine entscheidende ökonomische Lebensader trotz seines brutalen imperialistischen Krieges erhalten.
Dieses eine Kalkül Putins, der sich ansonsten vor einem Scherbenhaufen seiner Großmachtpolitik sieht, scheint somit aufzugehen. Es basiert auf der strategischen geopolitischen Konzeption des Kremls, die schon Anfang des 21. Jahrhunderts, zu Beginn der Regentschaft Putins, ausgearbeitet wurde. Russland soll demnach zu einem Energieimperium aufsteigen. Zu einer Weltmacht, die ökonomisch die gesamte Verwertungskette fossiler Energieträger kontrolliert: von der Förderung in den Weiten Sibiriens, über den Transport in die Märkte Westeuropas und Chinas, bis zur Distribution vor Ort und dem Endverkauf. Die Ostseepipeline bildete ein Projekt im Rahmen dieser Strategie, bei dem unter Ausschluss der Transitländer Erdgas direkt in ein Zentrum des Weltsystems befördert wird.
Das zweite strategische Vorhaben Putins ist die Modernisierung der russischen Volkswirtschaft. Da dies weitgehend gescheitert ist, findet die Invasion der Ukraine gewissermaßen auf den letzten Drücker statt: Die derzeitigen Versorgungsengpässe in den – ohnehin rasch erodierenden – globalen Produktionsketten potenzieren einerseits die Folgekosten der Sanktionen für den Westen. Zugleich ist die Energiewende in den Zentren noch nicht weit genug vorangetrieben worden, um eine Abkopplung von russischen Energieträgern ohne schwere Verwerfungen verkraften zu können. Russlands ganze imperiale Konzeption, die fossile Energieträger als imperiales Machtmittel einsetzen wollte, scheint mittelfristig obsolet zu werden.
Gerade die im Januar 2022 angekündigte Gründung eines »Wasserstoffbüros« in Kiew im Rahmen der ersten Staatsvisite der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte wohl in dieser Hinsicht im Kreml die Alarmglocken läuten lassen. Je länger der Kreml gewartet hätte, desto geringer wären seine »fossilen« Machthebel bei dem Kampf um die Ukraine ausgefallen. Aufgrund dieses imperialistischen Kalküls wurde die keinesfalls »wahnsinnige« Entscheidung getroffen, die Invasion der Ukraine zu starten.
Kampf um Einflusszonen
Die Verhinderung einer Integration der Ukraine in die Nato ist ebenfalls keine Schnapsidee eines irrational handelnden russischen Präsidenten Wladimir Putin, sondern Grundkonsens innerhalb der russischen Staatsoligarchie. Diese hatte die entsprechenden Bemühungen des Westens wiederholt klar als eine rote Linie markiert. Die Ukraine sollte ursprünglich – bis zum prowestlichen Regierungsumsturz 2014 – Teil einer von Moskau dominierten Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft werden. Putin wollte faktisch einen wirtschaftlichen Großraum zwischen China und der EU etablieren, was vom Westen – von den USA wie auch der EU – als klare Bedrohung der eigenen östlichen Peripherie wahrgenommen wurde. Den vom damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf neoliberale Hungerdiät gesetzten Ländern wie etwa Griechenland wären hieraus schlicht Alternativen erwachsen.
Genau diese klassische »Einflusszone«, wie sie etwa auch die USA in der westlichen Hemisphäre, oder die BRD in Mittelost- und Südosteuropa beansprucht, wollte der Westen Moskau nicht mehr zugestehen. Bei den monatelangen Verhandlungen im Vorfeld des Krieges wollten weder Washington noch Berlin eine künftige Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato ausschließen. Sie signalisierten Kiew deutlich ihre Aufnahmebereitschaft – doch zugleich schloss der Westen eine direkte Intervention in dem Konflikt aus. Moskau und Kiew wurde somit der Expansionswille der Nato im postsowjetischen Raum signalisiert, ohne dass Beistandsgarantien für Kiew im Fall eines daraus resultierende Konflikts gegeben wurden.
In dieser Hinsicht kann eindeutig eine Mitschuld des Westens an dem Krieg konstatiert werden. Ob es sich hierbei um eine Fehlkalkulation handelte, da wohl kaum jemand einen solchen Großangriff Russlands erwartet hat, oder ob der Konflikt bewusst provoziert wurde, um Russland in der Ukraine »weißbluten« zu lassen, wie die blitzschnelle und massive Militärhilfe nahelegt, bleibt Spekulation. Fakt aber ist, dass die Ukraine als »Grenzland« zum blutigen Schlachtfeld eines imperialistischen Krieges zwischen Ost und West wurde. Eine ähnliche Konfrontation zwischen Eurasien und Ozeanien, in der Einflusssphären notfalls mit militärischer Gewalt gezogen würden, droht auch im pazifischen Raum, vor allem in Taiwan.
Moskau sah sich überdies anderer Einflussmöglichkeiten in der Ukraine beraubt, nachdem der prorussische Oppositionspolitiker Wiktor Medwedtschuk 2021 wegen »Hochverrats« verhaftet und drei russischsprachige Fernsehsender verboten wurden. Die autoritären, nationalistischen Bestrebungen in der Ukraine unter Präsident Volodymyr Selenskyj, die im Westen bezeichnenderweise kaum wahrgenommen wurden, gingen mit einer revisionistischen Geschichtspolitik einher. Bei dieser wurden viele westukrainische Nazi-Kollaborateure rehabilitiert und zu regelrechten Volkshelden stilisiert. Die politische Zweiteilung der Ukraine in einen prorussischen Osten und einen nationalistischen Westen, die sich seit den 1990er Jahren in den entsprechenden Machtwechseln zwischen ostukrainischen (Viktor Janukowitch) und prowestlichen Oligarchenklans (Viktor Juschtschenko) manifestierte, ist somit einseitig zugunsten des westukrainischen Nationalismus aufgelöst worden. Ein rotes Tuch für Moskau, das gerade durch seine imperiale Annexion der Krim zu dieser innerukrainischen Frontverschiebung selbst beigetragen hatte.
Hin zum Failed State
Die ohnehin schon verwildernde, oligarchische Machtstruktur in der Ukraine wie auch in Russland (hier hat sich die putinsche Staatsoligarchie des Staatsapparates und der Staatsunternehmen direkt bemächtigt) macht dabei aber den zentralen Unterschied zwischen dem gegenwärtigen Krisenimperialismus und dem blutigen »Great Game« in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutlich. Dieser besteht in den zunehmenden Tendenzen zur Entstaatlichung, zur krisenbedingten Verwilderung des Staatsapparates, der in Russland in den Händen oligarchischer und mafiöser Netzwerke und Seilschaften ist und für seine Invasion der Ukraine ebenfalls auf Söldnerverbände, etwa aus Tschetschenien, setzt.
Im Fall der Ukraine sind es wiederum die faschistischen Milizen, die ein Eigenleben entwickeln. Nachdem Selenskyjs anfängliche Versuche, diese in der Ostukraine aktiven Naziverbände zu demobilisieren, an Drohungen und Widerstand scheiterten, wurden sie von ihm in die Armee integriert, oder als Hilfstruppe der Polizei (»Nationale Milizeinheiten«) dem Innenministerium unterstellt. Der wachsende Einfluss faschistischer Milizen im Staatsapparat der Ukraine, die für Überfälle auf Minderheiten wie Rom*nja und Morde an prorussischen Oppositionsaktivist*innen verantwortlich sind, manifestierte sich in der Verleihung des Ordens »Held der Ukraine« an den Nazi-Kommandeur Dmytro Kotsyubaylo durch Selenskyj im Dezember 2021.
Der Spätkapitalismus muss nicht mit einem elendig langen Wimmern vergehen – er kann auch mit einem großen Knall abtreten.
Der Krieg in der Ukraine geht mit einem von allen Kriegsparteien beförderten Zufluss von Söldner*innen, Kriegsveteran*innen, Abenteuer*innen, Islamisten und Nazis einher, die bereits zu Tausenden in der Ukraine aktiv sind. Russland lässt nicht nur die berüchtigten Truppen des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow (der sich wiederholt lobend über AfD-Politiker*innen äußerte) für sich kämpfen, inzwischen bemüht sich Moskau auch um Kämpfer aus dem poststaatlichen Gebilde, das einstmals »Syrien« war.
Ohne eine baldige diplomatische Lösung werden diese Kräfte in der Auseinandersetzung an Gewicht gewinnen. Die Ukraine wird sich so zu einem zweiten Syrien wandeln, zu einem »Failed State«, in dem ein permanenter, von außen angefachter Krieg herrscht. Es sind bislang gerade diese eher die Peripherie des Weltsystems verwüstenden »Entstaatlichungskriege« (Robert Kurz), die den objektiv ablaufenden Krisenprozess exekutieren, gewissermaßen als »Brandbeschleuniger« der sozialen wie ökologischen Krise des kapitalistischen Weltsystems fungieren.
Alle imperialen Mächte spüren dabei die Krise im Nacken: Putin will den imperialen Abstieg Russlands verhindern, die USA sehen sich trotz Weltgeld mit wachsender Inflation konfrontiert, was die bisherige Defizitbildung gefährdet, die BRD sieht ihr exportorientiertes Wirtschaftsmodell, ihre Rohstoffversorgung bedroht, und so weiter – deswegen sind die Staatsmonster bereit, diesen ungeheuren imperialistischen »Poker« um die Ukraine zu spielen, der durchaus zu einem nuklearen Schlagabtausch führen kann.
Antikapitalistische Friedenspolitik
Die Einschläge, die in den vergangenen Dekaden Somalia, Libyen, Syrien oder Afghanistan verwüsteten, rücken somit näher an die Zentren des Weltsystems, die Ukraine ist ein Land der Semiperipherie. Mit den näher kommenden Einschlägen der unerbittlich fortschreitenden Krisendynamik nimmt aber auch die Ohnmacht zu, gerade in der Linken, die zwischen den Fronten dieser Konfrontation zerrieben werden könnte. Bewegungsautonomie kann wohl nur noch zusammen mit radikaler Kritik erkämpft werden.
Dem Zwang, sich unreflektiert einer der imperialistischen Kriegsparteien anzuschließen, müsste eine offensiv antikapitalistische Friedenspolitik entgegengestellt werden, in der die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand mit der Thematisierung der Systemkrise einherginge – nicht aus einem linken Radikalismus heraus, sondern weil es diese real ablaufende Krisenbewegung ist, die den Spätkapitalismus instabil macht und in die Selbstzerstörung treibt.
Eine konsequente, radikale Friedensbewegung, die sich nur in Abgrenzung von rotbraunen Putin-Trollen wie von Nato-Propagandist*innen aus dem Umfeld der Grünen herausbilden könnte, müsste gerade die sich deutlich abzeichnende Notwendigkeit der Systemtransformation betonen. Dass der Kapitalismus am Ende ist, liegt ja auf der Hand, sein Ende ist aber offen. Ohne seine bewusste emanzipatorische Überwindung wird dieses System an seinen inneren und äußeren Widersprüchen zerbrechen, was eigentlich die finale Niederlage der Linken markieren würde. Der Spätkapitalismus muss nicht mit einem elendig langen Wimmern in sozialer Zersetzung und Klimakatastrophe vergehen – er kann auch, und dies scheint aufgrund des angestauten Vernichtungspotenzials wahrscheinlich, mit dem ganz großen Knall abtreten.
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„Jede Wiedergabe, Vervielfältigung und Verbreitung unserer Publikationen ist im Sinne der Bereicherung des allgemeinen geistigen Lebens erwünscht. Es gibt kein geistiges Eigentum. Es sei denn, als Diebstahl. Der Geist weht, wo er will. Jede Geschäftemacherei ist dabei auszuschließen. Wir danken den Toten und den Lebendigen für ihre Zuarbeit und arbeiten unsererseits nach Kräften zu.“ (aramis)
Feindliche Hackerangriffe sind ein Mittel der Kriegsführung
Von Jimmy Bulanik
Es ist Krieg! Wir, die Menschen an der Basis können darin ein Angriffsziel werden. Mittels Angriffe auf unsere digitale Welt.
Was alle für sich bewerkstelligen können ist die Geräte auf den aktuellen Stand aktualisieren. Dies ist gratis und schnell bewerkstelligt. Ebenfalls ist es derzeit nötig im Umgang mit dem Internet die Mittel der Verschlüsselung zu verwenden.
Somit sollen die Menschen nicht um ihre Identität bestohlen werden. Persönliche Daten bestohlen werden. Bestohlene Daten gegen die Menschen eingesetzt werden.
Die Manipulation ist solch eine Gefahr. Auch das Löschen gestohlener Daten stellt ein Ergebnis auf einen digitalen Angriff dar. Davor können sich alle auf der Welt schützen.
Auch ist es ratsam die persönlichen Daten auf einen externen Datenträger zu speichern. USB Sticks sind solche Datenträger welche dazu gut geeignet sind. Sie sind ökonomisch und physisch robust.
Der Schutz der eigenen Endgeräte wie Smartphone, Tablett, Laptop ist gleichzusetzen mit dem physischen Abschließen der eigenen Wohnungstür, Haustür, Autotür. Mittels dem Spenden für die Technologien der verschlüsselten Kommunikation können zeitnah Software Updates bereitgestellt werden. Wer dazu jetzt etwas an Geld übrig hat möge bitte Spenden.
Feindliche Hackerangriffe sind ein Mittel der Kriegsführung
Der digitale Schutz ist dahingehend global. Von der Solidarität profitieren alle. Die Tatsache das überhaupt etwas Geld gespendet wird ist mehr von Belang in einer Vergleichbarkeit zu der nominalen Höhe der Spendensumme.
Die Spenden für den digitalen Selbstschutz, der solidarisch digitale Selbstschutz kann hierzulande bei der Finanzverwaltung geltend gemacht werden. Es soll für alle Menschen ausschließlich Vorteile verschaffen.
Die aus dem Königreich der Niederlande stammende Suchmaschine Startpage.com hat aktuell eigene Maßnahmen ergriffen. Diese Gesellschaft unterliegt der EU DSGVO. Die Stellungnahme der Gesellschaft Startpage ist für alle demokratisiert.
Die Zeitspanne für die Zivilcourage ist notwendiger den je. Jeder Euro hilft. Alle können eigenständig entscheiden, welcher Organisation sie wie viel Euro spenden möchten.
Auslieferung von Julian Assange – Das Verfahren gehört eingestellt
Die Pressefreiheit wird in den USA wohl anders gedeutet? Wer für einen Staat arbeitet ist ja auch kein Mörder – sondern ein Held.
Von Bernd Pickert
Zurecht verurteilt der Westen fehlende Medienfreiheit in Russland. Aber überzeugender wäre er, wenn Wikileaks-Gründer Julian Assange frei wäre.
Die Entscheidung in Großbritannien, Wikileaks-Gründer Julian Assange im Streit um seine Auslieferung an die USA den Gang zum Obersten Gerichtshof zu verwehren, ist noch nicht das Ende der juristischen Auseinandersetzung. Ein schwerer Rückschlag für den 50-Jährigen ist es dennoch.
Denn die Obersten Richter*innen entziehen damit Assanges erfolgversprechendster Argumentationslinie der letzten zwei Jahre den Boden: Dass nämlich seine psychische Gesundheit durch eine Auslieferung derart gefährdet sei, dass ein Suizid in US-Haft wahrscheinlich wäre.
Auf dieser Basis hatte im Januar 2021 eine untergeordnete Instanz entschieden, dass Assange nicht ausgeliefert werden dürfe. Die USA reichten daraufhin diverse Versprechen einer sicheren und humanen Behandlung ein, woraufhin der High Court im Dezember die Entscheidung widerrief. Assanges Versuch, das gleiche Argument nunmehr vor dem Supreme Court entscheiden zu lassen, ist mit dessen Ablehnung, den Fall mangels überzeugender Rechtsgründe überhaupt zu verhandeln, gescheitert.
Das ist schlecht für Assange, aber womöglich gut für all die Werte und Prinzipien, die mit dem Fall verbunden sind. Denn auch wenn die Gerichtsentscheidung gegen die Auslieferung vom Januar 2021 erst einmal aufatmen ließ – eigentlich waren es die vollkommen falschen Gründe. Jetzt hingegen wird Assanges Verteidigung zweifellos die zunächst vor unteren Instanzen vorgebrachten und gescheiterten Argumente wieder aufnehmen, die allein die 18 von den USA vorgebrachten Anklagepunkte gegen Assange als politisch motivierten Versuch der Mundtotmachung eines unbequemen Publizisten brandmarken.
Fall wieder da, wo er hingehört
Damit wäre der Fall wieder da, wo er hingehört: In der politischen Auseinandersetzung um Pressefreiheit und deren Grenzen.
Zur Erinnerung: Im Kern geht es um Wikileaks-Veröffentlichungen geheimer US-Dokumente aus den Jahren 2010 und 2011, die diverse Kriegsverbrechen der USA und der damaligen irakischen Sicherheitskräfte gegen Zivilbevölkerung belegen. Die Dokumente waren von Chelsea Manning an Wikileaks weitergereicht worden – Manning saß daraufhin ab 2010 in Haft, wurde aber vom damaligen Präsidenten Barack Obama schließlich 2017 begnadigt.
Das Verfahren gegen Assange hingegen, dem die USA vorwerfen, die Dokumente nicht nur veröffentlicht – und dadurch Menschenleben und US-Sicherheitsinteressen in Gefahr gebracht – sondern Manning aktiv beim Datenklau geholfen zu haben, wurde nie eingestellt. Sogar Chelsea Manning kam erneut in Beugehaft, um von ihr Assange belastende Aussagen zu erzwingen.
Oben — Londres (Reino Unido), 18 de Agosto 2014, Canciller Ricardo Patiño y Julian Assange ofrecieron una rueda de prensa con presencia de medios internacionales. Foto: David G Silvers. Cancillería del Ecuador.
Datei:RUEDA DE PRENSA CONJUNTA ENTRE CANCILLER RICARDO PATIÑO Y JULIAN ASSANGE.jpg
Erstellt: 18. August 2014
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Unten — Dieses Foto wurde am 24. Januar 2022 vor dem High Court in London aufgenommen, kurz nachdem Julian Assanges Verteidigungsteam das Recht erhalten hatte, seinen Auslieferungsfall vor den Obersten Gerichtshof des Vereinigten Königreichs zu bringen. Als Julian Assanges Verlobte, Stella Morris, das Gebäude verließ, hielt sie eine kurze Rede vor einer Menge von Unterstützern und der Presse – „Täuschen Sie sich nicht“, erklärte sie, „Wir haben heute vor Gericht gewonnen“, fügte dann aber hinzu: „Aber vergessen wir nicht, dass jedes Mal, wenn wir gewinnen, solange dieser Fall nicht fallen gelassen wird, solange Julian nicht freigelassen wird, Julian leidet weiter.“ Während Assanges Verteidigungsteam das Recht erhalten hat, eine Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof zu beantragen, wird es Sache des höchsten britischen Gerichts sein, zu entscheiden, ob es der Prüfung seines Falles zustimmt. Diese Entscheidung über eine mögliche Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof wird irgendwann in den nächsten zwei bis drei Monaten erwartet. Leider beschränkte sich der Aufgabenbereich der Berufung auf die Untersuchung der behaupteten rechtlichen Versprechen der Vereinigten Staaten darüber, wie Assange behandelt wird, und nicht auf die umfassenderen Fragen der Redefreiheit, der CIA-Verschwörung, ihn zu ermorden, des Ausmaßes, in dem die Beweise gegen ihn offensichtlich fabriziert wurden oder ob seine Behandlung im Belmarsh-Gefängnis Folter gleichkam. Wenn er in den Vereinigten Staaten wegen Spionage wegen der Aufdeckung von US-Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak sowie anderer Verfehlungen der Vereinigten Staaten und anderer Regierungen verurteilt wird, drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Der Bundeshaushalt von Lindner – . – 2.) Ein Blick nach Osten – . – 3.) Ukrainischer Kettenbrief – . – 4.) Linke zur Allgemeine Impfpflicht – . – 5.) Weitere Waffenlieferungen für die Ukraine – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Lief die Dummheit den politischen Pöstchen Jägern nicht immer schon in Meilenschritten voraus ? Wie kann es sein das es im Zeitablauf von ca., 70 Jahren nur einen Kanzler gab, welcher hier im Land angekommen ist? Genau das macht den Unterschied zwischen den Schein und die Wirklichkeit des Sein so groß. Die Parteien Clans haben es nie fertig gebracht ihre Leuchttürme an die Spitze zu bringen. Jeder Mensch, welcher sich einmal in diesen Gemüsegärten der Real-Politik bewegt hat, wird alles das, was Sichtbar wird sehr gut beurteilen können und müssen.
Der Text, die Zahlen und die wirkliche Politik
1.) Der Bundeshaushalt von Lindner
Sondervermögen für die Bundeswehr, ein Ergänzungshaushalt: Wie Christian Lindner an der Normalisierung der Staatsfinanzen festhält – und auch wieder nicht. Christian Lindner kommt aus dem Haushaltsausschuss und neun Minuten zu spät. Er habe gerne noch alle Fragen der Abgeordneten beantworten wollen, sagt er entschuldigend auf dem Podium der Bundespressekonferenz. Dass es in diesen Tagen viele Fragen an den Bundesfinanzminister gibt, ist kein Wunder. Am Morgen hat das Kabinett dem Haushaltsentwurf für dieses Jahr zugestimmt und dem Finanzplan für die kommenden. Außerdem noch einem ersten Entlastungspaket angesichts der gestiegenen Preise, und dann sind da noch die Diskussionen über die nächste Entlastungsrunde wegen des Ukraine-Kriegs und Lindners, nun ja, spezielle Idee eines Tankrabatts. „Das ist der erste Bundeshaushalt der neuen Koalition, und deshalb wurde es auch ernst“, sagt Lindner nun. Ein kleines Lächeln huscht trotzdem über sein Gesicht. Man habe sich ja auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, „das war Text“. Jetzt aber gehe es darum, einen Haushalt zu machen, „der Politik in Zahlen fasst“. Dass manches, was die Koalition sich vorgenommen hat, diese Wandlung von Text in Zahl nicht überstanden hat, zeigt sich kurz darauf, als Lindner über den „konstruktiven Geist“ in der Koalition spricht. Mit dem nämlich sei es möglich gewesen „zu priorisieren“.
Haben diese Politiker nicht alle ihre Hosen bereits voll, bevor sie die Selben hinunter ließen? Die wissen alleine nicht einmal von A – nach B zu kommen. Und dann bis nach Kiew? Und einmal mehr ist Niemand das, welcher Hirn hinunter schmeißt? So stark gepanzerte Fahrzeuge gibt es gar nicht, um soviel geballtes Unvermögen sicher vor Ort zu bringen.
Morawiecki ruft Scholz, Johnson, Biden und Macron zu Besuch in Kiew auf
2.) Ein Ruf zum Westen
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und weitere Staats- und Regierungschefs zu einem Solidaritätsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgefordert. Er rufe Scholz, den britischen Premierminister Boris Johnson, US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und alle EU-Regierungschefs auf, ebenfalls nach Kiew zu fahren, sagte er der «Bild». «Sie sollen in die Augen der Frauen und Kinder blicken und ihnen helfen, ihre Leben und ihre Eigenständigkeit zu retten. Dort kämpfen sie für die Werte Europas und der westlichen Welt.» Die ukrainische Hauptstadt wird seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar immer wieder beschossen. Polen, Tschechien, Slowenien: Solidaritätsbesuch in Kiew. Am Dienstag waren die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit einem Zug nach Kiew gereist, um sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen. Sie wollten so ihre Unterstützung für den Freiheitskampf der Ukraine gegen Russland signalisieren «Kann sein, dass es Symbolpolitik war», sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, dazu. «Aber es hat den Menschen – über 2 Millionen Kiewer, die in der Stadt geblieben sind – Mut gemacht.» Auch Melnyk, regte bei Bild Live eine Reise von Scholz nach Kiew an. «Es wäre schön, wenn auch Bundeskanzler Scholz mal Kiew besucht, um sich die Zerstörung anzusehen und auch ein Gefühl zu bekommen, womit man es hier zu tun hat.»
Hätte es die NATO schon zu Ende des letzten Weltkrieg gegeben, würde sich wohl auch kein Finger gekrümmt haben den Krieg des Österreichers Adolf zu beenden. Griff die USA seinerzeit vielleicht nur ein, da sie Mitleid mit der UdSSR hatte? Oder gibt es eine andere Erklärung für das heutige komplette Versagen des Westens?
Der Wert von 44 Millionen Leben
3.) Ukrainischer Kettenbrief
Ein manifest artiger Brandbrief beschäftigt die Ukraine. Ob ein Menschenleben in einem NATO-Mitgliedsland mehr wert ist, ist zentrales Thema. Mitten in der Öffentlichkeit der um ihre Existenz kämpfenden Ukraine bringt jemand seine Meinung zur Haltung des Westens auf den Punkt. Es ist eine bittere Analyse, die zu dem Schluss kommt, dass augenscheinlich aus Sicht der Nato Menschenleben in der Ukraine weniger wert sind als solche in Nato-Mitgliedstaaten. Dieser Brandbrief erreicht meine Freundin Halyna in Lviv als Kettenmail. Sie schickt ihn weiter und schreibt: „Er spricht mir aus der Seele.“ Auch Sofija, 2008 aus Lviv nach Berlin gezogen, befürwortet die Argumentation. Von Halynas Tochter ins Deutsche gebracht, drucken wir ihn hier leicht gekürzt ab: „In Europa, in der Ukraine, im Vorhof der Nato, sollen 44 Millionen Menschenleben ausgelöscht werden. Und die bittere Wahrheit ist, dass alle Verbündeten der Ukraine die Rolle eines externen Beobachters gewählt haben. Sie zeigen Sympathie. Sie unterstützen uns finanziell. Sie stellen uns auch Waffen zur Verfügung. Sie verhängen auch Sanktionen. Das alles konnte der Gewalt bisher keinen Einhalt gebieten. Kein einziges verbündetes Land aber hat Maßnahmen ergriffen, um an der Seite der Ukrainer zu kämpfen.
Haben nicht viele Linke das Öfteren den Quertreibern aus den Regierungslagern die Seile zum Hüpfen geschlagen? Wer keine eigenen Vorstellungen hat, zeigte immer schon seine Allianz nach Oben! Na vielleicht könnte man ja nach Ablauf dieser Zeit? Als wenn die Gesundheit des Volk, den Politiker-Innen je etwas Wert gewesen wäre? Auch den Linken nicht – ansonsten würde ihr das Volk bessere Zahlen schreiben!
Vier Linke mit Scholz und Lauterbach
4.) Linke zur Allgemeine Impfpflicht
Sowohl für als auch gegen die Einführung einer Impfpflicht gibt es Unterschriften aus der Linksfraktion. Die Liste der Unterschriften auf Drucksache 20/899 reicht bis über die erste Seite hinaus. 234 Namen finden sich auf dem Gesetzentwurf »zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen«, den die interfraktionelle Gruppe aus Mitgliedern der Ampel-Parteien ausgearbeitet hat. Vor allem Sozialdemokraten und Grüne unterstützen das Vorhaben zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren, aber auch wenige FDP-Politiker – und vier Linke-Abgeordnete: Martina Renner, Anke Domscheit-Berg, Kathrin Vogler und Cornelia Möhring haben den Gesetzentwurf unterschrieben. »Eine allgemeine Impfpflicht lehnen wir zwar im Grundsatz ab, aber im Ausnahmefall ist sie zur Überwindung der Corona-Pandemie unumgänglich, um Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Daseinsvorsorge abzuwenden«, heißt es in einer Erklärung der Linke-Politikerinnen. Überzeugt klingt das nicht, jedoch sehen die Frauen wohl keine andere Option, die Pandemie in den Griff zu bekommen – und sparen nicht mit Kritik an der Regierungspolitik: »Dass wir heute in einer Situation sind, in der eine gesetzliche Verpflichtung dafür notwendig ist, dass Menschen sich selbst und andere durch die Impfung schützen, ist auch Ausdruck einer irrlichternden und immer wieder fehlerhaften Pandemiepolitik in den letzten zwei Jahren.« Kanzler Scholz ohne Mehrheit
Es kann nie falsch sein, wenn Staaten Möchtegerne Tacheles reden und dann sollten wir ihm auch zustimmen. Aber müsste er dann nicht auch die Namen der Politiker aufrufen welche er für Integer und damit keine Verbrecher hält? Da würden Weltweit wohl fünf Finger zum zählen ausreichen ?
Biden nennt Putin erstmals öffentlich „Kriegsverbrecher“
5.) Weitere Waffenlieferungen für die Ukraine
Die US-Regierung hatte bislang vermieden, direkt von russischen Kriegsverbrechen zu sprechen. Moskau nennt Bidens Vorwurf „inakzeptabel und unverzeihlich“. US-Präsident Joe Biden hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin erstmals öffentlich einen „Kriegsverbrecher“ genannt und weitere Waffenlieferungen und Militärhilfen in Millionenhöhe für die Ukraine angekündigt. In dem 800 Millionen Dollar (730 Millionen Euro) schweren Hilfspaket seien unter anderem Flugabwehrraketen, Drohnen und Tausende Panzerabwehrwaffen enthalten, kündigte Biden am Mittwoch in Washington an. Biden wurde auf einer Veranstaltung am Mittwochnachmittag (Ortszeit) von einer Reporterin gefragt, ob Putin ein Kriegsverbrecher sei. Der US-Präsident erklärte daraufhin, dass er den russischen Präsidenten für einen Kriegsverbrecher halte. Die US-Regierung hatte zuvor stets vermieden, direkt von russischen Kriegsverbrechen zu sprechen. Auf die Frage, warum Biden nun seine Wortwahl geändert habe, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki: „Er sprach aus seinem Herzen und basierend auf dem, was er im Fernsehen gesehen hat – nämlich die barbarischen Handlungen eines brutalen Diktators durch seine Invasion eines fremden Landes.“
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Wer fragt wen – wenn nur nichtssagende Antworten kommen ?
Ein Schlagkoch von Jagoda Marinic
Die deutsche Öffentlichkeit verliert sich gern im Klein-Klein. Bis sich in Krisen, wie der aktuellen, zeigt. Strukturelles Denken fehlt. Aber auch der Glaube daran, dass wir gemeinsam etwas ändern können.
Putin ist Putin und er hat nie vorgegeben, etwas anderes zu sein als Putin. Kein Despot muss sich die Mühe machen, den Westen zu täuschen, der Westen täuscht sich schon selbst. Demokratische Regierungschefs reisen zu Diktatoren und wagen es kaum, Menschenrechts- oder Freiheitsfragen auf die Agenda zu setzen – Diplomatie heißt das dann, der Dialog muss fortgesetzt werden! Fortgesetzt wird jedoch hauptsächlich der Handel, der Dialog reißt ab.
Warum wurde in den letzten Jahren die sicherheitspolitische Debatte nicht aufrichtig geführt: Wo war die breitere gesellschaftliche Debatte darüber, wie abhängig wir uns von Putin machen dürfen? Es gab tatsächlich keinen Plan B für den Katastrophenfall, der jetzt eingetreten ist. Wir sind abhängig; sorry, auf jeden Fall bis zum Winter untergraben wir unsere eigenen Sanktionen gegen Putin! Der beste Rat bisher ist, dass wir Strom sparen sollen, es gibt ja auch Pullis.
Es sind eben solche Vorschläge, die zeigen, wie wenig geübt die deutsche Öffentlichkeit noch darin ist, über die Lage der Welt nachzudenken. Heizung an- und ausdrehen, das können wir anscheinend verarbeiten, aber das Wissen über Geopolitik, die Bedeutung Deutschlands oder gar der liberalen Demokratien in der Welt ist kaum ein Thema in den Alltagsgesprächen dieses Landes. Politik ist in Deutschland eine immer kleinteiligere Frage geworden und der Umgang mit der Coronapandemie war exemplarisch für unsere diskursive Unfähigkeit: Wir haben uns über Kleinstmaßnahmen von Bundesland zu Bundesland gestritten, wir haben allen mehr oder minder erfolgreichen Ministerpräsidenten die Bühne geboten, obwohl sie nichts zu sagen hatten – gelöst haben wir die Probleme damit noch lange nicht.
In Deutschland lieben wir den diskursiven Nebel. Vier Talkshows bieten uns die Öffentlich-Rechtlichen regelmäßig, alle haben fast zwei Jahre lange ausschließlich die pandemische Lage beackert. Natürlich kann man sagen, das lag an der historischen Herausforderung, es lag aber auch daran, dass es der deutschen politischen Diskurskultur entspricht, das Klein-Klein aufzublasen, so zu tun, als verstehe man in den Redaktionen den armen Michel oder die Luise in Bottrop; ich weiß nicht, wie man diese Kunstfiguren des mittelmäßigen Verstehens im Journalismus sonst noch nennt. Diese Vorstellung, dass die Bürgerinnen und Bürger im Durchschnitt eben nicht in der Lage wären, strukturelle Fragen in den Blick zu nehmen, Verbindungen zu ziehen und so nach Schaltstellen zu suchen, an denen man Größeres bewegen könnte. Dieses beharrliche Unterschätzen der demokratischen Öffentlichkeit, tausend Nostalgiesendungen wurden in den letzten zwei Jahren produziert, man will uns ja Ablenkung schenken, daher auch die Behauptung: Der erneute Angriff auf die Ukraine kam „plötzlich“ und „unerwartet“. Wer hätte das ahnen können, fragen jetzt einige, als müsste man sich freisprechen.
War der Deutsche jemals anders ? Wer 16 Jahre, ohne jede Zukunft, mit Micheline lebte, ist Unsterblich!
All das, was Putin jetzt tut, kam mit Ansage. Wir müssen anfangen, das kollektive Wegsehen aufzuarbeiten. Die Ermüdung, wenn es um die komplexen politischen Fragen der Welt geht, die Hintergrundinformationen verlangen. Es fehlen Formate, die große politische Themen auf eine Art präsentieren, dass sie zu breiten gesellschaftlichen Debatten werden. Die „Talkshows“ sollten ergänzt werden durch wirkliche Gesprächsformate – ohne Politiker in der Runde, die sowieso nur das wiederholen, was sie schon in ihren Nachrichtenstatements abgegeben haben. Es braucht mehr kritische Einordnungen, eine höhere Themenvielfalt und den Abschied von der Idee, dass Menschen, nur weil sie ärmer sind oder weniger gebildet, es nicht nötig hätten, auch komplexere Fragen erläutert zu bekommen.
Eine andere Ursache für die Verdrängung ist die krankhafte Fokussierung auf die eigenen Befindlichkeiten. Drei Stunden liefen die Bilder vom Krieg und schon fragen hier alle: Wie halte ich es aus, mir das alles anzusehen? Natürlich ist es legitim, sich selbst zu schützen. Doch die Art, wie wir unsere Gefühle über einen Krieg, den andere führen müssen, in den Mittelpunkt unseres Redens stellen, macht mich stellenweise fassungslos. Kaum rede ich fünf Minuten mit Leuten über die Ukraine, sagt jeder Zweite zu mir: „Aber wir müssen auch sehen, dass es uns gut geht.“ Muss man sich bei allem fragen, ob es einem dabei gut geht? Geht es uns denn „schlecht“, wenn wir uns anfassen lassen von einem Krieg und seinen unschuldigen Opfern, oder geht es uns eigentlich angemessen?
Oben — Protest von FridaysForFuture und Anderen, sowie Ankunft der Verhandlungsteilnehmenden an der Messe Berlin zum letzten Tag der Sondierungsgespräche für eine Ampelkoalition.
Bald fallen die Corona Maßnahmen, noch mehr Menschen werden sich infizieren und Long Covid bekommen. Aus eigener Erfahrung warnt unsere Kolumnistin: Das wollen Sie auf keinen Fall.
Nur noch fünfmal schlafen bis Freedom Day! Oder für alle, die Long Covid haben: noch fünfmal schlafen und ungefähr 15-mal hinlegen und an die Decke starren. Apropos liegen, ich weiß, ich liege Ihnen jetzt seit zwei Jahren in den Ohren damit, wie falsch ich die deutsche Coronapolitik finde. Zu kurzsichtig, zu sehr am Wohlergehen der sogenannten Wirtschaft interessiert und zu wenig an Kindern, Alten, Armen, Kranken, Frauen, Obdachlosen, Toten, medizinischem Personal, Sie wissen schon.
Aber wissen Sie, was mich außerdem fertig macht? Dass in all den politischen Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, wider besseres Wissen die Tatsache überhaupt keine Rolle spielt, dass so viele Leute nach einer Infektion oft noch sehr lange unter Long Covid oder Post Covid leiden.
10 bis 15 Prozent der Menschen, die sich infizieren, leiden nach der akuten Infektion unter Long Covid, manchmal ein paar Monate, manchmal wesentlich länger. 10 bis 15 Prozent klingt erst mal nicht viel, aber 10 bis 15 Prozent von über 17 Millionen Infektionen (in Deutschland) sind leider insgesamt doch viel. Auf einer Infoseite des Gesundheitsministeriums heißt es: »Die einzige Möglichkeit, um sich vor Long-COVID zu schützen, besteht darin, eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 zu vermeiden.« Sie wissen es. Und sie nehmen es in Kauf.
Long Covid ist eine Krankheit, die bisher zu wenig erforscht ist, weil es sie noch nicht allzu lange gibt, einerseits. Andererseits hat Long Covid große Ähnlichkeiten mit ME/CFS, auch als »chronisches Fatigue-Syndrom« bekannt, wobei »Fatigue« für viele Leute einfach so klingt, als wär man dann ein bisschen müde, obwohl Leute mit dieser Krankheit oft schwerbehindert sind. ME/CFS gibt es schon länger, und Leute, die darunter leiden, fordern seit Jahren mehr Forschung dazu. Aber vor allem: Auch wenn – oder: gerade weil – man noch nicht viel über Long Covid weiß, weiß man doch genug, um sagen zu können, dass die Idee, eine Infektion sei etwas, das man eigentlich ganz gut wegstecken kann, wenn man halbwegs gesund und dreimal geimpft ist, nicht ganz hinhaut, gelinde gesagt.
Ich war halbwegs gesund und dreimal geimpft und habe jetzt Long Covid. Und aus den Gesprächen, die ich in den letzten Wochen geführt habe, kann ich Ihnen berichten, dass es im Großen und Ganzen zwei Gruppen gibt: Leute, die selbst Long Covid haben oder jemanden kennen, der es hat, und solche, die die Sache nicht ernst nehmen. Und in der zweiten Gruppe sind leider auch einige Ärztinnen und Ärzte.
Auch wenn Ärztinnen und Ärzte bisweilen nicht viel tun können, wäre es das Mindeste, die Leute gründlich zu untersuchen. Die erste Ärztin, bei der ich war, fand, das sei bei mir nicht nötig, so eine Infektion könne halt auch mal sechs Wochen dauern, ich solle halt genug Wasser trinken und Schmerztabletten nehmen. Ich war dann noch mal bei einem anderen Arzt, der mich ausführlich untersucht hat. Die Long-Covid-Kliniken und -Sprechstunden sind derweil so ausgelastet, dass man bei vielen überhaupt erst einen Termin bekommt, wenn man seit sechs Monaten krank ist. Sechs Monate, in denen man unter Umständen arbeitsunfähig ist, so viel zum Thema »Aber die Wirtschaft!«. Der Wirtschaft tut es auch nicht gut, wenn Hunderttausende im Alter von 20 bis 50 zu Long-Covid-Zombies werden. »Je länger die Patienten mit diesen Symptomen sich plagen, desto eher ist die Chronifizierungsgefahr gegeben und desto schwerer sind diese Menschen dann auch wieder in ihren Alltag und ihren Beruf einzugliedern«, hat die Ärztin und Long-Covid-Expertin Jördis Frommhold auf der Bundespressekonferenz neulich erklärt. Heißt: Je öfter man sich überanstrengt, je öfter man sogenannte Crashes (Zusammenbrüche) hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Sache chronisch wird.
Dass es besonders oft Frauen sind, die unter Long Covid leiden, macht die Sache nicht einfacher. Sobald Frauen über 40 sind und von Long-Covid-Symptomen berichten, können sie damit rechnen, dass ihnen erklärt wird, dass das vielleicht einfach nur die Wechseljahre sind. Dummerchen!
Es sind Ärztinnen und Ärzte, aber oft auch andere Leute, die die Sache völlig unterschätzen und Sachen sagen wie: »Oh Mann, ja, ich bin auch oft müde, aber so ein kleiner Mittagsschlaf wirkt Wunder«. Gern auch irgendwas mit »psychosomatisch«, wobei das in dem Fall synonym verwendet wird mit »Das denkst du dir aus« oder »Jammer nicht«. Oder: »Wahrscheinlich hast du nur Eisenmangel« / »Sind wir nicht alle erschöpft nach zwei Jahren Pandemie und jetzt ist auch noch Krieg…?« / »Also, ich fahre täglich Fahrrad und meine Infektion war nach drei Tagen vorbei!« – Ja, super, meine halt nicht.
Long Covid ist so wenig Müdigkeit, wie Depression einfach nur schlechte Laune ist.
Falls es Sie interessiert: Ich habe jetzt seit knapp zwei Monaten täglich Kopfschmerzen und bin von jeder Kleinigkeit erschöpft, ich habe immer wieder Schwächeanfälle für mehrere Stunden und dazu ein fiebriges Kribbeln, null Hunger oder Appetit, mein Gehirn funktioniert nicht richtig (Vergesslichkeit, Konzentrations-, Wortfindungsstörungen), und ich schlafe oft 14 Stunden und bin danach absolut nicht erholt, sondern genauso kaputt wie am Tag davor, und nein, Kaffee hilft da nicht und grüner Tee auch nicht.
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Wegen dem Krieg in der Ukraine sind Deutschland und die EU dabei, unter anderem die Energiepartnerschaft mit Russland zu überdenken.
Vor dem Beginn der Kampfhandlungen am 24. Februar hatte Berlin bereits die Zertifizierung der Gasleitung ’Nord Stream 2’ ausgesetzt. Künftig könnte es darum gehen, die europäischen Energiesicherheit ohne die russischen Gaslieferungen zu verwirklichen. Dabei soll das importierte Pipeline-Gas am besten durch verflüssigtes Erdgas ersetzt werden. Allerdings lassen bereits Aspekte wie die globale Verfügbarkeit von Flüssiggas sowie die unzureichende LNG-Infrastruktur auf dem europäischen Kontinent die Perspektiven einer optimalen Nutzung dieses Energieträgers derzeit fraglich erscheinen.Angesichts des Kampfhandlungen in der Ukraine sind Deutschland und die Europäische Union dabei, das Verhältnis zu Russland zu überdenken. Das betrifft in hohem Masse auch die Energiepartnerschaft mit der russischen Seite. Berlin hatte zovur bereits als Reaktion auf die Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Regionen Donezk und Lugansk am 21. Februar durch Moskau die Zertifizierung der Gasleitung ’Nord Stream 2’ ausgesetzt. Inzwischen geht es für die Bundesrepublik und die EU im Hinblick auf die europäische Energiesicherheit wohl auch darum, Bedingungen dafür zu schaffen, um künftig auf russische Gaslieferungen verzichten zu können.Politiker und Experten plädieren in diesem Zusammenhang unlängst dafür, das russische Pipeline-Gas durch das per Tankschiff nach Europa importierte verflüssigte Erdgas LNG (Liquified Natural Gas) zu ersetzen. Allerdings gibt es diverse Aspekte, die einen ausreichenden kurz- und mittelfristigen LNG-Import in Frage stellen.Wie bereits im ersten und zweiten Teil des Artikels ’Streitpunkt Energiesicherheit: Kann LNG russisches Pipeline-Gas in Europa ersetzen?’’ erläutert, spielen die folgenden Aspekte in der Flüssiggas-Problematik eine ausserordentliche Rolle:
Die globale Nachfrage nach verflüssigtem Erdgas übersteigt das Angebot für diesen Energieträger bei weitem, so dass grosse zusätzliche LNG-Kontingente, die theoretisch importiert werden könnten, physisch einfach nicht vorhanden sind.
Die EU verfügt nicht über die ausreichende Infrastruktur, um grössere LNG-Lieferungen aufzunehmen, wobei Deutschland bislang überhaupt keine eigenen LNG-Terminals besitzt.
Zu den weiteren Schlüsselaspekten, die aus wirtschaftlicher Sicht gegen einen baldigen rigorosen Umstieg auf LNG in Europa sprechen, zählen die hohen und volatilen Preise für die nicht an langfristige Lieferverträge gebundene LNG-Kontingente an den Handelsmärkten.
Extrem volatile LNG-Preise
Nicht zuletzt seit der europäischen Gaskrise Ende 2021 und dem geopolitischen Konflikt um die Ukraine wurde deutlich, dass das Flüssiggas als ein Rohstoff mit extrem volatilen bzw. instabilen Preisen gilt. Dies stellt für europäische Importländer ein immenses Problem dar, denn Volatilität der Flüssiggaspreise ist hinsichtlich der Versorgung eines Landes mit Gas aus ökonomischer Sicht zweifelsfrei unvorteilhaft.
Wirtschaftlich ist jede Preisschwankung um den Mittelwert grundsätzlich als Risiko zu betrachten. Eine hohe Volatilität – wobei der Grad der Preisschwankung an den Abständen zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Preis in einer Periode gemessen wird – bedeutet eine grössere Unsicherheit für das Geschäft. Dieses ist schwerer kalkulierbar, weswegen beispielsweise eine langfristige Planung schwieriger umzusetzen ist.
Verursacht werden die Preisschwankungen auf den Märkten unter anderem von den geopolitischen Spannungen in der Welt, den Wetterbedingungen und den daraus resultierenden Nachfrageprognosen in den Import-Ländern, dem Umfang der Gaslieferungen via Pipeline sowie der Situation bei der Nachfrage bzw. die Konkurrenz auf den globalen Handelsmärkten.
Das Problem mit den LNG-Preisschwankungen bringt Pepe Egger in seinem Artikel in der Online-Ausgabe der Wochenzeitung «Der Freitag» gut auf den Punkt: «Der Preis ist flatterhaft und nervös, er reagiert auf alle möglichen Signale. In Frankreich müssen Atomreaktoren abgestellt werden: Der Preis steigt. Aus den USA kommen verstärkt […] Flüssiggas-Lieferungen nach Europa: Der Preis fällt. Mehrere LNG-Tanker biegen ab und steuern nach China, weil dort mehr gezahlt wird: Der Preis steigt. In Nordamerika gibt es Schneestürme: Der Preis steigt weiter. Biden trifft Putin, es soll verhandelt werden, der Preis fällt; Russland findet, es gebe nichts mehr zu verhandeln, der Preis steigt wieder an.»
Wenn wir davon ausgehen und zudem die Probleme mit einbeziehen, die wir gerade in Europa haben – Krieg in der Ukraine, Aussetzung der Inbetriebnahme von «Nord Stream 2», historisch niedrige Gasreserven in den EU-Ländern – dann spricht wenig dafür, dass sich die LNG-Preise bald stabilisieren.
Was ausserdem noch dazu kommt: Wegen der Knappheit des Angebots bekommen das Flüssiggas nur diejenigen, die bereit sind, dafür am meisten zu zahlen, weswegen es oft zu einer kontinuierlichen Preisrallye zwischen den Abnehmern kommt. Der Preis kann dann abhängig von der Situation in die Höhe getrieben werden und geht je nach Lage entweder nach Asien, Südamerika oder Europa.
Allerdings gelten der europäische LNG-Markt sowie der noch kleinere südamerikanische Markt verglichen mit Asien gemäss den Zahlen der aktuellen LNG-Marktprognose von Shell eher als Hinterhöfe im globalen Handel mit Flüssiggas. Erstens ist man von der Konjunktur im asiatisch-pazifischen Raum abhängig, wo die Preisbildung am stärksten beeinflusst wird. Zweitens ist der asiatische Markt mit mehr als 75 Prozent der globalen LNG-Nachfrage physisch viel grösser und drittens ist er lukrativer für die Exporteure, weil da generell mehr geboten wird und der Nutzen deshalb am höchsten ausfällt.
Europas LNG-Markt nur bei hohen Preisen konkurrenzfähig?
Im Zuge der europäischen Gaskrise Ende 2021 war jedoch eine einzigartige Situation auf dem globalen LNG-Markt entstanden: Laut dem Portal russland.capital wurde Europa wegen den stark gestiegenen Gaspreisen plötzlich zu einem sehr gewinnbringenden Markt für Exporteure, während Asien einen Preisrückgang verzeichnete. Für die europäischen Länder war das Flüssiggas aus den USA an der Börse günstiger, als zusätzliches, nicht an langfristige Lieferverträge gebundenes Pipeline-Gas aus Russland, den Niederlanden oder Norwegen.
Dies und die sinkenden Gaspreise im asiatisch-pazifischen Raum haben die US-Exporteure motiviert, das LNG in Europa zu verkaufen. Als Folge wurden viele Schiffe, die eigentlich nach Asien gingen, nach Europa geschickt – und US-Händler konnten dort in dieser Zeit zum ersten Mal Rekordumsätze erzielen.
Die Lage entwickelt sich aber oft so, dass wenn die Preise in Asien fallen und die Preise in Europa im Gegenzug ansteigen, dann führt das wiederum dazu, dass die Preise früher oder später in den asiatischen Ländern wieder ansteigen, um die für die dortige Wirtschaft notwendigen LNG-Kontingente ’’abzufangen’’.
So verursachte die Umleitung der LNG-Tanker nach Europa einen Anstieg der Gaspreise auf den asiatischen Märkten und wenn dies nicht zu einem Anstieg der europäischen Preise führt, wird dieser Markt für US-Exporteure automatisch uninteressant. Aus diesem Grund und angesichts der gegenwärtigen Gasknappheit in Europa könnten die Preise auf dem europäischen Markt erneut drastisch ansteigen.
Dies zeigt vor allem, dass das Interesse der LNG-Exporteure an Europa und die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Importeure in Bezug auf Asien im Grunde den ungewöhnlich hohen Gaspreisen zu verdanken ist.
Wie das Portal EURACTIV unter Verweis auf Angaben der Europäischen Kommission schreibt, wirken sich hohe Gaspreise jedoch negativ auf die gesamte Wirtschaft aus und werden voraussichtlich auch 2022 ein Haupttreiber der Inflation bleiben. Die Preise hätten bereits energieintensive Industrien mit hohen Produktionskosten belastet und würden wahrscheinlich auch die Preise für andere Güter, einschliesslich Lebensmittel, erhöhen.
Schlussendlich bleibt zusammenzufassen, dass die niedrige Verfügbarkeit von Flüssiggas weltweit, der mangelnde Ausbau der entsprechenden Infrastruktur auf dem europäischen Kontinent sowie die hohen Volatilität und Gaspreise entscheidende Argumente dafür sind, dass es künftig immer Schwierigkeiten bei dem Import und der Nutzung von LNG in Deutschland un der EU geben kann. Daher wird Russland zumindest kurz- und mittelfristig ein Hauptakteur bei der Energieversorgung in Europa bleiben. Langfristig haben die Europäer allerdings durchaus Möglichkeiten, ihre Energieimporte zu diversifizieren. Bis dahin gibt es aber nur wenig Alternativen, um russisches Gas vollständig und wenigtens nur zu einem grossen Teil zu ersetzen.
„Krieg und Frieden“
Lemberg als Fluchtort: Eine Stadt zum kurz Durchatmen
Aus Lwiw Rostyslav Averchuk
Bis Kriegsbeginn war das westukrainische Lemberg ein Touristenmagnet. Jetzt ist das Zentrum leer, die Stadt aber ist voller Flüchtlinge.
Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Mein Großvater, Soldat der polnischen Armee, Juri Maksimowitsch Averchuk, stand auf dem Bahnhof in Lemberg (heute ukrainisch Lwiw). Schon bald darauf trafen dort Flüchtlinge aus dem Westen ein, die vor der Armee des nationalsozialistischen Deutschlands geflohen waren. Wenn ich meinem Großvater zuhörte, wie er von dieser Zeit erzählte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es in Lemberg wieder Krieg geben würde.
An den ersten Kriegstagen waren die alten Straßen des Stadtzentrums leer. Nur wenige Cafés waren geöffnet, aber statt Musik und Gelächter herrschte dort Stille, die nur ab und zu vom Heulen einer Luftschutzsirene oder dem Martinshorn eines Krankenwagens durchbrochen wurde. Man könnte meinen, dass aktuell das Leben die Stadt verlassen hat. Doch der Schein trügt. Der Puls der Stadt ist jetzt nur nicht mehr im touristischen Stadtzentrum. Er schlägt am Bahnhof, an den Kontrollpunkten, in den Notunterkünften der Flüchtlinge. Die Theater und Museen der Stadt sind jetzt gefüllt mit Hilfslieferungen für die Neuankömmlinge und mit Paketen für die Front, die Freiwillige pausenlos dorthin transportieren.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Bei Kämpfen um Mariupol – . – 2.) „Ist schon traurig“: Ukraine – . – 3.) Im Sonderzug nach Kiew – . – 4.) „Putin hat uns alle belogen“ – . – 5.) Contra Maskenpflicht Ade? – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Der Krieg war schon immer als das größte Versagen der Politik bekannt! Nur der letzte aller Überlebenden kann als Mörder vor ein Gericht gestellt werden. Nun haben die Versager vier Gründe mehr, ihre Helden zu ehren. Wie kann es nur passieren, das noch keiner der bekannten Volkverräter unter allen Toten zu finden ist? Wie bei Corona auch!
Ukraine: Vierter russischer General getötet
1.) Bei Kämpfen um Mariupol
Nächster Rückschlag für Moskau: Bei Gefechten in Mariupol soll ein weiterer russischer Generalmajor getötet worden sein. Es wäre der vierte Topmilitär, der bei der Invasion ums Leben gekommen ist. Die russische Armee muss in der Ukraine womöglich den nächsten Verlust eines hochrangigen Militärs hinnehmen. Ein weiterer Kommandeur der russischen Armee soll bei einem Angriff auf die Stadt Mariupol ums Leben gekommen sein. Ein Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Gerashchenko, schrieb nach Angaben der Nachrichtenagentur AP auf Telegram, der Generalmajor Oleg Mityaev sei tot. Den Angaben zufolge habe der Mann schon in Syrien gekämpft. Gerashchenko veröffentlichte auch ein Foto, das den Offizier zeigen soll. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in seiner jüngsten Videobotschaft von einem getöteten russischen Militärgeneral. Russland hat den Tod von Mityaev bislang nicht bestätigt. Auch nähere Angaben zu den Todesumständen gab die Ukraine nicht heraus.
Haben nicht von je her die größten politischen Trüffelschweine ihre „Schein-Werte-Welt“ regiert? Menschheit vergeht – aber Politiker-Innen bleiben bestehen. Kleine Männer ganz groß – tranken sie nicht schon immer ihre braune Soße? „He – reich mal das Bier herüber“!
Botschafter rechnet mit Schröders „sinnlosem“ und „nutzlosem“ Putin-Treffen ab
2.) „Ist schon traurig“: Ukraine
Während in der Ukraine der Krieg wütet, üben sich zahlreiche Politiker in Diplomatie. Auch Altkanzler Gerhard Schröder mischt mit – und trifft sich nun sogar mit einem Putin-Verbündeten. Der ukrainische Botschafter in Deutschland hat die Vermittlungsbemühungen von Altkanzler Gerhard Schröder im Ukraine-Krieg für gescheitert erklärt. „Die Sache ist für uns endgültig erledigt“, sagte Botschafter Andrij Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. „Für die Ukraine machen weitere Gespräche Schröders gar keinen Sinn. Es ist schon traurig zu beobachten, wie die ganze Sache schief gelaufen ist.“ Melnyk betonte erneut, dass die Initiative für die Vermittlungsaktion von Schröder ausgegangen sei. „Es gab schon gewisse Hoffnung auf Resultate, sonst hätte sich keiner in der Ukraine bereit erklärt, ihm Gehör zu schenken“, sagte er. Am Sonntagnachmittag sei ein ukrainischer Mittelsmann von Schröder persönlich über den Verlauf der Gespräche in Moskau informiert worden. „Die Ergebnisse waren aber absolut nutzlos. Es wurde gar nichts Neues berichtet, was wir nicht schon aus unseren eigenen Gesprächen mit der russischen Seite gewusst hätten“, sagte Melnyk. „Sehr schade, dass diese Chance vergeudet wurde.“ Der Botschafter sprach von einem „Trauerspiel“. Ähnlich hatte er sich zuvor bereits im Gespräch mit der Bild-Zeitung geäußert.
Die Deutschen „Möchtegern-Politiker“ beweisen sich einmal mehr in ihrer Feigheit zu handeln und lassen sich von Putin an extra langen Tischen abkanzeln. Oder hat einer von den Dreien einen kleinen Olaf in seiner Aktentasche? Aber letztendlich können sie nicht Jage, wollen keine Uniform tragen und lassen das Morden, wenn es ganz hart wird, von Anderen besorgen. Wo bleiben diese Bananen – wer trägt noch ihre Fahnen? Feige Großmäuler werden plötzlich ganz ruhig und haben sich schon Eingebunkert?
Staatsbesuch im Ukrainekrieg
3.) Im Sonderzug nach Kiew
„Unsere Pflicht, dort zu sein“: Mitten im Krieg machen sich drei osteuropäische Ministerpräsidenten auf den Weg in die ukrainische Hauptstadt. Es ist ein außergewöhnliches Zeichen der Solidarität: Drei osteuropäische Regierungschefs haben sich auf den Weg nach Kiew gemacht, um den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski persönlich zu treffen. Die Ministerpräsidenten von Polen, Tschechien und Slowenien – Mateusz Morawiecki, Petr Fiala und Janez Jansa – bestiegen in Polen einen Zug, der gegen 8 Uhr früh am Dienstag die Grenze zur Ukraine passierte. Am Nachmittag wurde gemeldet, die Reisegruppe habe das westukrainische Lwiw passiert. „Das Ziel des Besuchs ist, die uneingeschränkte Unterstützung der EU für die Ukraine und ihre Freiheit und Unabhängigkeit zum Ausdruck zu bringen“, twitterte Fiala. Morawiecki sagte: „Es ist unsere Pflicht, dort zu sein, wo Geschichte geschrieben wird. Denn es geht nicht um uns, es geht um die Zukunft unserer Kinder, die es verdient haben, in einer Welt frei von Tyrannei zu leben.“ Mit dabei ist Polens Vizepremier Jarosław Kaczyński, Chef der Regierungspartei PiS. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass sein Zwillingsbruder Lech Kaczyński im Jahr 2010 als damaliger Präsident Polens starb, als er zu einer Gedenkfeier zur Erinnerung an die Ermordung polnischer Offiziere durch den sowjetischen Geheimdienst 1940 im russischen Katyn unterwegs war. Seine Anhänger schieben den Absturz seines Flugzeugs bei Smolensk bis heute einem Abschuss durch Russland zu. Jetzt wagt sein Bruder eine Reise in ein Gebiet, wo Russland Krieg führt. Vor der Abreise erinnerte Morawiecki an den Besuch Lech Kaczyńskis in Georgiens Hauptstadt Tiflis 2008, als das Land von Russland angegriffen wurde, und zitierte ihn: „Heute Georgien, morgen die Ukraine, übermorgen die baltischen Staaten, und dann ist es vielleicht Zeit für mein Land, für Polen.“
Bleibt das Wort Lüge nicht bei den Politiker-Innen hängen? Fakt: Sie haben sich mit offenen Augen belügen lassen, und so diese Welt nicht mit realistischen Augen betrachtet. Putin hat sich nie verändert, er war immer der Gleiche. Aber so etwas sehen die kleinen Scheißer nicht, da sie aus ihren gegenseitigen Lobpreisungen für sich selber, nicht einmal mehr über den eigenen Tellerrand blicken. In der freien Wirtschaft würde jetzt der Konkurs gefordert werden.
TV-TALK – Markus Söder bei Lanz (ZDF):
4.) „Putin hat uns alle belogen“
Haben sich die CSU und ihr Vorsitzender Markus Söder zu lange Russland-freundlich verhalten? Markus Lanz mit dem bayerischen Ministerpräsidenten und weiteren Gästen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die deutschen Talkshows weiterhin fest in Griff. Bei ZDF-Moderator Markus Lanz nimmt deshalb der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder Stellung zum Verhältnis seiner Partei und der deutschen Politik zu Russland und dem Präsidenten Wladimir Putin. Daneben nimmt die Politologin Daniela Schwarzer, die Direktorin für Europa und Eurasien der Open Society Foundations, teil und analysiert die internationalen diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Ukraine-Konflikts. Zugeschaltet wird die ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf, die aus dem ukrainischen Krisengebiet berichtet. Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratscher komplettieren die Runde am Dienstagabend bei Markus Lanz. Zu Beginn der Sendung spricht Markus Lanz mit Katrin Eigendorf, die aus der südukrainischen Hafenstadt Odessa zugeschaltet wird, über die Stimmung in der ukrainischen Zivilbevölkerung. Dabei fragt Lanz seine Kollegin Eigendorf, ob in der Zivilbevölkerung nicht möglicherweise die Verteidigung der Ukraine, die viele Menschenleben koste, mittlerweile als sinnlos und zu verlustreich abgelehnt werde? Dies kann die ZDF-Reporterin jedoch klar verneinen: „Der große Teil der Ukrainer:innen möchte nicht unter einer russischen Diktatur leben und dafür sind sie bereit, in diesem Krieg einzustehen“, zeichnet Eigendorf das Bild einer gefestigten zivilgesellschaftlichen Position in der Ukraine. „Der Wille ist ungebrochen!“
Hat nicht in diesem Land ein jeder Angst vom dem Vorsitzenden-Politiker aller Corona-Wahne angekotzt zu werden? Aber äußerten sich Politiker jemals anders? Wer am lautesten schrie – erhielt immer recht. Viren jagen können sie nicht – aber Masken tragen zum verbergen ihrer wahren Gesichter. „Abstand anstatt Anstand!“
Strategiewechsel erforderlich
5.) Contra Maskenpflicht-Ade?
Der Mund-Nasen-Schutz kann helfen, Ansteckungen zu reduzieren. Warum es trotzdem Zeit ist, dieses Symbol der Pandemiepolitik los zu werden. Nach zwei Jahren Pandemie ist ein Strategiewechsel erforderlich. Eine vollständige Kontrolle des Infektionsgeschehens unter dem Druck der Omikron-Variante ist nicht möglich. Das Ziel sollte sein, schwere Erkrankungen und Tod durch SARS-CoV-2 zu verhindern. Die Impfung ist hier die effektivste Waffe. In Deutschland sind fast 90 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre mindestens zweimal geimpft und 77 Prozent geboostert. Der Schutz dieser und anderer besonders gefährdeter Gruppen muss im Fokus aller präventiven Anstrengungen stehen. Welchen Beitrag kann hier die allgemeine Maskenpflicht leisten? Die Maske ist zu einem Symbol der Pandemiepolitik geworden, die häufig ohne Belege als wesentlicher Erfolgsfaktor zur Eindämmung der Pandemie verkauft wurde. Sicher, Masken können, wo Abstände nicht eingehalten werden, einen Beitrag zur Verhinderung von Ansteckungen leisten. Dies ist vor allem da notwendig, wo ein hohes Schutzniveau gewährleistet werden muss, wie in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In öffentlichen Bereichen kommt es dagegen zu flüchtigen Kontakten, die nicht ausreichen, um zu einer Übertragung zu führen. Von anderen Infektionserregern wissen wir, dass die meisten Übertragungen im privaten Umfeld stattfinden. Dieselben Beobachtungen bestätigen sich auch bei SARS-CoV-2; häufig lassen sich Ansteckungen auf die Orte zurückführen, wo Infektionsschutzmaßnahmen keine Rolle spielen. Neueste Studienergebnisse aus Südafrika und Großbritannien zeigen, dass eine Infektion mit Omikron nach Impfung wahrscheinlich zu einer robusteren Immunität führt. Dies kann für den Herbst und den weiteren Verlauf von entscheidender Bedeutung sein.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Wenn Chiles neuer Präsident Gabriel Boric vom linken Wahlbündnis Apruebo Diginidad am 11. März die Präsidentschaft von seinem rechtskonservativen Amtsvorgänger Sebastián Piñera übernimmt, könnte das den Beginn einer neuen Linkswende in Lateinamerika markieren, und das sogar in jenen Ländern, die traditionell oder zumindest in den vergangenen Jahren von rechts regiert wurden. Seit den massiven Protesten, die sich im Oktober 2019 an der Erhöhung der Ticketpreise für die Metro entzündeten, hat sich in dem südamerikanischen Land eine kaum vorhersehbare politische Dynamik entfaltet, die das neoliberale Gesellschaftsmodell grundlegend in Frage stellt. Und auch in Kolumbien, wo es im vergangenen Jahr zu massiven Protesten gegen die Regierung des rechten Präsidenten Iván Duque kam, könnte sich der Unmut großer Teile der Bevölkerung in den für März und Mai anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in einem Sieg der Linken niederschlagen. Schließlich macht sich auch in Brasilien die Linke berechtigte Hoffnung, bei den Wahlen im Oktober den Alptraum der Regentschaft des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro zu beenden.
Welchen Herausforderungen aber sieht sich linke Politik unter Bedingungen der (Post-)Pandemie gegenüber, die geprägt sind von ökonomischer Krise, wachsender Ungleichheiten und Armut? Wie bekämpft sie die zunehmende Reichtumskonzentration, die Ausbeutung und Zerstörung von Natur, aber auch die strukturellen Abhängigkeiten vom Weltmarkt? Fest steht: Welche Antworten die Regierungen und die sie tragenden Kräfte auch immer geben, wird weit über die Länder der aktuellen Linkswende hinaus von Bedeutung sein.
Chile: Der Beginn einer neuen Epoche
Mit der Wahl Boric‘ in Chile wurde das seit dem Ende der Pinochet-Diktatur ab 1990 herrschende System von an der Macht alternierender Mitte-links- bzw. Mitte-rechts-Regierungen endgültig abgewählt. Kein Kandidat der beiden Formationen kam bei der jüngsten Präsidentschaftswahl in die zweite Runde. Den überraschend deutlichen Wahlsieg über seinen rechtsextremen Kontrahenten José Antonio Kast – Boric erzielte knapp 56 Prozent der abgegebenen Stimmen, Kast 44 Prozent – verdankt der 36jährige ehemalige Studierendenaktivist und Abgeordnete vor allem den Jungen, Frauen und einer ungewohnt starken Wahlbeteiligung in den ärmeren Vierteln und Regionen. Dabei spielte zum einen die starke Mobilisierung der feministischen Bewegungen eine große Rolle. Zum anderen, so analysiert es die chilenische Soziologin Pierina Ferretti, verdankt Boric sein Ergebnis aber auch den traditionell nicht organisierten Teilen der Bevölkerung, die sich im Zuge der Aufstände Ende 2019 politisierten und oft gar nicht explizit als links verstehen. Zudem verstanden viele ihre Wahl auch als eine gegen den Pinochet- und Bolsonaro-Bewunderer Kast.[1] Daneben suchte sich Boric aber auch die Unterstützung liberaler Teile des Establishments, etwa von Ex-Präsidentin Michelle Bachelet.
Sein Programm ist in vielen Teilen klassisch sozialdemokratisch: Die durchprivatisierten Systeme für Bildung, Gesundheit und Renten sollen reformiert und stärker öffentlich organisiert werden. Es finden sich aber auch viele Forderungen der feministischen und ökologischen Bewegungen in dem Programm wieder. Weil zu dessen Umsetzung mächtige privatwirtschaftliche Interessen angegangen werden müssen, ist es ist im neoliberalisierten Chile geradezu radikal.
In dem vermeintlichen „Wirtschaftswunderland“ ist die Macht der Eliten tagtäglich zu spüren. Ein Prozent der chilenischen Bevölkerung verfügt über ein Drittel des Vermögens, während viele Familien von 400 bis 500 Dollar im Monat leben müssen, was in etwa der monatlichen Studiengebühr an vielen Hochschulen entspricht. Gleichzeitig zeigt das relativ gute Abschneiden von Boric‘ Gegenkandidat Kast jedoch auch, wie gespalten die Gesellschaft ist. Fast 60 Prozent der über 70jährigen – und damit jene, die die Militärdiktatur zwischen 1973 und 1990 miterlebt haben – votierten für Kast.
Das relativ starke Abschneiden der Rechten wird Boric das Regieren nicht gerade erleichtern: Zwar gibt es eine knappe linke Mehrheit im Abgeordnetenhaus, im Senat aber dominieren rechte Parteien.
Ungeachtet der zu erwartenden Widerstände lässt Boric‘ Kabinett, dem erstmalig in der Geschichte Chiles mehr Frauen als Männer angehören, jedoch auf ein dezidiert linkes Projekt schließen, das durchaus Konflikte mit mächtigen Interessengruppen einzugehen bereit ist. So wird etwa die prominente Naturwissenschaftlerin und Mitglied des Weltklimarates IPCC, Maisa Rojas, Umweltministerin und die Enkelin des ehemaligen sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, den die Militärs 1973 aus dem Amt geputscht hatten, Maya Fernández Allende, Verteidigungsministerin.
Progressive Impulse kommen in Chile zudem von der Verfassunggebenden Versammlung, die sich im Juli vergangenen Jahres konstituierte und innerhalb eines Jahres eine neue Verfassung ausarbeiten soll.[2] Alle 155 Mitglieder des Konvents wurden im Mai 2021 direkt gewählt: Die politische Rechte verfügt in ihr, anders als sie es sich erhofft hatte, über keine Sperrminorität. Stattdessen wurden viele unabhängige Kandidat*innen in die Versammlung gewählt. Präsidentin des Konvents ist mit Elisa Loncón eine Angehörige der Mapuche-Indigenen – auch das vor wenigen Jahren schlicht undenkbar in Chile. Die sich im Konvent abzeichnenden Vorschläge für eine neue Verfassung muten geradezu revolutionär an: Demnach könnten Bildung, Gesundheit und Renten in Chile bald zu allgemeinen Rechten werden, Chile sich als „plurinationaler Staat“ konstituieren, die Rechte der Natur in der Verfassung festgeschrieben und ein gemischtes Wirtschaftssystem errichtet werden.
Für den Erfolg der Versammlung ist der Wahlsieg Boric‘ von enormer Bedeutung: Anders als Kast wird er sich nicht gegen deren Ergebnisse stellen und die notwendige Zurückhaltung gegenüber der Legislative akzeptieren.
Kolumbien: Kommt ein historischer Machtwechsel?
Auch in Kolumbien steht möglicherweise ein historischer Machtwechsel bevor: Am 13. März wird hier das Parlament (Abgeordnetenhaus und Senat) neu gewählt, am 29. Mai findet der erste Wahlgang zu den Präsidentschaftswahlen statt. Zwar werden die Präsidentschaftskandidat*innen der unterschiedlichen Wahlbündnisse offiziell erst am 13. März nominiert. Aber in den landesweiten Umfragen führt schon lange der linke Kandidat Gustavo Petro mit seinem Bündnis Pacto Histórico. Das Bündnis setzt sich aus linken, sozialdemokratischen, indigenen und bewegungsnahen Parteien zusammen. Petro repräsentiert in diesem als Vorsitzender der Partei Colombia Humana eine linke Sozialdemokratie. Sollte er tatsächlich gewinnen, wäre er der erste linke Präsident in der Geschichte Kolumbiens – das wäre in der Tat historisch. Bei einem Sieg könnte zudem die Umweltaktivist*in und Stimme der emanzipatorischen Linken in dem Bündnis, Francia Márquez, die erste schwarze Vizepräsidentin Kolumbiens werden.
Petro verfolgt eine linke sozialdemokratische Reformagenda, die vor allem auf Umverteilung und soziale Sicherung, Frieden und sozialökologische Transformation setzt. Bereits das aber wäre für ein Land, das politisch und ökonomisch seit Jahrzehnten der neoliberalen Doktrin folgt und dessen Gesellschaft mit die höchsten Ungleichheitswerte in der Region aufweist, geradezu eine Revolution. Konkrete Vorhaben sind eine Steuerreform, um die Vermögenden und Großgrundbesitzer stärker zu belasten. Die unter der aktuellen Regierung Duque im Frühjahr 2021 angekündigte Steuerreform, die die unteren Einkommensschichten stärker belastet hätte, war einer der Auslöser der monatelangen sozialen Proteste im vergangenen Jahr.
Zugleich plant Petro, die sozialen Ausgaben zu erhöhen und den Verteidigungsetat zu kürzen sowie eine stärkere öffentliche Kontrolle der privatisierten Sicherungssysteme, allen voran des Gesundheits- und Rentensystems. Ein zentrales und ambitioniertes Ziel ist der Umbau der Wirtschaft, um Kolumbiens Abhängigkeit von der Drogenökonomie, Rohstoffrenten und dem Finanzsektor zu brechen. Klima- und Biodiversitätsschutz sollen stärker gefördert und der Friedensprozess wiederbelebt werden. Derzeit ist der Wahlausgang trotz der bislang eindeutigen Umfragen weiter offen. Neben dem Bündnis Historischer Pakt kämpfen zwei weitere Parteienbündnisse und eine Reihe unabhängiger Kandidat*innen um den Einzug in die Casa de Nariño, den kolumbianischen Präsidentenpalast. Die Coalición Centro Esperanza (Bündnis Zentrum Hoffnung) vereint liberale Kräfte der politischen Mitte. Sie tritt als Alternative zu „links“ und „rechts“ an und verspricht einen moderaten politischen Wandel. Interne Querelen und Umfragewerte von zuletzt nur knapp über 12 Prozent lassen jedoch vermuten, dass das Bündnis kaum eine Chance haben wird, die Stichwahl zu erreichen.
Im dritten Wahlbündnis, Equipo por Colombia (Team für Kolumbien), vereinigt sich Kolumbiens traditionelle konservative Rechte. Zwar sprachen sich in den jüngsten Umfragen nur knapp 15 Prozent für dieses Bündnis aus. Das sagt aber noch nicht viel, verfügt die traditionelle Rechte doch über starke klientelistische Beziehungen und eine breite Machtbasis in den ländlichen Regionen, den evangelikalen Kirchengemeinden und der Oberschicht. Diese Wählergruppen würden Petro in einer Stichwahl mehrheitlich ihre Stimme verweigern. Offen ist zudem, wen die extreme Rechte um deren Symbolfigur, den Expräsidenten Álvaro Uribe, und dessen Partei Centro Democrático (CD) unterstützen wird. Möglich wäre, dass es zu einem Bündnis mit Rudolfo Hernández kommt. Der 76jährige ist ehemaliger Bürgermeister der Stadt Bucaramanga, Bauunternehmer und Millionär. Er präsentiert sich als „Außenseiter“, als Technokrat mit weißer Weste, der Korruption effektiv bekämpft und nicht dem politischen Establishment angehört. Einige Beobachter*innen bezeichnen ihn als „Trump Kolumbiens“. Hernández‘ Populismus kommt gerade bei den unentschlossenen Wähler*innen an: In den Umfragen liegt er derzeit, wenn auch mit deutlichem Abstand, bereits an zweiter Stelle hinter dem Pacto Histórico.
Vor allem eine Stichwahl könnte dem Linksbündnis zum Verhängnis werden. Denn Petro ist der Rechten ein Dorn im Auge. Doch auch in der Linken ist er aufgrund seiner polarisierenden und teils populistischen Rhetorik nicht unumstritten. Petro war Mitglied der Guerilla-Gruppe M-19, saß lange für die linke Partei Polo Demóctratico im Unterhaus des Kongresses, später im Senat. Von 2012 bis 2015 war er Bürgermeister von Bogotá. Er will die Macht der Drogenkartelle brechen – eine Herkules-Aufgabe. Käme es zu einer Stichwahl, würde die politische Rechte alle Kräfte mobilisieren, um ihn zu verhindern – egal, wer gegen ihn antritt.
Auch deshalb setzt Petro auf einen Sieg im ersten Wahlgang. Den könnte er jedoch nur mit absoluter Mehrheit erlangen. Damit es dazu kommt, sucht Petro auch Verbündete im Mitte-rechts-Lager, etwa Luis Pérez, den ehemaligen Gouverneur der Provinz Antioquia, eine Hochburg der Uribisten und Ursprungsregion des kolumbianischen Paramilitarismus. Pérez könnte Petro hier wichtige Stimmen einbringen. Die Frage ist: zu welchem Preis? Dem Pacto nahestehende Beobachter*innen betonen, dass solche Allianzen nicht ohne Zugeständnisse erfolgen und mithin eine Gefahr für das linke Projekt bedeuten. Vielmehr gelte es stattdessen, Stimmen im großen Lager der Unentschlossenen und Nichtwähler*innen, der Jungen und politisch bisher Ausgeschlossenen zu mobilisieren, ähnlich wie es Boric in Chile gelungen ist.
Brasilien: »Demokratie vs. Faschismus«
Und schließlich stehen auch in Brasilien, wo im Oktober ein neuer Präsident gewählt wird, die Zeichen auf Linkswende. Dort werden sich, so viel steht jetzt schon fest, der frühere sozialdemokratische Präsident Luiz Inázio Lula da Silva, der das Land von 2003 bis 2011 regierte, und der rechtsextreme Amtsinhaber Jair Messias Bolsonaro ein Duell liefern, in der brasilianischen Öffentlichkeit kurz mit „Lula vs. Bolsonaro“ oder „Demokratie vs. Faschismus“ betitelt. Zur Erinnerung: Bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2018 hatte die Arbeiterpartei PT ebenfalls auf Lula gesetzt; dessen Kandidatur jedoch wurde nach monatelangem Ringen neun Wochen vor der ersten Abstimmung vom Obersten Wahlgericht wegen Korruptionsvorwürfen (die sich Mitte 2019 als weitgehend haltlos herausstellten) für ungültig erklärt und Lula später unter Hausarrest gestellt. Der damals kurzfristig angetretene Alternativ-Kandidat der PT, Fernando Haddad, verlor im zweiten Wahlgang mit 45 zu 55 Prozent der Stimmen gegen Bolsonaro.
Es ist gerade mal wieder nicht leicht, sich den Medien zu entziehen. Ein Plädoyer für gelegentliche Schweigeminuten.
«Apfel ist zurück. Läden in St. Petersburg wieder eröffnet.» Das kann man dank dem Übersetzungsprogramm in einer dortigen Zeitung lesen. Eigentlich verrückt! Alles ist so weit weg und, wenn man will, ist es schmerzhaft nah. Gleich hier vor der Nase. Man könnte sogar mit eigenen Sanktionen eingreifen. Man könnte in einem Restaurant in Moskau zum Schaden des Betreibers einen grossen Tisch reservieren und gleichzeitig anstatt Gastrokritik auch noch Kriegsinformationen deponieren, wie das angeblich fleissig getan wird. Und doch hat man keine Ahnung, weiss eigentlich nichts, aber gerade deshalb will man lesen und hören und sehen, und wenn man auf der Strasse Bekannte trifft, bleibt man stehen. Wer hätte das gedacht, dass wir das noch erleben müssen? Die Gespräche kreisen alles ein, kreisen auch um sich selbst und geben erschreckende Übereinstimmungen preis. Sind wir schon wieder alle gleicher Meinung? Irgendwo hinter dem unstillbaren Durst nach immer mehr Information versteckt sich auch schon die Hoffnung auf einen Etappensieg unserer Wahrheit. Der Tyrannensturz steht wohl kaum kurz bevor, aber auch einen kleineren Einbruch im Reich des Bösen nähmen wir gerne zur Kenntnis.
Man hört sich sogar die unmöglichsten, in die Weite des Alls hinausgestellten Fragen an: Was wird Russland als Nächstes tun? Was denken die Russen? Was denken die Russinnen? Genau das fragt die Journalistin aus Zürich die Expertin in Berlin und man schaltet es noch immer nicht aus, dieses Radio, das angeblich so viel weiss und überhaupt nichts kann, auch niemandem hilft, man hört sich alles immer weiter an, wieder und wieder und man schaut zu, wie der Reporter der BBC zwei edel gestylte Damen fragt:
Unterstützen Sie die Politik Ihrer Regierung?
Klar, natürlich, lautet die Antwort.
Voll und ganz?, hakt der Reporter nach.
Ja, 100%!
Nein! 200%!, wird nachgedoppelt.
Aber man erschrickt. Hat man nicht eben Fremdscham empfunden? Ist man selbst schon so parteiisch verstrickt, dass einen die beiden bedauernswert ignoranten Russinnen beschämen?
Diese sogenannte Operation, bitte sehr, das ist ein unmenschlicher Krieg!, will man schreien. Aber man macht den Fernseher auch nicht aus, wenn eine Reporterin mitten in den Trümmern zwischen eingestürzten Häusern einer offensichtlich erschöpften, älteren Frau ein riesiges Mikrophon vor den Mund hält. Da gibt es kein Entkommen: Die arme Frau muss antworten. Es muss ausgesprochen werden, was jeder sieht. The show must go on! Diese gebärdet sich zwar nicht überall so menschenverachtend wie auf CNN, wo auf ihre hypnotische Wirkung zusammengeschnipselte Bildsignale eher wenig mit Berichterstattung zu tun haben. Trotzdem: Meist ist es peinlich, Zeuge sein zu müssen, und es kann nur als harter Schicksalsschlag bewertet werden, dass man sich jetzt auch noch gezwungen sieht, für die anstehende Aufrüstung Verständnis aufzubringen. Auch gilt es wieder Kriegsverbrechen zur Kenntnis zu nehmen, obschon man doch erst noch gerade der Ansicht war, dass es Kriegsverbrechen nicht geben kann, weil jeder Krieg an sich schon ein Verbrechen ist. Aber jetzt wägt man wieder ab, vergleicht, weiss sich im Recht und hört sich weiter alles an.
Da wird einem doch tatsächlich mitgeteilt, der rapide ansteigende Absatz von ukrainischen Fahnen sei ein Ausdruck von Solidarität. So viel weiss man in der Fahnenfabrik und die Reporterin wiederholt es noch dreimal, ohne dass man auf den Aus-Knopf gedrückt hätte.
Auch die unsäglichsten Satzfragen hört man sich an, obschon die so oft klingen, als hätte sich der Fragesteller eben gerade auf Wikipedia ein bisschen zum Thema kundig gemacht, um sich auch selber einbringen zu können. Dabei möchte man ja eigentlich nur hören, dass Schweigeminuten auch ihren Wert hätten, dass sich nämlich das Wesentliche nicht fassen lässt, dass die Widersprüche nicht aufzulösen sind und dass es Medienschaffende gibt, die nicht alle ins gleich Horn blasen. Natürlich soll man die Leute nicht an ihren Worten aufhängen, aber von dem, was sie tun, gibt es nur diese wie Lawinen auf uns einstürzenden Bilder, die man nicht unter einen Hut bringen kann und die mit den vielen Worten so oft rein gar nichts zu tun haben.
Steht man am Herd und dreht das Gas auf, fragt man sich, wie kann das überhaupt noch fliessen und was bedeuten all diese Sanktionen und diese Drohungen, wenn man doch weiter munter Handel treibt? Was denkt die Mutter mit ihrem Kind auf der Flucht, wenn sie an einer Grenze Nothilfe bekommt und gleichzeitig erfährt, dass der Spender auch weiter jenes Gas kauft, dessen Erlös diesen Krieg erst möglich machte? Man bringt es einfach nicht unter einen Hut. Aber selbstgerecht ist man stolz, beim Lesen der Prawda oder bei Russia Today die Propaganda zu entlarven – dagegen, dass auch hier alles verstrickt ist, dass mir westliche Technologie die östliche Falschmeldung übersetzt, dass Gut und Böse einmal mehr nicht mehr zu trennen sind, dagegen etwas tun kann man nicht.
Bei einer Online-Nutzung ist die Quellenangabe mit einem Link auf infosperber.ch zu versehen. Für das Verbreiten von gekürzten Texten ist das schriftliche Einverständnis der AutorInnen erforderlich.
Wenn Soldaten in den Krieg ziehen, um sich gegenseitig abzuschlachten, darf einer nicht fehlen: der liebe Gott, der den Soldaten Mut macht, die Witwen tröstet und dem Nachwuchs den heldenhaften Weg weist, ins Himmelreich zu gelangen. Die deutsche Amtskirche hat dies zu einer regelrechten Kriegstheologie entwickelt, die etwa 1914 und 1941 flächendeckend zum Einsatz kam. Peter Bürger hat dies in einer 10teiligen Reihe bei Telepolis in Erinnerung gerufen und dabei im Abschlussteil (https://www.heise.de/tp/features/Paderborner-Hirten-unter-Hitler-6312422.html) speziell den Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger gewürdigt – ein ehemaliger Wehrmachtsgeistlicher, der passender Weise im Jahr des „Unternehmens Barbarossa“, des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion, ins Amt kam.
Russland sei nicht auf Christus, sondern „auf Judas gebaut“, predigte Jaeger zur Rechtfertigung dieses Vernichtungskriegs, der selbst beim abgebrühten Bundespräsidenten Steinmeier angesichts seiner Grausamkeit heutzutage äußersten Widerwillen auslöst (siehe Der Faschismus und wir https://www.heise.de/tp/features/Der-Faschismus-und-wir-Alles-bewaeltigt-und-nichts-begriffen-6457375.html). Weiter verkündete Jaeger im Fastenhirtenbrief 1942: „Ist jenes arme unglückliche Land nicht der Tummelplatz von Menschen, die durch ihre Gottfeindlichkeit und durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind?“ Nach Stalingrad beteiligte er sich am Helden- bzw. Totenkult des Regimes, um dann 1943 im Dom von Fulda vor allen Bischöfen und Tausenden Gläubigen zu predigen: „Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssten!“
„Gott mit uns“
Und heute? Im Westen gibt es eine gewisse Unzufriedenheit darüber, dass diese bewährte Instanz bei der Bestärkung von Kriegsbereitschaft und Todesmut zu wünschen übrig lässt. Speziell „die Ukraine ist enttäuscht über die Reaktion des Papstes“ (FAZ, 26.2.2022). Dass der Papst „alle Beteiligten“ aufgefordert hat, „alles zu unterlassen, was noch mehr Leid über die Bevölkerung bringt, das friedliche Zusammenleben gefährdet und das Völkerrecht diskreditiert“, findet auch der FAZ-Kommentar schwach. Das klingt irgendwie ausgewogen, erinnert an das taktierende Friedensgesäusel, das der damalige Benedikt im Ersten und sein Nachfolger Pius im Zweiten Weltkrieg von sich gaben. Auch im Vatikan ist man sich eben – trotz einem guten Draht nach oben – nie ganz sicher, wie die großen Gemetzel ausgehen, und versucht daher möglichst ausgleichend zwischen den Nationalkirchen zu agieren, um bei Kriegsende für alle da zu sein.
Immerhin wurde von den NATO-Staaten registriert, dass Franziskus das Völkerrecht als Schutzgut ins Spiel brachte. Damit ist möglicher Weise die Bahn geebnet, dass sich die Gesamtkirche doch noch eindeutig der westlichen Verurteilung von „Putins Krieg“ anschließt, also dem Monster im Osten, „das jegliche menschliche Grenzen überschreitet“ (A. Baerbock im Bild-Interview, 9.3.2022), mit einem kräftigen „Apage Satanas“ entgegen tritt und die Waffen der westlichen Wertegemeinschaft segnet. Dann wären klare Verhältnisse hergestellt. Dann wüssten auch deutsche Soldaten, die früher mit der Aufschrift „Gott mit uns“ auf ihrer Gürtelschnalle in den Krieg zogen, dass sie demnächst definitiv auf der Seite der Guten stehen.
Auch Einer, dem das Geld wichtiger als das Kreuz war.
Für klare Verhältnisse hat – zum Ärger des Westens – das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt, Patriarch Kyrill, gesorgt. Der Mann hat sich getreu der nationalkirchlichen Tradition auf die Seite seines Staates geschlagen. Das soll, so vermelden hiesige Kommentare unfassbar sein. Kyrill, „der mit abstrusen Thesen von sich reden macht und Putins Invasion verteidigt, ja geradezu eine religiöse Rechtfertigung dafür bietet“, sei wohl durch das neue, postkommunistische Regime bestochen (General-Anzeiger, 8.3.2022). „Weil Putin selbst heute als großer Förderer der Kirche gilt, fällt es Priestern und Laien schwer, seinen Krieg als das zu bezeichnen, was er ist: ein Verbrechen.“ Anders kann man sich das anscheinend nicht erklären
Schlimm soll dabei auch sein, dass der amtierende Bergoglio-Papst wegen seines Interesses, mit dem östlichen Kirchenführer eine Art ökumenische Versöhnung hinzukriegen, dem Patriarchen (der zudem noch ziemlich patriarchalische Ansichten vertritt) nicht zu nahe treten will. Da hilft auch nicht der Hinweis, dass fromme Leute eben so kalkulieren, wobei Peter Bürger vermerkt, dass Kyrills Kriegsvoten nicht so „unverstellt-drastisch“ ausgefallen sind „wie die Kriegspropaganda, die in zwei Weltkriegen von deutschen Kanzeln zu hören war“ (siehe https://www.heise.de/tp/features/Kirche-und-Kriegsobrigkeit-6546127.html).
Derselbe GA-Kommentar vom 8.3. bringt es übrigens fertig, dass Unfassbare der russischen Kriegslegitimation gleichzeitig mit einer Erinnerung daran zu verbinden, dass „waffensegnende Priester, die Aggressoren unterstützten“, gar nicht so selten sind und dass etwa der Pacelli-Papst es seinerzeit unterließ, „die Judenverfolgung in Nazi-Deutschland anzuprangern“. „Aber“, so fährt der Kommentar fort, „es gab auch die andere Seite: Oberhirten, die sich gegen Aggressoren und Kriege stellten. Erinnert sei an den Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen, der die Nazis für ihre Euthanasiemaßnahmen verurteilte.“
Eine Kostprobe aus den Kriegspredigten dieses tapferen Mannes gefällig? Hier ein Auszug aus einem bischöflichen Schreiben Galens vom 14.9.1941, drei Monate nach dem Angriff auf die Sowjetunion (zitiert nach der Pax-Christi-Broschüre „Es droht eine schwarze Wolke – Katholische Kirche und Zweiter Weltkrieg“, Berlin 2015):
„Geliebte Diözesanen! Bei der klaren Erkenntnis der Schlechtigkeit der kommunistischen Lehren … war es für uns die Befreiung von ernster Sorge und eine Erlösung von schwerem Druck, als der Führer und Reichskanzler am 22. Juni 1941 den im Jahre 1939 mit den bolschewistischen Machthabern abgeschlossenen sogenannten ‚Russenpakt‘ als erloschen erklärte … Das deutsche Heer, das an der Küste des Atlantischen Ozeans und an den Ufern des Mittelmeeres die Wacht für Deutschland hält und alle Einbruchsversuche feindlicher Mächte in tapferer Ausdauer abwehrt, ist in unverbrauchter Kampfbereitschaft auch dem bolschewistischen Gegner im Osten entgegengetreten, hat ihn in zahlreichen Schlachten und Gefechten geschlagen und weit in das russische Land zurückgedrängt. Bei Tag und bei Nacht weilen unsere Gedanken bei unseren tapferen Soldaten, steigen unsere Gebete zum Himmel, daß Gottes Beistand auch in Zukunft mit ihnen sei, zu erfolgreicher Abwehr der bolschewistischen Bedrohung von unserem Volk und Land.“
Bischöfe segnen Waffenlieferungen ab
Solche Bischöfe braucht also das Land nach Meinung der Presse, die voll und ganz hinter der Rolle Deutschlands als – zur Zeit noch indirekte – Kriegspartei steht, also hinter einer Partei, die die ukrainische Front mit Waffen vollpumpt, auf dass der heldenhafte Einsatz dieses Frontstaates zum Sieg oder zumindest zu einer ernsthaften Beschädigung der russischen Militärmacht führt. Und siehe da, die katholischen Bischöfe sind wieder zur Stelle, kaum hat der Bundeskanzler eine „Zeitenwende“ ausgerufen, die ein gigantisches Aufrüstungsprogramm herbeiführen und Deutschland zur stärksten Militärmacht des Kontinents machen soll.
Sie segnen die Überlebenden Mörder auch ohne Helm.
Auf ihrer Frühjahrsversammlung am 10.3.2022 (siehe tagesschau.de) haben die katholischen Bischöfe den russischen Angriffskrieg verurteilt und sich uneingeschränkt an die Seite der Ukrainer gestellt. Auch Waffenlieferungen halten sie für gerechtfertigt. „Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann“, seien „grundsätzlich legitim“, heißt es in einer Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Der Krieg in der Ukraine stelle zudem, wie es auf der frommen Versammlung hieß, die christliche Friedensethik auf die Probe. Die katholischen Kirchenführer signalisieren damit (von der EKD gab es übrigens ähnliche Signale), dass sie ihre Friedensethik „überdenken“ müssten.
Man darf gespannt sein, was da noch nachfolgt. Dass militärische Gewalt und deren Befeuerung durch Rüstungsexporte selbstverständliches Mittel der Politik sind, ist ja jetzt schon einmal klargestellt – und das mitten im Atomzeitalter, in dem nach Auffassung der früheren Päpste aus der Zeit des Kalten Kriegs Gewalt überhaupt nicht mehr angewandt werden dürfte, höchsten noch zur Abschreckung, die ja im Grunde Kriegsverhinderung sei. Was muss hier noch überdacht werden? Etwa die grundsätzliche Brandmarkung der Atomwaffen als Massenvernichtungsmittel, die kein christlicher Staatsmann einsetzen darf? Vielleicht fängt man damit an, den Einsatz taktischer Atomwaffen zu überdenken? Zunächst nur auf dem Gefechtsfeld, wo es ja einen Gegner trifft, der „jegliche menschliche Grenzen überschreitet“ (Baerbock)?
Der Text ist zuerst im Online-Magazin Telepolis erschienen.
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Oben — Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. 31.8-5.9.1954 76. Deutscher Katholikentag in Fulda Marienlied: v.l.n.r.: Kardinal Wendel, München Erzbischof Jäger, Paderborn Kardinal Griffin, London Erzbischof Berning, Osnabrück
Bundesarchiv, B 145 Bild-F002134-0002 / Brodde / CC-BY-SA 3.0
Unten — Militärdekan Dr. Damian Slaczka, Brigadegeneral Frank Leidenberger und Militärseelsorger Michael Weeke zollen den Opfern Respekt. (Foto von OR-7 Jacqueline Faller, RC North PAO)
Rückblick auf die zweite Kriegswoche: Fragen ohne Antworten
Durch die Woche mit Robert Misik
Wer überfallen wird, muss sich wehren können. Aber lieber als die Twitter-Generalität sind mir Politiker, die sich eine Nacht zum Nachdenken gönnen.
Der 24. Februar hat die ganze Existenz verdüstert. Gut, mögen Sie jetzt einwenden, die war auch vorher nicht besonders sonnig, an den Peripherien unserer vielgepriesenen „Friedensordnung“ waren Gewalt, Krieg, Elend und Instabilität längst Alltag. Alles wahr, ändert aber nichts daran, dass wir anderntags in einer neuen Welt und einer neuen Existenz aufgewacht sind. Mit Meinungen und Emotionen, die sich dauernd widersprechen und sich wechselseitig ins Wort fallen.
Ein paar Dinge sind klar: Ein sadistischer Tyrann und seine Kamarilla haben ein unabhängiges, demokratisches Land überfallen. Die eine Seite hat von Grozny bis Aleppo schon bewiesen, was sie bereit ist, anzurichten, ist überdies eine waffenstrotzende Atommacht, die andere Seite wird bombardiert, während die Bürger*innen in den Kellern zittern. Putin senkt über die Bevölkerung Russlands selbst eine Despotie hinab, die die letzten Halme von Freiheit zertritt. „Both Sides“ können sich die Schlaumeier da sonstwohin stecken.
Zufällig konnte ich diese Woche Konstantin Wecker zu einem TV-Talk in Bruno Kreiskys Wohnzimmer empfangen, den Poeten, Liedermacher und Friedensbewegungsveteranen. Die einen singen seine Lieder mit feuchten Augen mit, kennen jede Zeile, andere halten ihn für eine naive Kitschschleuder, tut hier aber gerade nichts zur Sache. Kürzlich hat er eine neue Platte rausgebracht, „Utopia“ heißt sie, der Name ist natürlich schon Programm, und der Titelsong beginnt mit diesen Zeilen: „Stellt Euch einmal unsere Welt vor / Ohne Krieg ohne Gewalt.“
Das ist der pazifistische Traum, aber natürlich sind die meisten Linken da eh nie konsequent gewesen. Man konnte an einem Tag „Die Waffen nieder!“ skandieren, und am nächsten linken Guerilleros die Daumen drücken, die gegen Diktatoren kämpften und „No Pasarán!“ brüllen.
Wer überfallen wird, muss und soll sich wehren können. Wahnsinnige oder auch zynisch-rationale Aggressoren und Diktatoren kriegt man nicht durch gutes Zureden zur Vernunft, aber zugleich gerät man dann leicht in ein Fahrwasser, in dem nur mehr die militärische Lösung zählt, die Logik der Militarisierung. Die große Idee einer „gewaltfreien Welt“ wird dann lächerlich gemacht, und ich habe den Verdacht, das wird die Welt nicht besser machen. Schon die normale Diplomatie (die ja nicht von Peaceniks erfunden wurde), wird heute als moralisch fragwürdiges Appeasement verunglimpft. Aber natürlich soll man noch mit dem Teufel reden, wenn damit Krieg beendet werden kann.
Ja, ich finde unmissverständliche Antworten auf Kriegstreiber notwendig, aber zugleich nerven mich Kraftmeier in Pantoffeln, die im Internet härteste Reaktionen fordern und schon Verrat schreien, wenn Regierungen zwei Tage über weitreichende Sanktionen nachdenken und erst dann Swift-Boykott und anderes verhängen. Ich fühle mich bei Politikern, die sich eine Nacht zum Nachdenken gönnen, besser aufgehoben als bei der Twitter-Generalität.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – . – 1.) Wikileaks – Das Recht wird zu Unrecht? – . – 2.) „Hier werdet ihr belogen“ – . – 3.) Taktisches Kalkül der USA – . – 4.) Lauterbachs Abschied vom „Team Vorsicht“ – . – 5.) Positive Tests auf Reise – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Wer vermag schon gegen die politischen Schmeißfliegen anstinken, welche sich zuvor ihre Richter nach eigenen Gutdünken der Clanzugehörigkeit ausgesucht haben ? Genau so geht politische „Werte-Demokratie“ und nicht anders !
Julian Assange darf keine Berufung gegen Auslieferung einlegen
1.) Wikileaks – Das Recht wird zu Unrecht?
Wikileaks-Gründer Assange kann nicht vor das oberste Gericht Großbritanniens ziehen. Nun könnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine letzte Chance sein. Der oberste britische Gerichtshof hat entschieden, dass WikiLeaks-Gründer Julian Assange keine Berufung gegen seine Auslieferung an die USA einlegen darf. Wie das Gericht mitteilte, könne Assange nicht gegen einen vorangegangenen Gerichtsentscheid vorgehen, weil die Klage keine streitige Rechtsfrage aufwerfe, hieß es zur Begründung. Das letzte Wort ist damit aber noch nicht gesprochen: Die Auslieferungsentscheidung muss nun von Innenministerin Priti Patel ratifiziert werden. Danach kann Assange versuchen, den Entscheid durch eine gerichtliche Überprüfung anzufechten. Dabei prüft ein Gericht die Legitimität der Entscheidung einer öffentlichen Stelle. Er könnte zudem noch vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Um die Auslieferung von Assange an die USA gibt es seit Jahren Streit. Im Januar 2021 hatte ein britisches Gericht eine Auslieferung in die USA abgelehnt, weil Assange suizidgefährdet sei. Im Dezember wurde diese Entscheidung aber gekippt. Für seine Sicherheit sei ausreichend gesorgt, begründete ein Londoner Gericht die damalige Entscheidung.
Wer die Musik bezahlt, drückt natürlich auch seine Vorstellungen durch? Jetzt protestieren natürlich die Politiker-Innen aus ihren „Lümmel Buden“ der westlichen „Werte-Demokratie“ dagegen! Aber wer zieht die Zwangsgelder für Funk, Fernsehen und die der Macht genehmen Religionen ein?
Mitarbeiterin des Staatsfernsehens unterbricht Abendnachrichten
2.) „Hier werdet ihr belogen“
In der Primetime stürmte eine Mitarbeiterin des Perwyj Kanals, des größten Senders Russlands, das Studio der Abendnachrichten und hielt dem Millionenpublikum ein Anti-Kriegs-Plakat vor die Augen.
Die Abendnachrichten des Perwyj Kanals, des Ersten Kanals, sind eins der wichtigsten nachrichtlichen Formate des russischen Fernsehens. Jeden Abend schauen Millionen russischer Bürger die Sendung, die trotz des Namens aber wenig mit Nachrichten zu tun hat, sondern einer Propaganda-Show gleicht. Eine Redakteurin des staatlichen Senders hatte genug von den Lügen und entschloss sich zu einem verzweifelten Protest. Marina Owsjannikowa stürmte am Montagabend während der Live-Übertragung ins Studio und hielt in der Primetime dem Millionenpublikum ein Protestplakat gegen den Ukraine-Krieg vor die Augen. „Nein zum Krieg. Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“, lautete ihre Botschaft. Dazu rief die junge Frau mehrmals „Nein zum Krieg! Stoppt den Krieg!“. Der Fernsehsender hatte keine Zeit, das Bild zu ändern und den Ton auszuschalten. Nach einigen Sekunden wurde die Übertragung jedoch abgebrochen und ein Beitrag aus einem Krankenhaus ausgestrahlt. Am Dienstagmorgen war die Seite der Abendnachrichten nicht zugänglich.
Würde sich an diesen „Hick-Hack“ zwischen allen Beteiligten nicht erst etwas verändern, würde das Volk durch persönliche Verweigerung zum Dienst an der Waffe, die verursachenden Verbrecher aus der Politik (zur Zeit Putin und Komparsen), selber an die Waffe zwingen würden? Wer hätte denn jemals seinen Vater gefragt, warum er einst für Hitler in den Krieg gezogen ist? War es nicht Carl August Sandburg welcher einst sagte: „Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner ginge hin!“ Leider wird es aber immer wieder Dumme aus der Bevölkerung geben, welche für die Politiker-Innen welche sich in Bunkern verschanzt haben, die Kastanien aus dem Feuer holen!
Berichte über russische Bitte an China
3.) Taktisches Kalkül der USA
Angeblich hat Russland von China militärische Hilfe erbeten. China nennt das Fake News – die Beziehungen zu den USA sind am Tiefpunkt. Gleich mehrere angelsächsische Medien haben berichtet, dass die russische Führung bei ihrem strategischen Partner in Peking nach militärischer Hilfe angefragt haben. Dabei beziehen sie sich auf anonyme Quellen innerhalb der US-Regierung. Vom chinesischen Außenministerium wurden die Artikel wenig überraschend als „fake news“ kritisiert. Interessant dabei ist, dass Sprecher Zhao Lijian die Anschuldigung streng genommen nicht formal dementiert hat. Doch ganz gleich, ob es wahr ist: China würde momentan unter keinen Umständen Russland Waffen für den Krieg in der Ukraine liefern. Denn eine solche Aktion wäre eine regelrechte Steilvorlage für die USA und Europa, Peking in diesem Konflikt wirtschaftlich zu sanktionieren. Das jedoch möchte Staatschef Xi Jinping unter allem Umständen vermeiden. Das einzig denkbare Szenario für einen militärischen Rettungsanker von China nach Russland wäre es, wenn das Putin-Regime kurz vor dem Zusammenbruch stünde. Derzeit sieht es jedoch ganz im Gegenteil nach wie vor so aus, als ob die russische Armee trotz starkem Widerstands der ukrainischen Bevölkerung seine militärischen Ziele großenteils erreichen kann. Auf eine „Rettungslieferung“ aus Peking ist Moskau also nicht angewiesen.
Damit hätte der Twitterer doch sein Ziel erreicht und „Ihn“ endgültig zerknittert? Aber so geht Politik – wo nichts drinsteckt, kann auch nie etwas gescheites herauskommen. Pleiten, Pech und Pannen – das ewige Spiel mit den Wähler-Innen. Was können diese herumstreunenden Individuen eigentlich? Ein Virus fassen sicherlich nicht. Aber Geld kassieren mit ungedeckten Schecks.
Der Corona-Kurs des Gesundheitsministers
4.) Lauterbachs Abschied vom „Team Vorsicht“
Der Twitterer und der Minister Karl Lauterbach passen kaum noch zusammen. Es ist die Folge eines verlorenen Machtkampfes. Die Google-Suche „Lauterbach warnt“ ist Quell schier endloser Mahnungen des Bundesgesundheitsministers, doch auf ein Ergebnis wartet man bislang vergebens: Dass Karl Lauterbach (SPD) vor seiner eigenen Politik warnt. Dabei war diese Warnung nie so angebracht wie heute. Mit welch drastischen Worten würde wohl der einstige Abgeordnete und Gesundheitsexperte den Maßnahmenkatalog gegeißelt haben, den er gerade als Minister auf den Weg bringt. Ab Sonntag sollen das die Leitplanken der Pandemiebekämpfung sein. Entsprechend kann sich manch einer die kognitive Dissonanz, die zwischen den neuesten Tweets Lauterbachs („Deutschland hat die höchste Corona-Inzidenz Europas. Ungeimpfte jetzt schutzlos.“) und seiner Realpolitik (keine Schutzmasken mehr im Einzelhandel, Abschied von 2G und 3G) inzwischen aufscheint, nur noch mit einer Abspaltung des Ministers vom Twitterer Lauterbach erklären.
Wenn Tränen auf Reise gehen vergessen sie schon vorher, als Politiker nichts gelernt zu haben ? Ansonsten würden sie daran denken, was sie als Gesetzvorschrift mit ausbaldowert haben. Es sein denn sie würden ihre eigens gemachten Vorschriften nicht beachten wollen? Lerne und keiner die Stinkstiefel zu erkennen.
Wüst steckt in Israel in Quarantäne fest
5.) Positive Tests auf Reise
Wenige Tage vor der nächsten Sitzung der Ministerpräsidentenkonferenz reist ihr Vorsitzender, Hendrik Wüst, nach Israel. Jetzt ist der NRW-Regierungschef zweimal positiv auf das Coronavirus getestet worden – und muss in Quarantäne. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst ist während seiner Israel-Reise zweimal positiv auf Corona getestet worden und geht für die nächsten Tage in Quarantäne. Auch ein zweiter PCR-Test auf eine Infektion sei am Montagabend in Jerusalem positiv ausgefallen, teilte die Düsseldorfer Staatskanzlei mit. „Ministerpräsident Hendrik Wüst befolgt die Vorgaben der israelischen Gesundheitsbehörden und wird in den kommenden Tagen aus der Isolation heraus arbeiten. Ihm geht es weiterhin gut“, sagte ein Sprecher. Der 46-jährige derzeitige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) hatte erst am Sonntag seine viertägige Reise nach Israel angetreten und am Montag einen Kranz in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem niedergelegt. Auch eine Personenschützerin habe zwei positive PCR-Testergebnisse, hieß es.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Männer im wehrpflichtigen Alter dürfen die Ukraine nicht verlassen. Doch das Recht, nicht zu töten, muss auch und gerade im Krieg gelten.
Es sind herzergreifende Szenen. Ein Mann drückt seine kleine Tochter und seine Frau, die in einen Bus steigen, um zu fliehen vor dem Angriff Russlands, um Kiew, um die Ukraine zu verlassen. Es fließen Tränen, in dem Video, das in den sozialen Medien die Runde machte. Der Mann wird bleiben. Er muss. Das Land verteidigen gegen den Aggressor. Muss das so sein? Nein.
Allein das archaische Geschlechterbild dahinter sollte zeigen, wie rückständig die Idee ist, irgendein Ziel durch Krieg zu erreichen. Frauen und Kinder werden in Sicherheit gebracht, während – oder besser gesagt: weil – sich Männer die Köpfe einschlagen. Auf Leben und Tod.
Selbstverständlich gibt es ein Recht auf Verteidigung. Das gilt für jede angegriffene Person. Und auch für einen Staat wie die Ukraine. Sie darf sich mit allem, was sie hat, dem russischen Überfall entgegenwerfen. Aber resultiert daraus eine Pflicht zur Verteidigung? Nein.
In der Ukraine aber gibt es sie, wie in vielen anderen Staaten auch. Seit dem Angriff Russlands dürfen männliche Staatsbürger zwischen 18 und 60 Jahren das Land nicht mehr verlassen, um für die Verteidigung herangezogen werden zu können. Wer es doch versucht, dem droht die Festnahme. Der ukrainische Grenzschutz meldete wiederholt, dass Mobilisierungsverweigerer an der Grenze festgenommen und den Militärbehörden überstellt wurden. Wer Nein sagt, ist illegal. Ein Deserteur. In Russland müssen junge Wehrpflichtige in den Krieg ziehen, teilweise ohne zuvor darüber informiert worden zu sein. Desertieren wird äußerst hart bestraft – russische Deserteure haben darum Anspruch auf Asyl in der EU.
Muss man da mittaumeln?
Als Pazifist hatte man es in der Ukraine schon vor der Generalmobilmachung nicht leicht. Ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gab es allenfalls für Mitglieder kleinerer religiöser Gruppen. Wer sich bei seiner Gewissensentscheidung nicht auf einen besonders rigiden Gott berufen konnte, dem blieben nur Tricksereien oder Korruption, um der Einberufung zu entgehen. Eine anti-atheistische Absurdität, wie man sie vor allem, aber nicht nur in religiös geprägten Staaten weltweit finden kann.
Mit dem Einmarsch der russischen Truppen bleibt ukrainischen Kriegsgegnern per Gesetz der Ausweg ins Ausland verwehrt. Sie müssen sich zudem dem nationalen Verteidigungstaumel entgegenstellen. Hier geht es schließlich um Kiew, um Charkiw, um die Heimat, das Vaterland. Europa. Die Demokratie. Diesen heldenhaften Präsidenten im T-Shirt, der die Russen mit Selfievideos schlägt. Der mit bewundernswertem Pathos fast die gesamte Welt hinter sich versammelt. Aber muss man da mittaumeln? Nein.
Selbst ein gerechter Krieg ist immer noch ein Krieg. Und Soldaten sind Mörder. Immer. Auch im Verteidigungsfall. Denn es gibt immer auch einen anderen Weg. Weggehen zum Beispiel. Nein sagen. Desertieren.
Das ist alles andere als verantwortungslos. Jeder, der sich dem Töten verweigert, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht noch mehr Leid zugelassen hat. So wie sich jeder Soldat fragen lassen muss, ob er mit seinem Tun tatsächlich Gewalt verhindert hat. Auf dieses moralische Dilemma kann es keine allgemeingültige Antwort geben.
Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht
Doch wenn niemand Nein sagt, dann werden die Straßenbahnen wie sinnlose glanzlose glasäugige Käfige blöde verbeult und abgeblättert neben den verwirrten Stahlskeletten der Drähte und Gleise liegen, hinter morschen dachdurchlöcherten Schuppen, in verlorenen kraterzerrissenen Straßen. Das schrieb Wolfgang Borchert 1947 in seinem „Sag Nein“-Manifest. Es liest sich, als beschriebe er die aktuelle Lage in Charkiw.
Die Spackos wären im Mittelalter auch bis Istanbul gelatscht um ihre Kreuze zu verbreiten !
Und deshalb ist Kriegsdienstverweigerung ein Menschenrecht. Keins, das in der 1948 verabschiedeten UN-Charta verankert wurde. So weit wollten die beteiligten Staaten selbst unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gehen. Die größte Sorge eines auf militärische Macht setzenden Regierenden lautet: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Ein Deserteur allein wird die Welt nicht ändern. Aber Tausende? Millionen? Darin liegt die kleine, utopische Chance des Pazifismus – auch wenn er aktuell Lichtjahre davon entfernt scheint, ein Comeback zu feiern.
Ist eine solche Debatte in Deutschland überhaupt angemessen? Wenn es um die Gewissensentscheidung der Ukrainer geht, sicher nicht. Die kann und muss jeder für sich vor Ort treffen. Doch mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine ist Deutschland längst Kriegspartei. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat bereits über die Einberufung von Reservisten nachgedacht. Und mit der aktuell debattierten Wiedereinführung der Wehrpflicht würde auch die deutsche Jugend bald wieder vor der charakterbildenden Frage stehen: Kriegsdienst mit der Waffe – ja oder nein?
2.) von Oben — Autor Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)
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Unten — Militärdekan Dr. Damian Slaczka, Brigadegeneral Frank Leidenberger und Militärseelsorger Michael Weeke zollen den Opfern Respekt. (Foto von OR-7 Jacqueline Faller, RC North PAO)
In Friedenszeiten zeigen sie Aids-Schleifchen und Regenbogenflaggen in Firmenlogos. Aber jetzt werden Digitalunternehmen zu Kriegsparteien und ihr Bekenntniskapitalismus zum Machtfaktor.
»Wie der Rest der Welt sind wir entsetzt, wütend und traurig über die Bilder und Nachrichten vom Krieg in der Ukraine und verurteilen die ungerechtfertigte, grundlose und widerrechtliche Invasion von Russland«. Der Mann, der diese Worte schreibt, lässt keinen Zweifel an seiner Position. Er erklärt, wie er und die seinen der Ukraine gegen Russland helfen werden, wie genau er mit »den Regierungen der USA, der EU und Großbritanniens zusammenarbeitet«, wie sie sich mit »dem Roten Kreuz« und »verschiedenen Uno-Agenturen« koordinieren. Sein Statement liest sich in weiten Teilen wie das des Präsidenten eines mittelgroßen Landes. Es stammt jedoch von Brad Smith, und der ist zwar »President«, aber von Microsoft. Der IT-Konzern hat seine Geschäfte mit Russland komplett eingestellt, aber er geht weit über die Erfordernisse durch die Sanktionen hinaus. Microsoft hat sich öffentlich zur Kriegspartei gemacht.
Nun ist es wahrscheinlich nicht so, dass Putin durch den Verlust seines Office-365-Abos vor Wut aufhört, Menschen in der Ukraine ermorden zu lassen. Russland hat einige Microsoft-Produkte schon länger verbannt, wegen angeblicher Spionage und irgendwie auch wegen Bill Gates. Aber es hat sich ein regelrechter Wettbewerb unter Weltkonzernen herausgebildet, wer am schnellsten und intensivsten keine Geschäfte mehr mit und in Russland macht: Ikea, H&M, Obi, Puma und Louis Vuitton schließen ihre Filialen, BMW, Mercedes, Volvo, General Motors, Ford und VW schränken ihre Produktverfügbarkeiten und teilweise Produktionen in Russland ein – wie eine Vielzahl weiterer Firmen. Auch hier handeln Unternehmen zum Teil deutlich umfassender, als sie rechtlich müssten.
Bekenntnisse großer Konzerne zum Krieg sind natürlich alles andere als neu. Aber inzwischen beziehen sie im wahrsten Sinne des Wortes öffentlich Stellung, weniger mit dem von früher bekannten Kriegspatriotismus. Sondern, indem sie moralisch und sogar emotional argumentieren, »wütend und traurig«. Der Kapitalistische Krieg ist da. Nur anders, als man von links dachte.
Nicht nur Logos färben, sondern auch danach handeln
Der Kapitalistische Krieg des 21. Jahrhunderts präsentiert sich als CSR-Krieg. CSR ist einer der Megatrends für Unternehmen der letzten Jahrzehnte, das heißt Corporate Social Responsibility (etwa: gesellschaftliche Unternehmensverantwortung). CSR ist der Grund für temporäre Aids-Schleifchen und Regenbogenflaggen in Firmenlogos und sollte nicht als Quatsch oder reine Mode abgetan werden. Dieser Bekenntniskapitalismus wird von vielen Menschen – von links, von konservativer Seite und natürlich auch von rechts – heftig attackiert. Dabei kann diese Form des unternehmerischen Aktivismus durchaus zivilgesellschaftliche Bewegungen stärken, er ist sogar ein substanzieller Teil der Zivilgesellschaft im 21. Jahrhundert. Eine Vielzahl unbedingt bewundernswerter Hilfsaktionen für aus der Ukraine Geflüchtete zum Beispiel wurde hinter den Kulissen aus privatwirtschaftlichen Unternehmen heraus organisiert oder unterstützt.
Mächtige Unternehmen können die Gesellschaft durchaus im Sinne eines gesellschaftlichen Fortschritts verändern. Jedenfalls, wenn sie es ernst meinen und nicht nur Logos färben, sondern auch danach handeln. Fast überall dort zum Beispiel, wo Diversität als Zielsetzung funktioniert, haben große Unternehmen dafür gesorgt, oft aus Überzeugung (was man daran erkennt, dass investiert wird und Kosten entstehen). Aber die weltweite Unternehmenskriegserklärungswelle gegen Russland stellt eine neue Dimension dar, denn offenbar lautet die CSR-Einsicht hier: Unsere Unternehmenswerte verbieten uns, bei diesem Angriffskrieg neutral zu bleiben, deshalb werden wir Kriegspartei.
Was in einem Bogen zurückführt zu Microsoft, das hier als strukturelles Beispiel dienen soll. Denn in der Digitalwirtschaft findet seit Jahren eine enorme Verschiebung statt, die den Krieg der Digitalunternehmen auf eine neue Ebene hievt. Normalbürgerinnen bemerken sie vielleicht, wenn sie versuchen, Office-Software zu kaufen, ohne ein Abo abzuschließen. Weil man damit einfacher mehr Geld verdienen kann, ersetzt oder ergänzt bei Software nach und nach das Prinzip Abonnement fast überall das Prinzip Kauf: vom Produkt zum Service. Praktischerweise wird zugleich oft eine Onlinekomponente eingeführt, die Software funktioniert nur (richtig), wenn sie zum Heimatserver Kontakt aufbaut.
Zusätzlich sind in den letzten Jahren eine Reihe von Software-Mehrwerten entstanden, die sich tatsächlich nur online einigermaßen anständig realisieren lassen. Spracherkennung zum Beispiel und damit Alexa und Siri, alle Effekte der sozialen Vernetzung, aber auch ein engmaschiges Sicherheitsregime funktionieren heute faktisch nur, wenn die Software ständig Kontakt zum Mutterserver hält. Die vorläufige Spitze dieser Entwicklung sind Internetplattformen, bei ihnen sind einfach alle relevanten Kommunikationen, Prozesse und Daten ins Netz verschoben, statt auf den Servern und Festplatten der Kunden zu laufen.
Damit aber verschiebt sich die Kontrolle dramatisch in Richtung der Digitalunternehmen, was wiederum völlig neue Möglichkeiten im Konfliktfall eröffnet. Auch Oracle und SAP haben ihre Dienste und Verkäufe in Russland eingestellt, aber es ist bisher nicht ganz klar, was genau das bedeutet.
Die USA und Grossbritannien weisen russische Aussagen über geheime Biowaffenforschung als «Lügen» und «Desinformation» zurück.
Die von China zumindest als Verdacht unterstützten Darstellungen Russlands, die USA betrieben auf dem Territorium der Ukraine Programme zur Erforschung verbotener biologischer Waffen, haben auf einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates am Freitagabend in New York zu ungewöhnlich heftigen Wortgefechten zwischen den Vetomächten der Weltorganisation geführt. Langjährige BeobachterInnen fühlten sich an die scharfen Auseinandersetzungen zwischen den USA und der Sowjetunion während der Kuba-Krise 1962 erinnert.
Auf der von Russland beantragten Dringlichkeitssitzung des Rates «zu biologischen US-Aktivitäten in der Ukraine» wiederholte Moskaus UNO-Botschafter Wassili Nebensia die Behauptung, die USA betrieben in der Ukraine in Kooperation mit der Regierung in Kiew «ein Netz von 30 Laboren, die sehr gefährliche biologische Experimente mit dem Ziel ausführen, virale Krankheitserreger von Fledermäusen auf den Menschen zu übertragen».
Dabei gehe es unter anderem um die Pest, Cholera und Anthrax (Milzbrand). «Es wurden Experimente ausgeführt, um die Übertragung von gefährlichen Krankheiten durch aktive Parasiten wie Läuse und Flöhe zu untersuchen», erklärte der Botschafter. Nach seiner Darstellung seien die russischen Invasionstruppen in der Ukraine auf einige dieser militärischen Forschungslabors gestossen. Ausserdem habe die US-Botschaft in Kiew Dokumente zu den angeblichen Biowaffenforschungen vernichtet oder ausser Landes geschafft. Beweise für seine Behauptungen legte der russische Botschafter dem Sicherheitsrat nicht vor.
Ein konstruierter Vorwand für Biowaffen-Angriff unter falscher Flagge?
Die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield bestritt zwar nicht die Existenz von US-Labors in der Ukraine, wies die russischen Behauptungen aber mit scharfen Worten als «Lügen» und «Desinformation» zurück. Die Ukraine habe «kein biologisches Waffenprogramm oder biologische Waffenlaboratorien», die von den USA unterstützt würden. Stattdessen unterhalte die Ukraine «eigene öffentliche Gesundheitseinrichtungen, die es ermöglichen, Krankheiten wie Covid-19 zu entdecken und zu diagnostizieren». Die USA unterstützten die Ukraine dabei, dies «sicher und verlässlich» zu machen. «Diese Arbeit wurde stolz, klar und öffentlich ausgeführt. Bei dieser Arbeit geht es darum, die Gesundheit von Menschen zu schützen. Sie hat nichts mit biologischen Waffen zu tun», betonte die US-Botschafterin.
Mit ihren «Lügen» verfolge die russische Regierung weiter «das von Aussenminister Antony Blinken im Februar im Sicherheitsrat beschriebene Szenario, Beschuldigungen über chemische und biologische Waffen zu fabrizieren, um seine eigenen gewaltsamen Angriffe gegen das ukrainische Volk zu rechtfertigen», erklärte Thomas-Greenfield. Zudem äusserte sie den Verdacht, Russland plane den Einsatz verbotener Massenvernichtungswaffen im Krieg gegen die Ukraine: «Die Absicht hinter diesen Lügen scheint klar und ist zutiefst beunruhigend. Wir glauben, dass Russland chemische oder biologische Stoffe für Attentate, als Teil eines inszenierten oder Falsche-Flaggen-Zwischenfalls benutzen könnte, oder um taktische militärische Operationen zu unterstützen.» Beweise für diesen Verdacht legte die US-Botschafterin nicht vor.
«Moskaus Taktik durchkreuzen»
Thomas-Greenfield betonte, seit dem russischen Truppenaufmarsch an den ukrainischen Grenzen sei es «die Strategie unserer Regierung, Moskaus Taktik zu durchkreuzen und das, was uns bekannt ist, mit der Welt zu teilen. Wir werden Russland nicht damit durchkommen lassen, die Welt zu belügen oder die Integrität des Sicherheitsrats zu beflecken, indem es ihn als Ort benutzt, Putins Gewalt zu legitimieren. Und wir sollten Russland nicht erlauben, seinen permanenten Sitz im Sicherheitsrat dazu zu missbrauchen, Desinformation und Lügen zu verbreiten und den Zweck des Sicherheitsrats zu pervertieren.»
Ähnlich wie die US-Botschafterin äusserte sich ihre britische Amtskollegin Barbara Woodward. Es gebe «nicht den geringsten glaubwürdigen Hinweis, dass die Ukraine ein Programm für biologische Waffen hat.» Woodward bezeichnete die russischen Behauptungen als «diplomatisch ausgedrückt kompletten Unsinn». Die Regierung Putin habe die Dringlichkeitssitzung des Rates «nur beantragt, um eine Reihe wilder, vollkommen haltloser und verantwortungsloser Verschwörungstheorien zu äussern», erklärte die britische Botschafterin und setzte hinzu: «Russland sinkt heute auf neue Tiefen, aber der Sicherheitsrat muss nicht mit ihm heruntergezogen werden.»
Auch der ukrainische UNO-Botschafter Serhij Kyslyzjy wies die Behauptungen der Regierung Putin entschieden zurück. Die Ukraine betreibe «ein Gesundheitssystem, das seine internationalen Verpflichtungen vollständig erfüllt und in voller Zusammenarbeit mit allen relevanten internationalen Organisationen arbeitet», erklärte der Botschafter. «Der Rest» sei «ein Haufen wahnsinniger Delirien von Putin und seinen Handlangern, einschliesslich der russischen Vertretung bei den Vereinten Nationen.»
Vor der Sitzung des Sicherheitsrates hatte die Leiterin des UN-Büros für Abrüstungsfragen, Izumi Nakamitsu, erklärt, ihr seien zwar Berichte über angebliche biologische Waffenprogramme bewusst. Aber die Vereinten Nationen hätten «keine Kenntnis von irgendwelchen biologischen Waffenprogrammen».
China in «Sorge»
Mitte der Woche hatte das chinesische Aussenministerium «Sorgen über Berichte Russlands über verbotene Biowaffenforschungsaktivitäten der USA in der Ukraine» geäussert und die Regierung in Washington, zur «schnellen, umfassenden Aufklärung» aufgefordert. Nach Darstellung Chinas unterhalten die USA neben einem Forschungslabor in Fort Detrick im Bundesstaat Maryland «weitere 336 Labors in 30 Ländern, darunter 26 in der Ukraine». Diese Einrichtungen würden «möglicherweise zur Erforschung und Entwicklung von Biowaffen» genutzt.
Derartige Aktivitäten sind durch die Biowaffenkonvention der UNO von 1972 verboten. 183 Staaten haben diese Konvention ratifiziert, auch die Ukraine und die USA. Das chinesische Aussenministerium begründete seine «Sorgen» allerdings mit dem Hinweis auf die Tatsache, dass «die USA seit über zwei Jahrzehnten in der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf die Vereinbarung eines Verifikationsregime blockieren».
Ein derartiges Verifikationsregime mit Massnahmen zur Kontrolle und Überwachung existiert bislang nur für die 1993 vereinbarte UNO-Konvention zum Verbot chemischer Waffen. Über ein entsprechendes Überwachungsregime für die B-Waffenkonvention verhandelte die UNO-Abrüstungskonferenz bereit seit 1994. Im Jahr 2001 lag ein Vertragsentwurf für ein striktes internationales Überwachungsregime mit gegenseitigen Kontrollen und Inspektionen von Forschungslabors und biomedizinischen Anlagen vor, der von 60 der 61 Mitgliedsstaaten unterstützt wurde.
Einzig die USA lehnten den Entwurf ab und verweigerten weitere Verhandlungen mit der Begründung, Inspektionen von Einrichtungen auf US-Territorium durch ausländische Inspektoren könnten zu Spionagezwecken missbraucht werden und gefährdeten daher die nationale Sicherheit der USA.
Die NZZ kennt die Wahrheit: «Widerlegte Verschwörungstheorie»
upg. Im Wissen, dass in Konflikten alle Seiten die Medien zu beeinflussen und manipulieren versuchen, um die jeweilige Öffentlichkeit auf ihre Seite zu bringen, tun unabhängige Medien gut daran, die Aussagen aller Parteien als solche zu bezeichnen und sie nicht als Tatsachen darzustellen.
Labore, die krankmachende Keime erforschen, sind besonders sensible Objekte. Die Wahrheit über die auch von den USA finanzierten Aktivitäten des Labors in Wuhan liegt immer noch im Verborgenen.
Über die Aktivitäten der mehr als zwei Dutzend – ebenfalls von den USA mitfinanzierten – Labore in der Ukraine, kennt die NZZ die Wahrheit bereits jetzt: Dass dort auch an krankmachenden Keimen geforscht wird, die man in einem Krieg einsetzen kann, sei eine «mehrfach widerlegte Verschwörungstheorie». Zu diesem Schluss sei ein «Bulletin of the Atomic Scientists» sowie «viele andere Faktenchecker» gekommen. Die Namen dieser Faktenchecker nannte die NZZ nicht.
Doch erstens hat die Behauptung, in einigen Labors würden Bio-Waffen erforscht, mit einer Theorie nichts zu tun. Es ist möglicherweise eine falsche Tatsachendarstellung.
Zweitens sind blosse Dementis der USA und der Ukraine zu einer derart heiklen Angelegenheit bei der Wahrheitssuche nicht viel wert. Die USA dementierten beispielsweise auch jahrelang vehement, dass sie in Polen und anderswo Gefängnisse eingerichtet hätten, um Terrorismus-Verdächtigte mit Methoden zu behandeln, die in den USA verboten sind. Erst Jahre später bestätigte dies die polnische Regierung.
Bei einer Online-Nutzung ist die Quellenangabe mit einem Link auf infosperber.ch zu versehen. Für das Verbreiten von gekürzten Texten ist das schriftliche Einverständnis der AutorInnen erforderlich.
Unten — IAEA Director General Yukiya Amano briefs the Security Council meeting on Non-proliferation and supporting the Non-proliferation Treaty ahead of the 2020 Review Conference during his official visit to United Nations New York. 2 April 2019 Photo Credit: Eskinder Debebe / UN New York
Ukraine-Krise, Corona und AfD: Schröders Festival der Phantomschmerzen – Politiker- Innen grübeln über mögliche Fehler bei ihrer Außenpolitik. der Gerd soll den Weltfrieden liefern. Und der BVB trägt blau-gelb.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Okay, das ist seit 19 Jahren das erste Mal: Fast alles.
Und was wird besser in dieser?
Wir ändern die Fragen? Oder die Welt.
Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wirft sich in Sachen Ukraine rückblickend Versagen vor. Ihr Vorvorgänger Thomas de Maizière hingegen will im taz-Interview von zurückblickender „Rechthaberei“ nichts wissen. Sie als hauptberuflicher Rechthaber, wohin gucken Sie? Zurück, voraus, in die Röhre?
Ein auch in dieser Höhe verdientes null zu null. Beide grübeln über das rechte Maß zwischen „Abschreckung und Diplomatie“. AKK wäre gern abschreckender gewesen, de Maizière mag die Diplomatie nicht reuen: Ein Festival der Phantomschmerzen. Denn die Bundeswehr hat sich in einem guten Dutzend Auslandseinsätzen verzettelt, statt ihrem Verfassungsauftrag zu entsprechen, Landesverteidigung vorzubereiten. Und als Diplomatie gab’s Merkelmus – flicken, kleben, basteln statt einer Vision. So gab es weder einen Entwurf für eine Entspannungspolitik noch eine ausreichend bedrohliche Alternative. Konkurseröffnung der Zauderlehrlinge.
Aus der Ukraine flüchtende Menschen werden an den Grenze zu Deutschland mit einem Papierkrieg ausgebremst. Begründung ist eine Angst vor „Trittbrettfahrern“. Schikane? Oder muss nun mal alles seine Richtigkeit haben?
Ein Selfie und ukrainische Sprachbrocken reichen nach Polizeiangaben aus, um schnell aufgenommen zu werden. Das klingt eher nach dem Glücksfall, dass im Innenministerium kein Vollneurotiker wie Horst Seehofer mehr agiert. Um den infamen Gedanken aber auszuschreiben: In genau diese Situation hinein würde ich Irre, IS-Kämpfer, russische Agenten und einen privat eher kriegsmüden Putin mit Toupet schmuggeln. Die Praxis der Kontrollen ist sehr ärgerlich, die Ausstrahlung der Meldung aber in Ordnung.
Gerhard Schröder betätigt sich als Vermittler. Berichten zufolge soll sich der Altkanzler mit Putin getroffen haben. Dürfen wir auf alte Männerbande hoffen?
Schröder ist zum Paria runtergeschrieben, soll jetzt aber mal fix den Weltfrieden liefern. Realistisch wäre, Maß zu nehmen an seinem Beitrag zur Befreiung von Peter Steudtner und Deniz Yücel aus der Türkei 2017. Also etwas wie ein humanitärer Akt im Kriegsgrauen. Schröder (174 cm) hat aus dem Jugoslawien-Krieg und der Nichtteilnahme am Irak-Krieg eine solide Abneigung gegen die USA davongetragen. Vielleicht verbindet ihn auch das mit Putin (170 cm) – Gespräch auf Augenhöhe.
Ach und, ganz ohne Zusammenhang: Womit heizen Sie demnächst so?
Ich drehe die Thermostate runter und flüstere „Nimm das, Putin!“.
Am Samstag enden die meisten Coronamaßnahmen. Ab dann wird es im Alltagsleben der Bürger:innen „so gut wie keine Einschränkungen mehr geben“, verkündet Justizminister Marco Buschmann. Maskenpflicht bleibe nur dort, wo viele vulnerable Menschen seien, also in der Pflege oder in Krankenhäusern. Prima, denn woanders halten sich vulnerable Menschen ja nicht auf, korrekt?
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – 1.) Lindners – ENERGIEVERSORGUNG – . – 2.) „Alle Waffen bis 2023!“ – für die CSU-Affen – . – 3.) Hunderte Festnahmen in Russland – . – 4.) Wir sind NATO – . – 5.) Neuer Arbeitskreis gegen Linke Parteikrise – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Wären die Deutsche Regierung schon vor der Zeit von Kohl, als vielen Bürger-Innen der Klimawandel bewusst wurde, auf die Suche nach Alternativen gegangen, anstatt mit ihren korrupten Fingern in den Nasen nach Öl zu bohren, sehe diese – „UNSERE“ Welt mit Sicherheit heute anders als die politische aus. Aber es war nie gut Denkmale der Vergangenheit zu errichten – statt in die Zukunft zu blicken. Lindner sollte kein Denkverbot, sondern Sprechverbot erteilt werden. Dann könnte er auch keine Lügen mehr erzählen, über das, was er in Asien sehen hätte können wenn er es denn sehen durfte.
Bundesregierung ringt um Nordsee-Öl-Bohrung und Tempolimit
1.) Lindners – ENERGIEVERSORGUNG
Die Bundesregierung debattiert vor dem Hintergrund der durch den Ukrainekrieg ausgelösten Energie-Krise über zusätzliche Öl- und Gas-Förderung in der Nordsee und ein Tempolimit. Finanzminister Lindner mahnt, man müsse „Denkverbote“ ablegen. ie Bundesregierung denkt über zusätzliche Öl- und Gas-Förderung in der Nordsee und ein Tempolimit nach. Nachdem Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Tagesspiegel vom Sonntag den im Koalitionsvertrag verankerten Verzicht auf zusätzliche Bohrungen in der Nordsee infrage stellte, brachte das Wirtschafsressort ein Tempolimit ins Spiel. „Man muss jetzt alles prüfen, dazu gehört ein Tempolimit und auch zusätzliche Förderungen in der Nordsee“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Oliver Krischer (Grüne). „In der jetzigen Situation muss jeder bereit sein über seinen Schatten zu springen, damit die Versorgungssicherheit verbessert wird.“ Die zusätzlichen Mengen an Öl und Gas bis zum nächsten Winter seien aber überschaubar. „Genauso prüfen wir solche Maßnahmen, mit denen kurzfristige Verbrauchssenkungen erreicht werden können, allen voran ein Tempolimit.“ Die Grünen fordern seit langem ein generelle Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen. Im Koalitionsvertrag war dies aber vor allem auf Drängen der FDP ausgeschlossen worden. Umgekehrt hatten die Grünen aus Umweltschutzgründen Bohrungen in der Nordsee abgelehnt.
Ach was kostet uns die Welt-solang wir im Zelt eines Freistaat leben. Wann beginnt eigentlich der Almauftrieb für die Bajuwarischen Oberochsen ?
Söder kann Wehr-Aufrüstung nicht schnell genug gehen
2.) „Alle Waffen bis 2023!“ – für die CSU-Affen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) spricht in der „Bild am Sonntag“ zwei große Themen an, die ihn aktuell umtreiben. Zum einen das weitere Vorgehen der Bundesregierung mit den geplanten Corona-Lockerungen, zum anderen die Aufrüstung der Bundeswehr infolge des russischen Einmarschs in die Ukraine. Söder über die Bundeswehr-Aufrüstung… „Wir brauchen Tempo: Die Ampel muss ein Sofortprogramm vorlegen, mit dem die Bundeswehr in einem Jahr voll einsatzfähig ist. Bis März 2023 müssen alle Waffengattungen komplett funktionsfähig sein: Das umfasst ausreichende Munition, alle Ersatzteile und Nachschub sowie die persönliche Ausrüstung der Soldaten“. Söder: „Außerdem brauche es neue Waffensysteme der Luftverteidigung, bewaffnete Drohnen, moderne Hubschrauber und neue Kampfjets. Da muss die Bundesverteidigungsministerin sofort handeln.“ Söder über Verteilung der Ukraine-Flüchtenden… „Das Bundesinnenministerium selbst wirkt überfordert und schaut nur zu, wie Länder und Kommunen vor Ort alles organisieren. Das führt zu einer Überlastung in einigen Städten und Ländern und damit zu einer unfairen Aufgabenverteilung.“ „Wir brauchen einen Koordinierungsrat von Bund und Ländern und eine Ministerpräsidentenkonferenz wie bei Corona, sowie einen Verteilschlüssel für die Bundesländer. Der Bund muss die finanziellen Kosten der Kommunen und der Länder übernehmen.“ Söder über Corona-Regeln…
Wie sieht das in unserer, sich immer mit Eigenlob selbst überschüttender „Werte-Demokratie“ eigentlich aus? Hier die Bösen- Rechten Verschwörungs – Theoretiker, Corona leugnenden Spaziergänger, welche an der Verlogenheit der Politiker-Innen rütteln und auf der andren Seite die guten, Echten – den Staat liebenden Friedenswächtern, welche den eigenen Uniformierten leider kein Hurrräää entgegnen werfen können, da Diese sich weigern die Feinde genau dieses Staates zu ermorden, um aber trotzt alledem den Sold einzustecken, wofür die Anderen bluten müssen?
Putins Krieg gegen die Ukraine
3.) Hunderte Festnahmen in Russland
Jeden Protest gegen den Ukraine-Krieg versucht die Polizei zu unterdrücken, aber es gelingt ihr nicht. Viele Russ:innen zeigen Widerstand. Nicht nur in Deutschland haben die Menschen ihren Protest gegen Russlands Krieg in der Ukraine auf die Straßen getragen. In Rom forderte Papst Franziskus erneut, die „inakzeptable bewaffnete Aggression“ Russlands müsse gestoppt werden. Bei landesweiten Demonstrationen in Russland gegen den Krieg hat die Polizei am Sonntag in 23 Städten über 600 Menschen in Gewahrsam genommen, teilte die russische Bürgerrechtsorganisation OVD-Info mit. Sie dokumentiert die Festnahmen rund um die Uhr und organisiert juristischen Beistand. In Moskau und Jekaterinburg gab es Antikriegsdemonstrationen, auf die die Polizei mit großer Härte reagierte. Auf Twitter kursieren Bilder, wie Polizisten einzelne Demonstranten umringen und schlagen. In der Stadt am Ural sollen mehrere Menschen festgenommen worden sein. Nach Angaben von OVD wurde Anwälten der Zugang zu den Festgenommenen verweigert. Den Protestierenden wurden illegalerweise Fingerabdrücke abgenommen und sie wurden fotografiert. In Moskau seien mehr als 20 Festgenommenen die Mobiltelefone abgenommen worden. In Tscheboksari, der Hauptstadt der russischen Republik Tschuwaschien, wurde ein Demonstrant wegen eines Plakats mit der Aufschrift „Nein zum Krieg“ festgenommen. Er habe die russischen Streitkräfte verleumdet, wurde ihm vorgeworfen. In Nischni Nowgorod wurde eine junge Frau von Polizisten weggebracht, die bei einer Mahnwache gegen den Krieg ein leeres Blatt Papier hochgehalten hatte. In Sankt Petersburg fielen vermummte Polizisten über eine Band in Militäruniformen her, die in einem Lied sang: „Nukleare Explosion nein, nein, nein“. Die genaueren Umstände dieses Protestes gingen aus dem kurzen Video nicht hervor.
Wer macht denn dann den Spacko wenn sogar Olf verstanden hat und 100 Milliarden für mehr Waffen seiner nutzlosen Affen in Uniform zahlen will? Vielleicht zahlt der Olli das alles aus Seiner Portokasse welche dort im Irgendwo des Warburger Landes liegt?
Militärische Allianz
4.) Wir sind NATO
US-Präsident Joe Biden nutzt die Gunst der Stunde für sein Ziel einer fortgesetzten Militarisierung der europäischen Alliierten. Olaf Scholz hat das verstanden. Die USA sehen aber nicht in Russland die größte Gefahr. Der Ukraine-Krieg sorgt für weitreichende sicherheitspolitische Veränderungen in Europa. Es geht um eine Art Reinkarnation der 1949 gegründeten Nato. Die politischen Dellen in der militärischen Allianz auszubeulen, das war bereits vor seinem Amtsantritt ein großes Anliegen von US-Präsident Joe Biden. Sein Vorgänger hatte sich beschwert, das Bündnis sei womöglich obsolet. Donald Trump entsetzte die Sicherheitsexperten, doch fand seine Idee vom Rückzug aus der Führungsrolle, vor allem als Garant von „Sicherheit“, durchaus Beifall in der US-Bevölkerung. Der gestandene Transatlantiker Biden hat nun, unterstützt von Wladimir Putin, sein Ziel erreicht und übertroffen. Beim Krieg in der Ukraine sei die Nato vollkommen vereinigt, so der Präsident. Zu schrecklich sind die Bilder, zu groß die Sorgen über den schwer abschätzbaren Putin. Zu laut tönen die Schuldbekenntnisse besonders von Nato-Skeptikern, sie hätten mit diesem Krieg nicht gerechnet.
Eine programmatische Erneuerung würde doch eigentlich bedeuten schon einmal ein Programm gehabt zu haben, welches über die Platzhalter in den „Parlamenten“ weit hinausginge? Also weit über die Horizonte des ernsten Gewerkschaftler Klaus, eines Lafo oder auch des Barsch. Jetzt werden sicher einige sehr Überrascht aus ihrer Wäsche gucken. Müsste hier nicht als erstes die Frage gestellt werden, warum sich die 100 Unterzeichner nicht eher gemeldet haben, wo doch die Sichtbarkeit seid Jahren ignoriert wurde? Na – hoffen wir im guten Sinne, dass nicht zu viele Brandstifter in die Feuerwehr gewechselt sind ?
Der Klaus – er spielt für sich den Nikolaus !
Mit der »Initiative Solidarische Linke« soll ein Debattenforum für programmatische Erneuerung entstehen
5.) Neuer Arbeitskreis gegen Linke Parteikrise
Seit Ende vergangener Woche ist sie mit Webseite und Twitter-Account am Start: die »Initiative Solidarische Linke«. Der Titel des Aufrufs, der auf der Startseite zu lesen ist, sagt, worum es den Gründern geht: um eine programmatische und strategische Erneuerung der Partei Die Linke. Zu den rund 50 Erstunterzeichnenden gehören prominentere und weniger bekannte Parteimitglieder, aber mit Dorothee Menzner auch eine ehemalige Bundestagsabgeordnete, die Ende vergangenen Jahres aus Protest gegen die Wahl von Klaus Ernst zum Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie aus der Partei ausgetreten war. Die Idee zu einer Initiative, die eine strömungsübergreifende Debatte auch mit Sympathisanten der Partei fördern und ermöglichen will, ist schon einige Wochen vor der Bundestagswahl 2021 entstanden. Das sagt Thomas Nord, langjähriger Bundestagsabgeordneter, der aber zur Wahl im September nicht wieder angetreten war. Er ist eine von fünf Personen, die sich schon damals Gedanken darüber gemacht haben, was »angesichts des erwartbar schlechten Wahlergebnisses zu tun« sei, so Nord im Gespräch mit »nd«.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Peking will sich nicht entscheiden. Die chinesische Führung buckelt vor Moskau wie vor Washington.
Am 4. Februar 2022, dem Tag der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking, traf sich Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping. Ein gemeinsames Kommuniqué besiegelt, laut Le Yucheng, Vizeaußenminister Chinas, eine neue Höhe der sino-russischen Beziehung der Freundschaft und Kooperation. Eine Beziehung, so Le, die oben keine Decke kenne.
Beweis: China unterstütze Russlands Vorgehen gegen eine Nato-Osterweiterung; dazu 20 Geschäftsabkommen, einschließlich eines langfristigen Liefervertrages, gemäß dem China Russland ab sofort Unmengen von Naturgas abkauft und das für die Laufzeit von über einem Jahrzehnt, um – das stellt sich allerdings erst am 24. Februar, dem Tag, an dem die russische Invasion in die Ukraine begann, heraus – die Lücken für Moskau zu schließen, die durch westliche Sanktionen gegen russische Gaslieferung in Putins Kriegskasse entstehen werden.
Seither scheint Peking bemüht zu sein, der Freundschaft mit Putins Russland Nachdruck zu verleihen. Am Tag des Kriegsbeginns gab die chinesische Botschaft in Kiew online die Forderung an alle Chinesen in der Ukraine weiter: „Wenn ihr aus der Tür kommt, bedeckt euch mit unserer Nationalflagge – zu eurer eigenen Sicherheit.“
Offenbar rechnete Chinas Führung fest mit einem Sieg des russischen Blitzkriegs
Offenbar rechnete Chinas Führung zu diesem Zeitpunkt noch fest mit einem Sieg des russischen Blitzkriegs: Ein paar Fallschirmjäger ins Präsidialamt schicken, um Wolodimir Selenski zu kidnappen, seine Regierung in Kiew auszutauschen, das wär’s. Das war es aber nicht. Wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Anweisung aus der Botschaft wurden die ersten Chinesen auf Straßen in Kiew von wütenden Ukrainern angegriffen. Von wegen Sicherheit.
Putin den Rücken freihalten
Dennoch änderte dies nicht Chinas Willen, auf der Weltbühne Putin den Rücken freizuhalten. So schnell lässt man seine Freunde nicht im Stich. Nicht nur lehnte Chinas Botschafter bei den Vereinten Nationen konsequent ab, den Moskauer Feldzug als „Aggression“, „Invasion“ oder „Angriffskrieg“ zu bezeichnen, geschweige denn, zu verurteilen. Auch öffnete das Handelsministerium in Peking gleich am zweiten Kriegstag den chinesischen Markt für russischen Weizen, der seit 30 Jahren wegen einer gefährlichen Pflanzenkrankheit für die Einfuhr verboten war.
Didi-Chuxing, ein chinesischer Konzern des Online-Fahrdienstes, wurde angewiesen, vorläufig vom Rückzug aus Russland abzusehen, um die geschäftliche Stimmung dort nicht mit zu vergiften, wie es hieß. In Chinas Social-Media wurde zur Beschreibung der Geschehnisse auf dem Schlachtfeld in der Ukraine erst nur das Wort „Lage“ erlaubt, weniger später der Begriff „Spannung“; einige Tage vergingen, bis das Wort „Konflikt“ auftauchte.
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Die TV Aufnahmen, Nachrichtenlage aus dem europäischen Krieg lassen keinen geistig gesunden Menschen unberührt. Dabei ist wichtig das hier unter allen Menschen der soziale Frieden gewahrt bleibt. Deshalb soll niemand ungerecht behandelt werden.
Es ist unerheblich ob es sich während einer Corona Pandemie um Menschen aus dem asiatischen Kontinent wie der Volksrepublik China handelt. Ebenso wenn Menschen aus dem asiatischen Kontinent wie Afghanistan, Syrien, Irak vor Krieg und Ungerechtigkeiten in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sind. Das gilt auch für Menschen aus afrikanischen oder europäischen Orten.
Sie teilen mehr miteinander als das sie trennt. Hier binnen der Europäischen Union sind wir solidarisch. Human sein, menschlich bleiben. Das war schon ein Gedanke welcher Johannes Rau kommuniziert und praktiziert hat.
Lediglich die kranken Gestalten, bösartig gesinnte Strategen haben eine Interesse daran innerhalb der Europäischen Union wie die Demokratie, Solidarität und Humanismus beschädigt zu wissen. Wie die extreme Rechte. Gleichwohl wir waren, sind und bleiben mehr.
Der Wert des sozialen Friedens ist unbezahlbar
Auf unserem Gebiet mag es Herausforderungen geben. Diese sind hausgemacht. Mittels der Demokratie in der Ökonomie und progressive Parteien an der Wahlurne zu wählen bewerkstelligen wir es für uns richtig.
Jene welche nicht das Wahlrecht haben, dürfen einer progressiven Partei eine zweckgebundene Wahlkampfspende überweisen. Die Europäische Union ist ein Raum welches viel an Prüfungen gemeistert hat. Diese Epoche werden die Menschen ebenfalls meistern.
Davon geht in Richtung Übersee ein Mondscheineffekt aus. Das wird wohlwollend konstatiert werden. Investoren werden sich von uns angezogen fühlen und niederlassen.
Das ist geeignet die Armut, Arbeitslosigkeit zu mindern und mittels Einkommen die Sozialsysteme unterstützen. Jene Menschen welche auf dem Gebiet eines EU Staates leben, sollten jene Werte leben welche wir für uns proklamieren. Die Glaubwürdigkeit ist der entscheidende Unterschied um erfolgreich zu sein.
Gerhard Mangott, Professor für internationale Beziehungen in Innsbruck, stellt am 9.3. 2022 im Inforadio des RBB fest: Militärische Unterstützung für die Ukraine wird den Krieg in die Länge ziehen, gewinnen kann die Ukraine gegen die russische Armee nicht. „Die Ukraine sei zwar militärisch mittlerweile besser gerüstet als beim russischen Einmarsch in der Krim im Jahr 2014. Gegen die russischen Truppen hätte sie aber keine Chance“ (Berliner Morgenpost, 13. 2.) – so der Osteuropa-Experte Klaus Segbers (FU Berlin). Norman Paech schrieb zu Recht in Telepolis am 10.3.: „Die Opfer und das Leiden, Flucht oder Tod sind das Einzige, was die Menschen in den belagerten Städten mit Sicherheit erreichen werden. Sie haben faktisch nur die Wahl zwischen einer russischen Besatzung in einer halbwegs noch intakten oder weitgehend zerstörten Stadt.“
Am 6.3. erklärt der Kiewer Bürgermeister Klitschko in der ARD: „Wir werden uns verteidigen, egal was es kostet.“ Sich zu wehren ist unterstützenswert. Aber gegen die russische Aggressoren-Armee militärisch vorzugehen, die eine überlegene Feuerkraft hat und Städte bei anhaltendem Widerstand von außen in Schutt und Asche legen kann, ist entweder Märtyrerpathos. Oder es handelt sich um das rücksichtslose Opfern von allen, die noch irgendwie eine Waffe bedienen können. Diese Strategie ist darauf angelegt, die NATO zum Eingreifen und damit zum 3. Weltkrieg zu drängen. Warum aber nicht die russische Armee Russen das Land besetzen lassen und dann zivilen Widerstand und Sabotage praktizieren? Warum sich nicht darauf einstellen, dass die russische Wirtschaft mit der neuen Mehrfachbelastung (die Mega-Sanktionen plus Kosten für Besatzung) bald völlig überfordert ist die Ohren anlegt? Das russische Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 (1.648 Milliarden US-Dollar) war so groß wie das von Belgien und den Niederlanden zusammen und betrug ein Zehntel der Wirtschaftsleistung der EU.
Es fällt auf, wie viele gegenwärtig die militärische Tapferkeit „der“ Ukrainer loben. Das wurde schon einmal anders gesehen. Nicht alle erachten es wie Horaz als süß und ehrenhaft (dulce et decorum), für das Vaterland zu sterben. Vor ein paar Jahren hieß es noch: „‚Militärische Tapferkeit? ist ein vergifteter Begriff, denn er schließt die weihevolle Überhöhung des Tötens wie des Getötetwerdens auf dem Feld der Ehre ein“ (Christian Semler in der taz 6.7. 2009). Das Lob für die Tapferkeit des Soldaten sei ein Schritt zur „Rehabilitierung des Militärischen“ (Ebd.).
Der Deutschlandfunk Kultur kündigte ein langes Gespräch am 6.3.22 mit dem Politologen Claus Leggewie mit der Überschrift „Ziviler Widerstand“ an. Leggewie propagierte jedoch den militärischen Kampf gegen „Russland“. Seine hoch emotionale Rede war nicht weit entfernt von Baerbocks Zufriedenheit mit den Sanktionen, die sie bezeichnenderweise mit dem Satz krönte: „Das wird Russland (!) ruinieren“ (Die Welt, 25.2.22). Die Hörer der Sendung mit Leggewie hatten erwartet, es werde erinnert an die lange Tradition des zivilen Widerstands oder der „sozialen Verteidigung“ mit nichtmilitärischen Mitteln. Theodor Ebert hat dazu dazu klassische Werke vorgelegt. Sein Hauptwerk trägt den Titel „Gewaltfreier Aufstand. Alternative zum Bürgerkrieg“ (Freiburg i.Br., 1. Aufl. 1968). Dieses Buch fußt auf seiner Dissertation an der Universität Erlangen bereits aus dem Jahr 1965 und erschien 1970 in einer vom Autor stark revidierten und aktualisierten Ausgabe als Fischer-Taschenbuch. Im Unterschied zur Fixierung auf militärische Maßnahmen lohnt die Auseinandersetzung mit entsprechender Literatur.
Hemdsärmeliger Maskulinistenmüll
Nachdem das Thema „Kriegsdienstverweigerung“ für junge Männer mit dem Wegfall der Wehrpflicht vom Tisch ist, nachdem der Krieg gegen Serbien von der SPD und vor allem von der grünen Partei als Maßnahme zur Verhinderung eines „neuen Auschwitz“ verkauft wurde, haben Vorbehalte gegen das Töten für den vermeintlich guten Zweck stark abgenommen. Nur wenige in den Medien sind, wie Uli Hannemann in der Taz vom 7. 3. schreibt, „baff, wie abgeklärt wohlstandsverwahrloste Turnbeutelvergesser über Waffentechnik und deren Zerstörungspotenziale schwadronieren und den Einsatz tödlicher Gewalt verhandeln. Dabei heulen die doch normalerweise schon, wenn der Wohnzimmerthermostat bloß auf 19 Grad eingestellt ist.“ Im Lob der ukrainischen Soldaten, Milizen und bewaffneten Ex-Zivilisten hat „hemdsärmeliger Maskulinistenmüll“ gegenwärtig Hochkonjunktur. Eines findet nicht statt: „Einfach nur mal innehalten und versuchen, wenigstens im Ansatz zu erspüren, was das für die Einzelnen überhaupt bedeutet, anstatt nur öffentlich die dicken Eier rumzuschwenken“ (Hannemann).
Die Ablehnung der Parole „militärischer Widerstand, egal was es kostet“ ist keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine seitens Unbeteiligter. Spätestens bei den Ideen der polnischen Regierung zum ganz listigen Export von MiG-Kampfjets über Umwege wird deutlich, wie schnell die militärische Unterstützung für die Ukraine dazu führen kann, in einen dritten Weltkrieg hineinzustolpern – nur, weil die reaktionäre und rechtstaatliche Maßstäbe in großen Umfang verletztende polnische Regierung sich an alte offene Rechnungen mit Russland erinnert.
Außenministerin Baerbock richtete sich am 24.2. an Präsident Putin persönlich und erklärte, er werde den „Traum“ der Ukrainer nicht zerstören, ein Recht zu haben auf Demokratie, Frieden und bessere Zukunft (Der Tagesspiegel 24.2.). Die Begeisterung für die Tapferkeit des militärischen Widerstands ist je größer, desto mehr angenommen wird, die ukrainische Staatsführung sei am Geschehen völlig unschuldig. Niemand muss sich Sympathien für die kriegerische Aggression seitens der russischen Staatsführung nachsagen lassen, der jenseits der vorherrschenden Schwarz-Weiß-Stimmung auf den Beitrag der ukrainischen Führung zur Eskalation hinweist. Der Umgang mit der russischen Sprache, das Blockieren des Minsker Abkommens, der Wunsch in der Verfassung, der NATO beitreten zu wollen, die eigene Aufrüstung, die militärische Auseinandersetzung mit den sog. Volksrepubliken (13.000 Tote) – das sind nur wenige Beispiele.
In einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik vom 4. 2. 22 heißt es: „Unter den westlichen Partnern gibt die Ukraine derzeit kein gutes Bild ab. Dass Kiew ständig die äußere Bedrohung durch Russland betont, passt nicht zu den innenpolitischen Dauerkonflikten und Skandalen. […] Für Moskaus Propaganda ist Selenskyjs Regierungsstil eine ideale Steilvorlage, um den Ukrainern und ihren westlichen Unterstützern eine Art Doppelmoral vorzuwerfen: Während sich die Ukraine als demokratisch-liberaler Gegenentwurf zu Russland darstelle, greife der Westen hier faktisch einem ebenso autoritären Regime unter die Arme.“
Aggressor Russland – Hauptkriegstreiber NATO
Zur Abrüstung gehört es, aus der Verteufelung der fremden Seite und der Idealisierung der Seite, mit der man sich identifiziert, auszubrechen. Der Historiker und Diplomat George F. Kennan schrieb in The New York Times vom 5.2.1997: „Es wäre der verhängnisvollste Fehler amerikanischer Politik in der Zeit nach dem Kalten Krieg, die NATO bis zu den Grenzen Russlands auszuweiten. Diese Entscheidung lässt befürchten, dass nationalistische, antiwestliche und militaristische Tendenzen in Russland entfacht werden könnten. Sie könnte einen schädlichen Einfluss auf die Entwicklung der Demokratie in Russland haben, wieder zu einer Atmosphäre wie im Kalten Krieges führen und die russische Außenpolitik in eine Richtung lenken, die uns sehr missfallen wird.“ Mittlerweile ist genau das eingetreten, was Kennan prognostiziert hat. Deutsche Politiker und Medien behandeln dieses Resultat als voraussetzungsloses und unvermitteltes bzw. unmittelbares Faktum. Sie denken sich den für es konstitutiven historischen Vorgang, die NATO-Osterweiterung, weg. Sie interpretieren die großrussischen Reden Putins als Ursprung, der selbst keinen Ursprung hat, aber für alles Ursprung ist. Solche Kommentatoren „erklären“ diese Reden tautologisch – als Resultat ideologischer Verblendung oder Ausbruch des Wahnsinns. Böse haben ein böses Denken. Wir Guten ein gutes.
Henry Kissinger schrieb am 6.3. 2014: „Um zu überleben und sich zu entwickeln, darf die Ukraine Niemandes Vorposten sein. Vielmehr sollte sie eine Brücke zwischen beiden Seiten darstellen. […] Die Behandlung der Ukraine als Teil einer Ost-West-Konfrontation würde für Jahrzehnte jede Aussicht zerstören, Russland und den Westen – vor allem Russland und Europa – in einem kooperativen internationalen System zusammenzubringen. […] Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik. Sie ist ein Alibi für die Abwesenheit von Politik.“
Viele Kommentatoren können gar nicht genug davon bekommen, bereits dort Parteigänger der Propaganda Putins dingfest zu machen, wo auf die jahrzehntelange Strategie der NATO hingewiesen wird, Russland militärisch immer näher zu rücken. Die Regierung George W. Bush hat „ohne Not im Frühjahr 2008 eine nochmalige Ausdehnung des Einflussbereichs der NATO zur Debatte gestellt und drängte auf eine rasche Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine“ (Bernd Greiner, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 3, 2022, S. 50). Die US-Regierung und die ukrainische Staatsführung haben alles dafür getan, dass eine militärische Neutralität der Ukraine nach dem Vorbild von Österreich oder der Schweiz nicht zustande kam.
„Seit dem politischen Umbruch in der Ukraine 2014 unterhalten die USA Ausbildungsprogramme, trainieren das ukrainische Militär nach NATO-Standards und beliefern die Ukraine mit Waffen – ebenfalls gegen die Sicherheitsbedenken westeuropäischer Verbündeter. Diese Aktivitäten wurden im Jahr 2021 massiv verstärkt. Von Washington gelieferte panzerbrechende Lenkraketen werden mittlerweile an der Front gegen die Kräfte der beiden abtrünnigen ‚Volksrepubliken? eingesetzt. […] Dies alles ist keine Rechtfertigung für die russische Einmischung in ukrainische Angelegenheiten und schon gar nicht für eine russische Intervention. Im Ergebnis bewirkt die Politik der US-Administration aber eine Eskalation nicht nur mit politischen, sondern auch mit militärischen Mitteln“ (August Pradetto: Realismus vs. Krieg: Neutralität als Chance. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, H. 3, 2022, S. 46). Wer das schreibt, wird heute gern als Putin-Versteher bezeichnet. So gesehen ist die russische fünfte Kolonne mittlerweile weit vorgedrungen. Pradetto ist Professor für Politikwissenschaft an der Bundeswehruniversität in Hamburg. Und Siegfried Russwurm Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie.
Die deutschen Politiker, voran Frau Baerbock, und die deutschen Medien überbieten sich in Emotionalisierung und Moralisierung. Schon kurz vor Beginn des Krieges wurde festgestellt: „Verabschiedet wird der Goldstandard umsichtiger Diplomatie: der Wille, sich in die Schuhe der anderen Seite zu versetzen und die Welt mit den Augen des Widersachers zu sehen“ (Bernd Greiner, S. 51).
Russland ist, wie es hierzulande verharmlosend heißt, ein „Globalisierungsverlierer“. In der Weltwirtschaft zunehmend an den Rand zu geraten und die Aussichten eines Dritte-Welt-Landes zu teilen (Rohstoffe, Gas und Öl bilden 80% der russischen Exporte), trifft im Falle Russlands auf die Erinnerung daran, einmal eine Weltmacht gewesen zu sein. Diese brisante Konstellation begünstigt letztlich hilflose und umso irrationalere politische Reaktionen (bis hin zum gegenwärtigen brutalen Krieg der russischen Armee). Auf der Gewinnerseite in der Weltmarktkonkurrenz ist die Aufmerksamkeit auch für diese indirekten Auswirkungen des „eigenen“ Erfolgs nicht sonderlich gefragt. Wie „loser“ ihre Niederlagen verarbeiten, beziehen „winner“ und diejenigen, die sich als solche betrachten, nicht auf eine beide Seiten übergreifende Wirklichkeit. Werden loser aggressiv, dann seien allein sie selbst für ihre mangelnde Aggressionskontrolle verantwortlich. Das kommt dabei heraus, wenn so etwas wie eine Analyse des Weltgeschehens verwechselt wird mit dessen Bewertung ausgehend vom Maßstab, es solle sich in ihm genauso verhalten wie in der zivilisierte Interaktion zwischen freien und gleichen Erwachsenen, die die Dreieinigkeit von individueller Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Selbstbeschuldigung verinnerlicht haben. Gewinner und Verlierer sind bislang meist in einem Punkt einig: Sie fragen nicht, ob wir uns eine Wirtschaft mit gnadenloser Konkurrenz und Ruinierung der Verlierern leisten können.
Baerbocks Rückgriff auf den „Traum“ von Demokratie erweitert die als legitim erachteten Rechtfertigungsgründe für eigenes kriegerisches Handeln immens. Wir wissen im Unterschied zu Baerbock zwar nicht, wovon die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung vor dem 24.2. träumte. Allerdings ist über Träume eines bekannt: Wovon eine Person träumt, das ist meist etwas ganz anderes als das, was sie im Wachzustand vorfindet und wofür sie sich wirkmächtig zu engagieren vermag.
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Was tun? An Tag 4 des Überfalls auf die Ukraine gingen in Berlin über 100.000 Menschen auf die Straße. Und es war schön, für einen Moment aus der Ohnmacht heraustreten zu können: Solidarität zeigen, etwas tun.
Jetzt sind wir bei Tag 17. Und es ist unwahrscheinlich, dass noch mal so viele Menschen auf die Straße gehen. Das ist verständlich, weil niemand gern die eigene Hilflosigkeit demonstriert. Vor allem aber, weil viele Fragen in der Linken (klein- und großgeschrieben) ungeklärt sind. Welche Verantwortung trägt man, und was folgt daraus?
Noch immer wiederholen sonst so kluge Linke ihr Mantra, dass die Osterweiterung der Nato ein Fehler war, dass man die Nato in den 1990ern hätte auflösen müssen. Dass es aktuell die Nato ist, die das Baltikum und Polen vor Russland schützt, dass diese Staaten eine selbstbestimmte Entscheidung getroffen haben, kommt bei ihnen kaum vor.
Immerhin, das andere Mantra der Linken, dass der Hauptfeind im eigenen Land stehe, es bröckelt. War es falsch, sich an der Nato abzuarbeiten? Aber was ist mit den Verbrechen der Nato-Mitglieder, mit Erdoğans Krieg gegen die KurdInnen und dem Irakkrieg, mit Abu Ghraib? Gleichzeitig wird vielen bewusst, dass die Bilder der Demonstration neben dem Bundestag nun auch als Legitimation für die Aufrüstung der Bundeswehr herhalten müssen. Wie kann man gegen diesen Krieg demonstrieren, ohne den Aktienkurs von Rheinmetall in die Höhe zu treiben?
Bei so vielen offenen Fragen fällt das Demonstrieren schwer. Was also tun? Einfacher und hilfreicher scheint es derzeit, zum nächsten Bahnhof zu gehen, jemanden aufzunehmen, zu spenden. Das ist gut. Aber reicht das?
Frieren für die Ukraine, fordern nun manche Politiker. Nur, Joachim Gauck werden steigende Heizkosten nicht wehtun. Nichts gegen Energiesparen (siehe Seite 3), aber der Appell an den Einzelnen ist auch ein Davonstehlen der Politik. Was ins Private verschoben wird, muss nicht reguliert werden.
Unten — Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen trifft verteidigungsminister Chuck Hagel während des NATO-Gipfels in Newport, Wales, am 5. September 2014. DoD Foto von Glenn Fawcett (veröffentlicht)
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – 1.) 81 Todesstrafen in in Saudi-Arabien – . – 2.) Sanktionen gegen russische Bürger – . – 3.) Strategisch irrer Putin – . – 4.) Gauck – Der kleinste Gernegroß des Jahres – . – 5.) Telefonat mit Macron und Scholz – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Sollten sich die Bürger-Innen des Westen nicht einmal Gedanken darüber machen warum sie soviel Geld für Organisationen wie NATO oder UNO ausgeben sollen, wenn diese – dort wo sie denn gebraucht würden, nicht eingreifen? Dafür tummeln sie sich lieber auf Nebenschauplätzen herum, wo die Risiken niedriger gelagert sind. Militärische Uniformträger werden vom Volk dafür bezahlt selber zu morden oder sich ermorden zu lassen. Den Beruf haben sie sich selber ausgesucht, da sie zu faul waren einer ehrenvollen Arbeit, nicht für einen Staat nachzugehen. Liegt hier nicht das größte Problem viel zu tief begraben?
81 Menschen an einem Tag in Saudi-Arabien hingerichtet
1.) 81 Todesstrafen in in Saudi-Arabien
Es war die größte Massenhinrichtung seit Langem: Saudi-Arabien hat 81 Todesurteile vollstreckt. Im Jahr 2022 sind dort damit bereits mehr Menschen hingerichtet worden als in den beiden Vorjahren. Es war die größte Massenhinrichtung seit Langem: Saudi-Arabien hat 81 Todesurteile vollstreckt. Im Jahr 2022 sind dort damit bereits mehr Menschen hingerichtet worden als in den beiden Vorjahren. In Saudi-Arabien sind am Samstag bei der größten Massenhinrichtung seit Jahrzehnten 81 Menschen getötet worden. Die Männer seien wegen verschiedener Verbrechen verurteilt gewesen, darunter Terrorismus und andere Straftaten, einschließlich »abweichender Überzeugungen«, teilten die Behörden mit. Unter den Hingerichteten seien auch sieben Jemeniten und ein Syrer. Wie die Männer getötet wurden, wurde nicht mitgeteilt. Menschenrechtsgruppen werfen Saudi-Arabien vor, restriktiv gegen politische und religiöse Meinungsäußerungen vorzugehen. Das totalitäre Königreich hat hingegen erklärt, es schütze seine nationale Sicherheit gemäß seinen Gesetzen.
Aber, ist dieses nicht genau der Dummbeutelstaat, in welchen, mittels Unterstützung ihrer Clans, selbst die größten Versager nicht über den eigenen Tellerrand hinausblicken konnten? „So weit der rote Teppich reicht – Vorsicht ist schon vor der ersten Stolperkante angesagt!“ „Trau – Schau – Wem,“ wer sich auf eine Behörde begibt! Niemand hatte doch gesagt – seinen-r Politiker-Inn in ein unbekanntes Handwerk zu fuschen.
„Die Situation hat mich sehr erschüttert“
2.) Sanktionen gegen russische Bürger
Anastassia Pletoukhina engagiert sich für Flüchtlinge aus der Ukraine und muss plötzlich feststellen, dass ihr und ihrer Familie die Bankkonten eingeschränkt wurden – nur weil sie immer noch russische Staatsbürger sind, obwohl sie seit Jahren in Deutschland leben. In ihrem Gastbeitrag schildert sie diese und andere Benachteiligungen russischstämmiger Bürger, die nichts mit Putins Krieg zu tun haben. Ich bin mit meiner Familie vor 24 Jahren aus Moskau nach Deutschland gekommen. Wir sind als jüdische Kontingentflüchtlinge eingewandert. Meine Familie stammt teilweise aus Russland, aber auch aus der Ukraine und Südrussland. Im sowjetischen Pass meiner Mutter stand „Ukrainerin“ unter dem Paragrafen „Nationalität“. Seit dem Ausbruch des Krieges am 24. Februar befindet sich meine Familie in ständiger Sorge um die Verwandten in Odessa, Mykolajiw und Kiew in der Ukraine. Wir versuchen, Hilfe für die Geflüchteten zu organisieren und zu koordinieren, beteiligen uns am wichtigen Informationsfluss über neue Möglichkeiten der humanitären Hilfe und an der Unterbringung von Menschen, die vor dem Krieg fliehen. Meine Eltern holen Geflüchtete von der Grenze ab und bringen sie teilweise bei sich zuhause unter, andere bringen sie in sichere Lager für Geflüchtete und helfen ihnen bei der Unterbringung. All das geschieht teilweise nach der Arbeit, teilweise in den Pausen. Einige von uns haben sich Urlaubstage genommen, um benötigte Hilfe leisten zu können. Dabei sind wir in unseren Berufen sehr ausgelastet. Mein Mann ist Grafikdesigner, ich leite ein Bildungszentrum in Berlin, meine Mutter hat eine Konzertagentur in Hamburg, mein Vater ist Physiotherapeut in Lübeck. Am Mittwoch, den 2. März, hat mich meine Mutter unter Tränen angerufen und erzählt, dass der Zugang zum privaten Konto meines Vaters bei der Deutschen Bank eingeschränkt ist und weder Geldeinzahlungen noch Überweisungen auf das Konto zurzeit möglich sind. Auszahlungen und Überweisungen vom Konto sind weiterhin möglich. Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben, arbeiten, Steuern zahlen.
Versagte nicht der Westen mit nie gezeigten Qualitäten auch in Afghanistan, Vietnam einschließlich Scharfmachern wie Trump, Kim, Bolsonaro gleich wie heute bei Putin? Das ist nur eine kleine Aufzählung der letzten Jahre, wobei wir das eigene politische Pack, welches nur vor den Wahlen vor den Haustüren seiner Wähler um Gnade bittet? Um sich selber den Bauch zu kitzeln nennen sie es „Demokratie mit Werten“ einschließlich des Verfalldatums nach dem die Clans gewählt wurden.
Putins irrationales Auftreten:
3.) Strategisch irrer Putin
Ist Putin verrückt geworden? Viel spricht dafür, dass er es nicht ist – und sich einer Strategie bedient, die schon Nixon und Trump genutzt haben. Wütend, paranoid, völlig geisteskrank oder doch kalt und berechnend: Über die Frage nach Putins Motiven für seinen Angriffskrieg wird heftig spekuliert. Doch wie es im Kopf des Kreml-Chefs aussieht, lässt sich nicht sagen. Mit Therapiesitzungen aus der Ferne, noch dazu von Laien, können keine seriösen klinischen Diagnosen erstellt werden. Die American Psychiatric Association etwa hat sich deshalb selbst die sogenannte „Goldwater Rule“ auferlegt, die Ferndiagnosen bei Politikern und Regierungschefs als unverantwortlich und unwissenschaftlich missbilligt. Keiner, der Putin nicht selbst auf die Couch gelegt und behandelt hätte, könnte Auskunft geben. Objektive Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung gibt es auch dem Bundesnachrichtendienst zufolge nicht. Wie aber dann sind Putins Eskalation, seine wirren Reden über den angeblich drogenabhängigen „Nazijuden“ Selenski und die überdrehten Drohungen bis zum Atomkrieg zu erklären? So unterschiedliche Leute wie der französische Staatschef Macron, der auch jetzt noch auf den Russen einredet und die ehemalige amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice, die mit ihm seit gut zwei Jahrzehnten regelmäßig verhandelt hat, sprechen übereinstimmend von seltsamen Veränderungen. Möglicherweise sind Putins schrille Töne jedoch strategisch kalkuliert. Dies deutete beispielsweise der finnische Präsident Sauli Niinistö nach einem Telefonat mit Putin an. „Das könnte auch Absicht sein – nämlich um Verwirrung zu stiften“, sagte er gegenüber CNN. Putin wäre nicht der erste Politiker in der Geschichte, der nur verrückt spielt, um seine Gegner einzuschüchtern.
Brüderlein und Schwesterlein waren im protestantischen Titeljagen stets vereint? Die Eine lobt – der Andere tadelt, so kann die Rente nicht verhageln. Oh – Herr, warum schmeißt du nicht wenigsten ein wenig mehr Hirn auf die, welche deinen eigenen Leib fressenden Vasallen-Innen herunter?
Feinderklärer des Tages: Joachim Gauck
4.) Gauck – Der kleinste Gernegroß des Jahres
Er hat über die Verwaltung der nachgelassenen Akten der Staatssicherheit präsidiert und später den Bundespräsidenten gegeben: Es ist unklar, in welcher Rolle Joachim Gauck handwerklich mehr gelernt hat, aber sicher ist, dass seine Auftritte inzwischen Sternstunden der Vermittlung der bundesrepublikanischen Staatsideologie sind. Ausnahmslos jeder der mit pastorenhafter Ruhe hingesagten Sätze ist ein Dokument der vulgären Gegenaufklärung. Es war kein Zufall, dass Gauck am 27. Februar auf der Bundestagstribüne auftauchte, um huldvoll seine Billigung des dort verkündeten Aufrüstungsprogramms zu demonstrieren. Am Mittwoch abend sprach er in der ARD-Sendung »Maischberger«, die Krawatte in den ukrainischen Nationalfarben am Hals, direkt zur Nation. Und es war alles dabei. Die Aufforderung, für den Schaden Moskaus zu leiden: »Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.« Eine achselzuckende Verfügung, was jetzt hinzunehmen ist: »Eine generelle Delle in unserem Wohlstands leben ist etwas, was Menschen ertragen können.« Die Feier der Mobilmachung: »Wir verfügen über mehr Kräfte, als wir heute, wenn wir sie noch nicht brauchen, denken.« Die feixende Bekundung, es schon immer gewusst zu haben: »Ach so, wir müssen uns auch verteidigen! Was uns lieb ist und wert ist, das muss man auch verteidigen.«
Warum sollte er nachgeben wenn er nicht einmal energisch dazu bedrängt wird. Wer anders hätte sich denn an einen solchen Tisch platzieren lassen als Politiker so ganz ohne Selbstbewusstsein? Von sich selbst Überzeugte hätten auf der Stelle kehrtgemacht und wären nach Hause geflogen. Auseinandersetzungen werden für gewöhnlich durch kleine, kaum wahrgenommene Nichtigkeiten entschieden. Hier fehlt es einfach an den Erfahrungen des täglichen Lebens, da diese Politischen Großkotze sich an die Hofierungen gewöhnt haben. Behandelt sie endlich so, wie wir auch andre Spinner behandeln. Was zählen denn schon Hanseln wie Scholz oder Macron in der großen Weltgeschichte ?
Unnachgiebiger Putin will Krieg offenbar nicht beenden
5.) Telefonat mit Macron und Scholz
„Sehr offen und schwierig“: 75 Minuten lang telefonieren Frankreichs Präsident und der Bundeskanzler mit Putin. Der zeigt keinerlei Entgegenkommen. In einem gemeinsamen Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der französische Präsident Emmanuel Macron am Samstag einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine gefordert. Putin hat dabei offenbar keinen Willen erkennen lassen, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. „Wir hatten nicht diesen Eindruck“, sagte ein Berater Macrons in Paris. Putin warf der ukrainischen Armee in dem Telefonat „eklatante Verstöße“ gegen das humanitäre Völkerrecht vor. Diese Vorwürfe wies Macron als Lügen zurück. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit und des Elysée-Palasts drangen Scholz und Macron in dem 75-minütigen Telefonat auf einen Einstieg in eine diplomatische Lösung des Konflikts. Das neuerliche Dreiergespräch sei Teil der andauernden internationalen Bemühungen, den Krieg in der Ukraine zu beenden, erklärte Hebestreit weiter.
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Russland macht zu. Nicht erst jetzt natürlich. Das fing schon früher an. Schon vor dem Krieg, im vergangenen Mai, stand das Land auf Platz 150 von 180 im Index der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Auf der eingefärbten Weltkarte, die dazu veröffentlicht wird, ist Russland rot wie ein Hummer, das steht für „schwierige Lage“. Nicht ganz so tiefrot wie China, Syrien oder Eritrea. Aber eben schon sehr rot.
Krieg macht alles schlimmer, und auch im Internet geht es um Macht. Neben der ganz unmittelbaren Bedrohung und dem Leid, das Putin den Ukrainer*innen gerade zufügt, mag die Abschottung des russischen Internets wie ein Nebenschauplatz erscheinen. Aber sie ist ein wesentlicher Teil der Kriegsführung und der Macht, die für Putin besonders von Interesse ist. Es geht um die Deutungshoheit darüber, wie dieser Krieg, seine Gegenwart und seine Geschichte erzählt wird: in Bildern, Sätzen, durch Stimmen. Am 4. März 2022 verabschiedete das russische Parlament ein Gesetz, das „Falschaussagen“ über das russische Militär mit bis zu 15 Jahren Haft ahnden kann. Am gleichen Tag kappte die staatliche Zensurbehörde Roskomnadsor den Zugang zu Facebook und Twitter. Und zwei Tage darauf berichtete das unabhängige Medienprojekt „Nexta“, dass Russland plane, sich bis Mitte März völlig vom globalen Internet abzuschotten. Währenddessen konnte man auf Twitter lesen, wie Menschen davon erzählten, Familie und Freund*innen an Putins Version der Wahrheit verloren zu haben, und wie dieser Verlust sie schmerzte. Weil auch diese Menschen Opfer des Kriegs werden. Weil eine Trennung vom globalen Internet auch eine Trennung von der Welt bedeutet. Weil Putin zu einem Klumpen zusammendrückt, was zuvor noch etwas weiter war – oder zumindest die Chance hatte, weiter zu werden.
Ich habe niemals jemanden auf diese Weise verloren, dabei habe ich Familie und Freund*innen im dunkelrot eingefärbten China, das aktuell auf Platz 177 von 180 im Index der Pressefreiheit geführt wird. Ich erinnere mich auch an keinen einschneidenden Moment, in dem auf einmal alles anders war. Da kam kein Diktator mit einer Axt, hackte unter den Augen der restlichen Welt Kabel durch und meine Welt entzwei. Da steht vielleicht eher ein Sternekoch in der Küche, seit Jahren, meistens leise, aber mit einer Selbstverständlichkeit, als gehörte er zum Inventar. Er schneidet langsam mit einem scharfen Messer meine Welt in Scheiben, und wenig später stopfe ich sie mir persönlich in den Mund.
In China ist Zensur einfach da, und es ist gar nicht so schwer, sie im Alltag wie Hintergrundmusik laufen zu lassen. In den Neunzigern und frühen Zweitausendern wusste ich nichts von ihr oder über sie. Das war okay, ich war schließlich ein Kind. Als Google sich 2010 aus China zurückziehen musste, war ich stolz zu wissen, wie man Schriftzeichen in die chinesische Suchmaschine Baidu tippt. Und seit die ganze Familie Smartphones hat, bin ich froh mit ihnen über WeChat per Video telefonieren zu können. Hauptsache wir sehen uns. Wenn es dafür eine andere App braucht, ist das eben so. Wir sind durch das Internet viel näher zusammengerückt, während Zensur in China zugleich immer mehr zugenommen hat.
Es geht uns ja gut. Das ist eine oft unterschätzte Eigenschaft von Zensur – dass sie für viele ein aushaltbarer Umstand sein kann. Dass man sich an sie gewöhnt. Wenn du zuerst in einer anderen Welt gelebt hast, dann tut es höllisch weh, wenn jemand sie dir plötzlich mit aller Gewalt entreißt. Aber es gibt auch Szenarien, in denen viele Menschen sich mit ihr arrangieren können. Das klingt hart, das ist schlimm, aber es ist auch einfach pragmatisch.
Wunderschöne Landschaften in Xinjiang
Warum zieht hier niemand am Teppich? Hinten marschieren die Uniformierten Affen während vorne die Komparsen ihren Beifall klatschen.
Gut leben mit Zensur geht dann, wenn gut leben zunächst einmal bedeutet, dass man ein Dach über dem Kopf hat und genug zu Essen. Dass man es besser hat als noch die Eltern oder man selbst, als man ein Kind war. Meine Großmutter ist in einer Hütte ohne Heizung, Strom und Toilette aufgewachsen. Eine ihrer Töchter wurde als Jugendliche zehn Jahre aufs Land verschickt, und statt einer Ausbildung blieb ihr danach nur die Heirat. Vom Rückspiegel des Autos meines Cousins baumelt seit Jahren ein goldgerahmtes Mao-Porträt. Früher hat er manchmal gesagt: „Wir haben Mao auch vieles zu verdanken“, jetzt teilt er häufiger Gifs mit flatternder Nationalflagge und Lobpreisungen der Kommunistischen Partei. Als ich liebe Grüße aus Taiwan sendete, schrieb er mir, dass China doch viel besser sei. Ich habe keine Ahnung, ob er das wirklich glaubt oder ob er nur denkt, es in unseren Chatverlauf schreiben zu müssen. Solche Fragezeichen tun weh, auch wenn sie dem Körper keinen unmittelbaren Schaden zufügen.
Das Versprechen des Internets war mal eine größere und zugleich erreichbarere Welt – doch wenn man es abschottet, bleibt oft nur ein perfektes Gewächshaus für Nationalismus. Das gilt für den digitalen Raum genauso wie für den analogen. Doch selbst ein abgeschotteter digitaler Raum kann noch immer einer voller Möglichkeiten sein. Im chinesischen Internet kann man eigentlich alles: Essen bestellen und Fußballtickets kaufen, Aktienkurse checken, shoppen, mit Freund*innen chatten, lustige Filter über das eigene Gesicht und das seines Kindes legen, Restaurantbewertungen schreiben, Katzenvideos gucken und Nachrichten schauen. Obwohl Medien staatlich kontrolliert werden, kann man wissen, was in der Welt geschieht. Man kann ein Porträt über Olaf Scholz lesen und Analysen zum neuen IPCC-Bericht. Man erfährt auch, dass Krieg ist in der Ukraine – allmählich, nachdem staatliche Medien und politische Führung lange von einer „Militäroperation“ geredet haben, in Anlehnung an das russische Framing. Aber man bekommt eben nur jene Erzählungen über die Welt, die der Kommunistischen Partei zusagen, die sie für unbedenklich hält. Bilder von den vielen Friedensdemos zeigt das Fernsehen nicht. Ohne VPN-Zugang lässt sich keine Verbindung zur New York Times herstellen oder zu Instagram, Facebook, Twitter – die Liste ist noch viel länger. Internetfirmen stellen schon seit Jahren Leute ein, die nur für die Zensur der von User*innen hochgeladenen Inhalte zuständig sind. CCTV zeigt ständig wunderschöne Landschaften und lächelnde Minderheiten in Trachten statt der Internierungslager in Xinjiang.
100-Milliarden-Coup bestätigt Trend zur autoritären Demokratie
Von : Wolfgang Michal
Aufrüstung : Eine ganz große Koalition von SPD bis Union will die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro weiter aufrüsten. Die Wähler sind bei dieser Burgfriedenspolitik die Dummen.
Als die SPD-Fraktion am Vorabend der Sondersitzung des Reichstags zur Bewilligung der Kriegskredite eine Probeabstimmung durchführte, votierten 78 Abgeordnete dafür und 14 dagegen. Zur überstimmten Minderheit zählte der Fraktionsvorsitzende Hugo Haase, Repräsentant des linken Flügels und überzeugter Pazifist. Als junger Rechtsanwalt hatte er viele im Kaiserreich verfolgte Sozialdemokraten verteidigt, darunter Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. 16 Jahre lang war er gegen das unverantwortliche Wettrüsten der imperialistischen Mächte aufgetreten, nun sah er sich außerstande, dem Reichskanzler fünf Milliarden Mark für den angeblichen „Verteidigungskrieg“ gegen Russland zu genehmigen. Weil die Mehrheit der SPD-Abgeordneten aber Fraktionszwang beschlossen hatte, musste der Pazifist Haase im Reichstag das Ja der SPD gegen seine innere Überzeugung verkünden. „Die freiheitliche Zukunft des deutschen Volkes“, rief er, „ist durch einen Sieg des russischen Despotismus bedroht“.
Rolf Mützenich ist der Hugo Haase von heute
So ähnlich muss sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich bei der Sondersitzung des Bundestages gefühlt haben, als er das von Kanzler Olaf Scholz über Nacht aus dem Hut gezauberte Rüstungspaket für die Bundeswehr verteidigte. Mützenich, der wie kein zweiter aktiver Politiker die traditionelle Abrüstungs- und Entspannungspolitik der SPD verkörpert, stand am Rednerpult und musste das größte Aufrüstungsprogramm seit Bestehen der Bundeswehr als alternativlos verkaufen. Der „Überfall Putins“ habe die internationale Ordnung zerstört und die europäische Friedenspolitik „um Jahrzehnte zurückgeworfen“.
Seit ihrem „Februarerlebnis“ im Bundestag reden die deutschen Sozialdemokraten (fast alle) so, als sei ihnen die luxuriöse Ausstattung der Bundeswehr mit modernsten Kampfpanzern, Kampfflugzeugen, Kampfschiffen und Kampfdrohnen schon immer eine Herzensangelegenheit gewesen, als hätte nie ein Sozi die von der Nato verlangte Steigerung der Verteidigungsausgaben in Zweifel oder gar – wie Sigmar Gabriel – ins Lächerliche gezogen. Noch im März 2017 spottete der damalige Außenminister gegenüber seinem US-Kollegen: „Ich weiß gar nicht, wo wir die ganzen Flugzeugträger hinstellen sollen … Ich halte es für völlig unrealistisch zu glauben, dass Deutschland einen Militärhaushalt von über 70 Milliarden Euro pro Jahr erreicht … Ich kenne auch keinen Politiker in Deutschland, der glaubt, dass das in unserem Land erreichbar oder auch nur wünschenswert wäre.“
Doch im Angesicht des Krieges trauen sich nicht einmal mehr die Jusos, einem Friedensbündnis beizutreten, das sich der geplanten Verschwendung entgegenstemmt. Nur die Sozialistische Jugend – Die Falken, der Sprecher der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel, und die zur Splittergruppe geschrumpfte Linke in der SPD namens Forum DL21 haben den Mut, dem Bundeskanzler offen zu widersprechen und den „beispiellosen Paradigmenwechsel“ anzuprangern: „Für eine gut ausgestattete Bundeswehr braucht es weder Sondervermögen noch weitere Milliarden. Die Bundeswehr ist nicht von einer Unterfinanzierung geplagt, sondern von strukturellen Problemen beim Management und der Beschaffung von Materialien.“
Deutschland pumpt fast so viel Geld ins Militär wie Russland
Mit dieser Meinung stehen die Linken allerdings auf verlorenem Posten. Sowohl die Ko-Vorsitzende Saskia Esken als auch der „Kurzzeit-Parteirebell“ Kevin Kühnert lobten den Milliardencoup des Kanzlers. Der zum Scholz-Verteidiger mutierte Generalsekretär geht von einer „geschlossenen Unterstützung der SPD-Fraktion“ für die Bundeswehr-Aufrüstung aus. Man müsse, so Kühnerts philosophische Begründung, „die Logik des Militärischen als letzte Instanz nutzen“.
Kein Wort mehr darüber, dass der Bundeswehr-Etat schon seit 2015 überproportional steigt, mal um vier, mal um sieben, mal um zwölf Prozent im Jahr, von 33 Milliarden Euro 2015 auf 50,3 Milliarden 2022. Kein Wort darüber, dass Deutschland fast so viel Geld ins Militär pumpt wie Russland, dass die Nato-Vormacht USA – nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI – gigantische 39 Prozent der weltweiten Militärausgaben bestreitet, Russland nur ganze 3,1 Prozent. Allein die Ausgaben der europäischen Nato-Mitglieder übersteigen die Ausgaben Russlands um das Sechsfache. Wozu also eine zusätzliche „100-Milliarden-Bazooka“? Um künftig China in Schach zu halten? Um eine neue deutsche „Weltpolitik“ einzuleiten?
Deutsche Politiker brauchen ihre Krieg wie das Stinktier seinen markanten Duft
Auch die Grünen, die sich bei ihrer Gründung noch zur Gewaltfreiheit bekannten, haben ihre friedenspolitischen Überzeugungen den „neuen Realitäten“ angepasst. Zwar plagen die Grüne Jugend ein paar „Bauchschmerzen“, aber im Grunde hat man den Überwältigungsvergleichen der grünen Kabinettsmitglieder nichts entgegenzusetzen. So wie Außenminister Joschka Fischer 1999 die Teilnahme am Kosovokrieg mit Ausschwitz begründete, so spielt Robert Habeck nun auf der Klaviatur der feministischen Metoo-Bewegung: Man dürfe einer „militärischen Vergewaltigung nicht einfach zuschauen“. Für Grüne, die dennoch zweifeln, hält Habeck ein besonderes Zuckerl bereit. Man werde – dank Christian Lindners Verschuldungspolitik – jetzt noch schneller aus den fossilen Energien aussteigen.
Die Grünen möchten ihre Zustimmung zu den 100 Rüstungsmilliarden dadurch vergessen machen, dass sie einen Teil des Geldes für grüne „Energiesicherheit“ reklamieren. Ähnlich wie Lindner verklären sie deshalb den Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischem Erdgas zur heroischen „Verteidigung der Freiheit“. Erneuerbare Energien, so Lindners jüngste Anpassungsvolte, seien „Freiheitsenergien“. Sie gewährleisten die Versorgungssicherheit wie die Aufrüstung den Frieden.
Parlaments-Lobbyisten der Union stehen Gewehr bei Fuß
„Er wollte sich vor einer Corona-Infektion schützen, doch die Impfung hätte ihn fast das Leben gekostet: Ein Vredener erlitt Tage nach der Injektion einen Schlaganfall – und kämpft nun mit den Folgen.“
Die Gruppe 30 – 40 Jahre ist durch COVID-19 nie gefährdet gewesen. Es gibt genügend andere Beispiele,
Reicht es für den Patientenschutz (besser Menschenschutz, denn alle diese Menschen waren gesund bzw. am Leben, bis sie sich impfen ließen), wenn man sich ewig weiter auf die Pöbeleien der Hausärzte verläßt?
„Diese undifferenzierte Schwurbelei passt aber ganz offensichtlich in das Markenimage der Kasse, die mit Homöopathie und Osteopathie als Satzungsleistungen wirbt und sich selbst als ,veggiefreundlichste Krankenkasse‘ tituliert. Offenbar will man vor allem Werbung in der impfkritischen Klientel machen.“
Welche verlässlicher Aussagen zum Nutzen/Risiko Verhältnis der in 6 Monaten, ohne Langzeitstudien aus dem Hut gezauberten, weiterhin nur bedingt zugelassenen Impfsubstanzen gibt es überhaupt? Hier gilt das Motto „wer die Impfungen anzweifelt, fliegt raus“.
Während im Ausland, mit genau denselben Fragestellungen zum Infektionsgeschehen, alle Restriktionen fallen, laufen wir weiterhin, wie die letzten 2 Jahre, unter der Pauschal-Legitimation des Bundesverfassungsgerichts „Entscheidung unter Unsicherheiten“.
Schaut man sich die Statistik-Katastrophen des RKI, des PEI und des verantwortlichen Gesundheitsministers Karl Lauterbach an, so drängt sich der Verdacht der Absicht auf, denn so bleibt man unter dem Schutzschirm des Bundesverfassungsgerichts.
So wird in Deutschland um jedes Quentchen Unsicherheit gekämpft, nicht, weil man sich eben nie 100% sicher sein kann, sondern um auch noch den letzten Euro aus dem Bürger herauszuholen.
Es wird auch noch das letzte Intensivbett ausgelastet, falls man es mangels Patienten nicht vorher abgebaut hat, um im Förderbereich von 75% Auslastung zu bleiben, oder falls man es nicht freihält, um an die Freihaltepauschale zu kommen. Das Ergebnis sind deutlich mehr Tote auf deutschen Intensivstationen als im Ausland.
„Das Ziel, die Überlebensrate von an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten durch den Einsatz eines innovativen, hoch technisierten Verfahrens zu verbessern, kann häufig nicht erreicht werden. Fragen wirft zudem eine erhöhte Sterblichkeit im internationalen Vergleich auf.“
Kinder werden weiterhin sinnlos mit nutzlosen Maßnahmen gequält und für den Rest ihres Lebens geschädigt, um die Eltern bei der Stange zu halten,
„In einem offenen Brief an die Bundesregierung fordern Rüdiger von Kries, Epidemiologe und Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), und Peter Walger, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) ein Ende der „sinnfreien Maßnahmen“ an Schulen und Kitas.“
Aber die Gerichte klammern sich weiterhin an die Beschwichtigung des PEI und die Panikmache des RKI, beide disziplinarisch dem Herrn mit unklarem Gesundheitszustand, Karl Lauterbach, unterstellt.
Und weiterhin werden Meldungen zu als Inzidenzen deklarierten Meldezahlen verbreitet, die weder medizinisch noch statistisch irgendeinen Sinn machen,
Auch hier ist die Erkenntnis im benachbarten Ausland weitergediehen. Sobald man mit dem Testterror aufhört, fällt die sogenannte Pandemie ganz von selbst in sich zusammen. Aber, im Ausland verdienen die Hausärzte auch keine 250.000€ pro Monat an Impfungen.
„Das macht bei durchschnittlich 300 Impfungen täglich rund 64.000 Euro Honorar pro Woche – und pro Monat über eine Viertelmillion – abzüglich der Kosten für Personal oder Miete.“
Der deutsche Staat kann nicht auf Verdacht das Leben oder die Gesundheit seiner Bürger opfern, während man in ganz Skandinavien und mindestens 3 weiteren Ländern ohne Maske, ohne Zugangsbeschränkungen und ohne Impfpflicht auskommt. Letzteres ist auch eine Erkenntnis und die ist frei von Unsicherheit.
„Frankreich – In Frankreich wird das Vorzeigen des Pass vaccinal (Impfpass) ab dem 14. März weitestgehend wegfallen. Restaurants, Fernzüge, Kinos und Museen sollen dann wieder ohne Nachweis über Corona-Impfung, Genesung oder negativen Corona-Test besucht werden dürfen. […] Auch die Maskenpflicht in Innenräumen wird weitestgehend abgeschafft, nur im öffentlichen Nahverkehr soll sie bestehen bleiben.“
„Finnland – Am Dienstag, 1. März, hat Finnland die letzten Corona-Beschränkungen aufgehoben. Restaurants dürfen seither wieder normal öffnen – es gibt keine Einschränkungen bei Öffnungszeiten oder Anzahl der Gäste. Eine Maskenpflicht gibt es ebenfalls nicht mehr,[…].“
„England – Am 24. Februar hat England auch die letzten Corona-Maßnahmen aufgehoben. […] Schon Ende Januar hatte England weitestgehend die Corona-Regeln aufgehoben, seither gibt es keine Maskenpflicht mehr und der Impfpass ist keine Zugangsvoraussetzung mehr für Veranstaltungen und Discos.“
„Dänemark – Bereits am 1. Februar hat Dänemark als eines der ersten Länder nahezu alle Corona-Maßnahmen abgeschafft und den „Freedom Day“ gefeiert. Eine Maskenpflicht gilt seither nur noch im Gesundheitsbereich (also etwa bei einem Besuch im Krankenhaus) sowie an Flughäfen. Der Corona-Pass mit dem Nachweis von Impfung, Genesung oder negativem Test wird ebenfalls nur noch im Gesundheitsbereich benötigt. Alle anderen Einrichtungen sind geöffnet wie vor der Pandemie auch – ohne Einschränkungen.“
„Norwegen – Seit dem 12. Februar gibt es in Norwegen keine Corona-Regeln wie Maskenpflicht oder Social Distancing mehr. Ein Impf- oder Genesenennachweis muss nicht mehr vorgezeigt werden.“
„Schweden – Schweden hatte ohnehin weitestgehend lockere Corona-Regeln, so war das Land auch eines der ersten, das die nahezu komplette Abschaffung der Maßnahmen verkündet hat.“
„Island – Am 25. Februar hat Island die Corona-Beschränkungen sowohl im Inland als auch bei der Einreise aufgehoben. Eine Maskenpflicht gilt nicht mehr, […]“
Gewaltverbrechen sind von Amts wegen zu verfolgen, dazu bedarf es keines privaten Klägers. Wann eröffnet endlich der erste Staatsanwalt ein Strafverfahren wegen des Verdachts der schwereren Körperverletzung oder des Todschlags gegen die Rädelsführer und Profiteure dieses Wahnsinns?
Oben — CDC champions a One Health approach, encouraging collaborative efforts to achieve the best health for people, animals, and the environment. Photo credit: Awadh Mohammed Ba Saleh
„Krieg und Frieden“
Ein Krieg, der die halbe Welt mit Hass überflutet
Aus St. Petersbirg Olga Lizunkova
Jeden Morgen wache ich in einer Welt auf, in der jede:r jeden hasst. Um mit dem Zauberlehrling Harry Potter zu sprechen: Die Dementoren sind ihrem märchenhaften Gefängnis entkommen, und es bleibt kein Tropfen Freude übrig. Eine Freundin ruft an, sie ist Maskenbildnerin: „Olja, ich schäme mich zu arbeiten, wenn es so viel Trauer gibt. Und ich bewege mich in den sozialen Netzwerken und weine: Alle hassen uns“.
„Meine Liebe, so scheint es“, sage ich. Meine Freunde schreiben Sätze wie diese: „Das ist unsere gemeinsame Schuld.“ „Das wird uns nie verziehen.“ „Ich schäme mich für mein Land.“ In ganz St. Petersburg wurden Banner mit dem Symbol „Z“ aufgehängt: Jetzt ist es ein Symbol der Unterstützung für die russische Armee. Graffiti mit den Worten „Nein zum Krieg!“ hängen an Zäunen und Häusern. Einige bereuen öffentlich, andere beglückwünschen die russische Armee. Es ist die Hölle.
Kein Gericht könnte heutzutage so viele Urteile fällen, wie Menschen das gerade über andere tun. Wenn du jetzt gerade das Leben genießt, bist du gefühlskalt. Wenn du die Macht unterstützt, bist du ein Watnik (ein Schimpfwort für Russ:innen, die an die Propaganda ihrer Regierung glauben; Anm. d. Red.). Wenn du die Staatsmacht nicht unterstützt, bist du ein:e Verräter:in. Wenn du nicht protestierst, bist du ein Feigling. Und wenn du auf die Straße gehst, dann bist du ein:e Verbrecher:in. (In Russland wurden bereits Tausende Menschen, die gegen den Krieg demonstriert haben, festgenommen; Anm. d. Red.)
Die Propaganda ist so billig, dass ich mich sogar für den Propagandisten schäme. Aber auf beiden Seiten der Grenze funktioniert das immer noch, nicht schlechter als Kanonen. Den Ukrainer:innen und uns Russ:innen wurde jahrelang beigebracht, einander zu hassen. Und ich muss zugeben, dass dies beiden Ländern recht gut gelungen ist. Während oben die Machthaber die Posten unter sich aufteilten, starben unten Liebe und Freundschaft. Doch jetzt ist ein Abszess geplatzt, und es will mir scheinen, dass in Folge dessen nun die halbe Welt mit Hass überflutet wird.
Meine Verwandten, Klassenkamerad:innen und Kolleg:innen leben in der Ukraine. Und ich habe Angst, ihnen zu schreiben. Ich habe Angst, dass mein Mitgefühl eine Lawine der Feindseligkeit auslösen wird. Ich fürchte, sie erwarten, dass ich Buße tun werde.
Oben — Anne Frank in 1940, while at 6. Montessorischool, Niersstraat 41-43, Amsterdam (the Netherlands). Photograph by unknown photographer. According to Dutch copyright law Art. 38: 1 (unknown photographer & pre-1943 so >70 years after first disclosure) now in the public domain. “Unknown photographer” confirmed by Anne Frank Foundation Amsterdam in 2015 (see email to OTRS) and search in several printed publications and image databases.
Heute in der Auswahl des „Bengels“: – 1.) Schröder in Moskau – . – 2.) Abteilung – Sanktionen – . – 3.) Kein Öl für Blut – . – 4.) Wir sind NATO die Militärische Allianz – . – 5.) Flutkommunikation in der Kritik – . – DL wünscht allen Lesern eine gute Unterhaltung.
Einstmals fruchtbare Felder welche von korrupten Politikern unter den Spaten genommen wurden, werden nie wieder Früchte tragen! Wo einmal das Unkraut wucherte, müsste der Boden erst gründlich aufgearbeitet werden. Dazu fehlt in einer jeden Partei die Bereitschaft der Clans, in welcher immer nur die Fehler der Anderen gezählt werden.
Ackern für den Frieden?
1.) Schröder in Moskau
Gerhard Schröder ist in Moskau. Der Altkanzler versucht mit der Anti-Kriegs-Mission bei seinem alten Kumpan Wladimir Putin offenbar seine Ehre wiederherzustellen – der aktuelle Kanzler und die SPD sind über den Alleingang dennoch nicht erfreut. Der Nachnachfolger ist nicht erfreut. Zweimal, vor und nach dem EU-Gipfel von Versailles, wird Olaf Scholz nach Gerhard Schröders angeblicher Friedensmission in Moskau gefragt. Zweimal sagt der aktuelle Bundeskanzler, dass er die mutmaßlichen Aktivitäten des Altkanzlers nicht kommentieren will. Er selbst habe erst am Donnerstag zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron lange auf den Kremlherrscher Wladimir Putin eingeredet, dass er den Krieg gegen die Ukraine beenden müsse. Sollte sich durch Schröder tatsächlich eine neue Lage ergeben – so viel sagt Scholz dann doch noch –, werde man dies „zur Kenntnis“ nehmen und in das weitere Vorgehen „einbeziehen“. Natürlich gilt weiter die Ansage, dass alles, was die Waffen in Charkiw, Kiew oder Mariupol zum Schweigen bringen kann, Unterstützung verdient. So verurteilte die Bundesregierung auch am Freitag nicht den unabgestimmten Alleingang, sie freue sich vielmehr „über jeden diplomatischen Versuch“, teilte der stellvertretende Sprecher Wolfgang Büchner, ohne konkret auf Schröder eingehen zu wollen. Im nicht vorab informierten Kanzleramt ist die Verärgerung dennoch vernehmbar, es gebe „die Sorge, dass er mehr schadet, als nutzt“, heißt es da. Viel mehr wissen sie offenbar auch dort nicht, was für sich genommen schon ein mehr als bemerkenswerter Vorgang ist.
Taskforce – wer weiß denn schon die Bedeutung dieses Wortes seinen Sessel-Nachbarn zu erklären? Sitzen dort die schwer behangenen Lametta Träger in Uniformen beisammen, welche Aufgrund ihrer äußeren Aufschmückung, für all ihre Orden dem ewigen Dank erbringen und ihr Hirn schon mit Abgabe des Treueid eingetauscht wurde? Oder werden gar Politiker-Innen denaturalisiert? Nichts genaues – weiß niemand.
Bundesregierung plant Taskforce gegen russische Oligarchen
2.) Abteilung – Sanktionen
Weil es in Deutschland bisher kein Verfahren gibt, um Vermögensgegenstände wie Yachten, Privatjets oder Häuser zu beschlagnahmen, reagiert die Bundesregierung: Eine im Kanzleramt angesiedelte Taskforce soll helfen, Sanktionen gegen russische Oligarchen durchzusetzen. Die Bundesregierung hat sich laut einem Bericht des „Spiegel“ auf den Aufbau einer Taskforce geeinigt, mit deren Hilfe Sanktionen gegen russische Oligarchen durchgesetzt werden sollen. Die Gruppe solle im Kanzleramt angesiedelt sein und die Arbeit von Wirtschafts-, Finanz- und Innenministerium sowie der Bundesbank in dieser Angelegenheit koordinieren, hieß es. Bislang gibt es demnach allerdings kein etabliertes Verfahren, um Vermögensgegenstände wie Yachten, Privatjets oder Häuser zu beschlagnahmen. Das gehe aus einem internen Vermerk des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Danach würden „Vermögensgegenstände“ nicht „standardmäßig“ eingezogen oder beschlagnahmt, weil „deren private Verwendung grundsätzlich weiterhin zulässig“ sei.
Wann tauschen denn unsere Politiker-Innen ihren Komfort im Kopf gegen den in ihren Füßen ein? Dann müssten sie eigentlich – Schultert das Gewehr – per Pedes in die Ukraine latschen um den Westen gegen die Mörderbande des Aggressor über „Abzug, Kimme und Korn“ zu verteidigen. Bis zum heutigen Tag haben doch Politiker-Innen nur mittels ihrer Mundpropaganda die Abzüge betätigt. Die Aufgabe des Mordens – „per Kimme und Korn“ pappten sie immer nur den Uniformierten, „ihren Schützen Arsch“ auf deren Schultern.
Autofahren in Kriegszeiten:
3.) Kein Öl für Blut
AutofahrerInnen spülen viel Geld in Putins Kriegskasse. Es ist höchste Zeit, dass Autofahren endlich unattraktiv gemacht wird. Diese Woche verbreitete Robert Habeck ein prägnantes Wort: „Komforteinschränkungen“. Ein Embargo gegen russische Energie würde nicht nur den persönlichen Komfort einschränken, sondern gesamtwirtschaftliche Schäden nach sich ziehen. Mit dem Komfort lieferte der Minister ein wichtiges Stichwort, das er leider nicht weiter vertiefte: Durch ein Embargo ginge der gewohnte Energieverbrauch gezwungenermaßen zurück. Aber einmal umgedreht gedacht: Hiesiger Verzicht, ganz ohne Embargo, würde Putins Imperialismus empfindlich treffen – zumindest würde er ein deutliches Zeichen setzen. Reden wir über Erdöl, das in der Debatte ums Gas ein bisschen in den Hintergrund gerückt ist. Knapp 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland geht für den Verkehr drauf – ein großer Teil davon für Autos mit Verbrennungsmotor. Der Hauptimporteur von Erdöl (ein Drittel) ist Russland. Jeder Autofahrer und jede Autofahrerin finanziert also derzeit Putins Krieg mit. Konsum-Entscheidungen werden von der Mehrheit – man kann es bedauern, aber es ist so – nicht nach moralischen Kriterien getroffen, das hat schon der geringe Effekt der Klimabewegung auf das Autofahren gezeigt. Es kann sein, dass der eine oder andere Autofahrer bei gleich zwei Schuldfragen – ich zerstöre das Klima und finanziere einen Krieg in Europa mit – ins Grübeln kommt, aber das reicht nicht.
Hat er wirklich verstanden, was Merkel versicht hat, ihm hat viele Jahre beizubringen? Dann arllerdings hätte er sich nicht an diesen langen, langen Tisch setzen Lassen, um den Kleinen vor den Augen der ganzen Welt zu spielen. Um so etwas zu durchschauen, hatte seine Vorgängerin schließlich nicht die „Moskauer-Schule“ in der SED besucht. Besonders in Corona Zeiten müsste der Anstand wichtiger als der Abstand sein. Bis auf Schröder den Depp- hatte die SPD auch Zeiten mit Verstand.
Olaf Scholz hat das verstanden. Die USA sehen aber nicht in Russland die größte Gefahr.
4.) Wir sind NATO die Militärische Allianz
US-Präsident Joe Biden nutzt die Gunst der Stunde für sein Ziel einer fortgesetzten Militarisierung der europäischen Alliierten. Der Ukraine-Krieg sorgt für weitreichende sicherheitspolitische Veränderungen in Europa. Es geht um eine Art Reinkarnation der 1949 gegründeten Nato. Die politischen Dellen in der militärischen Allianz auszubeulen, das war bereits vor seinem Amtsantritt ein großes Anliegen von US-Präsident Joe Biden. Sein Vorgänger hatte sich beschwert, das Bündnis sei womöglich obsolet. Donald Trump entsetzte die Sicherheitsexperten, doch fand seine Idee vom Rückzug aus der Führungsrolle, vor allem als Garant von „Sicherheit“, durchaus Beifall in der US-Bevölkerung. Der gestandene Transatlantiker Biden hat nun, unterstützt von Wladimir Putin, sein Ziel erreicht und übertroffen. Beim Krieg in der Ukraine sei die Nato vollkommen vereinigt, so der Präsident. Zu schrecklich sind die Bilder, zu groß die Sorgen über den schwer abschätzbaren Putin. Zu laut tönen die Schuldbekenntnisse besonders von Nato-Skeptikern, sie hätten mit diesem Krieg nicht gerechnet. Biden sucht seit seinem Antritt nach den richtigen Worten, um von vier Jahren Trump verstörte Transatlantiker zu beruhigen. „Amerika ist wieder da. Die transatlantische Allianz ist wieder da“, verkündete er per Video bei der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2021. Es ging jedoch nicht nur um europäische Sicherheit. Aus Sicht von Team Biden war das Verlangen nach Zusammenhalt auch davon unterfüttert, transatlantische Rückendeckung zu brauchen, um sich dem aus seiner Sicht wichtigeren Anliegen – der Konkurrenz mit China – zu widmen. Biden rang sich zu Zugeständnissen durch, indem er im Sommer auf Sanktionen gegen die Pipeline Nord Stream 2 verzichtete, jenem vom US-Außenministerium verurteilten „politischen Projekt des Kremls“, das Westeuropa abhängig machen solle. Beim Abzug aus Afghanistan im August nach 20 Jahren Krieg kamen freilich Beschwerden von Verbündeten wegen des unilateralen Vorgehens der US-Regierung. Scholz hat verstanden.
Die Wellen einer Flut ziehen weiter, woran aber ein politischer Spiegel noch lange nicht zerbricht, wenn er dem richtigen Clan seiner Partei zugehört.
Flutkatastrophe – SMS werfen Fragen nach der Rolle von Anne Spiegel auf
5.) Flutkommunikation in der Kritik
Ganz so bekannt ist der Name Anne Spiegel noch nicht, andere Personen stehen derzeit im Vordergrund. Aber die 41-jährige Grünen-Politikerin ist seit der Bildung der Ampelregierung Bundesfamilienministerin. Vorher war sie in Rheinland-Pfalz Umweltministerin und Ereignisse in diesem Amt werfen nun Fragen auf, die Spiegel an diesem Freitag im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Sommer 2021 beantworten muss. Am Mittwoch berichtete die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« von SMS-Nachrichten, die zu den nicht öffentlichen Akten des Untersuchungsausschusses gehören. Es geht um die Kommunikation zwischen Spiegel und ihrer Pressestelle. Am frühen Morgen des 15. Juli, im Ahrtal waren zu diesem Zeitpunkt mehr als 100 Menschen gestorben, schrieb Dietmar Brück, Spiegels Pressesprecher, an seine Chefin und den Rest der Pressestelle: »Anne braucht eine glaubwürdige Rolle.« Weiter heißt es, es dürfe aber nicht »nach politischer Instrumentalisierung aussehen«. Auch welche Rolle Spiegel nicht übernehmen kann, stellte der Pressesprecher schon fest: »Die Anteilnahme macht MP.«
Wir erhalten in letzter Zeit viele Mails mit Texten zwecks Veröffentlichung – Um diese zu Verbreiten sollten Sie sich aber erst einmal vorstellen und zeigen mit wem wir es zu tuen haben. Danke !
Treu unserem Motto: Es gibt keine schlechte Presse, sondern nur unkritische Leser
Unten — These illustrations show the floods that hit Germany in July 2021. Several European countries were hit by catastrophic floods in the summer of 2021, causing many deaths and considerable damage. The floods, which affected several river basins, first in the UK and then across northern and central Europe, were caused by unseasonably high levels of rainfall.
File:Consequences of the floodings in Ahrweiler, Germany.56.jpg
Created: 20 July 2021
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